Denkschrift 1999

Vorwort

Die Denkschrift enthält Ergebnisse von Prüfungen des Rechnungshofs und der Staatlichen Rechnungsprüfungsämter, soweit sie für die Entlastung der Landesregierung von Bedeutung sind. Durch den Charakter einer Sammlung von - zugegeben beispielhaften - Einzelfeststellungen ist die Denkschrift weder als ein umfassender Tätigkeitsnachweis der Finanzkontrolle für das Jahr 1998/1999 zu sehen, noch will sie ein Gesamtbild der Qualität der Landesverwaltung vermitteln.

Prüfbemerkungen haben es an sich, weniger die positiven Befunde herauszustellen, als vielmehr kritische Punkte mit aufgetretenen Fehlern oder latente Fehlerquellen anzusprechen. Hieraus erklärt sich teilweise, daß die Verwaltung ihre Arbeit durch den Rechnungshof oft nicht richtig gewürdigt sieht. Hinweise auf mögliche Verbesserungsansätze oder zur Notwendigkeit eines Umsteuerns werden dann allzuleicht als unerwünschte Einmischung abgelehnt.

Die tägliche Praxis der Finanzkontrolle wird zunehmend auch von der Beratung bestimmt; folglich läßt sich dieser Trend auch in der Denkschrift nachvollziehen. Beratungscharakter haben insbesondere die Beiträge "Neue Steuerungsinstrumente in der Landesverwaltung" (Nr. 4), "Aufnahme und Eingliederung von Spätaussiedlern" (Nr. 8), "Personaleinsatz in der Verwaltungsgerichtsbarkeit" (Nr. 10), "Verwaltung der Landesbeteiligungen" (Nr. 12), "Verkehrsverträge des Landes mit der Deutschen Bahn AG (Nr. 17) und "Württembergische Staatstheater Stuttgart" (Nr. 25). Mit ihnen wollen wir vor allem auch einen sachkundigen Diskurs der Themen im Parlament anstoßen.

Zunehmend werden Beiträge aus vertieften und aufwendigen Untersuchungen ganzer Verwaltungszweige oder kompletter Themenfelder entwickelt. Dies gilt insbesondere für die Beiträge zur Datenverarbeitung (Nrn. 7, 9 und 11), die Steuerbeiträge unter Nummer 18 und 19, die "Unterbringung von Landesbehörden" (Nr. 21) sowie den "Kostenvergleich bei den Kliniken für Mund-, Zahn- und Kiefer-Heilkunde" (Nr. 22).

Die Landesverwaltung leistet in vielen Bereichen gute Arbeit. Lediglich zwei der 25 Denkschriftbeiträge sprechen Sachverhalte an, die ein erhebliches Fehlverhalten der Handelnden vermuten lassen (Beitrag Nr. 20 "Mängel bei der Durchführung von Bauunterhaltungsaufgaben" und Nr. 23 "Institut für Angewandte Forschung"). In beiden Komplexen wurden auf Anregung des Rechnungshofs die Strafverfolgungsbehörden eingeschaltet.

Allzuleicht wird die These vertreten, die Arbeit der Finanzkontrolle sei praktisch wirkungslos. In der vorliegenden Denkschrift wurde deshalb besonderer Wert darauf gelegt, die Einwirkungsmöglichkeiten aufzuzeigen, die dem Rechnungshof eröffnet sind. Er kann nur indirekt wirken, denn die verfassungsrechtliche Rollenzuweisung schließt die Finanzkontrolle bewußt aus dem Verwaltungsvollzug aus. Der Aufgabe, die ebenso eingängige wie falsche These zu widerlegen, widmen sich die Beiträge Nr. 5 "Umsetzung von Empfehlungen der Organisationsuntersuchung der zentralen Universitätsverwaltungen", Nr. 7 "Planung von hausinternen Datennetzen", und Nr. 16 "Förderung von Sozialstationen und ambulanten Hilfen", vor allem aber der neu eingeführte Abschnitt IV "Auswirkungen der Prüfungstätigkeit". Die Darstellungen hier sollen sowohl die Öffentlichkeit informieren als auch dem Parlament verdeutlichen, daß der Rechnungshof die Umsetzung der Beschlüsse des Landtages beobachtet und Abweichungen nachgeht. Der Verwaltung soll signalisiert werden, daß sie mit einer kritischen Beobachtung einmal aufgegriffener Fragen und eigener Handlungsankündigungen zu rechnen hat. Insofern versteht der Rechnungshof seine Arbeit als politisches Controlling der Landesverwaltung.

Den Wandel im Aufgabenverständnis der Finanzkontrolle signalisieren nicht nur neue Inhalte und ein neues Erscheinungsbild der Denkschrift; er spiegelt sich auch darin wider, daß der Rechnungshof seit 1999 für seinen gesamten Geschäftsbereich die neuen Steuerungsinstrumente eingeführt hat. Er beschäftigt sich also nicht nur prüfend mit diesem Komplex (vgl. Beitrag Nr. 4 "Neue Steuerungsinstrumente in der Landesverwaltung"), und bringt sich in den Steuerungsgremien der Landesverwaltung aktiv ein, sondern will auch Erfahrungen aus eigenem Tun gewinnen und sie so in seinen Rat einbringen. Vor diesem Hintergrund sind die Überlegungen zu sehen, ab dem Haushaltsplan 2000 für vier Jahre modellhaft die gesamten Personalausgaben des Einzelplans 11 - Rechnungshof - zu budgetieren. Damit käme ihm eine Vorreiterrolle zu, bevor mit solchen Lösungen in die Fläche gegangen wird.

Karlsruhe, den 17. Juni 1999
Rechnungshof Baden-Württemberg
Frank

Einleitung

Die parlamentarische Beratung der Denkschrift 1998 (DS 12/3213) mit Bemerkungen zur LHR 1996 ist abgeschlossen. Der Landtag hat in seiner 60. Sitzung am 28.01.1999 die in der LHR für das Hj. 1996 nachgewiesenen üpl. und apl. Ausgaben und die vom RH in seiner Denkschrift darüber hinaus festgestellten weiteren Überschreitungen genehmigt (Art.81 Satz 3 LV) und der Landesregierung gemäß Art. 83 Abs. 1 LV Entlastung erteilt (DS 12/3602). Er hat die Regierung ferner ersucht (§114 Abs. 2 und 4 LHO) bestimmte Maßnahmen zu treffen und ihm hierüber zu berichten (DS 12/3620). Einzelheiten ergeben sich aus der Anlage 1 zu dieser Denkschrift. Der Landtag hat in der Sitzung am 28.01.1999 ferner beschlossen, den Präsidenten des RH hinsichtlich der Rechnung des RH für das Hj. 1996 nach §101 LHO zu entlasten (DS 12/3603).


Anhänge

1 Vorlage und Gestaltung

Auf Grund von Art. 83 Abs. 1 LV und § 114 Abs. 1 LHO hat das FM die LHR für 1997 am 01.02.1999 dem Landtag vorgelegt (DS 12/3722).

Die LHR ist den Vorschriften der §§ 81 - 86 LHO entsprechend gestaltet. Sie enthält alle in § 81 Abs. 1 und 2 LHO vorgeschriebenen Angaben für den Nachweis der bestimmungsgemäßen Ausführung des StHpl. Die finanziellen Gesamtergebnisse der Haushaltsführung sind in

  • einem kassenmäßigen Abschluß gemäß § 82 LHO (Ist-Ergebnisse ohne Haushaltsreste),
  • einem Haushaltsabschluß gemäß § 83 LHO (Ist-Ergebnisse zuzüglich Haushaltsreste),
  • einer Gesamtrechnung (Soll-Ist-Vergleich, Gesamtsummen der Epl.)

dargestellt.

Der kassenmäßige Abschluß, der Haushaltsabschluß und die Gesamtrechnung sind gemäß § 84 LHO auf S. IX der LHR erläutert. Die in § 85 Abs. 1 LHO genannten Übersichten sind der LHR beigefügt (S. 1277 - 1298 und 1303 - 1305). Weitere Erläuterungen über den Haushaltsvollzug geben die der LHR beigefügten besonderen Übersichten auf den S. XXXVIII - LXXXIV.

2 Ergebnisse (verkürzt dargestellt)

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Die nach Art. 84 Satz 1 LV hierfür erforderlichen Kreditermächtigungen ergeben sich aus § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 StHG 1997 i.V.m. § 18 Abs. 3 Satz 1 LHO.

3 Feststellungen nach § 97 Abs. 2 Nr. 1 LHO

Die in der LHR aufgeführten Beträge der Einnahmen und Ausgaben stimmen mit den in den Rechnungslegungsbüchern nachgewiesenen Beträgen überein. In den geprüften Rechnungen sind keine Einnahmen oder Ausgaben festgestellt worden, die nicht belegt waren.

4 Druck- und Darstellungsfehler

Der RH hat bei der Gesamtrechnungsprüfung keine Druck- und Darstellungsfehler in der LHR feststellen können.

5 Haushaltsüberschreitungen

Über- und außerplanmäßige Ausgaben bedürfen der vorherigen Zustimmung des FM, die nur im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses erteilt werden darf. Die üpl. Ausgaben samt Vorgriffen sowie die apl. Ausgaben sind in der LHR einzeln nachgewiesen und in der Übersicht 1 (S. 1277 - 1298) zusammengestellt und begründet. Sie betragen insgesamt 799 785 080,82 DM, davon entfallen 723 Mio. DM (90 %) auf die buchungstechnische Abwicklung des kassenmäßigen Fehlbetrags aus dem Hj. 1995; der Anteil der Personalausgaben beträgt 7 706 710,70 DM.

Die üpl. und apl. Ausgaben über 200 000 DM im Einzelfall wurden dem Landtag mit Schreiben des FM vom 27.08.1998 (DS 12/3211) gemäß § 8 Abs. 3 StHG 1997 mitgeteilt. Der Finanzausschuß des Landtags hat in seiner 38. Sitzung am 22.10.1998 hiervon Kenntnis genommen.

Nach den Ergebnissen der Rechnungsprüfung fehlt es bei den üpl. und apl. Ausgaben von 1 000 DM und mehr im Hj. 1997 in 58 Fällen an der Einwilligung des FM. Die Summe dieser Überschreitungen beträgt 8 516 372,31 DM (Vorjahr 10,375 Mio. DM), wovon 3,6 Mio. DM auf die versehentlich unterbliebene Umsetzung eines Ausgaberestes von Kap. 1005 nach Kap. 1010 und Kap. 1011 entfallen. Auf Personalausgaben entfallen insgesamt 689 601,82 DM. Überschreitungen, die allein auf Titelverwechslungen beruhen (verdeckte Haushaltsüberschreitungen), wurden nicht festgestellt.

Die vom FM nach § 3 Abs. 5 StHG 1997 bewilligten Abweichungen von den Stellenübersichten sind in der Übersicht 1 A zur LHR dargestellt und begründet.

Die üpl. und apl. Ausgaben bedürfen nach Art. 81 Satz 3 LV der Genehmigung des Landtags. Sie wurde, zugleich für die Abweichungen von den Stellenübersichten, vom FM im Zusammenhang mit der Vorlage der LHR (s. Pkt. 1) beantragt.

6 Buchungen an unrichtiger Stelle

Der RH hat bei stichprobenweiser Prüfung zahlreiche, auf Versehen der Verwaltung beruhende Fälle von Buchungen an unrichtiger Haushaltsstelle - sog. Titelverwechslungen - (Verstöße gegen § 35 Abs. 1 LHO) festgestellt, die allerdings von relativ geringer Auswirkung auf das Gesamtbild des Haushalts sind. Bei richtiger Buchung wären die in der LHR nachgewiesenen üpl. und apl. Ausgaben um 1 334 539,47 DM niedriger gewesen. Die Titelverwechslungen, durch die eine Überschreitung von 2 000 DM und mehr verursacht oder vermieden worden ist, sind in der Anlage 2 dargestellt.


Anhänge

1 Haushalts-Soll und Haushalts-Ist im Haushaltsjahr 1997

Der LHR 1997 liegen zugrunde

  • das Gesetz über die Feststellung des StHpl. für das Hj. 1997 vom 12.02.1997 (GBl. S. 26),
  • das Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum StHpl. für das Hj. 1997 vom 02.06.1997 (GBl. S. 191),
  • das Gesetz über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags für das Hj. 1997 vom 09.10.1997 (GBl. S. 417).

Danach war der StHpl. 1997 in Einnahme und Ausgabe auf 61 897 647 400 DM festgestellt. Auf Grund von § 5 LHO und § 15 StHG 1997 hat das FM mit Rundschreiben vom 24.02.1997 (GABl. S. 249) die zur Ausführung des StHpl. 1997 erforderlichen Anordnungen erlassen.

Das rechnungsmäßige Jahresergebnis 1997 (Ist + Reste 1997) weist gegenüber dem Haushalts-Soll (Haushaltsansatz + Reste 1996)

Wenigereinnahmen von 231 864 664,71 DM
Mehrausgaben von 239 852 998,23 DM
per Saldo somit ein Wenigerbetrag von 471 717 662,94 DM

aus.

Wie sich die Wenigereinnahmen und die Mehrausgaben aus den Teilergebnissen bei den Epl. zusammensetzen und in welchen Sachbereichen sie entstanden sind, ergibt sich aus Spalte 10 der Anlage 1 zur Gesamtrechnung auf den S. XXXIV/XXXV und aus den Erläuterungen auf den S. XXXVIII - XLV der LHR. Hierauf wird hingewiesen.

2 Jahresvergleich

Die Übersichten 1 und 2 geben einen auf die Hj. 1989 bis 1998 bezogenen Überblick über die Entwicklung der Gesamt-Ist-Ausgaben im Vergleich zu den Haushaltsansätzen sowie der Ist-Ausgaben je Hauptgruppe und je Epl. Die Gliederung nach Hauptgruppen entspricht dem für Bund und Länder einheitlichen Gruppierungsplan (§ 10 Abs. 2 HGrG und § 13 Abs. 2 LHO) mit der Abweichung, daß die Ausgaben für den Schuldendienst, für Zuweisungen und Zuschüsse mit Ausnahme für Investitionen, für Baumaßnahmen, für sonstige Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen sowie für die besonderen Finanzierungsausgaben unter der Bezeichnung "Übrige Ausgabegruppen" zusammengefaßt sind.

<h2>1 Haushalts-Soll und Haushalts-Ist im Haushaltsjahr 1997</h2>  <p>Der <span class="caps">LHR</span> 1997 liegen zugrunde</p>  <ul> <li>das Gesetz über die Feststellung des StHpl. für das Hj. 1997 vom 12.02.1997 (GBl. S. 26),</li> </ul>  <ul> <li>das G

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3 Globale Minderausgabe bei Kap. 1212 Tit. 972 01

Für das Hj. 1997 waren ursprünglich globale Minderausgaben von 478 Mio. DM veranschlagt. Diese wurden im Zweiten Nachtrag zum StHpl. für 1997 durch konkrete Mittelkürzungen um 239 Mio. DM verringert und ferner zur Deckung von ressortübergreifenden Kosten um 0,18 Mio. DM auf 239,180 Mio. DM erhöht (s. Übersicht 3). Über die Einsparungen wurden von den Ressorts Nachweise erbracht.

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4 Haushaltsreste und Vorgriffe

4.1 Haushaltsjahr 1997

Beim Abschluß der LHR für das Hj. 1997 sind folgende Reste in das Hj. 1998 übertragen worden:

Einnahmereste 1 928 786 349,90 DM
Ausgabereste 1 924 501 683,12 DM
Somit ergibt sich ein Überschuß der Einnahmereste von 4 284 666,78 DM

Auf die Angaben in Nr. 1 Pkt. 2 dieser Denkschrift über die Zusammensetzung der Einnahmereste und auf die S. XLVI - XLVIII der LHR über die Aufgliederung der Ausgabereste wird hingewiesen.

Das FM hat dem Finanzausschuß des Landtags mit Schreiben vom 25.08.1998 gemäß § 8 Abs. 4 StHG 1997 die in das Hj. 1998 übertragenen Ausgabereste mitgeteilt. Der Finanzausschuß hat hiervon in seiner 38. Sitzung am 22.10.1998 Kenntnis genommen.

Wie in den Vorjahren war die Landesregierung nach § 10 Abs. 2 StHG 1997 ermächtigt, unverbrauchte Mittel aus übertragbaren Bewilligungen des Haushalts für 1997 (Ausgabereste) in Abgang zu stellen; sie hat diese Ermächtigung im Umfang von 218 Mio. DM ausgeschöpft.

4.2 Jahresvergleich

Die Übersichten 4 und 5 zeigen, wie sich die Haushaltsreste in den letzten Jahren entwickelt und wie sich die Ausgabereste auf die verschiedenen Ausgabearten verteilt haben.

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Anhänge

Die Schulden des Landes stiegen 1998 um 2,3 Mrd. DM auf jetzt 57,8 Mrd. DM. Die haushaltsmäßige Nettokreditaufnahme war um rd. 1,1 Mrd. DM geringer als im Vorjahr.


1 Schuldenentwicklung

1.1 Die Verschuldung des Landes ist auch im Hj. 1998 angestiegen. Die Landesschulden und verlagerten Verpflichtungen haben sich wie folgt verändert:

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Im Laufe des Jahres 1998 nahm das Land auf Grund der Ermächtigung im StHG Kassenverstärkungskredite an 136 Tagen (Vorjahr 213 Tage) in Anspruch. Mit 285 Mio. DM war am 09.01.1998 die höchste Kreditaufnahme zu verzeichnen. Am 31.12.1998 waren keine Kassenkredite aufgenommen (Vorjahr 152,6 Mio. DM).

1.2 Die Schulden einschließlich der verlagerten Verpflichtungen sind 1998 um 2 309,2 Mio. DM (148,9 Mio. DM mehr als im Vorjahr) gestiegen (Schaubild 1).

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Der erneute Schuldenzuwachs ist auf die weitere Erhöhung der Kreditmarktschulden zurückzuführen. Im Hj. 1998 sind am Kapitalmarkt 10 062 Mio. DM neue Darlehen aufgenommen worden. Gleichzeitig wurden 8 388,6 Mio. DM - davon wiederum 10 Mio. DM (im Vorjahr 22 Mio. DM) zu Umschuldungszwecken vorzeitig - getilgt. Die haushaltsmäßige Nettokreditaufnahme war somit 1998 mit 1 673,4 Mio. DM um 1 081 Mio. DM geringer als im Vorjahr (2 754,4 Mio. DM) und um 659,6 Mio. DM niedriger als veranschlagt (Schaubild 2).

Der gegenüber der Nettokreditaufnahme von 1 673,4 Mio. DM um 675 Mio. DM höhere Zuwachs der Kreditmarktschulden zum 31.12.1998 (2 348,4 Mio. DM) ist darauf zurückzuführen, daß von den im Jahr 1998 valutierten Krediten haushaltsmäßig 615 Mio. DM bereits im Jahr 1997 und 60 Mio. DM erst im Jahr 1999 als Kreditaufnahme gebucht wurden.

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Die - im Jahr 1998 geringfügig zurückgegangenen - Schulden gegenüber dem Bund und dem Lastenausgleichsfonds für den Wohnungsbau sind finanzwirtschaftlich nicht von Bedeutung, weil den Schuldendienstverpflichtungen entsprechende Einnahmen von den Darlehensnehmern gegenüberstehen.

Die Kreditfinanzierungsquote im Sinne des Anteils der Nettokreditaufnahme an den bereinigten Gesamtausgaben (ohne die besonderen Finanzierungsvorgänge) in Höhe von 54 602,4 Mio. DM hat sich gegenüber dem Vorjahr von 5,2 % um 2,1 Prozentpunkte auf 3,1 % verringert.

Bei der Berechnung der Kreditfinanzierungsquote und den folgenden weiteren finanzwirtschaftlichen Verhältniszahlen wurde von reduzierten Gesamtausgaben ausgegangen. Es handelt sich dabei um die buchungstechnische Abwicklung der Entnahme von 1 590 Mio. DM aus dem Eigenkapital der L-Bank (Förderanstalt) und der Einlage dieses Betrages bei der Landesbank Baden-Württemberg.

1.3 Die auf die L-Bank, die LEG Landesentwicklungsgesellschaft Baden-Württemberg mbH und die Finanzierungsgesellschaft für öffentliche Bauten mbH (Baufinanz) verlagerten Verpflichtungen, für die das Land den Schuldendienst oder den Finanzierungsaufwand erstattet, haben sich um 5 Mio. DM geringfügig auf 860 Mio. DM reduziert.

2 Pro-Kopf-Verschuldung

Die Verschuldung des Landes am Kreditmarkt (einschließlich öffentliche Sondermittel) erhöhte sich zum 31.12.1998 auf 54 906,9 Mio. DM. Die Pro-Kopf-Verschuldung betrug danach 5 275 DM (Vorjahr 5 057 DM) und ist gegenüber dem 31.12.1997 um 4,3 % gestiegen; in den acht alten Flächenländern belief sie sich durchschnittlich - bei einer Steigerung um 4 % - auf 6 690 DM (Vorjahr 6 431 DM). Zur Pro-Kopf-Verschuldung im einzelnen siehe Schaubild 3 und Übersicht 1.

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Baden-Württemberg liegt in der Pro-Kopf-Verschuldung weiter auf dem zweitbesten Platz der (alten) Flächenländer. Der Abstand zu Bayern, das seit langem die günstigste Pro-Kopf-Verschuldung aufweist, ist allerdings gegenüber dem Vorjahr etwas größer geworden. Gleichzeitig hat sich aber auch der Abstand zu einigen nachfolgenden Ländern teilweise vergrößert.

3 Kreditaufnahme und Schuldendienst

Die Entwicklung der jährlichen (haushaltsmäßigen) Brutto- und Nettokreditaufnahme sowie der Aufwendungen für den Schuldendienst in den letzten zehn Jahren zeigt Übersicht 2.

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Die Ist-Ausgaben des Schuldendienstes für die Kreditmarktmittel (Zinsen und Tilgungsleistungen Kap. 1206 Ausgabe-Tit.Gr. 86 - ohne Tit. 563 86 Ausgleichsstock -) waren im Hj. 1998 um 783,8 Mio. DM (+ 7,2 %) höher als im Vorjahr.

Die Zinsausgaben für die Kreditmarktschulden beliefen sich im Hj. 1998 auf 3 207,1 Mio. DM. Danach betrug die Zinsausgabenquote als Verhältniszahl der Zinsausgaben zu den bereinigten Gesamtausgaben 5,9 %.

Der Schuldendienst an die L-Bank und die Erstattung des Finanzierungsaufwands an die Baufinanz sowie an die LEG belief sich im Hj. 1998 auf 324,8 Mio. DM. Darin sind auch die Ersatzleistungen an die L-Bank für die Finanzierung des Darlehensanteils des Landes bei der Ausbildungsförderung für Studierende in Höhe von 71,4 Mio. DM enthalten, die aus systematischen Gründen dem gesamten Schuldendienst zuzurechnen sind.

Die Ausgaben des Schuldendienstes für die Kreditmarktmittel und der Aufwand für die verlagerten Verpflichtungen sind danach um 814,1 Mio. DM auf 11 920,5 Mio. DM gestiegen. Dies ist gegenüber 1997 eine Steigerung um 7,2 % trotz weiterhin gesunkener Kapitalmarktzinsen; dementsprechend hat sich der Anteil an den Gesamtausgaben des Landes auf 18,5 % (Vorjahr 17,9 %) erhöht.

Der Schuldendienst erfordert somit fast ein Fünftel der Gesamtausgaben und ist nach den Personalausgaben und den Ausgaben für Zuweisungen und Zuschüsse der drittgrößte Posten im Landesetat.

4 Kreditaufnahme - Investitionen - Steuereinnahmen

4.1 Nach Art. 84 LV dürfen die Einnahmen aus Krediten die Summe der im Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben für Investitionen nicht überschreiten. Im StHpl. waren für das Hj. 1998 Ausgaben für Investitionen (Hauptgruppen 7 und 8) in Höhe von 5 015,1 Mio. DM veranschlagt. Tatsächlich wurden im Hj. 1998 für Investitionen 6 888,5 Mio. DM verausgabt. Darin enthalten ist der Aufwand für die Einlage bei der Landesbank Baden-Württemberg in Höhe von 1 590 Mio. DM, der in vollem Umfang aus der Entnahme des Eigenkapitals der L-Bank (Förderanstalt) finanziert wurde. Nach Abzug der Zuweisungen des Bundes und der Gemeinden (Obergruppe 33) und der sonstigen Beiträge Dritter (Obergruppe 34) für Investitionen des Landes in Höhe von insgesamt 829,5 Mio. DM beliefen sich die vom Land selbst finanzierten Investitionen im Hj. 1998 auf 6 059 Mio. DM. Demgegenüber betrug die Nettokreditaufnahme 1 673,4 Mio. DM. Das Land hat auch unter dieser einengenden Betrachtung des Investitionsbegriffs im Hj. 1998 die verfassungsmäßige Verschuldungsgrenze eingehalten.

4.2 Die Nettokreditaufnahmen und die Einnahmen aus Steuern haben sich in den letzten Jahren wie in Übersicht 3 dargestellt entwickelt.

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Das Steueraufkommen ist im Hj. 1998 gegenüber dem Vorjahr um 3 361 Mio. DM + 8,8 %) gestiegen und lag um 2 055 Mio. DM über dem Haushaltsansatz. Da den Steuermehreinnahmen entsprechende Mehrausgaben des Landes im Länderfinanzausgleich und im kommunalen Finanzausgleich gegenüberstanden, beliefen sich die gegenüber dem Haushaltsansatz verfügbaren Mehreinnahmen letztlich nur auf 859 Mio. DM.

Die Steuerdeckungsquote, d.h. das Verhältnis der Steuereinnahmen zu den bereinigten Gesamtausgaben ist im Hj. 1998 gegenüber dem Vorjahr (72,1 %) auf 75,7 % gestiegen.

4.3 Die Übersicht 4 zeigt die Entwicklung der wesentlichen Ausgabearten und die prozentualen Anteile an den bereinigten Gesamtausgaben des Landes in den letzten zehn Jahren.

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Die Personalausgaben sind im Hj. 1998 gegenüber dem Vorjahr um 298,6 Mio. DM (+ 1,3 %) gestiegen. Da demgegenüber die bereinigten Gesamtausgaben im Vergleich zum Vorjahr um 3,7 % (1 934,3 Mio. DM) gewachsen sind, ist die Personalausgabenquote um 0,9 Prozentpunkte auf 41,1 % gesunken. Demgegenüber ist der Anteil der Zuweisungen und Zuschüsse einschließlich der Leistungen im Länderfinanzausgleich nicht unerheblich gestiegen. Die um den Aufwand für die Einlage bei der Landesbank Baden-Württemberg (Erwerb von Beteiligungen) bereinigten Investitionen sind gegenüber dem Vorjahr um 148,5 Mio. DM gesunken. Danach ist die Investitionsquote erneut auf jetzt 9,7 % zurückgegangen. Der Anteil der sächlichen Verwaltungsausgaben und der Zinsausgaben hat sich prozentual nicht verändert.

4.4 In der Übersicht 5 sind die Zinsausgaben im Vergleich und im Verhältnis zu den Steuereinnahmen (Zins-Steuer-Quote) dargestellt. Danach mußte im Hj. 1998 ein Anteil von 7,8 % des Steueraufkommens (Vorjahr 8,1 %) zur Deckung der Zinsverpflichtungen verwendet werden.

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Durch die beträchtliche Erhöhung der Schulden sind die Zinsausgaben im Jahr 1998 um 117 Mio. DM gestiegen und dies trotz eines weiterhin gesunkenen Zinsniveaus am Kapitalmarkt. Sie lagen 1998 wieder über der Nettokreditaufnahme und zwar um 1 534 Mio. DM. Angesichts der zunehmenden Einengung des finanziellen Handlungsspielraums des Landes durch den sowohl nominal als auch prozentual stetig wachsenden Schuldendienst muß mit allem Nachdruck eine Rückführung der Neuverschuldung angestrebt werden, weil nur auf diese Weise eine Haushaltskonsolidierung möglich ist.

5 Landesschuldbuch

Das Landesschuldbuch erbringt den ordnungsgemäßen Nachweis über die Buchschulden des Landes. Der RH hat die im Hj. 1998 in das Landesschuldbuch eingetragenen Schuldbuchforderungen geprüft. Die Prüfung hat keine Beanstandungen ergeben.


Anhänge

Die Landesregierung unternimmt seit 1993 erhebliche Anstrengungen, neue Steuerungsinstrumente zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und Effizienz des Verwaltungshandelns einzuführen. Während die Dezentrale Budgetierung schon kurzfristig Erfolge brachte, haben sich bei der Kosten- und Leistungsrechnung und beim Controlling Defizite bei Konzeption und praktischer Umsetzung gezeigt. Vor einer landesweiten Einführung dieser Instrumente müssen die Defizite behoben und ein realistisches Konzept zur Gegenfinanzierung der geplanten Aufwendungen von bis zu 650 Mio. DM entwickelt werden, das eine schnelle Amortisation sicherstellt.


1 Ausgangslage

Die Regierungskommission Verwaltungsreform hat am 03.06.1993 dem FM den Auftrag erteilt, das Haushaltsrecht zu flexibilisieren und betriebswirtschaftliche Instrumente in der Landesverwaltung einzuführen. Zur Erprobung der wichtigsten Elemente der neuen Steuerungsinstrumente (NSI), vor allem der Dezentralen Budgetverantwortung in Verbindung mit einer Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) und einem kosten- und kennzahlenorientierten Führungssystem, wurde am 01.01.1995 ein Versuch bei zunächst 12 Pilotämtern gestartet.

Die Rechtsgrundlagen für den Modellversuch bildeten das Gesetz über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum StHpl. 1994 vom 30.11.1994. Die pilothafte Erprobung wurde gewählt, weil zum damaligen Zeitpunkt bundesweit weder Konzeptionen noch Erfahrungen zum Einsatz neuer Steuerungsinstrumente in Länderverwaltungen vorlagen. Mit dem Pilotversuch sollten erste Erkenntnisse zur Übertragung dieser Steuerungsinstrumente in eine bisher kameralistisch geprägte Verwaltung gewonnen werden, um deren Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns abschätzen zu können. Im Unterschied zu den Reformansätzen in anderen Bundesländern hat Baden-Württemberg mit Unterstützung des RH von Anfang an einen umfassenden Ansatz unter folgenden Prämissen gewählt:

  • Schnelle praktische Umsetzung in einer relativ großen Anzahl von Pilotbehörden auf der Basis einer einheitlichen, praxisorientierten Grobkonzeption.

 

  • Einbeziehung von gesamten Dienststellen, im Polizeibereich auch Einbindung einer Landespolizeidirektion (Mittelbehörde).

 

  • Kein zusätzliches Personal und keine zusätzlichen Mittel für Pilotämter.

 

  • Integriertes DV-Konzept, d.h. Vermeiden von Doppelerfassungen für Haushaltsvollzug und KLR.

 

  • Verzicht auf Eingriffe durch Sparauflagen und auf Abschöpfung der Effizienzrendite.

2 Feststellungen des Rechnungshofs zum Pilotprojekt

2.1 Projektorganisation und Projektverlauf insgesamt

Zur Einführung der NSI wurde unter Federführung des FM eine Arbeitsgruppe aus StM, UVM, IM und RH gebildet. Dem FM oblag die Steuerung des Gesamtprojektes. Im Bereich Controlling erfolgte eine Zusammenarbeit mit der Stabsstelle für Verwaltungsreform des IM (StaV). Um die Projektorganisation zu verbessern, wurde zum 01.09.1998 die Stabsstelle Neue Steuerung und Umwandlung von Landeseinrichtungen beim FM eingerichtet. Für die operative Projektleitung bei den Pilotämtern war das jeweilige Fachressort eigenverantwortlich zuständig. Die Implementierung der benötigten DV-Systeme wurde der OFD Karlsruhe, Leistungszentrum Haushaltsmanagementsystem, übertragen. Das FM veranlaßte eine wissenschaftliche Begleitung und ließ die Wirtschaftlichkeit einer flächendeckenden Einführung der KLR durch verschiedene externe Beratungsfirmen und Experten beurteilen.

Die Ergebnisse des Modellversuchs sind ausführlich im Bericht des FM „Evaluation der Nutzenpotentiale nach 2½ Jahren Modellversuch“ vom 03.11.1997 beschrieben. Der RH wollte eigene Erkenntnisse über die bisherigen Erfahrungen und Ergebnisse aus den Aktivitäten des Landes zur Modernisierung des Haushaltsrechts gewinnen und hat hierzu im Frühjahr 1998 bei einigen Pilotämtern (FH Pforzheim, Finanzamt Lörrach, Schloßverwaltung Schwetzingen, Statistisches Landesamt in Stuttgart und Straßenbauamt Calw) sowie im Polizeibereich (LPD Freiburg, PD Konstanz und PD Villingen-Schwennigen) Querschnittserhebungen durchgeführt. Die Erkenntnisse hieraus wurden bei der Anhörung zur Kabinettsvorlage (Einführung NSI in der Landesverwaltung) im Juni 1998, im Lenkungsausschuß zur Durchführung des Ausschreibungsverfahrens „Dienstleistungen, Hard- und Software für NSI in der Landesverwaltung“ und in diversen Erörterungen eingebracht. Über die wesentlichen Erkenntnisse und Empfehlungen des RH wird hier berichtet.

2.2 Erkenntnisse aus den Pilotämtern in verschiedenen Verwaltungsbereichen (ohne Polizeidienststellen)

2.2.1 Mit der Dezentralen Budgetierung sollen Fach- und Finanzverantwortung auf der operativen Ebene zusammengeführt und mehr Kostenbewußtsein und Wirtschaftlichkeit im Verwaltungshandeln erreicht werden. Den Pilotämtern wurden dazu größere Handlungsspielräume im Haushaltsvollzug eingeräumt. Sie erhielten erstmals Budgets zur eigenverantwortlichen Bewirtschaftung. Die Titel der Hauptgruppen 4, 5, 7 und 8 wurden auf je einen Globaltitel reduziert und für grundsätzlich gegenseitig deckungsfähig erklärt. Alle Mittel sind übertragbar. Aus nicht besetzten aber besetzbaren Stellen können teilweise Mittel zur Verstärkung der Sachausgaben geschöpft werden. Von Haushaltsrestriktionen blieben die Pilotämter verschont.

Die bisherigen Ergebnisse der Dezentralen Budgetierung sind überwiegend positiv zu beurteilen. Durch die Einführung der Dezentralen Budgetverantwortung wurde ein wirtschaftlicherer Einsatz der Mittel erzielt. Eine tatsächliche Einsparung von Haushaltsmitteln war nicht Zielvorgabe, die Frage der Abschöpfung einer Effizienzrendite sollte jedoch nach vier Jahren Pilotversuch angegangen werden.

Die Pilotämter berichten übereinstimmend, daß sie keinesfalls zu den inflexiblen Zuständen vor Beginn des Projekts zurückkehren wollten. Die Vorteile des in eigener Verantwortung verwalteten Budgets mit Globaltiteln gegenüber dem bisherigen Verfahren sind offensichtlich,

  • die Eigenverantwortung vor Ort wird erhöht,
  • Beschaffungen werden bedarfsgerechter durchgeführt,
  • die Sparanreize sind höher,
  • die Dienststellen setzen die zur Verfügung stehenden Mittel flexibler ein,
  • die Mitarbeitermotivation steigt.

Die Dezentrale Budgetierung ist bei den Mitarbeitern und Führungskräften das meist akzeptierte von den neuen Steuerungsinstrumenten. Ihre Umsetzung ist relativ einfach und kostengünstig möglich, und die DV-technische Abwicklung funktioniert inzwischen weitgehend. Die Zusammenführung von Fach- und Ressourcenkompetenz vor Ort und die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung werden begrüßt. Erfolge mit diesem Instrument sind hauptsächlich auf die Kreativität und das neue Verantwortungsbewußtsein der Mitarbeiter vor Ort zurückzuführen.

2.2.2 Die outputorientierte Ergebnissteuerung, bei welcher die Zuweisung von Haushaltsmitteln sich in erster Linie an der Erfüllung von Zielvorgaben orientiert, ist im Pilotprojekt bisher nicht vorangetrieben worden. Nach vier Jahren Pilotprojekt liegen erst im Denkansatz Konzepte für ein outputorientiertes Budget vor. Nach wie vor wird der Haushalt nach vertrauten kameralen, inputorientierten Grundsätzen erstellt. Die Forcierung der ergebnisorientierten Steuerung wurde inzwischen aufgegriffen und als Ziel definiert.

2.2.3 Negativ ausgewirkt hat sich, daß, mit Ausnahme der LPD Freiburg, die Mittelbehörden von dem Projekt ausgeklammert waren. Diese Vorgehensweise wurde nach Angabe des FM auf Grund einer vermeintlich hohen Komplexität bewußt gewählt. Zahlreiche bürokratische Barrieren wurden dadurch aber auf- statt abgebaut. Teilweise hat sich der Fortgang des Pilotprojekts immer wieder erheblich verzögert. Vor einer flächendeckenden Einführung ist es dringend erforderlich, ressortspezifische Konzepte zur Einbindung aller hierarchischen Ebenen mit den Dienststellen zu erarbeiten. Insbesondere die künftige Stellung der Mittel- und Oberbehörden muß herausgearbeitet werden. Diesen könnten verstärkt Aufgaben im strategisch-taktischen Bereich (Auswertung von Kennzahlen, Benchmarking, Vorhalten von Spezialwissen, Marktanalysen) zugewiesen werden. Auch Kontrollen der Mittelverwendung vor Ort könnten dazu gehören.

2.2.4 Die Musterkonzeption KLR beinhaltet unter anderem einen landeseinheitlichen Kontenrahmen für die Kostenarten sowie Regeln für die Bewertung und Erfassung von Kosten und Leistungen. Die Kostenstellenrechnung ist nach organisatorischen Gesichtspunkten strukturiert. Als Kostenträger werden Produkte oder Leistungen definiert, die intern oder extern Verwendung finden oder benötigt werden.

Die Musterkonzeption sieht eine Vollkostenrechnung auf Istkostenbasis vor, d.h., auch Gemeinkosten, wie z.B. Zinsen und Abschreibungen für Gebäude, Personalkosten für Beamte, sollen grob pauschaliert über ein Umlagesystem auf die einzelnen Kostenträger umgelegt werden. Die bei den Kostenstellen anfallenden Personalkosten werden den Kostenträgern über Tätigkeitenerfassungen der Mitarbeiter verursachungsgerecht zugeordnet, indem die benötigten Arbeitsstunden mit pauschalen Personalkostensätzen (keine Istkosten) multipliziert werden; ähnlich wird bei den Raumkosten verfahren. Der Einsatz einer stufenweisen Teilkostenrechnung, in der zunächst nur die an der jeweiligen Stelle tatsächlich beeinflußbaren Kosten berücksichtigt werden, war zwar in der Musterkonzeption als Alternative erwähnt, aber in der Einführungsstrategie zur KLR nicht als Empfehlung enthalten und in den Pilotämtern nicht realisiert worden. Dies wäre aber wichtig, um dem Kostenstellenverantwortlichen die von ihm tatsächlich beeinflußbaren Kosten separat auszuweisen und damit seine Kostenverantwortung zu verdeutlichen. Bei der Konzeption der landesweiten Einführung ist nunmehr vorgesehen, eine nach Verantwortungsbereichen gestufte Teilkostenrechnung einzuführen, die in eine Gesamtkostenrechnung mündet.

2.2.5 Zur Erarbeitung einer Controllingkonzeption wurden mehrere Anläufe unternommen (1992 erste Konzeption der Stabsstelle für Information und Kommunikation des IM; 1993 Beschluß der Regierungskommission Verwaltungsreform; 1994 ein erster und 1998 ein zweiter Auftrag an externe Berater zur Erstellung einer landesweiten Controllingkonzeption), ohne diese Ansätze in die Praxis umzusetzen. Die StaV im IM hat auf der Basis des letztgenannten Beraterkonzeptes und in Abstimmung mit allen Ressorts die derzeit jüngste Rahmenkonzeption Controlling erstellt. In Kürze soll der Ministerrat über deren Umsetzung entscheiden. Als Kernelement der Controllingkonzeption ist die Erarbeitung eines landeseinheitlichen Produktkatalogs vorgesehen. Der Aufbau soll behörden- und ortsspezifisch gestaltet werden. In der Pilotphase wurden hierzu kaum praktische Erfahrungen gesammelt.

2.2.6 Den Pilotämtern wurden ein automatisiertes Haushaltsvollzugsverfahren, KLR-Software und die erforderliche Hardware zur Verfügung gestellt. Das Leistungszentrum Haushaltsmanagementsystem der OFD Karlsruhe sollte für die Koordination, operative Planung und die DV-technische Betreuung verantwortlich sein. Alle luK-Systeme sollen zukünftig von einem evtl. outgesourcten Betriebswirtschaftlichen Dienstleistungszentrum zentral betreut werden.

Die KLR-Software verfügte in der Konzeptionsphase des Pilotprojekts über kein geeignetes Berichtswesen. Das FM hat deshalb bereits im Juli 1994 ein Pflichtenheft zur Entwicklung eines DV-gestützten Informationssystems erstellt und eine weitere Firma mit dessen Entwicklung beauftragt. Darin war vorgesehen, Daten aus dem Haushaltsvollzugsverfahren, der KLR, der Anlagenbuchhaltung sowie aus spezifischen Fachanwendungen zu verknüpfen und in das Informationssystem einfließen zu lassen. Zielgruppe dieses als umfassendes Verwaltungsführungsinformationssystem (VFIS) gedachten Systems waren in erster Linie Mitarbeiter mit Controllingaufgaben sowie die Führungskräfte in den Pilotämtern. Es war angestrebt, eine größtmögliche Akzeptanz und Nutzungsbreite bei den potentiellen Anwendern zu erzielen. Das Informationssystem sollte als Basis für den effizienten und effektiven Einsatz von Personal- und Sachmitteln herangezogen werden und ad-hoc-Berichte ermöglichen. VFIS wurde zunächst als Prototyp entwickelt, um es dann mit den Pilotämtern und den beteiligten Firmen während der Projektlaufzeit weiter auszubauen. Dieses Informationssystem fand in den Pilotämtern nur sehr geringe Akzeptanz.

2.2.7 Nahezu alle Pilotämter haben über eine unzureichende Unterstützung in der eigentlichen Pilotphase seitens der Projektleitung geklagt. Sowohl die beiden federführenden Ministerien (FM und IM) als auch die zuständigen Fachressorts haben deutliche Zurückhaltung im Projektmanagement gezeigt. Dies war sicherlich auch darauf zurückzuführen, daß die personellen Ressourcen für eine intensive und konstruktive Beratung vor Ort bei weitem nicht ausreichend waren. Beim FM waren lediglich zwei Mitarbeiter und beim IM nur ein Mitarbeiter für das Projekt abgestellt, die sich nach Angaben der Ministerien zwangsläufig auf die Gesamtsteuerung und auf die Grundkonzeption beschränken mußten. Damit wurden die Pilotphase erheblich belastet und größere Erfolge verhindert.

2.2.8 Das FM hat im Evaluationsbericht die Ergebnisse des Modellversuchs dargestellt. Danach wurden bei den Pilotämtern Effizienzpotentiale von 10 - 15 % des Budgetvolumens erzielt. Die Pilotämter regen im Bericht u.a. an, weitere Teile des Landeshaushalts dezentral zu budgetieren, um größere Erfolge erzielen zu können.

Die Ausführungen des FM klingen optimistisch, sind aber für eine Entscheidung über die landesweite Einführung nicht aussagekräftig genug, da sie keine ausreichende inhaltliche Bewertung enthalten und die obengenannten Einsparpotentiale pauschal als Ergebnis der NSI dargestellt wurden. In den Modellversuchen wurden, wie das FM selbst betont hat, erst Teile des gesamten Instrumentariums erprobt; die dabei gewonnen positiven Erfahrungen lassen noch keinen sicheren Schluß zu, ob eine landesweite Einführung erfolgversprechend sein wird. Die Erhebungen des RH ergaben, daß vor allem die Flexibilisierung der Budgets und detaillierte Wirtschaftlichkeitsanalysen (außerhalb der KLR) die bisherigen Erfolge erklären. Die Kosten und die Wirkungen der einzelnen Elemente müssen im weiteren Projektverlauf vertiefend analysiert und deren Wirtschaftlichkeit möglichst optimiert werden, um die bisher getroffenen, auf groben Schätzungen beruhenden Aussagen über die Einsparpotentiale zu untermauern.

2.3 Zusätzliche Erkenntnisse bei den Pilotämtern der Polizei

2.3.1 Zur Ergänzung der bei den obengenannten Ämtern gewonnenen Erkenntnisse wurden Erhebungen einschließlich Mitarbeiterbefragungen bei drei Pilotämtern der Polizei durchgeführt. Ziel dieser detaillierten Untersuchung war, auf Grund deren Erfahrungen die Wirkung der Dezentralen Budgetierung, der KLR und des Controlling genauer zu evaluieren, um daraus Empfehlungen zur weiteren Ausgestaltung und zum Einsatz dieser Steuerungsinstrumente bei wirtschaftlich vertretbaren Kosten ableiten zu können. Da zu Projektbeginn weder auf Bundes- noch auf Landesebene konkrete Erfahrungen, Konzepte oder IuK-Lösungen zum Einsatz solcher Instrumente in der öffentlichen Verwaltung vorlagen, mußten die Pilotämter der Polizei den mühevollen und zeitaufwendigen Weg des „trial-and-error“ beschreiten. So waren vor allem im Bereich der DV leidvolle „Pionierleistungen“ zu erbringen.

2.3.2 Die Dezentrale Budgetierung hat bei den Mitarbeitern und Führungskräften der Polizei eine sehr hohe Akzeptanz gefunden. Beschaffungen erfolgen schneller, flexibler und bedarfsgerechter. Die Zusammenführung von Aufgabe, Kompetenz und Finanzverantwortung hat bewirkt, daß sich die Beschäftigten nun intensiver mit der Kostensituation in ihren Aufgaben- oder Fachgebieten auseinandersetzen. Kosten-Nutzen-Überlegungen werden vermehrt angestellt und Verbesserungsvorschläge erarbeitet. Kostspielige Standards und selbst Standorte von Polizeiposten und -revieren, die bisher aus polizeitaktischen Gründen für notwendig erachtet wurden, werden unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten und ohne Vernachlässigung der polizeilichen Aufgabenerfüllung kritisch hinterfragt.

Einige Maßnahmen der Pilotämter, die z.T. bereits landesweit umgesetzt wurden, sollen dies verdeutlichen:

  • Ersatz analoger Telefonanlagen durch ISDN-Anlagen; durch Zuschüsse der Telekom und Verzicht auf teure Wartungsverträge haben sich diese Investitionen schon in einem Jahr amortisiert.

 

  • Einsatz von Dieselfahrzeugen, die im Unterhalt wesentlich günstiger sind als die bisherigen Kfz.

 

  • Aufgabe von zwei polizeieigenen Tankstellen.

 

  • Senkung der Treibstoffkosten durch mehr Fußstreifen im Rahmen einer am Lagebild orientierten Einsatzstrategie.

 

  • Beschaffung von Mobiltelefonen mit Guthabenkonto für den Ermittlungsdienst.

Es fällt schwer, diese Beispiele unmittelbar der Budgetierung oder Flexibilisierung zuzurechnen, sollte doch jede wirtschaftlich denkende Verwaltung auf entsprechende Lösungen kommen. Erst die Budgetierung scheint aber hierfür Impulse geliefert zu haben.

Insbesondere im ersten Jahr der Budgetierung haben die Pilotämter zurückhaltend gewirtschaftet und große Ausgabereste gebildet. Die beiden Polizeidirektionen konnten rd. 23 % bzw. 35 %, die LPD rd. 6 % des zur Verfügung stehenden Budgets in das nächste Jahr übertragen. Durch Einsparungen bei den sächlichen Verwaltungsausgaben konnten erhebliche Mittel für Investitionen freigemacht werden. Die Abschöpfung einer Effizienzrendite zugunsten des Landeshaushalts war im Pilotversuch nicht vorgesehen.

2.3.3 Die landeseinheitliche Systematik für den Aufbau der KLR wurde für die Polizei verfeinert und auf ihre spezifischen Aufgaben angepaßt. Der Kostenstellenplan bildet die Organisationsstruktur der Dienststellen ab. Der Kostenträgerkatalog orientiert sich an den jeweiligen Endleistungen der Organisationseinheiten. Das Grundmodell der KLR der Polizei basiert auf einer Vollkostenrechnung. Die anfallenden Kosten werden im Rahmen einer Istkostenrechnung erfaßt, wobei kalkulatorische Kosten für Abschreibungen und Zinsen bisher nicht berücksichtigt werden.

2.3.4 Die Auswertung des Kostenträgers Haushaltsmanagementsystem bei den Pilotämtern der Polizei hat ergeben, daß für das Gesamtprojekt Haushaltsmanagementsystem ein jährlicher Personalaufwand je Dienststelle zwischen 0,5 und 1,0 Mio. DM entsteht; dies entspricht rd. 2 % der Gesamtpersonalausgaben. Hiervon entfällt der überwiegende Teil auf die Erfassung der Tätigkeiten. Die Mitarbeiter der Pilotämter beklagten den enormen Aufwand, der mit der Erfassung der Tätigkeiten verbunden ist, ohne daß sie über Erfolge oder Konsequenzen eine Rückmeldung erhielten. Es besteht der Eindruck, daß der mit der Erhebung der Daten verbundene Aufwand in keinem angemessenen Verhältnis zum Nutzen steht. Hinzu kommt, daß trotz des hohen Detaillierungsgrades die aus der Tätigkeitserfassung erhobenen Daten nur sehr ungenaue Schätzwerte darstellen. Das Datenmaterial war auch nach der Erkenntnis des IM zwar umfangreich, aber inkonsistent und stellte keine gesicherte Basis für das darauf aufbauende Berichtswesen dar, welches dadurch z.T. irreführend war. Die Tätigkeitenerfassung ist dringend organisatorisch zu vereinfachen und vor allem sowohl innerhalb der Dienststelle als auch innerhalb des Polizeibereichs einheitlich zu gestalten mit dem Ziel, daß ein Streifenbeamter nicht mehr als 5 Minuten am Tag mit seinem Aufschrieb beschäftigt ist. Ein Controlling und Benchmarking ist nur auf einer sicheren Datenbasis sinnvoll und überzeugend.

2.3.5 Erste konkrete Vorschläge für ein geeignetes Kennzahlensystem hatten z.Z. der Prüfung die Polizeidirektionen entworfen. Z.B. wurden Kennzahlen für die Erfüllung der Zielvereinbarungen oder Kennzahlen für Fall-, Ereignis- bzw. Unfallkosten definiert. Hierzu sollen unter anderem die Daten aus der KLR mit der Anwendung „polizeiliches Lagebild“ verknüpft werden. Bis jetzt werden aus der KLR Daten zur prozentualen Verteilung der Tätigkeiten (Präsenz, Fehlzeiten, Außen- und Innendienst) und zur Analyse einzelner Kostenarten bzw. Kostenstellen genutzt.

Diese für die Polizeiarbeit nützlichen Ansätze wurden in der Vergangenheit weder vom IM noch von der LPD Freiburg aufgegriffen; sie sollen jetzt aber in die Erarbeitung einer landesweiten Konzeption einfließen. Die erarbeiteten Kennzahlen haben sich noch nicht als fester Bestandteil des Steuerungsinstrumentariums etabliert. Auch die unzureichende Funktionalität der eingesetzten DV erschwerte die konzeptionelle Weiterentwicklung. Da das Führungsinformationssystem die benötigten Informationen bisher nicht bzw. nur in unzureichender Form bereitstellen konnte, haben die Pilotämter mittels Excel oder anderer Reportingsysteme versucht, eigene Berichte zu erarbeiten.

2.3.6 Trotz guter konzeptioneller Ansätze haben die Pilotämter bislang kein transparentes periodisches Berichtswesen installiert. Die Analyse der Daten muß überwiegend über umständliche manuelle Zwischenschritte erfolgen. Einfache, aber durchgängige und einheitliche Standardberichte oder Soll-Ist-Analysen hätten die Qualität des Berichtswesens erheblich verbessert. Mit wenigen relevanten Kennzahlen, die landeseinheitlich für den Polizeibereich zu definieren wären, könnte ohne größeren Aufwand ein landesweites Benchmarking aufgebaut werden. Entsprechende methodische Anregungen will die Polizei nunmehr aufgreifen.

2.3.7 Die externe Beratung wurde als zu wenig hilfreich für die Lösung der konkreten Probleme beurteilt. Die Unterstützung seitens der Projektleitung im IM wurde ebenfalls als unzureichend empfunden, wodurch die konzeptionelle Weiterentwicklung gebremst wurde. Die Pilotämter waren mit der Vielzahl der neuen Herausforderungen in den Bereichen Haushalt, Personal, DV und Controlling stark belastet. Dennoch haben sich im Verlauf des Projekts etliche der Beschäftigten in Eigeninitiative fortgebildet.

2.3.8 Die Pilotämter mußten sich auf Grund der Unzulänglichkeiten der anfangs zur Verfügung gestellten Software primär auf die Lösung der DV-technischen Probleme konzentrieren. Angesichts geringen betriebswirtschaftlichen Sachverstands und wegen fehlender eigener Erfahrungen mußte man sich an dem von der Softwarefirma erstellten Fachkonzept orientieren und die Organisation des Projekts im wesentlichen an die Bedürfnisse der einzelnen Softwaremodule anpassen. Das DV-System wurde vor allem auf Grund der Hinweise sowie der Produktionstests und Anregungen der Pilotämter weiterentwickelt, so daß erst 1997 eine akzeptable Version der KLR-Software im Einsatz war.

3 Aktueller Stand des Projektes sowie Beurteilungen und Empfehlungen des Rechnungshofs

3.1 Kabinettsbeschluß und Ausschreibung zur landesweiten Einführung neuer Steuerungsinstrumente

Der RH hat im Juni 1998 zum Entwurf der Kabinettsvorlage Stellung genommen und konkrete Vorschläge u.a. zum Haushaltsvollzugsverfahren, zur differenzierten, bedarfsorientierten Ausprägung der KLR, zum Bedarf an Controllerstellen und zur Gegenfinanzierung unterbreitet, die im wesentlichen in die Endfassung der Kabinettsvorlage eingeflossen sind. Der Ministerrat hat am 13.07.1998 von der Grundkonzeption zur landesweiten Einführung NSI mit den Elementen der Dezentralen Budgetverantwortung, der KLR, eines Führungsinformationssystems und des Controlling in allen geeigneten Bereichen Kenntnis genommen. Das FM wurde mit der Durchführung eines EU-weiten Teilnahmewettbewerbs mit anschließendem Verhandlungsverfahren und der Einrichtung eines Lenkungsausschusses beauftragt.

Unter Vorsitz des FM hat sich dieser Ausschuß, in dem alle Ressorts und der RH vertreten sind, am 03.12.1998 konstituiert; er soll die weiteren Schritte zur Einführung der NSI fachlich begleiten.

Der EU-weite Teilnahmewettbewerb hat stattgefunden, und ausgewählte Firmen haben zwischenzeitlich konkrete Angebote abgegeben. Die Gespräche zur Entscheidungsfindung laufen. Die Landesregierung will im Herbst 1999 über die Zuschlagserteilung entscheiden.

3.2 Kosten der neuen Steuerungsinstrumente und deren Gegenfinanzierung

3.2.1 Die Einführung der NSI in der Landesverwaltung, nach Aussage des FM das größte Reformprojekt seit der Gemeindereform, wird nach Prognosen in einem Gutachten einmalige Gesamtinvestitionen von rd. 384 Mio. DM für Hardware, Software und Schulungen verursachen; die laufenden Betriebsausgaben für die KLR und das Controlling einschließlich der vom Gutachter vorgeschlagenen 700 Controller sollen rd. 112 Mio. DM/Jahr betragen. Im Gutachten unberücksichtigt geblieben sind die kurzfristig noch aufzubringenden Mittel für das Haushaltsmanagementsystem in Höhe von rd. 40 Mio. DM. Der Amortisationszeitraum für diese Aufwendungen zur Einführung der NSI wurde vom Gutachter mit 5,4 Jahren angenommen, wobei von einem realisierbaren Stellenabbau von 6 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ab dem 5. Jahr von jährlichen Einsparungen bei den Sach- und Investitionskosten von rd. 60 Mio. DM ausgegangen wurde.

3.2.2 Das Projekt soll lt. Nachtragshaushaltsplan 1999 sonderfinanziert werden. Das FM ist ermächtigt, 1999 Kredite bis zu 5 Mio. DM aufzunehmen und Verpflichtungen zur Leistung von Ausgaben in den Jahren 2000 bis 2004 bis zum Gesamtbetrag von 650 Mio. DM einzugehen. Die Inanspruchnahme dieser haushaltsrechtlichen Ermächtigung ist an eine von der Landesregierung zu beschließende Finanzierungskonzeption gebunden, die eine volle Gegenfinanzierung der Gesamtkosten durch Stellen- und Sachmitteleinsparungen bis zum Jahr 2010 gewährleistet; konkrete Zahlen wurden hierzu nicht genannt. Der obengenannte Gesamtbetrag von 650 Mio. DM ist deutlich höher als die vom Gutachter ausgewiesene Haushaltsbelastung, die auf nur 400 Mio. DM in den ersten drei Hj. geschätzt wurde. Zur Begründung weist das FM darauf hin, daß die Gegenfinanzierung erst mit Zeitverzug ab 2004 erfolgen kann und Zinsen in nicht unerheblichem Umfang anfallen werden.

3.2.3 Der RH hat frühzeitig auf die Notwendigkeit einer realistischen Gegenfinanzierung und stringenter Wirtschaftlichkeitskontrolle des Projektes hingewiesen. Der geplante Stellenabbau wird sich nicht automatisch aus der Einführung der NSI ergeben; er wird deshalb gesondert als politische Zielvorgabe beschlossen werden müssen. Nach Auslaufen der in der Vergangenheit bereits beschlossenen und noch nicht vollständig abgewickelten Stellenabbauprogramme bietet nach den Vorstellungen von FM und IM die ab dem Jahr 2004 zu erwartende hohe Personalfluktuation hierzu die notwendigen Spielräume. Die sich aus der KLR ergebenden Hinweise, ergänzt durch detaillierte Personalkennziffern-Analysen und Benchmarking-Prozesse, bieten der Verwaltung die Chance, vom Rasenmäher-Prinzip abzuweichen und den Personalabbau differenziert und auch in bisherigen Schonbereichen umsetzen zu können. Die vom Gutachter berechnete Amortisationsfrist von 5,4 Jahren unterstellte einen sofortigen Beginn des Stellenabbaus; in den ersten vier Jahren sollten bereits 1 700 Stellen wegfallen. Diese Berechnung muß modifiziert werden, weil mit dem zusätzlichen Stellenabbau zumindest in den Kernbereichen der Landesverwaltung erst nach Ablauf der in der Vergangenheit bereits beschlossenen und derzeit noch laufenden Stellenabbauprogramme begonnen werden soll.

4 Gemeinsame Stellungnahme von Finanz- und Innenministerium

In einer gemeinsamen Stellungnahme vom März 1999 haben das FM und das IM keine grundlegenden Einwendungen zu den Prüfungsmitteilungen des RH erhoben.

Die Ministerien haben in dieser Stellungnahme insbesondere den pilothaften und ergebnisoffenen Charakter des Projekts betont. Da zu Projektbeginn keine fertigen Konzepte oder Erfahrungen vorlagen, sei primäres Ziel gewesen, die Eignung der verschiedenen NSI für einen landesweiten Einsatz zu erproben und Erkenntnisse zur Ausprägung und IuK-Konzeption zu gewinnen. Im Unterschied zu anderen Ländern habe Baden-Württemberg den Schwerpunkt auf eine schnelle praktische Umsetzung und auf realistische Rahmenbedingungen gelegt. FM und IM seien der Auffassung, daß Baden-Württemberg mit diesem Ansatz im Bundesvergleich einen Spitzenplatz bei der Umsetzung der NSI einnehme.

Im Unterschied zum RH ist das FM der Meinung, daß die erzielten Nutzeneffekte nicht einzelnen Instrumenten der neuen Steuerung zugerechnet werden könnten. Das IM legt dar, daß die Zielvorgaben des Modellversuchs in vollem Umfang erreicht worden seien. Es weist darauf hin, daß Ziel der KLR bei der Polizei in erster Linie die Optimierung der Aufgabenwahrnehmung sei und nicht der Abbau von Stellen.

5 Folgerungen und Vorschläge des Rechnungshofs zum weiteren Vorgehen

5.1 Allgemeine Feststellungen

Der RH begrüßt ausdrücklich die Bemühungen der Landesverwaltung, zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und Effizienz des Verwaltungshandelns betriebswirtschaftliche Methoden und Instrumente in den Behörden und Dienststellen des Landes einzuführen und eine höhere Professionalisierung im Umgang mit betriebswirtschaftlichen Instrumenten aufzubauen. Der Umfang dieses Reformprojektes und die dafür notwendigen hohen finanziellen Mittel erfordern eine intensive konzeptionelle Durchdringung der mit Dezentraler Budgetierung, KLR, Controlling und Zielvereinbarungssystemen verbundenen Chancen und Risiken. Diese inhaltlichen Klärungen dürfen nicht überlagert werden durch die mehr technisch geprägten Fragen der Ausstattung mit Hard- und Software und der Systementscheidungen, die ebenfalls schwierig und nur mit hohem Kostenaufwand zu lösen sind. Zum Gelingen dieses Projektes gehören aber auch schlüssige, überzeugende inhaltliche Konzepte und ein erhebliches Maß an Motivation und Bereitschaft zu wirtschaftlichem Denken und Verantwortungsbewußtsein, insbesondere bei den Führungskräften. Der RH erwartet diesbezügliche Überlegungen, Strategien und Anreizmodelle. Das IM hat für die Polizei zwischenzeitlich ein Konzept zur Einführung der Dezentralen Budgetierung im Hj. 1999 entwickelt. Das Konzept wurde dem Finanzausschuß am 15.04.1999 vorgelegt.

Der RH weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß er im Hinblick auf die zu erwartenden erheblichen Auswirkungen auf die Aufgabenerfüllung des Landtags eine Einbeziehung des Landtags in die Entwicklung der NSI für erforderlich hält. Die vorgesehene Abkehr von der bisherigen Haushaltssystematik und die Hinwendung zu einer ergebnisorientierten Steuerung wird die Haushaltsaufstellung und die Kontrolle der Regierung qualitativ verändern.

Im weiteren Verlauf des Reformprojekts sollen Fehlentwicklungen weitgehend vermieden werden. Bevor ganze Verwaltungen einbezogen werden, müssen ausgereifte Konzepte vorliegen, wobei die Instrumente der neuen Steuerung unterschiedlich zu beurteilen, auszugestalten und umzusetzen sind. Daher hat der RH die im Zusammenhang mit seiner Beteiligung am Reformprojekt gewonnenen Erkenntnisse und die Erfahrungen der Querschnittsanalyse bei verschiedenen Pilotämtern, die durch detaillierte örtliche Erhebungen bei der Polizei untermauert und ergänzt wurden, in den nachstehenden Empfehlungen zu den einzelnen Bausteinen der neuen Steuerung zusammenfassend dargestellt.

5.2 Haushaltsmanagementsystem

Die Einführung eines landesweiten Haushaltsvollzugsverfahrens wurde bereits 1985 beschlossen. Obwohl das der Einführung der NSI zugrundeliegende Gutachten von der Prämisse ausgeht, daß dieses automatisierte Verfahren bereits landesweit installiert ist, sind bisher nur 150 von 1 200 Dienststellen damit ausgestattet. Unbestritten ist, daß ein derartiges landeseinheitliches Verfahren bei optimalem Einsatz erhebliche Verbesserungen (Rationalisierungen, Ablaufoptimierungen, Erhöhung der Sicherheitsstandards usw.) bringen kann. Die Einführung der weiteren Steuerungselemente (Dezentrale Budgetierung und KLR) bedingt dieses Instrumentarium, da z.B. die KLR hierauf aufgesetzt werden soll. Dieser Reformschritt ist zügig abzuschließen. Hierzu muß kurzfristig ein schlüssiges Gesamtkonzept erarbeitet und festgeschrieben werden, das aufzeigt, bei welchen Landesdienststellen das automatisierte Haushaltsvollzugsverfahren vor Ort zu installieren ist und welche Dienststellen von anderen Behörden bzw. von einem zu schaffenden Betriebswirtschaftlichen Dienstleistungszentrum betreut werden sollen.

5.3 Dezentrale Budgetierung

Die Ziele der Dezentralen Budgetierung wurden bei den Pilotämtern weitgehend erreicht und dabei kostspielige Standards zunehmend hinterfragt, Kosten-Nutzen-Überlegungen verstärkt angestellt. Der verstärkte Einsatz der Dezentralen Budgetierung wird vom RH begrüßt. Grundvoraussetzung für eine wirtschaftliche Handlungsweise der einzelnen Behörden ist die weitgehende Eigenständigkeit beim Mitteleinsatz. Bei der weiteren Ausgestaltung sollten folgende Überlegungen mit berücksichtigt werden:

  • Die bisherige Orientierung allein an den Ist-Ergebnissen des Vorjahres muß baldmöglich durch die Erarbeitung outputorientierter Budgets, bei welcher die Zuweisung von Haushaltsmitteln sich in erster Linie an der Erfüllung von Zielvorgaben für Produkte und Leistungen orientiert, abgelöst werden. Führungsinstrumente wie Zielvereinbarungen, Kontraktmanagement, Kennzahlenbildung und Benchmarkingprozesse sollen hierzu Hilfestellung geben.

 

  • Bisher ist vorgesehen, lediglich rd. 10 % des Haushaltsvolumens in die Dezentrale Budgetierung einzubeziehen. Dies ist angesichts des mit der Einführung der NSI verbundenen Aufwandes zu wenig. Weitere Erfolge sind langfristig nur zu erreichen, wenn auch der Personalhaushalt einbezogen wird. Weitere Kompetenzen sollten auch im investiven Bereich in die operative Ebene verlagert werden. Der Pilotversuch zeigt, daß Dezentrale Finanzverantwortung einen Anreiz für wirtschaftliches und bedarfsorientiertes Handeln schafft. Die übergeordneten Dienststellen sollten sich auf Serviceleistungen und Festlegung notwendiger Standards beschränken. Eine einheitliche und kompatible DV-Ausstattung kann durch das Landessystemkonzept, die VwV-Finanzsysteme bzw. z.B. durch polizeispezifische Vorgaben gewährleistet werden.

 

  • Die Übertragung weiterer Zuständigkeiten im Bereich des Gebäudemanagements ist zu prüfen. Die Mieten, Bewirtschaftungs- und Bauunterhaltungskosten werden bisher von den Staatlichen Vermögens- und Hochbauämtern verwaltet. Um auch auf diesen Gebieten nennenswerte Effizienzsteigerungen und ein verstärktes Kostenbewußtsein zu erreichen, sollten die dafür veranschlagten Mittel zumindest teilweise auf die Nutzer übertragen werden. Dabei müssen Wege gefunden werden, welche die bisherigen Vorteile zentraler Markt- und Fachkenntnisse mit dezentralen Entscheidungs- und Verantwortungsstrukturen verbinden. Anreizmodelle dieser Art erwägt das FM, wenn es auch an einer zentralen Steuerung durch die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung festhalten will. Hierzu sei auf den Beitrag Nr. 21 „Unterbringung von Landesbehörden“ in dieser Denkschrift verwiesen.

 

  • Von den klassischen Querschnittsaufgaben Haushalt, Personal und Organisation sind bisher nur Teilbereiche des Haushalts auf die Pilotämter übertragen worden. Personal- oder Organisationsangelegenheiten werden hingegen weiterhin überwiegend von vorgesetzten Dienststellen geregelt. Gerade im organisatorischen Bereich steckt noch viel Einsparpotential, das die Pilotämter mangels Zuständigkeit und nicht vorhandener Personalressourcen bisher nicht realisieren können.

5.4 Kosten- und Leistungsrechnung

5.4.1 Allgemeines

Analysen bei den Pilotämtern haben ergeben, daß die KLR im Unterschied zur Dezentralen Budgetierung (jedenfalls in der günstigen Pilotkonstellation) - von wenigen Ausnahmen abgesehen - noch kaum konkrete Umsetzungserfolge erbracht, aber einen erheblichen personellen Aufwand verursacht hat. Dies gilt insbesondere für die Zeitaufschriebe und deren Überleitung in die KLR. Trotz des hohen Zeit- und Kostenaufwandes bietet die KLR, insbesondere wegen erheblicher Inkonsistenz bei Zeitaufschrieben, zu starker Pauschalierung und teilweiser Nichtberücksichtigung kalkulatorischer Kosten, noch keine gesicherte Datenbasis für ein Controlling. Die beabsichtigte landesweite Einführung der KLR wird mit weiteren erheblichen Investitionen und Entwicklungsaufwand verbunden sein, weil für ganz wesentliche Teile (wie z.B. Produktbildung, behördenspezifische Ausgestaltung der KLR) noch Konzeptionen zu erarbeiten sind. Die Landesregierung läßt die Dezentrale Budgetverantwortung ohne KLR nicht zu, da die tradierten Steuerungs- und Kontrollinstrumente der Kameralistik zumindest teilweise wegfallen. Sie sind durch ein Instrument zu ersetzen, das Informationen darüber liefert, wie die Ressourcen effektiver eingesetzt werden können. Der neue § 7a LHO schreibt hierzu zwingend die KLR vor.

Daneben müssen zukünftig auch dem Parlament Kennzahlen für die Vereinbarung politischer Ziele bei der Haushaltsplanaufstellung und zur Evaluation der Zielerrreichung geliefert werden.

Der RH verkennt keineswegs, daß durch die Kostentransparenz positive Impulse für kostenbewußtes Handeln geliefert werden. Die KLR darf aber nicht zum Selbstzweck werden, sondern muß sich gleichfalls am Grundsatz der Wirtschaftlichkeit orientieren. Angesichts der Vielfalt der Landesbehörden muß sich ihre Ausprägung an den Bedürfnissen der einzelnen Verwaltungszweige orientieren. Für die Entscheidung zur Form und Ausprägung der KLR sind die steuerungsrelevanten Kennzahlen im Einzelfall frühzeitig festzulegen und hieraus die entsprechende Formen von Kostenrechnungssystemen zu entwickeln.

5.4.2 Einführungsstrategie auf der Grundlage einer ABC-Analyse

Die Landesregierung hat die Empfehlung des RH, die KLR stufenweise einzuführen, im Zusammenhang mit der Ausschreibung aufgegriffen. Mittels einer ABC-Analyse ist zu prüfen, bei welchen Behörden die KLR schnell einen hohen Nutzen (A-Behörden) erbringt; mit diesen sollte dann umgehend begonnen werden.

Dabei sind jeweils auf den Behördenzweig angepaßte und für die jeweilige Größenordnung der Behörde geeignete Formen der KLR zu erarbeiten. Eine umfassende, voll ausgebaute KLR ist nur in Dienststellen sinnvoll, bei denen durch näher zu bestimmende Kriterien ein wirtschaftlicher Einsatz gewahrt ist. Diese Kriterien könnten sich orientieren

  • am Haushalts- bzw. beeinflußbaren Budgetvolumen,
  • an der Anzahl der Mitarbeiter,
  • an der Aufgabenstellung (privatwirtschaftlich oder hoheitlich),
  • an der Konkurrenzsituation zu privaten Anbietern,
  • an Organisationsabläufen, die betrieblichen Charakter haben,
  • am Bedarf einer Kalkulationsgrundlage für die Festsetzung von Gebühren.

Für B- und C-Behörden könnten einfachere Systeme mit Überwachung der Kostenarten auf der Basis des Haushaltsmanagementsystems genügen, die um wenige Kennzahlen ergänzt werden.

Parallel dazu könnte für die verschiedenen Gruppen von Verwaltungsbereichen die KLR in Wellen so eingeführt werden, daß zum bisherigen Pilotamt weitere Ämter dieser Verwaltung aus allen Regierungsbezirken einschließlich der jeweils übergeordneten Dienststellen einbezogen und erst nach der Evaluation die abschließenden flächendeckenden Festlegungen getroffen werden (z.B. ein Straßenbauamt je Regierungsbezirk, die Regierungspräsidien und das Landesamt für Straßenwesen).

Durch die stufenweise Einführung der KLR lassen sich die Gesamtausgaben insbesondere in Bezug auf die DV-Ausstattung, die Lizenz-, Schulungs- und Betreuungskosten erheblich reduzieren bzw. verschieben, und vor allem aber lassen sich Umsetzungsprobleme durch eine höhere Akzeptanz vermeiden.

5.4.3 Teilkostenrechnung

Die Anregung des RH wurde aufgegriffen, die bislang vernachlässigte Teilkostenrechnung verstärkt zu verfolgen. Nur eine einfache Vollkostenrechnung auf Istkostenbasis zu realisieren, wäre problematisch, da

  • wichtige Informationen, die für Planung, Steuerung und Kontrolle notwendig sind, nicht geliefert werden, weil weder Kostenverursachung noch Kostenverhalten transparent werden,

 

  • Entscheidungen über Aufgabenabbau, Privatisierung oder Outsourcing zu falschen Ergebnissen führen können.

Für die Teilkostenrechnung ist ein Konzept zu entwickeln, in welchem z.B. durch eine stufenweise Zuordnung der Fixkosten entsprechend den Verantwortungsbereichen nach dem Grundkonzept einer mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung bessere Entscheidungsgrundlagen erreichbar sind. Im Endergebnis müssen aber auch die Gesamtkosten einschließlich aller Gemeinkosten dargestellt werden.

5.5 Controlling

Aus den Ergebnissen der KLR ergeben sich nicht automatisch Hinweise auf Personaleinsparungen und monetäre Abschöpfungspotentiale. Hierfür sind im Rahmen eines Controlling gesonderte Kennzahlen, Benchmarking-Prozesse und Analysen erforderlich. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse müssen zukünftig konsequent umgesetzt werden. Die NSI sollten als Chance gesehen werden, Mängel und Einsparpotentiale in der Aufbau- und Ablauforganisation zu erschließen. Es genügt letztlich nicht, nur die Kosten für eine Leistung oder ein Produkt aufwendig und mit erheblichen Annahmen und Fiktionen verbunden zu ermitteln, Datenfriedhöfe aufzubauen und dann kein geeignetes Benchmarking anzuschließen. Hierzu sind schnellstmöglich für die einzelnen Verwaltungen steuerungsrelevante Daten festzulegen. Diese Vorgehensweise könnte mit dazu beitragen, die Akzeptanz für ein systematisches Controlling in der Landesverwaltung zu erhöhen. Auf den Aufbau eines umfassenden, aber sehr kostspieligen Führungsinformationssystems könnte zunächst verzichtet werden.

Erst durch ein geeignetes und praktiziertes Controlling, wenn auch zunächst nur in einfacher Form, können die ermittelten Kosten und evtl. auch die Leistungen bewertet und das Verwaltungshandeln wirtschaftlicher gesteuert werden. Viele Fach- und Gemeinkostenbereiche könnten z.B. durch eine stufenweise Teilkosten- oder eine Prozeßkostenrechnung transparenter gestaltet und verbessert werden. Daneben dürfen aber die klassischen Methoden wie z.B. Aufgabenkritik, Wertanalyse, Wirtschaftlichkeitsberechnungen, Personalbedarfsberechnungen usw. nicht vernachlässigt werden.

Die bisher vorliegende Rahmenkonzeption Controlling enthält weder für die Pilotämter noch für die Adressaten des Verwaltungscontrolling (Parlament, Ministerien, Mittelbehörden, RH) praktische Anhaltspunkte für eine konkrete Ausgestaltung. Sie beschreibt sehr umfänglich, aber auf abstraktem Niveau Ziele, Rahmenbedingungen und Möglichkeiten des Controlling. Insbesondere die Anwendung des umsetzungsorientierten Steuerungsansatzes der Balanced Scorecard (ausgewogener Berichtsbogen) konnte in der Praxis bislang nicht nachgewiesen werden; dieser Ansatz sollte schnellstmöglich praktisch erprobt werden. Die betriebswirtschaftlichen Ausführungen und Begriffsdefinitionen sind für die Führungskräfte und für die mit Controllingaufgaben betrauten Mitarbeiter hilfreich. Um die Anregungen erfolgreich umsetzen zu können, bedarf es jedoch intensiver Hilfe für die Bediensteten vor Ort. Die knapp gehaltenen Beispiele sind dringend zu konkretisieren und zu ergänzen.

Der RH empfiehlt, zumindest für die Ministerien schnellstmöglich einige Controller möglichst mit Erfahrungen in der öffentlichen Verwaltung zu gewinnen. Gegebenenfalls sind qualifizierte Verwaltungsbeamte entsprechend fortzubilden. Diese sollen in den Ministerien als Koordinatoren und als kompetente Ansprechpartner den Behörden zur Verfügung stehen und den landesweiten Einsatz federführend steuern. Sie sollten mit dazu beitragen, daß zur Erfolgskontrolle und Ergebnissteuerung Zielvereinbarungssysteme frühzeitig erarbeitet werden.


Anhänge

In einer Nachprüfung des Rechnungshofs wurde der Stand der Umsetzung früherer Empfehlungen durch die Universitäten festgestellt. Diesen wurde weitgehend Rechnung getragen. Die Nachprüfung löste weitere Maßnahmen zur Umsetzung aus.


1 Ausgangslage

Der RH hatte bei fünf Universitäten eine Untersuchung der Organisation der zentralen Verwaltungen durchgeführt. Die Untersuchung befaßte sich mit den Bereichen Studentenverwaltung, Studienberatung, Prüfungsverwaltung, Personalverwaltung, Finanzverwaltung, Universitätskasse und Beschaffungswesen. Der Bericht hierüber war dem Ministerium im September 1994 vorgelegt worden. Über die wesentlichen Ergebnisse wurde gleichzeitig dem Landtag in einer beratenden Äußerung berichtet (DS 11/4701).

Landtag und Regierung haben sich in der Folgezeit wiederholt mit dem Bericht und der beratenden Äußerung sowie den hierin ausgesprochenen Empfehlungen befaßt.

Der RH hat Ende 1998/Anfang 1999 die Umsetzung ausgewählter Empfehlungen aus den Untersuchungsbereichen Studentenverwaltung, Studienberatung, Prüfungsverwaltung und Universitätskasse geprüft. Die Überprüfung wurde aus Gründen der Effizienz beschränkt. Zum Beispiel wurde die Umsetzung von empfohlenen Kennzahlen für den Personaleinsatz nicht untersucht; dies hätte eine vollständige Neuerhebung vorausgesetzt.

2 Studentenverwaltung

2.1 Empfehlungen

Zur Organisation der Studentenverwaltung hatte der RH u.a. empfohlen, alle studentischen Angelegenheiten, d.h. Bewerbung, Zulassung, Einschreibung, Rückmeldung, Prüfungsverwaltung und Studienberatung für in- und ausländische Studierende, in einer Organisationseinheit zentral zu bearbeiten. Die Universität Heidelberg sollte ihre gesonderte Zulassungsstelle aufgeben. Bei der Universität Tübingen sollten die Sachbearbeiter die erhobenen Studentendaten direkt in dem Bearbeitungsprogramm erfassen. Ferner wurde den Universitäten Freiburg und Tübingen empfohlen, auf die Abteilungssekretariate zu verzichten.

Die Verfahren für Bewerbung, Zulassung und Einschreibung sollten zusammengefaßt und vereinfacht werden. Auf das persönliche Erscheinen der Studienbewerber zur Einschreibung, auf das Rückmeldeverfahren in der bisherigen Form und auf die Führung von Studentenakten sollte verzichtet werden. Die Überwachung der studentischen Krankenversicherung sollte vereinfacht, auf das Führen von Studienbüchern verzichtet werden.

Der RH empfahl darüber hinaus, den Aufwand für die Datenerfassung, z.B. durch Übernahme der Daten von der zentralen Vergabestelle für Studienplätze oder durch Verwendung der Daten in anderen Bereichen wie der Prüfungsverwaltung, dem Studentenwerk usw. möglichst zu reduzieren. Außerdem sollte überprüft werden, wie die Studentenverwaltung z.B. durch Standardisierung von Formularen, Einführung von Studienausweisen in Form von Chip-Karten und Automaten zur Selbstbedienung der Studierenden weiter vereinfacht werden kann.

2.2 Umsetzung der Empfehlungen

2.2.1 Das MWK ging nach der Organisationsuntersuchung zunächst davon aus, daß alle Universitäten die studentischen Angelegenheiten, mit Ausnahme der Kapazitätsberechnung und der Betreuung ausländischer Studierender, zusammenführen. Seit 1995 sieht das Universitätsgesetz (UG) für die Studienberatung eine gesonderte organisatorische Einheit vor. Davon haben die Universitäten Freiburg, Heidelberg und Karlsruhe Gebrauch gemacht. Die Überprüfung des RH hat ergeben, daß studentische Angelegenheiten für inländische Studierende bisher nur bei den Universitäten Hohenheim, Mannheim und Ulm in einer Organisationseinheit mit räumlicher Zusammenfassung bearbeitet werden.

Einige Universitäten weichen nicht nur bezüglich der Studienberatung von den Empfehlungen erheblich ab. Die Universität Heidelberg hat die Aufgaben auf drei Organisationseinheiten verteilt und ihre gesonderte Zulassungsstelle innerhalb der Studentenverwaltung nicht aufgegeben. Die Universität Freiburg, die die Aufgaben bei der Organisationsuntersuchung bis auf die Prüfungsämter bereits zusammengefaßt hatte, hat sie mittlerweile sogar getrennt. Sie hat beim Rektor für die Studentenverwaltung eine gesonderte Stabsstelle und für die Studienberatung eine gesonderte zentrale Betriebseinheit eingerichtet. Die Prüfungsämter hat sie bei den Fakultäten belassen. Die Universität Tübingen hat die studentischen Angelegenheiten einschließlich der Prüfungsverwaltung auf vier Organisationseinheiten verteilt.

Die konsequente Zusammenfassung der Bearbeitung aller studentischen Angelegenheiten in einer Organisationseinheit hält der RH wegen des Sachzusammenhanges der Tätigkeiten nach wie vor für geboten. Die Erledigung dieser Aufgaben in verschiedenen Organisationseinheiten verursacht Doppelarbeiten, Abstimmungsschwierigkeiten und Informationsverluste. Fehlt auch die räumliche Zusammenfassung, wird der Zugang zu den Leistungen für die Studierenden erschwert. Eine Organisation in Form von Stabsstellen vermehrt diese Probleme noch, weil eine einheitliche Leitung erst auf oberster Ebene gewährleistet werden kann.

Die Universität Mannheim hat über die Empfehlungen des RH hinaus ein Konzept der Betreuung der inländischen Studierenden aus einer Hand realisiert. Sie hat dafür in der zentralen Universitätsverwaltung Studienbüros eingerichtet, die für den jeweiligen Studiengang von der Studienberatung über die Studentenverwaltung bis hin zur Prüfungsverwaltung alle Leistungen zusammenfassen. Die Studierenden haben dadurch für ihre Belange während ihres ganzen Studiums nur noch eine Stelle als Ansprechpartner. Der RH hält die Betreuung der Studierenden aus einer Hand wie in Mannheim bei den dortigen Rahmenbedingungen für eine gute Lösung. Es wird deshalb empfohlen, solche Lösungen nicht nur als Ausnahme zuzulassen und § 49 UG entsprechend zu ändern.

Das Zulassungsverfahren für ausländische Studienbewerber wird bei den Universitäten Freiburg, Konstanz, Stuttgart und Ulm im Studentensekretariat durchgeführt. Bei den Universitäten Heidelberg, Hohenheim, Karlsruhe und Mannheim werden diese Zulassungsverfahren beim Akademischen Auslandsamt wahrgenommen, bei der Universität Tübingen im Akademischen Beratungszentrum. Die Zusammenfassung dieser Aufgaben im Studentensekretariat wäre auch bei den letztgenannten Universitäten von Vorteil.

2.2.2 Die Universität Tübingen hat die Datenerfassung jetzt zwar dem Studentensekretariat zugeordnet, jedoch die Abläufe nicht geändert. Nach wie vor werden die Daten von den Sachbearbeitern aufgenommen und auf Erfassungsblättern notiert, von Datenerfasserinnen in das DV-Programm HIS-SOS erfaßt, die Erfassung von den Sachbearbeitern kontrolliert und ggf. Korrekturerfassungsblätter erstellt. Die direkte Eingabe der Daten durch die Sachbearbeiter, die dadurch insgesamt keinen Mehraufwand haben, würde zur Einsparung von Personalkapazität führen.

2.2.3 Die Universitäten Freiburg und Tübingen sind der Empfehlung des RH nachgekommen, auf Vorzimmer der Leiter der Abteilung für studentische Angelegenheiten zu verzichten. Sie haben die freigewordene Personalkapazität genutzt, um das Studentensekretariat um 0,5 PJ bzw. 1,0 PJ zu verstärken.

2.2.4 Das Bewerbungs-, Zulassungs- und Einschreibeverfahren wurde nach der Organisationsuntersuchung gestrafft und vereinfacht. Das DV-Verfahren HIS-SOS ist inzwischen bei allen Universitäten eingeführt, mit Ausnahme der Universität Heidelberg, die hierfür ein selbst entwickeltes Verfahren einsetzt. Daneben hat die Verbindung mit den DV-Verfahren der Prüfungsverwaltung Mehrfacherfassungen von Studentendaten erspart.

Das MWK und die meisten Universitäten haben es bisher abgelehnt, bei Studiengängen ohne Zulassungsbeschränkung die Zulassung und die Einschreibung in einem Verfahren durchzuführen. Die Universität Heidelberg führt in solchen Fällen nur noch das Immatrikulationsverfahren durch. Der RH hat neuerliche Vorschläge zur Zusammenführung der Verfahren gemacht.

Die sonstigen Empfehlungen zur Verfahrensvereinfachung sind von den Universitäten bis auf die folgenden Ausnahmen umgesetzt worden:

  • Die Universität Karlsruhe legt die Bewerbungsunterlagen noch nicht aus, sondern händigt sie nur persönlich aus oder schickt sie zu.

 

  • Die Universität Heidelberg verlangt noch nicht, daß die Studienbewerber der Anforderung von Immatrikulationsunterlagen frankierte und adressierte Rückumschläge beilegen.

 

  • Die Universität Heidelberg hat ihre Verfahren zur Bewerbung, Zulassung und Einschreibung insbesondere bei zulassungsbeschränkten Studiengängen noch nicht ausreichend vereinfacht. Die bei der Organisationsuntersuchung festgestellten Abläufe waren für das Verwaltungspersonal der Universität und für die Studienbewerber zeitaufwendiger als bei allen anderen Universitäten. Die Universität hat daran seither trotz der Anweisungen des MWK nur wenig geändert. Nach wie vor werden die Zulassungsverfahren in einer gesonderten Stelle durchgeführt. Zur Einschreibung ist noch das persönliche Erscheinen des Studienbewerbers erforderlich, die Immatrikulationsordnung der Universität wurde nicht geändert. Erst bei der Einschreibung können die Einschreibeunterlagen zum Ausfüllen an Ort und Stelle abgeholt werden. Die mehrfache Prüfung der vorgelegten Unterlagen bei der Zulassung, der Aushändigung der Einschreibeunterlagen und der Einschreibung selbst wurde nicht eingestellt. Die Studienbewerber müssen deshalb zu verschiedenen Schaltern gehen und lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Bei der Einschreibung muß der Semesterbeitrag immer noch bar entrichtet werden.

2.2.5 Der Gesetzgeber hat auf das Rückmeldeverfahren nicht wie empfohlen gänzlich verzichtet. Es wurde jedoch den Empfehlungen entsprechend wesentlich vereinfacht und faktisch auf die Einzahlung des Semesterbeitrags reduziert. Diese kann maschinell überwacht werden. Nur die Universität Heidelberg übersendet nach wie vor den Überweisungsvordruck für das Folgesemester gesondert erst gegen Ende des jeweiligen Semesters. Außerdem versendet sie dabei ein Datenkontrollblatt an alle Studierenden, auf das alle übrigen Universitäten verzichten. Der dadurch entstehende Mehraufwand bei der Universität Heidelberg wurde s.Z. mit rd. 60 000 DM je Jahr nur für Portokosten ermittelt, hinzu kommen weitere Sach- und Personalkosten.

2.2.6 Die Überwachung der Krankenversicherung für Studierende nach den Vorschriften über die gesetzliche Krankenversicherung wurde vereinfacht. Die Universitäten überprüfen den Versicherungsschutz regelmäßig nur noch bei der Immatrikulation und teilen der Versicherung erst wieder die Exmatrikulation mit. Die völlige Abschaffung der Überwachungspflichten der Universitäten konnte nicht erreicht werden.

2.2.7 Das MWK hat einen Verzicht auf das Führen von Studienbüchern abgelehnt, weil nur durch diese der für die Prüfung erforderliche Nachweis eines ordnungsgemäßen Studiums erbracht werden könne. Die Nachweise im Studienbuch sind jedoch auf die Leistungsnachweise beschränkt worden, die die Studierenden selbst einheften. Bei den Universitäten entsteht kein Personalaufwand mehr für die Führung der Studienbücher.

2.2.8 Die Universitäten Heidelberg und Stuttgart führen nach wie vor Studentenakten. Das Anlegen, die Pflege und die Aufbewahrung dieser Studentenakten verursacht einen beträchtlichen Verwaltungsaufwand. Das MWK hat darauf hingewiesen, daß für Rechtsstreitigkeiten ein Mindestbestand an Studentenakten erforderlich sei. Dem ist entgegenzuhalten, daß die in diesen Fällen notwendigen Daten den DV-Dateien der Studentenverwaltung entnommen werden können. Auch für Archivzwecke genügte ein Ausdruck dieser Dateien. Die mit der Verwaltung der Studentenakten gebundene Personalkapazität kann eingespart werden.

2.2.9 In der Studentenverwaltung sind seit der Organisationsuntersuchung Aufgaben hinzugekommen. Dabei handelt es sich u.a. um folgende Tätigkeiten:

  • Einzug der Gebühren von Langzeitstudierenden

 

  • Arbeiten bei der Auswahl von Studierenden durch die Universitäten (Eignungsfeststellungsverfahren), soweit die Universitäten selbst auswählen.

Nach Mitteilung der Universitäten werden Personalressourcen benötigt, um die oben angeführten Aufgaben zu erfüllen. Demgegenüber sind durch die bereits durchgeführten Rationalisierungsmaßnahmen erhebliche Entlastungen gegenüber dem Stand der Erhebungen des RH in der Organisationsuntersuchung eingetreten; ggf. können sie auch jetzt noch durch die aufgezeigten weiteren Vereinfachungsmöglichkeiten erreicht werden.

2.2.10 Auf Grund der Empfehlungen wurden von den Universitäten weitere Vereinfachungen geprüft. Eine Entwicklung in die empfohlene Richtung zeichnet sich bezüglich der Einführung von Chip-Karten für Studierende an Stelle von Studentenausweisen ab. Mit ihnen können Studierende viele Leistungen der Universität ohne Inanspruchnahme von Personal selbst abwickeln. Die Universität Tübingen hat seit dem Wintersemester 1998/1999 eine Chip-Karte eingeführt. Andere Universitäten stehen vor der Entscheidung über die Einführung. Die Kosten für solche Systeme sind nicht unerheblich; ihnen stehen jedoch langfristig beträchtliche Einsparungsmöglichkeiten gegenüber. Außerdem wird die Serviceleistung für die Studierenden erheblich verbessert. Vor einer Einführung sind - wie von den Universitäten vorgesehen - Wirtschaftlichkeitsprüfungen erforderlich.

3 Studienberatung

3.1 Empfehlungen

Der RH hatte empfohlen, die Beratung der Studienbewerber bereits vor Aufnahme des Studiums durch einen weiteren Ausbau der Angebote an Informationsveranstaltungen im Zusammenwirken der Studienberatung der Universitäten mit den Schulen und der Schul- sowie der Arbeitsverwaltung zu intensivieren.

Daneben sollte die Beratung während des Studiums verstärkt und das Zusammenwirken der allgemeinen Studienberatung und der Fachstudienberatung verbessert werden. An Stelle einer personellen Verstärkung der allgemeinen Studienberatung sollten Mittel für eine gezielte Vertiefung des Unterrichtsstoffes durch Tutoren und Mentoren bereitgestellt werden und der Übergang von der Schule in die Hochschule durch gezielte Hinweise und Lernhilfen erleichtert werden.

Die Aufgaben der allgemeinen Studienberatung sollten eindeutig definiert und das Aufgabenprofil der Mitarbeiter der zentralen Studienberatung festgelegt werden.

3.2 Umsetzung der Empfehlungen

3.2.1 Die meisten zentralen Beratungsstellen haben die Beratung der Studienbewerber vor der Aufnahme des Studiums, insbesondere in den Klassen 12 und 13 der Gymnasien verstärkt. Informations- und Orientierungsveranstaltungen kurz vor und zu Beginn des Studiums werden mittlerweile ebenfalls angeboten.

Die Intensität der Angebote hängt oft auch von der Personalkapazität ab. Die Personalausstattung in der zentralen Studienberatung schwankt von einer bis sechs Stellen je Universität.

3.2.2 Die Universitäten haben von 1996 bis 1999 in beträchtlichem Umfang Mittel aus dem Hochschulsonderprogramm III für die Studienberatung und Studentenbetreuung während des Studiums erhalten. Alle setzen mittlerweile Tutoren und Mentoren zur Wiederholung und Vertiefung des Unterrichtsstoffes ein. Außerdem sind Projekte zur Verbesserung der Studienberatung durchgeführt worden.

Das MWK hat darüber hinaus seit 1996 einen Modellversuch „Verbesserung der Beratung“ an der Universität Heidelberg gefördert. In diesem wurden Schulungen für Tutoren durchgeführt; außerdem soll eine Konzeption für die Zusammenarbeit der zentralen Studienberatung mit der Fachstudienberatung der Fakultäten und Institute entwickelt werden, die die übrigen Universitäten übernehmen können. Die Universität Heidelberg wird die Ergebnisse des Modellversuchs bis Ende 1999 vorlegen.

3.2.3 Die Aufgaben der Studienberatung wurden mit der Neuregelung des § 49 UG neu definiert. Die psychologische und psychotherapeutische Betreuung gehört - den Empfehlungen entsprechend - nicht dazu. Das MWK hat die Universitäten aufgefordert, ihre Aufgabenbeschreibungen entsprechend abzufassen. Die meisten Universitäten haben die psychologische und psychotherapeutische Betreuung beendet.

Zum Anforderungsprofil der Mitarbeiter der zentralen Studienberatungsstellen hat das MWK eine Musterbeschreibung erstellt, die die Universitäten beachten.

4 Prüfungsverwaltung

4.1 Empfehlungen

Für eine Verbesserung des Verwaltungsablaufs in der Prüfungsverwaltung hat der RH empfohlen, daß alle Universitäten das von der Hochschul-Informationssystem-GmbH zur Verfügung gestellte DV-Verfahren HIS-POS (neu: HIS-POS-GX) einsetzen. Durch dieses Verfahren können u.a. Prüfungsvorleistungen besser überwacht, die Gesamtnote automatisch ermittelt und Zeugnisse maschinell erstellt werden. Die Daten können zugleich von der Studentenverwaltung und der Prüfungsverwaltung verwendet werden, wodurch Erfassungsarbeiten entfallen.

Der RH hatte ferner empfohlen, angesichts sehr unterschiedlicher organisatorischer Abläufe der Prüfungsverwaltung an den Universitäten sämtliche verwaltungstechnischen Aufgaben der Prüfungsverwaltung in einem zentralen Prüfungsamt zusammenzufassen.

Außerdem sollte die Zahl der Prüfungsausschüsse deutlich vermindert werden. Daneben sollte das Verfahren bei der Genehmigung von Prüfungsordnungen durch das MWK beschleunigt und die Zulassung zu Prüfungen und Teilprüfungen vereinfacht werden.

4.2 Umsetzung der Empfehlungen

4.2.1 Alle Universitäten verwenden mittlerweile DV-Verfahren in der Prüfungsverwaltung oder haben die Einführung technisch und organisatorisch eingeleitet. Mit Ausnahme der Universität Heidelberg, die ein eigenes Programm einsetzt, verwenden alle Universitäten das Programm HIS-POS. Die Verfahrensabläufe wurden dadurch vereinfacht.

Bei den Universitäten Hohenheim, Karlsruhe, Mannheim und Ulm ist die Prüfungsverwaltung für die Studiengänge vollständig oder fast vollständig auf das neue DV-Verfahren umgestellt. Die Universität Konstanz hatte ein eigenes Verfahren im Einsatz. Die Umstellung auf HIS-POS soll bis Ende 1999 abgeschlossen werden. Die Universität ist aber der Auffassung, daß ihr bisheriges Programm genauso leistungsfähig war. Bei den Universitäten Freiburg, Heidelberg, Stuttgart und Tübingen wird die Übernahme der Studiengänge in den nächsten Jahren abgeschlossen werden.

Die Universität Heidelberg hat ein eigenes DV-Programm für die Prüfungsverwaltung entwickelt. Das MWK hat sie als einzige Universität von der Verpflichtung zur Übernahme von HIS-POS ausgenommen. Bis zur Verknüpfung der universitätseigenen Programme, die bis Ende 1999 erreicht sein soll, können die Verfahren noch nicht im selben Umfang wie bei den übrigen Universitäten vereinfacht werden.

Die Universität Hohenheim testet derzeit ein Verfahren, bei dem die Prüfungsdaten vom Prüfer direkt eingegeben werden. Dadurch entfällt die bisher erforderliche gesonderte Eingabe in das DV-System auf Grund der schriftlichen Mitteilungen der Prüfer. Bei positivem Ergebnis des Versuchs wäre diese Verfahrensweise auch für die anderen Universitäten vorteilhaft.

Die Prüfungsverwaltung auf HIS-POS umzustellen, ist zwar - abhängig von der Vielfalt der Prüfungsordnungen - aufwendig, spart jedoch auf Dauer im laufenden Betrieb erheblich an Bearbeitungsaufwand und bietet darüber hinaus Angaben über den Prüfungsverlauf. Die Umstellung sollte daher weiter forciert werden und von den Universitäten für die beschleunigte Umstellung vorübergehend zusätzliches Personal bereitgestellt werden.

4.2.2 Das MWK hat nach der Organisationsuntersuchung die Universitäten gebeten, die bisher dezentralen Prüfungsämter entsprechend § 50 UG zu einem zentralen Prüfungsamt, zumindest aber zu Bereichsprüfungsämtern, zusammenzuführen.

Die Universitäten Hohenheim, Karlsruhe, Konstanz, Mannheim, Stuttgart und Ulm haben zentrale Prüfungsämter mit ausschließlicher oder überwiegender Zuständigkeit in Prüfungsangelegenheiten eingerichtet.

Bei den Universitäten Freiburg, Heidelberg und Tübingen obliegt die Prüfungsverwaltung immer noch dezentralen Prüfungsämtern, die bei den jeweiligen Fakultäten und wissenschaftlichen Einrichtungen bestehen. Alle drei Universitäten haben jetzt Schritte zur Zusammenführung zu Bereichsprüfungsämtern unternommen.

Die Einrichtung von sog. Bereichsprüfungsämtern kann bei ausreichender Größe eine wirtschaftliche Lösung sein. Allerdings müssen hierbei Doppelerfassungen von Daten ausgeschlossen werden; die Bearbeitung prüfungsrelevanter Vorgänge muß auch dann in einem Prüfungsamt möglich sein, wenn der Studierende in verschiedenen Fächern Prüfungsleistungen erbringt. Das DV-Verfahren ermöglicht dies.

4.2.3 Das MWK forderte die Universitäten auf, die Anzahl der Prüfungsausschüsse zu überprüfen.

An der Universität Konstanz gibt es bereits einen zentralen Prüfungsausschuß, der für fachübergreifende Aufgaben zuständig ist, und daneben 13 Fachprüfungsausschüsse, die nach Auffassung der Universität nicht weiter zusammengefaßt werden können. Die Universitäten Hohenheim, Mannheim und Ulm haben die Anzahl ihrer Prüfungsausschüsse zwischenzeitlich verringert. Die Universitäten Freiburg, Stuttgart und Tübingen werden nach Einführung des empfohlenen EDV-Programms HIS-POS für alle Diplom- und Magisterstudiengängen prüfen, wie die Zahl der Prüfungsausschüsse sinnvoll vermindert werden kann. Die Universitäten Heidelberg und Karlsruhe werden die Anzahl ihrer Prüfungsausschüsse nicht reduzieren.

4.2.4 Die frühere Dauer der Genehmigungsverfahren bei Prüfungsordnungen erledigt sich durch den Verzicht auf die Genehmigungsverfahren nach der geplanten Neufassung des Universitätsgesetzes.

5 Universitätskasse

5.1 Empfehlungen

5.1.1 Der RH hatte in der Organisationsuntersuchung darauf hingewiesen, daß das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen des Landes durch die beabsichtigte Einführung von DV-Verfahren bei der Bewirtschaftung von Haushaltsmitteln und zur beleglosen, elektronischen Übergabe der Daten an die Kassen dazu führen wird, daß es Kassen in der derzeitigen Form nicht mehr geben wird.

Deshalb wurde empfohlen, bei der Besetzung freiwerdender Stellen der Kassen die bevorstehenden Änderungen zu berücksichtigen und sich rechtzeitig auf die Reduzierung des Personalbedarfs einzustellen.

5.1.2 Zur Vereinfachung der bestehenden Abläufe und Verfahren wurde empfohlen zu prüfen, ob die automatisierte Erstellung von Kassenanordnungen am Arbeitsplatz des Sachbearbeiters und eine zusätzliche beleglose Übermittlung zahlungsrelevanter Daten eingerichtet werden kann, um eine nochmalige Erfassung der Daten bei der Kasse zu vermeiden. Die Visaprüfung sollte aufgegeben werden.

Der Einzug der Semesterbeiträge der Studierenden sollte dadurch vereinfacht werden, daß auf die personenbezogene Überwachung der Beitragszahlung bei den Universitätskassen bis zu einer Neuordnung des Rückmeldeverfahrens verzichtet und die Semesterbeiträge nur noch bargeldlos angenommen werden.

Bei der Abwicklung von Drittmittelvorhaben wurde empfohlen, von der Überprüfung und Bestätigung der Richtigkeit von Verwendungsnachweisen durch die Universitätskassen abzusehen und die Bemühungen um eine Vereinfachung des Verwendungsnachweisverfahrens fortzusetzen.

Zur Organisation der Kassen wurde empfohlen, den Kassenbotendienst dem Hausdienst zuzuordnen, auf Sekretariate bei den Kassen zu verzichten und in der Ein- und Auszahlungskasse neben dem Kassier keine weiteren Hilfskräfte zu beschäftigen.

5.2 Umsetzung der Empfehlungen

5.2.1 Die Universitäten Freiburg, Heidelberg, Hohenheim, Stuttgart und Tübingen haben in der Universitätskasse zwischen 0,5 und 3,5 PJ Personalkapazität abgebaut. Bei den Universitäten Konstanz und Ulm ist der Personalbestand in der Universitätskasse so gering, daß er bis zur Umstellung auf ein neues Verfahren nicht reduziert werden kann. Nur die Universität Karlsruhe hat als einzige Universität den Personalbestand in der Kasse um 0,5 PJ (Kassenbotendienst) erhöht.

Seit der Organisationsuntersuchung ist die Anzahl der Buchungsfälle gestiegen. Wegen der Einführung von Gebühren für Langzeitstudierende sind in der Kasse auch neue Tätigkeiten wie die Überwachung und die Anmahnung von Widerspruchsgebühren sowie Entscheidungen über Stundungsanträge.

Die Universitäten sind ab 1999 durch die Änderung der LHO (GBl. 1998 S. 662) berechtigt, Zahlungsanordnungen elektronisch und beleglos an die Kasse zu leiten. Diese Verfahrensänderung wird - wie bereits im Bericht von 1994 dargelegt - zur Folge haben, daß Aufgaben der Kassen wegfallen können und sich die gesamten Abläufe wesentlich vereinfachen. Daraus wird sich die Möglichkeit einer erheblichen Reduzierung der Personalkapazität in diesem Bereich ergeben. Der Umfang der danach verbleibenden Aufgaben und der Aufwand für notwendige Kontrolltätigkeiten ist indes heute noch nicht abschließend feststellbar. Die Universitäten Konstanz und Ulm haben die Daten bereits bisher parallel zu den Belegen elektronisch an die Kassen übergeben und können nunmehr den Übergang auf die beleglose Bearbeitung mit geringem Änderungsaufwand vornehmen. Die Universitäten Heidelberg, Karlsruhe, Mannheim und Stuttgart haben konkrete Schritte zur Einführung eines neuen Verfahrens unternommen. Soweit die Universitäten auf ein neues Kassenverfahren umstellen und dafür eigenes Personal einsetzen, sind die Möglichkeiten der Personalreduzierung während der Umstellungsphase eingeschränkt.

5.2.2 Das MWK lehnte es bisher ab, bei den großen Universitäten die Visakontrolle aufzuheben. Es hielt - wie auch die betroffenen Universitäten - die Visakontrolle für die förmliche und insbesondere die materielle Prüfung der Zahlungsanordnungen wegen der Vielzahl mittelbewirtschaftender Stellen weiterhin für notwendig. Die eingesetzte Personalkapazität sollte aber überprüft werden. Bisher haben nur die Universitäten Freiburg und Karlsruhe die Personalkapazität um 0,5 PJ bzw. 1,0 PJ reduziert. Derzeit wird für solche Aufgaben bei den Universitäten Freiburg, Heidelberg, Karlsruhe, Stuttgart und Tübingen zwischen 1,0 und 1,5 PJ Personalkapazität in Anspruch genommen.

Der RH hält die Visaprüfung, d.h. die Kontrolle praktisch jeder einzelnen Zahlungsanordnung durch eine zweite Stelle, nach wie vor für eine unwirtschaftliche Vorgehensweise, um die Richtigkeit von Zahlungsanordnungen sicherzustellen. Dies umso mehr, als ohnehin überwiegend nur formelle Mängel festgestellt werden. Die Universitäten müssen möglichen Fehlern anders begegnen als durch eine Vollkontrolle aller Zahlungsanordnungen. Dafür eignen sich insbesondere gezielte fachliche Einweisungen von neuen Mitarbeitern sowie ggf. erforderliche Nachschulungen von vorhandenen Mitarbeitern, die mit Mittelbewirtschaftung befaßt sind, ebenso wie Stichprobenkontrollen der Innenrevision oder finanzielle Sanktionen.

Inzwischen sind die Universitäten allerdings selbst bereit, die Visaprüfung ab dem Zeitpunkt aufzugeben, von dem ab neue DV-Verfahren zur Haushaltsmittelbewirtschaftung eingeführt sind. Die Universitäten Heidelberg und Stuttgart werden bereits im Jahr 2000 diese neuen Verfahren einführen, die übrigen Universitäten zu einem späteren, noch nicht bekannten Zeitpunkt. Das Hinausschieben des Verzichts auf die Visaprüfung erscheint indes nicht schlüssig, weil auch bei diesen neuen Verfahren Mitarbeiter der wissenschaftlichen Einrichtungen die Mittel verwalten und bewirtschaften. Die für die Visakontrolle eingesetzte Personalkapazität könnte nach Auffassung des RH deshalb schon früher eingespart werden, sofern die Umstellung nicht unmittelbar bevorsteht.

5.2.3 Die Universität Heidelberg ist die einzige Universität, die bei der Einschreibung noch die Bareinzahlung vorsieht. Der Studienbewerber muß dafür vor der Einschreibung an einem gesonderten Kassenhäuschen der Universität den Semesterbeitrag entrichten. Der manuelle Abgleich der Einzahlungen mit den Daten aus den Studentensekretariaten bei der Rückmeldung wurde erst zum Wintersemester 1998/1999 abgeschafft. Während bei anderen Universitäten auf den Rückmeldeunterlagen ausdrücklich zu bargeldloser Einzahlung aufgefordert wird oder durch den Hinweis auf entstehende Wartezeiten die Studierenden veranlaßt werden, unbar einzuzahlen, fehlt bei der Universität Heidelberg jeglicher Hinweis. Deshalb wird bei der Universität Heidelberg immer noch zu viel Aufwand für die Annahme der noch immer häufigen Bareinzahlungen und den hier erforderlichen manuellen Abgleich der Einzahlungen mit den Studentendaten erzeugt.

5.2.4 Eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Universitäten beim Verwendungsnachweis für Drittmittel wurde bislang nicht erzielt. Erreicht wurde jedoch, daß die DFG auf die Erstellung eines Zwischenverwendungsnachweises verzichtet. Das MWK beabsichtigt auch weiterhin, bei den Drittmittelgebern auf weitere Vereinfachungen des Verwendungsnachweisverfahrens zu drängen.

5.2.5 Der Kassenbotendienst wird nur noch bei den Universitäten Freiburg und Karlsruhe durch die Kassenbediensteten oder einen speziellen Kassenboten erledigt. Die beiden Universitäten sollten hier wie die übrigen rationalisieren.

5.2.6 Die Empfehlung, auf Sekretariate bei der Universitätskasse zu verzichten, ist inzwischen bei allen Universitäten umgesetzt.

5.2.7 Die Empfehlung, auf Kassengehilfen zu verzichten, wurde von den Universitäten mit Ausnahme der Universität Heidelberg umgesetzt. Das Festhalten an ihrem Einsatz wird von der Universität Heidelberg mit der Zunahme von Kassengeschäften durch die - allerdings erst mehrere Jahre nach der Organisationsuntersuchung - eingeführte Gebühr für Langzeitstudierende begründet. Bei Aufgabe der personenbezogenen Überwachung der Semesterbeiträge durch die Kasse wäre die Empfehlung trotz der hinzugekommenen Aufgaben umsetzbar.

6 Nicht realisierte Personaleinsparungen

Der RH hatte in seiner Organisationsuntersuchung z.T. angegeben, welche Personalkapazität bei Umsetzung einer Empfehlung frei würde. Soweit solche Angaben für die jetzt von der aktuellen Überprüfung erfaßten Empfehlungen vorlagen, wurden die wegen fehlender Umsetzung bisher nicht realisierten Umsetzungspotentiale erfaßt. Sie belaufen sich auf insgesamt 12,5 PJ. Die Schwerpunkte liegen im Untersuchungsbereich Kasse mit der Visaprüfung und bei der Studentenverwaltung. Sie betragen bei der Universität Freiburg 1,0 PJ, bei der Universität Heidelberg 4,0 PJ, bei der Universität Karlsruhe 2,0 PJ, bei der Universität Stuttgart 2,0 PJ und bei der Universität Tübingen 3,5 PJ.

7 Stellungnahme des Wissenschaftsministeriums und der Universitäten

Zum Bereich Studentenverwaltung hat die Universität Heidelberg wesentliche Vereinfachungen ihrer Verfahren zur Zulassung, Einschreibung und Rückmeldung angekündigt, die noch im Jahr 1999 umgesetzt werden sollen. Auf die Führung von Studentenakten wolle sie nicht verzichten, sondern die Möglichkeit einer Digitalisierung der Akten prüfen. Die Universität Stuttgart hat sich nicht gegen die Aufhebung der Studentenakten gewandt.

Die Zusammenfassung der Verfahren zur Zulassung und Einschreibung bei zulassungsfreien Studiengängen werde bei den Universitäten, die dies noch nicht praktizieren, nochmals geprüft.

Das MWK und die Universitäten weisen darauf hin, daß das Personal für die Zulassung ausländischer Studierender besondere Fachkenntnisse besitzen müsse; diese könnten nicht bei allen Mitarbeitern des Studentensekretariats vorgehalten werden. Eine Übertragung der Aufgaben auf das Studentensekretariat sei deshalb nicht ohne weiteres möglich. Eine für ausländische Studierende oft notwendige besondere Betreuung, die über die bei inländischen Studierenden hinausgehe, könne in den Studentensekretariaten nicht angeboten werden.

Im Bereich der Universitätskassen setzt die Universität Freiburg keine Personalkapazität mehr für Visaprüfungen ein. Die Universität Tübingen hat weitere Personaleinsparungen und die Reduzierung der Visakontrolle angekündigt. Die Universität Heidelberg will die Visakontrolle ab dem Zeitpunkt der Einführung eines neuen Verfahrens zur Mittelbewirtschaftung aufheben, auf das sie ebenso wie die Universität Stuttgart bereits im Jahr 2000 umstellen will. Das MWK geht davon aus, daß die übrigen Universitäten spätestens ebenfalls mit Einführung solcher DV-Verfahren auf die Visakontrolle verzichten.

8 Schlußbemerkung

Das MWK und die Universitäten haben die Empfehlungen des RH, die er in seinem Bericht über die Organisationsuntersuchung der zentralen Universitätsverwaltungen vorgelegt hatte, insgesamt als nützlich und realisierbar beurteilt und im allgemeinen konstruktiv aufgenommen. Einzelne Vorschläge wurden von den Universitäten weiterentwickelt. Die aktuellen Feststellungen des RH zeigen, daß die Mehrzahl der Universitäten die Empfehlungen zur Vereinfachung der Abläufe im wesentlichen umgesetzt hat. Vorschläge zur Verbesserung der Aufbauorganisation fanden geringere Akzeptanz. Soweit im Bereich der Studentenverwaltung die Zuständigkeit sogar auf Stabsstellen verteilt wurde, ist eine Erschwerung der Abläufe zu erwarten.

Einige Universitäten hatten bislang auch dort, wo die Umsetzung der Vorschläge wesentliche Vereinfachungen und eine Einsparung von Personalkapazität gebracht hätte, keine oder nur wenige Veränderungen vorgenommen. Die aktuelle Prüfung durch den RH gab vielfach den Anstoß, die Umsetzung voran zu bringen.

Verschiedene Vorschläge konnten von den Universitäten nicht umgesetzt werden, weil die Rahmenbedingungen nicht geschaffen wurden. Dazu gehören der Verzicht auf eine Rückmeldung, die Aufhebung der Überwachung der Krankenversicherung durch die Universitäten und die Vereinfachung der Verwendungsnachweise gegenüber den Drittmittelgebern.

Insgesamt hat die Nachprüfung gezeigt, daß die Universitäten Vorschläge weitgehend umgesetzt haben. Wo Tendenzen bestehen, einschneidendere Veränderungen erst bei Personalwechsel vorzunehmen, ist es erforderlich, daß das MWK der Notwendigkeit der Umsetzung das nötige Gewicht verleiht. Nachprüfungen von Untersuchungen tragen dazu ebenfalls bei.


Anhänge

Zur Förderung und Stärkung des Medienstandorts Baden-Württemberg hat das Land in den letzten Jahren verschiedene Maßnahmen ergriffen und damit sein Engagement finanziell deutlich ausgeweitet. Die Durchführung der Maßnahmen und der Mitteleinsatz sollten weiter optimiert werden.


1 Ausgangslage

Das Land fördert den Medienstandort Baden-Württemberg mit derzeit rd. 90 Projekten, die ein Gesamtvolumen von über einer halben Milliarde DM haben (Landesmedieninitiative „Baden-Württemberg medi@“). Hierbei werden Initiativen und Ideen zum Einsatz der neuen Medien ebenso gefördert wie die Entwicklung neuer digitaler Technologien, die u.a. die Verbreitung von Rundfunk verbessern sollen; außerdem ist die Filmförderung des Landes einbezogen.

Mit „Baden-Württemberg medi@“ wird gleichzeitig das Ziel verfolgt, die Medienwirtschaft bei der technischen Weiterentwicklung der Medien mit dem Ziel der Konvergenz zu unterstützen.

Zur Stärkung und Förderung des Medienstandortes Baden-Württemberg und der Filmkultur wurde die MFG Medien und Filmgesellschaft Baden-Württemberg mbH im Jahr 1995 vom Land und den Landesrundfunkanstalten SWF und SDR gegründet.

Zur Entwicklung neuer Übertragungstechnologien im Rundfunk auf digitaler Basis hat das Land das Digital Audio Broadcasting (DAB) - Pilotprojekt Baden-Württemberg gefördert.

Die MFG und das DAB-Pilotprojekt waren Gegenstand von Prüfungen des RH, die er im Medienbereich während des letzten Jahres durchgeführt hat.

2 MFG Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg mbH, Stuttgart

2.1 Grundlagen

Die MFG wurde 1995 zur Stärkung und Förderung des Medienstandortes Baden-Württemberg und der Filmkultur gegründet. Innerhalb der MFG bestehen nebeneinander mit jeweils eigener Geschäftsführung die Geschäftsbereiche Medienentwicklung und Filmförderung. Die MFG wird dementsprechend ressortmäßig vom StM und vom MWK betreut, wobei das StM federführend ist.

Gesellschafter sind zu 51% das Land und zu 49% der Südwestrundfunk (SWR).

Die MFG finanziert sich je zur Hälfte aus den Beiträgen ihrer Gesellschafter. Der SWR finanziert seinen Beitrag an die MFG aus dem sog. Kabelgroschen, den der SWR auf Grund landesgesetzlicher Vorgaben an die MFG abzuführen hat. In gleicher Höhe weist das Land der MFG Mittel zu.

Der Jahresetat der MFG betrug bis 1998 rd. 14,7 Mio. DM, davon entfielen rd. 3,8 Mio. DM auf die Medienentwicklung und rd. 10,9 Mio. DM auf die Filmförderung. Mit dem vom Kabinett im Januar 1999 verabschiedeten Programmpaket „medi@ 2000“ wurden für den Bereich Medienentwicklung für die Jahre 1999 bis 2001 zusätzlich 6,7 Mio. DM bereitgestellt; davon wurden inzwischen rd. 1,8 Mio. DM in die Wirtschaftsplanung der MFG für 1999 aufgenommen.

2.2 Entwicklung der Geschäftsbereiche

Die Kombination der beiden Geschäftsbereiche Medienentwicklung und Filmförderung hat bundesweit Modellcharakter. Die technische Entwicklung, nach der sich eine Konvergenz der Medien abzeichnet, bestätigt, daß die Zusammenführung der unterschiedlichen Geschäftsfelder richtig ist. Die Grenzen zwischen dem mehr technisch und betriebswirtschaftlich orientierten Medienbereich und dem Filmsektor mit kulturorientiertem Schwerpunkt verwischen sich. Es gelingt der MFG zunehmend, Veranstaltungen durchzuführen, in denen die Aufgabenstellung beider Geschäftsfelder einheitlich zum Ausdruck kommt. Dies zeigt sich z.B. beim Animationsfilm, im Musikbereich und an den Beispielen Wettbewerb „Clip-Attack“, Film- und Medienbörse, Internationales Trickfilmfestival sowie bei verschiedenen Seminaren.

Im Bereich Medienentwicklung liegt der Aufgabenschwerpunkt in der Initiierung, Moderation und fachlichen Unterstützung einzelner Projekte; die MFG versteht sich als Gelenk-, Informations- und Beratungsstelle für Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Bürger. Der Bereich Medienentwicklung konnte das Marketing der Multimediaaktivitäten des Landes bündeln und ist auf dem Weg zum Multimedia-Kompetenzzentrum des Landes ein gutes Stück vorangekommen.

Der Bereich Filmförderung betreibt schwerpunktmäßig Projektförderung. Seit Bestehen der MFG wurde neben der bereits zuvor existierenden Ausbildungs- und Abspielförderung als weitere Komponente die Produktionsförderung aufgebaut, die schon zu einigen Firmenneugründungen und der Ansiedlung von Unternehmen der Filmwirtschaft im Land geführt hat.

2.3 Empfehlungen des Rechnungshofs

Um die Tätigkeit der MFG in ihren Geschäftsbereichen weiter zu verbessern, empfiehlt der RH, u.a. folgendes zu berücksichtigen:

  • Konzentration der medienpolitischen und wirtschaftspolitischen Zuständigkeiten

Die MFG soll neben der Stützung der Filmkultur im Land die Medien- und Filmpolitik der Landesregierung unterstützen. Eine klare Abgrenzung zwischen medien-, medienwirtschafts- und kulturpolitischen Fragen ist nicht immer möglich. Daraus resultieren z.T. Kompetenzunklarheiten zwischen den Ministerien; die MFG wird auf Ressortebene auch noch nicht voll akzeptiert. Das erschwert die praktische Arbeit der MFG und damit letztlich auch die Entwicklung des Medien- und Filmstandorts Baden-Württemberg.

Deshalb sollten innerhalb der Landesregierung die medien- und filmpolitischen Zuständigkeiten besser koordiniert und die Präsentation des Medien- und Filmstandorts vereinheitlicht werden. Es bietet sich an, hierbei die MFG stärker zu beteiligen.

  • Verringerung der Gremienanzahl im Medienbereich

Im Umfeld der MFG sind zahlreiche Gremien eingerichtet, zwischen denen personelle und inhaltliche Überschneidungen bestehen. Daher sollte das interministerielle Gremium „Lenkungsgruppe Informationsgesellschaft“ aufgelöst werden, das in seiner personellen Zusammensetzung im wesentlichen mit dem Aufsichtsrat der MFG identisch ist.

  • Weiterentwicklung der inneren Organisation der MFG

Die Parallelität der selbständig nebeneinander stehenden Geschäftsbereiche Medienentwicklung und Filmförderung wurde auch in der internen Organisation nachvollzogen. Dadurch entstanden insbesondere im Bereich der Verwaltung Doppelstrukturen, die z.T. nicht erforderlich bzw. nachteilig für die Gesellschaft waren, mit deren Abbau die MFG allerdings bereits begonnen hat. Außerdem ist das Verfahren zur Vergabe der Filmfördermittel innerhalb der MFG zu verwaltungsintensiv; ferner ergeben sich Überschneidungen mit den einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft übertragenen Prüfaufgaben.

Der Abbau unnötiger Doppelstrukturen in der inneren Organisation der MFG sollte fortgesetzt, die Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben eingeschränkt und das dadurch gewonnene Potential zur Intensivierung der Facharbeit eingesetzt werden.

  • Überarbeitung der Filmförderrichtlinien

In den Richtlinien für die Filmförderung ist die Zielsetzung nicht eindeutig, die Kriterien kultureller und wirtschaftlicher Filmförderung sind vermischt und z.T. sehr allgemein gefaßt. Dadurch kann letztlich fast jedes Filmprojekt gefördert werden. Die Vorgabe, den Filmstandort Baden-Württemberg auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nachhaltig zu fördern, kann dadurch leicht umgangen werden.

Die Filmförderrichtlinien sollten stärker an der Filmwirtschaft im Land ausgerichtet werden. Es ist dabei sicher zu stellen, daß der Einsatz von Finanzierungsmitteln aus dem sog. Kabelgroschen den Zwecken des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dient.

3 Digital Audio Broadcasting-Pilotprojekt Baden-Württemberg

3.1 Grundlagen

DAB wurde europaweit als ein technisches Standardverfahren zur digitalen Übertragung von Hörfunk und sonstigen Datendiensten entwickelt, das den analogen UKW-Hörfunk technisch ersetzen und das begrenzte Frequenzband ökonomischer ausnutzen kann. Diese Entwicklung wurde von der Europäischen Union im Rahmen des Projektes EUREKA 147 gefördert.

Das DAB-Pilotprojekt Baden-Württemberg wurde initiiert, um die Möglichkeiten der digitalen Rundfunkverbreitung im Land zu testen. Es wurde - ähnlich wie in anderen Bundesländern - gemeinsam vom Land, der Landesanstalt für Kommunikation (LfK), den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten des Landes (damals Süddeutscher Rundfunk und Südwestfunk) und der Deutschen Telekom getragen. Zur Durchführung des Pilotprojekts wurde eine Projektgesellschaft gegründet. Das Projekt startete im August 1995 und endete planmäßig zum 30.09.1997.

In der Pilotphase sollten Rundfunkprogramme, programmbegleitende sowie zusätzliche Informationsdienste digital insbesondere in den Ballungsgebieten und entlang der Bundesautobahnen des Landes übertragen werden. In dem sich nun abzeichnenden digitalen Vollbetrieb, für den mittlerweile die technischen und rechtlichen Voraussetzungen geschaffen wurden, wird eine flächendeckende digitale Versorgung angestrebt. Zum derzeitigen Versorgungsgebiet (s. Schaubild).

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Mit dem Pilotprojekt wurden folgende Ziele verfolgt,

  • Erkenntnisse über die technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen des Systems zu gewinnen,

 

  • Programmformen und zusätzliche Informationsdienste in Wort und Bild zu erproben,

 

  • Wirtschafts- und standortpolitische Impulse auszulösen und

 

  • mit 3 000 bis 5 000 Testteilnemern die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erforschen.

3.2 Finanzieller Rahmen

Für das Pilotprojekt standen 28 Mio. DM zur Verfügung, die die Träger des Projektes in Form von Geld- und Sachleistungen bereitstellten. Davon wendete das Land 8 Mio. DM und die LfK 3,2 Mio. DM auf.

Darüber hinaus plant die LfK, im Jahr 1999 für den Regelbetrieb von DAB 1,6 Mio. DM zuzuwenden. Der Regelbetrieb im Land soll von einer Gesellschaft realisiert werden, die dazu das entsprechende Hörfunknetz vorhalten wird. An ihr sind die Telekom (45 %), der SWR (45 %) und eine Gesellschaft privater Rundfunkveranstalter (10 %) beteiligt.

Der SWR erhält als Teil der Rundfunkgebühr seit 1997 jährlich rd. 6 Mio. DM ausschließlich zur Förderung von DAB in Baden-Württemberg.

3.3 Entwicklung des Pilotprojekts

Im Laufe des Projekts konnten die für eine Umsetzung notwendigen Erkenntnisse über technische und frequenz-medienrechtliche Rahmenbedingungen und über die Nutzung neuartiger Radioprogramme sowie von Zusatzinformationsdiensten gewonnen werden.

Späte Lizenzierung des Pilotbetriebs, Gerätemängel, unkoordiniertes und teilweise halbherziges Marketing von Beteiligten sowie diffus dargestellte Einsatzmöglichkeiten verhinderten jedoch eine nennenswerte Marktdurchdringung. Trotz des engagierten Einsatzes der Projektgesellschaft zur Förderung des Projektes konnten lediglich 236 Versuchsteilnehmer bis zum Ende der Pilotphase gewonnen werden.

Die Wirkungen des Pilotversuchs waren deshalb s.Z. wenig greifbar und ließen kein abschließendes Urteil über die Chancen einer vollständigen Ablösung von UKW durch DAB zu. Gleichwohl konnte DAB aus Sicht des Projektbeginns als zukunftsträchtiges System angesehen werden, zu dessen Erprobung die Mitwirkung der öffentlichen Hand vertretbar war. Zum einen konnten von dem Projekt wichtige Impulse für die Weiterentwicklung des Medienstandorts Baden-Württemberg erwartet werden. Zum anderen konnte mit dem Projekt dem Umstand Rechnung getragen werden, daß es Sache des Landes ist, die künftige Versorgung mit Rundfunk sicher zu stellen, was auch die technische Weiterentwicklung einschließt.

3.4 Derzeitiger Stand und Ausblick

Die bestehende sehr gute Versorgung mit analogen UKW-Programmen läßt nur einen „sanften“ und langfristigen Übergang zum digitalen Hörfunk zu. Die Initiative „Digitaler Rundfunk“ der Bundesregierung legte sich demgemäß in ihrem Abschlußbericht vom Juni 1998 auch nicht auf einen möglichen Zeitpunkt für das Abschalten des analogen UKW-Hörfunks fest (beim Fernsehen hat sie das Jahr 2010 ins Auge gefaßt). Dies liegt auch daran, daß beim Hörfunk - im Gegensatz zum Fernsehen - innerhalb des vorhandenen Frequenzspektrums über längere Zeit eine nahezu vollständige Abbildung der privaten und öffentlich-rechtlichen UKW-Landschaft möglich ist. Daher wird zunächst das Ziel verfolgt, neben der herkömmlichen parallel die digitale Verbreitung von Hörfunk flächendeckend zu verwirklichen (sog. „Simulcast-Betrieb“).

Nach Schaffung der frequenz- und medienrechtlichen Voraussetzungen konnte der Regelbetrieb am 01. Juli diesen Jahres beginnen. Das Sendernetz wird ausgebaut, um auf Sicht eine Vollversorgung herzustellen. Sogenannte „audio-only-Geräte“, also reine Hörfunkempfänger, sind mittlerweile verfügbar. Dagegen verzögert sich die ursprünglich für dieses Jahr angekündigte Bereitstellung von datendiensttauglichen Empfangsgeräten möglicherweise um Jahre durch die von der Industrie angestrebte Zusammenführung von DAB und Telematiksystemen. Die Zukunft für DAB als das digitale Hörfunkübertragungssystem für den mobilen Einsatz scheint noch immer nicht gesichert.

Bis die Zukunft auch im Hörfunk „digital“ sein wird und die Beteiligten sich ein Stück vom Kuchen des wirtschaftlichen Erfolges abschneiden können, bedarf es eines langen finanziellen Atems. Die größte Herausforderung an die Industrie sowie die Programm- und Diensteanbieter wird darin bestehen, die Akzeptanz der digitalen Technik durch gemeinsame Marktstrategien sowie attraktive Programm- und Informationsangebote zu fördern. Der SWR kann hierzu jährlich die obengenannten rd. 6 Mio. DM an Rundfunkgebühren einsetzen. Für die privaten Rundfunkveranstalter kann ein Ausgleich im Rahmen der bis 31.12.2004 verlängerten Fördermöglichkeit für technische Innovationen aus Mitteln der zusätzlichen Rundfunkgebühr nach § 40 des Rundfunkstaatsvertrages hergestellt werden, die den Landesmedienanstalten zufließen.

3.5 Empfehlungen des Rechnungshofs

Zukünftig sollte stärker beachtet werden, daß sich die Höhe der Förderung aus Mitteln der LfK an der Bereitschaft der Anbieter zur eigenen Risikoübernahme mißt. Die Zuwendung der LfK für den Regelbetrieb von DAB sollte gezielt und bedarfsorientiert zur teilweisen Entlastung der privaten Rundfunkveranstalter von Anlaufkosten dienen; die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten können hierfür auf den bei der Bemessung der Rundfunkgebühren eingerechneten Anteil für DAB zurückgreifen.

4 Stellungnahme der Beteiligten

Die Landesregierung will die Anregungen des RH nach Möglichkeit aufgreifen und in ihre Überlegungen bei der Erarbeitung eines Leitbildes für die Entwicklung des Medienstandortes Baden-Württemberg und einer Filmkonzeption einbeziehen.

Der SWR unterstreicht in seiner Stellungnahme seine Bedeutung für die Förderung des Filmstandortes Baden-Württemberg, die durch die Stellung als z.Z. einziger Mitgesellschafter der MFG und dem paritätischen Finanzierungsanteil unterstrichen wird.

Die LfK merkt an, daß es besonders für private Rundfunkveranstalter noch erhebliche Lücken in der UKW-Versorgung gebe; hier könne mit DAB Abhilfe geschaffen werden. Außerdem würden mit Blick auf die hohen Kosten des „Simulcast-Betriebs“ Gespräche über eine möglicherweise frühere Abschaltung der UKW-Verbreitung geführt. Schließlich hält sie eine über die LfK-Mittel hinausgehende Förderung für erforderlich, wenn das Land mit der weltweiten Entwicklung von DAB als Verbreitungssystem von Hörfunk und anderen Diensten (mobiler Internetzugang, Verkehrsleitsysteme) Schritt halten will.

Landesregierung, SWR und LfK gehen in ihren Stellungnahmen davon aus, daß die Finanzierung des DAB-Regelbetriebes nicht einseitig zu Lasten der privaten Rundfunkveranstalter gestaltet wird.

5 Schlußbemerkung

Die Wirkung der Maßnahmen und Förderungen des Landes könnte durch eine stärkere Konzentration der medienpolitischen und medienwirtschaftlichen Zuständigkeiten erhöht werden. Auf der operationalen Ebene sollten die Organisations- und Verfahrensstrukturen weiter verbessert werden.


Anhänge

Bei Netzwerkplanungen war häufig das Wünschenswerte die Richtschnur. Ein Leitfaden, andere Ausschreibungsmethoden sowie vor allem das stärkere Hinterfragen der Nutzungsanforderungen und der Entwürfe der Ingenieurbüros sollen dazu beitragen, daß Netzwerke künftig wirtschaftlicher realisiert werden.


1 Anlaß

Datennetze in den Dienstgebäuden verbinden Server und Arbeitsplatzcomputer. Sie sind unverzichtbare Infrastruktur für den Betrieb von Bürokommunikationssystemen und DV-Verfahren. Ohne Datennetze ist eine zeitgemäße DV-Nutzung kaum mehr möglich.

Der Begriff Datennetz (Local-Area-Network [LAN]) umfaßt eine Vielzahl verschiedener Komponenten. Neben der Stromversorgung und den baulichen Anforderungen zählen zum passiven Teil des Netzwerkes die Kabeltrassen, Datenkabel, Datenanschlußdosen, zum aktiven Teil alle Komponenten zur Steuerung (z.B. Router, Sternkoppler, Switches und Software). Die Planung, der Bau und der Betrieb von Datennetzen erfordern Haushaltsmittel in erheblichem Umfang und binden Personal.

2 Sachstand, Kosten der Datennetze, Verfahrensablauf

2.1 Für die Planung und Realisierung von Datennetzen sind die Oberfinanzdirektionen mit den Vermögens- und Hochbauämtern sowie Universitätsbauämtern zuständig (Bauämter).

Nach einer Umfrage des RH bei acht Bauämtern werden dort rd. 60 % der Datennetze durch Ingenieurbüros geplant; einzelne Ämter haben seit Jahren kein Datennetz mehr selbst projektiert.

2.2 Die Kosten der Datennetze in Neubauten und für größere Umbaumaßnahmen werden zusammen mit den Baukosten veranschlagt und abgerechnet. Für den Einbau von Datennetzen in bestehende Gebäude der allgemeinen Verwaltung wurden die Kosten bis 1997 zentral beim FM veranschlagt und bewirtschaftet. Seit 1998 verwalten die Ministerien diese Gelder für ihren Geschäftsbereich selbst.

An der Realisierung von Datennetzen sind meist mehrere Dienststellen und Firmen beteiligt. Bei dieser Konstellation sind die konsequente Abstimmung aller Beteiligten und ein straffes Projektmanagement zwingend erforderlich. Der RH stellte hierbei beachtliche Defizite fest.

2.3 Detaillierte Zahlen über die bisherigen Investitionsausgaben und Betriebskosten der Datennetze liegen nicht vor. Nach den Haushaltsplänen wurden in den Jahren 1990 bis 1999 von der Bauverwaltung rd. 361 Mio. DM investiert (ohne Personalkosten).

Die Höhe der Investitionen, die Behörden für Provisorien und aktive Netzkomponenten aus eigenen Mitteln ausgegeben haben, kann nicht angeben werden. Das hohe Investitionsvolumen und das erkennbare Streben der Nutzer nach einer opulenten Ausstattung ihrer Netzwerke erfordern - nach der stürmischen Aufbauphase - die besondere Beachtung der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei der Realisierung von Datennetzen.

Die Auswertung von 150 Netzinstallationen von 1996 bis 1998 zeigt auf, daß die Kosten je Anschluß durchschnittlich 1 717 DM betragen. Die Spannweite der Einzelwerte ist erheblich. Das FM weist darauf hin, daß die spezifischen Kosten wesentlich von den begleitenden Maßnahmen abhängen, welche Voraussetzung für die Installation eines LAN sind. DIN-gerechte Arbeitsplatzbeleuchtung, modernisierte Stromversorgung, Vorkehrungen für einen erhöhten Brandschutz sowie Restaurationsarbeiten bei historischen Gebäuden sind solche Komponenten, die im Einzelfall die Kosten massiv beeinflussen. Dessen ungeachtet geht der RH auf Grund seiner Prüfungserfahrung von Einsparpotentialen in diesem Bereich aus.

2.4 Die Höhe der Betriebskosten der Datennetze ist nicht bekannt. In einem Rahmenvertrag, den das IM für das Land geschlossen hat, sind für Netzadministration monatlich 12 DM je angeschlossenem Bildschirmarbeitsplatz vereinbart. Dieser durch öffentliche Ausschreibung zustande gekommene Betrag dürfte in etwa auch für die Netzadministration durch Landespersonal anfallen. Bei vorgesehenen 39 000 vernetzten Arbeitsplätzen wären somit allein an Betriebskosten jährlich 5,6 Mio. DM anzusetzen.

2.5 Etwa 70 % der Dienststellen des Landes sind nach Auskunft der Bauverwaltung verkabelt. Welche Haushaltsansätze in nächster Zeit für weitere Verkabelungen erforderlich sind, kann wegen der kurzen technischen Entwicklungszyklen nicht zuverlässig prognostiziert werden; auch ist in absehbarer Zeit mit Ersatzinvestitionen zu rechnen. Die in den Anfangsjahren verwendete Token-Ring-Technik wird zunehmend durch Ethernet-Technik abgelöst. Die aktiven Netzkomponenten haben erfahrungsgemäß nur selten eine Nutzungsdauer von länger als fünf Jahren.

2.6 Auch wenn es Sinn macht, staatliche Aufgaben an Externe abzugeben, muß dennoch bei den Bauämtern ausreichend Sachverstand vorhanden sein, um den häufig großzügigen Nutzungsanforderungen der Behörden entgegentreten zu können. Zudem sind die Vorstellungen der Planungsbüros nicht unbedingt am Grundsatz der Sparsamkeit orientiert, auch weil ihre Honorare bisher fast ausschließlich an die Investitionssummen gekoppelt sind. Auf den meisten lokalen Datennetzen der Landesbehörden werden allgemeine Büroanwendungen ohne außergewöhnliche Anforderungen an die Netze abgewickelt. Zumindest die Nutzungsanforderung für derartige Netze muß die Bauverwaltung beurteilen können. Sachkundiges Hinterfragen führt zu meßbaren Ausgabenminderungen, wie folgende Beispiele belegen:

  • In Zusammenarbeit zwischen Bauamt und RH wurde der Nutzungsanforderung einer Behörde ein Alternativvorschlag gegenübergestellt, der die Investitionsausgaben für das Netzwerk um 25 % oder 200 000 DM reduzierte. Überdies wurde ein herstellerneutrales Datennetz vorgeschlagen, das für die vorgesehene Verwendung flexibler ist, als die ursprüngliche Planung (Denkschrift 1993 Nr. 9).

 

  • In einer wissenschaftlichen Bibliothek war ein flächendeckendes, herstellerspezifisches Netzwerk eingebaut worden, auf dem geplante bibliothekarische Fachanwendungen nicht betrieben werden konnten. Nach kurzzeitiger Teilnutzung mußte dieses ersetzt werden. Die Leistungsbeschreibung für das Nachfolgenetzwerk enthielt Maximalforderungen, wie

 

  • drei physikalisch und logisch getrennte Netze,

 

  • vier parallele Netzarchitekturen, wovon nur eine genutzt werden sollte,

 

  • trotz vorhandener Vollverkabelung noch einmal 28 Kilometer Kabel

 

  • sowie 770 neue Steckdosen für 220 Datenendgeräte und 840 Anschlußmöglichkeiten.

Auch hier wurden durch das Bauamt unter beratender Mitwirkung des RH eine Massenminderung in vertretbaren Umfang und Einsparungen in Höhe von mehreren hunderttausend DM erreicht.

Die Bauverwaltung wird zunehmend in die Rolle eines Dienstleisters gedrängt, der umzusetzen habe, was von den Nutzern gefordert wird. Dieses Verständnis darf indes nicht - wie derzeit häufig der Fall - dazu führen, Nutzungsanforderungen mehr oder weniger unbesehen an die Planungsbüros weiterzureichen. Den Bauämtern muß es möglich sein, die Anforderungen zu hinterfragen, Vorgaben zu formulieren und Alternativen zu entwerfen, letztlich die Funktionalität und Qualität der projektierten Netzwerke und deren Wirtschaftlichkeit hinreichend zu bewerten. Dazu sind zeitnahe Fortbildungsmaßnahmen des Personals, aber auch Eigenplanungen durch die Ämter notwendig. Es wird allerdings nicht möglich und sinnvoll sein, in jedem Amt einen Netzwerkspezialisten einzusetzen, der die vollständigen Planungen selbst durchführen kann.

Wie bereits 1992 angeregt, empfiehlt der RH, eine zentrale LAN-Koordinierungsstelle für die allgemeine Verwaltung einzurichten, vergleichbar der Koordinierungsstelle lokaler Netze an den Hochschulen (LANKo), die von den Bauämtern bei Bedarf angerufen werden kann.

2.7 Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und Erfolgskontrollen mit dem Ziel, den Nutzen der Verkabelung zu quantifizieren, sind wegen ihrer Komplexität bisher nicht vorgenommen worden. Um so mehr ist bei der Planung und Umsetzung auf die Sparsamkeit bei angemessener funktionaler Beschaffenheit der Datennetze zu achten.

3 Feststellungen

Bei der Konzeption von Datennetzen sind das zu erwartende Datenvolumen, die Übertragungskapazität und die Übertragungsgeschwindigkeit bedeutend. In einer Justizvollzugsanstalt (JVA) wurde ein Datennetz in Betrieb genommen, das unter wirtschaftlichen und technischen Gesichtspunkten kritisch zu werten ist:

  • Die derzeit und künftig eingesetzten DV-Verfahren bringen ein relativ geringes Datenvolumen auf das Netz. Gleichwohl projektierte ein Ingenieurbüro eine Lichtwellenleiter-Verkabelung (LWL) vom Server bis zu den PC-Arbeitsplätzen (fiber-to-the-desk). Wegen hoher Kosten wird diese Verkabelungsart meist nur dort realisiert, wo ein hohes Datenvolumen anfällt. Angemessen wäre bei der JVA allenfalls eine Hybrid-Lösung mit LWL-Kabeln in den Hauptleitungstrassen und Kupferkabeln zu den Endgeräten gewesen. Im Vergleich zu einer Hybrid-Lösung führt die fiber-to-the-desk Ausstattung, abhängig von den baulichen Gegebenheiten, zu Mehrkosten zwischen 60 % und 100 % auf Grund höherer Preise für die Infrastruktur und aufwendigerer Steuerungselemente.

 

  • Das JuM hatte aktive Netzkomponenten mit einer Datenübertragungsrate von 100 Mbit/s gefordert. Eingebaut wurden jedoch Komponenten mit einer Übertragungsrate von nur 10 Mbit/s. Obwohl hochwertige Leitungsmedien verlegt wurden, wird die mögliche Kapazität lediglich zu einem ganz geringen Teil genutzt. Das Bauamt hat diese Planung toleriert.

 

  • Eingebaut wurden Komponenten zur Netzwerksteuerung (HUB) zum Preis von insgesamt 92 000 DM. Einheiten für eine Hybrid-Verkabelung mit vergleichbarer Leistung hätten nur etwa 18 000 DM gekostet. Die gewählte Lösung wurde somit fünf mal teurer als erforderlich.

 

  • Die eingebauten LWL-HUB können nicht für künftige Anforderungen angepaßt werden, Migrationspfade sind nicht möglich. Im Falle einer späteren Um- oder Hochrüstung sind diese vollständig auszutauschen.

 

  • Die vom JuM beschafften PC waren nicht zum Anschluß an LWL-Technik vorbereitet. Dafür mußten zusätzlich Koppelungselemente (Mini-HUB) für 42 000 DM beschafft werden.

 

  • Neben den Mehrkosten entstand eine zusätzliche Fehlerquelle, da ein Ausfall eines Mini-HUB immer vier Arbeitsplätze betrifft.

 

  • Die vier an einem Mini-HUB angeschlossenen Arbeitsplätze teilen sich die Datenrate im Konkurrenzprinzip, d.h., einem PC steht nur ein Viertel der ohnehin schon um den Faktor 10 reduzierten Übertragungsrate zur Verfügung.

 

  • Ungünstig ist auch der Anschluß des zentralen Rechners gelöst. Da der Server alle Clients bedienen muß, ist ein schneller Zu- und Abfluß der Datenströme wichtig. Im Lastbetrieb verbleibt dem Server von der ohnehin schon langsamen Datenrate von 10 Mbit/s auf Grund der Mini-HUB ein Viertel der Übertragungsleistung. Der Server-Anschluß kann schnell zum Engpaß werden.

 

  • Die Wirtschaftlichkeitsrechnung des Ingenieurbüros kommt zum Ergebnis, daß das LWL-Konzept um 8 % günstiger als ein Hybrid-Konzept sei, geht allerdings von falschen Werten aus. Beispielsweise wurden für die Aktivkomponenten 59 000 DM angesetzt, aber mehr als das Doppelte, nämlich 134 000 DM, ausgegeben.

 

  • Der Nutzer hat 132 aktive Anschlüsse (Ports) gefordert. Zur Verfügung stehen aber nur 96. Die Erweiterung würde noch einmal 100 000 DM erfordern.

 

  • Neben dem LWL-LAN wurde noch parallel ein separates Netz für die Zeiterfassung eingebaut, was nicht wirtschaftlich ist.

Obgleich eine sehr teure Lösung gewählt wurde, arbeitet das Netzwerk mit der Übertragungsleistung der Vorgängergeneration. Die Planungsfehler sind gravierend, die Mängel evident; die Lösung ist im Ergebnis nicht wirtschaftlich.

3.2 Im Vorfeld einer weiteren Projektierung für den Einbau eines LAN bei der Außenstelle einer FH, hat das MWK den RH über die Planung unterrichtet und um Beratung gebeten. Der RH stellte fest, daß in diesem Projekt ebenfalls die LWL-Technologie mit einem fiber-to-the-desk Konzept umgesetzt werden sollte. Das planende Ingenieurbüro und das zuständige Bauamt waren dieselben wie im Projekt der bei 3.1 genannten JVA. Der Nutzer hatte eine solche Lösung nicht gefordert.

Das planende Büro legte für den passiven Netzwerkteil mehrere Wirtschaftlichkeitsrechnungen vor, ermittelte Kosten von rd. 150 000 DM und sah bei einer LWL-Lösung den Preisvorteil bei rd. 10 %. In den Berechnungen waren verschiedene, für den Betrieb der LWL-Variante notwendige Komponenten nicht berücksichtigt und andere nicht realistische Annahmen unterstellt worden. Die Nachkalkulationen des RH und der LANKo ergaben keinen Preisvorteil der LWL- gegenüber der Hybrid-Variante.

Bei den aktiven Komponenten wurden 13 verschiedene Modelle gerechnet. Die Kosten lagen zwischen 75 000 und 484 000 DM. Ein Modell mit gutem Leistungsstandard, einer bedarfsgerechten und einer wirtschaftlichen Dimensionierung liegt bei rd. 180 000 DM. Die Hybrid-Lösung ist bei gleichwertigen Leistungsmerkmalen um rd. 68 % billiger als eine LWL-Ausführung.

Durch die Beratung bereits in der Planungsphase und hochgerechnet auf die Gesamtlebensdauer des LAN wird das Land Kosten zwischen 300 000 und 500 000 DM einsparen.

Die OFD Stuttgart hat sodann mit einer Verfügung reagiert, die darstellt, daß eine Preisneutralität oder gar ein Kostenvorteil von fiber-to-the-desk Lösungen gegenüber einer Hybrid-Verkabelung derzeit nicht erreicht werden kann. Diese Ausführungen decken sich mit der Einschätzung des RH. Die aktiven Netzwerkkomponenten und insbesondere die Anschaltungen an das Netz in den Endgeräten sind erheblich teurer als bei einer Hybrid-Verkabelung oder einer Lösung mit leistungsfähigen Kupferkabeln. Die OFD Stuttgart hat deshalb die nachgeordneten Stellen angewiesen, bis auf weiteres keine fiber-to-the-desk Lösungen zu verwenden. Weiter wurde angeordnet, die Planungsleistungen der Externen - soweit möglich - mit einem pauschalierten Betrag zu entlohnen, um auf diese Weise das Honorar von der Bausumme zu entkoppeln. Der RH begrüßt diese Regelung; sie sollte durchgängig eingeführt werden.

3.3 Projektträger für die Datennetze sind die Oberfinanzdirektionen und die Bauämter. Projektträger für die DV-Beschaffung und Einführung von DV-Verfahren auf den Datennetzen sind die Ministerien oder von denen beauftragte Behörden ihres Geschäftsbereiches. Bei großen Vorhaben werden beide Projekte nicht ausreichend koordiniert. Die aufgezeigten Beispiele sollen die Problematik verdeutlichen:

  • In drei Dienstgebäuden eines Versorgungsamtes war ein Datennetz mit Anschlußmöglichkeiten für alle in Frage kommenden Arbeitsplätze eingebaut worden. In zwei Gebäuden war jahrelang kein einziger PC an das Datennetz angeschlossen.

 

  • Das JuM beschaffte für Vollzugsanstalten Server und Arbeitsplatzgeräte, ohne daß die netztechnischen Voraussetzungen gegeben waren. Teilweise waren Gebäudeteile, in denen die Client-Server-Systeme eingesetzt werden sollten, nicht, in anderen Fällen mit bereits veralteter Technik verkabelt.

 

  • In der Vergangenheit wurden Netzwerksysteme nicht immer den Standards entsprechend und auch nicht herstellerneutral projektiert. Sie mußten deshalb teilweise schon bald und erheblich vor Ablauf ihrer technisch möglichen Nutzungsdauer ersetzt werden.

3.4 Das StRPA Freiburg hat im April 1999 ein saniertes Dienstgebäude bezogen. Dort war die Installation eines LAN notwendig. Um die Kosten für die Ingenieurleistungen einzusparen, haben je ein Mitarbeiter des RH und der Bauverwaltung das Netzwerk geplant. Das zuständige Bauamt hat außerdem die Vergabe der Gewerke und die Bauüberwachung übernommen.

Das LAN wurde fristgerecht fertiggestellt und entspricht dem heute gängigen Standard mit einer Ethernet-Architektur und einer Übertragungsleistung von 100 Mbit/s. Auf diese Weise sparte das Land etwa 60 000 DM ein.

4 Beratung

Im Verlauf von IuK-Prüfungen und der beratenden Mitarbeit in den Gremien des Landessystemkonzeptes hat der RH erkannt, daß den Behörden die Formulierung von Nutzungsanforderungen für Datennetze Mühe bereitet. Aber auch für die Bauämter ergaben sich bei der Planung und Umsetzung von Datennetzen Probleme.

Hier setzt ein Leitfaden für Planung und Bau von Datennetzen (LAN-Konzeption) an, welchen die Stabsstelle Verwaltungsreform beim IM, das FM, die LANKo und der RH gemeinsam erarbeitet haben. Das Gesamtwerk wurde im Baukastensystem zusammengestellt, um die Besonderheiten einzelner Bereiche zu berücksichtigen. Die LAN-Konzeption hat zum Ziel, die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen und enthält Aussagen zur technischen Ausgestaltung von Datennetzen, zur Nutzungsdauer, zur Infrastruktur (Stromversorgung, bauliche Gestaltung) und regelt Verfahrensfragen. Die Praxistauglichkeit der LAN-Konzeption wird derzeit an Hand verschiedener Vorhaben getestet.

5 Neues Vorgehen bei der Netzwerkprojektierung durch Funktionalausschreibungen

Die von den Bauämtern eingeschalteten Büros planen die Datennetze als Vergabegrundlage bis ins Detail, teilweise geben die Leistungsverzeichnisse sogar die einzubauenden Produkte vor. Diese Vorgehensweise hat Nachteile und schöpft die Möglichkeiten des Marktes nicht vollständig aus:

  • Die Einschaltung von Ingenieurbüros verlängert die Planungs- und Realisierungszeit.

 

  • Die Ingenieurhonorare für Planung und Bauleitung liegen bei rd. 19 % der Investitionssumme.

 

  • Durch Vorgabe und Planung bis ins Detail schlagen die Bieter kaum noch sparsamere Alternativen vor, obwohl die Möglichkeit nach den Vergabevorschriften durchaus besteht.

Im übrigen dürfen nach § 9 der VOB bestimmte Erzeugnisse und Bezugsquellen nur dann ausdrücklich vorgeschrieben werden, wenn dieses durch die Art der geforderten Leistung gerechtfertigt ist.

Der RH tritt dafür ein, die Leistungsbeschreibung auf der Grundlage der LAN-Konzeption so offen wie möglich zu halten.

Andere Wirtschaftszweige gehen zunehmend dazu über, das zu beschaffende Produkt bzw. das zu schaffende Werk nicht mehr im einzelnen mit seinen Bestandteilen zu beschreiben, sondern vor allem vorzugeben, wozu es dienen soll (Funktionalausschreibung).

Die einer Funktionalausschreibung zugrunde liegende Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm umfaßt die Beschreibung des Datennetzes, aus der die Bewerber alle für den Entwurf und das Angebot maßgebenden Bedingungen und Umstände erkennen können. Die Leistung wird hauptsächlich durch die Darstellung ihres Zweckes, ihrer Funktion sowie der an sie gestellten qualitativen und sonstigen Anforderungen bezeichnet. Details der technischen Konzeption und ihrer einzelnen Bestandteile werden nur soweit unverzichtbar aufgeführt. Die funktionale Leistungsbeschreibung soll den Unternehmen die Möglichkeit geben, die Vielzahl der Produkte zugunsten einer möglichst wirtschaftlichen Vergabe anzubieten. Sie eignet sich insbesondere für die Ausschreibung innovativer Produkte, wozu - angesichts der rasanten Innovationszyklen - auch Datennetze zählen.

Im Ergebnis soll der Markt die wirtschaftlichste Alternative im Wege der öffentlichen Ausschreibung aufzeigen. Dadurch sind zeitliche und vor allem auch finanzielle Vorteile zu erwarten, da Planungskosten z.T. wegfallen und günstigere Realisierungskosten angenommen werden können.

Als weitere Vorteile sind zu nennen:

  • Die Zahl der realisierbaren Varianten wird zunehmen (der erhöhte Aufwand für deren Auswertung, bedingt durch die eingeschränkte Vergleichbarkeit der Angebote, kann hingenommen werden);

 

  • die Bauämter können die Leistungsbeschreibungen im Einvernehmen mit den Nutzern selbst formulieren, ohne Fachkenntnisse über die letzten Details zu haben;

 

  • Vorabfestlegungen ohne Kenntnis über deren finanzielle Auswirkung müssen nicht getroffen werden;

 

  • die Steuerung über Kennzahlen wird erleichtert (Invest-Controlling).

Die Funktionalausschreibung darf allerdings nicht dazu führen, daß in Dienstgebäuden eines Verwaltungszweiges mit denselben DV-Verfahren inkompatible Datennetze installiert werden.

Es wird vorgeschlagen, unter Federführung der beiden Oberfinanzdirektionen je zwei Funktionalausschreibungen für Datennetze als Pilotprojekte durchzuführen und die Ergebnisse auszuwerten.

6 Stellungnahme des Finanzministeriums

Das FM hat keine wesentlichen Einwendungen erhoben, meint allerdings, die Kritik am bisherigen Planungsverfahren sei nicht angemessen. Die vom RH vorgeschlagene Funktionalausschreibung könne nicht als Regelfall betrachtet werden. Gegen die Durchführung von Pilotprojekten spricht sich das Ministerium indes nicht aus. Ob Funktionalauschreibungen zum Regelfall werden können, wie der RH vermutet, werden die Erkenntnisse aus den Pilotprojekten zeigen.


Anhänge

Einzelplan 03: Innenministerium

Das Verfahren zur Aufnahme und Eingliederung von Spätaussiedlern kann vereinfacht werden. Zahl und Kapazität der Einrichtungen zur vorläufigen Unterbringung der einreisenden Personen sollten weiter reduziert und wirtschaftlicher betrieben werden. Die zahlreichen Maßnahmen des Bundes und des Landes zur Integration der Spätaussiedler müssen besser abgestimmt werden.


1 Zugang von Spätaussiedlern und ihren Familienangehörigen

1.1 Aussiedler und Spätaussiedler

Das Land Baden-Württemberg hat auf der Grundlage des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) seit den 50er Jahren Aussiedler als Vertriebene aufgenommen. Ende der 80er Jahre sind die Zugänge an Aussiedlern insbesondere auf Grund der politischen Veränderungen in Osteuropa drastisch angestiegen. Diese Entwicklung hatte Gesetzesänderungen erforderlich gemacht. Ab 1993 gibt es - neben den Aussiedlern mit Vertriebenenstatus - als neue Personengruppe aus den ehemaligen Vertreibungsgebieten (Aussiedlungsgebieten) die sog. Spätaussiedler mit eigenem Rechtsstatus. Zugänge von Aussiedlern alter Art sind auf Grund einer Stichtagsregelung (01.01.1993) im Gegensatz zu den Spätaussiedlern praktisch nicht mehr zu verzeichnen.

Als Spätaussiedler (§ 4 BVFG) kommt in Betracht, wer bestimmte Stichtagsvoraussetzungen erfüllt (z.B. geboren vor dem 01.01.1993), bisher seinen Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten hat, die Eigenschaft als deutscher Volkszugehöriger nachweisen kann und in einem förmlichen Aufnahmeverfahren (§ 26 ff BVFG) seinen ständigen Aufenthalt (unter Aufgabe seines bisherigen Wohnsitzes) nach Deutschland verlegt.

Die Eigenschaft als deutscher Volkszugehöriger hängt entscheidend davon ab, ob eine Person deutsch als Muttersprache oder - bei Zwei- und Mehrsprachigkeit - als bevorzugte Umgangssprache beherrscht. Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen als Spätaussiedler wird darüber eine Spätaussiedlerbescheinigung (kein Vertriebenenausweis) erteilt.

Das BVFG sieht - ausgehend von der sich aus dem Grundgesetz ergebenden besonderen Bedeutung der Familie - vor, daß Ehegatte und Abkömmlinge (der ersten und weiterer Generationen) eines Spätaussiedlers, die nicht selbst die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen, mit diesem im Wege des Aufnahmeverfahrens nach Deutschland übersiedeln können (Personenkreise nach § 7 Abs. 2 BVFG).

Weitere nicht deutschstämmige Familienangehörige (z.B. Schwiegerkinder), die gemeinsam mit dem Spätaussiedler eintreffen, können in das Verteilungsverfahren einbezogen werden (Personenkreis nach § 8 Abs. 2 BVFG).

Der Spätaussiedler ist Deutscher im Sinne des Art. 116 des Grundgesetzes. Sein nichtdeutscher Ehegatte (wenn die Ehe zum Zeitpunkt des Verlassens der Aussiedlungsgebiete mindestens drei Jahre bestand) und seine Abkömmlinge erwerben diese Rechtsstellung mit der Aufnahme in der Bundesrepublik. Spätaussiedler und die genannten Familienangehörigen sind auf Antrag einzubürgern, ungeachtet der etwaigen Beibehaltung ihrer bisherigen Staatsangehörigkeit.

Die Familienangehörigen im Sinne von § 8 Abs. 2 BVFG unterliegen hinsichtlich ihres Aufenthalts in der Bundesrepublik den ausländerrechtlichen Bestimmungen und haben in der Regel ein Bleiberecht nach § 23 Ausländergesetz.

1.2 Herkunftsländer der Spätaussiedler

Herkunftsländer für Spätaussiedler und ihre Familienangehörigen können nach dem BVFG sein

a) die Republiken der ehemaligen Sowjetunion, Estland, Lettland und Litauen,

b) die ehemals unter fremder Verwaltung stehenden deutschen Ostgebiete, Danzig, Polen, die Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Jugoslawien, Albanien oder China.

Personen aus den Ländern Buchst. b) können im Gegensatz zu denen aus Ländern Buchst. a) auch bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen wie Beherrschung der deutschen Sprache nur Spätaussiedler sein, wenn sie zusätzlich glaubhaft machen können, daß sie am 31.12.1992 oder danach Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen auf Grund deutscher Volkszugehörigkeit unterlagen.

1.3 Bisherige Zugänge von Spätaussiedlern

Seit Einführung des Spätaussiedlerstatus (1993) haben sich die Zugangszahlen für Baden-Württemberg entsprechend dem Schlüssel, der für die Verteilung der bundesweiten Zugänge gilt, wie in Übersicht dargestellt, entwickelt.

1999-B08-Üb.jpg

Die Spätaussiedlerzugänge sind insgesamt rückläufig. Für die erheblich geringeren Zugänge aus den Ländern Buchst. b) ist mitursächlich, daß das Zusatzerfordernis weiterbestehender Benachteiligungen (vgl. Pkt. 1.2) in der Regel nicht glaubhaft nachgewiesen werden kann. Die Übersicht zeigt außerdem, daß seit 1993 der Anteil der eigentlichen Spätaussiedler (§ 4 BVFG) im Vergleich zu ihren mitaussiedelnden nicht deutschstämmigen Familienangehörigen (§§ 7,8 BVFG) von über zwei Drittel (71,6 %) auf fast ein Drittel (34,8 %) aller zugereisten Personen zurückgegangen ist; eine grundlegende Änderung dieser Entwicklung ist nicht zu erwarten.

2 Aufnahme- und Unterbringungsverfahren

2.1 Beteiligte Behörden und Einrichtungen

Am Aufnahme- und Unterbringungsverfahren sind beteiligt

  • das Bundesverwaltungsamt (BVA) mit Außenstellen (Zentrale Aufnahmestellen) in einzelnen Bundesländern, davon in Baden-Württemberg die Außenstellen Empfingen und Rastatt, zugleich Landesaufnahmestellen beim Regierungspräsidium Karlsruhe,

 

  • Innenministerium, Regierungspräsidien (insbesondere das Regierungspräsidium Karlsruhe als Vor-Ort-Präsidium nach § 2 Abs. 4 Eingliederungsgesetz) und untere Verwaltungsbehörden als Eingliederungsbehörden des Landes,

 

  • Landesaufnahmestelle in Tübingen beim Regierungspräsidium Tübingen,

 

  • staatliche Übergangswohnheime in den Stadt- und Landkreisen (Verwaltung durch untere Eingliederungsbehörden).

2.2 Verfahrensablauf

2.2.1 Aufnahmeverfahren mit Aufnahmebescheid

Das Aufnahmeverfahren beginnt mit einem vom Herkunftsland aus zu stellenden Antrag (amtlicher Vordruck) an das BVA auf Erteilung eines Aufnahmebescheids. Der Antragsvordruck stellt auf die Fragen ab, die zur Beurteilung der Eigenschaft als Spätaussiedler erforderlich sind; dazu gehört die Beherrschung der deutschen Sprache als Muttersprache. Die Angaben sind soweit als möglich durch Dokumente zu belegen. Das BVA hat vor Erteilung eines jeden Aufnahmebescheids die Zustimmung des nach den Verteilungskriterien zu beteiligenden Bundeslandes einzuholen. Damit ist jedoch nicht die spätere tatsächliche Aufnahme des Aufnahmebewerbers in diesem Bundesland verbunden. Der Bescheid wird dem Antragsteller im Herkunftsland zugestellt. Da die Aufnahmebescheide bisher keine Befristung enthalten, kann der Inhaber eines Bescheids den Zeitpunkt der Ausreise selbst bestimmen. Nach Verlautbarungen des Bundes machen etwa 150 000 in Aufnahmebescheiden erfaßte Personen von der Aussiedlung keinen Gebrauch, sondern verwahren den Bescheid als „Sicherheitspapier“ für etwaige schwierigere Zeiten auf (Stand April 1999).

2.2.2 Registrierverfahren mit Registrierschein

Entschließt sich der Inhaber eines Aufnahmebescheids zur Aussiedlung, haben er und die mitaussiedelnden Familienangehörigen sich bei einer der derzeit in der Bundesrepublik bestehenden sechs Zentralen Aufnahmestellen einzufinden, in der die Identität der eingereisten Personen an Hand des Aufnahmebescheids überprüft und ein Registrierschein ausgestellt wird. Anschließend werden die Personen an die aufnahmepflichtigen Länder weitergeleitet.

2.2.3 Spätaussiedlerbescheinigungen

Spätaussiedler erhalten zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Spätaussiedlerbescheinigung (§ 15 BVFG), für deren Erteilung in Baden-Württemberg die Landratsämter und Bürgermeisterämter der Stadtkreise als untere staatliche Eingliederungsbehörden zuständig sind; in die Bescheinigung werden auch Familienangehörige mit dem Status nach § 7 Abs. 2 BVFG aufgenommen, falls sie nicht eine eigene Bescheinigung beantragen.

Schematisch läßt sich das Verfahren wie folgt darstellen (Schaubild):

1999-B08-Sch.jpg

3 Art und Umfang der Aufwendungen für Spätaussiedler

3.1 Unmittelbare Aufwendungen für Aufnahme und Unterbringung

Die unmittelbaren Aufwendungen für die Aufnahme und Unterbringung von Spätaussiedlern und ihren Familien setzen sich zusammen aus

  • Aufwendungen für die Einrichtung und den Betrieb von Bundes- und Landesaufnahmestellen sowie von staatlichen Übergangswohnheimen,

 

  • speziellen Geldleistungen an Spätaussiedler nach dem BVFG (u.a. Kostenerstattung für die Aussiedlung, Ausgleich für erlittenen Gewahrsam, einmalige Krankenhilfe),

 

  • Aufwendungen für die Integration von Spätaussiedlern durch sprachliche, schulische, berufliche, soziale und gesellschaftliche Maßnahmen.

Die anfallenden Aufwendungen werden von Bund, Land und ggf. von den Kommunen getragen.

Im Jahr 1998 sind beim Bund rd. 2,5 Mrd. DM (darunter allein 1,2 Mrd. für Sprachförderung und Eingliederungshilfen der Arbeitsverwaltung) und beim Land etwas über 100 Mio. DM (überwiegend für den Betrieb der Übergangswohnheime und die längstens einjährige Erstattung der Sozialhilfe an die Kreise) angefallen. Hinzu kommt der Aufwand für rd. 900 Lehrerdeputate, die das Land für Schul- und Förderunterricht von schulpflichtigen Spätaussiedler- und Ausländerkindern an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen im Schuljahr 1997/98 bereitgestellt hat.

Bei den Kommunen kommen eigene Aufwendungen für Aufnahme und Unterbringung von Spätaussiedlern nur insoweit in Betracht, als die Kostenerstattungen des Landes überschritten werden.

3.2 Leistungen an Spätaussiedler als Deutsche

In den Betragsangaben bei Pkt. 3.1 generell nicht berücksichtigt sind Leistungen, die Spätaussiedlern und ihren Familienangehörigen allgemein als Deutschen zustehen, im sozialen Bereich etwa Kindergeld, Sozialhilfe (mit Ausnahme der auf 1 Jahr begrenzten Sozialhilfeerstattung des Landes), Wohngeld, Wohnungsbauförderung, Sozialversicherungsleistungen u.dgl. Solche Leistungen werden statistisch für Spätaussiedler grundsätzlich nicht gesondert erfaßt.

3.3 Mögliche Einsparpotentiale

Bei anhaltend rückläufigen Zugängen (vgl. Pkt. 1.3) ist zu erwarten, daß sich die Aufwendungen für die Aufnahme und Unterbringung von Spätaussiedlern entsprechend bei allen Kostenträgern verringern.

Dessen ungeachtet hält der RH eine weitere Verminderung des Aufwands oder eine effizientere Mittelverwendung dadurch für möglich, daß das Verwaltungsverfahren geändert wird, Behörden zusammengelegt und einzelne Einrichtungen zügig aufgegeben werden, die Sozialhilfeerstattungen des Landes an die Kommunen von diesen sachgerecht abgerechnet sowie die Koordination der Kostenträger bei Integrationsmaßnahmen verbessert werden.

4 Verminderung des Aufwands bei der Erteilung von Aufnahmebescheiden

Für die Erteilung der Zustimmung des Landes zum Aufnahmebescheid (vgl. Pkt. 2.2.1) stellt das BVA den hierfür zuständigen unteren Eingliederungsbehörden die Aufnahmeakten zur Verfügung, die auch die als Nachweise dienenden Dokumente (Personenstandsurkunden u.dgl.) enthalten. Die Eingliederungsbehörde kann die Zustimmung nur verweigern, wenn nach ihrer Auffassung die Voraussetzungen als Spätaussiedler nicht vorliegen. Solche vom BVA abweichende Bewertungen des Akteninhalts haben sich in der Vergangenheit durchaus ergeben, wenn auch nicht in großem Maße. Es stellt sich die Frage, ob der Zustimmungsvorbehalt weiterhin unabdingbar ist oder wegfallen könnte, um den Verwaltungs- und Personalaufwand zu vermindern. Für einen Wegfall sprechen nachstehende Gründe.

Bei der Aufnahme von Spätaussiedlern liegen inzwischen mehrjährige Erfahrungen vor, die nach Auffassung des RH eine qualifiziertere Beurteilung des Inhalts von Aufnahmeanträgen als in früheren Jahren ermöglichen und eine Mehrfachprüfung nicht mehr notwendig machen.

Seit etwa Mitte 1996 werden vom BVA im Benehmen mit dem Auswärtigem Amt bereits in den Herkunftsländern Sprachtests durchgeführt, bevor ein Aufnahmebescheid erteilt wird. Damit sind die früheren Probleme bei der Abnahme von Sprachproben durch das BVA bzw. die Eingliederungsbehörden des Landes, die erst nach einer Einreise der Inhaber von Aufnahmebescheiden in die Bundesrepublik möglich waren und in gewissem Umfang zu unterschiedlichen Beurteilungen zwischen BVA und Landesbehörden bei der Frage ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache als Muttersprache führten, deutlich entschärft.

Zudem sind die Möglichkeiten und das Fachwissen der beteiligten Landesbehörden sehr beschränkt, falsche oder gefälschte Urkunden zu erkennen, mit deren Vorlage im Aufnahmeverfahren gerechnet werden muß; eine Entwicklung, die auch vom IM seit Jahren mit großer Sorge beobachtet wird.

Nach Angaben des IM können seit Einführung der Sprachtests vor Ort gefälschte Urkunden eher und leichter erkannt werden. Die Vorladung zum Sprachtest in den Herkunftsländern werde von den Beauftragten des BVA auch zur Überprüfung der vorgelegten Urkunden genutzt. Weitaus schwieriger zu erkennen seien hingegen echte Urkunden mit falschem Inhalt, die vermutlich häufiger vorkommen. Diese Fälle ließen sich aber ohnehin oftmals nur mit Unterstützung des Herkunftsstaates eines Aufnahmebewerbers sicher nachweisen. Solche Verfahren seien sehr zeitaufwendig und hätten zeitweise bei den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion eingestellt werden müssen, da sich diese wegen der Antragsflut auf diplomatischem Weg beschwert und z.T. überhaupt nicht mehr geantwortet hätten. Für die Überprüfung der Echtheit von Dokumenten und deren Inhalt sei in erster Linie das BVA in Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt kompetent. Ein vergleichbarer Wissensstand der Bediensteten der unteren Eingliederungsbehörden des Landes wäre nur bei umfassender Schulung möglich, die das IM nicht für machbar hält.

Aus vorgenannten Gründen sollte nach Auffassung des RH im Interesse der Verwaltungsvereinfachung auf das bisherige Zustimmungsverfahren ganz verzichtet oder dieses auf Stichproben beschränkt werden.

Das IM verschließt sich Vereinfachungen im Verfahren nicht. Es möchte aber gewährleistet wissen, daß eine ausreichende Beteiligung beim Aufnahmeverfahren gesichert ist. Vor allem hält es für erforderlich, daß Spätaussiedler in demjenigen Bundesland aufgenommen werden, das im Aufnahmeverfahren den Anträgen zugestimmt hat.

5 Konzentration der Aufgaben auf weniger Eingliederungsbehörden

Die Aufgaben der unteren Eingliederungsbehörden sind den Landratsämtern und den Bürgermeisterämtern der Stadtkreise als unteren staatlichen Verwaltungsbehörden übertragen. Zu den Aufgaben gehören im wesentlichen die

  • Zustimmung zur Erteilung von Aufnahmebescheiden durch das BVA,

 

  • Erteilung von Spätaussiedlerbescheinigungen,

 

  • Bewilligung von pauschalen Eingliederungshilfen zum Ausgleich für erlittenen Gewahrsam (zu Lasten des Bundes),

 

  • Verwaltung der staatlichen Übergangswohnheime und

 

  • Durchführung von Integrationsmaßnahmen für Spätaussiedler in eigener Regie oder durch beauftragte Dritte sowie die Koordinierung solcher Maßnahmen auf Kreisebene.

Die Stadtkreise Heilbronn, Karlsruhe und Pforzheim nehmen die drei erstgenannten Aufgaben auf freiwilliger Basis auch für die angrenzenden Landkreise, der Alb-Donau-Kreis für den Stadtkreis Ulm wahr.

Der RH hält angesichts der rückläufigen Zugangsentwicklung eine weitere Konzentration von Aufgaben der unteren Eingliederungsbehörden für geboten, sei es durch erweiterte räumliche Zuständigkeiten von einzelnen unteren Eingliederungsbehörden oder durch eine Übertragung der Aufgaben insgesamt auf das Regierungspräsidium Karlsruhe, das als höhere Eingliederungsbehörde schon bisher eine landesweite Koordinierungs- und Filterfunktion im materiellen Spätaussiedlerrecht wahrnimmt.

Das IM hat eine eingehende Prüfung dieser Vorschläge zugesagt.

6 Mögliche Auflösung der Landesaufnahmestelle Tübingen (LAS)

Bei Ankunft von Spätaussiedlern in einer Zentralen Aufnahmestelle (vgl. Pkt. 2.2.2) bestimmt diese an Hand des bundesweiten Verteilerschlüssels, welches Bundesland die eingereisten Personen aufzunehmen hat. Diese Personen werden alsdann an Landesaufnahmestellen oder in anderen Bundesländern unmittelbar an die aufnahmepflichtigen Kommunen weitergeleitet.

In Baden-Württemberg durchlaufen Personen, die von einer außerhalb des Landes gelegenen Zentralen Aufnahmestelle des Bundes nach Baden-Württemberg verteilt werden, zuerst die LASt in Tübingen, von wo aus sie an die aufnahmepflichtigen Stadt- und Landkreise weiterverteilt werden. Personen, die von den Zentralen Aufnahmestellen in Empfingen oder Rastatt aufgenommen und von dort dem Land Baden-Württemberg zugewiesen werden, werden direkt an die aufnahmepflichtigen Stadt- und Landkreise verteilt.

Die LASt in Tübingen verfügt derzeit noch über rd. 200 Betten und 10 Bedienstete; für den Dienstbetrieb waren im StHpI. 1998 rd. 1,6 Mio. DM Ausgaben (abzüglich der Einnahmen) veranschlagt. Da die in der LASt aufgenommenen Spätaussiedler bereits das Registrierverfahren in einer Bundesaufnahmestelle durchlaufen haben, findet dort keine materielle Prüfung der Spätaussiedlereigenschaft mehr statt. Die Verweildauer beträgt deshalb lediglich rd. 1,5 Tage. Die LASt war im Betrachtungszeitraum Januar bis Juni 1998 (182 Tage) an 112 Tagen mit 30 Personen oder weniger belegt. An 51 Tagen befanden sich zwischen 31 und 50 Personen in der LASt, und lediglich an 19 Tagen waren zwischen 51 und 106 Personen untergebracht. Der RH hat deshalb vorgeschlagen, die LASt aufzulösen. Die Spätaussiedler könnten einerseits von einer Bundesaufnahmestelle direkt den Stadt- und Landkreisen zugewiesen werden (wie bereits von anderen Bundesländern praktiziert). Andererseits wäre denkbar, die Verteilung von den Landesaufnahmestellen Empfingen oder Rastatt, die ebenfalls rückläufig belegt sind, erledigen zu lassen.

Das IM will sich Änderungen in den Behördenstrukturen nicht verschließen; konkrete Entscheidungen sollen jedoch erst getroffen werden, wenn sich der Bund über den Fortbestand seiner Zentralen Aufnahmestellen in Empfingen und Rastatt geäußert hat.

7 Kosten und Auslastung der staatlichen Übergangswohnheime

7.1 Nach dem Stand vom 01.01.1998 verfügte das Land über 197 Übergangswohnheime (ÜWH), die entweder landeseigen (71), mietfrei überlassen (13) oder angemietet (113) waren. Der RH hat als Kriterium für eine ausgewogene Belegung der Anwesen eine Auslastung von 85 % angenommen, die aber lediglich von 96 ÜWH erreicht wurde. 70 angemietete ÜWH hatten eine Auslastung unter 85 %, davon waren 5 Wohnheime mit weniger als 30 % und 25 mit 30 % bis unter 60 % ausgelastet. Entsprechende Mietpreisminderungen sind damit jedoch nicht verbunden. Die Auslastung sollte weiter optimiert, gering ausgelastete ÜWH sollten - sofern möglich - aufgegeben werden. Das IM hat mitgeteilt, daß es den Abbau des Leerstands sowie der besonders kostenintensiven Unterkünfte mit großem Nachdruck betreibe, soweit die bestehenden mietvertraglichen Bindungen dies zulassen.

7.2 Das IM hat als Mietobergrenze 100 DM je Unterbringungsplatz und Monat festgelegt. Diese Limitierung erscheint sinnvoll und realisierbar. Bei 68 ÜWH wurde jedoch die 100 DM-Grenze überschritten, angefangen von geringen Beträgen bis hin zum fast Fünffachen der Obergrenze.

7.3 Um das wirtschaftlichste Objekt zu ermitteln, sollte man sich jedoch nicht ausschließlich an den Mietkosten orientieren. Vielmehr müssen auch die Mietnebenkosten mit in die Betrachtung einbezogen werden. Diese haben sich zwischen rd. 10 DM und rd. 100 DM je Unterbringungsplatz und Monat bewegt und waren z.T. unerklärbar hoch.

Das IM legt Wert auf die Feststellung, daß Mietverträge vor Abschluß bzw. Verlängerung der höheren Eingliederungsbehörde zur Zustimmung vorzulegen sind. Neue Mietverträge bzw. Mietverträge, die zur Verlängerung heranstehen, sind lt. IM nicht genehmigungsfähig, wenn sie die Mietobergrenze von 100 DM je Unterbringungsplatz übersteigen. Jeder Vorlage ist von den unteren Eingliederungsbehörden eine Stellungnahme zur Wirtschaftlichkeit des betreffenden Objekts beizufügen. Hierbei werden nicht nur die Platzkosten, sondern auch Quadratmetermiete und Bewirtschaftungskosten zugrunde gelegt.

7.4 Der RH hält es insgesamt für erforderlich, daß die unteren Eingliederungsbehörden, die hinsichtlich der Auslastung und der Mietkosten negative Abweichungen von den Vorgaben aufweisen, immer wieder angehalten werden, den Ursachen nachzugehen und für Abhilfe zu sorgen. Insbesondere erscheint es erforderlich, die Mietverträge mit den derzeit ortsüblichen Mieten zu vergleichen und alle rechtlichen und vertraglichen Möglichkeiten zu nutzen, um ggf. zu günstigeren Mietkonditionen zu kommen. Wie sich im Bereich der Asylbewerberunterbringung gezeigt hat, können kostengünstigere Mieten erzielt werden, wenn einem Vermieter preiswerte Alternativobjekte entgegenhalten werden können; die derzeitige Marktlage im Immobilienbereich bietet nach Auffassung des RH hierzu Möglichkeiten.

8 Abrechnung der Sozialhilfeleistungen der Stadt- und Landkreise

Ein Großteil der in ÜWH untergebrachten Personen ist derzeit auf Sozialhilfe angewiesen, deren Träger die Kommunen sind. Nach Maßgabe von § 11 Abs. 4 des Eingliederungsgesetzes wird den Kommunen die an Personen in ÜWH gewährte Sozialhilfe ab 01.01.1997 für die Aufenthaltsdauer eines Jahres vom Land erstattet; zuvor betrug dieser Zeitraum zwei Jahre. Bei der Abrechnung der Sozialhilfeleistungen mit dem Land sind Fehler nachstehender Art aufgetreten, deren finanzielles Volumen, ausgehend von den geprüften Behörden, grob geschätzt landesweit bei einem Betrag von bis zu 1 Mio. DM jährlich liegen dürfte:

  • Nichtbeachtung der Fristen

In einer Reihe von Einzelfällen wurde versäumt, die Jahresfrist für die Erstattung der Sozialhilfe zu überwachen, so daß Sozialhilfe über den Erstattungszeitraum hinaus weiterhin zu Lasten des Landes abgerechnet wurde.

Des weiteren wurden die Sozialämter nicht unterrichtet, wenn ein Sozialhilfeempfänger das ÜWH vor Ablauf der Jahresfrist verlassen hat und damit ebenfalls die Erstattungspflicht des Landes hinfällig wurde.

  • Volle Verrechnung des letzten Erstattungsmonats

In den vom RH geprüften Fällen ist die Sozialhilfe ausnahmslos nicht tagegenau nach Ablauf eines Jahres, sondern erst zum Ende des letzten Erstattungsmonats abgerechnet worden; das Land wurde durchschnittlich einen halben Monat über die Jahresfrist hinaus belastet. Begründet wurde dies damit, daß mit den verwendeten EDV-Programmen eine tagegenaue Abrechnung nicht möglich sei. Allerdings wurden auch keine manuellen Rückbuchungen vorgenommen.

  • Nichtberücksichtigung Erstattungen Dritter

Eine weitere Fehlerquelle zu Lasten des Landes liegt darin, daß Personen in ÜWH rückwirkend Renten für einen Zeitraum bewilligt wurde, in dem sie zuvor Sozialhilfe bezogen. In diesen Fällen wurde zwar die Sozialhilfe mit dem Rentenanspruch verrechnet, die vom Land erstattete Sozialhilfe aber nicht anteilig gekürzt.

Auf Grund von Feststellungen des RH wurden die Mängel behoben; das Land blieb insoweit schadlos.

Das IM hat nach eigenen Angaben zwischenzeitlich die nachgeordneten Behörden angewiesen, die ordnungsgemäße Sozialhilfekostenerstattung flächendeckend sicherzustellen.

9 Maßnahmen zur Integration von Spätaussiedlern

9.1 Fördermaßnahmen

Das BVFG bestimmt u.a., daß Spätaussiedlern die Eingliederung in das berufliche, kulturelle und soziale Leben in der Bundesrepublik zu erleichtern ist. Diese Aufgabe obliegt in erster Linie dem Bund, aber auch das Land und die Kommunen sind gefordert.

Wirksame Maßnahmen bei der Integration von Spätaussiedlern und ihren Familien setzen ausreichende deutsche Sprachkenntnisse voraus, deren Vermittlung im Vordergrund aller Integrationsbemühungen steht. Dazu dient vor allem der schulische Förderunterricht. Bei der beruflichen Eingliederung ist dies eine wesentliche Aufgabe der Arbeitsverwaltung. Mit der kulturellen und sozialen Eingliederung werden überwiegend Wohlfahrts- und Vertriebenenverbände betraut.

Von den in Pkt. 3.1 genannten Gesamtaufwendungen entfielen 1998 auf Maßnahmen der Integration bei Bund und Land die nachstehend aufgeführten Haushaltsmittel; nicht erhoben wurde, welche Mittel Kommunen für diese Zwecke aufwenden.

1999-B08-Aufstellung 1 Bund.jpg

1999-B08-Aufstellung 2 Land.jpg

9.2 Koordinierungsbedarf bezüglich Fördermittel; Arbeitskreise und Netzwerke

Die Aufzählung unter Pkt. 9.1 zeigt, daß bei der Integration der Spätaussiedler verschiedene Bundes- und Landesministerien mitwirken. Eine Vielzahl von Zuständigkeiten birgt jedoch erfahrungsgemäß die Gefahr in sich, daß Reibungsverluste entstehen und deshalb kein optimaler Mitteleinsatz gelingt. Dieser Gefahr muß soweit als möglich durch Koordinierung des Mitteleinsatzes begegnet werden.

Der Bund plant eine Koordinierung seiner Mittel und beabsichtigt, kommunale Netzwerke zu initiieren, an denen alle, die mit Spätaussiedlern zu tun haben, beteiligt werden sollen. Von dem Ergebnis dieser Bemühungen wird es abhängen, was das Land veranlassen muß, um auch Landes- und Bundesmittel optimal zu koordinieren.

10 Stellungnahme des Innenministeriums

Das IM hat gegen den Denkschriftbeitrag keine grundsätzlichen Einwendungen erhoben.


Anhänge

Einzelplan 05: Justizministerium

Weder DV-Ausstattung noch Fachanwendungen bei den Justizvollzugsanstalten sind zeitgemäß. Das Ziel eines integrierten Informationssystems liegt noch in weiter Ferne. Die inzwischen eingeleiteten Maßnahmen lassen Verbesserungen erwarten.


1 Vorbemerkung

Baden-Württemberg verfügt über 18 Justizvollzugsanstalten (JVA) mit 34 Außenstellen, drei Jugendarrestanstalten, ein Justizvollzugskrankenhaus mit Krankenpflegeschule, eine Sozialtherapeutische Anstalt mit Außenstelle sowie eine Justizvollzugsschule.

Insgesamt waren 1998 im Strafvollzug 3 528 Personalstellen besetzt, davon 438 im Verwaltungsdienst. Die Anstalten hatten eine Belegungsfähigkeit von 8 065 Plätzen; deren Durchschnittsbelegung wird vom JuM mit 8 688 angegeben.

2 Sachstand

2.1 Entwicklung

Im Zeitraum von 1982 bis 1988 wurden alle JVA mit DV-Anlagen der mittleren Datentechnik ausgestattet. Eingesetzt wird eine Rechnerserie mit dem Multitasking-Betriebssystem MTOS. An den Rechnern sind zwischen 5 und mehr als 50 Bildschirmarbeitsplätze angeschlossen, die mit der Zentraleinheit der Anstalt über ein lokales Netz (LAN) verbunden sind. Seit 1995 werden die MTOS-Anlagen schrittweise durch UNIX-Client-Server-Systeme ersetzt, einer Nutzungskonzeption für verteilte Computersysteme in lokalen Netzen.

2.2 Aufwendungen

Von 1993 bis 1997 wurden für die DV im Strafvollzug insgesamt 10,6 Mio. DM ausgegeben, der Anteil für die Aufwendungen des DV-Personals beträgt 4,8 Mio. DM.

Lagen die monatlichen DV-Aufwendungen für einen Bildschirmarbeitsplatz 1994 noch bei 544 DM, so verringerte sich 1998 der Betrag um 50 % auf 272 DM. Bestimmende Faktoren für den Rückgang der Aufwendungen je Bildschirmarbeitsplatz sind der Preisverfall der Hardware, die langjährige Nutzung der MTOS-Anlagen und die Zunahme der mit Bildschirmen ausgestatteten Arbeitsplätze.

2.3 DV-Organisation und Personal

2.3.1 Die IuK-Leitstelle im Sinne des Landessystemkonzepts ist beim JuM in Abteilung I angesiedelt. Neben dieser Organisationseinheit ist für die Vollzugsanstalten in Abteilung IV eine ADV-Leitstelle eingerichtet; sie ist mit drei Personen besetzt. Diese spezielle Leitstelle ist Projektträger und zugleich Projektentwicklungsstelle für Planung, Entwicklung, Koordination und Einführung neuer Hard- und Softwarekonzeptionen und bewirtschaftet für den Strafvollzug das IuK-Budget. Darüber hinaus ist sie für Anwendungsprogrammierung, Datenbankmanagement, Anwenderbetreuung sowie für Aus- und Fortbildung zuständig.

Unterhalb der Ministeriumsebene existiert beim Oberlandesgericht Stuttgart für den Justizbereich die Gemeinsame DV-Stelle Justiz. Ihr obliegen die Entwicklung, Ausführung und Pflege von DV-Projekten im engen Benehmen mit dem Projektträger und den beteiligten Geschäftsbereichen. Für den Justizvollzug ist diese Stelle bisher nicht zuständig.

2.3.2 In allen JVA sind Bedienstete des mittleren Dienstes als lokale Systemverwalter und Benutzerbetreuer eingesetzt. Deren Schwerpunktaufgaben sind Datensicherung, Fehleranalyse und Behebung, Einrichtung neuer Programme, Verwaltung von Zugangsberechtigungen und Systemkonstanten, Schulung der Anwender sowie die Datenfernverarbeitung.

In den Anstalten waren 19 Personen mit den Aufgaben des Systemverwalters haupt- und nebenamtlich betraut. Der anteilige Personaleinsatz, so das JuM, betrage etwa 7,2 Personalstellen des mittleren Dienstes. Der tatsächliche Aufgabenumfang ist schwer zu erfassen, da Statistiken über deren Belastung fehlen.

Die Systemverwalter sind ausnahmslos für die DV-Tätigkeiten angelernt worden; ihre DV-Kenntnisse haben sie zu einem nicht unerheblichen Teil durch Eigeninitiative erworben. Jährlich wird dieser Personenkreis in einer 3-tägigen Informationsveranstaltung über die neuesten Entwicklungen im Informationssystem Strafvollzug unterrichtet und bei Bedarf in Anwendungsprogrammen geschult. In den vergangenen zwei Jahren wurden die Systemverwalter in den Bereichen UNIX, Windows NT sowie hinsichtlich des Landesverwaltungsnetzes (LVN) zusätzlich fortgebildet, soweit die Einführung dieser Techniken in deren Anstalten anstand.

2.3.3 Im Fortbildungsangebot des JuM für 1998 findet sich für die DV-Benutzer eine Veranstaltung EDV für den allgemeinen Justizvollzugsdienst. Dort werden die Teilnehmer über Inhalt und Möglichkeiten moderner Zellenbelegungsprogramme, Geschäftsstellenprogramme u.ä. informiert. Im Bedarfsfall, meist wenn neue Hard- oder Software eingeführt wird, ist vorgesehen, die Benutzer aller JVA in die Anwendung der Fachprogramme einzuweisen.

2.4 Hard- und Software

2.4.1 Im Justizvollzug gab es 1998 23 DV-Anlagen (MTOS und UNIX) und 525 Bildschirme. Bis zum Jahresende 1999 müssen die MTOS-Anlagen außer Betrieb genommen werden, da sie nicht Jahr-2000-fähig sind. Der Justizvollzug soll dann mit UNIX-Zentren in acht Anstalten und einer UNIX-Anlage beim JuM sowie 713 Bildschirmen ausgestattet sein. Die übrigen Anstalten und deren Außenstellen werden über das LVN an die Zentren angeschlossen.

Die derzeitige Hardware-Ausstattung der Anstalten ist äußerst verschieden. Der Bildschirmausstattungsgrad beträgt beispielsweise in der JVA Adelsheim 5,0 %, in der 1998 neu bezogenen JVA Schwäbisch Hall 37,4 %, bezogen auf alle Personalstellen.

2.4.2 Für die UNIX-Anlagen wurde das nach dem einschlägigen Regelwerk vorgesehene Abnahmeverfahren mit Funktionsprüfung und Mitteilung der Betriebsbereitschaft nicht durchgeführt. Somit sind Beginn und Ende der Gewährleistungsfrist nicht eindeutig festgesetzt. Das JuM hat die Anlagen gleichwohl vollständig bezahlt, ein Einbehalt wurde nicht vorgenommen.

Hinsichtlich einzelner Ausgaben für PC-Einzelteile und Kundendienstleistung blieb unklar, ob eine Zahlungspflicht der Justiz besteht oder ob die Vertragspartner die Leistung unentgeltlich hätten erbringen müssen. Auf die Einhaltung vereinbarter Reaktionszeiten hat das JuM nicht immer bestanden.

Das JuM teilte mit, daß mittlerweile für die vor 1999 gelieferten UNIX-Anlagen das Abnahmeverfahren mit Funktionsprüfung und Mitteilung der Betriebsbereitschaft nachgeholt worden sei. Im Hinblick auf die im Jahr 1999 neu zu installierenden UNIX-Anlagen werde die Einhaltung der vorgeschriebenen Verfahren sichergestellt.

2.4.3 Den Vollzugsanstalten steht eine breit gefächerte Softwarepalette zur Verfügung, die derzeit noch den Einsatz von fünf verschiedenen Betriebssystemen (MTOS, Windows 3.11, Windows 95, Windows NT, UNIX) bedingt. Das DV-Personal muß Rechner mehrerer Generationen von verschiedenen Herstellern mit unterschiedlichen Betriebssystemen betreiben, was einen hohen Zeit- und Pflegeaufwand zur Folge hat.

Bis zum Jahresende 1999, so das JuM, würden noch drei Betriebssysteme verbleiben. Nach den getroffenen Grundsatzentscheidungen lasse sich eine weitere Vereinheitlichung allenfalls langfristig erreichen.

Die verwendete Software wird generell in sächliche und gefangenenbezogene Anwendungen klassifiziert. Die sächlichen Programme sind erworbene Standard-Programmpakete, die den Bedürfnissen des Strafvollzugs angepaßt wurden; die gefangenenbezogenen Programme sind Eigenprogrammierungen. Die Software wurde überwiegend Mitte der 80er Jahre entwickelt und ist aus heutiger Sicht umständlich und wenig bedienerfreundlich. Je Anstalt werden mehr als 40 verschiedene Programme und Softwarebausteine eingesetzt. Hinzu kommen Anwendungen bei den Werkstätten, die von Mitarbeitern unmittelbar für ihre spezielle Aufgaben entwickelt wurden.

Die Fachanwendungen sind partiell nicht auf dem Stand der Technik und bieten z.T. nur wenig Unterstützung für die Bearbeiter. Diese erleben die DV in mancher Hinsicht nicht als Entlastung, sondern belastend, da sie viele Gefangenendaten weiterhin zusätzlich manuell führen müssen. Medienbrüche in der Verfahrensanwendung, die fehlende Datenintegration sowie die mehrfache Datenerfassung bewirken einen überhöhten Arbeitsaufwand. Die Sachbearbeiterunterstützung ist verbesserungsbedürftig.

2.4.4 Das Problem der Jahr-2000-Umstellung wurde erst im Dezember 1997 thematisiert. Das JuM registrierte, daß eine Vielzahl von Programmen nach dem Jahrtausendwechsel nicht mehr lauffähig sein werden oder nur mit hohem Aufwand lauffähig gemacht werden können. Die ursprünglich veranschlagten Haushaltsmittel reichten für die rechtzeitige Verwirklichung einer Neukonzeption nicht aus.

2.4.5 Die Konzeption des JuM, alle MTOS-Altanlagen durch UNIX-Anlagen abzulösen, erforderte die schrittweise Portierung der vorhandenen Anwendungen auf das UNIX-Betriebssystem. Die Programme wurden durch die ADV-Leitstelle ohne Optimierung der Verwaltungsabläufe und der Programmlogik ausschließlich deckungsgleich entsprechend der alten Programmstruktur umgesetzt.

2.4.6 Für die Einführung neu entwickelter oder geänderter DV-Verfahren sind formelle Freigabeverfahren erforderlich. Sie dienen der formalen und materiellen Qualitäts- und Ablaufsicherung von Verfahren sowie der zeitlichen Nachweisführung für die in den produktiven Einsatz übergebenen Versionen. Der Software-Entwicklungsprozeß für die gefangenenbezogenen Programme läuft aber weitgehend ungeregelt ab. Dem Programmierer blieb es bisher weitgehend selbst überlassen, welche Programmänderungen vorgenommen, dokumentiert und freigegeben werden. Aufträge wurden meist allgemein, häufig formlos und mündlich an die ADV-Leitstelle gegeben. Ein geregeltes und schriftlich dokumentiertes Freigabeverfahren wurde bisher nicht realisiert.

2.5 Datenaustausch

Der DV-Datenaustausch innerhalb den JVA und deren Außenstellen ist bisher nur begrenzt, zwischen ihnen und mit anderen staatlichen Stellen überhaupt nicht möglich, da die Anstalten erst seit 1999 schrittweise an das LVN angeschlossen werden.

Wird ein Gefangener in eine andere Vollzugsanstalt verlegt, so ist in der aufnehmenden Anstalt erneut eine DV-Erfassung der Stammdaten erforderlich. Die Akte des Gefangenen wird in Papierform an die aufnehmende Vollzugsanstalt weitergegeben; die bereits vorhandenen DV-Daten werden bisher nicht mittels Datenträger übergeben.

Alle Vollzugsanstalten verfügen über eine eigenständige Datenhaltung. Sie bauen selbständig ihre Dateien auf und pflegen diese. So müssen in sämtlichen gefangenenbezogenen Programmen die Grunddaten wie Name, Geburtsdatum, Familienstand jeweils neu erfaßt und eingegeben werden. Erheblicher Zeitaufwand durch Mehrfacherfassung sowie inkonsistente Veränderung von Daten sind die Folge der Verfahrensvielfalt. Viele Gefangenendaten sind bereits vor der Inhaftierung bei Stellen aus dem Geschäftsbereich des JuM gespeichert; auch ein Datenverbund mit diesen wäre möglich, ist bisher aber nicht geplant.

Das JuM will für den Fall der Verlegung von Gefangenen nun den Austausch der Gefangenenstammdaten zwischen den JVA im Wege der Datenfernübertragung realisieren. Die hierfür - ebenso wie für einen sinnvollen Austausch von Datenträgern - erforderliche Datenselektions- und Übertragungssoftware läge derzeit nicht vor. Ihre Erstellung sei bis Ende 1999 geplant.

2.6 Ausschreibungsverfahren, Wirtschaftlichkeitsrechnungen

Das JuM führte 1993 eine Erkundung des möglichen Bewerberkreises zur Ablösung des MTOS-Systems durch und wählte die beschränkte Ausschreibung. Drei Firmen reichten Angebote für die geplante Ersatzbeschaffung ein. 1994 traf das Ministerium den Systementscheid. Kernpunkte der Umstellungsstrategie waren die Forderungen nach einer Portierung der bisher eingesetzten Programme auf das neue System sowie die Weiterverwendung der vorhandenen Hardware (Bildschirme, Drucker und Netzsteuergeräte) in dem neuen Client-Server-Konzept.

Mit dem Angebot, die vorhandenen Peripheriegeräte in das neue System zu integrieren, rückte der bisherige DV-Ausstatter des Justizvollzugs, obgleich bei den Neugeräten der teuerste Bieter, an die erste Stelle und erhielt den Zuschlag. In das neue System wurden die Altgeräte dann doch nicht eingebunden, abgesehen von kurzzeitigen experimentellen Ausnahmen beim Justizvollzugskrankenhaus und bei der Sozialtherapeutischen Anstalt.

Das JuM hatte mit der Einbindungsoption ein Ausschlußkriterium definiert und seine Entscheidung maßgeblich darauf gestützt. Die Minderausgaben wurden nicht realisiert, der Vertrag wurde im Vergleich zu den angebotenen Alternativen im Ergebnis um rd. 480 000 DM teurer. Richtig wäre gewesen, die Ausschreibung aufzuheben und ohne Einbindungsoption zu wiederholen.

Das JuM teilte hierzu mit, die Darstellung, der Systementscheid habe ausschließlich oder auch nur vorrangig seine Begründung auf die Einbindungsoption gestützt, sei verkürzt. Ausschlaggebend sei gewesen, daß nur der bisherige Lieferant ein Umstellungsprogramm vom MTOS-Betriebssystem auf UNIX zur Verfügung stellen konnte, um die angebotene UNIX-Variante auf den Altnetzen in den Anstalten zu betreiben. Auch seien die vom RH ermittelten Mehrkosten lediglich eine theoretische Hochrechnung; andere Lösungen hätten höhere Folgekosten nach sich gezogen.

3 Externe Beratung

Eine Unternehmensberatung stellte 1994/1995 bei einer aufgabenkritischen Organisations- und Wirtschaftlichkeitsuntersuchung der Verwaltungsabläufe in den JVA fest, daß der Datenverarbeitung eine Schlüsselstellung für die Effizienz der Verwaltung in den Vollzugsanstalten zukomme; kurze, abteilungs- und anstaltsübergreifende Kommunikations- und Entscheidungswege seien unbedingt erforderlich. Das Gutachten kam ferner zu dem Ergebnis, daß die Ansprüche an eine funktionierende Datenverarbeitung mit den veralteten DV-Anlagen nicht mehr erfüllt werden könnten und deshalb die Beschaffung moderner, leistungsfähiger Hardware sowie die grundlegende Modifikation der vorhandenen Softwareprogramme unumgänglich sei. Dadurch könne eine Personalreduzierung um 83 Stellen erreicht werden.

Zur technischen Konkretisierung der Empfehlungen hat das JuM seinen bisherigen Lieferanten beauftragt, eine Studie zur Vorgehensweise bei der Systemanpassung in den JVA des Landes Baden-Württemberg zu erarbeiten. Dieses Kurzgutachten vom Juli 1997 sieht vor, alle JVA mit einer eigenen UNIX-Anlage mit Client-Server-Architektur auszustatten und alle vorhandenen MTOS-Programme zu portieren.

Beide Gutachten, die zusammen 452 709 DM gekostet haben, bildeten die Grundlage für das weitere Vorgehen der ADV-Leitstelle im Projekt Informationssystem Strafvollzug; die hierfür notwendigen Investitionsmittel wurden auf 11,5 Mio. DM geschätzt.

4 Konzept

In den Jahren 1997/1998 zeichnete sich ab, daß die angestrebte Ausstattung aller Vollzugsanstalten mit UNIX-Anlagen und die vollständige Verkabelung der Einrichtungen mit den zur Verfügung stehenden Mitteln erst im Jahr 2001 zu erreichen sein würde.

Zusätzlich stellte das JuM fest, daß mit den bisher betriebenen MTOS-Anlagen und ohne Verkabelungsmaßnahmen in zehn Vollzugsanstalten der Dienstbetrieb nach dem Jahrtausendwechsel nicht aufrecht zu erhalten sei. Diese Gegebenheit sowie fehlende Haushaltsmittel und der Zwang, die auf UNIX zu portierenden Programme bis Ende 1999 einzuführen, haben im Jahr 1998 zu einer Verschlankung der bisherigen Ausstattungskonzeption geführt. Die Neukonzeption beinhaltet folgende Schritte:

  • Bildung von insgesamt acht UNIX-Zentren mit Anbindung der übrigen Anstalten und sämtlicher Außenstellen über das LVN;

dies bedeutet:

  • Beschaffung von drei weiteren UNIX-Anlagen mit PC und Drucker sowie Erhöhung der Leistungsfähigkeit der fünf vorhandenen Anlagen;

 

  • Erneuerung oder Vervollständigung der lokalen Netzwerke in acht JVA;

 

  • Entwicklung und Umsetzung einer Konzeption zum Datenaustausch zwischen den JVA und mit dem JuM;

 

  • Entwicklung und Umsetzung einer Konzeption zur Administration und Betreuung.

Dieses Konzept wird seitdem umgesetzt. Bis Jahresende 1999 sollen sämtliche JVA untereinander und mit dem JuM in vollem Umfang vernetzt sein. Ab dem Jahr 2000 soll die grundlegende Neukonzeption der DV-Verfahren angegangen werden.

Das JuM hat hierzu eine Arbeitsgruppe zur Optimierung der Verwaltungsabläufe im Justizvollzug unter Berücksichtigung der DV eingerichtet, die im Mai 1999 erstmals tagte. Deren Aufgabe ist es unter anderem, die überfällige Neukonzeption der in den JVA eingesetzten Software vorzubereiten.

Trotz Neuplanung werden weiterhin mindestens zwei verschiedene Betriebssysteme verwendet. Der auf mehrere Jahre ausgelegte und sachlich nicht unbedingt zwingende Parallelbetrieb von Windows NT und UNIX hat einen erhöhten Betreuungsaufwand zur Folge. Bisher gibt es seitens des Ministeriums lediglich allgemeine Absichtserklärungen für die Anpassung der Software. Konkrete Planungen, welche Ziele auf welche Weise und bis zu welchem Zeitpunkt erreicht werden sollen, liegen nicht vor.

Aus der unter Zeitdruck getätigten Einführung der auf UNIX portierten Anwendungen ohne inhaltlicher Weiterentwicklung ergeben sich zwangsläufig Nachteile.

5 Bewertung

Das Konzept des JuM, gestützt auf den Empfehlungen zweier Gutachten, jede Justizvollzugsanstalt mit einer eigenen UNIX-Anlage auszustatten, war ein überzogener und unwirtschaftlicher Ansatz, der rd. 11,5 Mio. DM gekostet hätte. Obwohl das JuM für den Justizvollzug von 1995 bis 1998 nur rd. 4,7 Mio. DM Investitionsmittel erhielt, hat es an diesem Vorhaben zu lange festgehalten. Die Neukonzeption, ausgelöst durch die Jahr-2000-Problematik, wurde erst Mitte 1998 erarbeitet und führt zu einer Kostenreduzierung. Diese Vorgehensweise hat zur Folge, daß unter erheblichem Zeitdruck die sofortige Umstellung der Hardware bei gleichzeitiger Bewältigung des Jahr-2000-Problems erreicht werden muß. Die Anwender sind weiterhin gezwungen, mit benutzerunfreundlichen und wenig optimierten Programmen zu arbeiten. Die Umsetzung dieser neuen Konzeption erscheint realistischer als die vormalige.

5.1 Seit 1993 wurden mehr als 10 Mio. DM für ein rudimentäres Auskunfts- und Informationssystem ausgegeben, ohne daß die Wirtschaftlichkeit der Investitionen nachgewiesen werden kann. Das Ziel eines integrierten Informationssystems für den Strafvollzug liegt noch in weiter Ferne. Einsparungen in Geld oder Personal hat die DV bisher nicht erbracht. Allerdings wurden Verbesserungen bei der aktuellen Informationsbeschaffung und der -aufbereitung innerhalb der Anstalten erreicht. Die Ausstattung der Anstalten mit DV-Arbeitsplätzen beeinflußt nur bedingt die Personalstärke. Die Erwartung mehr DV führt zu weniger Personal konnte bisher nicht belegt werden; die vom RH ermittelten Kennzahlen deuten eher auf einen gegenteiligen Effekt hin.

5.2 Ein strukturierter DV-Gesamtplan mit Meilensteinen, der an sich verändernde Rahmenbedingungen angepaßt und auf das finanziell und personell Machbare abgestimmt wird, ist in Ansätzen erst seit Anfang 1999 vorhanden. Vorkehrungen, daß Fehlentwicklungen und Fehlentscheidungen rechtzeitig erkannt und kurzfristig Änderungen durchgeführt werden können, sind nicht getroffen. Weder werden die Projektabläufe dokumentiert und überwacht, noch die Projektfortschritte inhaltlich, zeitlich und kostenmäßig an Vorgaben gemessen. Das Projekt wird nicht kontinuierlich durchgeführt.

5.3 Die ADV-Leitstelle entwickelte sich nach und nach zu einer kleinen Organisationseinheit, die für die IuK im Justizvollzug allzuständig ist und Aufgaben wie Planung/Konzeption, Haushalt, Beschaffung, Softwareentwicklung, Datenbankmanagement, Vernetzung, Benutzerbetreuung selbst bearbeiten will. Sie beschäftigt sich überwiegend mit der Umstellung auf eine andere Technik, weniger mit der Fortentwicklung oder Neugestaltung der Programme und DV-Systeme. Als Nebenleitstelle und weitere Projektentwicklungsstelle neben der Gemeinsamen DV-Stelle Justiz ist sie jedoch größenbedingt überfordert. Sie kann das DV-Spektrum in der notwendigen Breite und Tiefe nicht abdecken. Außer fehlenden Haushaltsmitteln sieht der RH in dieser unzweckmäßigen Organisationsstruktur die Ursache für den unbefriedigenden DV-Zustand im Justizvollzug.

5.4 Die Funktionsfähigkeit der Datenverarbeitung in den Anstalten beruht auf den Kenntnissen weniger, nicht ausreichend ausgebildeter Systemverwalter. Hieraus ergeben sich hohe Risiken.

5.5 Das Aus- und Fortbildungskonzept im Geschäftsbereich des JuM deckt die Belange der Informationsverarbeitung nur eingeschränkt ab. Die Personaleinsatzplanung in den Anstalten scheint so bemessen zu sein, daß mit Blick auf den täglichen Geschäftsablauf wenig Zeit für qualifizierende Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen in der DV verwendet wird.

5.6 Die DV-Ausstattung der Anstalten bleibt weit hinter den Planungen des JuM zurück, sie ist technisch veraltet. Der Bildschirmausstattungsgrad ist von Anstalt zu Anstalt unterschiedlich und insgesamt geringer als der Ausstattungsgrad anderer staatlicher Bereiche, auch innerhalb der Justiz.

In den zurückliegenden Jahren war auffällig, daß Anstalten mit einer überdurchschnittlichen Ausstattung an Bildschirmarbeitsplätzen meist auch über eine überdurchschnittliche Personalausstattung verfügten. Wegen der Besonderheiten der einzelnen Anstalten bleibt es offen, inwieweit ein innerer Zusammenhang zwischen der DV-Ausstattung und der Personalstärke besteht. Im JuM sind Kennzahlen für den DV-Bereich, z.B. Bildschirmausstattungsgrad in Relation zur Personalausstattung der Anstalten, als Grundlage für eine qualifizierte Analyse und Planung - trotz der auffallend breiten Streuung der Ausstattungswerte - nicht gebildet und Normwerte als Planungsgrundlage für die DV nicht definiert worden.

5.7 Ein geordnetes Freigabeverfahren ist eine Voraussetzung für die Ordnungsmäßigkeit und Sicherheit von Anwendungsverfahren. Der RH hat wegen gravierender Mängel der Dokumentation und der Sicherheit erhebliche Bedenken bezüglich der Ordnungsmäßigkeit der DV.

5.8 Viele Jahre nach Einrichtung des LVN wird dieses hier immer noch nicht zur Datenfernübertragung verwendet. Auch der Einsatz des automatisierten Haushalts-Management-Systems (HMS) ist noch nicht realisiert, obwohl bei etlichen Vollzugsanstalten inzwischen die technischen Voraussetzungen geschaffen sind.

Seit Ende März 1999 wird das LVN zur Datenfernübertragung zwischen einzelnen JVA genutzt. Nunmehr ist auch der Einsatz des automatisierten HMS vorgesehen.

5.9 Für die Umstellung auf die UNIX-Anlagen sowie der Portierung der Software liegen keine Pflichtenhefte vor. Es wurde nicht geprüft, ob die bisherigen Programme auch tatsächlich in der vorhandenen Vielzahl und Art benötigt werden und ob für die Eigenprogramme zwischenzeitlich Standardlösungen existieren. Für die Anwender in den Vollzugsanstalten ist bisher keine meßbare Erleichterung zu erkennen. In der Verfahrensanwendung gibt es keine bedeutsame Fortentwicklung, da die Gefangenenprogramme, welche die Anwender nur als bedingt tauglich bewerten, unterschiedslos auf UNIX umgestellt wurden. Eine grundlegende Aufgabenkritik unterblieb bisher. Durch die Übertragung der Daten und Programme vom alten auf das neue System wird wenig gewonnen, die softwarespezifischen Vorteile und die Verarbeitungsgeschwindigkeit des UNIX-Betriebssystems werden nicht ausreichend genutzt. Mögliche, kostengünstigere Alternativen wurden nicht geprüft.

Die Neuerstellung der benötigten Software, so das JuM, hätte Kosten von 2 bis 3 Mio. DM verursacht; die Bereitstellung der Mittel in dieser Größenordnung war nicht zu erwarten. Hinsichtlich der Jahr-2000-Problematik wäre die grundlegende Neuentwicklung der benötigten Software nicht mehr termingerecht möglich gewesen. Die Programmierung der Eigenprogramme habe es ermöglicht, rasch, zuverlässig und mit geringen Kosten auf eine moderne Hardware-Technik umzusteigen und gleichzeitig die Problematik der Datumsumstellung zu bewältigen. In einem weiteren Schritt sei nun vor Neuerstellung bzw. Neubeschaffung der Software die erforderliche grundlegende Aufgabenkritik eingeleitet worden. Diese sei Aufgabe der eingesetzten Arbeitsgruppe zur Optimierung der Verwaltungsabläufe im baden-württembergischen Justizvollzug unter Berücksichtigung der DV.

5.10 Das Ausschreibungsverfahren und der Systementscheid sind zu kritisieren, da Kriterien aufgestellt wurden, die nur eine bestimmte Firma erfüllen konnte, später aber in der Praxis nicht mehr bedeutsam waren. Die PC-Alternative wurde nicht geprüft; außerdem sind die UNIX-Systeme wohl insgesamt zu aufwendig, was beim Systementscheid schon tendenziell hätte erkannt werden können.

5.11 Wie der RH sieht das JuM die DV-Situation im Justizvollzug noch als unbefriedigend an. Es führt aus: Aus Sicht des Justizministeriums ist die Situation der IuK bei den JVA verbesserungsbedürftig. Zum Zeitpunkt der Erhebungen des Rechnungshofs waren moderne DV-Anlagen in Client-Server-Struktur sowie leistungsfähige Datennetze nur in wenigen JVA, benutzerfreundliche integrierte Fachanwendungen noch in keiner Justizvollzugsanstalt im Einsatz.

Die Gründe für diesen Zustand sieht das JuM in den geringen Ressourcen an Haushaltsmitteln und Personal für die ADV im Justizvollzug. Aus Sicht des RH sind darüber hinaus die zu allgemein angelegte Vorgehensweise bei der DV-Einführung sowie das Fehlen eines straffen Projektmanagements als Ursachen anzusprechen. Letztlich fehlen nicht nur die finanziellen Ressourcen, sondern auch realisierbare Konzepte.

6 Vorschläge

6.1 Beschaffung, Softwareentwicklung, Datenbankmanagement, System- und Benutzerbetreuung sind operative und keine ministeriellen Aufgaben. Sie sollten daher nicht beim Ministerium verbleiben.

Der RH empfiehlt, Personal und Aufgaben der ADV-Leitstelle bei Abteilung IV weitgehend auf die Gemeinsame DV-Stelle Justiz zu übertragen. Die Abteilung IV sollte künftig nur als Projektträger und Auftraggeber agieren.

6.2 Der RH empfiehlt die Bildung eines DV-Lenkungsteams, bestehend aus Anwendern und technischem Personal, welches das Informationsbedürfnis und die Prozeßabläufe im einzelnen erhebt, dokumentiert und möglichst harmonisiert. Aufbauend auf dieser IST-Analyse müßte das JuM ein Konzept entwickeln und für die konsequente Umsetzung bei weitgehender Integration und bestmöglicher Wirtschaftlichkeit sorgen.

6.3 Im Hinblick auf das Projekt Informationssystem Strafvollzug empfiehlt der RH, in eine tatsächliche Projektplanung und -steuerung einzutreten und dabei nach dem Projektmanagement-Leitfaden in der Landesverwaltung Baden-Württemberg vorzugehen. Bei absehbaren Finanzierungsproblemen sollte nicht - wie in der Vergangenheit - mit der vollständigen Umsetzung des Projektes begonnen; vielmehr sollten realisierbare Teilprojekte definiert und durchgeführt werden. Für die einzelnen Schritte sind Wirtschaftlichkeitsrechnungen vorzunehmen, alternative Finanzierungen zu prüfen sowie Kriterien zur Messung des Nutzens festzulegen.

6.4 Die Arbeit der Systemverwalter ist zu objektivieren und in den Organisationsplänen sachgemäß auszubringen. Der RH empfiehlt für diesen Personenkreis eine angemessene Einstufung sowie eine fachgerechte Aus- und Fortbildung. Zumindest für die UNIX-Zentren sollte eigens für die DV ausgebildetes Personal gewonnen werden. Nur so ist sichergestellt, daß die kostenintensiven Investitionen in der DV effizient verwendet und neue Konzeptionen qualifiziert umgesetzt werden.

6.5 Auch für die große Anzahl der übrigen DV-Anwender im Justizvollzug sollte ein Schulungskonzept erstellt werden, das die Bediensteten befähigt, die DV sachgerecht anzuwenden.

6.6 Wenn die Planungen umgesetzt werden, verfügt der Justizvollzug ab dem Jahr 2000 über eine moderne Hardware-Ausstattung, welche jedoch mit veralteter, wenig bedienerfreundlicher und nicht aufgabenoptimierter Software betrieben wird. Dringend geboten erscheint, daß dem Personal auch eine angemessene und benutzerfreundliche Software zur Verfügung gestellt wird.

7 Stellungnahme des Justizministeriums

Das JuM erklärte, daß die Vorschläge des RH sich weitgehend mit den Vorstellungen des Ministeriums decken.


Anhänge

In der Verwaltungsgerichtsbarkeit können insgesamt 37 Stellen abgebaut werden. Die zeitlich befristeten Wegfallvermerke sollten deutlich reduziert werden.


1 Ausgangslage

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit stand in den letzten Jahren vor allem wegen des starken Asylbewerberzugangs vor großen Herausforderungen. Den Anfang der 90er Jahre enorm ansteigenden Verfahrenszahlen wurde mit einem Maßnahmenpaket begegnet. Infolge des sog. Asylkompromisses ist die Zahl neuer Asylverfahren bei den Verwaltungsgerichten von über 30 000 im Jahr 1993 auf rd. 14 000 im Jahr 1998 zurückgegangen. Das Verfahrensrecht wurde insbesondere durch Zulassungsverfahren für Rechtsmittel und die Ausweitung des Einzelrichtereinsatzes verändert. Die Ablauforganisation in den Gerichten konnte durch die Bildung von Service-Einheiten im Unterstützungsbereich verbessert werden. Die früher vorhandenen Defizite beim DV-Einsatz, auf die der RH in seiner Denkschrift 1994 Nr. 8 hingewiesen hatte, wurden abgebaut.

Im personellen Bereich wurden der Verwaltungsgerichtsbarkeit 1990 zusätzliche 20 Stellen und 1992 weitere 64 Stellen zur Verfügung gestellt. Nachdem in den Folgejahren wieder 18 Stellen abgebaut wurden, waren im StHpl. 1999 zunächst noch 444,5 Stellen etatisiert. Im Nachtrag zum StHpl. 1999 ist die Streichung von weiteren elf Stellen auf 433,5 Stellen enthalten. Bereits seit 1984 wurden zahlreiche Stellen mit zeitlich befristeten kw-Vermerken versehen, deren Befristung wiederholt verlängert werden mußte. Die Ausweisung befristeter kw-Vermerke bei 88 Stellen im Nachtrag zum StHpl. 1999 bringt Probleme in der Personalplanung und Stellenbewirtschaftung mit sich; viele Bedienstete haben keine verläßliche Berufsperspektive.

Die ergriffenen Maßnahmen haben ihr Ziel erreicht. Der „Asylberg“ wurde inzwischen in erheblichem Umfang abgetragen. So konnte die Zahl der bei den Verwaltungsgerichten anhängigen Asylverfahren seit ihrem Höchststand mit 21 800 Verfahren im März 1995 auf rd. 14 400 zum 31.12.1998 reduziert werden. Die zunehmende Normalisierung der Geschäftsbelastung in der Verwaltungsgerichtsbarkeit war für den RH Anlaß, deren Stellenausstattung auf der Basis einer Organisationsuntersuchung zu überprüfen. Dabei wurden aktuelle Kennzahlen für den künftigen Personalbedarf des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) und der vier Verwaltungsgerichte in Freiburg, Karlsruhe, Sigmaringen und Stuttgart ermittelt.

2 Verwaltungsgerichtshof

2.1 Allgemeines

2.1.1 Der VGH ist nach dem StHpl. 1999 mit insgesamt 105,5 Stellen ausgestattet (s. Übersicht 1). Die Stellenzahl blieb seit 1990 im wesentlichen unverändert.

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Im Nachtrag zum StHpl. 1999 wurden drei Richterstellen, drei Stellen für Angestellte und eine Arbeiterstelle gestrichen. Beim VGH wurden 1998 lediglich 93 Bedienstete tatsächlich eingesetzt. Die Differenz ergibt sich aus unbesetzten Stellen, Beurlaubungen und Abordnungen zu anderen Dienststellen. Von den 57 Richterstellen waren 54 besetzt.

2.1.2 Beim VGH ist zum 01.01.1997 durch die 6. VwGO-Novelle eine wesentliche Änderung des Verfahrensrechts eingetreten. In allgemeinen Verwaltungsrechtssachen (VRS-Verfahren) wurde zur Beschränkung der Rechtsmittel ein „Zulassungsverfahren“ eingeführt, das bereits bei Berufungen in Asylverfahren gilt. Danach entscheidet der VGH gemäß §§ 124, 124 a, 146 VwGO über die Zulassung eines Rechtsmittels. Nur bei zugelassenen Rechtsmitteln wird das Verfahren fortgeführt. Die Zulassungsquote lag 1998 in VRS-Verfahren bei 19 % und in Asylverfahren bei 8 % der Anträge.

2.1.3 Der Geschäftsanfall ist - gemessen an den Verfahrenseingängen - seit 1994 zurückgegangen (s. Übersicht 2).

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Bei der Zahl der VRS-Verfahren wirkt sich seit 1997 die 6. VwGO-Novelle aus. Seitdem werden bei VRS-Verfahren wie bei den Asylverfahren sowohl die Zulassungsanträge als auch die zugelassenen Rechtsmittel als Verfahrenseingänge gezählt. Wenn man diese Doppelzählung - zum besseren Vergleich mit der alten Rechtslage - nicht vornimmt, d. h. die zugelassenen Rechtsmittel von der Gesamtzahl der VRS-Verfahren abzieht, ergeben sich die in Übersicht 2 dargestellten bereinigten Werte.

Der RH geht davon aus, daß für die aktuelle Personalausstattung des VGH die Verfahrenseingänge 1998 zugrunde gelegt werden können. Bei den VRS-Verfahren war dies das erste Jahr, in dem sich nach einer einjährigen Übergangszeit die Verfahrensänderungen voll ausgewirkt haben. Bei den Eingangszahlen im Asylbereich ist zu berücksichtigen, daß diese seit 1994 rückläufig sind und auch die Asylverfahren bei den Verwaltungsgerichten abnehmende Tendenz aufweisen.

2.2 Richter

2.2.1 Die auf Bund-/Länderebene bestehende sog. Pensenkommission hat für den Richterbedarf in der Verwaltungsgerichtsbarkeit bislang lediglich vorläufige Bemessungszahlen erarbeitet. Danach würde sich derzeit ein rechnerischer Mehrbedarf an Richtern ergeben. Diese Bundespensen sind überholt und stellen keine geeignete Grundlage für eine Personalbedarfsberechung dar. Bestrebungen der Justizministerkonferenz, aktuelle Kennzahlen für den Richterbedarf auf der Basis analytischer Verfahren zu erarbeiten, werden vom RH begrüßt.

2.2.2 RH und VGH haben den Richterbedarf beim VGH jeweils für sich und auf unterschiedliche Weise neu berechnet und die Ergebnisse eingehend erörtert. Zuletzt wurde auf der Basis der Eingangszahlen 1998 übereinstimmend ein Personalbedarf von 47 Richtern angenommen. Dabei entfallen 35,5 Richter auf den Bereich der VRS-Verfahren bei einem Bedarf von 11,5 Richtern für Asylverfahren.

Der VGH hat seiner Berechnung für die VRS-Verfahren differenzierte Bewertungszahlen je Berichterstatter für die einzelnen Verfahrensarten nach der neuen Rechtslage zugrunde gelegt. Der RH ist von den bisherigen Erledigungszahlen je Richter ausgegangen: In den Jahren 1994 bis 1996 wurden je Richter im Durchschnitt 67 VRS-Verfahren nach alter Rechtslage erledigt. Diese Erledigungszahlen waren relativ konstant. Bei 35,5 für diesen Bereich eingesetzten Richtern ergibt sich durch die neue Rechtslage nach den Eingangszahlen 1998 mit 74 Verfahren je Richter eine um rd. 10 % erhöhte Kennzahl. Dies erscheint in Anbetracht der veränderten Verfahrensstruktur vertretbar.

Der Bedarf von 11,5 Richtern für Asylverfahren wird vom VGH auf Grund konkreter Bewertungen der Arbeitsbelastung der Richter im Jahr 1998 als aktueller tatsächlicher Einsatz beansprucht. Bei 2 825 Verfahrenseingängen im Jahr 1998 und 11,5 Richtern errechnet sich danach ein Durchschnitt von 246 Verfahren je Richter. Legt man die Erledigungszahlen der Jahre 1994 bis 1997 zugrunde, so ergeben sich in dieser Zeit durchschnittlich 316 Verfahren je Richter. Die Erledigungszahlen je Jahr schwankten dabei allerdings stark zwischen 271 und 417 Verfahren. Der RH erhebt gegen den vom VGH geltend gemachten aktuellen Bedarf keine Einwendungen, weil in diesem Bereich Durchschnittswerte wegen der wechselnden Verfahrensstruktur und des dargelegten hohen Engagements der Richterschaft keinen verläßlichen Maßstab für die Folgejahre abgeben können.

2.2.3 Von den im StHpl. 1999 für den VGH ausgewiesenen 57 Richterstellen können nach Auffassung des RH zehn Richterstellen gestrichen werden.

Im Nachtrag zum StHpl. 1999 wurde der Abbau von drei Richterstellen bereits vollzogen. Das JuM beabsichtigt, weitere zwei Stellen im Zuge des Stellenabbauprogramms zum 31.12.1999 zu streichen. Drei Stellen sollen im StHpl. 2000/2001 in Stellen für Richter am Verwaltungsgericht umgewandelt und die verbleibenden zwei Stellen bis 31.12.2001 abgebaut werden.

2.3 Nichtrichterlicher Bereich

2.3.1 Von den sechs Stellen im höheren und gehobenen Dienst können nach den Prüfungsergebnissen des RH 0,5 Stellen in Abgang gestellt und weitere 0,5 Stellen mit einem „ku-Vermerk“ versehen werden.

Das JuM hat darauf hingewiesen, daß für die Einführung der dezentralen Budgetverantwortung bis zum 31.12.2000 ein zusätzlicher Bedarf von 0,5 Stellen besteht und insoweit ein befristeter kw-Vermerk ausgebracht werden soll. Gegen den Umwandlungsvermerk bestehen seitens des JuM keine Bedenken.

2.3.2 Für die Unterstützungskräfte im Geschäftsstellen- und Schreibdienst (Angestellte und Beamte des mittleren Dienstes) hatte der VGH 1994 auf der Grundlage von Erfahrungswerten Kennzahlen für den Personalbedarf in Rechtssachen festgelegt. Der RH hat 1998 auf der Basis einer Organisationsuntersuchung eine analytische Personalbedarfsberechnung durchgeführt. Bei der Personalbedarfsberechnung wurden die mittleren Bearbeitungszeiten von neun Verfahrensarten ermittelt. Hierzu wurden die Verfahrensarten in bis zu 27 Bearbeitungsschritte gegliedert. Der Zeitbedarf für diese Bearbeitungsschritte wurde durch strukturierte Interviews und Selbstaufschriebe der Bediensteten festgestellt. Weiter wurde insbesondere durch repräsentative Aktenauswertungen erhoben, wie häufig die einzelnen Bearbeitungsschritte je Verfahren im Durchschnitt vorkommen.

Das JuM hat begrüßt, daß der RH in einer umfänglichen, die Praxis mit einbeziehenden Untersuchung fundierte Kennzahlen für die Berechnung des Personalbedarfs im Unterstützungsbereich ermittelt hat. Die Verfahrensweise und die Ergebnisse der Untersuchung werden weitgehend akzeptiert.

Die Ergebnisse der Personalbedarfsberechnung des RH werden in Übersicht 3 jeweils für die VRS- und Asylverfahren zusammengefaßt dargestellt und mit den früheren Erfahrungswerten des VGH verglichen.

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Der vom RH analytisch ermittelte Zeitbedarf von 245 Minuten für VRS-Verfahren und 224 Minuten für Asylverfahren beinhaltet alle Tätigkeiten der Unterstützungskräfte einschließlich erforderlicher Zuschläge, z.B. für Verteilzeiten. Er kann daher als Kennzahl für künftige Personalbedarfsberechnungen dienen.

Der 1998 ermittelte und gegenüber 1994 wesentlich geringere Zeitaufwand der Unterstützungskräfte in Rechtssachen hat im wesentlichen folgende Ursachen:

  • Die weniger arbeitsintensiven Antragsverfahren haben die Arbeit des VGH 1994 in weit geringerem Umfang bestimmt als dies heute der Fall ist.

 

  • Der DV-Einsatz wurde insbesondere bei der Textbearbeitung deutlich ausgeweitet.

2.3.3 Auf der Basis der vom RH in Rechtssachen ermittelten Kennzahlen und des vom VGH beanspruchten Personalbedarfs für Verwaltung ergibt sich im Jahr 1998 ein rechnerischer Gesamtbedarf für Unterstützungskräfte von 25,5 Stellen (s. Übersicht 4).

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Von den im StHpl. 1999 für den VGH ausgebrachten 36,5 Stellen für Unterstützungskräfte können 11,5 Stellen gestrichen werden. Hierbei ist die Entlastung durch 0,5 Stellen des gehobenen Dienstes, für die ein ku-Vermerk auszubringen ist, berücksichtigt. Zum Zeitpunkt der Prüfung waren beim VGH nur noch 27,5 Bedienstete tatsächlich im Einsatz.

Im Nachtrag zum StHpl. 1999 wird der Abbau von drei Stellen für Angestellte bereits vollzogen. Das JuM will den weiteren Stellenabbau im wesentlichen bis zum 31.12.2000 realisieren.

2.4 Stellenabbau beim Verwaltungsgerichtshof

Die vom RH vorgeschlagene Stellenreduzierung beim VGH beträgt mit insgesamt 22 Stellen rd. 21 % der im StHpl. 1999 ausgebrachten 105,5 Stellen. Sie übersteigt damit den Umfang der im StHpl. ausgewiesenen zehn kw-Stellen erheblich.

3 Verwaltungsgerichte

3.1 Allgemeines

3.1.1 Die Verwaltungsgerichte sind nach dem StHpl. 1999 mit insgesamt 339 Stellen ausgestattet (s. Übersicht 5).

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Im Nachtrag zum StHpl. 1999 wurden vier Richterstellen abgebaut.

Bei den Verwaltungsgerichten waren 1998 tatsächlich nur rd. 330 Bedienstete eingesetzt.

Die Stellenausstattung bei den Verwaltungsgerichten hat sich 1999 mit 339 Stellen gegenüber 1990 um 46 Stellen erhöht. Der Personalhöchststand war 1992 bis 1994 mit 178 Richterstellen und 179 Stellen für den nichtrichterlichen Dienst, insgesamt 357 Stellen, erreicht.

3.1.2 Die vergangenen Jahre waren bei den Verwaltungsgerichten im organisatorischen und verfahrensrechtlichen Bereich von folgenden Änderungen geprägt:

  • Für die Durchführung der Asylverfahren waren bis 1991 nur die Verwaltungsgerichte Karlsruhe und Stuttgart zuständig. Wegen der starken Zunahme der Asylverfahren wurde die Zuständigkeit ab 01.01.1992 auf alle vier Verwaltungsgerichte in Baden-Württemberg ausgedehnt. Innerhalb der Verwaltungsgerichte bestehen derzeit keine reinen Asylkammern mehr, so daß alle 50 Kammern bei den Verwaltungsgerichten auch mit Asylsachen betraut sind.

 

  • Die Verwaltungsgerichte haben im Unterstützungsbereich Service-Einheiten gebildet und den DV-Einsatz erheblich intensiviert.

 

  • Nachdem bereits zuvor ein verstärkter Einsatz des Einzelrichters in Asylverfahren im Asylverfahrensgesetz verankert worden war, hat der Bundesgesetzgeber zum 01.03.1993 auch in VRS-Verfahren die Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter als gesetzlichen Regelfall vorgesehen. Eine Übertragung soll regelmäßig dann erfolgen, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und keine grundsätzliche Bedeutung hat. Ein Richter auf Probe darf im ersten Jahr nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

3.1.3 Der Geschäftsanfall bei den Verwaltungsgerichten unterlag in den letzten Jahren großen Schwankungen (vgl. Übersicht 6). Prognosen über die künftige Entwicklung sind daher nur schwer möglich.

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Der Zugang an Asylverfahren hatte 1993 mit über 30 000 Verfahren seinen absoluten Höhepunkt erreicht. Demgegenüber hat er sich im Jahr 1998 mehr als halbiert. Die Verfahrenseingänge bei den VRS-Verfahren waren unterschiedlich hoch. Der deutliche Zuwachs im Jahr 1997 ist insbesondere auf Ausländersachen von Bürgerkriegsflüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien zurückzuführen.

Im VRS-Bereich waren in den Jahren 1996 bis 1998 durchschnittlich rd. 16 200 Eingänge/Jahr zu verzeichnen. Der RH hält - bei allen Unwägbarkeiten - diesen Wert für VRS-Verfahren als Ausgangsbasis für Personalbedarfsberechnungen für realistisch. Er entspricht nahezu den Verfahrenseingängen 1998. Im Asylbereich waren 1998 rd. 14 100 Verfahrenszugänge zu verzeichnen. In einer Stellungnahme an den Landtag vom 12.03.1997 hat das JuM das bei den Verwaltungsgerichten auf Dauer anzunehmende Volumen im Asylbereich auf 10 000 Verfahren geschätzt. Ob im Asylbereich für die Zukunft von rd. 14 100 oder von nur 10 000 Eingängen auszugehen ist, kann kaum prognostiziert werden. Der RH hat seinen Berechnungen deshalb zwei Varianten mit 10 000 und 14 100 Asylverfahren zugrunde gelegt.

3.1.4 Nach Auffassung des RH kann von einem „Asylberg“ nicht mehr gesprochen werden. Der Höchststand bei den anhängigen Asylverfahren war im März 1995 mit 21 800 erreicht worden. Seither konnte der Verfahrensbestand auf 14 392 zum 31.12.1998 reduziert werden. Bei 175 Richtern ergibt dies einen Bestand an anhängigen Verfahren von im Durchschnitt 82 Asylverfahren je Richter. Der Verfahrensbestand entspricht in etwa dem Jahreszugang 1998. Die Geschäftsbelastung hat sich weitgehend normalisiert.

3.2 Richter

3.2.1 Da auch für den Richterbedarf bei den Verwaltungsgerichten bisher weder geeignete Bewertungszahlen der sog. Pensenkommission noch analytisch ermittelte Kennzahlen vorliegen, hat der RH hilfsweise die durchschnittlichen Erledigungszahlen der vier Verwaltungsgerichte in den Jahren 1995 bis 1997 erhoben (s. Übersicht 7).

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Die unterschiedlichen Erledigungszahlen lassen sich allerdings kaum eindeutig bewerten. Eine undifferenzierte Orientierung am „Besten“ nach der Benchmarking-Methode scheidet hier deswegen aus, weil sich das Verwaltungsgericht Stuttgart wegen unterdurchschnittlicher Personalausstattung und hohem Erledigungsdruck in einer Ausnahmesituation befand. Dessen Ergebnisse können nicht als dauerhafter Maßstab für alle Gerichte herangezogen werden.

3.2.2 Der RH hat sich darauf beschränkt, eine Bandbreite des Richterbedarfs zu ermitteln. Hierbei wurde der Bedarf auf der Basis der Verfahrenseingänge 1998 mit rd. 14 100 Asylverfahren in drei Varianten errechnet, wobei alternativ das Gericht mit der niedrigsten Erledigungszahl, das Gericht mit der höchsten Erledigungszahl und der Durchschnitt aller vier Gerichte zugrunde gelegt wurde. Das Ergebnis ist in Übersicht 8 dargestellt.

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Im StHpl. 1999 sind bei den Verwaltungsgerichten 175 Richterstellen ausgebracht. Im Nachtrag zum StHpl. 1999 werden vier Richterstellen gestrichen. Nach der vom JuM beabsichtigten Umwandlung von drei Richterstellen am VGH in Richterstellen am Verwaltungsgericht stünden den Verwaltungsgerichten 174 Richterstellen zur Verfügung. Nach Auffassung des RH erscheint diese Stellenausstattung angesichts der dargelegten Bandbreite nach den Modellrechnungen vertretbar.

Das JuM hat darauf hingewiesen, daß sich der Richterbedarf für Verwaltungstätigkeiten durch die Einführung der dezentralen Budgetverantwortung und des Mitarbeitergesprächs um eine Stelle erhöhen wird. Auf der Basis der durchschnittlichen Erledigungszahl macht das Ministerium deshalb einen aufgerundeten Bedarf von 178 Richtern geltend und will bei Aufstellung des StHpl. 2000/2001 die Bereitstellung von vier zusätzlichen Richtern beantragen.

3.2.3 Im Falle eines Rückgangs auf 10 000 Asylverfahren würden gegenüber dem Personalbedarf 1998 nach den in Pkt. 3.2.2 dargestellten Varianten 13 - 17 Richter entbehrlich werden. Im StHpl. 1999 sind bei 49 Richterstellen kw-Vermerke ausgebracht. In Anbetracht des aufgezeigten Abbaupotentials bei 10 000 Asylverfahren sollten nach Auffassung des RH lediglich noch etwa 15 zeitlich befristete kw-Vermerke verbleiben. Soweit sich in den nächsten Jahren die Geschäftszahlen verringern, wären diese verbleibenden kw-Stellen zeitnah zu streichen. Die restlichen 34 kw-Vermerke sollten im Interesse einer verläßlichen Personalplanung entfallen und „Dauerstellen“ eingerichtet werden.

3.2.4 Bei den vier Verwaltungsgerichten sind inzwischen ausschließlich Kammern mit gemischter Zuständigkeit für VRS- und Asylverfahren eingerichtet. In VRS-Verfahren bestehen bei den Gerichten deutliche Unterschiede in der Geschäftsverteilung. Während beim Verwaltungsgericht Stuttgart die Zuweisung der Verfahren weitgehend nach Rechts- oder Sachgebieten erfolgt - sog. Fachkammerprinzip -, werden bei den anderen Verwaltungsgerichten in unterschiedlichem Umfang Verfahren nach regionaler Zuständigkeit verteilt. Das Fachkammerprinzip kann durch die Spezialisierung auf wenige Rechtsgebiete und die Häufung gleichgelagerter Verfahren zu höheren Erledigungszahlen führen. Die Bündelung von Verfahren eines Sachgebiets bei einer Kammer kann eine Übertragung auf den Einzelrichter fördern. Das Verwaltungsgericht Stuttgart weist die höchsten Erledigungszahlen und die höchste Einzelrichterquote auf. Bei den anderen Gerichten ist die Einzelrichterquote in VRS-Verfahren in Anbetracht der gesetzlichen Vorgaben teilweise erstaunlich niedrig.

Die Asylverfahren werden bei den vier Verwaltungsgerichten nach Herkunftsländern auf alle 50 Kammern verteilt. Bei den Verwaltungsgerichten fielen im Prüfungszeitraum Asylverfahren mit Bewerbern aus 46 - 95 Herkunftsländern an. Auf die überwiegende Zahl der Länder entfallen nur wenige Verfahren. Nach den statistischen Angaben über die Personalverwendung hat sich der durchschnittliche Arbeitszeitanteil der Richter an den Verwaltungsgerichten für Asylverfahren in Folge sinkender Eingangszahlen zwischen 1993 und 1997 von 43 % auf 33 % der Gesamtarbeitszeit vermindert. Bei einem Rückgang auf 10 000 Asylverfahren würde er nur noch etwa 22 % der Gesamtarbeitszeit betragen. Aus arbeitsökonomischen Gründen sollte nach Auffassung des RH bei weiter rückläufigen Verfahrenszahlen überdacht werden, ob an der Zuständigkeit aller Kammern auch für Asylverfahren festgehalten werden soll.

Das JuM weist darauf hin, die Geschäftsverteilung innerhalb der Gerichte falle ebenso wie die Übertragung von Verfahren auf den Einzelrichter in den Bereich der richterlichen Unabhängigkeit und sei einem Weisungsrecht des JuM entzogen.

3.3 Nichtrichterlicher Bereich

3.3.1 Der RH hat dem JuM empfohlen, im gehobenen Dienst eine der 16 Stellen einzusparen.

Nach Darstellung des JuM entsteht bei der Einführung der dezentralen Budgetverantwortung ab 1999 ein zusätzlicher Bedarf von einer Stelle. Eine Stellenreduzierung sei demnach nicht möglich.

3.3.2 Auch bei den Verwaltungsgerichten hat der RH 1998 eine analytische Personalbedarfsberechnung für Unterstützungskräfte durchgeführt (vgl. Pkt. 2.3). Die vier Verfahrensarten wurden bei den Verwaltungsgerichten in bis zu 28 Bearbeitungsschritte gegliedert und bewertet.

Für die Unterstützungskräfte der Verwaltungsgerichte hat der RH Kennzahlen für die einzelnen Verfahrensarten ermittelt, die in Übersicht 9 für VRS- und Asylverfahren zusammengefaßt dargestellt und mit den Erfahrungswerten des VGH aus dem Jahr 1994 verglichen werden.

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Der vom RH analytisch ermittelte Zeitbedarf von 301 Minuten für VRS-Verfahren und 316 Minuten für Asylverfahren beinhaltet auch bei den Verwaltungsgerichten alle Tätigkeiten der Unterstützungskräfte einschließlich erforderlicher Zuschläge. Er kann daher als Kennzahl für künftige Personalbedarfsberechnungen dienen.

Der nach der RH-Ermittlung gegenüber 1994 wesentlich geringere Zeitbedarf der Unterstützungskräfte in VRS-Verfahren liegt primär im deutlich ausgeweiteten DV-Einsatz begründet. Im Asylbereich, wo auch bisher schon intensiv DV - insbesondere bei der Textbearbeitung - eingesetzt wurde, war nur ein geringer Zeitunterschied festzustellen.

3.3.3 Auf der Basis der ermittelten Kennzahlen in Rechtssachen und des von den Verwaltungsgerichten beanspruchten Personalbedarfs für Verwaltung ergibt sich für 1998 ein rechnerischer Gesamtbedarf für Unterstützungskräfte von 124 Stellen (s. Übersicht 10).

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Nach Auffassung des RH können von den im StHpl. 1999 für die Verwaltungsgerichte insgesamt ausgebrachten und regelmäßig auch besetzten 139 Stellen für Unterstützungskräfte 15 Stellen gestrichen werden. Das JuM geht davon aus, daß für den Stellenabbau mindestens ein Zeitraum bis 31.12.2001 benötigt wird.

3.3.4 Falls die Asylverfahren in den kommenden Jahren auf 10 000 Eingänge zurückgingen, würde sich der Unterstützungskräftebedarf um weitere rd. 15 Stellen auf rd. 109 Stellen verringern. In diesem Umfang sollten weiterhin kw-Vermerke mit zeitlicher Befristung ausgebracht werden.

3.4 Stellenabbau bei den Verwaltungsgerichten

Die Stellenreduzierung bei den Verwaltungsgerichten beträgt bei derzeitigem Geschäftsanfall mit 15 Stellen rd. 4 % der im StHpl. 1999 ausgebrachten Stellen. Bei einem Rückgang auf 10 000 Asylverfahren könnten rd. 30 weitere Stellen gestrichen werden.

3.5 Dezentrale Budgetverantwortung

Derzeit wird in der Verwaltungsgerichtsbarkeit die dezentrale Budgetverantwortung eingeführt; das JuM macht hierfür einen zusätzlichen Personalbedarf von rd. zwei Stellen geltend. Eine umfassende Kosten- und Leistungsrechnung ist hierbei bislang nicht vorgesehen. Der Anteil der Personalkosten an den Gesamtausgaben der Verwaltungsgerichtsbarkeit beträgt 86 %. Der RH hält es für unverzichtbar, den tatsächlichen Arbeitszeitaufwand aller Bediensteten einschließlich der Richter zumindest nach den Verfahrensarten VRS- und Asylverfahren getrennt durch Zeitaufschriebe zu ermitteln, um den Zeitbedarf und damit auch den Personalaufwand verläßlicher als bisher beziffern zu können. Dadurch könnte auch die seitherige Veranschlagung des richterlichen Zeitaufwands für Asylverfahren nach dem geschätzten „tatsächlichen Einsatz“ abgelöst werden.

4 Gesamtergebnis

In der Verwaltungsgerichtsbarkeit können nach derzeitigem Geschäftsanfall 37 Stellen gestrichen werden, davon 22 Stellen beim VGH und 15 Stellen bei den Verwaltungsgerichten. Dies entspricht rd. 8 % des Stellenbestands nach dem StHpl. 1999. Von den im Nachtrag zum StHpl. 1999 gestrichenen elf Stellen entfallen sechs auf das vom RH aufgezeigte Abbaupotential von 37 Stellen. Die Verteilung des Abbaupotentials ist in Übersicht 11 dargestellt.

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Falls die Asyleingänge bei den Verwaltungsgerichten auf 10 000 Verfahren zurückgehen, können dort rd. 30 weitere Stellen (rd. 15 Richterstellen und rd. 15 Stellen für Unterstützungskräfte) abgebaut werden. Daher sollten bei den Verwaltungsgerichten nur noch in diesem Umfang kw-Stellen mit zeitlicher Befristung ausgebracht werden. Bei 34 Richterstellen und zwei Stellen für Unterstützungskräfte sollten die Wegfallvermerke gestrichen und „Dauerstellen" geschaffen werden.


Anhänge

Einzelplan 06: Finanzministerium

Die unterschiedlichen IuK-Umgebungen der ehemaligen Liegenschafts- und Hochbauämter werden integriert. Dies sollte dazu genutzt werden, mehr Wirtschaftlichkeit und Transparenz zu erreichen.


1 Vorbemerkung

Im Zuge der Verwaltungsmodernisierung wurden im Geschäftsbereich des FM ab Januar 1998 die bisher 18 Hochbau- und Universitätsbauämter (Land), 10 Liegenschaftsämter (Land) und 10 Hochbauämter (Bund) auf zunächst 13 (ab Januar 2000 auf 12) integrierte Vermögens- und Hochbauämter (Land), 3 Universitätsbauämter (Land) sowie 6 Hochbauämter (Bund) reduziert.

In einer Konzeption vom März 1997 schätzte das FM für die Zusammenführung der unterschiedlichen IuK-Umgebungen und -Verfahren Gesamtkosten von rd. 10,7 Mio. DM; dabei wurden allein für Hard- und Softwarereinvestitionen 7,4 Mio. DM angesetzt.

In dieser Umbruchphase hat sich der RH ein Bild über die IuK-Situation in der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung des Landes (VBV) mit ihren 2 167 Arbeitsplätzen gemacht.

2 Zusammenführung der ehemaligen Hochbau- und Liegenschaftsverwaltung

Die Schaffung eines integrierten Gebäudemanagements mit einer gemeinsamen Datenbasis ist eines der Hauptziele der vereinigten VBV. Die bisher getrennten Verwaltungen hatten auch auf der DV-Ebene Aufgabenüberschneidungen; verschiedene Kerndaten, z.B. zu Bauwerken, sind redundant abgelegt. Die eingesetzten Datenbanken und Verfahren haben auch funktionale Mängel (z.B. keine Plausibilitätsprüfungen) sowie Schwachstellen bei der Benutzerführung und im jeweiligen Datenmodell (viele „Kann-Felder", die nicht ausgewertet werden können, redundante Datenhaltung in Tabellen). Bei der Suche nach einer Lösung wurden Vertreter des RH in der projektbegleitenden Abstimmgruppe „Datenmodellierung“ beteiligt. Eine Privatfirma verglich alle in Frage kommenden Alternativen; als Lösung wurde die von der VBV selbst zu leistende Integration und Anpassung der vorhandenen verwaltungsspezifischen Datenbanken und Verfahren („stufenweises updaten“) auf der Basis eines neuen Datenmodells präferiert; die Kosten werden auf 809 TDM geschätzt.

Die VBV ist bei der Zusammenführung der bisher getrennten Aufgabengebiete mit dem erstellten Gesamtkonzept auf dem richtigen Weg. Die Vorschläge lassen eine wirtschaftlichere Datenhaltung erwarten. In der Gruppe diskutierte Maximalforderungen, wie z.B. die dreidimensionale Darstellung von Räumen am Bildschirm, wurden in das Umstellungskonzept nicht übernommen.

Bei der zügig anzugehenden Umstellung der bestehenden Verfahren und Datenbanken sollte von der VBV geprüft werden, inwieweit diese von nicht benötigten Daten (z.B. allgemeine Daten von Baumaßnahmen) und Mängeln befreit werden können.

3 IuK-Organisation

Die Planungs- und Steuerungsaufgaben werden im FM von drei Personen wahrgenommen. Die Dienst- und Fachaufsicht für die IuK-Ausstattung der Ämter und die Betreuung der DV-Verfahren und Projekte nimmt insgesamt 19 Stellen in Anspruch.

Für die Hochbauabteilungen sind diese Aufgaben den Oberfinanzdirektionen Karlsruhe (eine Person) und Stuttgart (sieben Personen) sowie der in Freiburg eingerichteten CAD-Leitstelle (fünf Personen) übertragen. Das heißt, an drei Stellen

  • wird DV-Know-how vorgehalten,
  • wird Hardware und Software beschafft und ausgeliefert,
  • werden Haushaltsmittel verwaltet und
  • werden Reserven an Hardware, Software und Haushaltsmitteln gebildet.

Bei der bisherigen Liegenschaftsverwaltung werden diese Aufgaben wie bisher zentral von der OFD Stuttgart von sechs Personen erledigt.

Das Vorhalten von DV-Know-how und die Reservenbildung von IuK-Geräten und Haushaltsmitteln an vier Stellen in drei verschiedenen Behörden erachtet der RH für nicht effizient und hat angeregt, alle vorhandenen Ressourcen, z.B. in einem Informationstechnischen Fachzentrum als sog. Cost Center, zu bündeln sowie ein IuK-Controlling einzuführen.

Die VBV erhielte damit einen detaillierten Überblick über Kosten und Leistungen sowie über Beschaffungspreise und die Möglichkeit, ihre DV-Ausgaben und den Personaleinsatz besser zu steuern. Neben derzeit nicht quantifizierbaren Synergieeffekten wären eine Effizienzsteigerung bei der Ämterbetreuung und kurzfristig, nach Einschätzung der VBV, die Einsparung von 1 - 2 Personalstellen erreichbar.

4 Arbeitsplätze im Schreibdienst

Von den 2 167 Arbeitsplätzen der VBV sind insgesamt 139 im Schreibdienst angesiedelt (6,4 %). Auf 15,6 Arbeitsplätze kommt somit ein Schreibdienstarbeitsplatz (Kennzahl 1 : 15,6). Darunter befinden sich 15 überdurchschnittlich ausgestattete Ämter; dort kommen auf 702 Arbeitsplätze insgesamt 68,5 Schreibdienstarbeitsplätze (9,8 % bzw. Kennzahl 1 : 10,2). Bei den restlichen Dienststellen liegt die Quote dagegen nur bei 4,8 %.

Im Zuge der gesamtheitlichen Sachbearbeitung fällt immer weniger zentral zu erstellendes Schriftgut an, so daß im Ergebnis weniger Schreibkräfte benötigt werden. Der RH hält die Rückführung der Schreibdienstarbeitsplätze auf einen Durchschnittswert von etwa 5 % für möglich; dadurch ließen sich rd. 30 Schreibdienstarbeitsplätze einsparen.

5 DV-Verfahren und Projekte

Die VBV hat 30 verschiedene DV-Verfahren im Einsatz. Die wichtigsten sind

  • das Bauinformationssystem (BIS), das zur Führung von Baumaßnahmen (= Bauprojekte) mit dem Schwerpunkt Haushaltsführung eingesetzt wird,

 

  • das Elektronische Liegenschaften-, Verwaltungs- und Informationssystem (ELVIS) als zentrale Anwendung zur Grundstücks- und Gebäudeverwaltung einschließlich deren buchhalterische Abwicklung,

 

  • das Elektronische Medien- und Informationssystem (EMIS), mit dem u.a. der Energie- und Wasserverbrauch von Liegenschaften erfaßt und ausgewertet wird und

 

  • die Bauwerksdatenbank (BwDB), die Daten über alle Bauwerke des Landes enthält.

Ein IuK-Projektmanagement für Verfahrensentwicklung und Einführung, wie es im Projektmanagement-Leitfaden beschrieben ist, hat die VBV noch nicht realisiert. Wirtschaftlichkeitsberechnungen sind nur ansatzweise vorhanden. Erfolgskontrollen werden nur in bezug auf die Funktionalität und den tatsächlichen Einsatz der Verfahren durchgeführt, jedoch nicht auf die Wirtschaftlichkeit. Aussagefähige Wirtschaftlichkeitsberechnungen und Erfolgskontrollen (Projekt-Controlling) sind nach Auffassung des RH für die Beurteilung des Erfolgs von Projekten unverzichtbar.

6 Hardware

6.1 Ausstattung

Von den 2 167 Arbeitsplätzen der VBV waren 1 825 bzw. 84 % mit DV-Technik ausgestattet (Stichtag 01.01.1998). Von diesen Bildschirmarbeitsplätzen waren 85 % lokal vernetzt und 62 % mit Druckern ausgestattet.

Die am 01. Januar 1998 eingesetzte Hardware hatte einen Beschaffungswert (ohne Vernetzungskosten) in Höhe von rd. 12,8 Mio. DM, das ergibt durchschnittliche Hardwarekosten in Höhe von rd. 7 000 DM je Arbeitsplatz.

Der Nutzen des IuK-Aufwands läßt sich, da keine Erfolgskontrollen durchgeführt werden, nicht belegen. Inwieweit der Arbeitsumfang, politische Vorgaben sowie der DV-Einsatz für die Reduzierung des Personals um bisher rd. 510 Stellen in den Jahren 1992 bis 1998 kausal waren, muß letztendlich offen bleiben. Gleichwohl sollte künftig nach den Vorgaben des FM (Einzelgrundsätze zur Aufstellung des Entwurfs des Staatshaushaltsplans) im Haushaltsplan dargestellt werden, wieviel Mittel und Stellen durch neu ausgewiesene DV-Projekte, ggf. auch durch bereits laufende Maßnahmen, reduziert werden können und welche Kürzungen bereits realisiert wurden.

6.2 Hardwarebeschaffung

Die VBV hat 1989 mit einem Computerhersteller einen Rahmenvertrag, der anfänglich einen Rabattsatz von 40 % auf die Kaufpreise gewährte, für die Beschaffung von Hardware geschlossen. Für die VBV war das Anlaß, seither, also seit rund zehn Jahren, keine Ausschreibungen mehr durchzuführen, obwohl der Rabattsatz im Laufe der Zeit auf 28 % gesenkt wurde.

Außerhalb des Rahmenvertrags haben die Oberfinanzdirektionen selbst mehrfach DV-Geräte freihändig beschafft - meistens gegen Jahresende. Beispielsweise konnte die OFD Karlsruhe im Dezember 1997, nach einer vorherigen Preisumfrage für 33 Pentium-PC einen um 13 % günstigeren Preis erzielen als zur gleichen Zeit die OFD Stuttgart über den Rahmenvertrag für 50 vergleichbare PC. Allein bei diesem Beispiel betrugen die Mehrausgaben 11 000 DM.

Beschaffungen über einen Rahmenvertrag sind nicht unbedingt günstiger und entbinden die Verwaltung lt. Beschaffungsanordnung des Landes nicht von der Untersuchung der angebotenen Leistung auf Tauglichkeit, Eignung, Preiswürdigkeit, Qualität und Wirtschaftlichkeit.

Gegenüber Rahmenverträgen, die länger als 3 - 4 Jahre laufen, hat der RH angesichts der schnellen Änderung der Marktgegebenheiten Bedenken. Spätestens nach 3 Jahren müßte die Situation durch eine Ausschreibung neu getestet werden. Nur so ist auch gewährleistet, daß kleinen und mittleren Unternehmen, entsprechend den Mittelstandsrichtlinien für öffentliche Aufträge, die Möglichkeit gegeben ist, sich um einen öffentlichen Auftrag zu bewerben.

Bei den PC-Beschaffungskosten zeigten sich in der Vergangenheit weitere Auffälligkeiten: Zum Beispiel lagen die durchschnittlichen Beschaffungskosten für PC mit 386er und 486er Prozessoren bei der OFD Karlsruhe bis zu 131 % und bei der OFD Stuttgart bis zu 83 % über denen der ehemaligen OFD Freiburg. Dies hat zu Mehrausgaben von rd. 700 000 DM geführt. Ursächlich hierfür ist die sehr frühe Beschaffung der jeweils neuesten Rechnergenerationen.

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Ende 1997 hat die OFD Stuttgart zentral für die gesamte VBV insgesamt 478 PC (PC-Preis incl. 15“-Bildschirm : 2 256,30 DM) mit CD-ROM-Laufwerken (je 223,10 DM incl. MwSt) beschafft, obwohl bei den belieferten Ämtern keine Notwendigkeit bestand, diese Laufwerke an jedem Arbeitsplatz einzusetzen; einige Systembetreuer haben die CD-ROM-Laufwerke sogar deaktiviert. Unterstellt man einen Bedarf von 30 CD-ROM-Laufwerken (je Amt 2), beträgt der unnötige Aufwand für das Land rd. 100 000 DM. Alternative Finanzierungsmethoden wie Leasing, Miete oder Outsourcing wurden nicht geprüft.

Der RH sieht die Notwendigkeit eines bedarfsorientierten Ausstattungskonzepts sowie eines zentralen Investitions- und Beschaffungscontrollings, um die Haushaltsmittel sparsam einzusetzen.

7 IuK-Betreuungspersonal

Für die Systembetreuung, den Benutzerservice sowie die Betreuung der Standardprogramme waren zum Befragungszeitpunkt rd. 34 Personalstellen eingesetzt.

Im Durchschnitt kommen auf eine für diese Tätigkeiten eingesetzte Personalstelle 54 zu betreuende Bildschirmarbeitsplätze (Kennzahl 1 : 54). Bei den Oberfinanzdirektionen liegt diese Kennzahl auf Grund der übergeordneten Betreuungsaufgaben bei 1 : 19,3, bei den Ämtern im Mittel bei 1 : 84 (Bandbreite zwischen 1 : 36,5 und 1 : 180). Bei acht Ämtern liegt die Kennzahl unter 1 : 70; für 419 Bildschirmarbeitsplätze werden dort rund acht Stellen für Systembetreuung und Benutzerservice eingesetzt.

Unter Berücksichtigung der auf der Mittelebene vorhandenen Service- und Betreuungskapazität dürfte eine Vor-Ort-Betreuung von derzeit 1 : 80, in Zukunft eher 1 : 90 sachgerecht und ausreichend sein. In Ämtern, bei denen von einer Person weniger als 80 Bildschirmarbeitsplätze zu betreuen sind, hält der RH Untersuchungen für notwendig. Beim Ansatz einer Kennzahl von 1 : 80 könnten bei den überdurchschnittlich mit Betreuungspersonal ausgestatteten Ämtern rechnerisch fast drei Stellen eingespart werden.

Die VBV sollte auf dieser Grundlage ermitteln, wieviel Personalstellen nach der noch im Jahr 1999 vorgesehenen Umstellung auf Windows NT für die Benutzerbetreuung, die Systembetreuung, die Fachanwendungsbetreuung sowie die Anwendungsentwicklung bei den Ämtern und bei den Oberfinanzdirektionen eingesetzt werden sollen. Der RH erwartet von der Umstellung auf Windows NT eine Reduzierung der Betreuungsintensität; daher sollte die personelle Ausstattung angepaßt werden.

8 Hard- und Softwarebestandsverzeichnisse

Die in den einzelnen Ämtern und Oberfinanzdirektionen geführten Bestandsverzeichnisse haben die unterschiedlichsten Inhalte und Ausprägungen. Inventuren zur Kontrolle der jeweiligen Verzeichnisse finden nicht statt. Eine Überprüfung, ob Programme ohne Lizenz installiert sind oder ob bezahlte Lizenzen nicht genutzt werden, war wegen fehlender bzw. mangelhaft geführter Softwareverzeichnisse nicht möglich. Bei Stichproben wurden privat installierte Spiel- und Hobbyprogramme festgestellt.

Allein zur Kostenkontrolle und -regulierung ist es unerläßlich, detaillierte Informationen über die eingesetzte Hard- und Software abrufen zu können. Eine korrekte Bestandsaufnahme und regelmäßige Inventuren sind dafür Voraussetzung.

Hardwareverzeichnisse sollten u.a. Angaben zum Ablauf der Garantiezeit und zu durchgeführten Reparaturen (Datum, Ursache, Kosten, von wem durchgeführt) enthalten. Die VBV sollte dafür sorgen, daß nichtlizenzierte Software und unzulässig installierte Programme gelöscht werden.

9 Eigenbetrieb oder Outsourcing

Der Hersteller der in der VBV eingesetzten Netzsoftware hat wegen zu befürchtender Probleme nach dem Jahrtausendwechsel den Wartungsvertrag zum 30.11.1999 gekündigt. Ab diesem Zeitpunkt liegt die Verantwortung und das Risiko für den Netzbetrieb bei der VBV. Sie ist nun, da sie den Hersteller der Netzsoftware nicht frühzeitig zu einer Aussage über die Jahr-2000-Sicherheit gedrängt hat, durch dessen Geschäftspolitik gezwungen, vorzeitig Investitionen von rd. 3 Mio. DM u.a. für NT-Server und NT-taugliche PC zu tätigen. Aus Zeit- und Kapazitätsgründen erwog das FM, die IuK-Ausstattung, deren Betrieb sowie die System- und Benutzerbetreuung an eine Firma zu vergeben (Outsourcing).

Das IM hat nach den positiven Piloterfahrungen des RH mit seiner eigenen IuK einen Outsourcing-Rahmenvertrag (RV) über die Bereitstellung und den Betrieb von BK-Systemen geschlossen. Gegen eine monatliche Pauschale je Bildschirmarbeitsplatz werden eine DV-Grundausstattung zur Verfügung gestellt sowie Installations-, System- und Betreuungsleistungen erbracht. Darüber hinausgehende Leistungen sind durch ergänzende Einzelverträge zu regeln.

Das FM ließ sich von dieser Firma für die VBV ein Angebot machen. Der RH konnte auf Grund seiner Outsourcingerfahrungen Hinweise für die Auswertung des Angebots geben. Im Ergebnis zeigte sich, daß in diesem Falle die Fortführung des Eigenbetriebs wirtschaftlicher ist.

Die Gegenüberstellung des RV und des ergänzenden Firmenangebots mit den bei Eigenbetrieb zu erwartenden Kosten läßt bei der VBV insgesamt einen Vorteil von 3,3 Mio. DM in vier Jahren zugunsten des Eigenbetriebes erwarten.

Für die Frage, ob der RV des Landes hier wirtschaftlicher als Eigenbesorgung ist, waren insbesondere folgende Punkte zu prüfen:

  • Für Istaufnahme und Konzepterarbeitung (DSMA - Distributed Systems Management Assessment) sieht der RV besonders zu vergütende Leistungen vor. Die VBV sollte hierfür 56 000 DM je Amt bezahlen (Summe für 26 Standorte: rd. 1,7 Mio. DM). Angesichts der Gleichartigkeit der einzelnen Ämter wäre dies unangemessen gewesen und unterblieb.

 

  • Die Outsourcing-Firma liefert zu Beginn ausschließlich neue Hardware. Für den Bestand ersetzt sie, auch für fast neue PC, nur einen geringen Zeitwert. An die Outsourcing-Firma wären für die Hardwareausstattung von 2 198 Bildschirmarbeitsplätzen incl. der Peripherie sowie für Server, Schleusen-PC, CD-ROM-Server usw. in vier Jahren rd. 6,98 Mio. DM zu entrichten gewesen. Bei Weiterverwendung der vorhandenen Geräte (rd. 1 000 PC und Drucker) zuzüglich nötiger Ergänzungs- und Ersatzbeschaffungen wären in vier Jahren Investitionen von rd. 5,84 Mio. DM zu erbringen. Die Differenz von 1,14 Mio. DM zum Outsourcing zeigt, daß in diesem Fall nur bei Fortführung des Eigenbetriebs ein angemessener Investitionsschutz der vorhandenen Hardware gegeben ist.

 

  • Das Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsberechnung hängt auch wesentlich davon ab, welche Personalkosten für System- und Anwendungsbetreuer im Falle des Eigenbetriebes angesetzt werden. Die VBV kalkulierte für den ansonsten durch den RV abgedeckten System-, Datennetz- und Benutzerbetreuungsaufwand (ohne Fachanwendungsbetreuung) mit 24 Personalstellen, das entspricht einem Betreuungsfaktor von rd. 1 : 90. Die Tatsache, daß nach Erstinstallation und Abnahme sich der Betreuungsaufwand für die Server, die Endgeräte und das Microsoft-Office-Paket (und nur dieses umfaßt der RV) reduzieren werde, wurde in der Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht berücksichtigt.

 

  • Die Höhe der Betreuungskosten für fachspezifische DV-Verfahren ist von der Outsourcingdiskussion zu trennen; sie sind nicht durch den RV abgedeckt.

Bei ähnlichen Projekten in anderen Verwaltungszweigen sollten diese Aspekte ebenfalls berücksichtigt werden.

10 Stellungnahme des Ministeriums

Das FM will bei der Zusammenführung der beiden Verwaltungen Umfang und Inhalt der Datenbanken am zwingenden Bedarf ausrichten. Während der Umstellungsphase sei eine Reduktion des DV-Personals nicht möglich.

Im Zuge der Neuorganisation soll ab 01.01.2000 die VBV-DV stufenweise in die neu gebildeten, OFD-übergreifenden sog. Auftragsleitstellen der Steuer-DV integriert werden. Neben der in Freiburg verbleibenden „CAD-Leitstelle“ soll der IuK-Service dann bei der zentralen „Auftragsleitstelle Service“ in der OFD Karlsruhe und die Anwendungsentwicklung bei der zentralen „Auftragsleitstelle Anwendungsentwicklung“ in der OFD Stuttgart fachübergreifend konzentriert werden. Das FM teilt mit, daß diese Maßnahmen bereits eingeleitet worden seien; wegen künftiger Mehrarbeit im konzeptionellen Bereich sei aber auch auf Dauer keine Personaleinsparung möglich.

Arbeitsplätze im Schreibdienst will das FM sukzessive ab- bzw. umbauen. In diesem Zusammenhang will das FM bei ausgewählten Ämtern eine Schriftgutanalyse durchführen lassen.

DV-Projektkosten sollen künftig mit der Software PROFISKAL festgehalten, die entsprechenden Richtlinien beachtet werden. Nachgängige Wirtschaftlichkeitskontrollen, wie sie lt. FM (erst) in dem seit 1997 gültigen Leitfaden vorgesehen sind, seien bisher wegen Personalmangels nicht durchführbar gewesen.

Die Ende 1997 von der OFD Karlsruhe günstiger als über den Rahmenvertrag beschafften PC seien testweise beschafft worden, um festzustellen, ob deren Einsatz wirtschaftlicher sei. Die PC seien unterschiedlich konfiguriert gewesen und hätten Probleme bei der Netzeinbindung bereitet. Wegen des zusätzlichen Wartungsaufwands und Problemen bei der Ersatzteilbeschaffung habe sich die VBV veranlaßt gesehen, bei Markenprodukten zu bleiben.

Den Grund für die OFD-bezogenen unterschiedlichen Beschaffungskosten der 386er und 486er PC sieht das Ministerium im Zeitpunkt der PC-Beschaffung und hält deshalb die zusammengefaßte Darstellung des RH, die diesen Zeitfaktor nicht berücksichtige, für unzulässig. Es könne wegen dringender Erfordernisse nicht immer gewartet werden, bis die PC billiger werden. Die VBV habe zu jedem Zeitpunkt das günstigste Angebot genutzt.

Hardware werde seit Ende 1998 nicht mehr über den bisherigen Rahmenvertrag, sondern zentral durch das FM mittels ressortweiter Ausschreibungen beschafft. PC sollen künftig ohne CD-ROM-Laufwerk beschafft und der DV-Gerätebestand sowie die Softwarelizenzen zentral verwaltet werden.

Beim IuK-Benutzerservice der Ämter hält das FM, auf Grund von insgesamt 30 Fachanwendungen und wegen des hohen Zeitaufwands für die laufende Verwaltung von Eigentums- und Zugriffsrechten, einen Faktor von 1 : 50 für angemessen.

11 Schlußbemerkung

Der RH hat keine grundsätzlichen Einwendungen gegen die geplante Vorgehensweise bei der Zusammenführung der IuK-Technik, der Datenbasen und der Programme der beiden Verwaltungszweige.

Die von der VBV angestrebte Neuorganisation der IuK weicht vom Vorschlag des RH ab, die Kräfte zentral zu bündeln; es sind weiterhin drei Organisationseinheiten an drei Standorten zuständig. Der RH hält eine Lösung für besser, bei der nur eine OFD die Verantwortung trägt.

Das Erfordernis, bei Maßnahmen bzw. IuK-Projekten sowohl entscheidungsvorbereitende als auch nachgängige Wirtschaftlichkeitsüberprüfungen durchzuführen, ist nicht neu. Erfolgskontrollen zur Bewertung eines Projekterfolgs werden nicht erst seit 1997 gefordert, sondern zuvor schon in den bis dahin geltenden IuK-Projektrichtlinien aus dem Jahr 1989 und in den EDV-Projektrichtlinien aus dem Jahr 1976. Im Übrigen schreiben die VV zur LHO schon immer Erfolgskontrollen vor.

Bei Beschaffungen müssen die Behörden mittels systematischer Anwendung der vergaberechtlichen Vorschriften erreichen, daß von verschiedenen Alternativen (Kauf/Leasing/Outsourcing) immer das wirtschaftlichste Angebot genutzt wird.

Da bei den Ende 1997 von der OFD Karlsruhe beschafften sog. No-Name-PC die Garantiezeit (3 Jahre) noch läuft, läßt sich die Begründung des FM (höherer Wartungsaufwand und Probleme bei der Ersatzteilbeschaffung) nicht nachvollziehen. Das Amt, bei dem diese PC eingesetzt sind, bestätigte zudem den bisher unproblematischen Einsatz dieser Geräte.

Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, daß die Preise in den ersten beiden Jahren nach Einführung eines neuen Modells im Durchschnitt auf ein Drittel des Anfangsniveaus sinken. Insofern kann eine wirtschaftlich günstige Beschaffung nicht nur durch die Wahl des Modells, sondern auch durch den richtigen Beschaffungszeitpunkt beeinflußt werden. Deshalb sollte generell bei Hardwarebeschaffungen geprüft werden, ob das jeweils neueste Modell zur sachgerechten Aufgabenerfüllung notwendig ist, oder ob ein oft unwesentlich geringer ausgestattetes und deshalb günstigeres Vorgängermodell dafür ausreicht, insbesondere wenn dieselbe Anwendung auch auf bereits früher beschafften PC noch läuft.

Der vom FM geforderte Faktor von 1 : 50 für Systembetreuung und Benutzerservice vor Ort schließt im Gegensatz zu den Berechnungsgrundlagen des RH den Betreuungsaufwand für die Fachanwendungen mit ein. Nach der Umstellung auf Windows NT ist eine Neubewertung der IuK-Tätigkeiten notwendig; der vom RH als angemessen erachtete Betreuungsfaktor 1 : 90 für Systembetreuung, Benutzerservice und Betreuung der BK-Standardsoftware (ohne Betreuung für die Fachanwendungen) in den Ämtern sollte dabei der Maßstab sein, wie er von der VBV bei der Wirtschaftlichkeitsrechnung „Eigenbetrieb oder Outsourcing“ auch zu Grunde gelegt wurde.


Anhänge

Die Beteiligungsverwaltung soll in die Lage versetzt werden, ihre Position stärker wahrzunehmen und das Landesinteresse an privatrechtlich organisierten Unternehmen aktiv umzusetzen. Das bisher eher statische sollte durch ein dynamisches Aufgabenverständnis abgelöst werden. Im Interesse der Kontrollrechte des Parlaments ist die Zusammenarbeit mit dem Rechnungshof weiter zu verbessern.


1 Allgemeines

1.1 Die Beteiligungsverwaltung durch das Finanzministerium

Das Land hält zahlreiche Beteiligungen an Unternehmen in einer Rechtsform des privaten Rechts. Die im Schnittfeld von öffentlicher Verwaltung und Wirtschaft angesiedelten Beteiligungen stellen nicht nur einen beachtlichen Teil des Landesvermögens dar, sondern haben auch nennenswerte Auswirkungen auf den Landeshaushalt, sei es als Einnahmen z.B. für Privatisierungserlöse oder Dividendenausschüttungen, sei es als Ausgaben z.B. für Kapitalerhöhungen. Die Verwaltung der Landesbeteiligungen ist beim FM in der für „Finanzpolitik und Beteiligungen“ zuständigen Abteilung zentralisiert; diese wird nachstehend als Beteiligungsverwaltung bezeichnet.

1.2 Die Betätigungsprüfung des Rechnungshofs

Der RH prüft die Betätigung des Landes bei Unternehmen in einer Rechtsform des privaten Rechts, an denen das Land unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, unter Beachtung kaufmännischer Grundsätze (sog. Betätigungsprüfung). Prüfungsobjekt ist dabei nicht das jeweilige Landesunternehmen, wie teilweise angenommen wird, sondern das Handling der Beteiligungen. Das Geschehen in den Unternehmen wird sozusagen über die Schulter des FM betrachtet. Dem steht nicht entgegen, daß oft ein wesentlicher Teil der Prüfungserhebungen beim Unternehmen stattfindet. Diese „örtliche Unterrichtung“ ist durch das HGrG geschaffen worden, um eine materiell ausgerichtete Finanzkontrolle zu ermöglichen, die über formale Prüfungen hinausgeht.

Die bei Betätigungsprüfungen getroffenen Feststellungen, aber auch die von der Beteiligungsverwaltung vertretene Auffassung über ihre Rolle gaben Anlaß zur grundsätzlichen Auseinandersetzung mit einigen wichtigen Aspekten der Beteiligungsverwaltung. Die dazu genannten Beispiele sollen zeigen, daß es nicht um abstrakte, idealtypische Vorstellungen des RH und nicht um einen theoretischen Disput geht, sondern um Folgerungen aus konkreten Prüfungen. Das Hauptanliegen dieses Beitrags ist es, eine aktive, handlungsfähige und wirksame Beteiligungsverwaltung zu fordern und zu befördern.

Dabei erheben die folgenden Ausführungen nicht den Anspruch, nach Art eines Kompendiums sämtliche Aspekte der Beteiligungsverwaltung zu beleuchten oder gar als Checkliste dienen zu können. Der RH macht, ausgehend von konkreten Beispielen, einzelne Vorschläge, wie die Beteiligungsverwaltung in bestimmten Punkten verbessert werden kann. Die Einzelfälle selbst wurden überwiegend in Korrespondenz und Gespräch mit dem FM sowie teilweise auch im Landtag behandelt.

2 Die Rolle der Beteiligungsverwaltung

2.1 Das Rollenverständnis

Die Beteiligungsverwaltung hat wiederholt ein eher statisches Rollenverständnis bekundet, etwa wenn sie erklärte, auf Grund der Qualifikation der Vorstandsmitglieder oder Geschäftsführer könne davon ausgegangen werden, daß die Geschäfte des jeweiligen landesbeteiligten Unternehmens mit der erforderlichen Sorgfalt geführt würden. Bis zum Beweis des Gegenteils bestehe für sie kein Anlaß, die Geschäftspolitik oder einzelne Geschäfte des Unternehmens zu hinterfragen. Auch bezüglich des Aufsichtsrats hat die Beteiligungsverwaltung auf die Eigenverantwortlichkeit der Mitglieder dieses Gesellschaftsorgans verwiesen.

Der RH empfiehlt dagegen, daß die Beteiligungsverwaltung eine dynamische und aktive Rolle spielen sollte. Der Begriff der „Verwaltung“ der Landesbeteiligungen ist in erster Linie im Sinne von „Steuerung“ und „Kontrolle“ zu verstehen. Leitbild sollte ein Beteiligungscontrolling sein, wie es bei Konzernen der Privatwirtschaft üblich ist und wie es bei Gebietskörperschaften zunehmend eingeführt wird. Dementsprechend sollte die Beteiligungsverwaltung in die Lage versetzt werden, ihre Position aktiver und intensiver wahrzunehmen und das Landesinteresse an den Unternehmen engagierter umzusetzen.

Eine aktive Beteiligungsverwaltung in diesem Sinne wird

  • die Interessen und Ziele des Landes mit Blick auf seine Beteiligungsstrategie definieren und formulieren,

 

  • diese Leitziele auf die jeweiligen Unternehmen herunterbrechen und konkretisieren, erforderlichenfalls Ziele zeitnah fortschreiben bzw. verändern,

 

  • die Zielerreichung im regelmäßigen Kontakt mit den Landesvertretern in den Aufsichtsräten überwachen und

 

  • bei Zielabweichungen geeignete Konsequenzen ziehen.

Der gesellschaftsrechtlich vorgegebene Weg zur Umsetzung des Landesinteresses und der Landesziele ist die Einflußnahme insbesondere über die Landesvertreter in den Aufsichtsräten der landesbeteiligten Unternehmen.

Dabei geht es dem RH nicht um eine ständige Einmischung der Aufsichtsgremien bzw. der Beteiligungsverwaltung in das operative Geschäft der Unternehmen, weil Letzteres in der Tat der Geschäftsführung obliegt. Es geht vielmehr um die nachhaltige Verfolgung strategischer Ziele, die aus der Eigentümerposition und aus dem Landesinteresse heraus zu definieren sind.

2.2 Die Landesvertreter in Aufsichtsräten

2.2.1 Einfluß auf die landesbeteiligten Unternehmen

Bei der Zusammensetzung von Aufsichtsräten oder sonstigen Überwachungsorganen landesbeteiligter Unternehmen ist ein angemessener Einfluß des Landes sicherzustellen. Nur so kann das Land die Kontrolle über den aus Beteiligungen bestehenden Teil des Landesvermögens ausüben und darauf achten, daß das für sein gesellschaftsrechtliches Engagement erforderliche wichtige Landesinteresse (§ 65 Abs. 1 Nr. 1 LHO) und die hieraus abgeleiteten Ziele erreicht werden.

Der angemessene Einfluß ist im allgemeinen sichergestellt, wenn das Kontingent der vom Land gestellten Mitglieder des Aufsichtsrats dem Kapitalanteil des Landes an dem Unternehmen entspricht. Dies war nicht immer der Fall.

2.2.2 Definition des Begriffs „Landesvertreter“

Dem richtigen Verständnis von der Aufgabe und Rolle der „Landesvertreter“ kommt deswegen Bedeutung zu, weil diese bei ihrer Tätigkeit im Aufsichtsrat auch die besonderen Interessen des Landes zu berücksichtigen haben. Ihr Pflichtenkreis geht somit über die Pflichten hinaus, die das Gesellschaftsrecht allen Mitgliedern eines Aufsichtsrats auferlegt.

Als Landesvertreter fungieren meist Beamte des FM sowie der Fachministerien, außerdem der Finanzminister und der Finanzstaatssekretär. Bei diesem Personenkreis steht für den RH außer Frage, daß es sich um Landesvertreter handelt; bei anderen Personen war dies nicht immer zweifelsfrei.

So vertrat die Beteiligungsverwaltung eine Zeit lang die Auffassung, alle auf das Kontingent des Landes gewählten Mitglieder des Aufsichtsrats seien per se Landesvertreter. Dies führte bei einem Unternehmen dazu, daß dieselben Personen das eine mal als Landesvertreter bezeichnet wurden, das andere mal nicht. Später stellte die Beteiligungsverwaltung in dieser Frage auf das Selbstverständnis der auf das Kontingent des Landes gewählten Aufsichtsratsmitglieder ab. Die Zuordnung erfolgte so in gewisser Beliebigkeit.

In jüngerer Zeit hat die Beteiligungsverwaltung die Aufsichtsratsmitglieder, die in keinem besonderen Rechtsverhältnis zum Land stehen, nach der Wahl in den Aufsichtsrat schriftlich gebeten, bei der Ausübung des Mandats die besonderen Interessen des Landes zu berücksichtigen. Ein Auftragsverhältnis mit einer entsprechenden Auskunfts- und Rechenschaftspflicht des Beauftragten (§§ 662, 666 BGB) wurde nicht begründet. Das kam bei einem Unternehmen im Stimmverhalten der Aufsichtsratsmitglieder deutlich zum Ausdruck.

Es ist problematisch, wenn Personen, die in keinem besonderen, sie verpflichtenden Rechtsverhältnis zum Land stehen, auf das Kontingent des Landes in den Aufsichtsrat gewählt werden. Auch ein privater Eigentümer wird sein Vermögen durch Personen verwalten lassen, die nicht nur sachkundig, sondern auch ihm persönlich und rechtlich besonders verpflichtet sind. Im Verhältnis zum Land erfüllen diese Voraussetzung ohne Schaffung weiterer Rechtsgrundlagen vor allem Beamte.

Gegenüber ihm rechtlich nicht besonders verpflichteten Aufsichtsratsmitgliedern hat das Land eine deutlich schwächere Position. Ein Beamter hat nämlich auch im Konfliktfall den Weisungen seiner Behörde im Innenverhältnis grundsätzlich Folge zu leisten. Dabei gibt es freilich ein Spannungsfeld zwischen gesellschaftsrechtlicher Eigenverantwortlichkeit und Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds einerseits und seiner beamtenrechtlichen Weisungsgebundenheit andererseits. Es wird in folgenden Fallkonstellationen auftreten können:

  • Der Landesvertreter definiert und interpretiert subjektiv die Eigentümerinteressen oder die Unternehmensinteressen anders als die Beteiligungsverwaltung;

 

  • Die Interessen des (Mit-)Eigentümers, dem der Landesvertreter beamtenrechtlich verpflichtet ist, und die Interessen des Unternehmens, dem er gesellschaftsrechtlich verpflichtet ist, divergieren objektiv.

Weil in beiden Fällen dem Landesverteter als ultima ratio die Niederlegung des Mandats bleibt, wenn er die gegensätzlichen Pflichtenkreise nicht zusammenführen kann, ist auch dieses nicht zu leugnende Spannungsverhältnis kein Argument gegen die Entsendung weisungsgebundener Landesvertreter.

Politische Entscheidungsträger und Beteiligungsverwaltung sollten deshalb dafür Sorge tragen, daß grundsätzlich alle auf das Kontingent des Landes gewählten Mitglieder des Aufsichtsrats Landesvertreter mit besonderer rechtlicher Verpflichtung im oben beschriebenen Sinne sind. Diese haben ihr Mandat unter der Prämisse zu sehen, daß ihnen das Mandat im Interesse des Landes übertragen wurde und daß sie ihr Stimmverhalten im Aufsichtsrat hieran zu orientieren haben.

In dem Maße, in dem Landesvertretern mehr eigene Entscheidungsfreiheit eingeräumt und der Einfluß der Beteiligungsverwaltung reduziert wird, reduziert sich auch die Verantwortung des FM für Fehlverhalten und Fehlentscheidungen in Unternehmen des Landes. Im Extremfall würde sich die Verantwortung auf die ermessensfehlerfreie Auswahl der Landesvertreter beschränken, die im übrigen frei agieren könnten. Das hätte entscheidende Auswirkungen auf die Verantwortlichkeit des Finanzministers für die landesbeteiligten Unternehmen und auf die Kontroll- und Steuerungsmöglichkeiten des Parlaments.

2.2.3 Ein Einzelfall

Ein bemerkenswertes Beispiel für eine mangelnde Einflußnahme des Landes gab es bei einem zu 100 % dem Land gehörenden Unternehmen, dessen aus sechs Mitgliedern bestehendem Aufsichtsrat nur ein Landesvertreter im Sinne der Auffassung des RH angehörte. Unter dem Aspekt, daß angesichts der Eigentumsverhältnisse alle Aufsichtsratsmitglieder - mit Ausnahme der zwei Arbeitnehmervertreter - Landesvertreter sein sollten, ist diese Zusammensetzung des Gremiums nur schwer nachvollziehbar.

In einer wichtigen Personalsache kam es bei dieser Konstellation zu einer Beschlußfassung gegen diesen einzigen Landesvertreter, der die Auffassung des FM vertrat, sich aber am Ende der Stimme enthielt. Aus Anlaß dieses Falles warf der RH die Frage auf, wer überhaupt Landesvertreter im Aufsichtsrat sei. Hierzu teilte die Beteiligungsverwaltung mit, daß sich die von der Kapitalseite gewählten Mitglieder des Aufsichtsrats als Landesvertreter verstünden. Sie hätten mit Entschiedenheit darauf hingewiesen, daß sie über die erforderliche Urteilskraft und Erfahrung verfügten, um die Interessen des Landes wirkungsvoll wahrzunehmen. Demgegenüber vertritt der RH weiterhin die Auffassung, daß die objektive Fallgestaltung und nicht die subjektive Sicht entscheidend ist.

Dieses Beispiel veranschaulicht deutlich das Erfordernis, daß die Beteiligungsverwaltung die Landesvertreter nicht nur als solche verpflichtet; bei bedeutenden Unternehmensangelegenheiten hat sie dafür Sorge zu tragen, daß das von ihr Gewollte im Abstimmungsverhalten der Landesvertreter eindeutig zum Ausdruck kommt.

Es muß bei wichtigen Entscheidungen in Aufsichtsgremien immer klar sein,

  • was die Beteiligungsverwaltung will,
  • ob (und ggf. warum nicht) der Landesvertreter dem folgt,
  • ob (und ggf. warum nicht) die Auffassung der Beteiligungsverwaltung durchgesetzt wurde und
  • was die Beteiligungsverwaltung veranlaßt hat, wenn nicht in ihrem Sinne Beschluß gefaßt wurde.

2.2.4 Beschränkung der Einflußnahme

Der RH verkennt nicht, daß es im Interesse des Unternehmens gelegentlich sachgerecht sein kann, wenn auf das Kontingent des Landes Personen in den Aufsichtsrat gewählt werden, die nicht kraft eines bestehenden Dienstverhältnisses Vertreter des Landes sind. Das kann z.B. bei überragender Sachkunde oder vergleichbaren Eigenschaften einer bestimmten Person geboten sein. In diesem Fall ist aber sicherzustellen, daß der Einfluß des Landes materiell nicht gemindert wird.

Beispiel:

In den fünfköpfigen Aufsichtsrat eines zu 100 % landesbeteiligten Unternehmens wurden nur drei Landesvertreter berufen, zwei Sitze wurden im Unternehmensinteresse anderen Mitgliedern überlassen. Das hatte zur Folge, daß es in bestimmten Konstellationen möglich war, die Landesseite zu überstimmen.

Die Beteiligungsverwaltung hat auf Hinweise des RH den Gesellschaftsvertrag so geändert, daß bei der Beschlußfassung im Aufsichtsrat die Landesseite nicht von den anderen Mitgliedern überstimmt werden kann.

In diesen Fällen sollte stets nachvollziehbar sein, warum die jeweilige Person auf das Kontingent des Landes gewählt wurde.

2.2.5 Besetzung frei gewordener Sitze

Die Wahrung des Landeseinflusses erfordert es auch, beim Ausscheiden eines Landesvertreters aus dem Aufsichtsrat dafür Sorge zu tragen, daß so bald wie möglich ein neuer Mandatsträger bestimmt wird. Das Land sollte einen ihm zustehenden Sitz im Aufsichtsrat nicht längere Zeit - in einem Fall waren es mehr als drei Jahre - unbesetzt lassen.

2.2.6 Sitzungspräsenz

Die gesetzlich geforderte Einflußnahme des Landes ist nur dann wirklich sichergestellt, wenn die Landesvertreter auch tatsächlich an den Sitzungen des Aufsichtsrats teilnehmen. Es wird zwar nicht in jedem Fall erreichbar sein, daß ein Landesvertreter bei allen Sitzungen präsent ist. Nicht vertretbar ist jedoch, wenn die Landesvertreter häufig abwesend sind, wie etwa ein neugewählter Landesvertreter, der an allen fünf Sitzungen seiner ersten Amtszeit nicht teilnahm, oder, wie ein anderer, welcher innerhalb von drei Jahren 8 von 14 Sitzungen versäumte. Im letztgenannten Fall wurde der Vertreter ausgewechselt.

Die Beteiligungsverwaltung hat darauf zu achten, daß der Einfluß des Landes nicht faktisch verringert wird durch eine mangelnde Präsenz der Landesvertreter. Stellt sie fest, daß ein Landesvertreter - aus welchen Gründen auch immer - wiederholt nicht an Sitzungen teilnimmt, so hat sie die notwendigen Konsequenzen zu ziehen.

Im Fall einer gelegentlichen Verhinderung eines Landesvertreters sollte von der Möglichkeit der schriftlichen Stimmabgabe Gebrauch gemacht werden. Zu diesem Zweck ist ein Stimmbote mit der schriftlichen Stimmabgabe zu beauftragen. Hiervon haben Landesvertreter bisher keinen Gebrauch gemacht.

2.2.7 Einheitliche Auffassung der Landesvertreter

Schließlich muß sich der Einfluß des Landes auf seine Beteiligungsunternehmen in einem dem Landesinteresse entsprechenden Stimmverhalten dokumentieren.

Die Landesvertreter müssen sich vor wichtigen Entscheidungen des Aufsichtsrats grundsätzlich über eine einheitliche Auffassung verständigen. Probleme in der Koordination gab es dabei vor allem, wenn die Landesvertreter verschiedenen Ministerien angehörten.

Die Koordination beschränkte sich bisher fast ausnahmslos auf den Austausch der vom jeweiligen Ministerium gefertigten Vorbereitungsvermerke zu den Sitzungen des Aufsichtsrats. Ansonsten überließen es die Ministerien den Landesvertretern, wie sie im Aufsichtsrat agierten und abstimmten.

Beispiel:

Der Aufsichtsrat eines Unternehmens hatte eine für die Neuausrichtung des Unternehmens bedeutsame Entscheidung zu fällen. Während das Fachministerium dem Projekt in der Aufsichtsratssitzung zustimmen wollte, hielt es die Beteiligungsverwaltung für noch nicht entscheidungsreif. Nach einer äußerst kontroversen Diskussion zwischen einem dem Fachministerium und einem der Beteiligungsverwaltung angehörigen Landesvertreter beschloß der Aufsichtsrat einstimmig (und gegen die Auffassung der Beteiligungsverwaltung) die Zustimmung zu dem Projekt.

Eine einheitliche Auffassung aller Landesvertreter bei wichtigen Unternehmensangelegenheiten im Sinne der vorher politisch festgelegten Linie ist anzustreben, weil nur so das Interesse des Landes effizient (und notfalls gegen die Interessen der anderen Gesellschafter) vertreten werden kann. Wenn die Beteiligungsverwaltung und das Fachministerium das Interesse des Landes unterschiedlich werten, kann das Stimmverhalten nicht ohne weiteres dem Belieben der einzelnen Landesvertreter überlassen werden. Vielmehr sollten die Ministerien vor der Behandlung der Angelegenheit im Aufsichtsrat Einvernehmen über das Abstimmungsverhalten herbeiführen.

Andere Länder haben z.T. mittels eines formalisierten Verfahrens, bis hin zu einer Kabinettsentscheidung im Konfliktfall, eine einheitliche Stimmabgabe ihrer Vertreter sichergestellt. Auch in Baden-Württemberg sollte mittels entsprechender Regelungen dafür Sorge getragen werden, daß die Landesvertreter bei wichtigen Unternehmensangelegenheiten einheitlich abstimmen. Ein solches Verfahren hat den Vorteil, daß es das Land in gewichtigen Fragen zwingt, seine Interessen präzise zu definieren.

2.2.8 Zusammenwirken Beteiligungsverwaltung - Landesvertreter

2.2.8.1 Die Beteiligungsverwaltung bereitet die Sitzungen des Aufsichtsrats in der Weise vor, daß sie ihre Auffassung zu den einzelnen Punkten der Tagesordnung in einem Vermerk festhält, den sie den Landesvertretern vor der Sitzung zur Kenntnis gibt. Die dabei dargelegte Auffassung der Beteiligungsverwaltung ging nicht immer nachvollziehbar in die Diskussion im Aufsichtsrat ein und hat keineswegs immer zu einer entsprechenden Beschlußfassung geführt. Die Beteiligungsverwaltung ließ in manchen Fällen derartige Entwicklungen zu, ohne erkennbar aufzuarbeiten, warum die Vorschläge im Aufsichtsrat nicht umgesetzt wurden.

Beispiele:

  • In einer Aufsichtsratssitzung ging es um die Gründung einer Leasinggesellschaft, die für das Unternehmen Investitionen von 44 Mio. DM übernehmen sollte, ein Vorhaben von einiger Relevanz. Im Vorbereitungsvermerk legte die Beteiligungsverwaltung dar, daß die Sache nicht entscheidungsreif sei und die Beschlußfassung vertagt werden müsse. Dennoch stimmte der Aufsichtsrat dem Vorhaben einstimmig zu.

 

  • Bei einem anderen Unternehmen wurden in einer Aufsichtsratssitzung die im Vorbereitungsvermerk festgehaltenen Fragen der Beteiligungsverwaltung nach Wirtschaftlichkeitsberechnungen als Entscheidungsgrundlage für Investitionen, zu einer Umschuldungsmaßnahme und zu einer Erhöhung des Lehrstellenangebots bei dem Unternehmen ausweislich des Protokolls nicht angesprochen.

Die Beteiligungsverwaltung hat die Sitzungen des Aufsichtsrats nicht nur vorzubereiten, sondern muß diese auch nacharbeiten. Hierzu hat sie sich zu vergewissern, in welcher Weise ihre Auffassung in die Entscheidung des Aufsichtsrats einfloß. Sofern dies nicht der Fall war, muß sie die Gründe hierfür aufklären und ggf. auf eine Änderung hinwirken. Bei wichtigen Angelegenheiten muß dies aus den Akten nachvollziehbar sein.

2.2.8.2 Die Art und Weise, in welcher die Landesvertreter ihr Mandat ausübten, war außerdem nicht immer mit rechtlichen Vorgaben und kaufmännischen Grundsätzen vereinbar. Das Spektrum dahingehender Prüfungsfeststellungen des RH ist breit gefächert.

Beispiele:

  • Ein Aufsichtsrat nahm hin, daß der Unternehmensleiter ihm nur unvollständig oder nicht nach § 90 AktG (bzw. in entsprechender Anwendung dieser Bestimmung) Bericht erstattete.

 

  • Sitzungsniederschriften hatten jahrelang nicht den vom Gesetz geforderten Inhalt.

 

  • Ein Aufsichtsrat hatte der Unternehmensleitung Vollmachten eingeräumt, die das bei anderen öffentlichen und wohl auch bei privaten Unternehmen gängige Maß überschreiten; so wurden

 

  • Abweichungen vom Wirtschaftsplan auch bei beträchtlicher Überschreitung der Planansätze nicht als zustimmungspflichtig erklärt. Der Aufsichtsrat gab dieses wichtige Instrument der Unternehmensführung de facto aus der Hand,

 

  • gewichtige und für das Unternehmen bedeutungsvolle Geschäftsvorfälle nicht einem Zustimmungsvorbehalt unterworfen. Z.B. bedurfte selbst ein auf 18 Jahre laufender Mietvertrag mit einer Jahresmiete von mehr als zwei Mio. DM nicht der Zustimmung des Aufsichtsrats,

 

  • selbst festgelegte Regularien teilweise nicht konsequent beachtet. So hat sich ein Aufsichtsrat in keiner Weise mit dem Vollzug des Wirtschaftsplans befaßt. Zudem hat er hingenommen, daß ihm der Plan erst im März des laufenden Jahres vorgelegt wurde; damit wurde stillschweigend akzeptiert, daß das Unternehmen fast ein Viertel des Jahres ohne Abstimmung und Vorgaben des Aufsichtsrats wirtschaftete.

 

  • Ein Aufsichtsrat stimmte einem Geschäftsvorgang zu, ohne einen zuvor von ihm selbst beschlossenen Vorbehalt zu beachten.

 

  • Ein Aufsichtsrat faßte Beschlüsse, deren Auswirkungen er mangels entsprechender Sachklarheit nicht beurteilen konnte. So hat er

 

  • Investitionen in Millionenhöhe zugestimmt, ohne daß zuvor Wirtschaftlichkeitsberechnungen gemacht worden waren, und

 

  • unter dem Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ ein zusätzliches Mitglied der Geschäftsführung bestellt, obwohl hierzu keinerlei Sitzungsvorlagen ausgereicht worden waren und selbst Eckdaten des vorgesehenen Dienstvertrags nicht genannt wurden.

 

  • Ein Aufsichtsrat hat weder von der Geschäftsführung ein Veräußerungskonzept für entbehrlichen Grundbesitz im Millionenwert eingefordert noch sich sonst intensiv mit der aus kaufmännischer Sicht unvertretbaren Lage des Unternehmens, das hohe Verluste aufwies und bilanzmäßig überschuldet war, auseinandergesetzt.

 

  • Zusätzlich zum hauptamtlichen Geschäftsführer bestellte der Aufsichtsrat eines Unternehmens einen nebenamtlichen Geschäftsführer, obwohl dies weder nach den betrieblichen Verhältnissen noch im Vergleich zu anderen Landesunternehmen vertretbar war. Bei dem zweiten Geschäftsführer handelt es sich um einen Beamten eines Ministeriums, dessen dienstliche Funktion mit der Tätigkeit bei dem Unternehmen korrespondiert.

 

  • Ein Aufsichtsrat schritt nicht ein, als die Unternehmensleitung gegen die Grundsätze vernünftigen kaufmännischen Wirtschaftens z.B. bei Repräsentations- und ähnlichem Aufwand, Spenden oder der Beschaffung von Dienstwagen der Unternehmensleitung verstieß.

3 Die Prüfung landesbeteiligter Unternehmen

3.1 Landesbeteiligte Unternehmen sind verpflichtet, den Jahresabschluß sowie den Lagebericht durch einen Abschlußprüfer prüfen zu lassen. Teils ergibt sich diese Pflicht aus dem Gesellschaftsrecht (§§ 316 ff. HGB), teils aus haushaltsrechtlich vorgegebenen Festlegungen im Gesellschaftsvertrag.

Gelegentlich wird die Frage aufgeworfen, ob angesichts der Pflichtprüfung des Unternehmens eine Prüfung durch den RH überhaupt Sinn machen könne. Diese Frage ist eindeutig zu bejahen, denn es geht um Prüfungen mit unterschiedlichen Zielsetzungen. Der Abschlußprüfer prüft das Unternehmen selber bzw. dessen Jahresabschluß und Lagebericht. Objekt der RH-Prüfung ist dagegen nicht das Unternehmen, sondern die Betätigung des Landes bei dem Unternehmen, d.h. die Beteiligungsverwaltung des FM (s. Pkt. 1.2).

Auch Gegenstand und Umfang der Prüfung sind nicht vergleichbar. Die Abschlußprüfung geht im wesentlichen der Frage nach, ob das Rechnungswesen dem Gesetz entspricht und ob die Lage des Unternehmens in Jahresabschluß und Lagebericht zutreffend dargestellt ist (formale Ordungsmäßigkeitsfeststellungen). Seit jüngster Zeit hat sie sich - auf Grund des Gesetzes zur Kontrolle im Unternehmensbereich (KonTraG) - mit Fehlern, dolosen Handlungen und Gesetzesverstößen zu befassen. Die Prüfung durch den RH ist dagegen eher materiell ausgerichtet. Insbesondere umfaßt sie die wirtschaftliche Wertung von Unternehmensvorgängen aus Sicht des Gesellschafters Land und andere mit der Landesbeteiligung zusammenhängende Fragen, welche der Beurteilung durch den Abschlußprüfer entzogen sind.

So bestand für Abschlußprüfer kein Anlaß, sich z.B. mit

  • dem Spendenverhalten eines Landesunternehmens,
  • den Dienstwagen der Unternehmensleitung,
  • der angemessenen Vertretung des Landes im Aufsichtsrat,
  • der sachgerechten Entscheidungsfindung im Aufsichtsrat und
  • der möglichen Privatisierung einer Landesbeteiligung

zu befassen. Problematisiert wurden diese Fragen vielmehr erst durch Betätigungsprüfungen des RH.

Diese völlig unterschiedliche Zielsetzung einer Abschlußprüfung und einer Prüfung durch den RH erklärt schließlich auch, warum in allen Fällen, in denen Landesunternehmen nach einer RH-Prüfung Gegenstand öffentlicher Erörterung und Kritik wurden, der Abschlußprüfer die jeweiligen Jahresabschlüsse uneingeschränkt testiert hatte.

Die Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichts durch einen Abschlußprüfer ersetzt also nicht die Prüfung durch den RH. Die Erteilung des uneingeschränkten Testats durch den Abschlußprüfer schränkt die Aufgaben der Beteiligungsverwaltung nicht ein. Der Prüfbericht des Abschlußprüfers ist vielmehr lediglich ein Anknüpfungspunkt für die Arbeit der Beteiligungsverwaltung und die Betätigungsprüfung.

3.2 In bezug auf die Abschlußprüfung ist der öffentlichen Hand eine im Vergleich zu privaten Gesellschaftern besondere Stellung eingeräumt. Bei einer Mehrheitsbeteiligung kann das Land eine erweiterte Abschlußprüfung direkt verlangen (§ 53 HGrG); ohne Mehrheitsbeteiligung hat die Beteiligungsverwaltung darauf hinzuwirken, daß diese erweiterte Prüfung gesellschaftsvertraglich abgesichert wird. Vor der Wahl oder Bestellung des Abschlußprüfers ist das Einvernehmen mit dem RH herbeizuführen

Diese erweiterte Prüfung hat sich insbesondere mit der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung zu befassen; die formalrechtlich ausgerichtete Abschlußprüfung wird so auf materielle Aspekte ausgedehnt. Gleichwohl ersetzt auch sie nicht die Prüfung durch den RH, der Prüfbericht über eine erweiterte Prüfung ist ebenfalls Anknüpfungspunkt für die Betätigungsprüfung.

Der RH hat in verschiedenen Fällen festgestellt, daß solche Prüfberichte gelegentlich nicht den Berichterstattungsregeln entsprachen. Erst die Ankündigung, künftig das Einvernehmen zu verweigern, war für die Beteiligungsverwaltung Anlaß, auf eine regelgerechte Berichterstattung zu drängen.

Auch die erweiterte Abschlußprüfung nach § 53 HGrG schränkt die Aufgaben der Beteiligungsverwaltung nicht ein. Der entsprechende Prüfbericht kann nicht etwa als Testat dahingehend angesehen werden, daß die Landesbeteiligung sachgerecht verwaltet wurde. Der Prüfbericht ist ein wichtiges Informationsmittel, auf das sich die sachgerechte Aufgabenerledigung durch die Beteiligungsverwaltung erst abstützen soll.

3.3 Schließlich ist in diesem Zusammenhang noch die Innenrevision anzusprechen. Diese nimmt für die Unternehmensleitung die Aufgabe wahr, in sämtlichen Bereichen eines Unternehmens Analysen und Kontrollen vorzunehmen, ausgenommen in der Unternehmensleitung (von der sie schließlich ihre Prüfungsaufträge erhält und der gegenüber sie weisungsgebunden ist). Schon von daher versteht sich, daß die Innenrevision die Prüfungsaufgaben des Abschlußprüfers und des RH allenfalls ansatzweise abdecken kann. Beide jedoch können die Feststellungen der Innenrevision als Anknüpfungspunkt ihrer eigenen Prüfungshandlungen nehmen.

Anzumerken ist noch, daß nur wenige Landesunternehmen über eine Innenrevision verfügen. Möglicherweise besteht für Landesvertreter in Aufsichtsgremien verschiedener Unternehmen deshalb Anlaß, die Frage der Einrichtung einer effizienten Innenrevision anzusprechen.

3.4 Der RH hat bei verschiedenen Betätigungsprüfungen Feststellungen getroffen, die Anlaß zu Zweifeln an der Qualität der Abschlußprüfung gaben. Nicht bemerkt worden waren z.B. Mängel im Rechnungswesen und der Rechnungslegung. Prüfungen nach § 53 HGrG waren teilweise unzureichend. In diesen Fällen wurde nach entsprechenden Hinweisen der Abschlußprüfer gewechselt.

Auch angesichts der Tatsache, daß es sich bei den Landesbeteiligungen um öffentliches Vermögen handelt, hat die Beteiligungsverwaltung dafür Sorge zu tragen, daß die Abschlußprüfung eine möglichst hohe Qualität hat. Der Wechsel des Abschlußprüfers nach einer bestimmten Zahl von Jahren kann hierzu entscheidend beitragen.

4 Richtlinien für die Beteiligungsverwaltung

Baden-Württemberg hat anders als der Bund und mehrere Länder keine eigenen Regelungen für die Verwaltung seiner Beteiligungen getroffen, abgesehen von den eher rudimentären Vorschriften der VV-LHO. Die Beteiligungsverwaltung und der RH greifen daher gelegentlich auf die für den Bund geltenden „Hinweise für die Verwaltung von Bundesbeteiligungen“ in der Fassung von 1987 zurück.

Angesichts der Bedeutung der Landesbeteiligungen einerseits und der festgestellten Probleme in der Aufgabenwahrnehmung hält es der RH für zweckmäßig, daß das Land eigene Hinweise für die Beteiligungsverwaltung schafft. Diese sollten nicht in erster Linie eine Verwaltungsanweisung im herkömmlichen Sinne sein, sondern ein an gesellschaftsrechtlichen Erfordernissen und Möglichkeiten sowie betriebswirtschaftlichen Aspekten ausgerichteter Leitfaden, der auf ein modernes Beteiligungsmanagement und -controlling beim Land zielt. Allerdings ist eine Bürokratisierung der Beteiligungsverwaltung zu vermeiden. Die Kunst wird darin bestehen, das Wesentliche zu regeln und in die Praxis umzusetzen.

Ein solcher Leitfaden könnte zudem den Landesvertretern als eine wichtige Orientierungshilfe für ihre Tätigkeit an die Hand gegeben werden.

5 Zusammenarbeit mit dem Rechnungshof

5.1 Voraussetzungen der Betätigungsprüfung

Der Beteiligungsverwaltung sind gegenüber dem RH Unterrichtungspflichten auferlegt, die im Interesse einer möglichst zeitnahen Finanzkontrolle innerhalb bestimmter Fristen zu erfüllen sind. Die Beteiligungsverwaltung ist den Unterrichtungspflichten gelegentlich nicht und oft nicht zeitgerecht nachgekommen; der Prüfungsschriftwechsel wurde häufig schleppend abgewickelt.

5.2 Laufende Unterrichtung für jedes Geschäftsjahr

5.2.1 Berichte und Unterlagen des jeweiligen Landesunternehmens hat die Beteiligungsverwaltung dem RH für jedes Geschäftsjahr als Grundlage der fortlaufenden Betätigungsprüfung zu übersenden. Hierbei handelt es sich insbesondere um den handelsrechtlich vorgeschriebenen Jahresabschluß, den hierzu erstatteten Prüfungsbericht des Abschlußprüfers, die Niederschriften über die Sitzungen des Aufsichtsrats und seiner Ausschüsse sowie über die Gesellschafterversammlungen. Die Unterlagen sind dem RH innerhalb einer Frist von 3 Monaten nach der Haupt- oder Gesellschafterversammlung, die den Jahresabschluß für das abgelaufene Geschäftsjahr entgegennimmt oder festzustellen hat, zu übersenden. Diese Frist wurde oft erheblich - in Einzelfällen um Jahre - überschritten. Die zahlreichen Beispiele hierzu werden an dieser Stelle nicht im einzelnen aufgeführt.

Die Betätigungsprüfung ist nicht Selbstzweck, sondern hat ihren Part zu einer ökonomischen Wirtschaftsführung des Landes beizutragen. Sie dient hier vor allem als Hilfsmittel zur Ausübung der parlamentarischen Kontrollrechte und Kontrollpflichten. Daher ist der RH möglichst frühzeitig in die Lage zu versetzen, seiner Aufgabe nachzukommen. Dies erfordert, daß die Beteiligungsverwaltung die Zeitvorgabe des § 69 LHO beachtet.

5.2.2 Ein Beispiel für ein mangelndes Zusammenwirken ist der Fall eines zu 100 % landesbeteiligten Unternehmens, bei dem der RH 1990 eine Betätigungsprüfung durchgeführt hatte, die sich auf die Geschäftsjahre 1982 bis 1987 erstreckte. Für die folgenden Geschäftsjahre konnte der RH trotz mehrfacher Anmahnungen lediglich erreichen, daß ihm im Jahr 1995 die Abschlußberichte für die Geschäftsjahre 1988 bis 1992 übersandt wurden. Alle anderen übersendungspflichtigen Unterlagen dieser Geschäftsjahre wurden von der Beteiligungsverwaltung ebenso wenig übersandt, wie die Berichte und Unterlagen für die Geschäftsjahre nach 1992. Das Unternehmen wurde 1997 veräußert. Ins Bild paßt, daß die Mitteilung über die Veräußerung erst nach Abschluß des Kaufvertrags beim RH einging.

5.3 Unterrichtung über Änderungen im Beteiligungsbestand

5.3.1 Bereits in der Denkschrift 1992 Nr. 13 Pkt. 3 hat sich der RH mit der Unterrichtungspflicht bei Veränderungen im Beteiligungsbestand befaßt und an Hand konkreter Beispiele die praktische Bedeutung des Unterrichtungsverfahrens aufgezeigt. Da die Beteiligungsverwaltung aber auch in der Folgezeit wiederholt nicht ihrer Unterrichtungspflicht nachgekommen ist, wird hierauf im Folgenden näher eingegangen.

Der RH ist unverzüglich zu unterrichten, wenn unmittelbare Beteiligungen des Landes an Unternehmen oder mittelbare Beteiligungen im Sinne des § 65 Abs. 2 LHO begründet, wesentlich geändert oder aufgegeben werden. Die Unterrichtungspflicht bezweckt, dem RH die Möglichkeit zu verschaffen, sich vor Vollzug solcher Maßnahmen mit diesen auseinanderzusetzen. Die Pflicht des FM korrespondiert mit dem Recht des RH, sich jederzeit zu den Maßnahmen zu äußern. Mit der Prüfung und ggf. der Äußerung will sich der RH mit dem Ziel einer Schadensvermeidung beratend in das Verfahren einbringen.

Anders als in den Fällen der laufenden Unterrichtung enthält das Gesetz keinen genau definierten Zeitrahmen für die Unterrichtung über die gesellschaftsrechtlichen Vorgänge. Da die Unterrichtung aber „unverzüglich“ zu geschehen hat, wird allgemein gefolgert, daß dieser Pflicht mit der Entscheidung über den jeweiligen Vorgang nachzukommen ist und nicht erst mit dessen Wirksamkeit.

Es widerspricht einem geordneten Verfahrensablauf, wenn der RH, wie öfter geschehen, erst unmittelbar vor Durchführung einer gesellschaftsrechtlichen Maßnahme wie der Neugründung eines Unternehmens unterrichtet wird. Die Aufgabenerfüllung des RH ist dadurch gefährdet.

Beispiele:

  • Bei einem mittelbar zu 100 % dem Land gehörenden Unternehmen wurde im Dezember 1996 das Nennkapital um 20 Mio. DM erhöht und damit verdreifacht. Kenntnis von dem Vorgang erlangte der RH erst aus den Unterlagen für das Geschäftsjahr 1996, welche die Beteiligungsverwaltung im März 1998 ohne Hinweis auf die Kapitalerhöhung übersandte.

 

  • Erst aus der Presse wurde bekannt, daß das Land als Alleingesellschafter eine GmbH mit einem Stammkapital von 1 Mio. DM gegründet hatte. Daher konnte der RH den Vorgang nicht vorab prüfen, sondern mußte sich darauf beschränken, verschiedene Einwendungen in Zusammenhang mit der Gesellschaftsgründung erst im Nachhinein vorzubringen. Der somit zu späte Hinweis des RH auf wichtige Gesichtspunkte führte immerhin zu einer nachträglichen Reduzierung des Stammkapitals und so letztendlich doch noch zu einer nennenswerten Entlastung des Landeshaushalts.

5.3.2 Die folgenden Beispiele zeigen, daß die Betätigungsprüfung durch die unabhängige Finanzkontrolle dazu beiträgt, Nachteile für das Land zu vermeiden:

  • Die Äußerung des RH zum Erwerb eines Unternehmens durch ein mehrheitlich landesbeteiligtes Unternehmen führte zu Nachverhandlungen mit dem Veräußerer mit der Folge, daß letztlich ein um mehrere Millionen DM geringerer Kaufpreis bezahlt wurde.

 

  • Ein Unternehmen sollte einzig zu dem Zweck gegründet werden, ein weiteres zu gründen. Auf die Äußerung des RH hin wurde von der Errichtung der Gründungsgesellschaft abgesehen und stattdessen die Gesellschaft direkt gegründet.

 

  • Nach einer entsprechenden Äußerung des RH sah ein mehrheitlich landesbeteiligtes Unternehmen von der Gründung einer Tochtergesellschaft ab. Die zur Verselbständigung vorgesehene Tätigkeit wird nunmehr weiterhin vom Unternehmen selbst ausgeübt.

 

  • Vom RH aufgezeigte steuerliche Gesichtspunkte waren Anlaß, eine Gesellschaft nicht durch das Land selber, sondern durch die Landesbeteiligungen Baden-Württemberg GmbH (Landesholding) zu gründen.

5.3.3 Nicht in jedem Fall schloß sich die Beteiligungsverwaltung der in der Äußerung des RH vertretenen Auffassung an. So wurde ein dreizehnköpfiger Aufsichtsrat installiert, obwohl der RH zuvor mit Hinweis auf die geringe Größe der Gesellschaft (6 Arbeitnehmer, Umsatzerlöse unter 1 Mio. DM jährlich) die Mitgliederzahl als zu hoch bezeichnet hatte. Ein zusätzlich eingerichteter Beirat hat inzwischen 48 Mitglieder.

Zu erwähnen ist auch ein Fall, in dem sich die Beteiligungsverwaltung zwar der Auffassung des RH anschloß, gleichwohl aber anders handelte: Eine zu 100 % dem Land gehörende Gesellschaft und eine allein vom Land getragene Anstalt des öffentlichen Rechts beabsichtigten, zur Abwicklung ihrer Geschäftsbeziehungen eine gemeinsame Tochtergesellschaft zu gründen. Der RH merkte an, die für das Land kostengünstigere Lösung sei es, die Geschäfte ohne die Einschaltung einer Tochtergesellschaft abzuwickeln. Dieser Auffassung schloß sich die Beteiligungsverwaltung an. Da aber die Anstalt die Gesellschaftsgründung zur Bedingung für die Geschäftsbeziehung zu dem Unternehmen machte, stimmte die Beteiligungsverwaltung schließlich doch dieser nach Auffassung des FM zweitbesten Lösung zu.

6 Zusammenfassung der Vorschläge

Ein modernes Management der Landesbeteiligungen setzt ein aktives Rollenverständnis der Beteiligungsverwaltung voraus. Die zielorientierte Steuerung der Unternehmensbeteiligungen erfordert ein leistungsfähiges Controllingsystem. Die aus konkreten Beispielen hergeleiteten Vorschläge des RH zur Verbesserung der Arbeit der Beteiligungsverwaltung lassen sich im wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

  • Festlegung der mit einer Landesbeteiligung verfolgten Interessen und Ziele; Überwachung der Zielerreichung;

 

  • Herausgabe eines praxistauglichen Leitfadens für Beteiligungsverwaltung und Landesvertreter in Aufsichtsgremien, wobei keine Bedenken bestehen, wenn das FM die Überarbeitung der Bundes-Richtlinien zunächst abwarten will;

 

  • Besetzung der dem Land zustehenden Aufsichtsratssitze grundsätzlich mit Landesvertretern, im Regelfall mit Landesbeamten. Bei Personen, die nicht in einem besonderen Rechtsverhältnis zum Land stehen, ist eine eindeutige Verpflichtung als Landesvertreter durch ein Auftragsverhältnis nach §§ 662 ff. BGB zu vereinbaren;

 

  • Sicherung des Landeseinflusses auf Unternehmen auch dann, wenn statt Landesvertretern andere Personen auf das Kontingent des Landes in den Aufsichtsrat gewählt werden;

 

  • Keine faktische Einflußminderung durch Nichtbesetzung von Aufsichtsratssitzen oder mangelnde Sitzungspräsenz der Landesvertreter; ggf. schriftliche Stimmabgabe;

 

  • Sachgerechtes Zusammenwirken von Beteiligungsverwaltung und Landesvertretern durch verbesserte Vorbereitung und Nacharbeit von Aufsichtsratssitzungen, einheitliches Abstimmungsverhalten der Landesvertreter, Regeln für die Konfliktlösung bei divergierenden Abstimmungsabsichten von Landesvertretern, Berichterstattung durch die Landesvertreter;

 

  • Kritische Auswahl der Abschlußprüfer;

 

  • Hinwirken auf die Einrichtung von Innenrevisionen bei landeseigenen Unternehmen, soweit sachgerecht;

 

  • Verbesserte Dokumentation; Gewährleistung von Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen;

 

  • Verbesserte Zusammenarbeit mit dem RH, insbesondere Beachtung der gesetzlichen Unterrichtungspflichten und -fristen.

7 Stellungnahme des Finanzministeriums und Schlußbemerkung

Das FM weist auf die hohe Arbeitsbelastung der Beteiligungsverwaltung allgemein (u.a. Vorbereitung von rd. 300 Aufsichtsratssitzungen und Gesellschafterversammlungen je Jahr) und speziell in jüngerer Zeit (zahlreiche Großprojekte wie u.a. Fusionen in den Bereichen Banken und Energieversorgung) hin. Die Aussagen des RH beruhten auf Feststellungen bei einigen wenigen Unternehmen und seien nicht repräsentativ. Mehrere Beispiele bewertet das FM anders als der RH; seine Ausführungen zur Berufung von Landesvertretern seien überwiegend nicht an die Beteiligungsverwaltung zu richten, da es insoweit um politische Entscheidungen gehe. Außerdem seien diese Fragen parlamentarisch beraten und abgearbeitet. Die Vorstellungen des RH zum weisungsgebundenen Landesvertreteter seien rechtlich problematisch und teilweise unrealistisch. Die Formulierung von Zielen eines Unternehmens sei Sache der Geschäftsführung, nicht der Beteiligungsverwaltung. Weitere Verbesserungen in der Zusammenarbeit mit dem RH bietet das FM an.

Der RH schließt nicht aus, daß ein aktives Rollenverständnis der Beteiligungsverwaltung und ein leistungsfähiges Controlling der Landesbeteiligungen auch einen höheren Personalaufwand bedingen. Die Auslastung der Mitarbeiter der Beteiligungsverwaltung wurde vom RH bisher nicht geprüft. Eine besonders starke Belastung in den letzten Jahren und derzeit durch zahlreiche teilweise sehr erfolgreich betriebene Großprojekte wird ebenfalls nicht bestritten. Das Management dieser Projekte war allerdings bisher nicht Prüfungsgegenstand. Im übrigen ist die Zahl der Mitarbeiter der Beteiligungsverwaltung in den letzten Jahren bereits deutlich größer geworden.

Richtig ist weiterhin, daß einige Beispiele Gegenstand parlamentarischer Erörterung waren. Sie sind nach Auffassung des RH dennoch Beleg für kritische Entwicklungen und Ausgangspunkt für Verbesserungsvorschläge. Zwar hat das FM recht mit der Feststellung, der RH ziehe seine Folgerungen aus relativ wenigen Fällen. Die Zahl kritischer Punkte war in Relation zur Zahl der Betätigungsprüfungen aber bemerkenswert hoch. Die Dichte kritischer Punkte bei diesen Fällen ist aber nicht nur eine Rechtfertigung für Verbesserungsvorschläge, sondern gebietet geradezu eine nachhaltige Auseinandersetzung mit Überlegungen zu einem verbesserten Controlling der Beteiligungen. Besonders angezeigt ist ein Überdenken der bisherigen Praxis, wenn andere Ministerien als das FM in den Aufsichtsräten vertreten sind oder ihn dominieren.

Die Äußerungen des RH zur Auswahl und Entsendung von Landesvertretern gehen von einer umfassenden Verantwortlichkeit des Finanzministers gegenüber dem Parlament für die Entwicklung des Landesvermögens, insbesondere der Landesbeteiligungen an privaten Unternehmen, aus. Daraus folgt zwangsläufig, daß das FM den rechtlichen Rahmen in vollem Umfang nutzen muß, um Einfluß auf die Landesvertreter in Aufsichtsräten zu nehmen.

Der RH hält auch an seiner Einschätzung fest, daß die Beteiligungsverwaltung - ggf. in Abstimmung mit den fachlich zuständigen Ministerien - die Ziele, die sich aus dem politisch vorgegebenen Landesinteresse an einem Unternehmen und aus der Eigentümerstellung ergeben, zu formulieren und nach Möglichkeit durchzusetzen hat. Ein unterschiedliches Abstimmungsverhalten von Landesvertretern in wichtigen Fragen sollte im Vorfeld - ggf. durch politische Entscheidungen - ausgeschlossen werden.


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Einzelplan 07: Wirtschaftsministerium

Die Förderung sollte gestrafft und stärker an den spezifischen Anforderungen der Tourismusbranche orientiert werden. Reine Instandhaltungs- und Erweiterungsmaßnahmen sollten künftig nicht mehr gefördert werden.


1 Ausgangslage

1.1 Zuwendungen zur Förderung des Fremdenverkehrsgewerbes werden für die Modernisierung, Erweiterung oder ausnahmsweise die Errichtung mittelständischer Betriebe des Hotel- und Gaststättengewerbes, des Campingwesens und des Kurwesens gewährt. Die Betriebe müssen in Gebieten der Ferien- und Naherholung sowie der Gesundheitsvor- und nachsorge liegen. Außerhalb dieser in den Richtlinien festgelegten Kulisse können Betriebe des Hotel- und Gaststättengewerbes dann gefördert werden, wenn der jeweilige Standort ein Schwerpunkt des Fremden- oder Kongreßreiseverkehrs ist.

Die Zuwendungen werden als Zinssubventionen für Darlehen gewährt, die die Landeskreditbank Baden-Württemberg - Förderbank - (L-Bank) im Rahmen einer Anteilsfinanzierung dem Zuwendungsempfänger über dessen Hausbank zur Verfügung stellt. Mit Hilfe der Zinsverbilligung sollen die mit marktüblichen Darlehen verbundenen Belastungen für mittelständische Unternehmen gemindert werden.

1.2 Zwischen 1994 und 1998 wurden über 13 Mio. DM Fördermittel für die einzelbetriebliche Fremdenverkehrsförderung eingesetzt, die das Land und die EU bereitstellten. Damit wurden Darlehen in Höhe von 101 Mio. DM subventioniert und Investitionen in Höhe von 352,8 Mio. DM eingeleitet (s. Übersicht). Durchschnittlich erhielt jedes geförderte Unternehmen ein Darlehen in Höhe von 399 500 DM, das mit 52 300 DM (= 13 %) subventioniert wurde. Das damit angestoßene Investitionsvolumen lag bei rd. 1,4 Mio. DM je Förderfall. Mit 1 DM Subvention des Landes wurden durchschnittlich rd. 7 DM Förderdarlehen bewilligt und Investitionen im Wert von 26 DM angeregt.

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2 Weiterentwicklung der Tourismusförderung

2.1 Die Intensität der Förderung hat in den letzten fünf Jahren stetig abgenommen. Eine Ursache hierfür dürfte neben der zurückhaltenden Investitionsneigung der Branche die Reduzierung der eingesetzten Fördermittel in diesem Zeitraum gewesen sein. Die durchschnittliche Subventionssumme, die ein wichtiger Gradmesser für die Förderintensität aus Sicht der Wirtschaftsförderung ist, hat sich von 78 046 DM im Jahr 1994 auf 28 903 DM im Jahr 1998 verringert. Ein weiterer wichtiger Gradmesser, die durchschnittliche Darlehenssumme, ist im Untersuchungszeitraum um ein Drittel gesunken. Diese Entwicklung verdeutlicht das Schaubild.

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Im gleichem Zeitraum ist die Zahl der in der einzelbetrieblichen Fremdenverkehrsförderung gewährten Darlehen um 55 % zurückgegangen.

2.2 Die knapper gewordenen Fördermittel sollten konzentrierter eingesetzt werden, um wieder eine höhere Förderintensität zu erreichen. Hierzu schlägt der RH die Einführung eines Förderkatalogs vor, der auf die typischen Anforderungen der Tourismusbranche abstellt und der von Zeit zu Zeit überarbeitet wird. Auf die Förderung reiner Instandhaltungs- und Erweiterungsmaßnahmen sollte ganz verzichtet werden. Statt dessen müssen nach Auffassung des RH neue Ideen und Impulse in der Tourismusbranche und ggf. Pilotprojekte in den Vordergrund rücken. Dadurch könnte die Attraktivität des Förderprogramms erhöht werden. Die Mittel würden stärker für qualitative Verbesserungen und effektiver eingesetzt werden.

3 Weitere Empfehlungen

3.1 Anerkennung und Bewertung von Eigenleistungen

Um das persönliche Engagement der Zuwendungsempfänger bei geförderten Maßnahmen hervorzuheben, empfiehlt der RH, Eigenleistungen im Bereich der Wirtschaftsförderung anzuerkennen.

Die Wirtschaftsförderung in der heutigen Form wird vom Geldfluß-Prinzip bestimmt, d.h., ohne belegbare Ausgaben gibt es keine Fördermittel. Nach den haushaltsrechtlichen Vorschriften und den Förderrichtlinien orientiert sich die Höhe der Zuwendung an den Ausgaben des Unternehmens für die geförderte Maßnahme. Die Anerkennung und Bewertung von Eigenleistungen in Form von Eigenarbeit und Sachmitteln ist nicht geregelt. In anderen Förderbereichen des Landes (z.B. Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum nach der Richtlinie des MLR vom 01.07.1994 oder im Wohnungsbau nach dem II. Wohnungsbaugesetz) werden Eigenleistungen des Zuwendungsempfängers unter bestimmten Voraussetzungen anerkannt. Entsprechendes sollte auch für den Bereich der Wirtschaftsförderung, evtl. mit einer Obergrenze von 5 % der anrechenbaren Gesamtkosten, gelten. Für die Berücksichtigung und die Bewertung schlägt der RH folgende Handhabung vor:

  • Eigenleistungen in Form der Eigenarbeit sollten bei der Förderung mittelständischer Unternehmen nur anerkannt werden, wenn die für den Betrieb entstandenen Kosten in Höhe des Selbstkostenpreises aktiviert oder die unentgeltlichen Arbeitsleistungen vom Bauleiter/Architekten oder einem Betreuungsunternehmen bewertet worden sind. Hierbei sollte der Wert der Eigenarbeit mit dem Betrag als Eigenleistung anerkannt werden, der gegenüber den üblichen (Netto-) Kosten der Unternehmensleistung erspart wird.

 

  • Eigenleistungen in Form von Sachleistungen sollten nur anerkannt werden, wenn die für den Betrieb entstandenen Kosten in Höhe des Selbstkostenpreises aktiviert worden sind.

3.2 Abgrenzung von Modernisierung und Bestandserhalt

Modernisierung sollte begrifflich klar gegenüber dem Bestandserhalt abgegrenzt werden, um künftig die Förderung von Erhaltungsaufwand zu vermeiden. Fördermittel könnten dann in größerem Umfang für Maßnahmen bereitgestellt werden, die Betriebe qualitativ verbessern.

Bei über einem Drittel der geprüften Förderfälle wurden Maßnahmen gefördert, die der Ersatzbeschaffung und dem Erhaltungsaufwand zuzurechnen waren. So wurden z.B. Gasträume und Nebenzimmer renoviert, Bodenbeläge ausgetauscht, Mobiliar und Thekenbestückung ergänzt, Telefon- und Aufzugsanlagen überholt, Toilettenanlagen und Schwimmbäder saniert, Flachdächer abgedichtet sowie Fenster und Fassaden erneuert.

Der RH hat dem WM zur besseren Abgrenzung einen Vorschlag gemacht, der sich an handelsrechtlichen Vorgaben orientiert.

3.3 Privat- und Personalwohnraum

Investitionen, die der privaten Nutzung dienen, können nach den Grundsätzen des Mittelstandsförderungsgesetzes nicht gefördert werden.

Nach den Feststellungen des RH wird dies in der Förderpraxis vielfach nicht beachtet. Der RH hat dem WM einen Vorschlag zur Gestaltung des Verfahrens gemacht, der diesem Grundsatz Rechnung trägt.

3.4 Finanzierungskosten

Die derzeitigen Richtlinien sehen die Förderung von Finanzierungskosten nicht vor. Im Verwendungsnachweis der untersuchten Förderfälle war vielfach die Position „Sonstige Kosten“ aufgeführt, ohne daß hierzu nähere Ausführungen von Seiten der Hausbank und des Zuwendungsempfängers gemacht wurden. Anläßlich der örtlichen Erhebungen hat sich herausgestellt, daß es sich bei dieser Position um Finanzierungskosten wie Bauzinsen, Disagio, Zwischenfinanzierungskosten und Bearbeitungsgebühren der an der Finanzierung beteiligten Banken handelte.

Für den Bereich der Wirtschaftsförderung liegt insoweit eine Regelungslücke vor. Sofern derartige Kosten überhaupt als förderfähig anerkannt werden sollten, bedarf es einer Regelung in den Richtlinien.

4 Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums

Das WM hält einen Teil der Empfehlungen des RH zur Neukonzeption der einzelbetrieblichen Fremdenverkehrsförderung für nicht sachgerecht. Die Einführung eines Förderkatalogs lehnt das WM ausdrücklich ab, da dies den Gestaltungsspielraum in der Praxis zu stark einenge.

Ferner hält das Ministerium an der bisherigen Verfahrensweise fest, reine Instandhaltungsmaßnahmen zu fördern. Im übrigen tritt das WM den Empfehlungen des Rechnungshofs - teilweise modifiziert - bei.

5 Schlußbemerkung

Der RH hält an seiner Auffassung fest, daß ein Förderkatalog bei entsprechender zeitnaher Weiterentwicklung für die Praxis ein sachgerechter und flexibler Orientierungsrahmen zur gezielteren Förderung sein könnte. Das WM hat hierzu keine Alternative und auch sonst keine Möglichkeit aufgezeigt, eine bessere Zielgenauigkeit zu erreichen.

Die aus der Einzelfallbetrachtung abgeleiteten Folgerungen und Empfehlungen des RH sollten dazu beitragen, die Fördermittel konzentrierter und effektiver einzusetzen. Mitnahmeeffekte sollten vermieden, die Konkurrenzfähigkeit des Wirtschaftszweiges sollte verbessert werden.

Die vorgeschlagenen Regelungen zur Eigenleistung sollen Kosteneinsparungen ermöglichen, ohne dadurch Fördermittel zu verlieren. Der Einwand, daß dadurch teilweise der Schwarzarbeit Vorschub geleistet werden könnte, wird mit den Vorschlägen des RH zur Bewertung der Eigenleistungen weitgehend ausgeräumt.


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Trägerschaft und Struktur der Modeschule Stuttgart sollten im Hinblick auf den jährlichen Landeszuschuß von rd. 1 Mio. DM überprüft werden.


1 Ausgangslage

Die Staatliche Modeschule Stuttgart wurde 1952 in alleiniger Trägerschaft des Landes gegründet. Sie ist eine öffentliche Fachschule im Sinne der §§ 2 und 14 des Schulgesetzes Baden-Württemberg.

Die Schule bildet staatlich geprüfte Entwurfsdirektricen bzw. Bekleidungsdesigner aus. Für diese Ausbildungsgänge bestehen noch zwei weitere Modeschulen in München und in Düsseldorf als vergleichbare Einrichtungen, von denen die eine in kommunaler Regie geführt und die andere vom Verband der deutschen Oberbekleidungsindustrie mitgetragen wird.

Die Modeschule Stuttgart untersteht der Aufsicht des Landesgewerbeamts und ist in einem landeseigenen Gebäude in Stuttgart untergebracht.

Nach einer Erklärung des FM von Ende April 1999 soll die Schule künftig in einem früheren Universitätsgebäude in Stuttgart-Wangen untergebracht werden. Die Schule verfügt über 15 Mitarbeiter, von denen elf als Lehrkräfte und vier mit der Schulverwaltung beschäftigt sind. Da einige Mitarbeiter als Teilzeitkräfte beschäftigt sind, hat die Schule effektiv acht Vollzeitkräfte.

2 Die Ausbildung an der Modeschule

Die Schule verfügt über 48 Ausbildungsplätze, von denen die Hälfte jährlich durch Abschlußprüfung und Aufnahme neuer Schüler im Wechsel neu belegt wird. Voraussetzung für die Aufnahme ist u.a. eine abgeschlossene Berufsausbildung als Damen-, Herren- oder Bekleidungsschneider oder eine Ausbildung für Mode und Design im Berufskolleg sowie eine einjährige Berufstätigkeit.

Die Ausbildung an der Modeschule verfolgt den Zweck, die Schüler und Schülerinnen darauf vorzubereiten, im industriellen und handwerklichen Bereich selbständig oder mitverantwortlich Aufgaben des Entwurfs und der Modellentwicklung wahrnehmen zu können. Die Ausbildung soll gewährleisten, daß die Absolventen im Entwurfsbereich aller Sparten der Damenoberbekleidung eingesetzt werden können. Neben der Vermittlung von Fachwissen für die künftigen beruflichen Aufgaben soll die Orientierungsfähigkeit, die Kreativität und die Fähigkeit zu selbständiger Weiterbildung gefördert werden. Darüber hinaus sollen Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt werden, die eine Tätigkeit als CAD-Anwender und nach ergänzender Ausbildung eine Tätigkeit in verwandten Aufgabengebieten wie Einkauf, Modeberatung, Theater und Fernsehen, Moderedaktion und Modegraphik ermöglichen.

Die Ausbildung umfaßt vier Semester als Vollzeitunterricht. In jedem Semester werden 22 Unterrichtswochen angeboten. Eine Unterrichtswoche hat 38 Wochenstunden. Über den Unterricht hinaus beteiligen sich die Schüler an nationalen, internationalen oder firmeninternen Wettbewerben, die auch für die Schule von erheblicher Bedeutung als Gradmesser für ihr Ausbildungskonzept und den Entwicklungsstand der Schüler sind.

Zu Beginn des vierten Semesters erfolgt eine Studienreise in die Modemetropole Paris zur Information über die neuesten Modeströmungen. Die Ausbildung wird mit einer Modeschau in den Räumen des Hauses der Wirtschaft beendet, bei der die Schülerinnen eigene Entwürfe vor einem Fachpublikum präsentieren.

In früheren Jahren herrschte ein sehr starker Bewerberandrang. Bis zu 400 Bewerber waren für die jährlich 24 Ausbildungsplätze zu verzeichnen. In der letzten Bewerberrunde waren es nur noch 60 Kandidatinnen.

3 Finanzielle Aufwendungen

Das Land trägt von den Aufwendungen für den Betrieb der Schule im Jahresdurchschnitt rd. 1 Mio. DM. Je Schüler sind dies 21 036 DM jährlich oder 10 518 DM je Semester.

Der Aufwand für den Betrieb der Modeschule hat sich von 1995 bis 1997 wie in der Übersicht dargestellt entwickelt:

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Für Personal und Sachmittel werden im Jahr durchschnittlich 920 066 DM ausgegeben. Für das landeseigene Gebäude, in dem die Modeschule in Stuttgart untergebracht ist, ist ein Mietwert von jährlich mindestens rd. 160 800 DM anzusetzen. Dieser Mietwert wurde auf der Basis der üblichen Durchschnittsmiete von 25 DM je m² berechnet, die das Land derzeit für Büroflächen in Stuttgart zahlt (536 m² x 25 DM x 12 Monate).

Die Schule selbst trägt mit Einnahmen von durchschnittlich 71 118 DM im Jahr zur Kostendeckung bei. Dabei handelt es sich im wesentlichen um das Schulgeld, das die Schüler seit 1994 zahlen. Es beträgt derzeit 600 DM je Semester. Weitere Einnahmen erzielt die Schule durch Eintrittsgelder, die sie bei von ihr veranstalteten Modeschauen erhebt, sowie durch Spenden.

4 Empfehlung des Rechnungshofs

Der RH hat empfohlen, im Hinblick auf den jährlichen Landeszuschuß von rd. 1 Mio. DM die Trägerschaft und Struktur der Modeschule zu überprüfen und neu zu ordnen.

4.1 Die Modeschule Stuttgart ist seit ihrer Gründung in der Trägerschaft des Landes. Die beiden vergleichbaren Schulen in den anderen Bundesländern werden zwar nach Angaben des WM auch aus öffentlichen Mitteln finanziert, haben aber keinen staatlichen Träger. Durch einen Wechsel der Trägerschaft oder durch eine Beteiligung Dritter, insbesondere der Verbände der Textil- und Bekleidungsindustrie, könnten Synergieeffekte entstehen, die den Aufwand des Landes für die Modeschule Stuttgart mittelfristig reduzieren und das Renommee der Schule gleichzeitig erhöhen.

4.2 Die Verbände der Textil- und Bekleidungsindustrie könnten bei einer stärkeren Verflechtung mit der Modeschule das Lehrprogramm wirksamer mitgestalten und die Ausbildungsschwerpunkte auf die zukünftigen Erfordernisse des Marktes zielgerichteter ausrichten als dies eine staatliche Verwaltung allein vermag. Marktnahe, modische Kollektionen ließen sich im gegenseitigen Interesse der Unternehmen und der Schule rascher entwickeln und umsetzen. Das Ansehen der Schule könnte ein Verband besser wirtschaftlich nutzen. Finanzielles wie sonstiges materielles Sponsoring wird einem Verband eher zuteil als einer gänzlich staatlichen Einrichtung. Eine Loslösung vom engen Haushaltsgebaren eines staatlichen Trägers könnte ein flexibleres Handeln bei Engagements aus der Wirtschaft ermöglichen.

4.3 Die für einen Trägerwechsel in Frage kommenden Verbände befinden sich derzeit zwar in einer finanziell schwierigen Lage. Einem Wechsel der Trägerschaft könnten die Verbände vielleicht eher zustimmen, wenn das Land einen auf die Übergangsphase befristeten Festbetragszuschuß in Höhe des jetzigen Nettoaufwands für die Schule gewährt. Dadurch würden die Risiken eines Trägerwechsels überschau- und kalkulierbar.

Auch wäre eine gemeinsame Trägerschaft zwischen Land und Verbänden denkbar, bei der das Land für einen festzulegenden Mindeststandard anteilig die Aufwendungen trägt.

4.4 Synergieeffekte könnten sich auch daraus ergeben, daß die Modeschule mit anderen Einrichtungen im Land zusammengeführt wird und mit diesen zusammenarbeitet.

Denkbar wäre insoweit eine Zusammenführung mit der Filmakademie in Ludwigsburg, wie sie bereits angedacht wurde. Alternativ wäre zu prüfen, ob die Schule in kommunale oder private Trägerschaft übertragen werden könnte.

Darüber hinaus könnte auch in Erwägung gezogen werden, die Modeschule an eine bestehende Lehreinrichtung anzugliedern, die sich mit den Themenfeldern Mode bzw. Textildesign beschäftigt. So käme beispielsweise im Land die Fachhochschule Reutlingen in Betracht, der eine staatliche Textilfachschule und ein Berufskolleg angegliedert sind. Diese Fachschule verfügt bereits jetzt über Ausbildungsgänge bezüglich der Bekleidungstechnik für Direktricen und kommt mit ihrem Ausbildungsangebot dem der Modeschule ziemlich nahe.

5 Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums

Das WM lehnt eine Neuorganisation für die Modeschule ab, da es diese auf Grund seiner bisherigen Prüfungen für nicht realisierbar hält. Vielmehr solle die Institution basierend auf dem Zuschuß des Landes im wesentlichen unverändert fortgeführt werden. Die Einbeziehung der Verbände der Textilwirtschaft käme aufgrund ihrer wirtschaftlich schlechten Lage nicht in Betracht. Eine Zuordnung der Modeschule zu anderen Ausbildungsstätten sei wegen der unterschiedlichen Ausbildungskonzeptionen und der dort belegten Kapazitäten kaum möglich.

6 Schlußbemerkung

Der RH wiederholt seine Empfehlung, die aufgezeigten Alternativen zu prüfen und zu einer Organisationsform der Schule zu kommen, die im Hinblick auf die stark zurückgegangene Bewerberzahl zu einer spürbaren Entlastung des Landeshaushalts führt. Ggf. sollte für eine Übergangszeit bis zur endgültigen Neuorganisation der Modeschule erwogen werden, die Gebühren für die berufliche Zusatzausbildung an der Schule weiter anzuheben, denn das Schulgeld deckt derzeit nur rd. 5 % der Gesamtaufwendungen für einen Schüler je Semester ab.

Durch die Entscheidung des FM, die Schule künftig in einem früheren Universitätsgebäude unterzubringen (Sanierungsaufwand lt. FM rd. 2 Mio. DM), wurde ein Weg beschritten, der einer unvoreingenommenen Prüfung der Empfehlungen des RH eher im Wege steht.


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Einzelplan 08: Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum

Die Gesamtkosten der Regiejagd konnten in den letzten Jahren deutlich vermindert werden. Dennoch hält der Rechnungshof weitere kostensenkende Maßnahmen für erforderlich.


1 Vorbemerkung

Die Rechtsgrundlagen der Jagd befinden sich im Bundesjagdgesetz als Rahmengesetz sowie für Baden-Württemberg im Landesjagdgesetz . Das Jagdrecht steht gemäß § 3 Bundesjagdgesetz dem Eigentümer auf seinem Grund und Boden zu. Es ist untrennbar mit dem Eigentum am Grund und Boden verbunden. Das Land besitzt somit das Jagdrecht auf allen bejagbaren landeseigenen Flächen. Dazu zählen in erster Linie der Staatswald und sonstige überwiegend landwirtschaftlich genutzte Domänenflächen.

Die Jagd wird entweder in Eigenjagdbezirken oder in gemeinschaftlichen Jagdbezirken ausgeübt. Eigenjagdbezirke sind zusammenhängende Grundflächen von mindestens 75 ha Größe, die im Eigentum einer Person oder Personengemeinschaft stehen. Einen gemeinschaftlichen Jagdbezirk bilden alle Grundflächen einer Gemeinde oder abgesonderten Gemarkung, die nicht zu einem Eigenjagdbezirk gehören und im Zusammenhang mindestens 150 ha umfassen. Die Eigentümer der Grundflächen, die zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehören, bilden eine Jagdgenossenschaft, der die Ausübung des Jagdrechts zusteht. Die Jagdgenossenschaft verpachtet die Jagd regelmäßig an Dritte. In den Eigenjagdbezirken des Landes steht das Jagdrecht der Landesforstverwaltung zu. Es wird von ihr gemäß § 39 Landesjagdgesetz in der sog. Verwaltungsjagd (Regiejagd) selbst ausgeübt.

Der Aufbau der Jagdverwaltung ist dreistufig. Oberste Jagdbehörde ist das MLR. Es ordnet und beaufsichtigt das gesamte Jagdwesen. Obere Jagdbehörde ist das Regierungspräsidium, untere Jagdbehörde das Kreisjagdamt, das bei den Landratsämtern und den Stadtkreisen eingerichtet ist.

Vor dem Hintergrund anhaltender Diskussionen über die Ausübung des Jagdrechts durch die Landesforstverwaltung hat der RH zusammen mit dem Staatlichen Rechnungsprüfungsamt Stuttgart die Regiejagd (Ausübung der Jagd durch die Forstverwaltung) geprüft und eine Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt. Die Wirtschaftlichkeit der Jagdausübung stand im Vordergrund der Untersuchungen; Jagdmethodik und Jagdgebräuche waren allenfalls am Rande von Interesse. Vorrangiges Ziel dieses Beitrags ist es, durch die Gegenüberstellung von Kosten und Nutzen der Regiejagd zu einer Versachlichung der teilweise sehr emotional geführten Debatte beizutragen.

2 Ausgangslage

Im Bereich der Landesforstverwaltung werden insgesamt 415 000 ha in unterschiedlicher Weise jagdlich genutzt. Davon bewirtschaftet die Landesforstverwaltung rd. 276 000 ha in Eigenregie als Regiejagd, dies entspricht 66 %. Für die restlichen rd. 139 000 ha, somit 34 % der Fläche, bestehen unterschiedliche Verpachtungsformen. Rund 73 000 ha (18 %) sind als staatliche Eigenjagdbezirke verpachtet, rd. 36 000 ha (9 %) sind im Rahmen von Abrundungspachtverträgen an benachbarte nichtstaatliche Jagdbezirke angegliedert und rd. 30 000 ha (7 %) sind wegen zu geringer Größe Bestandteile gemeinschaftlicher Jagdbezirke und regelmäßig verpachtet.

Für die Regiejagd gelten die allgemeinen jagdrechtlichen Bestimmungen des Bundes- und des Landesjagdgesetzes sowie die dazu erlassenen Verordnungen. Die Ordnung und Beaufsichtigung des Jagdwesens in der Regiejagd erfolgen nicht durch die Jagdbehörden, sondern durch die Landesforstverwaltung selbst. Die Aufgaben der unteren und oberen Jagdbehörden innerhalb der Forstverwaltung werden von den Forstdirektionen wahrgenommen. Die oberste Jagdbehörde im Ministerium ist gleichsam doppelt besetzt. Das Referat 21 - Verwaltungs- und Rechtsangelegenheiten, Jagd - nimmt diese Aufgaben für den privaten und kommunalen Jagdbereich wahr, das Referat 55 - Waldbau, Forsteinrichtung, Waldschutz - für den Bereich der Staatsjagd (Regiejagd und verpachtete staatliche Eigenjagdbezirke).

Das jagdliche Regelwerk für die Forstverwaltung stellt die „Anweisung über die Verwaltung und Nutzung der Jagd auf den landeseigenen Flächen - Jagdnutzungsanweisung (JNA) vom 1. Juni 1996“ dar. Verwaltung und Nutzung der Jagd auf den landeseigenen Flächen sind hiernach Dienstaufgaben der Landesforstverwaltung. Grundsätzlich sind alle Beamten und Angestellten der Landesforstverwaltung mit abgeschlossener anerkannter forstlicher Ausbildung zur Mitwirkung beim Jagdbetrieb in den Regiejagdbezirken verpflichtet. Allerdings ist die Jagd gemäß Anweisung des MLR weitgehend außerhalb des regulären Dienstbetriebs und ggf. mit der Pflicht zur Nacharbeit auszuüben. Für die Zeit der Jagdausübung werden weder Gehaltfortzahlung noch Reisekosten gewährt. Beim Neuzuschnitt der Revier- und Forstamtsgrößen im Zuge der forstlichen Verwaltungsreform 1998 stellte der gesamte Zeitaufwand für den Jagdbetrieb kein Bemessungskriterium dar.

Die Ausgaben für die Jagdausübung, Munition und Jagdhaftpflichtversicherung haben die Forstbediensteten selbst zu tragen. Sie erhalten dafür die im Staatshaushaltsplan jeweils festgesetzte Jagdaufwandsentschädigung in Höhe von derzeit jährlich 60 DM je Bediensteter. Darüber hinaus erhalten die Forstbediensteten als Ersatz für den Aufwand beim Versorgen von erlegtem Schalenwild (Rot-, Reh-, Gams-, Muffel- und Schwarzwild) ein Versorgungsentgelt von derzeit 12 DM/Stück. Revierleitern und Forstamtsleitern, die ihre eigenen ausgebildeten Jagdhunde in der Regiejagd einsetzen, wird dafür je nach Hundeart und Gebrauchsprüfung eine Entschädigung in Höhe zwischen 40 DM und 100 DM monatlich gezahlt.

3 Kosten der Regiejagd

3.1 Für die Berechnung der Kosten der Regiejagd stehen für den betrieblichen Bereich - Löhne der Waldarbeiter und Sachausgaben einschließlich der Jagdaufwandsentschädigung und des Versorgungsentgelts - genaue Unterlagen der Landesforstverwaltung zur Verfügung. Dagegen besitzt die Forstverwaltung keinen detaillierten Überblick über die Zusammensetzung ihrer Verwaltungskosten.

Die Entwicklung der reinen Betriebskosten seit 1991 ist in Übersicht 1 im einzelnen und im Schaubild 1 zusammenfassend dargestellt.

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Die Grafik verdeutlicht das relativ gleichbleibende Ausgabenniveau der Jahre 1991 bis 1996 und den starken Ausgabenrückgang in den Jahren 1997 und 1998 auf Grund eines strikten Sparkurses der Landesforstverwaltung.

3.2 Die Verwaltungskosten wurden auf der Basis der VwV-Kostenfestlegung des FM errechnet. Sie beinhalten die anteiligen Personalkosten für die Jagdreferenten des MLR und der vier Forstdirektionen einschließlich aller Sachbearbeiter sowie des Forstamts- und Revierpersonals. Der Zeitaufwand dieser Personengruppen für die Verwaltung der Jagd wurde vom RH nach Durchführung einer Befragung bei 15 Forstämtern geschätzt. Danach berechnen sich die Verwaltungskosten auf rd. 2,7 Mio. DM jährlich.

Der RH hat den Zeitaufwand der Bediensteten der Landesforstverwaltung für die Erfüllung der Abschußpläne in seiner Kostenberechnung nicht berücksichtigt. Dafür waren im wesentlichen zwei Gründe maßgebend:

  • Die Jagdausübung findet regelmäßig außerhalb des üblichen Arbeitszeitrahmens statt (Ansitzjagd frühmorgens/spätabends).

 

  • Die jagdlichen Verhältnisse haben bei der Bemessung der Reviergrößen keine Rolle gespielt, d.h. der Zuschnitt der Reviere nach der forstlichen Organisationsreform 1998 wäre mit oder ohne Regiejagd der gleiche.

Das Forstpersonal investiert allerdings in die Erfüllung der Abschüsse erheblich an Zeit. Je nach Revier sind z.B. für den Abschuß eines Stück Rehwildes zwischen sechs und 12 Ansitze zu jeweils etwa zwei Stunden erforderlich. 1997 wurden im Bereich der Regiejagd rd. 24 500 Stück Schalenwild erlegt.

3.3 In direktem Zusammenhang mit der Jagd stehen die Kosten zur Verhinderung von Wildschäden. Es handelt sich im wesentlichen um die Vermeidung von Verbiß- bzw. Fegeschäden entweder durch den Bau von Zäunen oder durch Einzelschutzmaßnahmen, wie z.B. in Form sog. „Drahthosen“ um jede Einzelpflanze. Die Höhe dieser Kosten wird wesentlich bestimmt durch die Bestandsdichte des Reh- und Rotwildes. Die Entwicklung dieser Kosten im Staatswald ist im Schaubild 2 dargestellt.

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Die starke Absenkung der Ausgaben für die Wildschadensverhütung ist im Zusammenhang zu sehen mit der Zurückführung des natürlichen Wildbestandes auf waldangepaßte Schalenwildbestände. So konnte z.B. die jährliche Zaunneubaufläche im gesamten Staatswald gegenüber dem langjährigen Mittel vor zehn Jahren um über 90 % reduziert werden. An Stelle von über 700 ha jährlich neu gezäunter Fläche ist dies seit 1997 nur mehr eine Fläche von rd. 60 ha jährlich. Die Gesamtausgaben für die Verhütung von Wildschäden sind von über 9 Mio. DM im Jahre 1991 auf 2,6 Mio. DM in 1998 gesunken.

3.4 In den Jahren seit 1995 sind für die Regiejagd die in der Übersicht 2 dargestellten Gesamtkosten entstanden.

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Die Gesamtkosten der Regiejagd einschließlich der Kosten der Wildschadensverhütung beliefen sich 1998 somit auf 6,885 Mio. DM oder rd. 25 DM je ha Jagdfläche.

4 Nutzen der Regiejagd

Der mit der Regiejagd verbundene interne Nutzen besteht aus den direkt quantifizierbaren Erlösen aus dem Verkauf von Wildbret sowie den Einnahmen aus Abschußgebühren. Der RH sieht einen weiteren indirekt meßbaren Nutzen im eigentlichen Erfolg der Regiejagd, der in den eingesparten Kosten für die künstliche Verjüngung von Beständen und vermiedenen Wildschadensverhütungsmaßnahmen besteht. Deren Höhe ist abhängig von den Wildbeständen und somit beeinflußbar. Diese eingesparten Kosten lassen sich nicht als direkte Größe errechnen, sondern können lediglich durch einen Vergleich von Waldflächen mit höheren oder niedrigeren Wildbeständen hergeleitet werden.

Eine Berechnung dieser Kosten ist auf Grund des spärlich vorliegenden Zahlenmaterials nur pauschaliert möglich. Immerhin ergeben sich an Hand der langjährigen Forsteinrichtungsstatistik deutliche Waldzustandsunterschiede zwischen dem durch die Forstverwaltung selbst bejagten Staatswald und dem regelmäßig durch private Pächter bejagten Körperschaftswald. So ist die Fläche mit einer gesicherten und brauchbaren Naturverjüngung im Staatswald um 20 % höher als im Körperschaftswald, die Zaunfläche ist im Staatswald um 41 % niedriger als im Körperschaftswald. Die dadurch eingesparten Pflanz- und Pflegekosten sowie die vermiedenen Kosten für den Zaunbau belaufen sich - vorsichtig bewertet - je Jahr auf rd. 11 Mio. DM oder rd. 42 DM/ha. Einzelbeispiele mit detaillierter Erfassung der unterschiedlichen Verjüngungsentwicklung und der dafür aufgewendeten Kosten in benachbarten Verwaltungs- und Privatjagden belegen die pauschal hergeleiteten Kostenvorteile.

Ursache dieser Differenz sind die unterschiedlich hohen Rot- und Rehwildbestände. Die Ergebnisse des Forstlichen Gutachtens 1998 über die Verbißbelastung der Hauptbaumarten zeigen, daß die staatlichen Eigenjagdreviere insgesamt deutlich besser abschneiden als die gemeinschaftlichen Jagdbezirke, wie die Übersichten 3 und 4 zeigen.

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Nicht berücksichtigt - da schwierig monetär zu bewerten - in der Kosten-Nutzen-Rechnung sind weitere negative Folgen eines übermäßigen Wildverbisses wie etwa die Entmischung der Baumarten (Bildung von Monokulturen) oder die Verarmung der Artenvielfalt der Flora.

Die Einnahmen lt. StHpl. (ohne Einnahmen aus Verpachtung) und die eingesparten Ausgaben für Bestandsverjüngung und Wildschutz seit 1995 zeigt die Übersicht 5.

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5 Kosten-Nutzen-Bilanz

5.1 Die Gegenüberstellung der Kosten der Regiejagd mit dem erzielten Nutzen ist in Übersicht 6 dargestellt.

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5.2 Die in den letzten Jahren erzielten positiven Ergebnisse müssen sich messen lassen am Ergebnis der Einnahmen aus der Jagdverpachtung an Dritte. Die Forstverwaltung hat bei den bisher an Dritte verpachteten Regiejagdflächen die in Übersicht 7 dargestellten Einnahmen erzielt.

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Stellt man das finanzielle Ergebnis der Eigenbejagung den erzielbaren Einnahmen aus einer Verpachtung gegenüber, entstanden dem Land durch die Eigenbejagung weniger Ausgaben in Höhe von rd. 1,5 Mio. DM im Jahre 1997 und in Höhe von rd. 2 Mio. DM im Jahre 1998.

Der vergleichsweise starke Anstieg der Pachteinnahmen ab 1997 ist auf eine Änderung des Vergabemodus zurückzuführen. Die Forstverwaltung hat 1996 die Verpachtung von rd. 20 000 ha Regiejagd im Wege der Submission ausgeschrieben und im Vergleich zur bisher angewandten Verlosung deutlich höhere Pachtpreise erzielt.

5.3 Zum Vergleich mit anderen Bundesländern wurde im Frühjahr 1998 in einer Länderumfrage der Anteil der an Private verpachteten Regiejagdflächen erhoben. Danach gehört Baden-Württemberg zu den Flächenländern, die rund ein Drittel ihrer Regiejagdfläche verpachtet haben (s. Übersicht 8).

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6 Bewertung der Kosten-Nutzen-Bilanz

Durch eine drastische Reduzierung der betrieblichen Ausgaben und deutliche Erhöhung der Einnahmen ist es der Forstverwaltung gelungen, bei Anrechnung der Verwaltungskosten das rechnerische Defizit von rd. 8,1 Mio. DM in 1995 auf rd. 2,6 Mio. DM in 1998 zu senken.

In der Kosten-Nutzen-Rechnung sind die Auswirkungen der jagdlichen Praxis auf den Forstbetrieb zu berücksichtigen. Diese Auswirkungen stellen sich z.Z. so dar, daß in Relation zu privat bejagten Waldflächen im Staatswald ein erheblicher Kostenvorteil bei der Holzproduktion durch geringere Aufwendungen für Kulturkosten und Wildschadenverhütungsmaßnahmen zu verzeichnen ist. Dieser Kostenvorteil kann derzeit mit rd. 11 Mio. DM jährlich bewertet werden. Er wird vielfach bei der Forderung nach einer vollständigen Verpachtung der Regiejagd nicht berücksichtigt.

Unter diesen Voraussetzungen und in Erwartung erst noch wirksam werdender einnahmenerhöhender Maßnahmen spricht sich der RH dafür aus, die Regiejagd im wesentlichen in der jetzigen Form und Größenordnung beizubehalten. Die an Dritte verpachtete Fläche sollte bei den derzeit erzielbaren Jagdpachtpreisen und der Kostenentwicklung in der Regiejagd sowie auch im Hinblick auf die öffentlichen Aufgaben, die die Regiejagd zu erfüllen hat (z.B. Bekämpfung von Wildseuchen), nicht weiter erhöht werden. Voraussetzung ist allerdings die Fortsetzung der Wildbestandsregulierung im bisherigen Umfang.

Dem RH erscheint bei der Kosten-Nutzen-Bewertung noch folgendes erwähnenswert:

Der mit jährlich rd. 11 Mio. DM derzeit bewertbare Nutzen der geringeren Holzproduktionskosten resultiert lediglich aus dem bestehenden Ungleichgewicht der Wilddichte in der Regiejagd und den privaten Jagden. Bei einer Annäherung der Wildbestandsverhältnisse, die in einigen privaten Jagden bereits erreicht ist, muß sich das reine Betriebsergebnis der Regiejagd an den erzielbaren Jagdpachterlösen messen lassen. Insofern ist die Forstverwaltung gehalten, weiterhin an einer Verbesserung des Betriebsergebnisses zu arbeiten.

7 Zusammenlegung der Jagdverwaltung innerhalb des Ministeriums Ländlicher Raum

Baden-Württemberg ist das einzige Land in der Bundesrepublik Deutschland, in dem die Privatjagd und die Regiejagd getrennt in zwei Referaten des MLR verwaltet werden. Referat 21 nimmt die Aufgabe als Oberste Jagdbehörde des Landes wahr, Referat 55 übt gleichsam diese Funktion für die Regiejagd des Landes aus. Beide Referate arbeiten eng zusammen. Der RH empfiehlt, zur Vermeidung der durch die Trennung zwangsläufig entstehenden Reibungsverluste und zur verbesserten Nutzung der Synergieeffekte künftig diese beiden Aufgabenbereiche organisatorisch und personell in einem Referat zusammenzuführen, wie dies bei anderen Ländern jetzt schon der Fall ist.

8 Erfassung des Zeitaufwands für die Regiejagd

Die Forstverwaltung erprobt derzeit ein Modellverfahren für eine Kosten-Leistungsrechnung, bei dem der Zeitaufwand der Beamten und Angestellten u.a. auch für „Verwaltungsprodukte“ erfasst wird. Der RH empfiehlt, im Rahmen dieses Versuchs den Zeitaufwand für die Regiejagd getrennt zu erfassen, um - insbesondere nach dem Neuzuschnitt der Forstämter und Forstreviere - genauere Informationen über die Struktur der Verwaltungskosten zu erhalten.

9 Weitere kostensenkende Maßnahmen

9.1 Überprüfung der Angliederungen

Jagdbezirke können gemäß § 2 Landesjagdgesetz freiwillig durch schriftliche Vereinbarung der Beteiligten oder durch Anordnung der Kreisjagdämter abgerundet werden. Abrundungen sind nur zulässig, wenn und soweit sie aus Erfordernissen der Jagdpflege und der Jagdausübung notwendig sind. Die Jagdflächenstatistik weist bei der Regiejagd landesweit Angliederungen von insgesamt 51 504 ha aus, dies entspricht 18 % der Regiejagdfläche. In einzelnen Forstämtern sind Jagdflächen von über 50 % der Regiejagdfläche angegliedert. Da für diese Flächen Jagdpacht zu zahlen ist, sollten die Angliederungen auf das jagdlich unumgänglich erforderliche Maß beschränkt bleiben. Nach Kenntnis des RH trifft dieses Kriterium nicht auf alle Angliederungen zu; eine kritische Überprüfung wird für erforderlich gehalten.

9.2 Staatseigene Jagdwaffen

Das Land hat nach dem Krieg aus der damaligen besonderen Situation heraus die Forstbediensteten mit Jagdwaffen ausgestattet. Diese bzw. deren Ersatzbeschaffungen sind teilweise heute noch in Gebrauch. Allein im Bereich der Forstdirektion Karlsruhe sind noch etwa 170 Waffen dieser Art vorhanden. Auch wenn die Aufwendungen für die Instandhaltung dieser Waffen gering sind, sollten die Waffen veräußert werden. Das Vorhalten staatlicher Jagdwaffen ist allenfalls noch für Ausbildungszwecke zu rechtfertigen.

9.3 Vollständiger Ersatz der Wildschutzkosten durch den Jagdpächter

Nach derzeitiger Regelung in den Jagdpachtverträgen muß der Pächter eines staatlichen Jagdreviers zwei Drittel der dem Forstamt entstehenden Kosten für den Schutz von Kulturen vor Wildschäden ersetzen. Da der Jagdpächter weitgehend selbst für die Entstehung von Wildschäden verantwortlich ist, sollte im Regelfall ein vollständiger Ersatz von Wildschadenverhütungsmaßnahmen verlangt werden.

9.4 Erfüllung des Abschußplans durch Drückjagden

Nach der Jagdnutzungsanweisung ist die Drückjagd ? eine besondere Form der Treibjagd auf Schalenwild ? in besonderem Maße geeignet, zur Erfüllung des Abschußplans beitragen. Von dieser Jagdart wird in einigen Forstämtern noch zu wenig Gebrauch gemacht; ihre Vorteile sollten stärker genutzt werden.

9.5 Mithelfende Jäger

Die Forstverwaltung hat 1996 landesweit ein Beteiligungsmodell für verwaltungsfremde Jäger eingeführt. Es bietet privaten Jägern, die keine Möglichkeit der Beteiligung an einer privaten Jagd haben, gegen eine vergleichsweise geringe Gebühr und Mitarbeit im Jagdbetrieb (z.B. Hochsitzbau) eine eingeschränkte Beteiligung an der Regiejagd. Dieses Modell hat wesentlich zur Kostenreduzierung und Einnahmensteigerung ab 1997 beigetragen. Einzelne Forstämter sind noch zurückhaltend in seiner Anwendung. Der RH empfiehlt einen stärkeren Gebrauch dieses Modells.

9.6 Vermarktung des Wildbrets

Obwohl sich die Forstämter bei der Vermarktung des Wildbrets sehr flexibel zeigen und z.T. weit über das übliche Maß hinaus engagieren, treten gelegentlich - abhängig von der Jahreszeit - Schwierigkeiten beim Absatz des Wildbrets auf. Der RH empfiehlt, professionelle Vermarkter - etwa die vom MLR gegründete Marketinggesellschaft für Agrarprodukte aus Baden-Württemberg MBW - für die Wildbretvermarktung zu interessieren und die Vorteile des Herkunfts- und Qualitätszeichens HQZ stärker zu nutzen.

9.7 Geltendmachung von Wildschäden

In den verpachteten Staatsjagdrevieren wurden bisher Wildschäden am Wald weitgehend nicht geltend gemacht. Als entscheidender Grund für den Verzicht auf derartige Ersatzansprüche wurde von den Forstämtern die enge Frist in § 34 Bundesjagdgesetz angegeben, wonach Schäden an forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken zweimal im Jahr, jeweils bis zum 01. Mai oder 01. Oktober, bei der unteren Jagdbehörde gemeldet werden müssen. Da Schadenersatzansprüche nach Ablauf dieser Termine verfallen, entstehen zu diesen Terminen häufig nur geringe Schadenssummen. Die Relation zwischen Aufwand für die Schadensermittlung und der Höhe des möglichen Schadensersatzes ist daher oft ungünstig. Da sich Verbißschäden im Wald noch nach mehreren Jahren feststellen und auch zeitlich zuordnen lassen, sollte sich das MLR für eine Verlängerung der gesetzlichen Fristen im Wege einer entsprechenden Bundesratsinitiative einsetzen.

Unabhängig davon ist bisher weitgehend die Geltendmachung von Wildschäden auch in Fällen unterblieben, in denen die bestehenden Regelungen ausgereicht hätten. Das Ministerium sollte die Forstämter anhalten, den Ersatz von Wildschäden konsequent zu verfolgen und von den vertraglich festgelegten Sanktionsmöglichkeiten Gebrauch zu machen.

10 Stellungnahme des Ministeriums Ländlicher Raum

Das MLR ist der Auffassung, daß die vom RH ermittelten Verwaltungskosten für die Staatsjagd in Höhe von 2,7 Mio. DM zu hoch seien und weniger als 2 Mio. DM betragen würden. Es verweist auf die vorgesehene Einführung eines neuen EDV-Jagdprogramms, welches sämtliche Ebenen umfasse und weitere Rationalisierungen der Jagdverwaltung erwarten lasse. Dies beinhalte auch die vom RH empfohlene zeitliche Erfassung für die Regiejagd.

Den vom RH vorgeschlagenen weiteren kostensenkenden Maßnahmen tritt das Ministerium weitgehend bei. Die Forstdirektionen seien angewiesen, mithelfende Jäger in möglichst großem Umfang in den Regiejagden zu beteiligen. Die Möglichkeit der Geltendmachung von Wildschäden solle konsequenter als bisher geprüft werden.

11 Schlußbemerkung

Der RH sieht keine Veranlassung zu einer Korrektur seiner monetären Kosten-Nutzen-Bewertung der Regiejagd. Die bisher getätigten IuK-Investitionen und die geplante Einführung eines EDV-Jagdprogramms sollte in den kommenden Jahren zu Einsparungen führen. Diese lassen sich derzeit noch nicht finanziell bemessen. Der RH spricht die Erwartung aus, daß die vom Ministerium erwähnte jagdliche Beratungstätigkeit der Forstverwaltung zu einer landesweiten Entwicklung vertretbarer Wildbestände führt.


Anhänge

Einzelplan 09: Ministerium für Arbeit und Soziales

398 Sozialstationen haben sich mit dem Sozialministerium geeinigt und bezahlen für die Jahre 1991 bis 1995 mehr als 25 Mio. DM Fördermittel zurück. Sieben Sozialstationen verweigern Rückzahlungen. Die Förderung der ambulanten Dienste ist seit 1996 neu geregelt; von dem gegenwärtig weitgehenden Verzicht auf eine kommunale Komplementärfinanzierung sollte abgesehen werden.


1 Vorbemerkung

Das Land förderte bis 1995 Dienste der Sozialstationen aus Kap. 0917, Tit. 684 04. Die Fördermittel des Landes betrugen dafür 1993 rd. 43 Mio. DM und 1994 rd. 45 Mio. DM. 1995 wurden die Sozialstationen mit Beginn der Pflegeversicherung noch mit rd.16 Mio. DM gefördert; außerdem wurden Mittel auf andere Titel zur Förderung einzelner ambulanter Dienste übertragen. Der RH hatte in der Denkschrift 1996, Nr. 21 über seine Prüfung bei den Sozialstationen eingehend berichtet. Dabei waren Fehler bei den Verwendungsnachweisen und z.T. beträchtliche Überschüsse bei den Zuwendungsempfängern festgestellt worden. Die Konsequenzen daraus sollten auf der Basis einer im Januar 1996 vom SM mit den kirchlichen und kommunalen Spitzenorganisationen geschlossenen „Vereinbarung“ gezogen werden; FM und RH hatten dieser Regelung zugestimmt. Seit 1996 werden die Sozialstationen als solche nicht mehr, sondern ausschließlich einzelne ambulante Dienste gefördert; für Mobile Soziale Dienste (MSD), Nachbarschaftshilfen (NBH), Pflegedienste für Zeitintensive Pflege (ZIP), Betreuung für gerontopsychiatrisch Erkrankte, Familien- und Kinderkrankenpflege und Dorfhilfe hat das Land 1997 insgesamt 4,2 Mio. DM Fördermittel vergeben.

Der Landtag hat sich mehrmals mit dem Denkschriftbeitrag aus dem Jahr 1996 und den dazu abgegebenen Berichten der Landesregierung befaßt, zuletzt im Februar diesen Jahres. Der RH hat die Umsetzung der Vereinbarung prüfend begleitet und Erhebungen darüber angestellt, wie sich seit 1996 der Eigenmittelanteil der Zuwendungsempfänger und die kommunale Komplementärfinanzierung darstellen.

2 Durchführung der Vereinbarung

2.1 Sozialstationen, die der Vereinbarung beitreten, verpflichten sich damit, für 1991 bis 1995 neue, den Förderrichtlinien entsprechende Verwendungsnachweise zu erstellen und die Zuwendungen zurückzuzahlen, soweit in diesem Zeitraum Überschüsse - grundsätzlich ohne den Einsatz von Eigenmitteln - entstanden sind. Mit dieser Beschränkung der Rückzahlungspflicht wurde dem Umstand Rechnung getragen, daß die früheren Richtlinien zwar den Einsatz eigener Mittel „in angemessenem Umfang“ voraussetzten, deren Höhe aber nicht exakt bestimmten und eine mehrere Jahre zurückreichende Abwicklung im gegenseitigem Einvernehmen erfolgen sollte.

2.2 Mitte Juni 1999 waren von den s.Z. geförderten 405 Sozialstationen 398 der Vereinbarung beigetreten. Bis Mitte Juni 1999 wurden insgesamt 25 Mio. DM Zuwendungen an das Land zurückgezahlt; weitere Rückforderungen von 0,8 Mio. DM sind geltend gemacht. Gegenüber 7 Sozialstationen ist die Festsetzung der Rückforderung bisher noch nicht abschließend erfolgt.

2.3 Der RH und die StRPÄ haben bei 16 Sozialstationen durch örtliche Prüfungen die entsprechend der Vereinbarung korrigierten Verwendungsnachweise geprüft. Bei keiner ergaben sich dabei wesentliche Beanstandungen.

2.4 Bisher haben 257 Sozialstationen, d.h. rd. 60 % der s.Z. geförderten 405 Sozialstationen Rückzahlungen geleistet oder noch zu leisten. Sie mußten demnach von 1991 bis 1995 für den laufenden Betrieb der Sozialstation keine eigenen Mittel aufwenden, es sei denn, sie hätten in einem Jahr vor 1995 mit Verlust gearbeitet, da dieser nicht auf das Folgejahr übertragbar ist.

3 Sozialstationen, die der Vereinbarung nicht beigetreten sind

3.1 Der Beitritt zu der Vereinbarung war für die Sozialstationen freiwillig. 7 Sozialstationen haben - bis Mitte Juni 1999 - einen Beitritt abgelehnt, von ihnen haben 3 die zuletzt erhaltenen Zuwendungen erstattet. Der RH hat die Anträge und Verwendungsnachweise dieser 7 Sozialstationen für die Jahre ab 1991 geprüft. Soweit ihm eine Prüfung möglich war, hat er zum Grund und zur Höhe möglicher Rückforderungsansprüche Erhebungen durchgeführt und das SM und die RP in der Zeit von Mai bis Oktober 1998 darüber durch Prüfungsmitteilungen unterrichtet. Die RP haben bisher Rückforderungsbescheide in Höhe von 1,31 Mio. DM erlassen. 3 Sozialstationen haben dagegen Klage beim Verwaltungsgericht erhoben.

Nach Auffassung des RH sind von den 7 Sozialstationen insgesamt rd. 2,5 Mio. DM zurückzufordern. Soweit möglich, hat der RH versucht auch diejenige Rückforderungssumme zu ermitteln, die sich bei einem Beitritt der jeweiligen Sozialstation zu der Vereinbarung ergäbe. Das Ergebnis ist in Übersicht 1 dargestellt.

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3.2 Bei 3 der 7 Sozialstationen konnten örtliche Erhebungen vom RH nicht durchgeführt werden, da die Träger diese verweigerten. Die Prüfung von deren Anträgen und Verwendungsnachweisen ergab, daß ohne Einsicht in die maßgebenden Unterlagen und ohne örtliche Feststellungen zahlreiche Punkte nicht abschließend geklärt werden können. Nach dem Bewilligungsbescheid sind die Sozialstationen verpflichtet, eine Prüfung durch den RH nach § 91 i.V. mit §§ 94, 95 LHO zuzulassen; die Zuwendung kann nach den Bewilligungsbestimmungen zurückgefordert werden, soweit der Zuwendungsempfänger Auflagen nicht nachkommt. Die Verweigerung einer örtlichen Prüfung ist nach Auffassung von SM und RH wie ein Verstoß gegen eine Auflage bereits für sich alleine ein Rückforderungsgrund.

3.3 Die Prüfung der Anträge und Verwendungsnachweise der Sozialstationen ergab, daß die Angaben in den Anträgen unvollständig waren und Veränderungen der für die Zuwendung maßgebenden Verhältnisse zwischen Antragstellung und Bewilligung entgegen der Zusicherung im Antrag der Bewilligungsstelle oft nicht mitgeteilt worden sind. Neben anderen Mängeln liegen darin die wesentlichen Gründe für die Rückforderungen des Landes.

3.3.1 Die Zuwendungsempfänger haben regelmäßig Überschüsse, die im Vorjahr entstanden waren, weder im Antrag noch im Verwendungsnachweis des nächsten Jahres angegeben, obwohl sie jedes Jahr erneut eine Landesförderung zum laufenden Betrieb der Sozialstation beantragt haben. Dadurch waren ihre Angaben in wesentlicher Beziehung unrichtig. Die Auswirkungen in Fällen jährlicher Überschüsse zeigt das Beispiel in Übersicht 2.

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Bei seinem Antrag für das Jahr 1995 hat der Träger insgesamt aufgelaufene Überschüsse aus den Vorjahren von mehr als 660 000 DM nicht angegeben.

3.3.2 Die Zuwendungsempfänger haben häufig ihre Pflicht zur Anzeige wesentlicher Veränderung zwischen der Antragstellung im Frühjahr und der endgültigen Bewilligung, die regelmäßig im Oktober/November erfolgte, verletzt. Dies bezog sich vor allem auf die Entgelteinnahmen aus ihrer Tätigkeit, die bei der Antragstellung nur prognostiziert, im Oktober des Jahres aber im wesentlichen bestimmbar waren. Die Auswirkung der Versäumnisse in diesem Punkt wird in dem in Übersicht 3 dargestellten Beispiel deutlich.

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3.3.3 Die Rücknahme eines rechtswidrigen Bescheides ist eine Ermessensentscheidung und nur innerhalb eines Jahres ab dem Zeitpunkt zulässig, an dem die Behörde die Rechtswidrigkeit erkannt hat. Diese Entscheidungsfrist setzt die Entscheidungsreife voraus, die erst gegeben ist, wenn der Behörde alle Tatsachen bekannt sind, die für die Ermessensausübung maßgeblich sind und ihr die Rechtswidrigkeit des Bescheids bewußt ist. Wie bereits im Beitrag in der Denkschrift 1996 ausgeführt, hat es das SM aus verschiedenen Gründen unterlassen, s.Z. auf die gegebenen Hinweise frühzeitig und zutreffend zu reagieren. Die Zuwendungsempfänger berufen sich darauf, die Verwaltung sei bereits durch die Verwendungsnachweise über alle entscheidungsrelevanten Tatsachen hinreichend unterrichtet gewesen. Ob die für eine Rückforderung der Landeszuwendungen erforderliche Entscheidungsreife erst mit den Prüfungsmitteilungen des RH gegeben war, wovon der RH und die Verwaltung ausgehen, muß voraussichtlich gerichtlich entschieden werden.

4 Die Förderung der ambulanten Hilfen seit 1996

4.1 Seit 1996 sind bei der Förderung der ambulanten Dienste wesentliche Änderungen eingetreten. Die Fördermittel wurden stark reduziert. Die Festbetragsfinanzierung, die Rückforderungen im Falle von Überfinanzierungen erschwert, wurde durch eine Fehlbedarfsfinanzierung mit Höchstbetrag ersetzt. Die Probleme mit der Förderung der Sozialstationen in den 90er Jahren gehören dadurch der Vergangenheit an.

4.2 Mit den Richtlinien für die Förderung der ambulanten Hilfen vom 18.07.1995 und deren Änderung vom 01.08.1998 hat das SM außerdem die vom Zuwendungsempfänger aufzubringenden Eigenmittel stärker präzisiert. Danach hat der Träger der Dienste in angemessen Umfang eigene Mittel einzusetzen, insbesondere zur Abdeckung für Aufwendungen im Sinne § 82 Abs.2 SGB XI, die nicht mehr im Verwendungsnachweis als Sachausgaben abrechenbar sind; diese Regelung gilt für die Betreuung von gerontopsychiatrisch Erkrankten erst ab 1998.

Der RH hat die Verwendungsnachweise der Zuwendungsempfänger der Jahre 1996 und 1997 hinsichtlich den Angaben zu den Eigenmitteln, die zusätzlich zu den Aufwendungen nach § 82 Abs.2 SGB XI aufgebracht wurden, ausgewertet. Örtliche Erhebungen fanden nicht statt. Der RH hat sich außerdem bei 19 Trägern, die relativ hohe Sachkosten angegeben hatten, über die Einhaltung der Regelung gemäß § 82 Abs.2 SGB XI durch eine schriftliche Nachfrage erkundigt.

4.3 Die Richtlinien schließen „Aufwendungen im Sinne § 82 Abs.2 SGB XI“ als anerkennungsfähige Sachkosten aus. Dies sind im wesentlichen Mieten für Räume, Investitionen in Gebäuden und in die Büroausstattung, der Kauf oder die Leasingkosten für Kraftfahrzeuge und die entsprechenden Abschreibungen. Damit sollte für die Landesförderung die gleiche Regelung gelten wie bei der Pflegevergütung für Pflegeheime und Pflegedienste, die im SGB XI geregelt ist. Das SM ging davon aus, daß diese Aufwendungen rd. 5 bis 10 % der Gesamtkosten der Träger ausmachen. Die Nachfrage bei 19 Trägern hat ergeben, daß 13 in ihren Verwendungsnachweisen diese Kosten entgegen den Richtlinien geltend gemacht haben. Offenbar wurden von ihnen die Richtlinien falsch verstanden: Der Bezug auf die Gesetzesbestimmung wurde nicht zur Definition des Aufwendungsbegriffs verwendet, sondern so interpretiert, daß diese Regelung aus dem Bereich der Pflegeversicherung auch nur für pflegerische Dienste gelte. Der RH hält eine Klarstellung gegenüber allen Zuwendungsempfängern für unerläßlich. Die Rückmeldungen der Träger, die die Richtlinien unzutreffend angewendet haben ergaben, daß die Aufwendungen im Sinne § 82 Abs.2 SGB XI bei diesen zwischen 2 % und 20 % der Gesamtkosten ausmachen. Die unterschiedliche Höhe der Aufwendungen ist im wesentlichen auf die Unterbringungskosten zurückzuführen und bei MSD mit dem Angebot „Essen auf Rädern“ auf den dort hohen Aufwand für den Fuhrpark.

4.4 In welchem Umfang sich die Träger der ambulanten Hilfen im Jahr 1997 lt. ihrem Verwendungsnachweis an den Gesamtkosten mit Eigenmitteln beteiligt haben, zeigt die Übersicht 4; die Korrekturen auf Grund der Nachfrage bei 19 Trägern sind dabei berücksichtigt.

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Von den 342 ausgewerteten Verwendungsnachweisen betrugen bei 141 die ausgewiesenen Eigenmittel bis zu 10 % der Gesamtkosten, 5 dieser Träger haben 1997 insgesamt 39 000 DM zurückgezahlt, da insoweit Landesmittel zur Deckung der Kosten des laufenden Betriebs nicht benötigt wurden. Bei 26 % der Träger lagen die ausgewiesenen Eigenmittel zwischen 10 % und 20 % und bei 33 % der Träger höher als 20 % der Gesamtkosten. Eine angemessene Eigenmittelquote scheint gegenwärtig erreicht zu sein.

4.5 Auf Grund der Beratungen der Denkschrift 1996 hat der Landtag am 20.03.1997 beschlossen, künftig Landeszuwendungen nur bis zur Höhe der kommunalen Zuwendungen zu gewähren. Mit Beschluß des Finanzausschusses vom 19.03.1998 wurde diese Regelung dahingehend geändert, daß dies nur für Dienste gelte, die schon bisher in nennenswertem Umfang von kommunaler Seite mitfinanziert wurden.

Das SM hat diese Grundsatzentscheidung ab 01.01.1998 wie folgt umgesetzt:

  • Bei den Dienstarten Familien- und Kinderkrankenpflege, Dorfhilfe und Betreuung für gerontopsychiatrisch Erkrankte fördert das Land unabhängig von der kommunalen Förderung, weil insoweit generell keine nennenswerte kommunale Förderung erfolgt sei.

 

  • Bei den Dienstarten MSD, NBH und ZIP ist die kommunale Komplementärförderung keine Voraussetzung der Landesförderung, sofern der Dienst bereits 1997 bestand und die Kommunalförderung geringer war als die Landesförderung.

Der RH hat die Auswirkungen dieser Entscheidung überprüft. Er hat dazu die Angaben in den Verwendungsnachweisen für die Jahre 1996 und 1997 herangezogen, das Verhältnis der Landeszuwendung zur kommunalen Komplementärförderung ermittelt und dabei auch einen Bezug zu den ausgewiesenen Eigenmitteln hergestellt, um die Bedeutung dieser Regelung beurteilen zu können. Das Ergebnis für 1997 ist in Übersicht 5 dargestellt.

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4.6 Auf der Basis des Jahres 1997 stellt sich die Förderungssituation wie folgt dar:

4.6.1 Die Träger der Dorfhilfe und der Betreuungsgruppen für gerontopsychiatrisch Kranke werden von den Kommunen grundsätzlich nicht gefördert. Beide Dienste werden offenbar nicht als allgemeine kommunale Aufgabe verstanden. Die Landesförderung kann in diesen Bereichen nicht an eine kommunale Komplementärförderung geknüpft werden, wenn man sie nicht aufgeben will. Das SM wird seine Förderung wie bisher fortsetzen. Es mißt ihr in den nächsten Jahren eine zunehmende Bedeutung zu.

4.6.2 Bei den Dienstarten MSD, NBH und ZIP haben die Kommunen 60 % bis 70 % der Träger mindestens ebenso hoch gefördert wie das Land. Nur eine Minderheit hat von der kommunalen Seite weniger als vom Land erhalten. Der größte Teil von ihnen weist im Verwendungsnachweis einen Eigenanteil aus, der wie auch bei den meisten übrigen Trägern, unter 20 % der angegebenen Gesamtausgaben liegt. Nur bei 26 Trägern lag der Eigenmittelanteil höher, auch bei diesem betrug bei 21 Trägern die Differenz zwischen Landes- und Kommunalförderung nur zwischen 150 DM und 9 600 DM/Jahr.

4.6.3 Rund 50 % der Träger der Familien- und Kinderkrankenpflege wurden 1997 von den Kommunen mindestens in gleicher Höhe wie vom Land gefördert. Von den 30 Trägern, die eine geringere Kommunalförderung erhalten haben, lag bei nur 14 Trägern der Eigenmittelanteil höher als 20 % der Gesamtkosten, bei 11 von ihnen betrug die Differenz zwischen Landes- und Kommunalförderung nur zwischen 500 DM und 8 200 DM/Jahr.

4.6.4 Der RH hält bei den Dienstarten MSD, NBH, ZIP sowie Familien- und Kinderkrankenpflege eine Überprüfung der gegenwärtigen Regelung des weitgehenden Verzichts auf eine volle kommunale Komplementärförderung für erforderlich. 860 000 DM und damit rd. 25 % der Fördermittel des Landes werden derzeit ohne kommunale Komplementärfinanzierung vergeben. Hinsichtlich der überwiegenden Zahl der Träger ist dies nicht damit begründbar, daß deren Überlebensfähigkeit sonst in Frage stünde. Der RH spricht sich für eine Rückkehr zum Grundsatz der kommunalen Komplementärförderung aus. Ausnahmen sollten allenfalls zugelassen werden, wenn im Einzelfall sonst eine Existenzgefährdung drohen würde, diese durch die Vorlage des gesamten Jahresabschlusses belegt wird und eine Förderung unter regionalen Gesichtspunkten für erforderlich gehalten wird.

Das SM will zunächst noch die Verwendungsnachweise für 1998 auswerten. Sollten sich die Ergebnisse für 1997 auch 1998 bestätigen, könnte sich das SM dem Vorschlag des RH anschließen, wobei es auf einen dadurch zu erwartenden zusätzlichen Verwaltungsaufwand hinweist.


Anhänge

Einzelplan 10: Umweltministerium

Bei den seit 01.01.1996 zwischen Land und den Verkehrsunternehmen abgeschlossenen Verträgen zur Erbringung von Verkehrsleistungen im Schienenpersonennahverkehr wurden keine Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen mit Alternativprüfung und keine Erfolgskontrollen vorgenommen. Die Regionalisierungsmittel könnten noch effizienter eingesetzt werden; hierdurch wären auch qualitative Verbesserungen möglich.


1 Ausgangslage

Mit dem Regionalisierungsgesetz (RegG) vom 27.12.1993 wurde den Ländern die Aufgabenträgerschaft für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) der Eisenbahnen des Bundes übertragen. Den Ländern wurde hierfür ein Anteil aus dem Mineralölsteueraufkommen des Bundes zugestanden. Die Regionalisierungsmittel sind zweckgebunden für Belange des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) zu verwenden.

1.1 Regionalisierungsmittel in Baden-Württemberg

Von den Regionalisierungsmitteln in Höhe von bundesweit insgesamt 12 Mrd. DM erhielt Baden-Württemberg 1997 einen Anteil von 1,28 Mrd. DM. Hiervon sollten für rd. 780 Mio. DM Verkehrsleistungen im SPNV in gleichem Umfang bestellt werden, wie sie nach dem Fahrplan 1993/94 von der Deutschen Bundesbahn erbracht worden waren („Status-quo-Leistungen“). Weitere 500 Mio. DM standen dem Land als „freie Regionalisierungsmittel“ für Verbesserungen im ÖPNV zur Verfügung (Schaubild 1). Daneben wurde der ÖPNV nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) mit rd. 200 Mio. DM im Jahre 1997 gefördert. Diese Mittel bleiben hier außer Betracht.

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1.2 Revision des Regionalisierungsgesetzes zum 31.12.1997

Die Status-quo-Verkehrsleistungen werden im wesentlichen von der Deutschen Bahn AG (DB) erbracht. Der Vertrag mit der DB lief zum 31.05.1998 aus. Die nach § 6 Abs.1 RegG bis zum 31.12.1997 durchzuführende einmalige Revision hatte wesentlichen Einfluß auf die Verhandlungen über den Folgevertrag zwischen Land und DB. Mit dieser Revision sollte ermittelt werden, ob bundesweit ein Betrag von 7,9 Mrd. DM jährlich ausreicht, um die Status-quo-Leistungen für den Zeitraum 1998 bis 2001 vereinbaren zu können.

Nach dem vorgelegten Gutachten würde der auf Baden-Württemberg entfallende Anteil an den Status-quo-Mitteln von 780 Mio. DM im Jahr 1997 auf zunächst knapp 630 Mio. DM im Jahr 1998 und zuletzt auf 575 Mio. DM im Jahre 2001 abgesenkt. Ein erweitertes Gutachten, das im Gegensatz zum ersten auch seit 1993/94 eingetretene Leistungsveränderungen im SPNV berücksichtigt, kam zu dem Ergebnis, daß der Anteil Baden-Württembergs im Jahre 1998 641 Mio. DM betragen und ggf. bis 2001 fortgeschrieben würde.

Eine Gesetzesänderung konnte in der vergangenen Legislaturperiode nicht mehr realisiert werden, da ein Entwurf des Bundesverkehrsministeriums zur Änderung des RegG von Anfang 1998, dem die Zahlenwerte des ersten Gutachtens zugrundelagen, auf Ablehnung der Länder stieß. Eine rasche Regelung ist kaum zu erwarten.

2 Verkehrsverträge zu den Status-quo-Leistungen im SPNV

Das Land hatte 1996 mit der DB einen Vertrag über Status-quo-Leistungen mit einer Laufzeit bis zum 31.05.1998 abgeschlossen. Im Zuge der Ausschöpfung der mit der DB vereinbarten Abbestellungen wurden mit Stand März 1998 rd. 5 % der Status-quo-Leistungen von vier nichtbundeseigenen Eisenbahnen (NE) erbracht. Einer dieser Verträge lief ebenfalls zum 31.05.1998 aus.

Das UVM verlängerte diese Verkehrsverträge übergangsweise bis zum Beginn des Fahrplans 1999/2000 zwar mit kleinen inhaltlichen Änderungen, jedoch zu den seit 1996 geltenden finanziellen Konditionen. Es zeichnet sich ab, daß auch darüber hinaus eine Übergangslösung wirksam sein wird.

2.1 Laufender Verkehrsvertrag mit der Deutschen Bahn AG

Der Verkehrsvertrag umfaßt die Verkehrsleistungen im SPNV, wie sie nach dem Fahrplan 1993/1994 erbracht wurden. Grundlage für den „Gesamtzuschuß“ des Landes sind die gefahrenen Zugkilometer (Zugkm). Laut Vertrag belaufen sie sich landesweit auf 49,3 Mio. km, von denen 7,3 Mio. km auf die S-Bahn im Großraum Stuttgart entfallen. In dem in DM je Zugkm ausgedrückten Unterdeckungsbetrag (= Zuschuß) sind sowohl die Transportleistung als auch die Nutzung des Fahrwegs (Trassen- und Stationsentgelte) enthalten (vgl. Übersicht 1).

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2.2 Verkehrsverträge mit Nichtbundeseigenen Eisenbahnen

Das Land hatte 1997/98 das mit der DB vereinbarte Kontingent an Abbestellungen ausgeschöpft. Die entsprechenden Zuschüsse konnten ohne Einschränkungen für die Vergabe der abbestellten Leistungen an Dritte verwandt werden. Im Einzelnen sind dies die Zollernbahn zwischen Tübingen und Sigmaringen (Hohenzollerische Landesbahn AG), die Linie Freiburg-Breisach (Breisgau S-Bahn GmbH), Leistungen auf den Linien Karlsruhe-Baden-Baden und Karlsruhe-Pforzheim (Albtal-Verkehrsgesellschaft) und Leistungen auf der Linie Friedrichshafen-Aulendorf (Bodensee-Oberschwaben-Bahn GmbH).

Die Verträge lehnen sich an die Konditionen des DB-Vertrages an. Drei Verkehrsunternehmen erhalten den auch an die DB vom Land zu entrichtenden Zuschuß von 15,85 DM/Zugkm (1997); lediglich ein Unternehmen erhält einen geringfügig geringeren Zuschuß. Alle Verträge enthalten für 1998 und Folgejahre eine Regelung zur Anpassung des Zuschusses entsprechend den Prüfungsergebnissen nach § 6 RegG.

2.3 Bemerkungen und Empfehlungen zu den Verkehrsverträgen

2.3.1 Ein Ausschreibungsverfahren zu den Status-quo-Leistungen ging dem Vertrag mit der DB nicht voraus. Nach Ansicht des UVM besteht eine generelle vergaberechtliche Ausschreibungspflicht nicht, da Wettbewerbsverfahren nur sinnvoll seien, wenn Dritte in der Lage sind, bestimmte Leistungen mit entsprechendem Wagenmaterial zu erbringen. Für den Vertrag mit der DB habe dies nicht zugetroffen.

Auch für die Verkehrsleistungen (Status-quo- und Mehrverkehre), die zwischenzeitlich von NE-Bahnen erbracht werden, wurde auf eine öffentliche Ausschreibung verzichtet. Die Nahverkehrsgesellschaft mbH Baden-Württemberg (NVBW) stellte Anfang 1998 fest, „daß rd. 18 % der Status-quo-Leistungen (Stand 1997/98) unproblematisch von anderen Verkehrsunternehmen als der DB erbracht werden können und es durchaus realistisch wäre, bei gegebenen Rahmenbedingungen innerhalb der nächsten vier Jahre bis zu 25 % der Leistungen bei der DB abzubestellen“. Dabei handelt es sich um rd. 11,4 Mio. Zugkm auf Diesel-/Stichstrecken. Zumindest diese Leistungen bieten sich im Sinne eines verstärkten Wettbewerbs auf der Schiene künftig für echte Ausschreibungsverfahren an.

2.3.2 Strecken- oder linienbezogene Berechnungen, die eine fundierte Basis für verkehrliche und wirtschaftliche Betrachtungen des Aufgabenträgers gewesen wären, lagen s.Z. auf Grund des unsicheren Datenmaterials für den DB-Vertrag nicht vor. In § 7 des Vertrages mit der DB wurde aber aufgenommen, daß die „DB dem Land linienbezogene Preise unter Berücksichtigung ihrer Erlöserwartungen vorlegen wird, sobald sie hierzu in der Lage ist“. Die DB ist dieser Verpflichtung bislang nicht nachgekommen. Auf Einhaltung des bestehenden Vertrages zur Vorlage linienbezogener Erfolgsrechnungen durch die DB sollte das Land mit Nachdruck bestehen. Ein Passus über den Nachweis linienbezogener Erfolgsrechnungen sollte zwingend in den Folgevertrag aufgenommen werden. Linienbezogene Berechnungen als Instrument einer strategischen Kosten-Leistungs-Rechnung hält der RH für unverzichtbar, da nur sie die Transparenz des Zuschußbedarfs je Linie gewährleisten.

2.3.3 Baden-Württemberg wird unabhängig vom Fortgang der Revision des RegG einen deutlich geringeren Betrag für Status-quo-Leistungen 1998 bis 2001 vom Bund erhalten als bisher. Entsprechend sollten vertragliche Lösungen mit der DB gesucht werden.

Eine Übergangsregelung sollte so abgefaßt werden, daß sie nach Änderung des RegG in einen längerfristigen Vertrag einfließt. So würde sichergestellt, daß während der Übergangszeit kein höherer Betrag für die Status-quo-Verkehre aufgewandt wird, als nach den Revisions-Ergebnissen tatsächlich dem Land zufließen werden.

Nach Meinung des RH könnte sich ein finanzieller Spielraum bei dem vermeintlich „durchlaufenden Posten“ Status-quo-Verkehre ergeben, der - im besten Falle - zu nutzen wäre, um die freien Regionalisierungsmittel des Landes aufzustocken. Es ist nicht auszuschließen, daß die DB unter der Prämisse weitgehender Erhalt des Umfangs ihrer Status-quo-Leistungen und längerer Laufzeit des Verkehrsvertrages auf Grund höherer Planungssicherheit Nachlässe auf den zu veranschlagenden jährlichen Zuschußbedarf einräumen wird. Diesen Weg ist der Freistaat Bayern bereits mit seinem aktuellen Verkehrsvertrag mit der DB gegangen. Eine Vertragslaufzeit von 4 Jahren mit einer Option auf weitere 4 Jahre bietet nach Ansicht des RH die Möglichkeit, den nach den Revisionsuntersuchungen berechneten Zuschußbedarf zu unterschreiten.

3 Verkehrsverträge zu Mehrverkehren

Die Finanzierung dieser Verträge erfolgt über die freien Regionalisierungsmittel. Mit Stand März 1998 hatte das Land 10 Verträge mit Verkehrsunternehmen zur Erbringung von Mehrverkehren, also Verkehrsleistungen, die über das Fahrplanangebot 1993/1994 hinausgehen, abgeschlossen. Damit kommt das UVM dem verkehrspolitischen Auftrag zur Umsetzung des Integralen Taktfahrplanes nach, wie er im Generalverkehrsplan des Landes aus dem Jahre 1995 festgeschrieben ist. Die Verkehrsunternehmen erhielten lt. dieser Verträge 1997 vom Land Zuwendungen von 101 Mio. DM. Die Verträge beziehen sich auf folgende Leistungen (Übersicht 2):

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3.1 Bemerkungen und Empfehlungen zu den Verkehrsverträgen

3.1.1 Entscheidungs- und Bewertungsgrundlagen, wie Kennzahlen (z.B. Investitionen/Fahrgast, Zuschußbedarf/Fahrgast) und Kriterien (z.B. Dringlichkeits- und Wirtschaftlichkeitskriterien, linienbezogene Erfolgsrechnungen) für die Auswahl förderfähiger Vorhaben und die Aufstellung von Ranglisten der zu realisierenden Maßnahmen wurden bislang offenbar nicht entwickelt oder kommen nicht zur Anwendung.

Vor allem in Verbindung mit der Vereinbarung von Mehrverkehren fehlen Nachweise, daß über eine Alternativenprüfung jeweils die im Landesinteresse wichtigsten Linien und die tatsächlich wirtschaftlichste Lösung (Betriebs- und Bedienungsform im ÖPNV, z.B. Bus - Schiene) ausgewählt wurden. Nach § 7 LHO ist eine derartige Vorgehensweise jedoch zwingend erforderlich.

Für Wirtschaftlichkeitsrechnungen mit Alternativenprüfungen sollte aus Sicht des RH ein Kriterienkatalog aufgestellt werden, an Hand dessen vorgeschlagene Vorhaben analysiert, bewertet und in eine Prioritätenrangfolge eingeordnet werden können; dem UVM liegen hierzu Vorschläge des RH vor (z.B. Investitionsbedarf je zusätzlichem Fahrgast, Kostendeckungsgrad ohne Zuschüsse). Die Zuwendungsbescheide könnten weiterhin mit Auflagen verbunden werden, daß bis zu bestimmten Zeitpunkten umzusetzende Optimierungen durchgeführt werden sollten.

Auf die Bedeutung von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen hat der RH auch schon in der Denkschrift 1996 Nr. 26 (Zuwendungen für den Erwerb von Fahrzeugen nach dem GVFG bei Leasingfinanzierung) hingewiesen.

3.1.2 Eine Erfolgskontrolle der für Verbesserungen im SPNV eingesetzten Mittel, wie sie § 7 LHO vorsieht, fand nach Auswertung der Unterlagen für die laufenden Verträge bislang nicht statt. Kriterien, mit denen ein eventueller Erfolg der Förderung erfaßt und gemessen werden könnte, wurden bislang nicht erarbeitet.

Für die mit den Zuwendungen verfolgten Verbesserungen und Veränderungen sollte nach Meinung des RH eine Erfolgskontrolle aufgebaut werden; hierfür wäre ein Kriterienkatalog zu entwickeln. Angesichts des beträchtlichen finanziellen Volumens der SPNV-Verträge und der mehrjährigen Laufzeit sollten jährlich (Zwischen-) Ergebnisse seitens der Verkehrsunternehmen vorgelegt werden. Andernfalls könnten sich über Jahre unwirtschaftliche Verfahrensweisen festsetzen. Nur an Hand einer Erfolgskontrolle könnte zudem korrigierend in laufende Prozesse eingegriffen werden.

3.1.3 Bei der Verwendung der Mittel liegt im Jahr 1997 mit etwa zwei Drittel der Förderbeträge aus den freien Regionalisierungsmitteln ein eindeutiger Schwerpunkt bei der Fahrzeug- und Infrastrukturförderung. Hingegen wurden nur etwa 6 % für Mehrverkehre und die Umsetzung des Integralen Taktfahrplans eingesetzt. Nach Darstellungen des UVM waren für 1998, vorbehaltlich noch abzuschließender Planungen, 25 % der freien Regionalisierungsmittel für Mehrleistungen vorgesehen. Eine Gesamtkonzeption für die künftige Verwendung der Mittel nach Zuwendungsbereichen kann der RH nur eingeschränkt erkennen.

Eine Gesamtkonzeption zur künftigen Verwendung freier Regionalisierungsmittel sollte nach Meinung des RH unter dem Gesichtspunkt weiterentwickelt werden, daß Förderschwerpunkte erkennbar sind (z.B. regional: Stuttgart 21 oder Mannheim 21; thematisch: Beschaffung von Schienenfahrzeugen, Fahrgastinformations-Einrichtungen). An Hand einer mittelfristig angelegten Konzeption ließe sich die Zeitdauer von Förderungen klar abschätzen. Als Maßstab hierfür gelten auch künftig die im Generalverkehrsplan des Landes aufgeführten Vorhaben im SPNV.

3.1.4 Mit der Bewirtschaftung und der Vergabe von Regionalisierungsmitteln in Höhe von 1,28 Mrd. DM und weiteren ÖPNV-Mitteln im Umfang von knapp 1 Mrd. DM sind im UVM nur wenige Personen befaßt. Schon auf Grund der Arbeitsbelastung durch Fachfragen wird eine an den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit orientierte Mittelvergabe erheblich erschwert. Eine gezielte Steuerung der Zuwendungen ist schon aus Zeitgründen kaum möglich.

Angesichts der erforderlichen stärkeren Berücksichtigung betriebswirtschaftlicher Denk- und Arbeitsweisen hält der RH es für dringend notwendig, im für ÖPNV zuständigen Referat des UVM das Tätigkeitsfeld (Zuwendungs-)Controlling einzurichten. Die erforderliche (quantitative und qualitative) Personalressource sollte durch kostenneutrale personelle Umschichtungen innerhalb des UVM geschaffen werden.

4 Stellungnahme des Ministeriums für Umwelt und Verkehr

Das UVM räumt ein, für Status-quo-Leistungen, die seit 1996 bei der DB abbestellt und an nichtbundeseigene Eisenbahnen vergeben worden seien, auf formelle Ausschreibungen verzichtet zu haben. Für geeignete Verkehre seien aber frühzeitig Preisanfrageverfahren durchgeführt worden. Weitere Preisanfrageverfahren und ggf. eine europaweite Ausschreibung seien derzeit in Vorbereitung.

Das UVM verweist auf die verkehrspolitischen Vorgaben und sieht seine Aufgabe insbesondere darin, landesweit den Integralen Takt stufenweise umzusetzen. Dieser Verantwortung könne aber ausschließlich auf rechtsgeschäftlicher Grundlage und damit unter dem Zwang von Konsenslösungen nachgekommen werden. Vor diesem Hintergrund sieht das Ministerium seine primäre Verpflichtung darin, zur Entwicklung von Wettbewerbsstrukturen im SPNV beizutragen und über Wettbewerbsverfahren eine Verminderung des Zuschussbedarfs zu erreichen. In dieser Zielsetzung sieht sich das Ministerium in Übereinstimmung mit dem RH.

Die vom RH geforderten Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen für den Abschluß von Verkehrsverträgen sowie linienbezogene Erfolgsrechnungen hält das Ministerium allerdings nicht für entscheidende Maßnahmen zur Zielerfüllung, zumal da die DB hierzu nicht gezwungen werden könne und die nichtbundeseigenen Eisenbahnunternehmen häufig in Ermangelung einschlägiger Daten nicht in der Lage seien, derartige linienbezogene Berechnungen vorzulegen. Ungeachtet dessen will das UVM den Aufbau eines Controllingsystems im SPNV nachhaltig betreiben.

5 Schlußbemerkung

Der RH anerkennt die Bemühungen des UVM, über den ersten Schritt von Preisanfrageverfahren Wettbewerbsstrukturen zu entwickeln. Er verkennt auch nicht, daß das Ministerium mit der Übernahme der Aufgabenträgerschaft für den SPNV seit 1996 erheblichem Regelungsbedarf gegenüberstand und Verfahrensabläufe erst entwickelt werden mußten.

Der RH ist der Auffassung, daß es, solange nicht tatsächlich Wettbewerbsstrukturen bestehen, bei der bisherigen Vorgehensweise kaum zu der wirtschaftlich sinnvollen Bemessung von Zuschüssen kommen wird. Der RH hält vielmehr Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen mit Alternativenprüfungen, den Aufbau eines Kennzahlensystems und insbesondere die Heranziehung linienbezogener Berechnungen für ein geeignetes Instrumentarium, einen wirtschaftlichen Mitteleinsatz zu realisieren, ohne daß dabei verkehrs- und strukturpolitische Ziele außer acht gelassen werden. Im übrigen arbeitet die DB unter dem Namen „Linienmanagement“ an einem vergleichbaren Verfahren und ist nach dem geltenden Vertrag zwischen Land und DB zu den Status-quo-Leistungen im SPNV auch verpflichtet, linienbezogene Berechnungen vorzulegen. Ferner hat ein nichtbundeseigenes Schienenverkehrsunternehmen für eine Angebotseinreichung beim UVM bereits Anfang 1997 näherungsweise eine linienbezogene Berechnung vorgelegt. Die Notwendigkeit, Wirtschaftlichkeitsüberlegungen im SPNV/ÖPNV stärker zu berücksichtigen, bringen darüber hinaus die Bemühungen des UVM zum Ausdruck, ein Controllingsystem einzurichten.

Eine Reduzierung des einzusetzenden Volumens an Zuschüssen müßte nicht zwangsläufig eine Verschlechterung des Angebots im SPNV/ÖPNV bedeuten. Die Empfehlungen könnten dazu beitragen, daß die Mittel noch effizienter eingesetzt und dadurch landesweit qualitative Verbesserungen erreicht werden.


Anhänge

Einzelplan 12: Allgemeine Finanzverwaltung

Die Einheitswerte für den Grundbesitz werden im wesentlichen nur noch für die den Gemeinden zustehende Grundsteuer benötigt. Das Land sollte anstreben, die Bewertung von den Finanzämtern auf die Gemeinden zu übertragen oder von ihnen einen angemessenen Kostenersatz zu erhalten. Durch eine Vereinfachung der bundeseinheitlichen Bewertungsvorschriften und des Verfahrens könnten die Kosten von derzeit 70 Mio. DM jährlich deutlich vermindert werden.


1 Vorbemerkung

Für den Grundbesitz sind Einheitswerte (EW) festzustellen. Sie dienen als Grundlage für Besteuerungsverfahren und für eine Reihe von außersteuerlichen Zwecken. Nach dem Wegfall der Vermögenssteuer (01.01.1997) und der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer (01.01.1998) sind die EW im steuerlichen Bereich im wesentlichen nur noch für die (kommunale) Grundsteuer und wenige ertragsteuerliche Vorgänge von Bedeutung.

Das Bewertungsgesetz (BewG) schreibt vor, daß alle sechs Jahre eine Hauptfeststellung durchzuführen ist. Dazu ist es aber nach dem 01.01.1964 nicht gekommen. Einer der Hauptgründe hierfür dürfte die fehlende personelle Kapazität der bei den Finanzämtern eingerichteten Bewertungsstellen gewesen sein. So konnten bereits die EW 01.01.1964 wegen der langwierigen Hauptfeststellungs-Kampagne erst mit zehnjähriger Verzögerung der Besteuerung zugrunde gelegt werden.

Alle nach dem Stichtag 01.01.1964 eingetretenen Veränderungen können seither nur im Wege von Nachfeststellung, Fortschreibung oder Aufhebung des Einheitswerts berücksichtigt werden. Hierbei ist aber immer eine Projektion auf die Wertverhältnisse zum Hauptfeststellungszeitpunkt 01.01.1964 notwendig. Dies führte in den vergangenen Jahren zu immer größeren Unterschieden zwischen den EW und den Verkehrswerten, was letztlich auch das Bundesverfassungsgericht dazu veranlasste, dem Gesetzgeber für Zwecke der (inzwischen abgeschafften) Vermögenssteuer (VSt) und der Erbschaft-/Schenkungsteuer (ErbSt/SchSt) eine Neubewertung des Grundbesitzes aufzugeben.

Um eine allgemeine Neubewertung des Grundbesitzes zu vermeiden, hat der Gesetzgeber die sog. Bedarfsbewertung eingeführt. Die Bedarfswerte (derzeitige Wertverhältnisse 01.01.1996) werden nur dann festgestellt, wenn sie für die ErbSt/SchSt und zusätzlich in wenigen Fällen für die Grunderwerbssteuer (GrESt) auch tatsächlich benötigt werden. Die Bedarfsbewertung obliegt ebenfalls den Bewertungsstellen. Für Zwecke der Grundsteuer (GrSt) sind weiterhin die EW nach den Wertverhältnissen 01.01.1964 maßgebend.

2 Prüfungsanlaß, Prüfungsumfang

Die Organisation, Arbeitsweise und Arbeitsbelastung wurden bei zehn Finanzämtern untersucht, um die geschilderten rechtlichen sowie vielfältige tatsächliche Veränderungen in jüngerer Vergangenheit in ihren Auswirkungen abzuprüfen.

3 Aufgaben und Funktion der Bewertungsstellen

Bei 76 der insgesamt 81 Finanzämter in Baden-Württemberg sind Bewertungsstellen eingerichtet. Diese stellen die EW und die GrSt-Meßbeträge für das land- und forstwirtschaftliche Vermögen und für das Grundvermögen fest. Seit 01.01.1996 haben die Bewertungsstellen auch die Bedarfswerte festzustellen.

4 Aufbau und Organisation der Bewertungsstellen

4.1 Organisationsform

Die Bewertungsstellen sind überwiegend nach traditionellem Muster einem oder mehreren Sachgebieten zugeordnet, denen vor allem bei kleineren Finanzämtern weitere Aufgabengebiete angegliedert sind.

Die einzelnen Arbeitsgebiete der Bewertungsstelle, die grundsätzlich mit einem Sachbearbeiter (SB) und einem Mitarbeiter besetzt sind, bearbeiten regelmäßig einen fest zugewiesenen Aktenbestand. Für schwierige Fälle, wie Sachwertfälle und Einspruchsentscheidungen, sind hingegen oft einzelne SB zentral zuständig. Die Bedarfsbewertungen werden nahezu ausschließlich von den SB durchgeführt.

4.2 Grundstückswertstellen

Entsprechend den Empfehlungen eines Gutachtens wurden bei vier Finanzämtern versuchsweise die Bewertungsstellen und GrESt-Stellen in sog. Grundstückswertstellen zusammengefaßt. GrESt-Festsetzung und Bewertung sollten gesamtheitlich von den selben Arbeitskräften durchgeführt werden. Durch den Wegfall von Doppelarbeit, wie das mehrmalige Auswerten der notariellen Verträge über Grundstücksgeschäfte sollten Personaleinsparungen ermöglicht werden.

Die Art und Weise der Umsetzung der Empfehlungen oblag weitgehend den Pilotämtern; die Organisationsform und die Arbeitsabläufe der Grundstückswertstellen sind unterschiedlich. So erledigen bei drei Finanzämtern die SB und Mitarbeiter der Grundstückswertstellen - wie bisher - die Bewertungsarbeiten und setzen daneben auch die GrESt fest. Nur schwierige GrESt-Fälle sind einem Spezialisten vorbehalten. Hier ergaben sich besonders bei der GrESt Beschleunigungseffekte. Beim vierten Finanzamt dagegen werden alle GrESt-Fälle von den SB der bisherigen GrESt-Stellen in der Weise materiell-rechtlich vorbereitet, daß die übrigen Bearbeiter der Grundstückswertstellen insoweit grundsätzlich nur noch als Datenerfassungskräfte tätig werden. Dennoch führte auch dieses Verfahren zur beschleunigten Festsetzung der GrESt, weil die Daten jetzt von mehr Arbeitskräften erfaßt werden.

Die ersten Erfahrungen haben gezeigt, daß nicht alle Arbeitskräfte der (bisherigen) Bewertungsstellen auf Grund ihrer fachlichen Qualifikation ohne weiteres in der Lage sind, die neuen Aufgaben zu erledigen. Nach Auffassung des RH kann die Zusammenfassung von GrESt-Festsetzung und Bewertung in der konzipierten Weise nur mit gut qualifiziertem und flexiblem Personal funktionieren.

Die Erwartung, daß nach der Zusammenlegung der Stellen sämtliche Verträge über Grundstücksgeschäfte nur noch einmal ausgewertet werden müssen, hat sich nicht erfüllt. Die Auswertung von Aufzeichnungen bei einem Finanzamt hat ergeben, daß in höchstens zwei Drittel der Fälle GrESt und Bewertung unmittelbar im zeitlichen Zusammenhang erledigt werden können.

4.3 Bausachverständige (BSV)

Die Bewertungsstellen werden vor allem in schwierigen Fällen des Grundvermögens (meistens sog. Sachwertfälle) von BSV unterstützt, denen daneben noch andere Aufgaben übertragen sind. In den vergangenen Jahren wurde der Anteil der von den BSV für die Einheitsbewertung aufgewendeten Zeit immer geringer; er hat sich auf etwa ein Fünftel ihrer Arbeitszeit eingependelt. Heute sind sie hauptsächlich für die Veranlagungsstellen tätig.

4.4 Amtliche Landwirtschaftliche Sachverständige (ALS)

Die ALS unterstützen die Bewertungsstellen bei der Bewertung des landwirtschaftlichen Vermögens. Zu ihren Hauptaufgaben gehört die technische und verfahrensrechtliche Durchführung der Bodenschätzung (heute insbesondere Nachschätzung) nach dem aus dem Jahr 1934 stammenden Gesetz über die Schätzung des Kulturbodens (BodSchätzG). Die Ergebnisse der sehr aufwendigen Tätigkeiten sind Grundlage für die Ermittlung des Wirtschaftswerts als Teil des land- und forstwirtschaftlichen EW. Nach den Einschätzungen der ALS entfällt etwa ein Drittel ihrer Arbeitszeit auf die Tätigkeit für die Bewertungsstellen.

Daneben sind sie auch im Bereich der Einkommensteuer tätig und leisten zudem noch Amtshilfe im nichtsteuerlichen Bereich wie z.B. für die Landwirtschafts-, Flurbereinigungs- und Liegenschaftsverwaltung.

5 Personalbestand

Nach den Geschäftsverteilungsplänen der Finanzämter waren am 01.01.1998 in den Bewertungsstellen 703 Arbeitskräfte (ohne Sachgebietsleiter) eingesetzt, davon 468 auf Beamten- und 235 auf Angestelltenstellen. Diese Arbeitskräfte sind in 356 Arbeitsgebieten tätig und unterstehen 93 Sachgebietsleitern (SGL). Unterstützt werden die Bewertungsstellen von 39 ALS, 34 Vermessungstechnikern und 24 BSV (einschließlich einer Hilfskraft).

6 Statistik

6.1 Die Bewertungsstellen haben halbjährlich eine Nachweisung über den Stand ihrer Arbeiten abzugeben. Darin sind u.a. folgende Angaben zu machen:

  • Die voraussichtlich zu erledigenden Arbeitsfälle,

 

  • die bis zum Ende des Berichtszeitraums insgesamt durchgeführten Fortschreibungen, Nachfeststellungen, Aufhebungen sowie die Zahl der Fälle, bei denen Bestandsveränderungen keine Auswirkung haben (K.F.-Fälle) und

 

  • die Zahl der Bewertungsakten.

6.2 Die statistischen Zahlen werden auf unterschiedliche Weise ermittelt, obgleich Verwaltungsvorschriften vorliegen, die eine einheitliche Erhebung sicherstellen sollen:

  • Die voraussichtlich zu erledigenden Arbeitsfälle werden mehr oder weniger frei geschätzt. Für einen Arbeitsnachweis ist diese Methode wenig brauchbar.

 

  • Die maschinell verarbeiteten Fälle werden personell gezählt, die K.F.-Fälle vereinzelt sogar geschätzt. Eine OFD verzichtet seit 1997 auf die personelle Anschreibung der maschinell verarbeiteten Fälle.

 

  • Die Zahl der EW-Akten wird ebenfalls personell ermittelt und grundsätzlich nicht auf den maschinellen Bestand zurückgegriffen. Die so ermittelten Zahlen liegen regelmäßig deutlich über dem maschinellen Bestand.

Folgerungen aus diesen unterschiedlichen Zählweisen sind bisher nicht gezogen worden.

6.3 Zusammenfassend ist festzustellen, daß die Statistik in der bisherigen Form wenig aussagekräftig ist. Auch als Hilfsmittel zur Wahrnehmung von Controllingaufgaben durch die SGL sind die Aufzeichnungen kaum brauchbar.

7 Aktenbestand

Nach der Landesstatistik hat in den letzten Jahren der Aktenbestand stetig zugenommen.

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Die Erhöhung des Aktenbestandes in den letzten sieben Jahren entspricht dem Gesamtbestand an Bewertungsakten von zehn großen Finanzämtern. Nach der inzwischen vorliegenden Statistik auf den 31.12.1998 (+17,51 %) setzt sich diese Tendenz offenbar weiter fort.

Die maschinelle Zählung ergab zum 31.12.1997 dagegen einen um 213 830 Einheiten niedrigeren Bestand. Die Differenz entstand nach den Feststellungen des RH hauptsächlich dadurch, daß maschinell nicht erfaßte Akten personell mitgezählt wurden.

8 Raumbedarf, Unterbringung

8.1 Der Raumbedarf der Bewertungsstellen ist - gemessen am Bedarf der übrigen Arbeitsgebiete der Steuerverwaltung - sehr groß. Bei einer angenommenen durchschnittlichen Stärke einer Akte von nur 0,5 cm ergeben die gesamten Akten der Bewertungsstellen des Landes aneinandergereiht eine Länge von 25 Kilometern. Bei den untersuchten Bewertungsstellen waren je m² Gesamtbürofläche durchschnittlich etwa 250 Akten untergebracht. Hochgerechnet ergibt dies landesweit einen Raumflächenbedarf von etwa 19 900 m² (ohne Nebenräume), was fast drei Fußballplätzen entspricht.

8.2 Unmittelbare Auswirkungen auf den Raumbedarf hat die Art der Aktenführung. Besonders deutlich zeigt sich dies bei der Ablage der notariellen Verträge. Bei einigen Stellen werden diese den Bewertungsakten beigeheftet, bei anderen Stellen erfolgt eine gesonderte Aufbewahrung. Bereits ein jährlicher Eingang von 10 000 Verträgen, wie er in mittelgroßen Bewertungsstellen üblich ist, nimmt mindestens 10 lfd. Meter in der Hängeablage in Anspruch. Es besteht keine Notwendigkeit der Ablage in den Akten. Die gesonderte Ablage erleichtert die Vernichtung der Verträge nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist (s. Pkt. 17.2.5.1).

8.3 Die räumliche Unterbringung der besuchten Bewertungsstellen kann grundsätzlich als befriedigend, z.T. sogar als gut beurteilt werden. Lediglich die Bewertungsstelle eines Finanzamts war bereits viele Jahre in kaum zumutbarer Weise in einer ehemaligen Fabrikhalle untergebracht. Auf Grund der beengten Raumsituation sah man sich dort u.a. dazu gezwungen, die EW-Akten in (offenen) Regalen auf dem Flur unterzubringen.

9 Quantitative Arbeitsleistung, Arbeitsstand

9.1 Landesweit wurden durchschnittlich rd. 750 000 Arbeitsfälle im Jahr erledigt.

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Die ermittelten Erledigungen basieren im wesentlichen auf den statistischen Meldungen der Oberfinanzdirektionen. Nach einem Höchststand der Erledigungen im Jahr 1994 ist danach ein stetiger Rückgang zu verzeichnen.

9.2 Die durchschnittlichen Erledigungen je Arbeitskraft entwickelten sich wie in Übersicht 3 dargestellt.

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Die Erledigungszahlen im Bereich der (ehemaligen) OFD Freiburg lagen in allen Jahren deutlich über denen der beiden anderen Oberfinanzdirektionen und somit auch weit über dem Landesdurchschnitt.

Da insbesondere die K.F.-Fälle auf unterschiedliche Weise ermittelt worden sind (s. Pkt. 6.2), wird in Übersicht 4 - beschränkt auf das Jahr 1997 - ein Vergleich dargestellt zwischen der durchschnittlichen Zahl der Erledigungen mit und ohne K.F.-Fälle.

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Die OFD Freiburg liegt auch bei den Erledigungen ohne K.F.-Fälle im Schnitt erheblich über den Werten der beiden anderen Oberfinanzdirektionen.

Auch wenn die Anzahl der K.F.-Fälle nur eingeschränkt aussagefähig ist, läßt sich dennoch erkennen, in welchem Maße die Bewertungsstellen mit Tätigkeiten beschäftigt sind, denen aus fiskalischer Sicht keine Bedeutung beizumessen ist. Dies gilt besonders für die land- und forstwirtschaftlichen Einheiten; wegen der zumeist geringen Wertansätze werden vielfach die Wertgrenzen für eine Fortschreibung nicht erreicht.

9.3 Die Erledigungszahlen (ohne K.F.-Fälle) der einzelnen Finanzämter haben eine beachtliche Bandbreite. Im Jahr 1997 lag diese zwischen 440 und 1 365 erledigten Fällen je Arbeitskraft, dies ist das 3-fache der geringsten Arbeitsleistung.

Diese gravierenden Unterschiede dürften zumindest teilweise auf die unterschiedlichen Strukturen der Amtsbezirke (z.B. ländliche oder städtische Bereiche) zurückzuführen sein.

Von Einfluß ist auch der Grad der Motivation und das Selbstwertgefühl der Bediensteten, die wesentlich beeinflußt werden durch die Stellung und das Ansehen der Bewertungsstelle bei der Amtsleitung und bei den übrigen Bediensteten. Bei vielen Ämtern herrscht der allgemeine Eindruck vor, daß auf den Bewertungsstellen häufig Personal eingesetzt wird, dem mangelnde Arbeitsqualität und -quantität auf Grund schlechterer Qualifikation oder gesundheitlicher Probleme nachgesagt wird und das deshalb auf vermeintlich höherwertigen Stellen der Ämter nur eingeschränkt einsetzbar ist.

Der RH betrachtet es als Aufgabe und Herausforderung für die Personalführung, der vielfach zu beobachtenden Demotivation beim Bewertungspersonal entgegenzuwirken.

Nicht außer Acht gelassen werden darf in diesem Zusammenhang die Gestaltung der Arbeitsabläufe. So wird beispielsweise in einigen Stellen trotz der Einführung der Bildschirmsachbearbeitung noch nach altem Muster gearbeitet. Im Bereich einer OFD nutzen die Bewertungsstellen für ihre Zwecke erst nach dem Hinweis des RH bereits vorhandene Grundinformationsdaten aus der GrESt-Datei. Innerhalb einer großen Stelle arbeiteten die einzelnen Arbeitsgebiete unterschiedlich und unabgestimmt nebeneinander her.

Es überrascht nicht, daß die Arbeitsleistung derjenigen Bewertungsstellen besser war, bei denen sich die SGL aktiv einschalten und - vor allem - um die Optimierung und Einheitlichkeit der Arbeitsabläufe bemüht sind. In solchen Stellen ist auch der Erfahrungsaustausch zwischen den Bediensteten intensiver.

9.4 Da die Statistiken nur eingeschränkt Aufschluß über den tatsächlichen Arbeitsstand geben, hat der RH bei vier Stellen genaue Erhebungen durchgeführt. Im allgemeinen wurden dabei keine Rückstände feststellt, deren Umfang Anlaß zur Sorge hätte sein müssen. Teilweise waren aber Fälle trotz Fristablaufs noch nicht bearbeitet.

10 Materielles Recht der Einheitsbewertung

Durch das Beibehalten der Wertverhältnisse 01.01.1964 wird nicht nur die tägliche Arbeit der Bewertungsstellen erschwert; auch die Steuerbürger haben zunehmend Schwierigkeiten, die auf die Wertverhältnisse des Jahres 1964 zugeschnittenen Erklärungsvordrucke zu verstehen und zutreffende Angaben zu machen.

So hat sich in den vergangenen Jahrzehnten der Bereich der Baustoffe und der Bautechnik derart weiter entwickelt, daß die Eingruppierungsmerkmale für die unterschiedlichen Bauarten als antiquiert bezeichnet werden müssen. Waren z.B. Holzhäuser - zumeist Fertighäuser - früher noch von einfachster Art, sind heutige Häuser in Holzbauweise den massiv errichteten Gebäuden meist qualitätsmäßig ebenbürtig, zuweilen schon aufwendiger. Gleichwohl ist bei diesen modernen Häusern weiterhin der niedrige Vervielfältiger für Holzbauweise anzuwenden.

Die erheblich verbesserte Bauqualität hat auch die bisherigen Ausstattungsmerkmale nahezu unbrauchbar werden lassen, nach denen die Ausstattung eines Gebäudes mit Zentralheizung, Bodenfliesen oder Isolierglasfenster bereits als hochwertig gilt.

Die unterschiedlichen Wertentwicklungen bei den Mieten und Grundstückspreisen machen es den Bewertungsstellen fast unmöglich, ein gleichmäßiges Niveau der EW aufrecht zu erhalten. Waren zum 01.01.1964 viele Gemeinden noch kleiner als 2 000 Einwohner, dörflich geprägt und dementsprechend auf sehr niedrigem Niveau bei den Mieten und Grundstückspreisen, so sind sie heute vielfach auf Grund der allgemeinen Entwicklung, insbesondere in landschaftlich reizvollen Gegenden oder im Bereich größerer Städte, bevorzugte Wohngemeinden geworden; Größe und Preisniveau sind oft nicht mehr mit dem Zustand im Jahr 1964 zu vergleichen. Dennoch sind bei der Feststellung des EW weiterhin die festgeschriebenen Werte für Mieten und Baulandpreise des Jahres 1964 zu übernehmen. Hierdurch sind Verzerrungen bei den EW eingetreten, die die immer größer werdende Gefahr heraufbeschwören, daß bald auch im Bereich der GrSt verfassungswidrige Wertansätze zugrundegelegt werden.

11 Bedarfsbewertung

Für die ErbSt/SchSt oder für die GrESt sind ab 01.01.1996 Grundbesitzwerte bei Bedarf gesondert festzustellen (Bedarfsbewertung). Diese Aufgabe wurde den Bewertungsstellen übertragen. Allein in diesem Bereich hat deren Tätigkeit noch unmittelbaren fiskalischen Nutzen für den Landeshaushalt, weil die ErbSt/SchSt und die GrESt reine Landessteuern sind.

Die erforderlichen Bewertungsrichtlinien, Erlasse und Vordrucke standen den Ämtern allerdings erst im Frühjahr 1998 zur Verfügung. Der dadurch entstandene Bearbeitungsstau war im Zeitpunkt unserer Erhebungen teilweise noch nicht abgebaut. Als besonders schwierig erweist sich in vielen Fällen die Ermittlung der zutreffenden Jahresmietwerte, weil in vielen Gemeinden keine Mietspiegel vorliegen.

Die Bedarfsbewertungen werden fast ausschließlich von den SB durchgeführt und nehmen deren Arbeitszeit zu etwa 20 % in Anspruch.

12 Verhalten der Gemeinden

Bedienstete der untersuchten Stellen beklagten, daß ihre Arbeit von den Gemeinden oft nicht in dem gebotenen Umfang unterstützt werde. So seien die Unterrichtung über Baugenehmigungen und Bauabnahmen in Form und Inhalt nicht immer befriedigend, Unterlagen über Baulandumlegungen würden bisweilen nur widerwillig oder überhaupt nicht herausgegeben und teilweise nur nach langwierigen Verhandlungen kostenlos überlassen. Zuweilen diene der Datenschutz als Vorwand für das Zurückhalten von Unterlagen und Informationen. Soweit in Kommunen die Kosten- und Leistungsrechnung und die Budgetierung eingeführt wurden, gehe der Trend hin zur Kostenberechnung für nahezu jede Dienstleistung.

13 DV-Unterstützung

Die überall eingeführte Bildschirmsachbearbeitung (EWIS-Verfahren) hat die Bewertungsarbeit erleichtert und beschleunigt, wozu auch die Verknüpfung mit den GrESt-Grundinformationsdaten und der Direktversand der Bescheide beitrugen.

Gleichwohl gibt es noch Schwachstellen. Beklagt werden vor allem die fehlende Probeberechnung bei der Feststellung der EW für das land- und forstwirtschaftliche Vermögen sowie die noch unzureichenden Möglichkeiten der Auswertung und Aufbereitung der Datenbestände (z.B. nach Gemeinden oder Arbeitsgebieten), wie dies im Veranlagungsbereich längst üblich ist. Als nachteilig erweist sich auch, daß EW-Bescheide, die mit individuellen Erläuterungen versehen werden müssen, nicht mittels Zentralversand zugestellt werden können, weil solche Eingabemöglichkeiten im EWIS-Programm bisher nicht vorgesehen sind.

Andererseits werden nicht alle Möglichkeiten, die das EWIS-Verfahren bereits heute bietet, von den Bearbeitern genutzt, weil die hierfür notwendigen Kenntnisse fehlen.

14 Automatisiertes Liegenschaftsbuch

Seit Mitte der 80er Jahre werden bei den Vermessungsämtern die Liegenschaftsbücher automationsgestützt geführt. Den Bewertungsstellen wurden bei Beginn komplette Bestandslisten übergeben. Danach erhielten sie über jede Veränderung einen Änderungsnachweis. Hierdurch fallen jährlich mehrere tausend Einzelblätter je Bewertungsstelle an, deren Bearbeitung und Ablage sehr zeitaufwendig ist.

Über den praktischen Nutzen gingen die Meinungen der Bearbeiter weit auseinander, sie reichten von brauchbar bis nahezu nutzlos . Das bedeutet, daß in einigen Bewertungsstellen die Änderungsnachweise durchgesehen und in die Akten abgelegt werden und in anderen Stellen keine Bearbeitung und Ablage erfolgt.

Von der Möglichkeit, sich in regelmäßigen Abständen nach Eigentümern und Flurstücken geordnete Bestandslisten ausdrucken zu lassen, machen - wohl aus Unkenntnis - nicht alle Bewertungsstellen Gebrauch. Bearbeiter, die aktuelle Listen verwenden, sehen darin eine Hilfe bei Sucharbeiten.

15 Steuerliche Bedeutung der Einheitswerte

15.1 Allgemeines

15.1.1 Die EW haben nach dem Wegfall der VSt und der Gewerbekapitalsteuer (GewKapSt) erheblich an steuerlicher Bedeutung verloren. Die EW für das Grundvermögen werden nur noch für die GrSt benötigt. Die EW für die Land- und Forstwirtschaft sind daneben noch Grundlage für die Anwendung anderer (weniger) steuerlicher Vorschriften. Zu erwähnen sind z.B. die in § 13a EStG geregelte Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen, die §§ 7g, 14a EStG, die den EW als Abgrenzungsmerkmal für Vergünstigungen bestimmen sowie die §§ 51 und 51a BewG, die zur ertragsteuerlichen Abgrenzung zwischen land- und forstwirtschaftlichen und gewerblichen Einkünften herangezogen werden.

15.1.2 Daneben finden die land- und forstwirtschaftlichen EW vor allem in zahlreichen nichtsteuerlichen Bereichen Anwendung. Anzuführen sind z.B. Flurbereinigungen, Höferecht, Bemessung der Beiträge zur Landwirtschaftskammer, Altershilfe, landwirtschaftliche Kranken- und Unfallversicherung sowie Förderungsmaßnahmen zur langfristigen Verpachtung von Betrieben.

15.1.3 Nach Auffassung des RH ist die Bedeutung der land- und forstwirtschaftlichen EW für die GrSt mittlerweile eher als nachrangig zu bezeichnen. Während der örtlichen Erhebungen haben die ALS hervorgehoben, daß ihre Tätigkeit zunehmend der Unterstützung der nichtsteuerlichen Verwendung der EW dient und insoweit die EW von den Landwirten und von den landwirtschaftlichen Institutionen weniger als Instrument der Besteuerung denn als Maßstab für die Inanspruchnahme von Leistungen verstanden werden.

15.2 Grundsteueraufkommen

Die GrSt ist eine Gemeindesteuer; ihr Aufkommen fließt in vollem Umfang den Kommunen zu.

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15.3 Aufteilung des Grundsteueraufkommens

Das GrSt-Aufkommen aus dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen (GrSt A) ist im Vergleich zur GrSt B nur von untergeordneter Bedeutung. Deutlich wird dies auch, wenn man das durchschnittliche Aufkommen je Akte ermittelt ( Übersicht 6).

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15.3.1 Grundsteuer A

Eine nähere Analyse des Aufkommens an GrSt A macht ersichtlich, daß die einzelnen land- und forstwirtschaftlichen Einheiten in äußerst unterschiedlicher Weise zu den schon sehr geringen durchschnittlichen Steuererträgen beitragen. Welch geringes Aufkommen aus nahezu drei Viertel der land- und forstwirtschaftlichen Einheiten resultiert, ist aus Übersicht 7 ersichtlich.

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Aus 70,8 % der land- und forstwirtschaftlichen Einheiten resultieren mithin nur rd. 3,7 Mio. DM des Aufkommens der GrSt A. Somit entfällt der weitaus überwiegende Anteil mit rd. 76 Mio. DM auf die restlichen 29,2 % aller land- und forstwirtschaftlichen Einheiten. Der RH hat festgestellt, daß hierzu alleine die Wohnungswerte mit etwa 29 Mio. DM (38 %) beitragen. Die gesamten land- und forstwirtschaftlichen Flächen erbringen somit nur etwa 50 Mio. DM GrSt je Jahr.

Trotz dieses sehr geringen steuerlichen Ertrags ist der zeitliche Aufwand für die Bearbeitung eines Falles der Land- und Forstwirtschaft einschließlich der Tätigkeit der ALS - unabhängig von der Höhe des EW - im Durchschnitt mindestens so hoch wie beim Grundvermögen. Welcher Aufwand selbst bei kleinsten Fällen getrieben werden muß, wird an nachfolgendem Beispiel deutlich.

Beispiel:

Im Jahr 1984 erwarben zwei Steuerbürger ein Ackergrundstück je zur Hälfte in Miteigentum. Es erging ein EW-Bescheid über 200 DM (Nachfeststellung 01.01.1985) und dementsprechend ein GrSt-Meßbescheid über 1,20 DM. Dieser war wiederum Grundlage für den von der Gemeinde zu erlassenden GrSt-Bescheid über 4 DM. Im Jahr 1985 starb einer der Miteigentümer, der von fünf Personen zu unterschiedlichen Anteilen beerbt wurde. Zum 01.01.1986 war daher eine Zurechnungfortschreibung auf die nunmehr sechs Miteigentümer vorzunehmen. Folglich war zum selben Stichtag eine Neuveranlagung des GrSt-Meßbetrages durchzuführen und ein neuer GrSt-Bescheid durch die Gemeinde zu erlassen. Im Jahr 1986 starb einer der neuen Miteigentümer; sein Anteil von ¼ ging auf drei der weiteren Miteigentümer über. Auf den 01.01.1987 ergingen daher nochmals ein EW-Bescheid über eine Zurechnungsfortschreibung, ein Bescheid über die Neuveranlagung des GrSt-Meßbetrages und ein GrSt-Bescheid. Die GrSt-Einnahmen in den Jahren 1985 bis 1987 betrugen insgesamt 12 DM. Dieser Betrag dürfte für das Briefporto der Bescheide gerade ausgereicht haben.

15.3.2 Grundsteuer B

Beim Grundvermögen ist der Steuerertrag wesentlich höher. Der in dem Gesamtaktenbestand des Grundvermögens enthaltene Anteil von 112 260 Fällen mit einem EW von unter 1 000 DM (= 2,9 %) ist im Vergleich zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen sehr gering.

16 Jährlicher Verwaltungsaufwand für die Einheitsbewertung

16.1 Gesamtaufwand

Nahezu der gesamte personelle und finanzielle Aufwand zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen für die GrSt wird vom Land getragen. Der RH hat diese Kosten unter Berücksichtigung der Richtsätze zur Veranschlagung der Dienstbezüge im Haushalt und der VwV-Kostenfestlegung in folgender jährlicher Höhe ermittelt (Übersicht 8).

1999-B018-Üb8.jpg

16.2 Vergleich der Gesamtkosten der Einheitsbewertung mit dem Grundsteueraufkommen

Der Arbeitsaufwand der Bewertungsstellen für die Einheitsbewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens unterscheidet sich im allgemeinen nicht von dem Aufwand, der für jede Einheit des Grundvermögens anfällt (vgl. Übersicht).

1999-B018-Üb9.jpg

Allerdings ist der Verwaltungskostenaufwand des Landes für die Einheitsbewertung im Vergleich zum GrSt-Aufkommen der Gemeinden sehr hoch. Besonders auffällig sind die Zahlen im Bereich des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens. Hinzu kommt, daß die bei den Gemeinden anfallenden Kosten für die Festsetzung und Erhebung der GrSt hierbei nicht eingerechnet sind.

Erste Analysen der am Pilotversuch Dezentrale Budgetierung teilnehmenden Finanzämter kommen - wenn auch noch z.T. auf ungesicherten Grundlagen - zu ähnlichen Ergebnissen.

17 Folgerungen

17.1 Allgemeines

Die bisherigen EW für den Grundbesitz haben seit dem 01.01.1998 ihre wesentliche Bedeutung für Steuern, die ganz oder teilweise dem Land zufließen, verloren. Dennoch sind weiterhin über 780 Bedienstete in der baden-württembergischen Steuerverwaltung mit der Ermittlung der EW nach den Wertverhältnissen 01.01.1964 beschäftigt. Während diese Tätigkeit bisher auch der Festsetzung der VSt und GewKapSt diente und die übrigen (z.T. außersteuerlichen) Anwendungsbereiche sich bequemerweise der vorhandenen EW als Bemessungsgrundlage bedienen konnten, stellt die Arbeit der Bewertungsstellen im Bereich des Grundvermögens inzwischen eine ausschließliche Dienstleistung für die Gemeinden dar. Die land- und forstwirtschaftlichen Einheitswerte hatten schon bisher erhebliche außersteuerliche Bedeutung.

Die hohen Personal- und Sachkosten der Bewertungsstellen rechtfertigen daher Überlegungen, von wem und auf welche Weise die Feststellung der EW sowie die Festsetzung und Erhebung der GrSt künftig abgewickelt werden könnten.

17.2 Vorschläge des Rechnungshofs

17.2.1 Verlagerung der Einheitsbewertung auf die Gemeinden

Der RH regt an, die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen für die GrSt den Gemeinden selbst zu übertragen, da die EW-Ermittlung für eigene Verwaltungszwecke der Landesfinanzbehörden schon derzeit nur noch wenig Bedeutung hat. Sie würde bei Umsetzung der Vorschläge (s. Pkt. 17.2.3) künftig ganz entfallen. Eine Übertragung auf die Kommunen entspräche im übrigen auch am ehesten dem Prinzip der Selbstverwaltung der Gemeinden.

17.2.2 Neugestaltung des Grundsteuer-Bemessungsverfahrens

17.2.2.1 Da die empfohlene Übertragung der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen auf die Gemeinden für sich allein lediglich eine Kostenverlagerung zur Folge hätte, regt der RH außerdem an, das bisher sehr aufwendige und komplizierte sowie kaum noch praktikable Verfahren und das anzuwendende materielle Recht einfacher zu gestalten.

Die Reform der GrSt ist in den vergangenen Jahren vielfach vom Finanzausschuß des Deutschen Bundestags beraten worden. Eine von ihm hierfür eingesetzte Arbeitsgruppe befaßte sich mit den verschiedenen Varianten einer GrSt-Reform, von der reinen Ausgestaltung der GrSt als Bodenwertsteuer bis hin zu verschiedenen Möglichkeiten von gemischten Maßstäben für ihre Erhebung.

Auch der Deutsche Städtetag beschäftigt sich bereits seit 1995 anläßlich der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Einheitsbewertung im Steuerrecht mit dieser Frage.

17.2.2.2 Der Schwerpunkt der bisherigen Überlegungen liegt auf dem Gebiet des GrSt-Bemessungsverfahrens für das Grundvermögen. Der Deutsche Städtetag sah folgende Eckpunkte einer Reform der GrSt:

  • Das kommunale Hebesatzrecht muß erhalten bleiben.

 

  • Ein vereinfachtes GrSt-Bemessungsverfahren soll auf der Grundlage der vorhandenen Bodenrichtwerte erreicht werden, die - falls praktikabel - mit einem pauschalierten Gebäudewert zu verknüpfen sind.

 

  • Zur Umsetzung der bodenpolitischen Ziele der Städte sollen GrSt-Meßzahlen genutzt werden, indem eine Staffelung nach Grundstücksarten, entsprechend der tatsächlichen Nutzung und/oder nach dem Bauplanungsrecht, festgelegt wird.

 

  • Schließlich soll ein neues Besteuerungsverfahren den Zielen der Verwaltungsvereinfachung entsprechen.

17.2.2.3 Für die Abschaffung der Einheitsbewertung in der bisherigen Form gibt es eine Vielzahl guter Argumente. Als wesentliche seien genannt:

  • Die Ermittlung der EW ist insgesamt aufwendig, kompliziert und kaum noch praktikabel.

 

  • Die Anknüpfung an den Stand der Bautechnik und an die Wertverhältnisse zum 01.01.1964 führt bereits seit langem zu nicht mehr zeitgemäßen Werten, was nicht zuletzt das Bundesverfassungsgericht dazu veranlaßte, den Ansatz dieser Werte bei der VSt als verfassungswidrig anzusehen.

 

  • Das bisherige dreistufige Verfahren (EW-Bescheid, GrSt-Meßbescheid und GrSt-Bescheid) ist umständlich und antiquiert.

 

  • Insbesondere die Feststellung der land- und forstwirtschaftlichen EW gestaltet sich auch in materiellrechtlicher Hinsicht äußerst aufwendig und wenig effizient. So existieren dafür umfangreiche Richtlinien und eine Unzahl von sonstigen Verwaltungsanweisungen. Hinzu kommen die auf der Grundlage des BodSchätzG aus dem Jahr 1934 von den ALS durchzuführenden Bodenschätzungen. Zudem wird der gesamte Aufwand in den allermeisten Fällen nur betrieben, um letztlich festzustellen, daß keine oder nur eine geringe Steuer anfällt.

17.2.2.4 Der RH regt an, für Zwecke der GrSt das bisherige Bewertungsverfahren nur noch für eine Übergangszeit beizubehalten. Die bereits aufgenommenen Beratungen mit den Städten und Gemeinden darüber, ob und ggf. wie die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen durch die Kommunen selbst mittelfristig in einem stark vereinfachten Verfahren vorgenommen werden kann, sollten daher mit Nachdruck fortgesetzt werden. Das Land sollte stärker als bisher verdeutlichen, daß es mit der kostenaufwendigen Einheitsbewertung im wesentlichen eine unentgeltliche Dienstleistung für die Kommunen erbringt . Diese Unentgeltlichkeit ist in Frage zu stellen. Einen Ersatz der Kosten für diese Dienstleistungen durch die Gemeinden sollte das Land anstreben.

17.2.3 Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens als Besonderheit

17.2.3.1 Die EW des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens sind nur noch für einen schmalen Teilbereich der ertragsteuerlichen Veranlagung der Land- und Forstwirte von Bedeutung. Die Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens sollte schon aus Kostengründen nicht mehr in der bisherigen Form fortgeführt werden.

Würde die Einkunftsermittlung der Land- und Forstwirte künftig nicht mehr nach Durchschnittssätzen, sondern - wie bei Gewerbetreibenden und selbständig Tätigen - generell auf der Grundlage von Aufzeichnungen erfolgen, wären die EW für die Ertragsbesteuerung bedeutungslos. Der Bundesrechnungshof hat hierzu in seinen Bemerkungen 1995 ausgeführt, daß die Gewinnermittlung nach § 13a EStG die Besteuerung kaum noch vereinfache und die Gewinne nur zu einem erheblich geringeren Anteil erfasse, als bezweckt gewesen sei. Wegen dieser unzutreffenden Wertansätze und anderer Mängel sollte nach Auffassung des Bundesrechnungshofs erwogen werden, § 13a EstG entweder zu ändern oder aufzuheben.

Der RH empfiehlt daher eine Initiative des Landes zur entsprechenden Änderung der Besteuerungsvorschriften.

Sollte dieser Initiative kein Erfolg beschieden sein, wäre zu überlegen, im Wege einer Rechtsänderung den Wohnteil und die Betriebswohnungen wie Grundvermögen zu besteuern und die landwirtschaftlich genutzten Flächen (evtl. einschließlich der Wirtschaftsgebäude) aus Vereinfachungsgründen von der GrSt freizustellen. Damit entfiele die aufwendige Wertermittlung. Die Mindereinnahmen, die sich für die Gemeinden hieraus ergeben würden, wären beispielsweise durch eine sehr moderate Erhöhung der Grundsteuer-Hebesätze zu kompensieren.

17.2.3.2 Die Verwendung der land- und forstwirtschaftlichen EW oder deren Berechnungsgrundlagen gewinnen lediglich im nichtsteuerlichen Bereich immer größere Bedeutung. Dabei werden die EW von den Landwirten und von den landwirtschaftlichen Institutionen weniger als Instrument der Besteuerung denn als Maßstab für die Inanspruchnahme von Leistungen verstanden.

Es kann nicht Aufgabe der Steuerverwaltung sein, weiterhin diesen Service zu bieten. Vielmehr werden die landwirtschaftlichen Institutionen selbst Kriterien und Maßstäbe festzulegen haben, nach denen z.B. die Höhe von Beiträgen oder Fördermitteln zu bemessen sind.

17.2.4 Umsetzungsalternativen

Sollte die vorgeschlagene Verlagerung der Einheitsbewertung auf die Gemeinden nicht in absehbarer Zeit realisiert werden können, hält der RH die Umsetzung seiner Überlegungen zur Vereinfachung des GrSt-Bemessungsverfahrens für dringend erforderlich. Allein durch den Wegfall der unrentablen Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens würde eine beträchtliche Effizienzsteigerung und Kostenminderung eintreten. Des weiteren bliebe zu prüfen, wie die Gemeinden zur Erstattung der Verwaltungskosten herangezogen werden könnten.

17.2.5 Weitere Vorschläge

Wenn die gemachten Vorschläge nur mittelfristig umsetzbar sein sollten, könnten die folgenden Überlegungen bereits kurzfristig zur Kostenminderung und Effizienzsteigerung beitragen:

17.2.5.1 Verringerung des umfangreichen Akteninhalts und Einführung der elektronischen Akte

Ein Teil des Akteninhalts ist entbehrlich, denn die notariellen Verträge könnten getrennt von den EW-Akten gelagert und nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist ausgesondert werden.

Besitzstandsbogen der land- und forstwirtschaftlichen Einheiten könnten elektronisch geführt werden oder bei Zugriff auf das ALB (s. Pkt. 17.2.5.2) ganz entfallen. Weiterhin wäre zu untersuchen, ob Änderungsnachweise und Bescheiddurchschriften noch in Papierform erstellt werden müssen. Die Einführung der elektronischen Akte würde große Gebäudeflächen freimachen und damit Kosten einsparen; daneben wäre eine weitere Steigerung der Verfahrenseffizienz durch einen jederzeitigen und ortsunabhängigen Zugriff auf diese Daten möglich.

17.2.5.2 Nutzung der EDV-Möglichkeiten optimieren

Die flächendeckende Einführung der Bildschirmsachbearbeitung (EWIS) hat die Bewertungsarbeit deutlich erleichtert. Dennoch gilt es, nach und nach die noch vorhandenen Schwachstellen zu beseitigen.

Wesentliche Erleichterungen und Einsparungen brächte der Verbund interner und externer Datenbestände. Allein durch den direkten Zugriff auf das bei den Vermessungsämtern geführte automatisierte Liegenschaftsbuch entfielen hunderttausende Einzelausdrucke und der damit verbundene enorme Arbeitsaufwand.

Das Grundbuch wird erst bei wenigen Gemeinden in elektronischer Form geführt. Die damit gemachten Erfahrungen sind durchweg positiv (DS 12/1724). Bei der Weiterentwicklung des Grundbuchverfahrens sollte den Bewertungsstellen die elektronische Fernabfrage ermöglicht werden.

Die Arbeit der ALS und der Vermessungsämter ließe sich erleichtern, wenn die Bodenschätzungsergebnisse nicht mehr wie bisher papiermäßig übermittelt werden müßten, sondern online in das ALB eingetragen werden könnten.

Die optimale Nutzung der DV ist nur möglich, wenn die dazu notwendigen Kenntnisse bei den Bearbeitern vorhanden sind. Die Untersuchungen haben gezeigt, daß in diesem Bereich teilweise noch erhebliche Defizite bestehen. Die Anwender sollten regelmäßig durch Fachleute geschult und unterstützt werden.

17.2.5.3 Einführung von Bearbeitungsgrundsätzen

Die Intensität der Sachverhaltsermittlung und die sich aus der verwaltungstechnischen Umsetzung ergebende steuerliche Relevanz müssen in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden.

Zur Gewährleistung landesweit einheitlicher Verfahrensabläufe empfiehlt der RH die Einführung von Bearbeitungsgrundsätzen für die Bewertungsstellen, wie sie - in ähnlicher Form - bereits seit längerer Zeit für den Veranlagungsbereich und für die GrESt- und ErbSt-Stellen bestehen.

In diesem Zusammenhang sollten die auf dem antiquierten materiellen Recht beruhenden Erklärungsvordrucke überarbeitet werden. Angaben über Bauart und Ausstattung von Gebäuden sollten nicht länger auf Vordrucken zu machen sein, die noch den Stand der Technik zum 01.01.1964 berücksichtigen.

17.2.6 Angleichung der quantitativen Arbeitsleistung; Benchmarking

Die quantitative Arbeitsleistung der einzelnen Finanzämter, ausgedrückt in der durchschnittlichen Zahl der Erledigungen je Arbeitskraft, hat eine beachtliche Bandbreite. Das Finanzamt mit der höchsten Erledigungsleistung erreichte die 3-fachen Werte des Amtes mit der niedrigsten Arbeitsleistung. Diese Unterschiede sollten die Verwaltung veranlassen, die Gründe für die Abweichungen zu untersuchen und durch entsprechende Maßnahmen (z.B. Änderung der Arbeitsabläufe) eine Angleichung an die besten Finanzämter zu erreichen.

17.2.7 Zusammenarbeit mit den Gemeinden

Der RH empfiehlt, den Gemeinden bewußt zu machen, daß sie als Hauptnutznießer der Tätigkeit der Bewertungsstellen diese unterstützen sollten. Form und Inhalt von Informationen und Unterlagen für die Bewertungsstellen sollten sich möglichst an deren Anforderungen orientieren. Der Datenschutz darf nicht, wie es zuweilen geschieht, als Vorwand für das Zurückhalten von Unterlagen und Informationen dienen. Außerdem muß sichergestellt sein, daß die von den Gemeinden für die Bewertungsstellen erbrachten Dienstleistungen kostenfrei bleiben.

17.2.8 Grundstückswertstellen

Nach den bisherigen Erfahrungen bei den versuchsweise eingerichteten Grundstückswertstellen führt die Zusammenfassung der GrESt und der Einheitsbewertung zumindest zur schnelleren Festsetzung der GrESt. Eine gesamtheitliche Fallbearbeitung kann nur funktionieren, wenn die Bearbeiter in der Lage sind, beide Bereiche tatsächlich abzudecken. Für schwierige GrESt-Fälle kann nach Auffassung des RH auf Spezialisten wohl nicht gänzlich verzichtet werden.

Da die fachliche Qualifikation bei den einzelnen Bewertungsstellen des Personals sehr unterschiedlich ist, wird die landesweite Umsetzung des Projekts nicht nach einem starren Muster, sondern nur unter Berücksichtigung der personellen Ressourcen der Finanzämter erfolgen können.

17.2.9 Bedarfsbewertung

Es hat sich gezeigt, daß die Bedarfswerte für Zwecke der ErbSt von den Bewertungsstellen ohne zusätzliches Personal festgestellt werden können. Der RH sieht jedoch keinen zwingenden Grund dafür, diese Arbeiten von den Bewertungsstellen durchführen zu lassen, da die Ermittlung der Bedarfswerte mit der herkömmlichen Einheitsbewertung kaum etwas gemeinsam hat.

Die Übertragung der Ermittlung und Feststellung der Bedarfswerte auf die ErbSt-Stellen würde das Verfahren effektiver und kundenfreundlicher machen. Die notwendigen Angaben könnten gleichzeitig mit der ErbSt-/SchSt-Erklärung angefordert werden; die Bewertungsstellen müßten nicht mehr eingeschaltet werden, wodurch sich das Verfahren deutlich verkürzen ließe. Zudem müßten die Steuerpflichtigen nur noch mit einer Stelle Kontakt aufnehmen.

18 Stellungnahme des Finanzministeriums

Das FM hat keine Einwendungen gegen diesen Beitrag erhoben.


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Anhänge

Die Zeiträume bis zum Volleinsatz von DV-Fachanwendungen sind oft unvertretbar lang. Für bestimmte automatisierbare Verwaltungsabläufe steht DV-Unterstützung noch nicht zur Verfügung. Prozeßoptimierungen einzelner Anwendungen erscheinen notwendig.


1 Vorbemerkung

Für die Erledigung der Aufgaben der Steuerverwaltung ist Automationseinsatz unbedingt notwendig. Die Verwaltung setzt deshalb konsequenterweise voll auf die DV-Technik („Finanzamt 2000“). Die DV-Landschaft ist gekennzeichnet durch eine Vielzahl unterschiedlicher Fachanwendungen für Steuerfestsetzung und -erhebung; sie spiegeln die vielfältigen unterschiedlichen Aufgaben der Finanzämter wider. Die negativen Wirkungen einer ungebrochenen Normenflut und die anhaltende Änderungsdynamik auf dem Gebiet des Steuerrechts zeigen sich für die Finanzämter in diesem Bereich besonders deutlich, weil alle Rechtsänderungen hier zentral und als erstes umgesetzt werden müssen, häufig sogar äußerst kurzfristig.

2 Prüfungsanlaß

In der DV-Ausstattung und -qualität der Finanzämter hat sich in den letzten Jahren die Situation erheblich verbessert. So ist als ein Meilenstein in vielen Einsatzbereichen die sog. Bildschirmsachbearbeitung, also die ganzheitliche Fallbearbeitung durch - dialogorientierte - Direkteingabe der Daten eingeführt worden. Voraussetzung hierfür war der technologisch-strategische Umstieg von der reinen Großrechnerwelt zu dezentral vernetzten Bildschirmarbeitsplätzen . Dadurch entfiel die zentrale Erfassung vorher manuell aufgenommener Daten. Ein weiterer Fortschritt ist mit dem Zentralversand von DV-Produkten, insbesondere von Steuerbescheiden durch das Druck- und Versandzentrum der OFD Stuttgart in Karlsruhe erreicht worden.

Gleichwohl fällt auf, daß es in wichtigen und wesentlichen Aufgabenbereichen der Steuerverwaltung noch keine oder eine nur ungenügende DV-Unterstützung gibt und die Entwicklung einzelner projektierter Verfahren sich ungewöhnlich lange hinzieht. Die vom RH hierzu in ausgewählten Bereichen angestellten Untersuchungen führten zu den nachfolgenden Feststellungen.

3 Kraftfahrzeugsteuer

Die Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer ist als Massenverfahren ausgerichtet. Bei relativ geringen Steuerbeträgen je Fahrzeug besteht deshalb unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit ein hoher Rationalisierungsdruck. Zwar werden die etwa 6,5 Millionen Fälle bei den baden-württembergischen Finanzämtern seit 1993 elektronisch verwaltet; gleichwohl erfordert die derzeitige Verfahrensausgestaltung in einer großen, einem Massenverfahren nicht mehr gerecht werdenden Zahl von Einzelfällen umständliche und zeitaufwendige individuelle Maßnahmen, die auf die Arbeitsabläufe hemmend wirken.

Dazu zwei Beispiele:

  • Im Fall des Lastschrift-Einzugverfahrens (LEV) wird die Bankverbindung zwar gespeichert; wechselt der Steuerpflichtige sein Fahrzeug, so geht diese Information DV-technisch jedoch verloren, weil eine Verknüpfung zwischen dem bisherigen und dem neuen Steuerkonto nicht besteht. Das bedeutet, daß die Bankverbindung dann nochmals, ggfs. durch Rückfrage beim Fahrzeughalter, manuell ermittelt und in das System eingegeben werden muß. Dieser in Hunderttausenden von Fällen jedes Jahr erforderliche Aufwand ließe sich vermeiden, wenn für jeden Fahrzeughalter ein fahrzeugunabhängiges festes Ordnungsmerkmal, etwa eine feststehende Steuernummer, vorgehalten würde. Denkbar wäre eine technische Verknüpfung zwischen dem alten und dem neuen Steuerfall, beispielsweise über den Namen in Kombination mit dem regelmäßig zur Verfügung stehenden Geburtsdatum.

Mit dem Problem der Übertragung der Teilnahme am LEV befassen sich die zuständigen Bund/Länder-Arbeitsgruppen schon seit drei Jahren, ohne bisher eine Lösung gefunden zu haben.

  • Nicht selten sind die Fälle, in denen Fahrzeughalter Jahr für Jahr einen zu hohen Betrag bezahlen, weil sie sich am Zahlungsbetrag des Vorjahres orientieren, der - etwa wegen einer einmaligen Verspätung - um die Säumnisgebühr erhöht war. In den in regelmäßigen Abständen erstellten DV-Listen werden dann die so entstandenen minimalen Überzahlungen (Kleinbeträge von 1 DM bis unter 10 DM) als Guthaben ausgewiesen. Solche Konten werden in einem aufwendigen und in keinem angemessenen Verhältnis zum Betrag stehenden Verfahren durch Erstattung der Überzahlungen manuell bereinigt. Dazu ist ggf. sogar erforderlich, die Kontonummer durch Rückfrage beim Berechtigten zu ermitteln.

Ein Vereinfachungseffekt würde eintreten, wenn solche Kleinbeträge einstweilen DV-technisch unterdrückt und erst bei der regelmäßig zu einer Steuererstattung führenden Beendigung der Steuerpflicht mit dem Steuerguthaben erstattet werden.

4 Aktenabgabeverfahren

4.1 Beim Übergang der örtlichen Zuständigkeit für die Besteuerung auf ein außerhalb des Bezirks einer OFD gelegenes Finanzamt ist es nicht möglich, die gespeicherten Daten elektronisch zu übertragen. Vielmehr muß das übergebende Amt zunächst elektronische Datenauszüge anfordern; die so ausgedruckten Daten müssen vom übernehmenden Amt einzeln wieder in das DV-System eingegeben werden. Die Auszüge durchlaufen dazu mehrere Erfassungs- und Kontrollstationen. Unter dieser Situation haben in erhöhtem Maße die Finanzämter zu leiden, deren Zuständigkeitsbereich an eine andere OFD in Baden-Württemberg oder in einem anderen Bundesland angrenzt. Das Verfahren ist selbst nach Einschätzung des FM „hochkompliziert und extrem fehleranfällig“ und sehr zeitaufwendig. Es bindet bei den davon hauptsächlich betroffenen Finanzkassen schätzungsweise ein Fünftel der Arbeitszeit der zuständigen Kontenverwalter.

In den einschlägigen Bund/Länder-Gremien wird dieses Problem schon seit über einem Jahrzehnt erörtert. Im Hinblick auf das Einsparpotential von 30 % bei bundesweit einheitlichen Abgabeverfahren muß nach Einschätzung des RH mit Nachdruck daran gearbeitet werden, die DV-technischen Voraussetzungen für eine elektronische Übergabe zu schaffen.

4.2 Dasselbe Szenario gilt auch für den Fall des Wechsels der Zuständigkeit für die Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer (vgl. Pkt. 4.1). Zwar ist hier der Zeitaufwand wegen der geringeren Komplexität der Übernahmefälle geringer, anderseits ist die Fluktuationsrate in absoluten Zahlen viel höher. Sie dürfte landesweit bei schätzungsweise mindestens 50 000 Fällen je Jahr liegen.

4.3 Eine elektronische Datenübertragung von einem Konto auf ein anderes ist noch nicht einmal innerhalb desselben Finanzamts möglich, wenn nur eine partielle Verlagerung auf eine andere Steuernummer - etwa nach Umwandlung einer Gesellschaft - erfolgen soll. Ein solcher Vorgang erfordert zahlreiche Arbeitsschritte verschiedener Organisationseinheiten, die teilweise mehrmals durchlaufen werden müssen.

5 Beleggebundenes Zahlungs- und Überweisungsverfahren (BZÜ-Verfahren)

Die Finanzämter fügen den Mahnungen und Vollstreckungsankündigungen maschinell vorbereitete Überweisungsträger bei. Verwendet der Steuerpflichtige solche Belege, kann die Zuordnung der Zahlungen auf die entsprechenden Rückstände maschinell erfolgen. Dadurch entfällt die sonst in jedem einzelnen Fall an Hand der Kontoauszüge oder sonstiger Einzahlungsbelege erforderliche arbeitsaufwendige Zuordnung der Zahlungen auf den Steuerschuldner und den konkreten Rückstand. Gleichwohl konnte dieses Verfahren die Erwartungen bisher nicht erfüllen, insbesondere, weil die Anzahl der aus verschiedenen Gründen nicht zuordenbaren Zahlungen erheblich zu hoch ist. Solche Fälle müssen arbeitsaufwendig bereinigt werden.

Eine Optimierung dieses Verfahrens wäre z.B. durch eine generelle Ausdehnung auf solche Zahlungen möglich, die nicht durch LEV erfolgen. Konkrete Vorschläge wurden der Verwaltung genannt.

6 Maschinelle Überwachung steuerbegünstigter Körperschaften

Körperschaften, die gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen, sind steuerbefreit. Die Finanzämter sind angehalten, in einem Turnus von regelmäßig drei Jahren zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung noch vorliegen. Zu diesem Zweck ist eine Überwachungsliste, die sog. Gemeinnützigkeitsliste, zu führen. Durch sie wird die turnusmäßige Aufforderung an die Körperschaften gesteuert, Erklärungen abzugeben, an Hand derer die Gemeinnützigkeit überprüft werden kann.

Für die gesamte Überwachung und die ggfs. abschließende Bestätigung der Steuerbefreiung durch den sog. Freistellungsbescheid besteht nach wie vor keine DV-Unterstützung, obgleich die Überlegungen hierzu auf Bund/Länder-Ebene mehr als zehn Jahre zurückreichen. Einige Finanzämter haben deshalb nach jahrelangem erfolglosem Drängen zur Selbsthilfe gegriffen und auf Standardsoftware basierende Datenbanken eingerichtet; sie verwalten so ihre Überwachungsfälle. Die mit geringem Aufwand bewirkten Rationalisierungseffekte, die moderne Standardsoftwareprogramme mit Filter- und Serienbrieffunktionen bieten, sind beachtlich. Insbesondere können auf diese Weise „per Knopfdruck“ statistische Auswertungen gemacht werden, wie sie etwa auch für die Beantwortung parlamentarischer Anfragen durch das FM benötigt werden.

In den Finanzämtern des Landes gibt es derzeit mehr als 55 000 solcher überwachungsbedürftiger Fälle . Die Notwendigkeit einer DV-Unterstützung ist evident. Die DV-Subkultur der Finanzämter, auf die der RH schon in der Vergangenheit in anderem Zusammenhang gestoßen ist (vgl. Denkschrift 1998 Nr. 20), ist zudem einerseits Indikator dafür, wie dringlich dies ist, und insoweit positiv zu betrachten. Andererseits ist es unwirtschaftlich, wenn mehrere Stellen die im Prinzip gleichen Arbeiten durch den Aufbau einer Schatten-DV machen. Die Verwaltung sollte deshalb nunmehr die Automationsunterstützung für diesen Spezialbereich forcieren.

7 Kapitalertragsteuer-Direkteingabe

Kapitalertragsteuern sind von den Schuldnern der Kapitalerträge oder den diese auszahlenden Stellen beim Finanzamt anzumelden und zu bezahlen. Diese „Anmeldesteuer“ hat seit der Einführung der sog. Zinsabschlagsteuer erheblich an Bedeutung gewonnen; demzufolge ist der Verwaltungsaufwand deutlich gestiegen. Eine Direkteingabe der für die ordnungsgemäße Erhebung relevanten Daten durch den zuständigen Bearbeiter ist indes nicht möglich. Diese sind vielmehr von einer zentralen Stelle zu erfassen, und zwar grundsätzlich - entsprechend einer bestehenden Weisung - vor einer formellen und sachlichen Prüfung der Anmeldung durch den Bearbeiter. Die Anweisung hat insbesondere den Zweck, durch einen beschleunigten Lastschrifteinzug erhebliche Zinsverluste zu vermeiden. Sie treten sonst ein, weil diese Zahlungsweise in erheblichem Umfang gewählt, der Zahlungsvorgang technisch bedingt aber erst durch die Buchung angestoßen wird. Nachteilig wirkt sich dabei aber aus, daß dieses Verfahren die Gefahr fehlerhafter Datenerfassung erhöht und damit den Erfolg eines zeitnahen Lastschrifteinzugs merklich schmälert.

Die Direkteingabe der Daten durch den Bearbeiter könnte diese Probleme beseitigen oder entscheidend reduzieren. Es sollte deshalb die Realisierungsmöglichkeit der Bearbeitereingabe geprüft werden. In die Überlegungen wäre auch einzubeziehen, wie die Abgabe der Anmeldungen maschinell hinreichend überwacht werden kann; die derzeitigen Methoden erscheinen unzureichend.

8 „Feststellung“ von Einkünften

Die Finanzämter sind aus rechtlichen Gründen gehalten, Einkünfte, an denen mehrere Personen beteiligt sind, in einem von der Steuerfestsetzung getrennten Verfahren „festzustellen“ und hierüber Bescheide zu erlassen. Außerdem sind die für die Besteuerung der Beteiligten zuständigen Finanzämter zu informieren. Damit ist ein hoher Schreib- und Sortieraufwand verbunden, besonders bei einer Vielzahl von Beteiligten (z.B. bei sog. Publikumsgesellschaften). Schon vor über einem Jahrzehnt hat die Verwaltung deshalb Überlegungen angestellt, das Verfahren maschinell zu unterstützen. Die Pilotierung von FEin sollte schließlich im Jahre 1993 bei einem Finanzamt beginnen; bis es soweit war, vergingen aber nochmals weitere drei Jahre. Es ist derzeit immer noch nicht allgemein eingeführt. Abgesehen von der überaus langen Entwicklungsdauer ist u.a. zu bemängeln, daß

  • das Verfahren nicht die Fälle erfaßt, in denen nach Einspruch gegen den Feststellungsbescheid die Besteuerungsgrundlagen (teilweise) von der Vollziehung ausgesetzt werden; ein solches förmliches Verfahren erfordert hohen Rechen- und Schreibaufwand, weil auch hier die Finanzämter jedes einzelnen Beteiligten informiert werden müssen. Diese Arbeiten müssen nach wie vor manuell erledigt werden. Der Aufwand potenziert sich, je größer die Zahl der von der Aussetzung betroffenen Beteiligten ist (Publikumsgesellschaften),

 

  • bei der Erst- oder Neuaufnahme eines Beteiligten in den Speicher können die schon erfaßten Adreßdaten durch Eingabe lediglich der Steuernummer nur dann ins System „eingelesen“ werden, wenn die für den Beteiligten und die Gesellschaft zuständigen Finanzämter sich im selben OF-Bezirk befinden. In den anderen Fällen müssen diese Daten komplett erfaßt werden.

9 Verwaltung der Erbschaftsteuer

9.1 Mit dem Verfahren EASY soll eine umfassende Automationsunterstützung für die Verwaltung der Erbschaftsteuer bereitgestellt werden. Insbesondere sollen folgende Arbeitsvorgänge unterstützt werden:

  • Maschineller Zugriff auf benötigte Informationen,
  • Bearbeitung eingehender Unterlagen,
  • Führung von Listen und Karteien,
  • Berechnung und Festsetzung der Erbschaft- und Schenkungsteuer.

9.2 Die Projektdefinition für das Verfahren wurde im Jahre 1991 erstellt. Mit dem Auftrag zur Hauptuntersuchung im Jahre 1994 hat das FM die Erwartung ausgesprochen, das Verfahren bis Mitte 1995 abzuschließen. Der landesweite Einsatz ist nunmehr für das Jahr 1999 vorgesehen.

Wesentliche Elemente sind noch nicht realisiert:

  • So ist etwa die maschinelle Festsetzung der Schenkungsteuer, die mit etwa einem Drittel (bezogen auf das Jahr 1998) einen nicht unerheblichen Anteil aller Steuerfestsetzungen ausmacht, insgesamt noch nicht möglich.

 

  • Die Erbschaftsteuer kann derzeit nur in etwa vier Fünftel der steuerpflichtigen Erbschaftsfälle maschinell festgesetzt werden.

 

  • Eine elektronische Prüfberechnung ist (noch) nicht möglich. Ohne die Möglichkeit der Prüfberechnung - einem Kernstück der DV-gestützten Steuerfestsetzung - ist ein echtes Dialogverfahren nicht möglich. Der Anwender kann nicht „online“ am PC verfolgen, ob der Steuerfall mit den eingegebenen Daten gerechnet werden kann. Über einen evtl. Abbruch des Rechenvorgangs wird er deshalb - in Papierform - erst mehrere Tage später informiert; er muß den Fall dann erneut in die Hand nehmen. Zudem besteht die Gefahr, daß durch einen Fehler bei der Erfassung einzelner Besteuerungsmerkmale die Steuer unrichtig festgesetzt wird.

Der RH hatte schon in der Denkschrift 1996 zur Bearbeitung der Erbschaft- und Schenkungsteuer darauf hingewiesen, daß er die zügige Realisierung des Projekts als unverzichtbar erachte (Nr. 22 Pkt. 8). Dem ist der Landtag beigetreten.

Der Verwaltung wurden im Prüfbericht zahlreiche weitere Mängel in der bereits bestehenden DV-Unterstützung aufgezeigt und Lösungsvorschläge gemacht.

10 Belegleser (Scanner), Bearbeitung von Umsatz- und Lohnsteueranmeldungen

10.1 Ein Test der OFD Stuttgart zum Einsatz von Beleglesern im Jahre 1991 hatte keinen akzeptablen Erfolg. Seit November 1997 wird nunmehr bei einem Finanzamt im Bereich der OFD Karlsruhe der Einsatz eines Beleglesers für Umsatzsteuervoranmeldungen und Lohnsteueranmeldungen getestet. Er soll die manuelle Erfassung der Daten durch die automatische Datenerfassung ersetzen. Die Anmeldeformulare werden gescannt, die Daten elektronisch gelesen; in einem Nachbearbeitungsschritt können Korrekturen vorgenommen werden. Aus fehlerfreien oder korrigierten Belegen wird automatisch der für den Großrechner benötigte Datensatz erzeugt.

Durch das Verfahren soll erreicht werden, daß die bei den Finanzämtern eingehenden Anmeldungen eines Massenverfahrens auch in Spitzenzeiten möglichst taggleich verarbeitet und die Primärdaten verbucht werden können. Dies ist Voraussetzung für den Einzug der angemeldeten Steuern vom Konto des Steuerpflichtigen per LEV. Zinsnachteile des Fiskus können dadurch vermieden werden; die bisherige „konventionelle“ Datenerfassung entfällt.

Der Versuch ist erfolgversprechend. Nach einer Berechnung der OFD Karlsruhe führt allein die zeitnahe Bearbeitung der Anmeldungen zu Zinsauswirkungen von fast 5 Mio. DM je Jahr.

10.2 Die Bearbeitung der eingehenden Steueranmeldungen geschieht derzeit in der Weise, daß sich der Bedienstete mit zeitlichem Abstand von einigen Tagen mehrmals mit dem Fall beschäftigen muß und ein echter Dialog nicht stattfindet. Die Verarbeitung und Archivierung der anfallenden Papiermenge bindet zudem Personalressourcen.

Mit dem Verfahren „Bildschirmsachbearbeitung im maschinellen Umsatzsteuer-Voranmeldungs- und Vorauszahlungsverfahren und Lohnsteuer-Anmeldungsverfahren“ (BUL) soll ermöglicht werden, die Anmeldungen im Wege einer ganzheitlichen abschließenden Fallbearbeitung vom Eingang bis zur abschließenden Entscheidung sicher, komfortabel und schnell von einer einzigen Dienststelle im Dialog zu bearbeiten.

Den Auftrag zur Durchführung des Projekts BUL hatte das FM im August 1992 erteilt. Phase 1 ist zu Beginn des Jahres 1999 eingeführt worden. Phase 2, Kern des Verfahrens, ist noch nicht realisiert. Ihre DV-technische Umsetzung führt nach Berechnungen der Verwaltung zu Kosteneinsparungen von jährlich mehr als 800 000 DM.

11 Medienbrüche

Häufig stören Medienbrüche den organisatorischen Ablauf und ziehen erheblichen Personaleinsatz nach sich.

11.1 Besteuerungsmerkmale aus Außenprüfungen

Die Außenprüfungsdienste setzten zur Darstellung ihrer Prüfungsergebnisse und der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen spezielle DV-Programme ein. Deren Rechenergebnisse werden in Berichten dargestellt. Diese Daten müssen mangels Verknüpfung der Programme anschließend von anderen Dienststellen der Finanzämter erneut in ein anderes DV-System - teilweise über manuell gefertigte Erfassungsbögen - eingegeben werden, um daraus die auf Grund der Prüfung zu ändernden Steuerbescheide erstellen zu können.

11.2 Monatsabschlüsse der Finanzkassen

Die seit 1991 maschinell ermittelten Monats- und die akkumulierten Vormonatssummen müssen fast zehn Jahre nach Einführung der Automationsunterstützung noch immer manuell in eine Vielzahl umfangreicher Formulare übertragen, anschließend vom Kassenleiter überprüft und dann vom Schreibdienst mit der Schreibmaschine der besseren Lesbarkeit halber abgetippt werden. Nach Kontrolle durch die Kassenaufsicht werden die Ausfertigungen der LOK zur weiteren Bearbeitung zugeleitet. Dort werden diese Daten erneut in einem DV-System erfaßt. Der allein bei den Finanzkassen entstehende personelle Aufwand beträgt monatlich mehrere Stunden.

Der RH hält diese Situation für unvertretbar; angestrebte Verbesserungen befinden sich erst in der Pilotierungsphase. Die DV-Unterstützung sollte möglichst rasch so optimiert werden, daß

  • eine manuelle Aufbereitung der Abschlußdaten ganz entfallen kann und

 

  • die von der LOK benötigten Daten der Finanzkassen elektronisch direkt dorthin übermittelt oder per Direktzugriff von dort abgefragt und weiterbearbeitet werden können.

12 Weitere Optimierungsmöglichkeiten

12.1 Maschineller Nachweis gespeicherter Besteuerungsgrundlagen

12.1.1 Zinsen, die im Rahmen der sog. Vollverzinsung von Einkommensteuerüberzahlungen an die Steuerpflichtigen geleistet werden müssen (Erstattungszinsen), sind als Kapitalerträge einkommensteuerpflichtig. Wie Erhebungen der StRPÄ zeigen, unterbleibt die Versteuerung solcher Beträge häufig, weil sie in den Steuererklärungen nach eigener Einschätzung der Verwaltung vielfach nicht deklariert werden und dies von den Bearbeitern der Finanzämter nicht korrigiert wird; die Fehlerquote liegt bei über 25 Prozent. Dabei handelt es sich um teilweise bis zu sechsstellige Beträge, die in dementsprechender Höhe Steuerausfälle zur Folge hatten.

Beispiele:

  • Ein Steuerpflichtiger hatte Erstattungszinsen von 294 431 DM erhalten, diese aber in der Einkommensteuererklärung nicht angegeben. Das Finanzamt korrigierte den Fehler nicht. Dadurch wurde die Steuer um rd. 156 000 DM zu niedrig festgesetzt.

 

  • In einem weiteren Großfall unterblieb die Versteuerung der 1996 zugeflossenen Zinsen in Höhe von 104 872 DM.

Auf das ganze Land bezogen dürften so seit Einführung der Verzinsungsregelung 1989 Jahr für Jahr mehrere hunderttausend DM an Steuereinnahmen verlorengegangen sein und noch verlorengehen. Dies könnte bei hinreichender DV-Unterstützung durch Ausgabe eines entsprechenden (automatischen) Hinweises vermieden werden. Mit dem Problem befassen sich seit mehreren Jahren verschiedene Bund/Länder-Gremien.

12.1.2 Eine dazu sowohl hinsichtlich der Besteuerungswirklichkeit als auch der DV-Unterstützung parallele Situation besteht bei der einkommensteuerlichen Berücksichtigung der Kirchensteuer. Zahlungen hierauf - saldiert mit Erstattungen - sind bei der Berechnung der Einkommensteuer als Sonderausgaben abzugsfähig; sie werden in der DV-Buchführung der Finanzkassen gespeichert.

Die von den StRPÄ auch in diesem Segment festgestellten Fehler, in einem Fall ergab sich ein Steuerausfall von über 250 000 DM, könnten bei entsprechender DV-Unterstützung häufig vermieden werden.

12.2 Maschinelle Überwachung der Rechtsbehelfe

Bei den Finanzämtern des Landes sind derzeit fast 400 000 Einsprüche anhängig. Gleichwohl gibt es nach wie vor keine DV-Unterstützung für eine ordnungsgemäße Verwaltung dieser Fälle. Zur Überwachung und Erledigung erforderliche Listen werden deshalb ebenso manuell geführt wie statistische Nachweise, etwa über den Arbeitsstand.

Der RH hatte schon in der Denkschrift 1997 Nr. 19 DV-Unterstützung angemahnt und darauf hingewiesen, daß sich die Steuerverwaltung länderübergreifend schon seit über zehn Jahren damit beschäftige. Die Verwaltung selbst hat eingeräumt, daß diese nunmehr für dringend erforderlich gehalten werde .

12.3 Verbuchung spezieller Verwaltungsentscheidungen

12.3.1 Für verschiedene, den Steuerpflichtigen unmittelbar berührende und nicht selten vorkommende Verwaltungsentscheidungen der Finanzämter besteht keine DV-Unterstützung. Zu nennen sind namentlich die „Verbuchung“

  • von Entscheidungen, die die Fälligkeit von Steuern hinausschieben, wie etwa die Stundung von Steuern und Nebenleistungen, die Aussetzung der Vollziehung solcher Abgaben und deren Aufhebung,

 

  • der im Einzelfall notwendigen manuellen Festsetzungen von Steuern, Steuervorauszahlungen, Zinsen und Verspätungszuschlägen.

Die Daten dieser Vorgänge müssen zunächst handschriftlich verfügt, des äußeren Erscheinungsbildes halber von Fall zu Fall gar noch mit Schreibmaschine abgetippt und dann zum Zwecke der DV-technischen Verbuchung nach Kontierung durch den Bearbeiter von einer anderen Stelle, der Finanzkasse, nochmals erfaßt werden. Zu einem Abbruch des Verarbeitungsvorgangs führende Eingabefehler kann das System somit erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung melden; der Vorgang muß dann nochmals in die Hand genommen werden.

12.3.2 Wegen der Vielzahl solcher Vorgänge - jährlich landesweit schätzungsweise mehrere Hunderttausend - besteht hier ein erhebliches Rationalisierungspotential. Die Erfassung der Daten in einem Dialogverfahren würde den vorgeschalteten manuellen Schreibaufwand entbehrlich machen. Ein Eingabefehler könnte während der Datenerfassung direkt am PC korrigiert und der Fall danach sofort abgeschlossen werden.

Die Verwaltung prüft derzeit, ob und inwieweit das in der Steuerverwaltung der Hansestadt Bremen pilotierte Verfahren EVITA, das diesen Bereich abdeckt, nach Baden-Württemberg übernommen werden kann.

13 Bewertung und Vorschläge

Die DV ist Basis für eine ganzheitliche Fallbearbeitung in den Finanzämtern und damit für eine Rationalisierung und Beschleunigung der Bearbeitung und der Verbesserung der Arbeitsqualität. Nach dem Ergebnis der aufgabenkritischen Untersuchung der Finanzämter durch ein Beratungsunternehmen hängen 44 % der damals ermittelten Einsparpotentiale von einer Optimierung und Weiterentwicklung des DV-Bereichs ab. Ganz allgemein kann davon ausgegangen werden, daß die Produktivität durch Investitionen in die technikunterstützte Informationsverarbeitung erheblich gesteigert werden kann.

13.1 Nach den Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen der Verwaltung zu den einzelnen Verfahren sind die Nutzenpotentiale recht hoch. Die Kosteneinsparungen erreichen danach im Einzelfall Millionenhöhe. Die fehlende Bereitschaft, einmalig höhere Investitionen an einer Stelle (DV-Konzeption, Softwareentwicklung) zu tätigen, führt somit nicht zu Einsparungen; sie verhindert vielmehr, daß die positive „Breitenwirkung“ der DV-Verfahren schnell greifen kann und bewirkt, daß ein Vielfaches dieser Investitionskosten in Form von Personalkosten an vielen Stellen ausgegeben werden muß.

Die Verwaltung sollte deshalb in den noch nicht DV-unterstützten Bereichen baldmöglichst Automationsunterstützung realisieren und die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Prozeßoptimierung umsetzen. Konkrete Aussagen darüber, welche der aufgezeigten und unbestrittenen Rationalisierungsmaßnahmen bis wann realisiert sein werden, sind nach Auffassung des RH zwingend notwendig. Wenn Optimierungen wegen hohen Entwicklungsaufwandes und zur Vermeidung von Doppel- oder Parallelentwicklungen nicht sofort möglich sein sollten, muß zumindest sichergestellt werden, daß bei der Neuprogrammierung von Verfahren solche Unzulänglichkeiten ausgemerzt werden.

13.2 Das größte Rationalisierungspotential, insbesondere durch rasche Verbesserung der DV-Unterstützung, sieht der RH im Aufgabenbereich der Finanzkassen und der Kassenaufsicht. Die Kassen sind für einen DV-Einsatz geradezu prädestiniert, weil dort regelmäßig nicht - wie in anderen Bereichen der Finanzämter - die Subsumtion von Sachverhalten unter das Steuerrecht zu erfolgen hat, sondern vielfach rein mechanische Buchungsvorgänge abzuwickeln sind. Das oben angeführte Beratungsunternehmen hatte in seiner aufgabenkritischen Untersuchung der Finanzämter der Steuerverwaltung Baden-Württemberg im Jahre 1995 ein Einsparpotential bei diesen Aufgabenbereichen von insgesamt rd. 230 Arbeitskräften allein durch Verbesserungen in der DV-Nutzung errechnet.

Der Automatisierungsprozeß ist hier bei weitem noch nicht abgeschlossen . Zu denken wäre etwa auch als ganz konkretes Beispiel an den Einsatz von Beleglesern bei der personalintensiven Bearbeitung und Verbuchung von eingehenden Schecks. Verzögerte Einlieferungen von Schecks bei den Banken führen zu hohen Zinsnachteilen des Landes.

13.3 Das FM hat keine Einwendungen gegen den Beitrag erhoben.


Anhänge

Bauunterhaltungsmaßnahmen in einem Bauamt wurden nur selten ausreichend geplant und ordnungsgemäß ausgeschrieben. Freihändige Vergaben und fehlende Überwachung der Arbeiten führten häufig zu überhöhten oder unzutreffenden Abrechnungen. Dies kann vor allem durch ein konsequentes Controlling vermieden werden.


1 Vorbemerkung

Die Unterhaltung der Grundstücke und baulichen Anlagen ist eine der wesentlichen Aufgaben der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung. Die im Einzelfall anfallenden Ausgabenvolumina sind zwar - im Verhältnis zu den Großen Baumaßnahmen - von geringer Bedeutung; in der Addition ergeben sich jedoch auch in diesem Bereich erhebliche Summen. So wurden für den reinen Bauunterhalt (Maßnahmen ohne wesentliche Wertverbesserung) im Hj. 1997 über 240 Mio. DM ausgegeben, was etwa einem Viertel der gesamten Bauausgaben entsprach. Die hierfür im StHpl. ausgewiesenen Mittel werden jährlich anteilig auf die Oberfinanzdirektionen und von dort auf den nachgeordneten Bereich der Hochbauämter verteilt.

Ein Teil dieser Mittel wird für den sog. Kleinen Bauunterhalt (kleinere Unterhaltungs- und Wartungsarbeiten bis zu Gesamtbaukosten (GBK) von 150 000 DM im Einzelfall) ausgegeben. Für die entsprechenden Maßnahmen, die das Bauamt mit diesen Pauschalmitteln in eigener Verantwortung plant und durchführt, sind keine Haushaltsunterlagen zu erstellen. Auf diese Weise soll schnell und unbürokratisch auf aktuelle Bedürfnisse reagiert werden.

Größere Instandsetzungs- und Sanierungsmaßnahmen (Maßnahmen mit GBK über 150 000 DM, ohne Kostengrenze nach oben) erfordern zunächst eine Abstimmung der Gesamtkonzeption aller Einzelmaßnahmen mit der OFD. Auf der Grundlage eines von der OFD genehmigten Jahresbauprogramms erstellt das Bauamt im Einzelfall dann die Haushaltsunterlage in Form einer Bauunterlage. Diese wird vom Bauamt selbst auf Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit unter Berücksichtigung der Baufolgekosten geprüft und vom Amtsvorstand genehmigt. Darauf aufbauend fertigt das Bauamt anschließend die Ausführungsunterlagen in eigener Verantwortung.

Nach § 55 LHO muß dem Abschluß von Verträgen über Lieferungen und Leistungen eine öffentliche Ausschreibung vorausgehen, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen. Eine solche Ausnahme gilt z.B. bei Maßnahmen im Rahmen des kleinen Bauunterhalts. Aufträge mit einer zu erwartenden Vergütung bis zu 5 000 DM kann der zuständige Bauleiter in eigener Zuständigkeit mit sog. Bestellscheinen erteilen. Allerdings sind auch diese kleinen Arbeiten soweit wie möglich dem Wettbewerb zu unterstellen; zumindest muß die Wirtschaftlichkeit der Auftragserteilung nachgewiesen werden (z.B. an Hand von Vergleichspreisen). Eine weitere Ausnahme stellen die sog. Zeitverträge dar, die für jährlich wiederkehrende, voraussehbare kleine Unterhaltungsarbeiten in Form von Sammelverträgen geschlossen werden können. Auch diese Zeitverträge unterliegen dem Wettbewerb. Die im Verlauf des Vertragsjahres anfallenden Arbeiten können dann auf der Grundlage eines solchen Zeitvertrags ohne erneute Ausschreibung in Auftrag gegeben und ausgeführt werden

Seit 1997 liegt einer der Prüfungsschwerpunkte des RH bei der Prüfung der wirtschaftlichen Verwendung der ohnehin sehr knappen Bauunterhaltungsmittel.

2 Allgemeine Prüfungsfeststellungen

1998 prüfte der RH zusammen mit einem Staatlichen Rechnungsprüfungsamt die Jahresrechnungen eines Bauamtes der Jahre 1995 bis 1997. Grundlage der Prüfungen waren erstmals nicht nur die Bauausgabebücher und die Rechnungsunterlagen. An Hand der beim Bauamt im Bauinformationssystem (BIS) gespeicherten Daten wurde durch Verknüpfungen vielmehr zunächst analysiert, ob bei Vorhaben, Gewerken usw. Auffälligkeiten festzustellen waren. Diesen Auffälligkeiten wurde anschließend gezielt an Hand der übrigen Unterlagen sowie auch bei Ortsbesichtigungen nachgegangen. Bei den Überprüfungen ging es sowohl um grundsätzliche Verfahrensfragen und Abrechnungspraktiken als auch um Fragen der Wirtschaftlichkeit.

Das geprüfte Bauamt betreut einen Bestand von rd. 1 300 Gebäuden mit einem Friedensneubauwert 1914 von rd. 157 Mio. DM (entspr. Neuwert rd. 3 140 Mio. DM). Im Prüfungszeitraum hatte die OFD dem Bauamt jährliche Bauunterhaltungsmittel zwischen 16 und 20 Mio. DM zugeteilt, die zu Jahresbeginn amtsintern auf die mit der Betreuung der einzelnen Bauunterhaltungsbezirke betrauten Bediensteten verteilt wurden.

Ein funktionierendes Controlling von Verfahren und Ausgaben konnte der RH nicht feststellen. So wurden umfangreiche Bauleistungen (Maßnahmen mit GBK über 150 000 DM) häufig ohne Planung, Kostenveranschlagung und Wettbewerb abgewickelt. Eine (vom Amtsvorstand genehmigte) Bauunterlage konnte nur in wenigen Fällen vorgelegt werden. Im Interesse eines wirtschaftlichen und sparsamen Umgangs mit den seit vielen Jahren ohnehin knappen Mitteln für den Bauunterhalt hielte der RH diese Schritte generell für unverzichtbar.

Übersicht 1 zeigt auffällig hohe Ausgaben für den Bauunterhalt bei einzelnen, in der Prüfung herausgegriffenen Gebäuden. In allen Fällen fehlte die bei GBK von über 150 000 DM erforderliche Bauunterlage.

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Das Fehlen einer gesicherten Planung und Kostenfestlegung hatte zur Folge, daß in den meisten Fällen keine Leistungsverzeichnisse und Mengenermittlungen erstellt und somit auch keine Ausschreibungen durchgeführt wurden. Die Auswertung der Abrechnungsbelege ergab, daß selbst große Aufträge nahezu ausschließlich im Bestellscheinverfahren vergeben wurden. Zeitlich und inhaltlich zusammengehörende Leistungen wurden in mehrere Kleinaufträge gestückelt, anstatt sie zusammenzufassen und dem Wettbewerb (öffentlich oder auch beschränkt) zu unterstellen.

Die Arbeiten wurden überwiegend auf Stundenlohnbasis durchgeführt und abgerechnet, nicht aber auf der konkreten Grundlage einer Leistungsbeschreibung sowie einer darauf aufbauenden Preiskalkulation eines Bieters. Nach den Erfahrungen des RH führt das in der Regel zu deutlich überzogenen Gesamtpreisen; zudem sind die Abrechnungen mit vertretbarem Aufwand kaum nachzuvollziehen. Für die Handelnden hatte dies den „Vorteil“, die ihnen zugewiesenen Mittel rasch, ohne bürokratische Hemmnisse und ohne Kontrolle von oben ausgeben zu können. Ein solches Vorgehen wird immer wieder auch damit begründet, daß gerade bei Unterhaltungsarbeiten im Baubestand eine vorherige Preiskalkulation kaum möglich sei und man im übrigen ja rasch und unbürokratisch arbeiten wolle; das Nutzerinteresse stünde im Vordergrund. Der RH verglich diese Rechnungen nach Stundenlohn mit solchen nach marktüblichen Preisen und stellte überhöhte Abrechnungen von bis zu 30 % fest. Darüber hinaus wurden Abrechnungsfehler und Doppelberechnungen festgestellt. In mehreren Fällen ergab die örtliche Überprüfung sogar, daß bezahlten Rechnungen überhaupt keine Leistung gegenüber stand.

Die immer wieder ohne Wettbewerb erteilten Aufträge konzentrierten sich in auffälliger Weise auf wenige Firmen. In Übersicht 2 ist die Verteilung derartiger Aufträge im Prüfungszeitraum mit den jeweiligen Abrechnungssummen dargestellt.

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Dem RH ist bewußt, daß die Ausschreibung gerade kleinerer Arbeiten häufig sehr personal- sowie vor allem zeitintensiv ist. In den Jahreszeitverträgen, mit denen derartige, jährlich wiederkehrende und voraussehbare kleine Unterhaltungsarbeiten zu vorher, nach einem Wettbewerb vereinbarten Preisen rasch und unbürokratisch in Auftrag gegeben werden können, sieht der RH jedoch - sofern sie richtig angewendet werden - ein geeignetes Instrument für die rasche Erledigung derartiger kleinerer Arbeiten.

3 Beispiele

Aus der Fülle der beanstandeten Rechnungen werden nachfolgend Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten an drei Gebäuden herausgegriffen, die beispielhaft verdeutlichen sollen, wie fehlerhaft und nachteilig für das Land teilweise bei der Beauftragung, Überwachung und Abrechnung der Arbeiten in diesem Bauamt vorgegangen wurde.

3.1 Gebäude X

Im Prüfungszeitraum hatte eine einzige Firma bei diesem Gebäude mit 56 Kostenbelegen insgesamt rd. 457 000 DM abgerechnet. Hiervon waren lediglich sieben Belege mit zusammen rd. 218 000 DM nach Leistungspreisen abgerechnet; mit den restlichen 49 Belegen wurden auf Grund von Bestellscheinen (zulässig maximal 5 000 DM im Einzelfall) Leistungen auf Stundenlohnbasis mit rd. 239 000 DM berechnet, ein Umfang, der auf eine regelwidrige Stückelung größerer Aufträge schließen läßt.

Diese Firma wurde u.a. nach beschränkter Ausschreibung mit der Reinigung und Sanierung abgehängter Decken beauftragt. Bei der Prüfung wurde festgestellt, daß Leistungen in Höhe von rd. 24 000 DM zu viel abgerechnet worden waren.

In den Büroräumen führte die gleiche Firma auch Malerarbeiten auf Stundenlohnbasis aus. Rechnet man die abgerechneten Kosten auf die behandelte Fläche um, ergeben sich für die Anstriche - überhöhte - Einheitspreise von 62 bis 325 DM/m². Für Schleifen, Grundanstrich und Schlußanstrich von 29 m² Fensterbänken wurden rd. 14 653 DM abgerechnet, was einem - ebenfalls überhöhten - Einheitspreis von 505 DM/m² entspricht.

Bei Taglohnarbeiten waren außerdem bestimmte Arbeitskräfte am gleichen Tag auf zwei verschiedenen Taglohnberichten und bei unterschiedlichen Maßnahmen aufgeführt. Allein hieraus errechnet sich eine Überzahlung von rd. 4 500 DM.

Ferner wurde diese Firma durch 22 Bestellscheine mit Rohrisolierarbeiten in der Heizzentrale beauftragt. Auf 19 Kostenrechnungen verteilt wurden rd. 96 500 DM abgerechnet. Abgesehen davon, daß auch diese Leistung in einem Leistungsverzeichnis erfaßt und dem Wettbewerb hätte unterstellt werden müssen, wurde bei der örtlichen Überprüfung festgestellt, daß anstatt der abgerechneten Menge von etwa 500 m² nur rd. 300 m² Blechummantelung ausgeführt wurden. Auf die tatsächlich ausgeführte Menge bezogen errechnet sich ein Einheitspreis von etwa 320 DM/m², während der im Wettbewerb erzielbare Preis bei rd. 100 DM/m² liegen würde.

Von einer anderen Firma wurden Tischlerarbeiten für insgesamt rd. 177 000 DM abgerechnet. Auch diese Arbeiten waren nicht dem Wettbewerb unterstellt. Alle Vergaben erfolgten freihändig; bei vier Aufträgen lagen Vergleichsangebote vor; die restlichen Aufträge wurden mit 26 Bestellscheinen erteilt.

Eine weitere Firma wurde an Hand von acht Einzelaufträgen nach Zeitvertrag mit umfangreichen Arbeiten zur Sanierung eines Flachdaches beauftragt. Nach den Prüfungsfeststellungen wurden bei diesen Arbeiten über 660 m² zu viel abgerechnet, was einem Überzahlungsbetrag von knapp 30 000 DM entspricht.

3.2 Gebäude Y

Obwohl dieser Neubau erst wenige Jahre zuvor fertiggestellt worden war, wurden für Bauunterhaltungsmaßnahmen im Prüfungszeitraum rd. 1 257 000 DM ausgegeben.

Für Fußboden- und Malerarbeiten stellte eine Firma rd. 92 920 DM auf Zeit- und Materialnachweis in Rechnung. Nach Vergleich der Aufzeichnungen des Nutzers, der die Anwesenheit der Firmenbediensteten bestimmungsgemäß festgehalten hatte, mit den Stundenlohnabrechnungen der Firma wurden rd. 148 Stunden = rd. 12 500 DM zu viel abgerechnet.

Für Fensterinstandsetzungsarbeiten berechnete eine andere Firma 239 Stunden. Nach Abgleich mit den Aufzeichnungen des Nutzers berechnete auch diese Firma zu viele Stunden, nämlich 121 Stunden = rd. 7 600 DM.

Eine weitere Firma führte Isolierarbeiten an Dampf-, Kondensat- und Abluftleitungen auf Stundenlohnbasis durch. Abgerechnet wurden rd. 1 188 Stunden zu rd. 92 000 DM. Auch hier erbrachte die Prüfung deutliche Anzeichen für eine Überzahlung von etwa ein Drittel der Stunden = rd. 30 000 DM.

Schließlich führte eine weitere Firma im Prüfungszeitraum auf Zeitnachweis Reparaturarbeiten am Kondensatnetz der Dampfkesselanlage und anderer Einrichtungen aus. Für 370 in Rechnung gestellte Monteurstunden = rd. 33 000 DM fand sich in den Aufzeichnungen des Nutzers kein Nachweis, während für andere Arbeiten Nachweise vorhanden waren.

Unabhängig von diesen Auffälligkeiten dürften derartig umfangreiche Bauunterhaltungsarbeiten nur wenige Jahre nach Baufertigstellung eigentlich nicht anfallen. Neben einer sehr großzügigen Einstellung des Bauamts bezüglich der durchgeführten Arbeiten dürften auch Planungs- und/oder Ausführungsfehler beim Neubau Grund hierfür gewesen sein.

3.3 Gebäude Z

Im Prüfungszeitraum wurden mit 94 Kostenrechnungen rd. 287 000 DM für Bauunterhaltungsmaßnahmen abgerechnet; hiervon entfielen allein 43 Kostenrechnungen auf eine Firma. Mit einer einzigen Ausnahme wurden hierbei alle Leistungen im Bestellscheinverfahren, also freihändig vergeben. An ein und denselben Tagen wurden 2 - 3 Bestellscheine an diese Firma ausgestellt. Die Prüfungen vor Ort zeigten ein völlig unwirtschaftliches Preis/Leistungsverhältnis, zu hohe Abrechnungen sowie auch Doppelberechnungen. Für das Abschlagen und Erneuern von 8 m² Putz wurden z.B. rd. 4 162 DM berechnet und bezahlt, was einem - weit überhöhten - Einheitspreis von 520 DM/m² entspricht.

Bei den Malerarbeiten, die ebenfalls von dieser Firma ausgeführt worden sind, fielen nicht nur überzogene Stundenabrechnungen ins Gewicht, sondern auch überhöhte Materialmengen und Materialpreise. Für den Neuanstrich der Eingangstür wurden z.B. rd. 7 000 DM in Rechnung gestellt und bezahlt, umgerechnet rd. 400 DM/m².

4 Zusammenfassung

Nahezu alle festgestellten Mängel hatten ihre Ursache zunächst in einer fehlenden Bau- und Kostenplanung. Ohne konkrete Planung gab es keine Grundlagen für Mengenermittlungen und Ausschreibungen, ohne Kostenfestlegung keine Grundlage für das Controlling. So wählte man den vermeintlich einfachen, weil raschen Weg der direkten Beauftragung einer Firma (häufig einer Firma, mit der man ohnehin seit Jahren zusammenarbeitete) und eine Ausführung auf Stundenlohnbasis. Für das Land ist eine derartige Vorgehensweise allerdings meist die kostspieligste Methode, die Instandhaltung seines Gebäudebestandes sicherzustellen. Stundenlohnarbeiten und deren Abrechnung sind, wie die Prüfung deutlich gezeigt hat, kaum zu kontrollieren. In den meisten Fällen führen sie zu deutlich überhöhten Preisen im Verhältnis zu solchen Preisen, die im Wettbewerb entstandenen sind.

Die vielfältigen Feststellungen deuten darauf hin, daß Bauunterhaltsleistungen durch das Bauamt überteuert eingekauft wurden (in den geprüften Bereichen nach Berechnungen des RH um bis zu 30 %), oder anders ausgedrückt, daß mit den vorhandenen, stets als nicht ausreichend beklagten Haushaltsmitteln deutlich mehr hätte bewirkt werden können, wenn die bestehenden Regelungen auch wirklich angewendet und die hohen Fehlerquoten abgestellt worden wären.

Die Aufarbeitung der Feststellungen durch die Verwaltung ist noch im Gange; insoweit ist das Prüfungsverfahren noch nicht abgeschlossen. Zur Klärung evtl. strafrechtlicher Aspekte hat die vorgesetzte Dienststelle die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.

5 Stellungnahme des Finanzministeriums

Das FM verwies in seiner Stellungnahme auf neu eingeführte Regelungen und Instrumentarien, die dazu beitragen sollen, daß künftig die beschriebenen Fehlleistungen nicht mehr vorkommen. So sei zu Beginn des Jahres 1999 nach einjährigem Probelauf eine Vergabedatenbank bei den Ämtern eingeführt worden. Seither müßten sämtliche Aufträge eines Amtes, einschließlich der mit Bestellschein erteilten Kleinaufträge, über diese Datenbank erfaßt werden. Der hieraus resultierende umfassende Überblick über das Vergabewesen solle die Amtsleitung und das Controlling bei ihrer Prüf- und Kontrolltätigkeit unterstützen.

Die Ausschreibung von Zeitverträgen dürfe nicht mehr im Auf- und Abgebotsverfahren, sondern nur noch im Angebotsverfahren erfolgen. Das neue Verfahren zwinge dazu, den tatsächlichen Instandhaltungs- und Reparaturbedarf der Gebäude zu erfassen und damit zwangsläufig eine Bau- und Kostenplanung für die Bauunterhaltungsarbeiten zu betreiben. Es solle überdies verhindern, daß Bauunterhaltsleistungen ausschließlich auf Stundenlohnbasis vergeben werden.

Zu den Einzelfeststellungen könne wegen der laufenden Ermittlungen nicht Stellung genommen werden. Allerdings betont das FM, daß aus den bei dieser Prüfung festgestellten Fehlleistungen nicht auf die gesamte Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung geschlossen werden dürfe.

6 Schlußbemerkung

Dem RH ist bewußt, daß die dargestellten Prüfungserkenntnisse lediglich Vorgänge in einem einzelnen Bauamt betreffen und aus den Feststellungen nicht auf die gesamte Bauverwaltung geschlossen werden darf. Weitere Prüfungen laufen bzw. stehen noch an. Der RH anerkennt auch die Konzeptionen und bestehenden Ansätze zur Optimierung der Arbeitsabläufe und Arbeitsqualitäten im Rahmen des neu aufgebauten Gebäudemanagements in den integrierten Staatlichen Vermögens- und Hochbauämtern. Er hält es jedoch für geboten, der Instandhaltung des immensen Gebäudebestandes des Landes als Bestandteil des Gebäudemanagements der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung künftig mehr Gewicht und Aufmerksamkeit zu widmen. Hierzu bedarf es keiner grundsätzlich neuen Vorschriften, sondern ständigen Bemühens um eine konsequente Umsetzung der im wesentlichen bereits entwickelten Maßnahmen, wie z.B.

  • Aufstellen strategischer Konzepte für die Bauunterhaltung,
  • Erstellung und Pflege gesicherter Gebäudedaten,
  • Bedarfsgerechte, qualifizierte Bereitstellung der Bauunterhaltungsmittel,
  • Erstellen von Bemessungskriterien und Prioritätenlisten,
  • Qualifizierte Planung und Kostenermittlung unter den Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit,
  • Qualifizierte Vergabe nach dem Grundsatz der öffentlichen Ausschreibung,
  • Qualifizierte Überwachung der Arbeiten und Feststellungen der Rechnungen sowie
  • Konsequentes Controlling.

Die im Gebäudemanagement tätigen Bediensteten sollten wie in der freien Wirtschaft durch verstärkte Aus- und Fortbildung zu Baumanagern geschult werden. Oberstes Ziel darf nicht sein, bei der Erhaltung und Pflege der ihnen anvertrauten Gebäude höchstmögliche Jahresumsätze zu erzielen, sondern mit wirtschaftlichem und sparsamem Mitteleinsatz den besten Nutzen zu erzielen.

Nach wie vor spricht sich der RH für die von ihm wiederholt empfohlene Delegation von Aufgaben und Zuständigkeiten aus. Nur eine solche Delegation ermöglicht eine rasche und wirtschaftliche Aufgabenerledigung. Delegation bedeutet jedoch nicht die Erlaubnis zu unkontrolliertem Handeln; Delegation erfordert vielmehr ein konsequentes Controlling, vor allem auch durch die jeweiligen Vorgesetzten.


Anhänge

Die Unterbringung von Landesbehörden - Bedarfsfeststellung, laufende Bedarfskontrolle, Beschaffung von Räumen, Bemessung der Raumgrößen - ist organisatorisch und wirtschaftlich nicht optimiert. Ein überzeugendes und effizientes Unterbringungsmanagement sollte rasch eingerichtet werden.


1 Vorbemerkung

Für die Unterbringung der Landesbehörden sind die Staatlichen Vermögens- und Hochbauämter (VBÄ) zuständig. Der RH hat zusammen mit dem Staatlichen Rechnungsprüfungsamt Stuttgart 1998 die Unterbringung der Landesbehörden in Stuttgart untersucht. Dazu wurden für rd. 200 landeseigene und gemietete Verwaltungsgebäude von rd. 60 Landesbehörden in Stuttgart zu den Stichtagen 01.01.1993 und 01.01.1998 Daten (Flächen, Zahl der Mitarbeiter, ggf. Mieten) erhoben und ausgewertet. An Hand der daraus abgeleiteten Kennzahlen wurden rd. 25 Gebäude für eine Einzelfalluntersuchung ausgewählt. Zwei Einzelfälle, bei denen das hier anzutreffende Grundproblem besonders deutlich wird, sind unter Pkt. 4 und 5 dargestellt.

Daneben hat auch das Staatliche Rechnungsprüfungsamt Tübingen die Unterbringung von Landesbehörden in den Landkreisen Tübingen, Reutlingen und im Zollernalbkreis untersucht; seine Prüfungsfeststellungen wurden mitberücksichtigt.

2 Gegenläufige Entwicklung der Zahl der Mitarbeiter und der Flächen

Bei den in die Untersuchung einbezogenen rd. 60 Behörden in Stuttgart hat sich die Zahl der Mitarbeiter vom 01.01.1993 bis zum 01.01.1998 insgesamt um 4,6 % verringert, die Fläche hat dagegen um 4,1 % zugenommen (s. Schaubild). Im Durchschnitt hat sich die Fläche je Mitarbeiter um rd. 9 % erhöht. Diese Entwicklung hat sich durchgängig bei der Untersuchung der Einzelfälle bestätigt. Der Flächenzuwachs ist nur bedingt sachlich begründet (z. B. durch vermehrte Einrichtung von PC-Arbeitsplätzen), z.T. wurden erhebliche Raumreserven in Form von Leerständen und großzügigen Belegungen festgestellt.

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3 Fehlende Belegungszahlen

Den zuständigen VBÄ lagen keine fortlaufend aktualisierten Belegungszahlen der jeweiligen Gebäude vor. Daher waren durch Personalabbau entstandene „Unterbelegungen“ nicht erkennbar; sie konnten bei Planungen und Entscheidungen nicht berücksichtigt werden.

4 „Verhinderung“ einer geplanten Anmietung durch Erschließung bestehender Raumreserven

Während der laufenden Prüfung durch den RH plante das VBA Stuttgart, eine Außenstelle des SM zu verlagern und dazu ein Objekt für eine Jahresmiete von rd. 300 000 DM neu anzumieten, der Vertragsabschluß stand unmittelbar bevor. Gleichzeitig stellte der RH am Hauptsitz des SM und in Gebäuden anderer Ministerien Raumreserven fest, die die geplante Anmietung verzichtbar machten. Das SM war davon nur durch eine nachdrückliche Intervention des RH zu überzeugen; das VBA hätte sich allein wahrscheinlich nicht gegen den Nutzer durchsetzen können.

5 Anmietung eines teueren Objekts trotz wirtschaftlicherer Alternativen

Zu den teuersten Objekten, die in die Untersuchung einbezogen wurden, gehört ein für das UVM gemietetes Gebäude, bei dem sich die Miete für Büroflächen einschließlich eines Zuschlags in Höhe von 3,76 DM/m² für nicht in der Baubeschreibung vorgesehene Maßnahmen von ursprünglich rd. 41 DM/m² (bei der Anmietung 1991 für das damalige VM) auf bis zu rd. 45 DM/m² zum 01.01.1996 steigerte. Durch die erneute Vereinbarung einer Vertragslaufzeit von 10 Jahren (01.01.1998 – 31.12.2007) bereits vor Ablauf der ursprünglichen Vertragslaufzeit (31.12.2001) hat das VBA Stuttgart bei Nachverhandlungen inzwischen eine Mietreduzierung ab 1998 auf 33 DM/m² und ab 2002 auf 30 DM/m² erreicht. Das Objekt wurde 1991 angemietet, obwohl das VBA deutlich wirtschaftlichere, jedoch weniger attraktive Alternativen aufgezeigt hatte, die aber gegen das Interesse des damals neu geschaffenen VM an einer möglichst repräsentativen Unterbringung nicht durchgesetzt werden konnten.

Bei dem für das UVM gemieteten Objekt liegt die Miete auch nach der Herabsetzung immer noch deutlich über der durchschnittlichen Marktmiete. Deshalb hätte auch hier an Stelle der erneuten Bindung auf zehn Jahre alternativ die Aufgabe des Mietverhältnisses untersucht werden müssen. Dies wäre möglich gewesen, denn zu diesem Zeitpunkt betrug die restliche Vertragslaufzeit des ursprünglichen Mietvertrages noch vier Jahre.

Hier zeigt sich ein Grundproblem der derzeitigen Rollenverteilung zwischen nutzender Verwaltung und den VBÄ. Die nutzende Verwaltung hat Interesse an einer optimalen Unterbringung, mangels eigener Finanzverantwortung aber nur ein begrenztes Interesse an einer wirtschaftlich guten Lösung. Hier setzen Überlegungen an, die im Zuge der Weiterentwicklung der Modelle zur Haushaltsflexibilisierung die Finanzverantwortung für die Unterbringung den Nutzern zuweisen.

6 Optimierungsmöglichkeiten bei bestehenden Mietverhältnissen

Die durchschnittliche Marktmiete für Büroflächen betrug 1997 in Stuttgart 26 DM (City-Lage) bzw. 22 DM (City-Rand-Lage). Bei zahlreichen Mietobjekten werden diese Werte deutlich überschritten (z.B. beim Mietobjekt für das UVM, s.o. Pkt.5 und bei einem für das Finanzamt Stuttgart-Körperschaften bis zum 30.04.2002 für derzeit 30 DM/m² gemieteten Objekt). Mieten über der durchschnittlichen Marktmiete sind angesichts der Bonität des Mieters Land, seiner Marktposition und der Verpflichtung der Verwaltung zur Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 7 LHO) erklärungsbedürftig. Diese Mietverhältnisse sollten dringend unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten optimiert, ggf. auch aufgegeben werden.

Die Vermögens- und Hochbauverwaltung sollte mit diesem Anspruch den Vermietern gegenüber initiativ werden. Vermieter werden aber nur dann verhandlungsbereit sein, wenn sie ernsthaft mit der Aufgabe des Mietverhältnisses durch das Land rechnen müssen. Deshalb müßten Verhandlungen so rechtzeitig aufgenommen werden, daß eine Änderung in der Unterbringung auch tatsächlich möglich wäre. Bei negativem Verhandlungsergebnis müßte im Interesse einer wirtschaftlicheren Unterbringung konsequent versucht werden, Behörden an anderen - ggf. weniger attraktiven - Standorten unterzubringen. Diese Strategie gewinnt wegen der für den Stuttgarter Immobilienmarkt zu erwartenden Veränderungen, einer tendenziellen Ausweitung des Angebots an Mietflächen (Messe Stuttgart, Stuttgart 21), zusätzlich an Bedeutung.

7 Bewertung

Die Behördenunterbringung kann auf der Grundlage der gegenwärtigen Praxis nicht optimal erledigt werden, weil den VBÄ wichtige Entscheidungsgrundlagen insbesondere zur Personal- und Marktentwicklung fehlen. Außerdem kann die Vermögens- und Hochbauverwaltung ihre Entscheidungen gegen die oft anders als primär wirtschaftlich motivierte Argumentation der nutzenden Verwaltungen nicht immer durchsetzen.

8 Vorschläge

Der RH schlägt vor, für die Behördenunterbringung eine organisatorisch und technisch durchgängige Konzeption zu schaffen. Dazu gehört u.a. eine DV-unterstützte, systematische und regelmäßige Erhebung, Auswertung und Verwertung der unterbringungsrelevanten Daten für alle VBÄ. Das im Rahmen der Prüfungen erhobene Datenmaterial wird den VBÄ Stuttgart bzw. Tübingen zur Verfügung gestellt; die künftige Konzeption sollte aber zusätzliche Kriterien vorsehen. Mit der Konzeption muß erreicht werden, daß sich der in der Landesverwaltung vollzogene und noch anstehende Personalabbau zeitnah auch in einem entsprechenden Flächenabbau niederschlägt und frei werdende Flächen nicht „versickern“.

Außerdem könnten durch geeignete Kennzahlen wie z.B. hinsichtlich m²/Preis, Fläche je Mitarbeiter, Mietpreis je Mitarbeiter mögliche „Ausreißer“ besser erkannt und daraus rechtzeitig Schlußfolgerungen gezogen werden.

Das FM sollte zusätzlich untersuchen, inwieweit die hier gewonnenen Erkenntnisse landesweit übertragbar sind, ob Verwaltungsregelungen angepaßt werden müssen und wie die VBÄ bei der Durchsetzung ihrer gegenüber den Nutzerinteressen abweichenden Entscheidungen unterstützt werden können.

Die dezentrale Finanzverantwortung für die Mieten (vgl. § 7a LHO) sollte - unter Beibehaltung einer zentralen Servicefunktion bei der Vermögens- und Hochbauverwaltung - zeitnah realisiert werden. Damit würden Interessengegensätze zwischen den nutzenden Verwaltungen und der Vermögens- und Hochbauverwaltung teilweise entfallen bzw. reduziert. Alternative Modelle, die geeignet sind, Interessengegensätze abzubauen und Anreize für eine wirtschaftlichere Nutzung bieten, sind damit nicht ausgeschlossen.

9 Stellungnahme des Finanzministeriums

Das FM folgt der Einschätzung des RH im Hinblick auf bisherige organisatorische Unzulänglichkeiten bei der Behördenunterbringung und hat seit Abschluß der Prüfung bereits Maßnahmen zur Verbesserung der konzeptionellen Arbeit der Vermögens- und Hochbauverwaltung eingeleitet. Die Optimierung bestehender Mietverhältnisse hat das VBA - über den vom RH aufgezeigten Einzelfall hinaus - bereits bei drei weiteren Objekten vollzogen bzw. geplant. Alternativ zur dezentralen Finanzverantwortung für die Mieten präferiert das FM Lösungen, bei denen die Mittel weiterhin zentral veranschlagt bleiben, wirtschaftliches Verhalten der Nutzer sich für diesen aber auszahlt. Den erhöhten Flächenbedarf je Mitarbeiter begründet das FM auf im Untersuchungszeitraum vollzogene, unter qualitativen und quantitativen Gesichtspunkten notwendige Verbesserungen in der Unterbringung und weist darauf hin, daß Nachbelegungen frei werdender Flächen nicht kurzfristig und erst ab einer bestimmten Größenordnung möglich sind. Bei der Beurteilung des Mietniveaus habe der RH nach Auffassung des FM die Umstände zum Zeitpunkt der Begründung der Mietverhältnisse (Stichwort „Mietzinshochphase“) nicht ausreichend berücksichtigt. Die Auffassung des RH zur grundsätzlich problematischen Rollenverteilung zwischen den nutzenden Verwaltungen und den VBÄ teilt das FM nicht.

10 Schlußbemerkung

Nach Auffassung des RH ist der erhöhte Flächenbedarf je Mitarbeiter nur z.T. durch nachvollziehbare Qualitätsverbesserungen zu erklären; bei den örtlichen Erhebungen wurden auch vermeidbare Leerstände und großzügige Belegungen festgestellt. Die vom FM angeführte „Mietzinshochphase“ betraf grundsätzlich alle Anmietungen im betreffenden Zeitraum. Sie ist daher keine hinreichende Erklärung für über dem Marktpreis liegende Mieten des Landes, zumal der öffentlichen Hand als Mieter besondere Bonität zuerkannt wird. Der RH hält an seiner Einschätzung fest, daß die nutzenden Verwaltungen durch das derzeitige System kein ausreichendes Eigeninteresse an einer wirtschaftlichen Anmietung haben und sich auch in Einzelfällen gegen die VBÄ durchsetzen. Letzteres hat die Prüfung des RH an Hand konkreter Fälle belegt. Im übrigen will auch das FM zukünftig Anreizsysteme für wirtschaftliche Anmietungen entwickeln.


Anhänge

Einzelplan 14: Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst

Die Kostenrechnungen der vier Universitätskliniken für Mund-, Zahn- und Kiefer-Heilkunde reichen für einen Vergleich ihrer Wirtschaftsergebnisse nicht aus. Die Haushaltsmittel des Landes für die Ausbildung in der Zahnmedizin können jährlich um mehrere Millionen DM verringert werden, wenn in Tübingen ein wirtschaftlicherer Personaleinsatz erfolgt und in Ulm die Organisationsstruktur an die der anderen ZMK-Kliniken angepaßt wird.


1 Ausgangslage

1.1 Die bei den Universitätsklinika des Landes eingerichteten Kliniken für Zahn-, Mund- und Kiefer-Heilkunde (ZMK-Kliniken) nehmen neben der Sicherstellung der Krankenversorgung in großem Umfang Aufgaben im Rahmen der Ausbildung von Studenten der Zahnmedizin wahr. Die vom Land für die Ausbildung bereitzustellenden Mittel sind beträchtlich. Der RH hat deshalb untersucht, mit welchem finanziellen Aufwand die ZMK-Kliniken ihre einzelnen Aufgaben erfüllen und welche Folgen sich hieraus vor allem für die künftige Finanzierung der Kosten für Forschung und Lehre durch das Land ergeben.

1.2 Ausgangspunkt für die bei den vier ZMK-Kliniken durchgeführte Querschnittsprüfung waren die Buchhaltungsergebnisse einschließlich der sich aus der Kostenrechnung ergebenden detaillierten Übersichten und Aufstellungen über die Erlös- und Kostensituation sowie über die Personalausstattung. Bei seinen Auswertungen und Bewertungen der Kostenrechnung ist der RH von den bei den einzelnen ZMK-Kliniken für das Jahr 1997 bestehenden Organisationsstrukturen ausgegangen (s. Übersicht 1).

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Sämtliche Abteilungen der ZMK-Kliniken betreiben eine ambulante Krankenversorgung, deren Ausmaß wesentlich von dem Umfang der Studentenausbildung beeinflußt ist. Darüber hinaus nehmen in Freiburg, Heidelberg und Tübingen die Abteilungen „Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (MKG Chir.)“, deren Aufgabenspektrum auch die „Zahnärztliche Chirurgie (ZahnChir.)“ umfaßt, noch Aufgaben der stationären Krankenversorgung wahr. Bei der ZMK-Klinik Tübingen bestand bis Ende 1996 noch eine separate Abteilung „ZahnChir.“, deren Aufgaben nach ihrer Auflösung der Abteilung „MKG-Chir.“ übertragen wurden.

In Ulm wird die stationäre Krankenversorgung seit Bestehen der ZMK-Klinik im Rahmen eines Kooperationsvertrages durch das Bundeswehrkrankenhaus sichergestellt. Die in den Räumen des Bundeswehrkrankenhauses eingerichtete MKG-Ambulanz wird vom Universitätsklinikum Ulm betrieben, für die Studentenausbildung aber kaum beansprucht. Dazu dient vor allem die Abteilung „ZahnChir.“ mit ihrer ambulanten Patientenbehandlung.

2 Rechnungsergebnisse nach den Kostenrechnungen der ZMK-Kliniken

2.1 Die vom RH auf der Grundlage der Kostenrechnung erhobenen und in unterschiedlichem Umfang nach Abteilungen gegliederten Rechnungsergebnisse der vier ZMK-Kliniken waren wegen ihrer unterschiedlichen Abgrenzungen für vergleichende Bewertungen nicht geeignet. Zurückzuführen war dies u.a. darauf, daß bei einigen ZMK-Kliniken die angefallenen Erlöse und Aufwendungen den jeweiligen Abteilungen nicht direkt oder falsch zugeordnet worden waren. Die besonders bei einer ZMK-Klinik in großem Umfang unterlassene abteilungsbezogene Erlös- und Kostenzuordnung schränkt die Aussagefähigkeit der bereits seit vielen Jahren eingeführten Kostenrechnung wesentlich ein. Bei den Aufwendungen blieben darüber hinaus bei den ZMK-Kliniken auch mit dem unmittelbaren Betrieb zusammenhängende Personal- und Sachkosten unberücksichtigt, wobei die Kostenabgrenzung z.B. für Verwaltungspersonal und für die Reinigung unterschiedlich gehandhabt wurde. Gleiches gilt für die interne Verrechnung der interdisziplinären medizinischen Leistungen, die nur bei einer ZMK-Klinik den jeweiligen Abteilungen zugeordnet wurden. Unterschiede bestanden auch bei der internen Leistungsverrechnung für Instandhaltungsmaßnahmen.

Ein weiteres Problem stellt die bisher nicht praktizierte Trennung der ambulanten und stationären Rechnungsergebnisse innerhalb der Abteilung „MKG Chir.“ bei den ZMK-Kliniken Freiburg, Heidelberg und Tübingen dar. Eine solche Trennung ist jedoch angezeigt, weil die Ausbildung der Studenten fast ausschließlich im Rahmen der ambulanten Krankenversorgung durchgeführt wird und demzufolge nur über deren Betriebsergebnisse auch Erkenntnisse über die Kosten für die Lehre gewonnen werden können.

2.2 Die zum 01.01.1998 bei den Universitätsklinika eingetretene Rechtsformänderung (Umwandlung in Anstalten d.ö.R.) und die damit zusammenhängende Neuregelung der Finanzausstattung einschließlich deren Zuordnung und Verteilung innerhalb der jeweiligen Universitäten strebt eine klare Trennung der Budgetierung für die Krankenversorgung einerseits und für Forschung und Lehre andererseits an. Eine Trennung hat bisher lediglich ein Universitätsklinikum in seiner Kostenstellenrechnung entwickelt. Dieses Klinikum hat die Unterdeckungen bei den einzelnen Abteilungen seiner ZMK-Klinik zum weit überwiegenden Teil auf Forschung und Lehre zurückgeführt. Von den anderen Universitätsklinika sind bisher Trennungsrechnungen nicht erstellt worden; die vom RH hierzu aufgeforderten Abteilungsleiter sahen sich auch außer Stande, für ihr Personal eine derartige Trennung vorzunehmen.

2.3 Auf Grund der vom RH angetroffenen Uneinheitlichkeiten bei der Dokumentation und Zuordnung der Erlöse und Aufwendungen lassen die derzeit für die ZMK-Kliniken geführten Kostenrechnungen aussagefähige Vergleiche zwischen den einzelnen ZMK-Kliniken nicht zu.

Die neue Rechtsform und damit zusammenhängende Finanzausstattung der Universitätsklinika macht es erforderlich, daß die Aufwendungen für Forschung und Lehre klarer als bisher abgegrenzt werden. Der Einfluß des Landes beschränkt sich heute neben der Festlegung des Zuschusses lediglich noch auf die Mitwirkung von Bediensteten des MWK und des FM im jeweiligen Aufsichtsrat, in dem diese nicht die Mehrheit besitzen. Um ein Mindestmaß an Steuerungsmöglichkeit zu gewährleisten, ist es aus der Sicht des RH unerläßlich, vergleichbare Betriebsergebnisse ohne großen Zeitaufwand zur Verfügung zu haben. Das setzt voraus, daß die Universitätsklinika eine untereinander abgestimmte Kostenrechnung praktizieren, die von gleichen Kriterien und Festlegungen ausgeht. Es sprechen gute Gründe dafür, daß eine Kostenstellenrechnung für die einzelnen Abteilungen sich auf die Betriebsergebnisse beschränkt, die vor Ort entstehen oder beeinflußbar sind. Soweit sog. Overheadkosten einfließen, sollte sichergestellt werden, daß eine einheitliche Abgrenzung erfolgt.

3 Vergleichbare Betriebsergebnisse 1997 für den ambulanten Bereich

3.1 Um aus den Ergebnissen der Kostenrechnung verwertbare Erkenntnisse über die finanziellen Auswirkungen der Aktivitäten der ZMK-Kliniken gewinnen zu können, hat der RH die auf Abteilungen bezogenen Rechnungsergebnisse für das Jahr 1997 vergleichbar gemacht. Er hat sich dabei auf die Ergebnisse der ambulanten Krankenversorgung beschränkt;. in diesem Bereich findet die Ausbildung der Studenten fast ausschließlich statt. Auf eine Einbeziehung der stationären Krankenversorgung wurde auch verzichtet, weil dort die Kosten in beträchtlicherem und nicht näher quantifizierbarem Umfang von der gesamten Infrastruktur des jeweiligen Klinikums bestimmt werden. Eine Trennung zwischen den Ergebnissen der Krankenbehandlung und der Forschung und Lehre ist nicht erfolgt, weil sie nur von einer ZMK-Klinik vorgenommen wurde.

Berücksichtigt wurden nur die Kosten, die vor Ort angefallen sind. Die Kosten der vorklinischen Ausbildung, soweit sie nicht vom wissenschaftlichen Personal der ZMK-Kliniken erteilt wird, sind nicht enthalten. Wegen der unterschiedlichen Datenlage blieben die Kosten für Wäschereileistungen, Wasser, Energie und Brennstoffe und die interne Verrechnung der von und für andere Abteilungen des jeweiligen Universitätsklinikums erbrachten medizinischen Leistungen außer Ansatz. Nicht einbezogen wurden die allgemeinen Kosten der Universitätsklinika für die bereitgestellte Infrastruktur und die Abschreibungen für Gebäude und Einrichtungen.

Auf der Grundlage dieser Festlegungen hat der RH

  • die Erlöse neu ermittelt und zugeordnet,

 

  • die angesetzten Ausgaben bei den einzelnen ZMK-Kliniken berichtigt und im Falle von außergewöhnlichen oder einmaligen Belastungen entsprechend verringert,

 

  • die dokumentierten Beträge bei der für die jeweilige ZMK-Klinik eingerichteten „Allgemeinen Kostenstelle“ abteilungsgerecht zugeordnet und

 

  • bei der Abteilung „MKG Chir.“ eine rechnerische Trennung in ambulante und stationäre Krankenversorgung vorgenommen.

Die Verteilung der bei der „Allgemeinen Kostenstelle“ der jeweiligen ZMK-Klinik dokumentierten Beträge auf die einzelnen Abteilungen machte umfangreiche Berechnungen erforderlich. Soweit es sich um Personalkosten handelte, wurden an Hand geeigneter Parameter (z.B. zu betreuende Fläche bei den Reinigungskosten oder vorhandene Vollkräfte bei den Abteilungen) eine abteilungsbezogene Zuordnung vorgenommen. In den anderen Fällen wurde der anteilige Umfang der bereits zugeordneten Abteilungsergebnisse am Gesamtergebnis der jeweiligen ZMK-Klinik herangezogen und zwar entweder je Abteilung oder je Gesamtergebnis aller Abteilungen. Teilweise erfolgte eine gleichmäßige Verteilung auf die Abteilungen.

Soweit von den ZMK-Kliniken für die Abteilung „MKG Chir.“ keine Trennung in ambulante und stationäre Krankenversorgung vorgenommen worden ist, erfolgte die Aufteilung nach den Angaben der zuständigen Abteilungsleiter über den jeweiligen Personaleinsatz, entsprechend der Bewertung nach der Kapazitätsverordnung (Ärztl. Dienst) oder entsprechend den sich aus den ambulanten und stationären Erlösen ergebenden Anteilen am Gesamterlös.

Bei den von den Primär- und Ersatzkassen im ambulanten Bereich vergüteten Leistungen ist zu berücksichtigten, daß diese sich nach den gleichen Grundsätzen bemessen wie für niedergelassene Ärzte. Sie werden allerdings entsprechend den Vorgaben des § 120 SGB V um einen Investitionskostenabschlag in Höhe von 10 % und einen Abschlag für Forschung und Lehre in Höhe von 20 % gekürzt.

3.2 Die nach vorstehenden Kriterien für die Abteilungen der ZMK-Kliniken ermittelten Betriebsergebnisse des Jahres 1997 im ambulanten Bereich sind in Übersicht 1 dargestellt.

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Für die vier ZMK-Kliniken insgesamt stellen sich die Erlöse, die Personal- und Sachaufwendungen und die daraus resultierenden Unterdeckungen wie folgt dar. Die angegebenen betrieblichen Unterdeckungen werden im wesentlichen durch die Landeszuschüsse für Forschung und Lehre gedeckt.

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Die für die einzelnen ZMK-Kliniken und deren Abteilungen durch Erlöse nicht gedeckten und damit vom Land zu tragenden Aufwendungen belaufen sich auf insgesamt rd. 40 Mio. DM, die sich auf die vier ZMK-Kliniken in unterschiedlicher Höhe verteilen. Aus den einzelnen Ergebnissen lassen sich allerdings weder Bewertungen über die Qualität der Ausbildung ableiten, noch berücksichtigen sie eventuelle unterschiedliche Behandlungsschwerpunkte. Demzufolge kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß die jeweils rechnerisch günstigste Abteilung oder ZMK-Klinik die Grundlage für Ergebnisverbesserungen bei den anderen Einrichtungen bilden kann.

Die Ermittlungsergebnisse können daher nur ein Kriterium unter mehreren für eine Leistungsbewertung sein. Für weitergehende Überprüfungen und Auswertungen und eventuell daraus folgende Veränderungen bei einzelnen Organisationseinheiten hat der RH dem MWK und den vier Universitätsklinika umfangreiches Material über die Erlöse, die Personal- und Sachaufwendungen sowie über die Ausstattung des „Ärztlichen Dienstes“ und „Med. techn. Dienstes“ zur Verfügung gestellt.

3.3 Die absoluten Zahlen des Betriebsvergleichs stellen noch keinen zuverlässigen Maßstab für einen Finanzvergleich dar, weil die personelle Ausstattung und das Leistungsspektrum der einzelnen Einrichtungen unterschiedlich dimensioniert sind. Dies gilt auch für den Umfang der Leistungen für Forschung und Lehre. Da die Unterdeckungen weitgehend mit dem Aufwand und den Leistungen für Forschung und Lehre korrespondieren, ist es sachgerecht, die Ergebnisse auf die jährlichen Studienanfänger zu beziehen, um einen zutreffenden Vergleichsmaßstab zu erhalten.

Die Unterdeckungen der einzelnen Abteilungen je Studienanfänger sind in Übersicht 2 dargestellt. Um die finanziellen Unterschiede transparenter zu machen, wird bei der Darstellung der Ergebnisse unterschieden zwischen den bei allen vier ZMK-Kliniken ausschließlich mit ambulanter Patientienbehandlung befaßten Abteilungen „Zahnerhaltung“, „Zahnersatz“ und „Kieferorthopädie“ sowie den Abteilungen „MKG Chir.“ (ambulanter Bereich), wobei für Ulm noch die Abteilung „ZahnChir.“ einbezogen wird, deren Aufgaben bei den anderen Standorten von der jeweiligen Abteilung „MKG Chir.“ abgedeckt werden.

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4 Bewertung der Unterdeckung

4.1 Bei den drei erstgenannten Abteilungen bestehen zwischen den saldierten Gesamtergebnissen der ZMK-Kliniken Freiburg, Heidelberg und Ulm keine gravierenden Unterschiede. Auffällig ist bei den Abteilungen „Kieferorthopädie“, daß in Heidelberg deutlich günstigere Werte erzielt wurden als bei den anderen Standorten. Im Gesamtergebnis höher liegen mit rd. 155 TDM je Studienanfänger die Werte der ZMK-Klinik Tübingen. Dies ist wiederum vor allem auf die überproportional hohen Werte der Abteilung „Zahnersatz“ zurückzuführen.

Bei den Abteilungen „MKG Chir.“ bestehen zwischen den Ergebnissen der ZMK-Kliniken Freiburg, Heidelberg und Tübingen kaum Unterschiede. Die Ergebnisse in Ulm liegen bei der Abteilung „ZahnChir.“, die unter dem Gesichtspunkt der Lehre mit den Abteilungen „MKG Chir.“ der anderen ZMK-Kliniken vergleichbar ist, höher; hierzu kommen ungedeckte Kosten der Abteilung „MKG Chir.“.

Schaubild 2 zeigt bezogen auf die einzelnen ZMK-Kliniken die Unterdeckung je Studienanfänger.

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Auf die wesentlichen Abweichungen einzelner Abteilungen wird im folgenden näher eingegangen.

4.2 Bei den vier Abteilungen „Kieferorthopädie“ liegen die Heidelberger Werte je Studienanfänger weit unter denen der anderen drei ZMK-Kliniken, die untereinander sehr ähnliche Ergebnisse aufweisen. Nach den Feststellungen des RH sind die vier Wirtschaftsergebnisse ohne Zuordnungs- und Abgrenzungsfehler ermittelt worden; es handelt sich um realistisch ermittelte Werte. Das niedrige Ergebnis für Heidelberg dürfte vermutlich darauf zurückzuführen sein, daß das wissenschaftliche Personal bei den Behandlungskursen eine größere Anzahl von Studenten betreut und damit mehr Kapazität für die ambulante Krankenversorgung zur Verfügung steht. Dies spiegelt sich letztlich in vergleichsweise hohen Erlösen aus der Krankenbehandlung je Arzt wider. Außerdem ist die Abteilung „Kieferorthopädie“ in Heidelberg mit weitaus weniger Personal des „Med. techn. Dienstes“ ausgestattet als die entsprechenden Abteilungen bei den anderen Standorten.

4.3 Das hohe Zwischenergebnis der ZMK-Klinik Tübingen dürfte auf verschiedene Ursachen zurückzuführen sein. Die im Jahr 1996 erfolgte Auflösung eines Sonderforschungsbereichs sowie der Abteilung „ZahnChir.“ führte im Jahr 1997 zu nicht unwesentlichen Personalzuordnungen auf die verbleibenden vier Abteilungen. Diese organisatorischen Maßnahmen erklären allerdings die hohen Unterdeckungen nur zum Teil.

Die stärkste Abweichung gegenüber den anderen ZMK-Kliniken verzeichnet die Abteilung „Zahnersatz“. Mit einer Unterdeckung von rd. 78 TDM je Studienanfänger gegenüber einer solchen von 42 TDM bis 50 TDM der anderen Standorte beeinflußt diese Organisationseinheit das Gesamtergebnis der ZMK-Klinik Tübingen wesentlich.

Ausgehend von einer gewichteten durchschnittlichen Gesamtunterdeckung der ZMK-Kliniken von 147 TDM je Studienanfänger, errechnet sich für die ZMK-Klinik Tübingen ein Differenzbetrag von insgesamt rd. 2,6 Mio. DM. Davon entfallen auf die Abteilung „Zahnersatz“ rd. 2,2 Mio. DM.

4.4 In Ulm liegt der Schwerpunkt der vergleichsweise ebenfalls hohen Gesamtunterdeckung bei den Abteilungen „MKG Chir.“ und „ZahnChir.“ Unter dem Gesichtspunkt der Sicherstellung von Forschung und Lehre ist der Abteilung „ZahnChir.“ eine vergleichbare Bedeutung beizumessen wie bei den anderen ZMK-Kliniken den für die ambulante Krankenversorgung zuständigen Abteilungen „MKG Chir.“. Der Anteil der Forschung und Lehre bei der Abteilung „MKG Chir.“ in Ulm bezieht sich im wesentlichen auf den stationären Bereich, der bei diesem Vergleich außer Betracht geblieben ist. Das sich bei dieser Abteilung ergebende und vom Universitätsklinikum Ulm zu tragende Defizit in Höhe von rd. 800 TDM resultiert aus einer Kooperation mit der Bundeswehr. Der Kooperationsvertrag wurde vom Universitätsklinikum Ulm zum 31.12.2001 gekündigt. Gegenwärtig laufen Verhandlungen mit der Bundeswehr über die künftige Gestaltung dieses Bereichs.

Für die ZMK-Klinik Ulm errechnet sich im Bereich der Abteilungen „MKG Chir.“ und „ZahnChir.“ insgesamt eine um rd. 1,3 Mio. DM höhere Unterdeckung. Davon entfallen rd. 500 TDM auf die Abteilung „ZahnChir.“ und weitere 800 TDM auf die Unterdeckung aus der Kooperation mit der Bundeswehr.

Ob das Universitätsklinikum Ulm für seine ZMK-Klinik insoweit ähnliche Ergebnisse wie die anderen ZMK-Kliniken erreichen kann, ist abhängig von der künftigen Organisationsstruktur. Nach Auffassung des RH kann sich ein entsprechender Erfolg nur dann einstellen, wenn auch in Ulm die Abteilungen „MKG Chir.“ und „ZahnChir.“ zu einer Organisationseinheit zusammengefaßt werden, in der sowohl stationäre als auch ambulante Krankenversorgung betrieben wird. Vom Universitätsklinikum wird dies angestrebt; das Ergebnis der Verhandlungen mit der Bundeswehr ist noch offen.

5 Bemessung des künftigen Landeszuschusses für Forschung und Lehre

Gegenwärtig werden Überlegungen angestellt, den für die Universitätsklinika bereitzustellenden Landeszuschuß für Forschung und Lehre zu budgetieren, wobei zwischen den Bereichen Medizin und Zahnmedizin unterschieden werden soll. Im Bereich der Grundausstattung sollen standortbedingte Besonderheiten grundsätzlich keine Berücksichtigung finden.

Der RH geht davon aus, daß die von ihm für den Bereich der Zahnmedizin vergleichbar gemachten Ist-Ergebnisse der Kostenrechnung in die Kalkulationen Eingang finden, in welcher Höhe ein Budget in realistischer Weise festzusetzen ist. Dabei erscheint es erforderlich, noch schärfer als in diesem Beitrag dargestellt zwischen den medizinischen Kosten im engeren Sinne und den Kosten der Infrastruktur zu trennen und den vorgefundenen teilweise beträchtlichen Unterschieden bei den Infrastrukturkosten nachzugehen.

Im Falle einer Budgetierung des Landeszuschusses für Forschung und Lehre hätten die Universitätsklinika Tübingen und Ulm mit deutlichen Wettbewerbsnachteilen zu rechnen, wenn es ihnen nicht gelingt, gegenüber Heidelberg und Freiburg zu vergleichbaren Ergebnissen zu gelangen.

6 Stellungnahme des Wissenschaftsministeriums

Das MWK hat gegen die Sachdarstellung keine Einwendungen erhoben.


Anhänge

Ein Institut für Angewandte Forschung an einer Fachhochschule betreibt in nur geringem Umfang praxisnahe Forschung und Innovationstransfer. Das Institut bearbeitete für ein Steinbeis-Transferzentrum mehrere Projekte, ohne daß an die Fachhochschule hierfür ein Nutzungsentgelt entrichtet wurde.


1 Vorbemerkung

Die Fachhochschulen (FH) nehmen im Rahmen ihres Bildungsauftrages Aufgaben der angewandten Forschung und Entwicklung wahr. Mitte der 80er Jahre hatte das Land damit begonnen, in den FH zentrale Forschungseinrichtungen, sog. Institute für Innovation und Transfer (jetzt: Institute für Angewandte Forschung - IAF -) einzurichten, um den Professoren die Möglichkeit zu geben, unabhängig von wirtschaftlichen Zielsetzungen Forschungs- und Entwicklungsaufgaben im vorwettbewerblichen Bereich als Dienstaufgabe zu übernehmen.

Daneben bestehen an den Fachhochschulen oder in ihrem Umfeld technische Beratungsdienste und ein Netzwerk von Transferzentren der Steinbeis-Stiftung für Wirtschaftsförderung (StW), einer Stiftung des privaten Rechts. Die Steinbeis-Transferzentren (StW-TZ) verfügen weitgehend über eine eigene apparative und personelle Ausstattung; sie werden regelmäßig von einem Professor der FH geleitet. Die StW-TZ nutzen aber vielfach auch personelle und sachliche Ressourcen der FH. Einzelheiten des Zusammenwirkens von FH und StW-TZ sind in einer Vereinbarung zwischen dem Land Baden-Württemberg, vertreten durch das MWK, und der StW vom 23.09.1994 festgelegt. Die Vereinbarung enthält insbesondere Regelungen über die Inanspruchnahme von Einrichtungen, Material, Räumen und Personal der FH durch die StW-TZ, über das Entgelt für die Nutzung der Ressourcen sowie über das Abrechnungsverfahren. Die detaillierten Regelungen dieser Vereinbarung sollen eine korrekte Abgrenzung und Abrechnung der gegenseitigen Leistungen ermöglichen. Es ist ferner klargestellt, daß bei der Mitwirkung eines FH-Professors oder sonstigen Mitarbeiters im StW-TZ die nebentätigkeitsrechtlichen Bestimmungen zu beachten sind. Auf diesen Aspekt wurde auch im Einführungserlaß des MWK vom 22.12.1994 hingewiesen.

Ungeachtet bestehender Regelungen und Vereinbarungen ist dem Nebeneinander von FH, IAF der FH, StW-TZ und sonstigen Einrichtungen im Umfeld der FH vor allem angesichts der personellen Verflechtungen und der gegenseitigen Verfügbarkeit von Ressourcen eine gewisse Problematik immanent. Dies wird auch an dem nachfolgend dargestellten Sachverhalt deutlich. Der RH hatte über grundsätzliche Aspekte dieser Problematik bereits in der Denkschrift 1992 Nr. 12 berichtet.

2 Ausgangslage

2.1 Eine FH gründete im Jahr 1987 ein Institut für Innovation und Transfer (IIT). Im Rahmen einer Evaluation des Instituts empfahlen die Gutachter 1994 der FH, eine Konzeption für die zukünftige Arbeit des Instituts und seine Rahmenbedingungen zu erstellen. Als Resultat der Gutachterbeurteilung erhielt das Institut vom MWK einen einmaligen Sachmittelzuschuß von 2 000 DM und ab 01.07.1995 Mittel zur Beschäftigung eines Assistenten in Verg.Gr. Vb/IVb, zunächst befristet für die Dauer von zwei Jahren.

Im Januar 1995 legte die FH ihre Konzeption für das Institut vor; danach sollte es angewandte Forschung betreiben und die dabei gewonnenen technischen Erkenntnisse sowohl in die mittelständische Industrie als auch in die Lehre transferieren. Außerdem sollte das Institut folgende Aufgaben übernehmen:

  • Koordination der Forschungsaktivitäten,
  • Unterstützung bei der Realisierung der Projekte,
  • Beratung in technischen und administrativen Fragestellungen,
  • Repräsentation der Forschungsaktivitäten nach außen,
  • Transfer der Forschungsaktivitäten in die Lehre.

Der Senat der FH beschloß 1996 eine Verwaltungs- und Benutzungsordnung für das Institut, das nunmehr formell in Institut für Angewandte Forschung (IAF) umbenannt wurde. Zusätzlich bestimmte er einen Professor zum Leiter des IAF und räumte diesem hierfür einen Deputatsnachlaß von zwei Semesterwochenstunden ein.

Im Oktober 1998 fand eine Nachevaluierung des IAF statt. Hierbei wurde - wie bereits im Jahr 1994 - vor allem das Fehlen eines übergreifenden Ansatzes bemängelt, der weiteren Professoren die Mitwirkung am IAF ermöglichen würde. Außerdem wurde empfohlen, das IAF ein Jahr weiterzuführen. Das MWK reduzierte die Förderung, indem es Mittel nur noch für eine halbe Stelle bewilligte und dies davon abhängig machte, daß die FH die andere Hälfte der Stelle finanzierte. Diese Zusage wurde mit der Erwartung verbunden, daß alsbald ein schlüssiges und interdisziplinäres Konzept für das IAF entwickelt werde. Dabei sollte vor allem Wert darauf gelegt werden, verallgemeinerbare und publizierbare Erkenntnisse zu erarbeiten; die Abwicklung von direkten Industrieaufträgen solle nicht im Mittelpunkt der IAF-Aktivitäten stehen. Außerdem wurde empfohlen, weitere Professoren in das IAF aufzunehmen und die Forschungsbasis im Sinne des Gesamtkonzepts entscheidend zu verbreitern.

Für Oktober 1999 war eine weitere Evaluation und eine Entscheidung des MWK über die Fortführung der Förderung vorgesehen.

2.2 Neben dem IAF bestehen an der FH mehrere StW-TZ. Als Leiter eines der TZ fungiert ein FH-Professor, der bis zur Bestellung des derzeitigen Leiters (Ende 1994) in Personalunion zugleich dem IIT - jetzt: IAF - vorstand.

3 Entwicklung des Instituts für Angewandte Forschung

3.1 Die Aufgaben des IAF werden von dem Leiter des Instituts sowie (seit März 1995) von einem Assistenten wahrgenommen. Daneben sind andere Mitarbeiter auf Honorarbasis tätig.

3.2 Die Entwicklung der Projektbearbeitung verlief zunächst schleppend. Erst im Laufe des Jahres 1996 beteiligte sich das Institut an zwei fachbereichsübergreifenden Projekten der FH, die aus Mitteln des MWK finanziert wurden. Das erste eigenständige Projekt, für das FuE-Mittel eingeworben worden waren, wurde Ende 1996 bearbeitet. Im Jahr 1997 führte das IAF dann eine größere Zahl eigener Projekte durch; 1998 waren es allerdings nur noch zwei Projekte. Die Übersicht zeigt die bis einschließlich 1998 vom IAF realisierten Projekte und die dabei angefallenen Einnahmen und Ausgaben.

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Zum Abschluß des ersten Quartals 1999 war noch kein Projekt realisiert. Zwar weist die dem MWK vorgelegte Leistungsbilanz für die Jahre 1997 und 1998 weitere Projekte aus; dabei wurden aber Projekte aufgelistet, die tatsächlich nicht bearbeitet wurden. Auch die Angaben über die vom Institut eingeworbenen Drittmittel sind fehlerhaft. So wurde beispielsweise in beiden Jahresberichten des IAF jeweils ein und dasselbe Projekt für einen Auftraggeber A aufgeführt. Tatsächlich handelte es sich dabei gar nicht um ein Projekt des IAF. Der hierfür angegebene Drittmittelzufluß in Höhe von 32 000 DM konnte nicht als Einnahme beim IAF festgestellt werden.

Bei den insgesamt 37 zwischen 1996 und 1998 vom IAF durchgeführten Projekten handelt es sich in drei Fällen um die Konzeption und Abwicklung ein- oder mehrtägiger Seminarveranstaltungen. Der überwiegende Teil der vom IAF bearbeiteten Aufträge hatte ansonsten die Realisierung von Internet-Programmierungen zum Inhalt.

Auftraggeber waren überwiegend mittelständische und große Unternehmen. Die Unternehmen wandten sich mit ihren Aufträgen entweder direkt an das IAF, oder sie beauftragten eine Werbeagentur; für letztere führte das Institut dann als Subunternehmer die gewünschte Programmierung durch.

4 Abwicklung der Aufträge durch das Institut für Angewandte Forschung

4.1 Bei der Abrechnung von Drittmittelaufträgen hielt sich die FH nicht an die VwV-Kostenfestlegung des FM, deren Verbindlichkeit auch in der Verwaltungs- und Benutzungsordnung für das IAF durch die Hochschule festgelegt ist. Der Preiskalkulation legte das IAF vielmehr die Kosten für die auf Honorarbasis abrechnenden Mitarbeiter zugrunde zuzüglich eines Zuschlags von 10 bis 20 %. In die Kostenkalkulation wurden weder die Personalkosten noch die vollen Sachkosten, die dem Land für das IAF entstehen, einbezogen. Die Darstellung der projektbezogenen Einnahmen und Ausgaben läßt den Eindruck entstehen, als habe das IAF in den einzelnen Jahren einen „Überschuß“ auf Grund der Projektarbeit erzielt. Bezieht man jedoch die für das IAF insgesamt entstandenen Personal- und Sachkosten in die Betrachtung ein, so ergibt sich eine Unterdeckung. Allein die vom Land finanzierten Personalkosten des IAF betragen rd. 132 800 DM/Jahr und liegen damit höher als die jährlichen Projekterlöse; dies trifft auch für das Jahr mit der bisher größten Zahl an Aufträgen (1997) zu. Für die Ermittlung der Personalkosten des Assistenten und - anteilmäßig entsprechend dem Deputatsnachlaß - des Institutsleiters wurden vom RH die Richtsätze des FM zur Veranschlagung der Dienstbezüge 1997 und die VwV-Kostenfestlegung zugrunde gelegt. Der Deckungsumfang in den einzelnen Jahren ist als Schaubild dargestellt.

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Für die Abwicklung der Projektaufträge beschäftigte das IAF vor allem im Jahr 1997 eine Vielzahl von Hilfskräften. Hierbei handelte es sich vorrangig um Studierende mit speziellen EDV-Kenntnissen, die im Rahmen der Internet-Programmierungen eingesetzt wurden.

4.2 Die Dokumentation der Abwicklung der Projekte durch das IAF ist völlig unzulänglich. Für die Beteiligung von Mitarbeitern an den einzelnen Projekten gibt es keine schriftlichen Vertragsunterlagen; der IAF-Leiter beauftragte die eingesetzten Mitarbeiter lediglich mündlich. Deshalb gibt es auch keine Unterlagen darüber, welche Leistungen zu erbringen waren und welche Vergütungen hierfür gezahlt werden sollten. Angaben über Leistungsumfang und Vergütungen ergaben sich nur teilweise aus einigen der an die FH eingereichten Rechnungen. Es fehlt daher vielfach jegliche Dokumentation darüber, ob die vereinbarte Leistung vom angegebenen Auftragnehmer in vollem Umfang oder überhaupt erbracht worden ist. Weitgehend liegt nur die formularmäßig vorgesehene Bescheinigung der sachlichen Richtigkeit des in Rechnung gestellten Betrags durch den IAF-Leiter vor, auf Grund derer die FH-Verwaltung die Auszahlung veranlaßte.

Bei einigen Rechnungen sind der Verwaltung der FH Ungereimtheiten aufgefallen, die trotz intensiver Nachforschungen nicht ausgeräumt werden konnten. Die FH hat das MWK über diese Ergebnisse unterrichtet. Dieses betrachtete die Angelegenheit indes als erledigt, nachdem vom Leiter des IAF bestätigt wurde, alle Leistungen seien von den Rechnungsstellern vertragsgemäß erfüllt worden.

Auch bei der Untersuchung des RH konnten die festgestellten Ungereimtheiten nicht ausgeräumt werden. Diese Ungereimtheiten bei Projektabwicklungen des Instituts führten zur Aufnahme staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen. Die Ermittlungen waren z.Z. der Beratung des Denkschriftbeitrags noch nicht abgeschlossen.

5 Zusammenarbeit Institut für Angewandte Forschung und Transferzentrum

Vom TZ wurden zwischen 1996 und 1998 mehrere Projekte abgewickelt, bei denen jeweils der Leiter des IAF beteiligt war und sogar als Projektleiter für das TZ fungierte und der jeweilige Mitarbeiter des IAF als Projektbearbeiter tätig wurde. Nach den eigenen Angaben eines der Mitarbeiter wurden diese Projekte im Rahmen der Diensttätigkeit beim IAF bearbeitet. Für die Projektleitung bzw. -mitarbeit erhielten die Beteiligten indes Honorarvergütungen ausbezahlt, obwohl keine Nebentätigkeit vorlag.

Die Bearbeitung von Projekten im IAF, die ein TZ zur vollständigen oder teilweisen Erledigung dem IAF übertragen hat, ist grundsätzlich unter bestimmten Bedingungen zulässig. Allerdings setzt die Inanspruchnahme von Personal der FH für derartige Projekte die vorherige Zustimmung der Fachhochschulleitung voraus. Außerdem steht dann dem IAF bzw. der FH für die geleistete Projektbearbeitung ein Anspruch auf das entsprechende Entgelt zu. Dieses setzt sich aus den jeweiligen Personalkosten sowie einem Entgelt für die Inanspruchnahme von Räumen und Geräten der FH zusammen. In den vorliegenden Fällen wurden die erforderlichen Genehmigungen nicht eingeholt; die entsprechenden Entgelte wurden der FH vorenthalten.

Beispielsweise ist das bereits erwähnte Projekt für den Auftraggeber A (vgl. Ziff. 3.2) zwar in dem dem MWK jährlich vorzulegenden Bericht als eigenständiges Projekt des IAF ausgewiesen. Tatsächlich war dies Teil eines Projekts, zu dessen Durchführung das TZ beauftragt worden war. Das hierfür gezahlte Entgelt von insgesamt 88 014 DM vereinnahmte das TZ in voller Höhe. Nicht einmal der auf die Tätigkeit des IAF-Personals entfallende Betrag von 42 560 DM wurde der FH erstattet.

Bei einem weiteren Projekt für einen Auftraggeber B gab das IAF das Angebot ab. Das Angebot ist von Professor X als Leiter des IAF (und Projektleiter) sowie von Professor Y als weiterem am Projekt Beteiligten, und zwar ohne Hinweis auf seine Funktion als TZ-Leiter, unterschrieben. Von diesem wurde nach Abschluß des Projekts eine Forderung in Höhe von 18 975 DM, die er für seine Mitwirkung als TZ-Leiter geltend machte, gegenüber der FH in Rechnung gestellt. Auch in diesem Fall bestehen weder Angebotsunterlagen noch Auftragsunterlagen über die vom TZ zu erbringenden Leistungen und deren Honorierung. Die FH verweigerte eine Zahlung, da es sich eindeutig um ein Projekt des IAF gehandelt habe. Nachdem der TZ-Leiter beim MWK interveniert hatte, legte die FH diesem die Angelegenheit vor. Sie wies dabei darauf hin, daß IAF-Projekte von Angehörigen der Hochschule im Hauptamt zu bearbeiten seien und hieraus kein Anspruch auf eine Vergütung bestehe. Es stelle sich die Frage, inwiefern sich hieran etwas ändere, wenn diese Projekte „als ganzes oder in Teilen als Unterauftrag an ein Transferzentrum gehen, bei dem die handelnden Personen identisch sind“.

Das MWK hat, davon ausgehend, daß ein Unterauftrag an das TZ vorlag, die Auffassung vertreten, daß dies in besonderen Ausnahmefällen möglich ist, wenn der Unterauftrag zur Erfüllung der Aufgabe der Hochschule notwendig ist. Nach entsprechenden Bestätigungen der Leiter von IAF und TZ hat das MWK „ausnahmsweise und in Abweichung zu den (einschlägigen) Ausführungsbestimmungen“ dem Vertrag zwischen IAF und TZ - nach entsprechendem Einverständnis der FH - zugestimmt, so daß der Zahlung an den TZ-Leiter, Professor Y, nichts mehr im Wege stand. Die „Ausnahme“ ergibt sich auch insoweit, als in Abweichung von den Vorgaben der Vereinbarung zwischen dem Land und der StW keine Leistungsverrechnung, sondern eine Auszahlung stattfand.

Der RH sieht diese Entscheidung vor dem Hintergrund des Fehlens jeglicher schriftlicher Vereinbarungen und der Beteiligung von FH-Mitarbeitern in unterschiedlichen Funktionen sowie im Hinblick auf die entsprechenden Regelungen als problematisch an. Dies insbesondere auch deshalb, weil diese Entscheidung als falsches Signal dahingehend verstanden werden könnte, es werde hingenommen, daß man sich auf Grund bloßer mündlicher Absprachen gegenseitig Honorareinnahmen verschafft.

6 Nutzungen der FH-Ressourcen durch das Transferzentrum

Nach den Bestimmungen der zwischen Land und StW getroffenen Vereinbarung haben die Transferzentren den Fachhochschulen jedes Jahr mitzuteilen, in welchem Umfang sie Personal, Material und Räume der Hochschule in Anspruch genommen haben. Im Falle einer solchen Nutzung entsteht für die Transferzentren die Verpflichtung zur Entgeltzahlung gegenüber dem Land, sofern keine Verrechnung mit Entgelten für Leistungen des TZ für die FH möglich ist. Vor Inanspruchnahme von FH-Mitarbeitern im Hauptamt muß zudem die Genehmigung der Hochschulleitung eingeholt werden.

Die mehrfach aufgezeigte Verquickung der Projektbearbeitung durch das IAF und das TZ veranlaßte den RH zu prüfen, inwieweit das TZ die genannten Verpflichtungen aus der Vereinbarung überhaupt beachtet. Bei der Prüfung hat sich gezeigt, daß sich das TZ seit Inkrafttreten der Vereinbarung des Landes mit der StW weigert, für die Nutzung von Räumen und Geräten der FH die angefallenen Entgelte zu entrichten. Die geltend gemachten Gegenforderungen für Leistungen des TZ an die FH werden weder von der FH noch vom MWK anerkannt. Auf Anweisung des MWK überprüfte die FH im Oktober 1998 die Höhe der bestehenden Forderungen der FH und ermittelte für die Jahre 1995 bis 1997 einen vom TZ zu entrichtenden Betrag von 71 227 DM. Nicht enthalten hierin sind weitere, der Höhe nach ungeklärte Ansprüche des Landes, die auf Leistungen beruhen, welche das IAF zwischen 1996 und 1998 für das TZ erbrachte.

Das MWK forderte die FH auf, die ausstehenden Entgelte einzufordern und dem TZ die weitere Nutzung von Hochschulressourcen zu untersagen. Beide Sachverhalte teilte die FH dem Professor in seiner Eigenschaft als TZ-Leiter mit Schreiben vom 05.10.1998 mit. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt leistete des TZ keine Zahlungen an die FH. Das Verbot der Nutzung von Hochschuleinrichtungen wird vom TZ-Leiter ignoriert. Mit Schreiben vom 16.12.1998 unterbreitete das TZ z.B. einem Unternehmen ein Projektangebot. Die Leitung dieses Projekts sollte wiederum der IAF-Leiter übernehmen. Es handelte sich dabei um die Fortführung eines Auftrags, der im Jahr 1997 als eigenständiges IAF-Projekt betrieben worden war.

Die FH hat seit ihrem Schreiben vom 05.10.1998 keine weiteren Schritte zur Durchsetzung ihrer Forderungen eingeleitet (Stand: Anfang Juni 1999).

7 Zusammenfassung

7.1 Nach der Verwaltungs- und Benutzungsordnung dient das IAF u.a. der Durchführung von anwendungsorientierten Forschungs- und Entwicklungsvorhaben im Rahmen des Bildungsauftrags der FH. Dabei trägt das IAF zur interdisziplinären Zusammenarbeit von Professoren bei, unterstützt sie bei der Einwerbung von Drittmittelprojekten und hilft ihnen bei der Abwicklung und Koordination von Forschungs- und Entwicklungsprojekten. Außerdem soll das IAF zusammen mit Unternehmen und Institutionen - insbesondere in der Region - die Anwendung und Weiterentwicklung der Technologien fördern und Konzeptionen für neue Problemstellungen erarbeiten.

Diesen Anforderungen konnte das IAF bisher nicht gerecht werden. Obwohl das Institut bereits seit Mitte 1995, damals unter der Bezeichnung Institut für Innovation und Transfer, mit einer Personalstelle ausgestattet wurde, sind im Jahr 1995 keine und in den Jahren 1996 und 1998 nur wenige Projekte durchgeführt worden. Nur im Jahr 1997 erfolgte die Bearbeitung einer Vielzahl von Projekten. Auch zum Abschluß des ersten Quartals 1999 war noch kein Projekt realisiert. Nach Auffassung des RH entsprachen die Projekte nicht der innovativen Zielsetzung des Instituts. Es handelte sich hierbei zumeist um die Abwicklung von Industrieaufträgen ohne wirklichen Forschungsbedarf. Mit der Programmierung von Internet-Seiten trat das IAF zudem in Konkurrenz zu privaten Unternehmen. Es wurden keine Erkenntnisse erarbeitet, die in die mittelständische Industrie hätten transferiert werden können. Öffentliche Mittel, z.B. für die Konzeption innovativer Produkte, wurden nur in sehr geringem Umfang eingeworben. Zudem erscheint das Interesse weiterer FH-Professoren an einer Mitarbeit im IAF gering; auf jeden Fall sind bisher keine Anträge auf Institutszugehörigkeit gestellt worden. Einziger Institutsangehöriger im Sinne der Verwaltungs- und Benutzungsordnung ist der derzeitige Leiter des IAF. Auch die Gutachter hatten bei der Nachevaluierung im Oktober 1998 das Fehlen einer breiten Forschungsbasis festgestellt und empfohlen, künftig verallgemeinerbare und publizierbare Ergebnisse zu erarbeiten.

Der RH ist der Auffassung, daß die Arbeit des Instituts eine Förderung nicht rechtfertigt. Das MWK hat zwar für 1999 die Mittel nur noch für eine halbe Personalstelle bereitgestellt. Im Hinblick auf die geringen Aktivitäten des IAF sollte die Förderung durch das Land vollständig eingestellt werden.

7.2 Bei den vom RH dem MWK mitgeteilten Ungereimtheiten bleiben die Ergebnisse der von ihm veranlaßten Aufklärung abzuwarten. Das MWK hatte zwar bereits früher Kenntnisse über einen Teil der Vorgänge, hat die Angelegenheit auf Grund seines damaligen Kenntnisstandes und seiner rechtlichen Bewertung aber zunächst nicht weiterverfolgt. Angesichts der möglichen Konstellationen und Verflechtungen beim Zusammenwirken von FH, IAF und StW-TZ , die mit dem beispielhaft dargestellten Sachverhalt deutlich wird, sieht es der RH für geboten an, künftig bei derartigen Ungereimtheiten eine sofortige und umfassende Aufklärung sicherzustellen.

7.3 Die Vereinbarung zwischen dem Land und der Steinbeis-Stiftung enthält bindende Vorschriften über die Zusammenarbeit, die Ressourcennutzung und die zu zahlenden Entgelte der Einrichtungen der StW und der FH. Die daraus sich ergebenden Forderungen des Landes müssen daher mit Nachdruck durchgesetzt werden. Die zögerliche Haltung der FH, die bisher (bis Anfang April 1999) keine Maßnahmen eingeleitet hat, um die im Schreiben vom 05.10.1998 gegenüber dem TZ geltend gemachte Forderung durchzusetzen, steht nicht nur im Widerspruch zu der Verpflichtung, die sich aus der Vereinbarung selbst ergibt; sie verstößt zudem gegen die allgemeine Pflicht, Einnahmen rechtzeitig und vollständig zu erheben (§ 34 Abs. 1 LHO). Der RH erwartet, daß die weiteren, der Höhe nach noch ungeklärten Ansprüche des Landes gegenüber dem TZ für die Nutzung der Ressourcen des IAF in den Jahren 1996 bis 1998 alsbald ermittelt und geltend gemacht werden.

8 Stellungnahme des Wissenschaftsministeriums

Das MWK hat gegen die Darstellung im wesentlichen keine Einwände erhoben. Es weist darauf hin, daß auf Grund des vorliegenden Untersuchungsergebnisses mehrere Maßnahmen eingeleitet worden seien, die sich an den Überlegungen des RH zur weiteren Sachbehandlung orientierten. So habe das MWK in der Zwischenzeit die Schließung des IAF und die Rücküberweisung der Fördermittel angeordnet. Außerdem habe es die FH angewiesen, die Nebentätigkeitsgenehmigung für die Leitung des TZ zu widerrufen, und die Prüfung weitergehender Ansprüche des Landes gegenüber dem TZ in die Wege geleitet.

9 Schlußbemerkung

Der RH anerkennt die vom MWK in dem dargestellten Fall bereits eingeleiteten Maßnahmen. Grundsätzlich hält er es für zwingend geboten, daß MWK und die FH dafür Sorge tragen, daß die notwendige Transparenz und Abgrenzung bei der Akquisition und Durchführung von Aufträgen beim Zusammenwirken der FH, ihren Instituten, der Einrichtungen der StW und Dritten stets gewährleistet wird. Voraussetzung dafür ist vor allem eine sorgfältige Dokumentation der jeweils zwischen den Einrichtungen und mit den an den Projekten beteiligten Personen getroffenen Vereinbarungen. Insbesondere müssen klare und nachvollziehbare vertragliche Grundlagen für zu erbringende Leistungen und die Höhe der hierfür zustehenden Entgelte und Honorare vorliegen. Außerdem ist für die Mitwirkung von Mitarbeitern der FH auf eine korrekte eindeutige Abgrenzung zwischen Dienstaufgaben und Nebentätigkeiten, die als solche zulässig und vorher schriftlich genehmigt sein müssen, zu achten. Die jeweilige Art der Projektmitarbeit ist zu dokumentieren. Die Vereinbarung zwischen Land und StW vom 23.09.1994 sollte bezüglich der Leistungsverrechnung ohne Ausnahme angewandt werden. Genehmigungsvorbehalte sollten strikt beachtet, nachträgliche Anträge auf Genehmigung zurückgewiesen werden.

Der RH sieht es im übrigen als unerläßlich an, daß die FH den ihr zustehenden Ansprüchen mit Nachdruck nachgeht, festgestellte Forderungen unverzüglich geltend macht sowie Ungereimtheiten vor allem bei Rechnungen aufklärt.


Anhänge

Die Erstellung von Kreisbeschreibungen ist angesichts der Entwicklung der Angebote auf diesem Gebiet keine Landesaufgabe mehr. Das Archivgesetz sollte entsprechend geändert werden.


1 Ausgangslage

1.1 Die Kreisbeschreibungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg haben ihren Ursprung in den Oberamtsbeschreibungen des Königreiches Württemberg, die das damalige Statistisch-Topographische Bureau ab 1824 veröffentlichte. Diese Bände enthielten zunächst nur in knappster Form alles Wissenswerte über das Gebiet eines Oberamts. Sie waren als Hilfsmittel für die Verwaltung gedacht, entwickelten sich jedoch im Lauf der Jahre auch zu Nachschlage- und Informationswerken für interessierte Bürger.

Zwischen 1824 und 1930 wurden - teilweise in zweifacher Bearbeitung - alle 64 Oberämter im Königreich Württemberg beschrieben. 1907 war zusätzlich die vierbändige Gesamtbeschreibung des Königreichs abgeschlossen. Für Hohenzollern und das Großherzogtum Baden lagen keine vergleichbaren Beschreibungsreihen vor. In Baden gab es jedoch verschiedene Werke über einzelne Bezirksämter und Gemeinden sowie einen ersten Band über das Großherzogtum als Ganzes.

1.2 Nach der Gründung des Landes Baden-Württemberg wurde dem Statistischen Landesamt die Aufgabe übertragen, Landes- und Kreisbeschreibungen zu erstellen.

Im Jahr 1964 wurde diese Aufgabe der Staatlichen Archivverwaltung zugeordnet und dort in der Abteilung „Landesbeschreibung“ wahrgenommen. 1975 wurde diese Abteilung in die neu errichtete Landesarchivdirektion Baden-Württemberg eingegliedert; seit 1993 trägt sie den Namen „Landesforschung und Landesbeschreibung“. Sie hat vier Außenstellen am Sitz der Regierungspräsidien.

Die Landesbeschreibung Baden-Württemberg ist seit 1983 abgeschlossen und enthält in acht Bänden eine Beschreibung der historischen, sozialen und politischen Entwicklung aller Kreise und Gemeinden in Baden-Württemberg. Von den 20 Kreisbeschreibungen, die bis Ende 1999 erschienen sein werden, befassen sich elf Beschreibungen - zumindest teilweise - mit den 44 Stadt- und Landkreisen, wie sie seit der letzten Gebiets- und Verwaltungsreform bestehen. Eine Kreisbeschreibung umfaßt regelmäßig zwei Bände. Sie zeichnen sich durch eine repräsentative Form aus. Die Darstellung ist umfassender als die entsprechenden Teile der Landesbeschreibung. Seit einer in den 80er Jahren vorgenommenen Neukonzeption werden Historiker, Geographen und Gegenwartskundler an der Erstellung der Kreisbeschreibungen beteiligt. Die Bände werden seither mit zahlreichen Farbbildern und reichhaltigerem Kartenmaterial ausgestattet.

2 Erstellung der Kreisbeschreibungen

2.1 Die Kreisbeschreibungen sind in einen allgemeinen Teil mit der Darstellung der Entwicklung des gesamten Kreisgebiets und einen speziellen Teil gegliedert, in dem Beschreibungen sämtlicher kreisangehöriger Gemeinden mit ihren Teilorten enthalten sind. Der allgemeine Teil macht jeweils etwa 30 % einer Beschreibung aus.

Die Kreise werden als politische und verwaltungsmäßige Einheit aus geographischer, historischer und gegenwartskundlicher Sicht beschrieben. Die Darstellungen umfassen sowohl die natürlichen Grundlagen und die Geschichte einschließlich der Kunstgeschichte als auch die Siedlungsstrukturen, die Bevölkerung, die Wirtschaft, den Verkehr und das gegenwärtige öffentliche und kulturelle Leben. Die Gliederung, die inhaltliche Abfolge sowie der Umfang der einzelnen Teile werden nach einer einheitlichen Konzeption im wesentlichen vorgegeben, um das Ziel einer gleichartigen Darstellung zu erreichen. Der Arbeitsablauf ist daher ebenfalls im wesentlichen gleich.

Den Gemeinden im Kreisgebiet wird jeweils ein umfangreicher Bogen mit Fragen zu historischen, wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Einzelthemen zugesandt. Zahlreiche staatliche und private Einrichtungen - darunter auch Unternehmen - werden um Zusendung von Unterlagen gebeten. Ferner werden die örtlichen Archive ausgewertet sowie das Material der Landesarchivverwaltung und verfügbare Publikationen erfaßt. Daraus wird die Beschreibung an Hand der vorstrukturierten Gliederung erstellt. Forschung wird hierbei insoweit betrieben, als Entwicklungszusammenhänge untersucht und dargestellt werden, bisher nicht ausgewertete Materialien zu bearbeiten sind oder sich durch eine Zusammenschau aller Unterlagen neue Erkenntnisse und Bewertungen z.B. der geschichtlichen Entwicklung eröffnen. Dazu gehört ggf. auch die Überprüfung der Echtheit oder Richtigkeit von Archivmaterial, wie z.B. von Urkunden.

An jeder der vier Außenstellen der Abteilung „Landesforschung und Landesbeschreibung“ der LAD wird gleichzeitig jeweils an einer Kreisbeschreibung mit mehreren Bediensteten gearbeitet. Die durchschnittliche Verteilung der Personalkapazität auf die einzelnen Arbeitsvorgänge nach der Einschätzung durch die Bediensteten zeigt Schaubild 1.

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Daraus ergibt sich, daß die Kapazität der mit Kreisbeschreibungen befaßten Bediensteten vorwiegend auf die Tätigkeit der Materialerhebung und die Fertigung von Texten und Karten entfällt.

Die Kreise und Gemeinden stellen ebenfalls personelle Ressourcen zur Verfügung. Die Gemeinden wirken durch die Bearbeitung der von der Archivverwaltung ausgegebenen Fragebögen, die Kreise durch Übernahme von Koordinationsaufgaben, Erstellung von Textbeiträgen und ggf. durch Materialerhebung an den Kreisbeschreibungen mit.

Für die Kreisbeschreibungen werden auch freie Mitarbeiter gegen Honorar eingesetzt. Sie erstellen z.B. Karten und Stichwortverzeichnisse oder erheben Material; sie erarbeiten indes auch in größerem Umfang Texte; insgesamt sind sie die Autoren von etwa 40 % der Texte. Für diese Tätigkeiten werden vorrangig Hochschulangehörige (Studierende, wissenschaftliche Mitarbeiter und Professoren) sowie Landesbedienstete aus den Bereichen Archiv- und Denkmalwesen geworben, aber auch Mitarbeiter von Gemeinden oder in der örtlichen Geschichte aktive Bürger. Die freien Autoren erhalten das bei der Archivverwaltung vorhandene Material und für die Abfassung des Textes eine detaillierte Gliederung. Daneben werden Vorgaben über den Umfang, den Inhalt, Schwerpunkte und zu bearbeitende Besonderheiten gemacht. Während der Bearbeitung finden Besprechungen statt. Der gelieferte Text wird von den hauptamtlichen Mitarbeitern nochmals überarbeitet.

2.2 Die Kreisbeschreibungen werden seit 1987 von ein und demselben Verlag in einheitlicher Aufmachung unter dem Titel „Kreisbeschreibungen des Landes Baden-Württemberg“ verlegt. Mit diesem im Wege einer Ausschreibung ausgewählten Verlag wurde ein Rahmenvertrag geschlossen, der im Jahr 1996 um eine Kündigungsklausel und die Vorgabe ergänzt wurde, daß die Druckleistungen auszuschreiben sind. In zusätzlichen Vereinbarungen wird für die einzelne Kreisbeschreibung der Umfang der Bände, die Ausstattung, die Auflagenhöhe, der Ladenpreis und die finanzielle Beteiligung des Landes an der Herausgabe jeweils gesondert geregelt.

Der Verlag hat für den Druck der Bände, deren formale Gestaltung, das Layout und die Auswahl des Papiers zu sorgen; ferner übernimmt er Werbung und Vertrieb. Die Höhe der finanziellen Beteiligung des Landes an der Herstellung, die in Form eines festen Druckkostenzuschusses gewährt wird, richtet sich nach den Herstellungskosten des Verlages für die Gesamtauflage abzüglich der Erlöse aus der Garantieabnahme durch den jeweiligen Kreis und der Subskriptionserlöse aus dem Verkauf von 40 % der Verkaufsauflage. Aus den weiteren Verkaufserlösen steht dem Land kein Anteil zu.

2.3 Der jeweilige Land- oder Stadtkreis tritt als Mitherausgeber auf. Er beteiligt sich an den Herstellungskosten durch die Abnahme einer bestimmten Anzahl von Bänden und durch Zuschüsse zu den anfallenden Kartographie-, Foto- oder Druckkosten sowie durch die geschilderte Beteiligung an der Erstellung der Werke.

2.4 Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer für eine Kreisbeschreibung beträgt rd. acht Jahre. Die jeweilige Bearbeitungsdauer der einzelnen Werke ist unterschiedlich; für die 1994 abgeschlossene Kreisbeschreibung Lörrach wurden z.B. zwölf Jahre benötigt. Das MWK hatte zwar 1981 eine Beschränkung der Bearbeitungsdauer auf fünf Jahre gefordert; die LAD hatte dies ihrer Neukonzeption auch zugrunde gelegt. Eingehalten wurde diese Vorgabe allerdings nicht.

Durch die lange Bearbeitungsdauer von über acht Jahren werden nicht nur die Mitarbeiter der LAD entsprechend lange gebunden; sie führt auch insoweit zu Problemen, als sich bis zur Fertigstellung immer wieder Aktualitätsdefizite, insbesondere im gegenwartskundlichen Teil, ergeben. Zwar werden alle Gemeinden vor der Drucklegung gebeten, die – zuletzt teilweise schon vor Jahren aufbereiteten – Daten noch einmal zu überarbeiten und zu aktualisieren. Die Kooperationsbereitschaft der einzelnen Gemeinden ist jedoch, wie sich bei den Erhebungen des RH zeigte, unterschiedlich groß; im ungünstigen Fall führt das dann wieder zu weiteren Verzögerungen. Bei der Kreisbeschreibung Lörrach stand deshalb sogar die finanzielle Beteiligung des Landkreises zur Disposition.

Die komplette Beschreibung der Stadt- und Landkreise in ihrem seit der Verwaltungs- und Gebietsreform existierenden Bestand würde bei unveränderten Bedingungen rd. weitere 70 Jahre dauern. Spätestens danach müßten Aktualisierungen und Fortschreibungen begonnen werden.

2.5 Die Verkaufsauflagen der Kreisbeschreibungen sind im Laufe der Jahre reduziert worden. Für die Kreise Biberach (1990) und Alb-Donau (1992) betrug sie jeweils 2 500 Exemplare, für die 1997 abgeschlossene Kreisbeschreibung Reutlingen noch 1 500 Exemplare. Der Verlag strebt an, die Verkaufsauflage für die Beschreibung des Kreises Heidenheim auf 1 000 Exemplare weiter zu senken. Außerdem erklärte sich die LAD auf Wunsch des Verlages damit einverstanden, daß die Preisbindung bei den Kreisbeschreibungen etwa zehn Jahre nach ihrem Erscheinen aufgehoben werden kann; dies wird für die Kreisbeschreibung Biberach ab 1999 relevant. Das führt dazu, daß jeweils der verbliebene Bestand nach Ablauf dieses Zeitraums billig veräußert wird und die Bände danach normalerweise nicht mehr bezogen werden können.

Die ständige Reduzierung der Auflagen und die frühzeitige Aufhebung der Preisbindung belegen, daß nur ein sehr begrenztes Interesse an diesen Bänden besteht. Der Grund hierfür dürfte weniger in der Höhe des Ladenpreises zu finden sein; wenn beispielsweise die zweibändige Kreisbeschreibung Reutlingen 168 DM kostet, so ist dies durchaus als preiswert zu bezeichnen. Allerdings ist ein solches Werk mit diesem Preis auch nicht als Gelegenheitskauf geeignet.

3 Gesamtkosten einer Kreisbeschreibung

Der RH hat die gesamten Personal- und Sachkosten ermittelt, die für die Herausgabe einer Kreisbeschreibung vom Land, dem jeweiligen Landkreis und den Gemeinden zusammen aufgewendet werden müssen.

3.1 In der Abteilung der LAD und den Außenstellen sind - ohne Berücksichtigung von Schreib- und Hilfskräften – insgesamt 14 Mitarbeiter mit der Erstellung der Kreisbeschreibungen betraut.

Nach der Erhebung des RH entfällt die Arbeitskapazität dieser Mitarbeiter fast ausschließlich auf die Kreisbeschreibungen. Daneben fällt geringer Aufwand für die Teilnahme an Projektgruppen, sonstige Veröffentlichungen oder die Bearbeitung spezieller Projekte an. Für die Kreisbeschreibung wird insgesamt eine Personalkapazität von rd. 12,8 Personenjahren (PJ) eingesetzt. Die Verteilung auf die Organisationseinheiten und die Personalkosten sind in Übersicht 1 dargestellt.

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Alle Dienststellen des Landes zusammen schließen durchschnittlich alle zwei Jahre eine Kreisbeschreibung ab, so daß auf eine Kreisbeschreibung die Personalkosten von zwei Jahren entfallen, das sind rd. 4,2 Mio. DM.

Für die Personalkosten der Kreise und Gemeinden wurde der Aufwand für die zuletzt erschienene Kreisbeschreibung Reutlingen zugrunde gelegt. Dafür wurde der erbrachte Zeiteinsatz von Mitarbeitern des Landratsamtes erhoben und daraus die Personalkosten in Höhe von rd. 135 000 DM errechnet. Bei den Gemeinden wurde der erbrachte Zeiteinsatz bei acht Gemeinden erhoben. Da sich dabei kein Zusammenhang zwischen der Größe einer Gemeinde und dem Personalaufwand je Einwohner ergab, wurden die Personalkosten aller Gemeinden aus dem Ergebnis für die acht Gemeinden an Hand der Einwohnerzahl hochgerechnet. Danach haben sich die Gemeinden mit insgesamt rd. 343 000 DM beteiligt.

3.2 Auch an den Sachkosten der Herstellung der Kreisbeschreibungen sind Land und Kreise beteiligt. Zu den Sachkosten gehören die direkten Sachkosten und die Reise- und Mietkosten. Unter die direkten Sachkosten fallen der Druckkostenzuschuß an den Verlag, die Garantieabnahme durch den Kreis, die Honorare für nebenamtliche Mitarbeiter und freie Autoren sowie Ausgaben für Kartographie- und Bildausstattung.

Für die vorliegenden Kreisbeschreibungen traf die LAD mit den Kreisen Absprachen über deren finanzielle Beteiligung. Die Höhe des Kreiszuschusses richtete sich regelmäßig nach den Kosten für die Bild- und Kartenausstattung. Mit dem Hohenlohekreis und dem Landkreis Schwäbisch Hall, deren Beschreibungen für Mitte des nächsten Jahrzehnts vorgesehen sind, wurden zwischenzeitlich Verträge geschlossen und der Verwendungszweck der Zuschüsse auf die Bezahlung außeramtlicher Mitarbeiter ausgedehnt.

Die Beteiligung der Kreise an den direkten Sachkosten schwankt stark. Für die letzten vier erschienenen zweibändigen Kreisbeschreibungen lag die Beteiligung der Kreise zwischen rd. 44 000 DM und 128 000 DM und belief sich damit auf 13 bis 30 %. Die Gemeinden beteiligten sich mit einer Ausnahme nicht an den direkten Sachkosten. Für die in Arbeit befindlichen Kreisbeschreibungen Hohenlohe und Schwäbisch Hall wurden 100 000 DM bzw. 105 000 DM Kreiszuschuß vereinbart.

Bei den Kreisbeschreibungen der 60er und 70er Jahre war die Beteiligung der Kreise an den direkten Sachkosten für das Land günstiger geregelt. Während das Land die Honorarkosten der freien Mitarbeiter getragen hat, wurden die Kosten der Drucklegung von den Kreisen übernommen. Die Übernahme der Druckkosten durch das Land wurde von der LAD im Interesse ihrer Unabhängigkeit von regionalen Einflüssen veranlaßt.

Für die Gesamtkostenberechnung wurden die direkten Sachkosten und die Reise- und Mietkosten für die Kreisbeschreibung Reutlingen erhoben. Dem Land entstanden dafür Ausgaben von rd. 515 000 DM, auf den Kreis entfielen rd. 132 000 DM und auf die Gemeinden rd. 23 000 DM.

3.3 Die Gesamtausgaben von rd. 5,5 Mio. DM verteilen sich demnach auf das Land, den Landkreis Reutlingen und die kreisangehörigen Gemeinden wie in Übersicht 2 dargestellt.

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Daraus ergibt sich die in Schaubild 2 dargestellte anteilige Kostentragung.

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3.4 Legt man die genannten Gesamtkosten der Kreisbeschreibung Reutlingen auf die 2 050 Exemplare der Gesamtauflage um, errechnet sich ein Herstellungspreis von 2 667 DM je Exemplar, von dem das Land allein 2 283 DM trägt. Der reguläre Verkaufspreis für die zwei Bände von 168 DM deckt somit gerade 6,3 % dieser Herstellungskosten. Hierbei sind noch nicht alle Kosten des Verlags berücksichtigt.

Die Höhe der Kosten für die einzelnen Kreisbeschreibungen hängt vor allem von der individuellen Dauer der Bearbeitung ab, weil die Personalkosten den größten Anteil ausmachen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Personalkosten des Landes gegenüber den Sätzen der VwV-Kostenfestlegung 1995 nochmals gestiegen sind. Bei Zugrundelegung der Sätze nach der ab 1999 gültigen Neufassung der VwV-Kostenfestlegung ergeben sich künftig deutlich höhere Herstellungskosten. Sollte es gleichzeitig zu einer weiteren Reduzierung der Auflage kommen, werden die tatsächlichen Herstellungskosten je Exemplar zusätzlich steigen.

4 Bewertung

4.1 Bei Gründung des Landes Baden-Württemberg im Jahre 1952 sollte die amtliche Landes- und Kreisbeschreibung für alle Landesteile auch ein Instrument sein, um Herkunft und Geschichte der einzelnen Volksgruppen allen anderen bekannt zu machen und damit einen Beitrag zum raschen Zusammenwachsen der Bevölkerung zu leisten. Zudem gab es damals kaum Publikationen zu solchen Themen.

Seither haben sich jedoch die Verhältnisse grundlegend geändert. Eine flächendeckende Basisinformation über die Stadt- und Landkreise und deren Gemeinden liegt mit der abgeschlossenen Landesbeschreibung seit 1983 vor. Eine Vielzahl von Gemeinden und Kreisen des Landes geben eigene Veröffentlichungen zu ihrer historischen Entwicklung heraus. Teilweise werden hierzu ganze Reihen veröffentlicht. Dazu gehören Jahrbücher und Schriftenreihen, Gesamtwerke zur Stadt- und Gemeindegeschichte sowie Ortschroniken, die z.B. aus Anlaß von Hundertjahrfeiern erstellt werden. Zum Teil haben die Kreise ihre Geschichte bis zur Gegenwart in der Buchreihe „Heimat und Arbeit“ herausgegeben. Hier wurden zwischen 1957 und 1994 insgesamt 48 baden-württembergische Kreise beschrieben, einige davon in mehrfacher Auflage. Von der inhaltlichen Gliederung her ähneln diese Bände denen der amtlichen Beschreibung. Geschichte, Landschaft und Natur, Kunst und Kultur sowie die Wirtschaft der Kreise bilden die inhaltlichen Schwerpunkte, wenn auch nicht derart breit und vertieft dargestellt wie in den Beschreibungen der LAD. Die Autoren sind häufig Wissenschaftler aus vielen Bereichen. Hierbei spielt es eine wichtige Rolle, daß die Stadt- und Landkreise ihre eigenen Archive mittlerweile mit Fachpersonal ausgestattet haben und der Auswertung, Aufarbeitung und Veröffentlichung der historischen, kulturellen, sozialen und politischen Entwicklung ihrer Gebiete zunehmend Bedeutung zumessen. Darüber hinaus werden Einzelbeschreibungen der kreisangehörigen Gemeinden vorgenommen, diese allerdings in wesentlich komprimierterer und gestraffter Form.

Der Landkreistag hat die Verwaltungsgeschichte aller Landkreise als zweibändiges Werk herausgegeben. Daneben gibt es Veröffentlichungsreihen zu verschiedenen Regionen von Geschichts- und Heimatvereinen und Museen sowie Schriftenreihen und Einzelbände zu entsprechenden, vielfältigen Themen, wie sie z.B. von den Landesstellen für Volkskunde, dem Landesdenkmalamt oder der Zentrale für Politische Bildung veröffentlicht werden. Außerdem ist heute eine Fülle an kommerzieller Literatur zu diesem Bereich auf dem Markt zu finden. Diese sonstigen Veröffentlichungen weisen meistens eine sehr ansprechende und anschauliche, den heutigen Bedürfnissen der Leser entsprechende Art der Aufmachung und Darstellung auf, die sich insoweit von derjenigen der amtlichen Kreisbeschreibung abhebt.

Somit stehen dem Personenkreis der Lehrer, Mitarbeiter von Verwaltungen sowie Geschichts- und Heimatforscher, der hauptsächlich als Käufer und Nutzer der amtlichen Kreisbeschreibungen in Betracht kommt, sowie interessierten Bürgern auch viele andere Informationsquellen über Kreise, Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg zur Verfügung.

Der RH ist daher der Auffassung, daß die Kreisbeschreibungen heute keine Landesaufgabe mehr darstellen. § 2 Abs. 2 Landesarchivgesetz sollte entsprechend geändert werden.

4.2 Sofern das Land an der Fortführung der Kreisbeschreibungen als eigene Aufgabe festhalten will, sei es zur Wahrung einer - allerdings nur in Baden-Württemberg anzutreffenden - Tradition oder aus sonstigen allgemeinen Erwägungen, wäre es allerdings zwingend geboten, die dafür entstehenden Kosten des Landes erheblich zu senken.

Eine solche Kostenminderung setzt vor allem eine deutliche Reduzierung des hierfür eingesetzten Personals voraus. Um zu vermeiden, daß diese Reduzierung einseitig zu Lasten der Zahl und Folge neuer Kreisbeschreibungen geht, muß die Einnahmesituation verbessert werden, um damit auf mehr Leistungen Dritter zurückgreifen und diese bezahlen zu können. Die LAD sollte Einnahmen für Kreisbeschreibungen zweckgebunden für diese behalten dürfen.

In erster Linie erscheint es gerechtfertigt zu fordern, daß sich die Landkreise erheblich mehr als bisher an den Kosten beteiligen. Denn sie haben selbst ein großes Interesse an der Herausgabe der Bände und treten zudem als Mitherausgeber auf. Die derzeitige Beteiligung der Kreise mit rd. 5 % der Gesamtkosten ist viel zu niedrig. Auch seitens der Gemeinden, die einzeln beschrieben werden, sollte erwartet werden können, daß sie sich finanziell stärker engagieren.

Eine Einnahmeverbesserung könnte auch durch Werbung und Sponsoring erzielt werden. Bei den kreiseigenen Büchern in der Reihe „Heimat und Arbeit“ erhielten Firmen im Kreis die Möglichkeit einer Selbstdarstellung mit Bild und Text. Diese wurden in einem eigenen Abschnitt untergebracht, der die Firmen als Urheber der Beiträge auswies. Der Inhalt der Firmendarstellung war bezüglich Umfang und Stil vorgegeben. Die Bände enthalten sachliche Darstellungen zur Firmengeschichte und zur Entwicklung der Mitarbeiterschaft und sind nicht werbemäßig aufgemacht. Bei dieser Reihe konnten dadurch je Kreis bis zu 100 000 DM eingeworben werden. Das macht das Kapitel über die wirtschaftliche Gesamtentwicklung des Kreises aus gegenwartskundlicher Sicht nicht überflüssig. In Betracht kämen auch Werbeaufdrucke auf den Karten und bei der Bildausstattung zur Finanzierung dieser Teile.

Außerdem wäre eine offensivere Vermarktung geeignet, die Verkaufszahlen und damit die Einnahmen, bei entsprechender Erlösbeteiligung auch für das Land, zu steigern. Dazu müßten die „Bildungsarbeit im Landkreis“, die auch der Bekanntmachung der Veröffentlichungen durch Vorträge usw. dient, intensiviert und mögliche Kundenkreise systematisch angesprochen werden, z.B. in den Museumsshops. Auch eine kürzere Bearbeitungsdauer und günstige Veröffentlichungszeitpunkte dürften dabei eine Rolle spielen.

4.3 Die zur Ausgabensenkung vorrangig notwendige Reduzierung des Personals beim Land wird naturgemäß auch zu gewissen Einschränkungen bei der Aufgabenwahrnehmung führen müssen. Dies erscheint allerdings auch machbar, wenn gewisse Abstriche an Umfang und Perfektion der Bearbeitung vorgenommen werden. Wenn für die Erarbeitung der Kreisbeschreibungen der LAD, die ein hohes Maß an Detailgenauigkeit auf einem von Wissenschaftlern geprägten hohem Niveau aufweisen, bisher beispielsweise auch die Echtheit von Urkunden überprüft wird oder etwaige Wissenslücken z.B. zur Entwicklung der jeweiligen Siedlungsgeschichte im Beschreibungsgebiet und deren Gründe, durch umfangreiche Recherchen geschlossen werden, so stellt die Aufgabe der amtlichen Kreisbeschreibung hierfür nur sehr bedingt ein geeignetes Forum dar. Mit den Kreisbeschreibungen der LAD sollte vielmehr angestrebt werden, in anschaulicher und allgemeinverständlicher Weise einen zusammenfassenden Überblick über die vorhandenen Erkenntnisse zu geben und damit einen möglichst breiten Leserkreis anzusprechen.

Auch eine Abkehr von der derzeitigen Organisation in die drei Referate „Geschichte“, „Geographie“ und „Gegenwartskunde“ würde Ressourcen freisetzen. Dies erscheint angesichts des Umstandes, daß z.B. bei der letzten Kreisbeschreibung der Gegenwartsteil von einem Geographen bearbeitet wurde, durchaus realistisch.

Es wäre ferner anzustreben, die Beteiligung freier Autoren an der Texterstellung auszuweiten. Möglicherweise wird es erforderlich sein, für die Gewinnung einer ausreichenden Zahl solcher Autoren das bisherige Honorar von 35 DM je Seite zu erhöhen. In diesem Zusammenhang sollte auch die Intensität der Anleitung dieser freien Autoren durch die hauptamtlichen Mitarbeiter - immerhin macht diese Tätigkeit bisher rd. 9 % ihrer gesamten Kapazität aus - zurückgenommen werden.

Auch könnte eine verstärkte Zusammenarbeit mit Hochschulen erwogen werden. An sechs Universitäten des Landes gibt es Einrichtungen mit einem direkten landeskundlichen Bezug. Bei Vergabe von Drittmittelaufträgen an diese dürfte auch deren Interesse an solchen Arbeiten steigen.

4.4 Zur Verminderung der Ausgaben empfiehlt der RH, die vorhandene Personalkapazität für Kreisbeschreibungen um 50 % zu reduzieren, d.h. 6,5 Stellen abzubauen, und die Einrichtungen entsprechend zusammenzufassen. Dadurch würde der Landeshaushalt dauerhaft um einen Betrag von jährlich rd. 1,1 Mio. DM entlastet.

Um eine möglichst zeitnahe Entlastung zu erreichen, sollte der Stellenabbau nicht nur im Rahmen der Altersfluktuation stattfinden, die sich in der für die Kreisbeschreibungen zuständigen Abteilung in der nächsten Zeit für drei Stellen ergibt. Vielmehr müßte die Fluktuation in der gesamten Archivverwaltung genutzt werden; die meisten der zuletzt eingestellten Mitarbeiter sind als Absolventen der Staatlichen Archivschule in der ganzen Archivverwaltung einsetzbar. Auch eine Verwendung im Bereich der Denkmalbehörden sollte überprüft werden. Durch solche Maßnahmen wäre der Personalabbau mittelfristig realisierbar.

Der RH hält es außerdem für erforderlich, daß bei jeder Kreisbeschreibung eine möglichst kostengünstige Vorgehensweise gewählt wird; dies war bei früheren Beschreibungen nicht immer der Fall.

5 Stellungnahme des Ministeriums

Das MWK macht geltend, daß es sich bei der Landes- und Kreisbeschreibung um historisch-statistische Werke handele, um zeitgemäße landeskundliche Darstellungen des Landes, die auf Grundlage amtlicher Daten von Statistischem Landesamt, der Kreise und Gemeinden sowie anderer Landeseinrichtungen die jeweilige Region unter Heranziehung einer breiten Methodenvielfalt erforschten und darstellten. Diese interdisziplinäre und flächendeckende Forschungs- und Publikationstätigkeit stelle einen zentralen, unverzichtbaren Beitrag zu einer zeitgemäßen landeskundlichen Darstellung dar und sei integraler Bestandteil im Konzept der landeskundlich orientierten Kultur- und Bildungspolitik des Landes. Es handele sich dabei um Forschung, die in dieser Art weder an Universitäten noch anderen Landeseinrichtungen in vergleichbarer Weise wahrgenommen werden könne und daher singulär sei. Wegen ihrer kulturhistorischen und -politischen Bedeutung sollten die Kreisbeschreibungen grundsätzlich weitergeführt werden.

Die Beschreibungswerke hätten eine besondere Qualität und ein unverwechselbares Profil, auch durch ihre verständliche und anschauliche Darstellung auf hohem wissenschaftlichen Niveau. Verkaufsauflage und Zahl der verkauften Exemplare seien bei wissenschaftlichen Werken allein kein Indiz für die Akzeptanz und insbesondere die breite Rezeption von Fakten und wissenschaftlichen Erkenntnissen.

Die sonstigen einschlägigen Publikationen, die entweder auf Einzelaspekte oder regional auf einzelne Gemeinden und Städte beschränkt seien, dokumentierten einerseits das große Interesse an landes- und ortskundlichen Themenstellungen, seien andererseits kein Ersatz für das regional und fachlich umfassende Forschungs- und Publikationsprogramm der amtlichen Landesforschung und -beschreibung. Es liege in der Natur einer systematischen Erforschung der historischen, topographischen, politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Grundlagen des Landes und seiner Regionen, daß diese nicht zeitlich begrenzt oder abgeschlossen werden könne. Forschung und Bearbeitung folgten den politischen und gesellschaftlichen Umgestaltungen wie zwangsläufig bei Beschreibungswerken. Konzeption und Präsentation der Werke würden in einem stetigen Prozeß den gewandelten Bedürfnissen angepaßt.

Die vom RH vorgenommene Ermittlung der Kosten je hergestelltem Buch sei eine mögliche Betrachtungsweise. Sie trage jedoch der Forschungstätigkeit nicht angemessen Rechnung, weil eine solche Betrachtungsweise im Bereich der Forschung nur eine eingeschränkte Aussagekraft habe. Das MWK weist darauf hin, daß die für die Kreisbeschreibung Reutlingen beispielhaft errechneten Gesamtkosten höher gewesen sind als sonst üblich, weil die Kommunen mehr aufgewendet haben.

Das MWK strebt entsprechend den Hinweisen des RH an, Verbesserungen der Wirtschaftlichkeit zu erreichen. Die Einnahmen sollen durch eine stärkere finanzielle Beteiligung der Kreise und durch Werbung und Sponsoring erhöht werden. Für den Doppelhaushalt 2000/2001 sollen Einnahmetitel bei Kap. 1469 Tit.Gr. 76 eingerichtet werden. Der Anteil der freien Autoren an der Texterstellung soll erhöht und die Zusammenarbeit mit den Hochschulen weiter ausgebaut werden. Es soll geprüft werden, ob sich durch effizientere Organisationsstrukturen, wie eine veränderte regionale Verteilung der Arbeitsgruppen, eine weitere Spezialisierung der wissenschaftlichen Mitarbeiter und deren Zusammenführung in größeren Projektgruppen, zusätzliche Rationalisierungseffekte erzielen lassen. Außerdem könnten die Vorstellungen des RH zu einer gewissen Einschränkung bei der Aufgabenwahrnehmung sicherlich dazu dienen, die Konzeption im Sinne einer Straffung des Forschungs- und Darstellungsprogramms zu ändern. Der weitergehende Vorschlag, sich auf „einen zusammenfassenden Überblick über die vorhandenen Kenntnisse“ zu beschränken, erscheine im Hinblick auf das gesetzlich wie sachlich vorgegebene Aufgabenprofil, das die Qualität der in diesem Bereich durchgeführten Forschung bestimme, allerdings kaum umsetzbar. Der bisherige Forschungsumfang und die bisherige Forschungstiefe sollen beibehalten werden.

Das MWK hält mit diesen Maßnahmen lediglich einen Abbau von 20 - 30 % der vorhandenen Personalstellen für möglich. Voraussetzung hierfür sei zudem die Aufstockung von Mitteln für befristete Beschäftigungsverhältnisse, eine Erhöhung der Reisekostenmittel sowie der Einsatz moderner Informationstechnik mit vernetzten Arbeitsplätzen.

6 Schlußbemerkung

Es gab sicher gute Gründe, amtliche Kreisbeschreibungen durchzuführen und dies in einem gesetzlichen Auftrag zu verankern. Im Sinne der gebotenen Aufgabenkritik hat sich der RH damit auseinandergesetzt, ob angesichts der geschilderten Veränderungen der Verhältnisse und insbesondere in Anbetracht immer enger gewordener Spielräume des Landesetats die Wahrnehmung dieser Aufgabe weiterhin zwingend ist und finanziell gerechtfertigt werden kann. Dabei war vor allem zu bedenken, daß es sich, wie das Ministerium betont, um eine Angelegenheit handelt, die ihrer Natur nach ohne sachliche und zeitliche Begrenzung fortzuführen wäre. Der RH ist zu der Auffassung gelangt, daß die amtliche Kreisbeschreibung nicht (mehr) zu den Aufgaben gehört, die zwingend das Land dauerhaft fortführen muß. Das belegt schon der Umstand, daß kein anderes Bundesland diese Aufgabe in dieser Form wahrnimmt und sich den beschriebenen Aufwand hierfür leistet.

Der RH anerkennt, daß das Ministerium sich den Vorschlägen zur Steigerung der Effizienz und zur Minderung der Ausgaben gegenüber aufgeschlossen zeigt, hält die geplanten Überprüfungen zur Kostensenkung, insbesondere den in Aussicht gestellten Stellenabbau angesichts der Finanzlage des Landes allerdings nicht für ausreichend. Im Ergebnis würde ein solcher Personalabbau den Gesamtaufwand des Landes für die Kreisbeschreibungen lediglich um etwas mehr als 10 % vermindern.


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Anhänge

Die Württembergischen Staatstheater Stuttgart haben in den vergangenen Jahren große Probleme erfolgreich bewältigt. Der Umwandlungsprozeß ist noch nicht abgeschlossen; hier gilt es, gezielt weiterzuarbeiten um den Erfolg der Umwandlung abzusichern. Die Elemente für die Steuerung des Ressourceneinsatzes sind noch weiterzuentwickeln.


1 Allgemeines

Die Württembergischen Staatstheater Stuttgart sind nach ihrem Etat von rd. 150 Mio. DM und mit ihren mehr als 1 100 Mitarbeitern das größte Drei-Sparten-Theater in der Bundesrepublik. Sie vereinen die Vielfalt und die künstlerischen Mittel der Sparten Oper, Ballett und Schauspiel unter einem Dach. Außerdem ist eine Ballettschule mit Internat (John-Cranko-Schule) Bestandteil des Theaters. Die Eckpfeiler und die Basis für ein weitgefächertes Angebot und eine kontinuierliche, zugleich aber flexible künstlerische Arbeit sind das Repertoire-Theater und das Ensembleprinzip. Das Repertoire-Theater bietet dem Publikum ein - im Idealfall täglich - wechselndes Angebot von Opern-, Ballett- und Schauspielaufführungen. Eigene Ensembles der Sparten sind hierbei die Voraussetzung für die Kontinuität anspruchsvoller künstlerischer Arbeit.

Im Vordergrund der Arbeit der Württembergischen Staatstheater stehen die künstlerische Qualität und der künstlerische Erfolg. Allerdings muß das Theater ebenso wie die übrigen Einrichtungen des Landes auch ökonomischen Gesichtspunkten Rechnung tragen. Es befindet sich durch seine Doppelrolle als Stätte der Kunst und wirtschaftender Betrieb in einem permanenten Spannungsfeld zwischen künstlerischem und wirtschaftlichem Erfolg.

2 Umwandlung vom Regiebetrieb in einen Landesbetrieb

2.1 Durch Organisationserlaß des MWK vom 27.12.1994 sind die Württembergischen Staatstheater Stuttgart zum 01.01.1995 vom Regiebetrieb in einen Landesbetrieb nach § 26 LHO umgewandelt worden. Hierdurch sollten nicht nur die eingetretenen erheblichen Probleme der unzureichenden Steuerung der Bewirtschaftung der Mittel und des Ausgabeverhaltens sowie die daraus entstandenen finanziellen Schwierigkeiten bewältigt, sondern zugleich eine Strukturreform eingeleitet werden. Der Änderung der Betriebsform lag ein Beschluß des Verwaltungsrats der Württembergischen Staatstheater zugrunde. Darin behielt sich dieser die spätere Umwandlung in eine GmbH ausdrücklich vor.

2.2 Hauptziele der Umwandlung waren danach eine noch größere Flexibilität in der Haushaltsführung, die Übertragung der wirtschaftlichen Gesamtverantwortung auf die Theaterleitung zum Zwecke der Bündelung der Aufgaben und Entscheidungskompetenzen beim Theater sowie - aus dessen Sicht - die Steigerung der Wirtschaftlichkeit. Da Theater lange Zeit im voraus planen müssen, war für die Württembergischen Staatstheater auch die Gewährleistung von Planungssicherheit ein weiteres wichtiges, mit der Umwandlung verfolgtes Anliegen. So werden beispielsweise die Spielpläne im Musiktheater als Folge dispositioneller Notwendigkeiten bereits drei Jahre im voraus erarbeitet. Als weitere Ziele wurden genannt

  • die Einbeziehung aller laufenden Aufwendungen in das Theaterbudget und deren Veranschlagung im Wirtschaftsplan,

 

  • die Einführung der kaufmännischen Buchführung mit den erweiterten Möglichkeiten einer Kostenrechnung,

 

  • die Anpassung des Wirtschaftsjahres an die Spielzeit vom 01.09. bis 31.08.,

 

  • die Steigerung der betrieblichen Flexibilität, insbesondere durch den Ersatz der Stellenplanung durch Personalbewirtschaftung (außer im Beamtenbereich),

 

  • die Ansparmöglichkeiten und die Rücklagenbildung durch Übertragung und Inanspruchnahme von Haushaltsresten und

 

  • die vollständige Einbeziehung der eigenen Einnahmen des Theaters in dessen Gesamtfinanzvolumen bzw. in die Ausgabendeckung.

2.3 Das erste eigenständige und vom Hj. des Landes abweichende Wirtschaftsjahr begann mit dem 01.09.1995. Zu diesem Termin waren die kaufmännische Buchführung einzurichten und die Eröffnungsbilanz zu erstellen. Die Aufstellung des ersten spielzeitbezogenen Wirtschaftsplans und die Einrichtung der kaufmännischen Buchführung ab September 1995 erforderten zugleich den Abschluß des Rumpf-Rechnungsjahres vom 01.01. bis 31.08.1995 in der kameralistischen Buchführung.

2.4 Die Umstellung auf den Landesbetrieb machte eine Reihe von weiteren Veränderungen vor allem im Bereich der Geschäftsführung - speziell in der Verwaltung - erforderlich. Neben der Einrichtung einer kaufmännischen Buchführung und eines dem Geschäftsumfang angemessenen Controlling traten nunmehr auch Aufgaben hinzu, die bisher teilweise von anderer Stelle wahrgenommen worden waren. Hierzu gehörten z.B. die Bewirtschaftung der Personalmittel für die Angestellten und Arbeiter sowie die Betriebsmittelbewirtschaftung. Sie erforderten nach Einschätzung des Geschäftsführenden Direktors der Staatstheater nicht nur eine „Neudefinition von Verwaltungsaufgaben“ und eine „Neustrukturierung“ der Arbeit, sondern zugleich eine Untersuchung und Bewertung aller Arbeitsbereiche.

3 Anlaß und Ziel der Prüfung

Nachdem die Württembergischen Staatstheater Stuttgart nunmehr drei Wirtschaftsjahre als Landesbetrieb geführt werden, wollte sich der RH einen ersten Überblick über die Folgen der Umwandlung verschaffen. Dabei sollten Erkenntnisse darüber gewonnen werden, ob die mit der Umwandlung angestrebten Ziele erreicht werden konnten und wie sich Rahmenbedingungen ausgewirkt haben, unter denen die Umwandlung durchgeführt wurde. Ein Schwerpunkt der Prüfung war es zu ermitteln, inwieweit es bereits gelungen ist, die organisatorischen und personellen Strukturen den veränderten Gegebenheiten sachgerecht anzupassen sowie etwaige Defizite und Schwachstellen aufzuzeigen. Von besonderem Interesse waren hierbei die Auswirkungen der Umwandlung auf Geschäftsführung und Verwaltung sowie der Stand der kaufmännischen Buchführung und der Kostenrechnung.

Nicht Gegenstand der Untersuchung war eine vertiefte (inhaltliche und formelle) Prüfung der Buchführung. Diese war erstmals einer Wirtschaftsprüfungs- und Unternehmensberatungsfirma für die Spielzeit 1997/1998 in Auftrag gegeben worden. Auch hat der RH keine Personalbedarfsermittlung oder Arbeitsplatzuntersuchung durchgeführt, sondern sich auf eine Untersuchung der Organisationsstrukturen beschränkt. Die künstlerischen Sparten sind nur insoweit in diesen Teil der Prüfung einbezogen worden, als sich die Umwandlung auch hierauf ausgewirkt hat.

4 Vorbereitung der Umwandlung

4.1 Vor der Umwandlung der Württembergischen Staatstheater in einen Landesbetrieb war eine Arbeitsgruppe eingesetzt worden. Sie hatte den Auftrag zu untersuchen, welche Rechts- und Betriebsform sich für das Theater eignet, und einen Reformvorschlag vorzulegen, der den Anforderungen eines Kulturbetriebs mit über 1 100 Mitarbeitern Rechnung trägt. Dabei waren gesetzliche, organisatorische, wirtschaftliche, funktionale und personelle Gesichtspunkte zu beachten. Die Entwicklung eines Gesamtkonzepts für die Umwandlung gehörte nicht zu den Aufgaben dieser Arbeitsgruppe.

4.2 Wegen der mit der Umwandlung verbundenen Veränderungen und wegen der erhöhten Anforderungen an die Betriebsführung wurde die Stelle eines Kaufmännischen Leiters (Verg.Gr. I BAT) neu geschaffen und im Oktober 1994 besetzt, nachdem die ehemalige Stelle des Verwaltungsdirektors (Bes.Gr. A 16) im Zuge der Neustrukturierung des Theaterverwaltung schon Ende 1991 weggefallen war. Dem Kaufmännischen Leiter ist nach der seinerzeitigen Stellenbeschreibung die Aufgabe zugewiesen, alle kaufmännischen Arbeitsbereiche und die Bereiche der bisherigen Haushaltsführung systematisch zu einer „Finanzabteilung“ zusammenzuführen. Sein Aufgabenspektrum umfaßt neben der Kontrolle des Ressourceneinsatzes und der Wirtschaftlichkeit der einzelnen Arbeitsbereiche insbesondere den Aufbau und die verantwortliche Leitung des Rechnungswesens, nämlich der Buchführung einschließlich der Bilanzierung und des Steuerwesens, der Kostenplanung und Kostenrechnung, sowie des Einkaufs und der Beschaffung.

Ferner wurde zur Vorbereitung der Umstellung im Herbst 1994 eine theaterinterne Arbeitsgruppe eingerichtet, der auch der Kaufmännische Leiter angehörte. Ihre wesentliche Aufgabe war es, das kaufmännische Rechnungswesen im Gesamtbetrieb einzuführen und die hierfür geeignete EDV-Software auszuwählen und zu implementieren.

4.3 Aus Anlaß der Anschaffung und Einführung eines neuen leistungsfähigen EDV-Systems und zur Umstellung der bisherigen EDV-unterstützten kameralistischen Buchführung auf die kaufmännische Buchführung ist ein umfangreiches EDV-Gesamtkonzept erarbeitet worden. Die einmaligen Kosten des neuen EDV-Systems, z.B. für die Netzwerkverkabelung und für die Hard- und Softwareausstattung einschließlich der Neukonzeption des Kartenverkaufs, wurden mit rd. 2,4 Mio. DM für das Wirtschaftsjahr 1996/1997 beziffert. Sie waren aus dem laufenden Theateretat zu tragen. Die laufenden Mehraufwendungen für die Beschäftigung von EDV-Fachpersonal (ein Projektleiter - Verg.Gr. III BAT und ein Anwenderbetreuer - Verg.Gr. IV b BAT) sowie für die Betreuung und Wartung im DV-Bereich von jährlich rd. 120 000 DM müssen ebenfalls ohne Bereitstellung zusätzlicher Mittel vom Theater getragen werden.

4.4 Für die zügige und erfolgreiche Realisierung der Umwandlung gab es kein differenziertes Gesamtkonzept, sondern lediglich gewisse allgemeine Vorstellungen. Die Ursachen hierfür lagen nach Angaben der Theaterleitung nicht nur in den engen zeitlichen Vorgaben, sondern waren vor allem darin zu sehen, daß bislang keine verwertbaren Erfahrungen mit der Umwandlung eines Drei-Sparten-Theaters dieser Größenordnung vorlagen. Bei den Württembergischen Staatstheatern habe es sich gewissermaßen um ein Pilotprojekt gehandelt, bei dem eine Vielzahl der aufgetretenen Schwierigkeiten durch „learning by doing“ hätte bewältigt werden müssen. Der durch die Einführung der kaufmännischen Buchführung bedingte strukturelle Änderungsbedarf in der Organisation und beim Personal wurde aus zeitlichen Gründen ebenfalls nicht systematisch und vollständig erfaßt, so daß auch insoweit eine entsprechende Grundlage fehlte. Für die Errichtung der kaufmännischen Buchführung haben die Staatstheater zu Beginn zwar punktuell die beratende Tätigkeit eines Wirtschaftsberatungsunternehmens in Anspruch genommen, mußten aber die aus den Besonderheiten des Theaterbetriebes resultierenden Probleme weitgehend allein lösen.

5 Finanz- und Kostenstruktur

5.1 Träger der Württembergischen Staatstheater Stuttgart ist das Land. Der Zuschuß wird vom Land und der Stadt Stuttgart je zur Hälfte finanziert. Grundlage hierfür ist der zwischen Land und Stadt im Jahre 1956 geschlossene Staatstheater-Vertrag.

Die Höhe der Betriebsausgaben, der Eigeneinnahmen und der Einspielergebnisse (prozentualer Anteil der Eigeneinnahmen an den Betriebsausgaben) für die Spielzeiten 1995/1996 bis 1997/1998 zeigt Übersicht 1. Ihr liegen die Zahlen der Jahresabschlüsse dieser Spielzeiten zugrunde.

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5.2 Personalausgaben

Der weitaus größte Anteil an den im Theater anfallenden Ausgaben betrifft das künstlerische und das nichtkünstlerische Personal. So betrugen im Wirtschaftsjahr 1995/1996 die Personalkosten rd. 118 Mio. DM, das sind 79 % des Gesamtaufwands, im darauffolgenden Wirtschaftsjahr rd. 122 Mio. DM oder 82 %. Hiervon entfielen auf den Zentralbereich ohne Berücksichtigung der John-Cranko-Schule rd. 53 Mio. DM bzw. rd. 57 Mio. DM.

Ursachen für den Anstieg der Personalkosten in den vergangenen Jahren sind neben allgemeinen und tariflichen Personalkostensteigerungen auch Kosten, die durch die Arbeitszeitverkürzung, durch strengere Vorschriften der Unfallverhütung und Arbeitssicherheit sowie durch die soziale Absicherung der beim Theater Beschäftigten entstanden sind. Die Fixkosten, vor allem die kurz- und mittelfristig nicht veränderbaren Personalausgaben, sind sehr hoch. Dies ist u.a. auf die tariflichen Bindungen gegenüber der überwiegenden Zahl der Mitarbeiter zurückzuführen.

6 Leitungsstruktur

6.1 Gesamtleitung

Die derzeitige Leitungsstruktur der Württembergischen Staatstheater verzichtet auf die Position des Generalintendanten und sieht eine kollegiale Leitung des Hauses durch die Intendanten der drei Sparten Oper, Ballett und Schauspiel sowie den Geschäftsführenden Direktor vor. Deren jeweilige Aufgabenbereiche sind durch Dienstanweisungen geregelt. Die Intendanten leiten ihre Sparten künstlerisch autonom und tragen die alleinige künstlerische Verantwortung. Dienstrechtlich sind die Intendanten unmittelbar dem Rechtsträger unterstellt. Der Geschäftsführende Direktor führt das Management des gesamten Hauses im Sinne einer Gesamtkoordination, besitzt aber zugleich originäre Zuständigkeiten für zentrale Aufgaben. Die derzeitige Leitungsstruktur hat sich bisher erkennbar bewährt.

6.2 Geschäftsführung

Dem Geschäftsführenden Direktor obliegt die spartenübergreifende geschäftliche Leitung der Württembergischen Staatstheater in wirtschaftlicher und administrativer Hinsicht. Er ist im Rahmen seiner wirtschaftlichen Gesamtverantwortung für die Erstellung des Gesamtwirtschaftsplans, die Mittelzuweisung an die Sparten, die Aufstellung der Spartenwirtschaftspläne und deren laufende Kontrolle zuständig. Die Aufstellung der Spartenwirtschaftspläne sowie die Planung und Verwendung der Finanzmittel, der Einsatz der Werkstätten, die Abstimmung der Produktionszahl, Premieren usw. geschieht entsprechend der kollegialen Struktur einvernehmlich mit den Intendanten.

Weitere Zuständigkeiten des Geschäftsführenden Direktors umfassen alle nichtkünstlerischen Angelegenheiten, insbesondere die Leitung aller nicht spartengebundenen Arbeitsbereiche wie Technik, Werkstätten und Verwaltung, die Verteilung und Verwaltung der gemeinsamen Ressourcen, den Erlaß von Dienstanweisungen für die technischen Vorstände und für die Verwaltung sowie die Wahrnehmung der Aufgaben des Beauftragten für den Haushalt gemäß § 9 LHO und die Gesamtverantwortung für die Wirtschaftlichkeit des Theaterbetriebs.

Die - noch vorläufige - Organisation des Bereichs „Geschäftsführender Direktor“ zeigt das Schaubild.

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Ein endgültiger Geschäftsverteilungsplan mit einer vollständigen Beschreibung der Aufgabengebiete, der Festlegung eindeutiger Zuständigkeiten und Entscheidungsbefugnisse für die Bereiche der Verwaltung, der Technischen Direktion und für den künstlerisch-technischen Bereich besteht noch nicht. Auch Dienstanweisungen für die Leiter der jeweiligen Bereiche fehlen noch. Als Grund für den bestehenden Vorläufigkeitsstatus werden vor allem die seit 1992 immer wieder durchgeführten Strukturveränderungen sowie die mit der Einrichtung des Landesbetriebs zusätzlich angefallenen Aufgaben genannt, denen jeweils mit Veränderungen in der Geschäftsverteilung habe Rechnung getragen werden müssen.

6.3 Verwaltung

Die Verwaltung wird von einem Verwaltungsdirektor geleitet. Die Funktion wird von dem 1994 eingestellten Kaufmännischen Leiter wahrgenommen, der 1996 die Bezeichnung Verwaltungsdirektor erhielt. Nach dem - ebenfalls nur vorläufigen - Organisationsplan für die Verwaltung unterstehen dem Verwaltungsdirektor folgende sechs Abteilungen bzw. Referate:

  • Personal,
  • Finanz- und Rechnungswesen (mit den Sachgebieten Finanzbuchhaltung, Hauptkasse und Einkauf),
  • Verkauf- und Besucherservice, Abonnementverwaltung,
  • Aufführungsrechte, Rechts- und Vertragsangelegenheiten, Gastspiele,
  • EDV und
  • Hausverwaltung.

Teilweise werden auch in den Sparten noch Verwaltungsaufgaben wahrgenommen, die eigentlich dem Zentralbereich zuzuordnen sind. Dies hat vielfältige Gründe.

7 Organisationsaufgaben

An den Württembergischen Staatstheatern ist bisher keine Stelle vorhanden, die für die Organisation zuständig ist; personelle Ressourcen für organisatorische Aufgaben sind weder im Bereich des Geschäftsführenden Direktors noch in den künstlerischen Sparten besonders ausgewiesen. Damit fehlt eine wichtige Grundlage für systematische und kontinuierliche Organisationsarbeit. Gezielte organisatorische Maßnahmen werden z.Z. noch sporadisch und nahezu ausschließlich vom Geschäftsführenden Direktor selbst ergriffen.

Auch eine systematische Durchführung von Organisationsuntersuchungen steht noch aus. Lediglich für die Personalabteilung wurde eine Untersuchung bei einem Wirtschaftsberatungsunternehmen in Auftrag gegeben. Die Notwendigkeit, bislang unterbliebene organisatorische Veränderungen vor allem in der Personalabteilung und im Rechnungswesen vorzunehmen, wird vom Theater ebenfalls gesehen. Diese sollten nunmehr bald realisiert werden. Hierfür könnten ggf. auch hausinterne (temporäre) Wertanalyse-Teams oder eine Projektgruppe gebildet werden.

8 Personalplanung und Stellenbemessung

Da die Personalkosten einen großen Anteil an den Kosten auch des Zentralbereichs ausmachen, kommen der Personalplanung und der Stellenbemessung im nichtkünstlerischen Bereich eine besondere Bedeutung zu. Bisher gibt es allerdings noch keine aktuelle Übersicht, in der alle Stellen bewertet ausgewiesen sind. Dies trifft auch auf den Bereich der Verwaltung zu. Der ehemalige Stellenplan ist nach Angaben der Personalabteilung seit der Umstellung auf die kaufmännische Buchführung nicht fortgeschrieben worden. Derzeit wird nur eine Personalstellenübersicht in Form eines Bestandsverzeichnisses geführt. Hier sind die Namen der derzeit Beschäftigten, ihre Vergütungsgruppe oder der maßgebliche Tarifvertrag, der jeweilige Arbeitsbereich und die Kostenstelle, auf der der Mitarbeiter geführt wird, angegeben.

Die vom Geschäftsführenden Direktor schon zu Beginn der Umwandlung für notwendig erachtete umfassende Untersuchung und Bewertung aller Arbeitsbereiche ist bislang nicht durchgeführt worden. Als Gründe werden auch hier das fehlende Personal und der mit der Durchführung der Aufgabe verbundene hohe Zeitaufwand angeführt. Nur bei Neueinstellungen ist vorgesehen, anlaßweise zu überprüfen, ob eine Wiederbesetzung der Stelle erforderlich ist. Gleichwohl wird die Notwendigkeit erkannt, den Personalbedarf fortlaufend neu zu ermitteln und zu hinterfragen, um die Personalplanung im Theater flexibel und bedarfsgerecht zu gestalten. Dies sollte zügig angegangen werden.

9 Rechnungswesen

9.1 Wirtschaftsplan

9.1.1 Die Württembergischen Staatstheater haben einen Wirtschaftsplan aufzustellen, der nach den Vorgaben des Organisationserlasses des MWK einen Erfolgs-, einen Finanz-, einen Investitions- und einen Stellenplan umfassen muß. Im Erfolgsplan sind die im Geschäftsjahr voraussichtlich anfallenden Aufwendungen und Erträge entsprechend der für die Gewinn- und Verlustrechnung geltenden Gliederung aufzustellen. Im Finanzplan sind der vorgesehene Mittelbedarf (einschließlich der Investitionsmittel) und die voraussichtlich zur Verfügung stehenden Deckungsmittel darzustellen (vgl. VV zu § 26 LHO). Der Unterschiedsbetrag zwischen Mittelbedarf und Deckungsmitteln ist als Ablieferung oder Zuführung in den Finanzplan aufzunehmen.

9.1.2 Der Geschäftsführende Direktor erstellt für jede Spielzeit - im Benehmen mit den Intendanten - zunächst den Gesamtwirtschaftsplan der Württembergischen Staatstheater. Auf der Grundlage des vom Verwaltungsrat genehmigten Gesamtwirtschaftsplans erarbeitet er sodann die Teilwirtschaftspläne für die Sparten (Spartenwirtschaftspläne), für den Zentralbereich und für die John-Cranko-Schule. Für die Spartenwirtschaftspläne ist das Einvernehmen der Intendanten erforderlich; das gilt auch für etwaige spätere Veränderungen. In den Teilwirtschaftsplänen wird der voraussichtliche Finanzbedarf für die Realisierung des konkreten Spielplans unter Berücksichtigung bestehender Verpflichtungen, eingegangener Engagements und sonstiger abgeschlossener Verträge veranschlagt. Daneben bilden die im Benehmen mit den Intendanten vereinbarten Einnahmeerwartungen eine weitere Rechengröße für die Zuteilung der einzelnen Budgets.

9.1.3 Der Wirtschaftsplan ist zugleich Planungs- und Kontrollinstrument. Die Ausgabenüberwachung durch den Wirtschaftsplan erfolgt in der Weise, daß die Ansätze fortlaufend der tatsächlichen Entwicklung angepaßt werden. So sind Planabweichungen, die umgehend zu decken sind, sofort erkennbar. Grundsätzlich sind nicht in der Budgetplanung erfaßte Mehrausgaben zunächst innerhalb des Etats der betroffenen Organisationseinheit einzusparen. Gelingt dies nicht, muß ein budgetübergreifender Ausgleich stattfinden, da nach dem Budgetkonzept Mehrausgaben die Etats aller Organisationseinheiten belasten. Hierfür ist die einvernehmliche Zusammenarbeit der Intendanten und des Geschäftsführenden Direktors notwendig und in den Dienstanweisungen festgeschrieben.

9.2 Buchführung

9.2.1 Der Organisationserlaß des MWK schreibt die Einführung der kaufmännischen doppelten Buchführung vor. Die Rechnungslegung richtet sich nach § 87 LHO. Danach stellen die Landesbetriebe einen Jahresabschluß sowie einen Lagebericht gemäß § 264 Abs. 1 HGB auf. Die Buchführung muß so beschaffen sein, daß sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die finanzielle Lage der Württembergischen Staatstheater vermitteln kann.

9.2.2 Das kaufmännische Rechnungswesen ist nach dem derzeitigen Stand noch ergänzungs- und verbesserungsbedürftig. Nach Angaben der Württembergischen Staatstheater müssen z.B. noch interne Prüfsysteme entwickelt, der Zahlungsverkehr rationalisiert und Defizite des neuen EDV-Systems abgearbeitet werden. Die Personalausstattung des kaufmännischen Bereichs bedürfe ferner einer erneuten Überprüfung. Bislang sind für den kaufmännischen Bereich nach der Umwandlung in den Landesbetrieb neben der Leiterin des Rechnungswesens drei weitere Ganztagskräfte und zwei Teilzeitbeschäftigte eingestellt worden. Hierfür standen dem Theater keine zusätzlichen Personalmittel zur Verfügung.

9.2.3 Wenn auch die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung als solche nicht Gegenstand der Prüfung durch den RH war, so ergab die Befassung mit der Organisation des „neuen“ Rechnungswesens gleichwohl Hinweise auf Mängel bei dessen Einführung und auf - bei Abschluß der Erhebungen - noch vorhandene nicht unerhebliche Defizite. Als wesentlicher Mangel bei der Einführung muß die viel zu knapp bemessene Vorbereitungsphase zur Einführung der kaufmännischen doppelten Buchführung angesehen werden. Die konzeptionellen Ansätze zur Implementierung des neuen Rechnungswesens trugen den organisatorischen Veränderungen und dem veränderten Personalbedarf nicht hinreichend Rechnung; teilweise wurden aber auch richtige Überlegungen nicht konsequent genug umgesetzt und weiterentwickelt. Die Organisation des Rechnungswesens muß noch optimiert werden.

Der Geschäftsführende Direktor hat in den Erfahrungsberichten an den Verwaltungsrat darauf hingewiesen, daß das Theater die Schwierigkeiten, die bei der Umstellung auf die kaufmännische doppelte Buchführung auftreten könnten, völlig unterschätzt habe. Er schreibt die vorhandenen Probleme zum einen der zu geringen Anzahl des vorhandenen Kassen- und Buchhaltungspersonals, zum anderen dessen unzureichender fachlicher Qualifikation zu. Auch hätten sich die durchgeführten Schulungen für die Mitarbeiter, die während des laufenden Betriebs stattfinden mußten, als nicht ausreichend erwiesen. Zudem habe sich der Aufwand der Datenerfassung in der Buchhaltung mit der Einführung der kaufmännischen Buchführung und der Kostenrechnung erhöht. Ebenso erfordere die laufende programmtechnische Betreuung und Pflege der Kostenrechnung schon durch den Abgleich der Daten mit der Finanzbuchhaltung einen erheblichen zeitlichen Aufwand.

9.3 Kostenrechnung

Die Kostenrechnung ist der zweite zentrale Zweig des betrieblichen Rechnungswesens. Ihre Erstellung wird vom Organisationserlaß verlangt; Aufbau und Organisation im einzelnen sind in das Ermessen der Geschäftsführung gestellt. Die Kostenrechnung soll als internes Rechenwerk eine Kostenzuordnung im gesamten Theaterbetrieb ermöglichen und zugleich ersichtlich machen, welche Kosten in welchen betrieblichen Teilbereichen für welche Leistungen angefallen sind.

Die Württembergischen Staatstheater haben sich für die Einführung der Teilkostenrechnung entschieden, in der nur die tatsächlich leistungsabhängigen Kosten, d.h. die variablen Kosten, auf die Produkte verrechnet werden. Die zentrale Ergebnisgröße der Teilkostenrechnung ist der Deckungsbeitrag, der dem Unternehmen nach Abzug der variablen bzw. Einzelkosten zur Deckung der Fix- bzw. Gemeinkosten verbleibt. Es werden - anders als bei der Vollkostenrechnung - nicht alle Kosten, die im Unternehmen anfallen, in ihrer vollen Höhe auf die Produkte bzw. die Kostenträger verteilt. Deshalb werden bei den Staatstheatern Gemein- oder Fixkosten, insbesondere die Personalkosten des Zentralbereichs, nicht zugeordnet.

Gründe für die Einführung der Teilkostenrechnung waren nicht nur die fehlenden Personalressourcen für die zeitaufwendigere Vollkostenrechnung, sondern auch deren begrenzte Aussagekraft. Zudem sei durch den Verzicht auf eine - zumeist angreifbare - Kostenschlüsselung, mit der bei einer Vollkostenrechnung versucht werde, die Gemein- und Fixkosten verursachergerecht auf die Kostenträger umzulegen, eine zeitnahe Zuordnung der Kosten und Auswertung der Kostenrechnung möglich.

Vor allem innerhalb der Sparten, wo etwa die Hälfte der Ausgaben anfallen, wird der Mitteleinsatz durch eine zeitnahe, gezielte und differenzierte Kostenerfassung und -zuordnung überwacht und gesteuert. Die Fortschreibung der Planansätze in der Plankostenrechnung liefert jederzeit aktuelle Aussagen darüber, welche Auswirkungen Einzelentscheidungen auf die Einhaltung der Planansätze haben. Auf diese Weise wurde dort eine hohe Kostentransparenz erreicht und das Kostenbewußtsein gestärkt. Im Zentralbereich ist diese Steuerung noch nicht in demselben Maß vorhanden.

10 Controlling und theaterinterne Kontrolle

Das nach den Vorgaben des Organisationserlasses einzurichtende Controlling wird in den künstlerischen Sparten in Form von Soll-Ist-Vergleichen durch die Wirtschaftsplanerin und im Zentralbereich durch den Verwaltungsdirektor wahrgenommen. Diese erfassen und überwachen laufend die Daten und passen die Aktivitäten an vorgegebene Pläne und Standards an oder nehmen eine Planrevision vor. Die Spartenwirtschaftspläne und der Wirtschaftsplan des Zentralbereichs mit der bereichsweisen Mittelveranschlagung versorgen die verantwortlichen Leitungskräfte mit relevanten Informationen und verbinden auf diese Weise Planung und Kontrolle. In den Sparten erfolgt die Gegenüberstellung von erstrebten Soll-Größen und erreichten Durchführungsergebnissen zeitnah und wird in regelmäßigen Abständen an die Intendanten weitergegeben. Zeigt das Vergleichsresultat nennenswerte Abweichungen, werden die Ursachen hierfür gesucht und gemeinsam Lösungen erarbeitet.

Ein über diese Art der Überwachung hinausgehendes Controlling im Sinne eines umfassenden führungsunterstützenden Steuerungs- und Überwachungssystems ist bisher nicht eingerichtet. Nach den Angaben des Geschäftsführenden Direktors wird derzeit ein Konzept erarbeitet, um die für die Sparten bereits vorhandene Form des Controlling auf den Zentralbereich auszudehnen.

Eine Innenrevision ist bisher nicht eingerichtet.

11 Gebäudebewirtschaftung

Mit der Umwandlung haben die Württembergischen Staatstheater die Verwaltung und Bewirtschaftung der Theatergebäude übernommen. Bis zum Hj. 1995 war für die Gebäudebewirtschaftung die Staatliche Liegenschaftsverwaltung zuständig. Die Mittel, insbesondere für die Energiekosten, die Reinigung, die Bewachung und die Wartung der haus- und bühnentechnischen Anlagen, waren dort zentral veranschlagt.

Die Mittelübertragung auf die Württembergischen Staatstheater für das Jahr 1995 erfolgte auf der Basis der s.Z. von der Liegenschaftsverwaltung für die Jahre 1991 bis 1993 ermittelten Ist-Zahlen unter Berücksichtigung einer bis 1995 angenommenen Preissteigerung von insgesamt 12 %. Bereits 1995 stellte sich heraus, daß die Ist-Zahlen unvollständig ermittelt worden waren. Bei Durchsicht der Akten war festgestellt worden, daß einer der beiden Stromzähler des Theaters, über den 99 % des gesamten Stromverbrauchs mit Kosten von rd. 350 000 DM jährlich laufen, seit dem Jahr 1989 nicht mehr abgerechnet wurde. Außerdem waren die Beiträge zur Gebäudebrandversicherung nicht berücksichtigt worden. Deshalb wurden insgesamt rd. 300 000 DM Landesanteil p.a. zu wenig für das Staatstheater übertragen.

Dieses Versäumnis der Liegenschaftsverwaltung wurde zunächst nur teilweise durch eine Mittelübertragung in Höhe von 150 000 DM ab dem Hj. 1997 ausgeglichen. Für weitere 150 000 DM Landesanteil soll ab dem Jahr 2000 ein Ausgleich erfolgen. Wegen der bis dahin aufgelaufenen Fehlbeträge wird das FM - soweit zu einem geringeren Teil nicht bereits geschehen - in 1999 einen entsprechenden einmaligen Ausgleich vornehmen.

12 Beurteilung und Folgerungen

12.1 Allgemeines

12.1.1 Während die LHO, der Stellenplan und die Verwaltungsvorschriften zum Vollzug des jeweiligen Staatshaushaltsplans früher die Kompetenzen des Theaters als rechtlich unselbständigem Regiebetrieb stark eingrenzten und die für einen Theaterbetrieb erforderliche Flexibilität beschränkten und deshalb umfangreiche Ausnahmeregelungen erforderlich machten, bestehen für den jetzigen Landesbetrieb schon systembedingt flexiblere Regelungen, z.B. in der Haushaltsführung und vor allem in der Personalwirtschaft. Das Verhältnis von Ausnahme zu Regel wird wieder in ein vernünftiges Maß gebracht. Die grundsätzlich uneingeschränkte Übertragbarkeit der zugewiesenen öffentlichen Mittel ist ein wesentliches Charakteristikum des Landesbetriebs. Hierdurch werden eine echte Rücklagenbildung und eine Mittelakkumulation z.B. für größere Produktionen möglich.

Die Umstellung der Betriebsform der Württembergischen Staatstheater auf einen Landesbetrieb hat zu einer Erweiterung der Gestaltungsmöglichkeiten im Haushaltsvollzug geführt und diesen letztlich weiter vereinfacht. Die Eigenverantwortlichkeit der Theaterleitung, vor allem für die wirtschaftliche Führung des Theaters, ist darüber hinaus deutlich gestärkt worden.

12.1.2 Die mit der Einführung des Landesbetriebs angestrebte Planungssicherheit konnte indes für das Theater nur eingeschränkt erreicht werden. Auf Grund der angespannten Haushaltslage des Landes mußte es - z.T. auch mittelbare - Zuschußkürzungen hinnehmen, wie beispielsweise globale Minderausgaben. Auch die bisherige Automatik, Tariferhöhungen durch einen entsprechend höheren Zuschuß vollständig auszugleichen, ist weggefallen. Hingegen besteht für das Land und die Stadt Stuttgart als finanzielle Träger der Württembergischen Staatstheater insoweit Planungssicherheit, als der festgelegte Zuschußbetrag im nachhinein nicht mehr erhöht wird; das Risiko, die dem Wirtschaftsplan zugrunde gelegten Einnahmen auch tatsächlich zu erzielen, liegt nunmehr vollständig auf Seiten des Theaters.

12.1.3 Nach den bisher vorliegenden Erfahrungen ist die Umwandlung in einen Landesbetrieb insgesamt als eine richtige Entscheidung anzusehen. Es bedarf indes noch weiterer Anstrengungen, um einen sicheren und nachhaltigen Erfolg zu erzielen. Die mit der Umwandlung angestrebte verbesserte umfassende Steuerung mit betriebswirtschaftlichen Instrumenten und eine optimierte Organisationsstruktur sind noch nicht vollständig verwirklicht worden. Hier müssen noch Verbesserungen zeitnah und zielstrebig weiter verfolgt werden. Die Flexibilisierung des Haushaltsvollzugs allein ist kein Garant für mehr Wirtschaftlichkeit.

Nach Auffassung des RH lagen keine optimalen Voraussetzungen für die Umwandlung der Württembergischen Staatstheater vom Regiebetrieb in einen Landesbetrieb vor. Der Zeitraum für die Vorbereitung der Umwandlung war einerseits viel zu knapp bemessen, konnte andererseits aber auch nicht effektiv genutzt werden. Die zur Verfügung stehenden sachlichen und personellen Ressourcen für die notwendigen strukturellen und organisatorischen Veränderungen sowie in bezug auf die Belastung des Theaters mit zusätzlichen Aufgaben waren unzureichend. Zum Beispiel wurden weitere Mittel für die notwendigen EDV-Investitionen und die zusätzliche Personalausstattung, insbesondere im Bereich des Rechnungswesens, nicht bereitgestellt. Auch die finanziellen Rahmenbedingungen erwiesen sich als erschwerend. Die fehlerhafte Übertragung der Mittel für Energie- und Bewirtschaftungskosten war mit Nachteilen für das Theater verbunden. Außerdem waren nicht nur marginale Mittelkürzungen zu verkraften.

Diese finanziellen Rahmenbedingungen stehen im Widerspruch zu der allgemeinen Erfahrung, daß strukturelle Veränderungen regelmäßig erhebliche Vorinvestitionen erfordern, ehe damit angestrebte Verbesserungen der Wirtschaftlichkeit erreicht und Personal- und Sachmittel eingespart werden können. Gleichwohl konnte die schwierige Umstellungsphase offenbar ohne Qualitätseinbußen bei der künstlerischen Produktion bewältigt und das Einnahmeergebnis sogar gesteigert werden. Dies ist nicht zuletzt auf das große Engagement der Theaterleitung zurückzuführen.

12.2 Geschäftsführung und Verwaltung

Der RH verkennt nicht die beachtlichen Anstrengungen, die insbesondere der Geschäftsführende Direktor unter den gegebenen schwierigen zeitlichen, finanziellen und personellen Bedingungen unternommen hat, um den heutigen organisatorischen und wirtschaftlichen Stand zu erreichen. Gleichwohl müssen noch eine Reihe von Maßnahmen ergriffen werden, um eine weitere Steigerung der Effizienz der Aufgabenerledigung - insbesondere im unmittelbaren Zuständigkeitsbereich des Verwaltungsdirektors - zu erreichen.

12.2.1 Der RH hält insbesondere in den einzelnen Arbeitsbereichen der Verwaltung eine klarere Strukturierung und eine stärkere Steuerung mit zielführenderen Vorgaben sowie eine kritische Überprüfung der jeweiligen Aufgabenverteilung für erforderlich.

12.2.2 Organisationsuntersuchungen in der Verwaltung sowie im technischen und im künstlerisch-technischen Bereich sind ein notwendiges Instrument, um insbesondere bestehende organisatorische Schwachstellen zu erkennen, Organisationslösungen zu erarbeiten und Arbeitsabläufe zu rationalisieren, aber auch um den erforderlichen Stellenbedarf zu ermitteln.

Der RH begrüßt daher die Absicht des Theaters, zeitnah verbindliche Organisationspläne, differenzierte Geschäftsverteilungspläne und detaillierte Arbeitsanweisungen mit klaren Kompetenzen und Verantwortlichkeiten zu erstellen. Wenn es gelingt, noch vorhandene Reibungsverluste und Doppelarbeit zu reduzieren, können die Vorteile einer gemeinsamen Verwaltung in einem Mehrsparten-Theater optimal genutzt werden.

12.3 Personal

Der Geschäftsführende Direktor hat eine Reihe von Maßnahmen zur Verminderung der Personalkosten getroffen. Zu nennen sind insbesondere die Anpassung des Personaleinsatzes an die Notwendigkeiten des Theaterbetriebs durch flexibel gestaltete Arbeitsverträge vor allem in den Bereichen der Werkstätten und der Bühnentechnik, d.h. die Angleichung der Arbeitszeit an die Betriebserfordernisse und der Wegfall von Dienstzeitregelungen mit „starren“ Arbeitszeiten; damit konnte u.a. eine deutliche Verminderung der finanziellen Abgeltung von Überstunden erreicht werden. Ungeachtet dieser Fortschritte muß im Hinblick auf die Bedeutung der Personalkosten als weitaus größter Kostenposition des Theaters das Personalmanagement einschließlich einer fortlaufenden Überprüfung des Personalbedarfs auch weiterhin eine zentrale Aufgabe der Geschäftsführung bleiben.

12.4 Rechnungswesen

12.4.1 Mit dem Wirtschaftsplan und den Teilwirtschaftsplänen haben die Württembergischen Staatstheater ein Steuerungsinstrument eingerichtet, das vor allem in den künstlerischen Sparten eine hohe Akzeptanz erreicht hat. Es dient nicht nur zur Planung und Kontrolle der Budgets, sondern auch der Selbstkontrolle der Intendanten. Zudem ist durch die Kostenrechnung eine breitere Informationsbasis zu den Ausgaben und ein hohes Maß an Kostentransparenz geschaffen worden. Die Einführung der dezentralen Budgetverantwortung mit der Möglichkeit der weiteren Bewirtschaftung nichtverausgabter Mittel schafft nicht nur für die Theaterleitung, sondern auch für die Beschäftigten Anreize, sich intensiver mit der Kostensituation in ihrem Aufgabenbereich auseinanderzusetzen.

Der Nutzen des gestärkten Kostenbewußtseins besteht bislang hauptsächlich in der effektiveren Verwendung der verfügbaren Mittel vor allem im künstlerischen Bereich. Einsparungen mußten allerdings bislang zur Erbringung von Kürzungsauflagen und zur Deckung von Tariferhöhungen bei den Gehältern eingesetzt werden und standen nicht zur Bildung von Rücklagen zur Verfügung.

12.4.2 Ein in allen Belangen zufriedenstellender Stand der kaufmännischen Buchführung muß noch erreicht werden. Nach Angaben des Geschäftsführenden Direktors wird dies in Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung, die mit der Prüfung der Buchführung beauftragt wurde, zeitnah angestrebt.

12.4.3 Die Einführung der Teilkostenrechnung ist insbesondere unter dem Kosten-Nutzen-Aspekt zunächst als richtiger Schritt zu bewerten. Der RH hält es indes für erforderlich, durch stufenweise Zuordnung vornehmlich der Personalkosten des Zentralbereichs (z.B. der Werkstätten), eine noch bessere Kostentransparenz und damit verbesserte Entscheidungsgrundlagen zu erreichen.

Insgesamt lassen die bisherigen Erfahrungen des Theaters mit der kaufmännischen doppelten Buchführung angesichts der seit ihrer Einführung fortdauernden Probleme noch kein abschließendes Urteil darüber zu, ob deren Einführung unter dem Kosten-Nutzen-Aspekt uneingeschränkt positiv zu beurteilen ist. Sie verursacht einen erheblichen Mehraufwand und kann auch als solche die wirtschaftliche Mittelverwendung und die sorgfältige Mittelbedarfsplanung nicht ersetzen. Für die Steuerung des Ressourceneinsatzes ist in erster Linie die Kosten-Leistungs-Rechnung von Bedeutung. Allerdings darf nicht verkannt werden, daß die Doppik hierfür bessere Informationen liefert und einen Abgleich ermöglicht.

12.4.4 Nach Auffassung des RH sollte künftig in ähnlich gelagerten Fällen das interne und externe Projektmanagement deutlich verbessert und wirksamere und zielführendere Vorgaben auch durch die Ministerien und die aufsichtsführenden Institutionen gemacht werden. Für eine erfolgreiche Implementierung des kaufmännischen Rechnungswesens gerade bei Kultureinrichtungen bedarf es neben eines realistischen Zeitrahmens vor allem einer Gesamtstrategie und eines praxisorientierten Konzepts. Eine aktive Unterstützung aller Beteiligten, ggf. unter Inanspruchnahme von Expertenwissen, ist bei der Einführung der kaufmännischen Buchführung und der Kostenrechnung ebenso unabdingbar wie die zeitgerechte Schulung und Qualifizierung der Mitarbeiter.

12.4.5 Die Innenrevision als ein wichtiger Bestandteil interner Kontrollmechanismen ist von der Theaterleitung zwar gewollt, aber bislang nur sehr bruchstückhaft im Bereich der Prüfung der Tageseinnahmen aus dem Kartenverkauf eingerichtet worden. Der RH hält eine wirkungsvolle Kontrolle für unabdingbar und hält es deshalb für notwendig, insoweit weitere Maßnahmen zu ergreifen.

12.4.6 Die Frage, ob der Landesbetrieb auch für andere große Drei-Sparten-Theater die geeignetere Betriebsform ist als der Regiebetrieb, ist nach Auffassung des RH prinzipiell zu bejahen. Allerdings erscheint es sinnvoll, vor einer Entscheidung über die Umwandlung des Badischen Staatstheaters Karlsruhe zunächst weitere Erfahrungen bei den Württembergischen Staatstheatern Stuttgart zu sammeln. Jedenfalls sollte sichergestellt sein, daß angemessene Voraussetzungen für eine bestmögliche Realisierung der Umwandlung vorliegen. Hierzu gehören neben einer ausreichenden Vorbereitungszeit und externer Unterstützung vor allem die Entwicklung eines auf den Erfahrungen der Stuttgarter Staatstheater aufbauenden realistischen Konzepts.

13 Stellungnahme des Wissenschaftsministeriums und der Staatstheater

Das MWK weist darauf hin, daß allgemeine Erfahrungen mit der Betriebsform eines Landesbetriebs den Schluß nahelegten, daß hiermit auch die Arbeit der Theaterleitung flexibler und effektiver gestaltet werden könnte. Obwohl damals keine Erfahrungen mit dieser Betriebsform bei einem großen Drei-Sparten-Theater vorgelegen hätten, habe man die Schritte zur Umwandlung gewagt. Die Württembergischen Staatstheater hätten somit eine Pilotfunktion übernommen. Sie seien in gewisser Weise mit einem Versuchspatienten zu vergleichen, der sich bereit erklärt habe, eine neue Therapie an sich erproben zu lassen. Dafür hätten sie zunächst einmal Lob verdient. Es wäre fatal, wenn der Eindruck entstünde, der Versuchspatient werde dafür gescholten, daß der Therapieerfolg nicht im vorgesehenen Tempo und nicht im vorgesehenen Umfang eintritt, wenn gleichzeitig klar sei, daß die die Therapie Verordnenden über wirklich fundierte Erfahrungen bezüglich der speziellen Konstellationen nicht verfügen.

Der RH vergleiche den momentanen Stand der Dinge mit dem idealtypischen Zustand und komme dabei zwangsläufig zu Kritikpunkten. Ein Vergleich zwischen dem heutigen Stand und dem Stand vor der Umwandlung hätte gezeigt, daß es in der Zwischenzeit eine Reihe von Verbesserungen gegeben habe.

Die vom RH durchgeführte Untersuchung habe nicht am Endpunkt des Umwandlungsprozesses stattgefunden, sondern während des noch im Gang befindlichen Prozesses der internen Anpassung. Als Zwischenergebnis könnten die Anregungen und Kritikpunkte des RH hilfreich für den Fortgang des Prozesses sein.

Erst wenn in Stuttgart die mit der Umwandlung noch verbundenen Probleme behoben seien und der Eigenbetrieb wirklich „rund laufe“, werde sich herausstellen, welche Betriebsform für das Theater wirklich die bessere sei.

Die Staatstheater weisen vor allem darauf hin, daß die Umwandlung im Kontext eines umfangreichen Pakets von Problemlösungen und Reformen stehe, die die Theaterleitung 1991 in Angriff genommen habe. Beispielsweise wird auf die Bewältigung der „Bugwellenproblematik“, der permanenten Kürzung der Zuschüsse, die Neustrukturierung des Arbeitseinsatzes im bühnentechnischen Bereich, die Neuorganisation der Technischen Direktion, die Entwicklung von Instrumenten zur Kostensteuerung und Ausgabenüberwachung bei den künstlerischen Sparten, die Einführung des kollegialen Leitungsmodells und die komplette Neuentwicklung eines IuK-Konzepts in allen Bereichen, vor allem auch der Verkaufsorganisation, hingewiesen.

Es müsse eingeräumt werden, daß eine in allen Belangen zufriedenstellende Buchführung noch nicht erreicht sei. Aus heutiger Sicht wäre ein Vorlauf von zusätzlich einem Jahr für die Umwandlung zu fordern, um die organisatorischen und personellen Probleme angemessen bewältigen zu können. Für die Bewertung der jetzigen Situation müsse auch berücksichtigt werden, daß die sonstigen, insbesondere finanziellen und personellen, Voraussetzungen schwierig waren und die notwendigen Umstellungen unter ständiger Arbeitsdrucksituation bewältigt werden mußten.

14 Schlußbemerkung

Das Ziel der Untersuchung des RH ist es gewesen, auf Grund einer aktuellen Bestandsaufnahme Erkenntnisse darüber zu gewinnen, ob und inwieweit die Umwandlung gelungen ist, ob es noch Defizite im internen Anpassungsprozeß gibt und ob sich aus dem Umwandlungsvollzug bereits erste Erfahrungen ableiten lassen. Ein Vergleich des Zustandes vor der Umwandlung mit dem jetzigen Zustand hätte eine entsprechende Bestandsaufnahme z.B. im Jahr 1991 vorausgesetzt, die der RH aber nicht durchgeführt hat.

Der RH verkennt nicht, daß die Württembergischen Staatstheater in den vergangenen Jahren große Probleme zu bewältigen hatten. Er bestreitet auch nicht, daß in der Zwischenzeit zahlreiche Verbesserungen in vielerlei Hinsicht einschließlich einer Steigerung der Einnahmen und der Einspielergebnisse erreicht wurden. Vor allem ist dem RH durchaus bewußt, daß die Staatstheater Stuttgart mit der Umwandlung eine Pilotfunktion übernommen haben, die mit vielen Unwägbarkeiten und Schwierigkeiten verbunden war. Nachteilig hat sich dabei ausgewirkt, daß die Rahmenbedingungen für die Umwandlung nicht besonders günstig waren. Die Leistungen der Theaterleitung sind daher umso höher einzuschätzen, insbesondere da die künstlerische Produktion offensichtlich ihr hohes künstlerisches Niveau nicht nur halten, sondern steigern konnte.

Die noch nicht bewältigten Probleme des Umwandlungsprozesses waren indes aufzuzeigen mit dem Ziel, dazu beizutragen, den Erfolg der Umwandlung zu sichern. Die Staatstheater tragen als Landesbetrieb nunmehr das Einnahmerisiko allein, nicht mehr die Träger. Die Theaterleitung muß gerade deshalb alles daran setzen, baldmöglich ein voll funktionierendes und transparentes Rechnungswesen, eine optimale Organisation und ein ausreichendes Controlling zu erreichen. Nur dann kann eine bestmögliche Steuerung des Ressourceneinsatzes erreicht und der Gefahr begegnet werden, daß unversehens mehr ausgegeben wird, als Mittel aus Zuschuß und Einnahmen zur Verfügung stehen. In einer solchen Situation könnte der Landesbetrieb Theater nämlich nicht mehr auf einen Ausgleich des Defizits durch die Träger zählen.

Der Geschäftsführende Direktor hat aus den Prüfungsergebnissen bereits ein Handlungsprogramm entwickelt, um die aufgezeigten Probleme zeitnah und konsequent einer angemessenen Lösung zuzuführen.


Anhänge

Der RH berichtet - erstmals in der Denkschrift 1999 - auch über Auswirkungen der Prüfungstätigkeit. Der Bericht gibt die Umsetzung einiger bedeutsamer Vorschläge aus früheren Denkschriftbeiträgen oder aus Beratenden Äußerungen gemäß § 88 Abs. 2 LHO wieder und stellt - soweit dies möglich ist - auch dar, welche finanziellen Auswirkungen hiermit verbunden waren. In vielen Fällen konnten Einsparungen erreicht, mit den vorhandenen Mitteln eine größere Reichweite erzielt oder das Personal wirkungsvoller eingesetzt werden. Dem Parlament soll so zeitgleich mit der Vorstellung der neuen Denkschrift ein Überblick über wesentliche Ergebnisse aus den früheren Prüfungen und die Umsetzung seiner Beschlüsse vermittelt werden.


1  Allgemeines

Der RH berichtet - erstmals in der Denkschrift 1999 - auch über Auswirkungen der Prüfungstätigkeit. Der Bericht gibt die Umsetzung einiger bedeutsamer Vorschläge aus früheren Denkschriftbeiträgen oder aus Beratenden Äußerungen gemäß § 88 Abs. 2 LHO wieder und stellt - soweit dies möglich ist - auch dar, welche finanziellen Auswirkungen hiermit verbunden waren. In vielen Fällen konnten Einsparungen erreicht, mit den vorhandenen Mitteln eine größere Reichweite erzielt oder das Personal wirkungsvoller eingesetzt werden. Dem Parlament soll so zeitgleich mit der Vorstellung der neuen Denkschrift ein Überblick über wesentliche Ergebnisse aus den früheren Prüfungen und die Umsetzung seiner Beschlüsse vermittelt werden.

Einzelne Beispiele zeigen auf, daß es sich durchaus lohnen kann, Strukturverbesserungen, die auf größere Wirtschaftlichkeit abzielen, mit "langem Atem" zu verfolgen, denn Unwirtschaftlichkeit zeigt häufig ein hohes Beharrungsvermögen.

Die nachstehend aufgeführten Sachverhalte sind nicht mehr Gegenstand des laufenden Verfahrens zur Entlastung der Landesregierung i.S. von § 97 Abs. 1 LHO.

 

2  

Einzelergebnisse

2.1

  Organisation und Kosten der Lebensmittelüberwachung Baden-Württemberg

(Beratende Äußerung - Oktober 1992 - DS 11/833)

Der RH schlug vor, zur Verbesserung des Verbraucherschutzes und der Wirtschaftlichkeit der Untersuchungsämter die bisher sehr zersplitterte Aufgabenerledigung in einer Vielzahl von Untersuchungseinrichtungen aufzugeben und für jeden Regierungsbezirk ein gemeinsames Untersuchungsamt zu bilden. In diesen integrierten Einrichtungen sollten die Spezialisten aller Fachrichtungen in hochwertig ausgestatteten Labors wirkungsvoll und kostengünstig zusammenarbeiten. Die auf 5 Ministerien verteilten Zuständigkeiten sollten einem Ministerium zugeordnet, der Wirtschaftskontrolldienst beibehalten, die Probenahmen und Betriebskontrollen jedoch effizienter gestaltet werden.

Im Zuge der Regierungsbildung 1996 wurden die ministeriellen Zuständigkeiten im MLR zusammengeführt. Die Landesregierung beschloß Ende 1998, in jedem Regierungsbezirk eine integrierte, interdisziplinär arbeitende Untersuchungseinrichtung zu schaffen, durch

  • die Zusammenführung der bisherigen Chemischen und Tierärztlichen Untersuchungsämter,

 

  • die Auflösung von Referaten beim Landesgesundheitsamt,

 

  • die Auflösung von städtischen Untersuchungsämtern und

 

  • den Wegfall der amtlichen Lebensmittelüberwachung bei den Hygieneinstituten der Universitäten, Freiburg, Heidelberg und Tübingen.

Damit können, insbesondere bei akuten Gefährdungen, künftig schnellere und abgestimmtere Maßnahmen zum Verbraucherschutz ergriffen werden; daneben ergeben sich Einsparungen beim Wirtschaftskontrolldienst und erhebliche Synergieeffekte. Bisher wurden bereits 40,5 Stellen abgebaut; allein an Personalkosten wurden insgesamt 3,4 Mio. DM eingespart.

2.2

  Organisation und Wirtschaftlichkeit der Gebäudereinigung

(Beratende Äußerung - April 1996 - DS 11/7189)

Vom RH wurden Vorschläge zur Optimierung der Gebäudereinigung erarbeitet, für die das Land jährlich etwa 300 Mio. DM aufwendet. Sie ermöglichen sowohl bei der Eigen- als auch bei der Fremdreinigung Einsparungen in Millionenhöhe. Die Landesregierung wurde vom Landtag ersucht, diese Vorschläge schnellstmöglich umzusetzen und die Einsparpotentiale zu realisieren. Bereits im Oktober 1997 berichtete die Landesregierung dem Landtag über die eingeleiteten Maßnahmen. Insbesondere durch die Anhebung der Reinigungsleistungen und die Reduzierung der Reinigungsintervalle können danach bis zum Jahr 2000 rd. 19 000 Personalstunden je Monat (rd. 112 Stellen) abgebaut und etwa 6,1 Mio. DM eingespart werden; dies entspricht nahezu 10 % der Kosten der Eigenreinigung des Jahres 1995.

Das FM überarbeitete die Ausschreibungsunterlagen für die Fremdreinigung und forcierte die Öffentliche Ausschreibung von Reinigungsleistungen. Die bis zum 31. Dezember 1998 durchgeführten Neuausschreibungen erbrachten jährliche Einsparungen von 4,38 Mio. DM. Zusätzlich werden 1,07 Mio. DM je Jahr durch die Übertragung bisher eigengereinigter Flächen in die Fremdreinigung eingespart. Erste Schritte zur Übertragung der Vorschläge auf die Universitäten, Klinika und Zentren für Psychiatrie wurden eingeleitet (vgl. Pkt. 2.3).

Das FM betrachtet die Optimierung der Reinigung als Daueraufgabe und wird die erarbeiteten Werkzeuge im Rahmen eines verbesserten Gebäudemanagements verstärkt einsetzen. Die Ressorts werden bei der Aufstellung des Haushalts jeweils ausdrücklich darauf hingewiesen, die Vorschläge des RH umzusetzen und die Einsparmöglichkeiten zu realisieren.

2.3

  Vergabe von Reinigungsaufträgen beim Klinikum Tübingen

(Denkschrift 1997 Nr. 26)

Bei der Prüfung der Reinigungsaufträge des Klinikums Tübingen stellte der RH fest, daß seit 1989 alle Reinigungsaufträge nur an eine Firma vergeben und haushalts- und vergaberechtliche Vorschriften grob mißachtet wurden. Unzureichende Aufgabenzuordnungen und mangelhafte Kontrollsysteme trugen dazu bei, daß die aufgezeigten Mißstände über viele Jahre hinweg unbemerkt blieben. Hierdurch waren vermeidbare Mehrausgaben in Millionenhöhe entstanden.

Die vom RH geforderte Reorganisation der Gebäudereinigung beim Klinikum Tübingen wurde nach einer europaweiten Ausschreibung mit der Neuvergabe der Reinigungsleistungen abgeschlossen. Die festgestellten Verfahrensmängel wurden behoben. Allein die Neuvergabe führte zu jährlichen Einsparungen in Höhe von 1,5 Mio. DM.

Das Ministerium hat daneben für die Universitätsklinika Empfehlungen zur Ausschreibung und Vergabe der Gebäudereinigung erarbeitet und mit dem RH abgestimmt. Sie enthalten neben Hinweisen zur Leistungsbeschreibung und Vertragsgestaltung auch Richtwerte für die anzustrebenden Reinigungsleistungen und lassen eine effizientere Aufgabenwahrnehmung und Kosteneinsparungen erwarten.

 

2.4  

Energiesparen und Umweltschutz beim Neubau, im Gebäudebestand und beim Betrieb von landeseigenen Gebäuden

(Beratende Äußerung 1991 - DS 10/5457)

Die Empfehlungen des RH zum Energiesparen und Umweltschutz wurden vom FM weitgehend umgesetzt. Das Energiemanagement ist inzwischen eine der zentralen Aufgaben der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung. Auch bei den Planungen wuchs das Problembewußtsein für die Berücksichtigung energetischer und umweltschützender Gesichtspunkte. Die sog. "integrierte Planung" wird zunehmend praktiziert; d.h., in die Entwurfsplanung werden frühzeitig fachtechnische Konzepte einbezogen, um die gebäudetechnische Ausstattung wirtschaftlich zu optimieren und somit die späteren Betriebskosten zu minimieren.

Zusätzlich wird inzwischen auch privates Kapital ("Drittmittelfinanzierung") für die Nachrüstung gebäudetechnischer Anlagen aktiviert; die entsprechenden Investitionen werden aus den Energieeinsparungen finanziert. Für 20 größere Liegenschaften bestehen z.Z. Verträge zur energetischen Optimierung, deren Einsparpotential auf rd. 3,4 Mio. DM/Jahr geschätzt wird. Über private Fachfirmen sind gegenwärtig Investitionen von rd. 14,5 Mio. DM vorfinanziert.

Für große Liegenschaften wurden seither 20 Energiekonzepte voll und 25 teilweise realisiert; für 24 Liegenschaften besteht ein Entwicklungskonzept. Bei kleineren Liegenschaften erfolgte ein Einstieg zur energetischen Optimierung über eine Refinanzierung aus bereits eingesparten Energiekosten.

Die Zentrale Betriebsüberwachungsstelle (ZBÜ) und die Betriebsüberwachungsstellen bei den OFD‘en führen seit längerem energiewirtschaftliche Beratungen durch und erheben jährlich für jedes Gebäude bzw. jede Gebäudegruppe die Flächen, Zahl der Bediensteten und Energieverbrauchswerte und deren Kosten. Die Auswertung wird in Form von Energiebescheiden den nutzenden Verwaltungen mitgeteilt. Für die Anlagenbetreuer (Betriebsingenieure, Techniker, Hausmeister) wurden umfangreiche Schulungsmaßnahmen mit Teilnahmeverpflichtung eingeführt.

Bei Betrachtung des spezifischen Wärmeverbrauchs ist eine leicht fallende Tendenz zu verzeichnen (von 248 kWh/m²a im Jahr 1992 auf 232 kWh/m²a im Jahr 1996). Beim spezifischen Stromverbrauch zeichnet sich – bedingt durch die verstärkte Einführung der Informations- und Kommunikationstechnik – dagegen eine leicht steigende Tendenz ab (von 48,5 kWh/m²a im Jahr 1992 auf 52,9 kWh/m²a im Jahr 1996). Ohne die seit Anfang der 90er Jahre durchgeführten oder inzwischen eingeleiteten Maßnahmen wäre mit einem erheblich deutlicheren Anstieg zu rechnen gewesen. Das Einsparpotential ist allerdings noch nicht voll ausgeschöpft. Die Verwaltung ist weiterhin gefordert.

2.5

  Privatisierung der Bekleidungswirtschaft

(Denkschrift 1996 Nr. 10)

Der RH hatte im Zusammenhang mit der von ihm vorgeschlagenen Privatisierung der Bekleidungswirtschaft ein Einsparpotential von etwa 10 Mio. DM jährlich errechnet. Ein vom IM hinzugezogener externer Unternehmensberater bestätigte diesen Betrag, favorisierte jedoch eine Umwandlung in einen Landesbetrieb (§ 26 LHO) bei gleichzeitiger Auflösung der Bekleidungslieferstellen bei den Landespolizeidirektionen. Diesem Vorschlag schloß sich die Landesregierung an.

Die neue Beschaffungsstelle - "Logistikzentrum der Polizei" (LZP) - wird seit Juni 1998 nach kaufmännischen Gesichtspunkten geführt; die Kosten der Neuorganisation belaufen sich bisher auf rd. 3,2 Mio. DM. Folgendes wurde bereits realisiert:

  • Wegfall von bisher 33 der einzusparenden 74 Stellen mit einer Einsparung an Personalkosten von rd. 2,2 Mio. DM jährlich,

 

  • Minderung des gebundenen Kapitals und der Kapitalkosten um rd. 0,8 Mio. DM jährlich durch die Verringerung der Lagerbestände,

 

  • Verkürzung der Lieferzeiten um mehrere Monate und

 

  • Modernisierung des Einkaufs- und Bestellverfahrens durch den Einsatz von IuK-Technik sowie Ökonomisierung der Lagerhaltung, der Kommissionierung und des Versands.

Weitere Verbesserungen der Wirtschaftlichkeit werden im Jahre 1999 durch die Einführung des kaufmännischen Rechnungswesens, eine zusätzliche nachhaltige Senkung der Lagerbestände um rd. 7,4 Mio. DM, die Einbeziehung aller Kundengruppen in das neue Beschaffungs- und Belieferungsverfahren sowie die Gewinnung neuer Kunden und die Erweiterung der Produktgruppen angestrebt.

 

2.6

  Beherbergungs- und Bewirtschaftungsbetrieb der Fachhochschule für Polizei

(Denkschrift 1995 Nr. 9)

Der RH empfahl angesichts der hohen Kosten des Beherbergungs- und Verpflegungsbetriebs der Fachhochschule Maßnahmen zur Kostensenkung. Insbesondere sollte die amtliche Unterbringung und Verpflegung aufgegeben, Sonderregelungen im Bereich der Verpflegungswirtschaft aufgehoben, eine Kosten- und Leistungsrechnung eingeführt und Personal abgebaut werden.

Das IM ist diesen Vorstellungen im wesentlichen gefolgt. Im personellen Bereich wurde die eingesetzte Personalkapazität um eine vollzeit- und elf teilzeitbeschäftigte Küchenhilfen reduziert. Der Wegfall der amtlichen unentgeltlichen Unterbringung führte zu einer Mehreinnahme von 600 000 DM (StHPl. 1998/1999).

2.7

  Beschaffung und Einrichtung einer Lösungsmittelrückgewinnungsanlage

(Denkschrift 1996 Nr. 18)

Der vom MLR für die Staatliche Landwirtschaftliche Untersuchungs- und Forschungsanstalt Augustenberg in Karlsruhe (LUFA) geplante Bau einer Lösungsmittelrückgewinnungsanlage sowie eines Gefahrstofflagers mit geschätzten Gesamtbaukosten in Höhe von rd. 2,15 Mio. DM wurde auf Grund der Prüfung des RH nicht mehr weiterverfolgt. Die Anlage wurde in den bestehenden Gebäuden der LUFA untergebracht; für das Gefahrstofflager konnte eine Containerlösung gefunden werden. Gegenüber der ursprünglichen Planung der Verwaltung konnten rd. 2 Mio. DM eingespart werden.

2.8  

Untersuchung der Studentenverwaltungen der staatlichen Fachhochschulen

(Beratende Äußerung - April 1997 - DS 12/1471)

Der RH untersuchte die Organisation der Aufgabenwahrnehmung und die Arbeitsweise der studentischen Verwaltungen. Er gab Empfehlungen zur Beseitigung von Schwachstellen und entwickelte Kennzahlen für die Bemessung des Personalbedarfs.

Eine gemeinsame Arbeitsgruppe des MWK und der Fachhochschulen befaßte sich mit den Vorschlägen und unterstützte die wesentlichen Forderungen des RH. In den Studentenverwaltungen von 13 Fachhochschulen konnten danach 23 Stellen umgeschichtet und für andere Zwecke eingesetzt werden. Im administrativen Bereich führten daneben weitere Vorschläge wie beispielsweise die Erhebung einer Versandkostenbeteiligung, der Verzicht auf die Versendung von Eingangsbestätigungen, das obligatorische Erscheinen der Studierenden zum Zwecke der Immatrikulation, die Führung von Studentenkarteien und die Vereinfachung des Rückmeldeverfahrens zu Rationalisierungen bzw. Minderausgaben. In der vorgeschlagenen Einführung von Studenteninformationssystemen sieht auch das MWK eine zukunftsweisende Entwicklungslinie; erfolgversprechende Pilotprojekte wurden bereits eingeleitet. Die Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen.

2.9  Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung von Beamten aus familiären und aus arbeitsmarktpolitischen Gründen nach §§ 152 und 153 LBG

(Beratende Äußerung – Juli 1993 – DS 11/2243)

Der RH wies darauf hin, daß Freistellungen (Beurlaubungen und Teilzeitbeschäftigung) für das Land als Dienstherrn nicht kostenneutral sind, vielmehr erhebliche finanzielle Mehraufwendungen - insbesondere bei den Versorgungsausgaben - verursachen. Der Landtag hat sich dafür ausgesprochen, daß Teilzeitbeschäftigung im öffentlichen Dienst weder zu einer Privilegierung noch zu einer Diskriminierung der Betroffenen führen soll.

Die Landesregierung hat diese Vorstellungen in die bundesweite Diskussion eingebracht. Das am 01.07.1997 in Kraft getretene Dienstrechtsreformgesetz und das Versorgungsreformgesetz 1998 bewirken, daß sich die Versorgung eines beurlaubten und/oder teilzeitbeschäftigten Beamten sehr viel weitergehend dem Umfang seiner Freistellung entsprechend vermindert. Dadurch wird der Landeshaushalt erheblich entlastet.

2.10  Organisation und Personalausstattung der Personalverwaltungen und deren Effizienz

(Beratende Äußerung – November 1995 – DS 11/6761)

In der Personalverwaltung fehlte eine sachgerechte Zuordnung, sie war teilweise sehr zersplittert und in einzelnen Verwaltungsbereichen auch durch eine starke Zentralisierung gekennzeichnet. Die Vorschläge des RH zur Straffung der Aufbauorganisation, zur Aufgabendelegation und zum Abbau von Personalstellen wurden inzwischen in vielen Bereichen umgesetzt. Besonders hervorzuheben ist, daß zum 01.01.1999 die Personalverwaltung für den gehobenen Dienst vom JuM und SM – wie bei den übrigen Ministerien schon lange – auf den nachgeordneten Bereich übertragen wurde. Die Ministerien werden dadurch von der Bearbeitung von Einzelpersonalsachen entlastet.

2.11

  Betätigungsprüfung bei einer Hafengesellschaft

(Denkschrift 1996 Nr. 13)

Der RH empfahl die Veräußerung der Beteiligung an der Rheinhafengesellschaft Weil am Rhein mbH. Der Betrieb des Hafens hatte seine Bedeutung für das Land verloren; ein wichtiges Landesinteresse war deshalb nicht mehr erkennbar. Zudem zeichnete sich ab, daß die Gesellschaft erheblichen Kapitalbedarf haben werde. Daneben kritisierte der RH, daß die Gesellschaft verdeckte Subventionen durch die verbilligte Vermietung von Landesgrundstücken erhielt.

Das Land übertrug inzwischen seine Geschäftsanteile auf die Stadt Weil am Rhein. Damit konnte eine drohende Belastung des Landeshaushalts durch Kapitalzuführungen an die Gesellschaft vermieden werden. Die verdeckte Subventionierung der Hafengesellschaft wurde durch den Verkauf der Grundstücke an sie beendet. Auch dies wirkte sich positiv auf den Landeshaushalt aus.

2.12

  Aufwendungen des Landes für die kommunalen Theater

(Denkschrift 1997 Nr. 27)

Der RH untersuchte die wirtschaftliche Situation von acht Kommunaltheatern. Er stellte dabei fest, daß sich die Bühnen in einem Prozeß struktureller Veränderungen befanden, z.B. durch Umwandlung von Regiebetrieben in Eigenbetriebe, die Budgetierung der Haushaltsmittel und die Einführung des kaufmännischen Rechnungswesens. Die Folgen dieser vielfältigen Änderungen, wie z.B. die Bildung von Rücklagen, die Berücksichtigung von Abschreibungen und innerer Verrechnungen, waren für den staatlichen Zuwendungsgeber im einzelnen kaum mehr überschaubar; sie erfordern zudem einen erheblichen Verwaltungsaufwand für sachgerechte Förderentscheidungen.

Der RH plädierte deshalb dafür, von der bisherigen anteiligen Fehlbedarfsfinanzierung auf eine Festbetragsfinanzierung überzugehen, um auch die kommunalen Bühnen mehr als bisher zu veranlassen, mit den Fördermitteln wirtschaftlich umzugehen, Kostenbewußtsein zu erzeugen und die Einnahmen zu steigern.

Diesem Anliegen wurde in der Weise Rechnung getragen, daß die Höhe der Zuwendungen des Landes für die Kommunaltheater für die kommenden Jahre festgeschrieben wurde. Auch die Empfehlungen der Kulturstrukturkommission decken sich insoweit vollständig mit diesen Empfehlungen des RH.

2.13  Förderung der Musikschulen

(Denkschrift 1997 Nr. 11)

Das Land fördert die Musikschulen durch Zuschüsse zu den Kosten des pädagogischen Personals. Das Fördervolumen lag im Jahr 1995 bei rd. 37,8 Mio. DM. Seit 1997 sind unverändert 33,6 Mio. DM etatisiert.

Das gemeinsame Anliegen von Landtag, Landesregierung und RH war es, die Musikschulen zu veranlassen, alle Möglichkeiten zur Kostenreduzierung, zur konsequenteren Nutzung ihrer personellen Kapazitäten und zur Erteilung von mehr Gruppenunterricht auszuschöpfen. Auf diese Weise sollte es den Schulen möglich sein, ihre wirtschaftliche Situation zu verbessern und den aktuellen Fördereinschnitten durch Land und Kommunen wirksam zu begegnen.

Diesem Anliegen wurde weitgehend Rechnung getragen. Ein Großteil des Ferienüberhangs an Deputaten ist bereits durch Ausgleichsmaßnahmen abgebaut. Der Anteil des Gruppenunterrichts wurde deutlich erhöht. Die Förderrichtlinien werden derzeit mit dem Ziel geändert, durch eine verstärkte Förderung von Gruppenunterricht und Ensemblestunden einen noch gezielteren Einsatz der Landesmittel zu erreichen; damit kann sowohl finanziellen als auch pädagogischen Gesichtspunkten Rechnung getragen werden.

2.14

  Wirtschaftsförderung nach dem Existenzgründungsprogramm sowie dem Umweltschutz- und Energiesparprogramm

(Denkschrift 1996 Nr. 14 und Denkschrift 1998 Nr. 11)

Der RH untersuchte seit 1996 die Wirtschaftsförderung des Landes auf ihre Wirkungsweise. Zur Weiterentwicklung der Förderung hat er gefordert, den Wirkungsgrad zu verbessern, die Fördermittel konzentrierter einzusetzen und das Förderverfahren zu beschleunigen. Er hat entsprechende Vorschläge zur Umsetzung unterbreitet.

Das WM und die Landeskreditbank - Förderbank - sind den Empfehlungen und Vorschlägen des RH - teilweise modifiziert - beigetreten; ein Großteil davon wurde inzwischen umgesetzt.

 

2.15  Notwendigkeit und Umfang der besonderen Fördermaßnahmen im Bereich der Außenwirtschaft

(Denkschrift 1997 Nr. 13)

Der RH stellte fest, daß zur Unterstützung der mittelständischen Wirtschaft bei der Erschließung von Auslandsmärkten keine besonderen Anlaufstellen mehr erforderlich sind. Er empfahl, Verbindungsbüros des Landes, insbesondere in Budapest und Moskau, zu schließen, da ausreichende andere Angebote z.B. der Gesellschaft für internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit mbH sowie Deutsche Häuser vorhanden seien. Er schlug ferner vor, den Verfahrensablauf und die Planung bei der Förderung neuer außenwirtschaftlicher Projekte zu verbessern.

Das WM hat die Verbindungsbüros in Budapest, Moskau und Singapur inzwischen geschlossen. Es hat auch die Empfehlungen im Bereich der außenwirtschaftlichen Projektförderung umgesetzt.

2.16

  Organisation und Arbeitsweise der Steuerfahndung

(Denkschrift 1998 Nr. 20)

Um die Steuerfahndung in die Lage zu versetzen, ihre Aufgaben zu erfüllen, empfahl der RH, die vorhandenen 212 Personalstellen durch Umschichtung von Stellen aus dem Innendienst der Steuerverwaltung auf etwa 310 Stellen aufzustocken und die DV-Unterstützung der Fahndungsstellen zu verbessern.

Das FM reagierte umgehend. Die Steuerfahndung ist noch im Laufe des Jahres 1998 personell aufgestockt worden; zum 31.12.1998 waren bereits 225,5 Steuerfahnder vorhanden; eine weitere Erhöhung um jährlich 20 Stellen in den Jahren 1999 bis 2002 hat das Ministerium in Aussicht gestellt.