Denkschrift 2001

1 Vorwort

Die Denkschrift stellt wesentliche Ergebnisse der Prüfungen der Finanzkontrolle für Baden-Württemberg dar. Sie enthält damit die Informationen, die für die Entlastung der Landesregierung von Bedeutung sind. In ihr werden zwar eine Vielzahl von Einzelfeststellungen aufgezeigt, dennoch will sie kein abschließender Tätigkeitsbericht der Finanzkontrolle für das Jahr 2000/2001 sein. Aus diesen Einzeldarstellungen lassen sich keine allgemeinen Schlüsse zur Qualität der Landesverwaltung herleiten. Im Berichtszeitraum hat der Rechnungshof seine Beratungstätigkeit für Landesregierung und Landtag fortgesetzt. Das sehr aufwändige gemeinsame Verwaltungsreformprojekt von Rechnungshof und Innenministerium „Untersuchung der Steuerungs- und Unterstützungsleistungen bei den Ministerien des Landes" ist weitgehend abgeschlossen; die Schlussfassung liegt seit Mitte Mai den Ministerien zur Anhörung vor. Eine Veröffentlichung ist im zweiten Halbjahr vorgesehen. Einleitend befasst sich die Denkschrift mit der Landeshaushaltsrechnung für 1999 und setzt sich mit der Entwicklung der Landesschulden auseinander. Die Verschuldung ist im Jahr 2000 um 1,8 Mrd. DM gestiegen. Sie liegt damit um 300 Mio. DM höher als im Vorjahr; hierin enthalten sind 592,5 Mio. DM für den Erwerb einer stillen Beteiligung an der Landesbank Baden-Württemberg. Beim Vergleich der Pro-Kopf-Verschuldung liegt das Land auf dem dritten Platz aller Flächenländer, unter den acht alten Flächenländern nimmt es weiterhin den zweiten Platz ein. Diesen Vergleich aller Flächenländer untereinander nimmt der Rechnungshof erstmals in der diesjährigen Denkschrift vor. In Anbetracht des politischen Ziels der Regierungskoalition, ab 2006 Haushalte ohne Nettoneuverschuldung vorzulegen, muss die Konsolidierung konsequent betrieben werden. Positive Befunde sind die deutliche Absenkung der Personalausgabenquote auf 39,2 % und die gestiegene Investitionsquote, die auch ohne die stille Beteiligung an der Landesbank Baden-Württemberg um fast einen Prozentpunkt über dem Wert vom 1998 liegt. Ob sich die Trends zur Besserung angesichts angekündigter Neustellen, neuer Programme mit Finanzwirkung für die 13. Legislaturperiode und prognostizierter rückläufiger Steuereinnahmen allerdings verstetigen lassen, bleibt abzuwarten. Die Denkschrift 2001 zeigt ein breites Spektrum an Möglichkeiten auf, wie mit den zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln wirtschaftlicher und sparsamer umgegangen werden kann. Bei der Wahrnehmung der staatlichen Aufgaben werden beispielhaft nachhaltige Verbesserungspotentiale bezüglich Planung, Verfahren und Organisation aufgezeigt. Ein Schwerpunkt der diesjährigen Denkschrift liegt im Zuwendungsbereich. Komplizierte Verfahren erschweren und verteuern die Abwicklung von Förderprogrammen, die För-derziele sind oft nicht ausreichend definiert und werden so gut wie nie auf die Zielerrei-chung hin evaluiert; gelegentlich drängt sich der Eindruck auf, die Förderung habe sich verselbständigt. In diesem Zusammenhang sind zu nennen der Beitrag Förderung strukturverbessernder Baumaßnahmen im ländlichen Raum (Nr. 14) sowie die Beiträge zu verschiedenen Zuwendungsverfahren im Öffentlichen Personennahverkehr (Nr. 17 und 18), im kommunalen Straßenbau (Nr. 19), bei der Abwasserbeseitigung (Nr. 20) und bei außeruniversitären Forschungseinrichtungen (Nr. 23). Noch ganz am Anfang stehen in der Verwaltungspraxis die Überlegungen zur Evaluation von Fördermaßnahmen oder von Verwaltungsabläufen. Die Denkschrift versucht in drei Beiträgen bisherige Abläufe zu evaluieren und daraus Lehren für die Zukunft zu entwickeln. Es handelt sich um die Beiträge zur Einführung des Elektronischen Grundbuchs (Nr. 11), zur Privatisierung von Umweltmessungen (Nr. 13) und zum Zuwendungsverfahren im Schienenpersonennahverkehr (Nr. 18). Das Bemühen um nachhaltige Wirkung in der täglichen Arbeit der Finanzkontrolle spiegelt sich in der Denkschrift wider. Gestützt auf eine sorgfältige Sachverhaltsermittlung will es der Rechnungshof nicht bei der Beanstandung von Missständen oder Unwirtschaftlichkeiten bewenden lassen, sondern Vermeidungsstrategien und Verbesserungsvorschläge bringen. Zu nennen sind insbesondere die Beiträge Disziplinarverfahren mit vorläufiger Dienstenthebung (Nr. 4), Nutzungskosten im Hochbau (Nr. 6), Organisationsstrukturen der Beschaffung an den Universitäten (Nr. 7), Lehrerfortbildung an den Staatlichen Akademien (Nr. 9), Einführung des Elektronischen Grundbuchs (Nr. 11) und Controlling im Schienenpersonennahverkehr (Nr. 17). Es ist mehr denn je ein wichtiges Anliegen der Finanzkontrolle, dass ihre Vorschläge und Empfehlungen umgesetzt werden. Der Rechnungshof ist sich des Spannungsfeldes bewusst, das sich hier zwischen der Kontrolle und Beratung aufbauen kann. Er versucht, bei seiner Arbeit den möglichen Konflikt jeweils auf den Einzelfall bezogen zu lösen. Diese Vorgehensweise ist erfolgversprechend, da häufig schon im Laufe des Prüfungsverfahrens Veränderungen angestoßen und von der Verwaltung neue Wege gegangen werden. So - soll Controlling im Schienenpersonenverkehr (Nr. 17) künftig fester Bestandteil der Förderung werden, - sollen Vorschläge des RH in die Novellierung der Landesdisziplinarordnung (Nr. 4) einfließen, - ist die Entlohnung der Strafgefangenen (Nr. 12) bereits während des Prüfungsverfahrens umgestellt worden, - wird ferner die Finanzierung des Elektronischen Grundbuchs (Nr. 11) auf eine neue Basis gestellt. Die Beiträge der vorangegangenen Denkschriften haben auf vielfache Weise wirtschaftlicheres Vorgehen angestoßen und auch schon dazu geführt (Abschnitt IV). So hat der Rechnungshof z. B. mit seiner Analyse zur Förderung der öffentlichen Abwasserbeseitigung (Denkschrift 1998 Nr. 16) angestoßen, dass bei Kläranlagenerweiterungen neben den baulichen und verfahrenstechnischen Optimierungen auch das gesamte Abwassersystem in den Fokus der Entwicklung gestellt wird. Nach einer Stellungnahme der Landesregierung steckt darin ein Einsparpotential von rd. 1 Mrd. DM bei Kommunen und Land.

2 Parlamentarische Beratung der Denkschrift 2000

Die parlamentarische Beratung der Denkschrift 2000 (DS 12/5324) mit Bemerkungen zur LHR 1998 ist abgeschlossen. Der Landtag hat in seiner 99. Sitzung am 23.11.2000 die in der LHR für das Hj. 1998 nachgewiesenen üpl. und apl. Ausgaben und die vom Rechnungshof in seiner Denkschrift darüber hinaus festgestellten weiteren Überschreitungen genehmigt (Art. 81 Satz 3 LV) und der Landesregierung gemäß Art. 83 Abs. 1 LV Entlastung erteilt (DS 12/5704). Er hat die Regierung ferner ersucht (§ 114 Abs. 2 und 4 LHO), bestimmte Maßnahmen zu treffen und ihm hierüber zu berichten (DS 12/5701). Einzelheiten ergeben sich aus der Anlage 1 zu dieser Denkschrift. Der Landtag hat in seiner 102. Sitzung am 31.01.2001 ferner beschlossen, den Präsi-denten des Rechnungshofs hinsichtlich der Rechnung des Rechnungshofs für das Hj. 1998 nach § 101 LHO zu entlasten (DS 12/5960).


Anhänge

Die Schulden des Landes sind im Jahr 2000 erneut um 1,8 Mrd. DM auf jetzt 61,1 Mrd. DM angewachsen.


1 Schuldenentwicklung

1.1 Die Verschuldung des Landes ist auch im Hj. 2000 angestiegen. Die Landesschulden und verlagerten Verpflichtungen haben sich wie folgt verändert:

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Im Laufe des Jahres 2000 nahm das Land auf Grund der Ermächtigung im StHG Kassenverstärkungskredite an 73 Tagen (Vorjahr 132 Tage) in Anspruch. Mit 581,2 Mio. DM war am 01.08.2000 die höchste Kreditaufnahme zu verzeichnen. Am 31.12.2000 waren keine Kassenkredite aufgenommen.

1.2 Die Schulden einschließlich der verlagerten Verpflichtungen sind 2000 um 1 807,5 Mio. DM (336,9 Mio. DM mehr als im Vorjahr) gestiegen (Schaubild 1).

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Im Hj. 2000 sind am Kapitalmarkt 8 217,6 Mio. DM neue Darlehen aufgenommen worden. Gleichzeitig wurden 6 824,1 Mio. DM - davon 1 124,6 Mio. DM außerordentlich - getilgt. Die haushaltsmäßige Nettokreditaufnahme (Schaubild 2) war somit 2000 mit 1 393,5 Mio. DM um 749 Mio. DM niedriger als veranschlagt, aber um 394 Mio. DM höher als im Vorjahr (999,5 Mio. DM). Darin enthalten sind 592,5 Mio. DM zum Erwerb einer stillen Beteiligung an der LBBW. Bleiben die Kosten für diesen Erwerb unberücksichtigt, so kann im Vergleich zum Vorjahr von einer um 198,5 Mio. DM geringeren Kreditfinanzierung für den übrigen Haushalt ausgegangen werden. Im Übrigen war der Kreditbedarf an sich noch geringer, weil auch im Hj. 2000 ein kassenmäßiger Überschuss in Höhe von 376,3 Mio. DM erwirtschaftet wurde.

Der gegenüber der Nettokreditaufnahme von 1 393,5 Mio. DM um 469,3 Mio. DM höhere Zuwachs der Kreditmarktschulden zum 31.12.2000 (1 862,8 Mio. DM) ist darauf zurückzuführen, dass von den Ende 2000 valutierten Krediten 537,7 Mio. DM haushaltsmäßig in das Jahr 2001 verlagert wurden und andererseits 68,4 Mio. DM, die erst Anfang 2001 valutiert waren, bereits im Jahr 2000 als Kreditaufnahme gebucht wurden.

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Die im Jahr 2000 um 63,4 Mio. DM reduzierten Schulden gegenüber dem Bund und dem Lastenausgleichsfonds für den Wohnungsbau sind finanzwirtschaftlich nicht von Bedeutung, weil den Schuldendienstverpflichtungen entsprechende Einnahmen von den Darlehensnehmern gegenüberstehen.

Die Kreditfinanzierungsquote im Sinne des Anteils der Nettokreditaufnahme an den bereinigten Gesamtausgaben (ohne die besonderen Finanzierungsvorgänge) in Höhe von 59 191,3 Mio. DM hat sich gegenüber dem Vorjahr von 1,8 % um 0,6 Prozentpunkte auf 2,4 % erhöht. Ohne Berücksichtigung der Kreditaufnahme für den Erwerb der stillen Beteiligung an der LBBW ergibt sich eine Kreditfinanzierungsquote von 1,4 %.

1.3 Die auf die L-Bank, die LEG Landesentwicklungsgesellschaft Baden-Württemberg mbH und die Finanzierungsgesellschaft für öffentliche Vorhaben des Landes Baden-Württemberg mbH verlagerten Verpflichtungen, für die das Land den Schuldendienst oder den Finanzierungsaufwand erstattet, haben sich um 8,1 Mio. DM auf 878.1 Mio. DM erhöht.

2 Pro-Kopf-Verschuldung

Die Verschuldung des Landes am Kreditmarkt (einschließlich öffentliche Sondermittel) erhöhte sich zum 31.12.2000 auf 57 709,2 Mio. DM. Die Pro-Kopf-Verschuldung betrug danach 5 506 DM (Vorjahr 5 344 DM) und ist gegenüber dem 31.12.1999 um 3 % gestiegen; in allen Flächenländern belief sie sich durchschnittlich auf 7 030 DM (Vorjahr 6 765 DM in den alten Flächenländern). Zur Pro-Kopf-Verschuldung im Einzelnen s. Schaubild 3 und Übersicht 1.

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Danach liegt Baden-Württemberg in der Pro-Kopf-Verschuldung auf dem dritten Platz aller Flächenländer und weiterhin auf dem zweitbesten Platz der acht alten Flächenländer. Der Abstand zu Bayern, das seit langem die günstigste Pro-Kopf-Verschuldung aufweist, ist gegenüber dem Vorjahr wiederum größer geworden. Gleichzeitig hat sich aber auch der Abstand zu den meisten der nachfolgenden Länder vergrößert.

3 Kreditaufnahme und Schuldendienst

Die Entwicklung der jährlichen (haushaltsmäßigen) Brutto- und Nettokreditaufnahme sowie der Aufwendungen für den Schuldendienst in den letzten zehn Jahren zeigt Übersicht 2.

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Die Ist-Ausgaben des Schuldendienstes für die Kreditmarktmittel (Zinsen und Tilgungsleistungen Kap. 1206 Ausgabe-Tit.Gr. 86 - ohne Tit. 563 86 Ausgleichsstock -) waren im Hj. 2000 insbesondere durch außerordentliche Tilgungen um 824,4 Mio. DM (+ 9 %) höher als im Vorjahr.

Die Zinsausgaben für die Kreditmarktschulden beliefen sich im Hj. 2000 auf 3 121,7 Mio. DM. Danach betrug die Zinsausgabenquote als Verhältniszahl der Zinsausgaben zu den bereinigten Gesamtausgaben 5,3 % (Vorjahr 5,6 %).

Der Schuldendienst an die L-Bank und die Erstattung des Finanzierungsaufwands an die Finanzierungsgesellschaft für öffentliche Vorhaben des Landes Baden-Württemberg mbH sowie an die LEG belief sich im Hj. 2000 auf 333,6 Mio. DM. Darin sind auch die Ersatzleistungen an die L-Bank für die Finanzierung des Darlehensanteils des Landes bei der Ausbildungsförderung für Studierende in Höhe von 59,6 Mio. DM enthalten, die aus systematischen Gründen dem gesamten Schuldendienst zuzurechnen sind.

Die Ausgaben des Schuldendienstes für die Kreditmarktmittel und der Aufwand für die verlagerten Verpflichtungen haben sich danach um 843,8 Mio. DM auf 10 279,4 Mio. DM erhöht. Dementsprechend beträgt der Anteil des gesamten Schuldendienstes an den Gesamtausgaben (einschließlich der haushaltsmäßig nicht ausgewiesenen Tilgungsausgaben in Höhe von 6 824,1 Mio. DM) des Landes 15,5 % (Vorjahr 15,1 %).

Der Schuldendienst erfordert somit rd. ein Sechstel der Gesamtausgaben und ist nach den Personalausgaben und den Ausgaben für Zuweisungen und Zuschüsse nach wie vor der drittgrößte Posten im Landesetat.

4 Kreditaufnahme - Investitionen - Steuereinnahmen

4.1 Nach Art. 84 LV dürfen die Einnahmen aus Krediten die Summe der im Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben für Investitionen nicht überschreiten. Im StHpl. waren für das Hj. 2000 Ausgaben für Investitionen (Hauptgruppen 7 und 8) in Höhe von 6 547,6 Mio. DM veranschlagt. Tatsächlich wurden im Hj. 2000 für Investitionen 6 688,6 Mio. DM einschließlich dem Erwerb der stillen Beteiligung an der LBBW (592,5 Mio. DM) verausgabt. Davon wurden 181,6 Mio. DM aus Privatisierungserlösen des Landes finanziert. Nach Abzug der Zuweisungen des Bundes und der Gemeinden (Obergruppe 33) und der sonstigen Beiträge Dritter (Obergruppe 34) für Investitionen des Landes in Höhe von insgesamt 987,3 Mio. DM beliefen sich die vom Land selbst finanzierten Investitionen im Hj. 2000 auf 5 701,3 Mio. DM. Demgegenüber betrug die Nettokreditaufnahme 1 393,5 Mio. DM. Das Land hat auch unter dieser einengenden Betrachtung des Investitionsbegriffs im Hj. 2000 die verfassungsmäßige Verschuldungsgrenze eingehalten.

4.2 Die Nettokreditaufnahmen und die Einnahmen aus Steuern haben sich in den letzten Jahren wie in Übersicht 3 dargestellt entwickelt.

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Danach ist das Steueraufkommen im Hj. 2000 gegenüber dem Vorjahr um 1 315 Mio. DM (+ 3 %) gestiegen und lag um 709 Mio. DM über dem Haushaltsansatz. Da den Steuermehreinnahmen entsprechende Mehrausgaben des Landes im Länderfinanzausgleich und im kommunalen Finanzausgleich in Höhe von 137 Mio. DM gegenüberstanden, waren gegenüber dem Haushaltsansatz unter Berücksichtigung der im Nachtragshaushalt veranschlagten globalen Steuermehreinnahmen in Höhe von 660 Mio. DM letztlich keine Mehreinnahmen verfügbar.

Die Steuerdeckungsquote, d.h. das Verhältnis der Steuereinnahmen zu den bereinigten Gesamtausgaben belief sich im Hj. 2000 auf 76,0 % (Vorjahr 78 %).

4.3 Die Übersicht 4 zeigt die Entwicklung der wesentlichen Ausgabearten und die prozentualen Anteile an den bereinigten Gesamtausgaben des Landes in den letzten zehn Jahren.

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Die bereinigten Gesamtausgaben sind gegenüber dem Vorjahr um 5,7 % (3 215,8 Mio. DM) gewachsen. Da demgegenüber die Personalausgaben im Vergleich zum Vorjahr mit 0,9 % (212,3 Mio. DM) nur relativ geringfügig gestiegen sind, hat sich die Personalausgabenquote von 41,1 % auf 39,2 % reduziert. Der prozentuale Anteil der Zuweisungen und Zuschüsse einschließlich der Leistungen im Länderfinanzausgleich ist gleich geblieben. Auch der Anteil der sächlichen Verwaltungsausgaben ist um 0,2 Prozentpunkte nur geringfügig auf 5,7 % gestiegen. Demgegenüber hat sich die Investitionsquote von 9,4 % auf 11,3 % erhöht. Dies ist u. a. auf den Erwerb der stillen Beteiligung an der LBBW in Höhe von 592,5 Mio. DM zurückzuführen. Da die Zinsausgaben trotz des Schuldenzuwachses aufgrund einer günstigeren Refinanzierung getilgter Darlehen und wegen eines geänderten Kreditmanagements gleich geblieben sind, hat sich die Zinsausgabenquote auf 5,3 % (Vorjahr 5,6 %) verringert.

4.4 In der Übersicht 5 sind die Zinsausgaben für Kreditmarktschulden im Vergleich und im Verhältnis zu den Steuereinnahmen (Zins-Steuer-Quote) dargestellt. Danach musste im Hj. 2000 ein Anteil von 6,9 % des Steueraufkommens (Vorjahr 7,2 %) zur Deckung der Zinsverpflichtungen verwendet werden.

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Unter Zugrundelegung der nach der Mittelfristigen Finanzplanung vorgesehenen Kreditlinie werden sich die Zinsausgaben für Kreditmarktschulden in den nächsten Jahren voraussichtlich deutlich erhöhen. Von daher muss die angestrebte Nullverschuldung konsequent weiter verfolgt werden, weil nur auf diese Weise eine strukturelle Verbesserung des Landeshaushalts erreicht und damit die dringend gebotene Haushaltskonsolidierung realisiert werden kann.

5 Landesschuldbuch

Das Landesschuldbuch erbringt den ordnungsgemäßen Nachweis über die Buchschulden des Landes. Der RH hat die im Hj. 2000 in das Landesschuldbuch eingetragenen Schuldbuchforderungen geprüft. Die Prüfung hat keine Beanstandungen ergeben.


Anhänge

 


1 Vorlage und Gestaltung

Auf Grund von Art. 83 Abs. 1 LV und § 114 Abs. 1 LHO hat das FM die LHR für 1999 am 25.01.2001 dem Landtag vorgelegt (DS 12/5969).

Die LHR ist den Vorschriften der §§ 81 - 86 LHO entsprechend gestaltet. Sie enthält alle in § 81 Abs. 1 und 2 LHO vorgeschriebenen Angaben für den Nachweis der bestimmungsgemäßen Ausführung des StHpl. Die finanziellen Gesamtergebnisse der Haushaltsführung sind in

  • einem kassenmäßigen Abschluss gemäß § 82 LHO (Ist-Ergebnisse ohne Haushaltsreste),
  • inem Haushaltsabschluss gemäß § 83 LHO (Ist-Ergebnisse zuzüglich Haushaltsreste),
  • einer Gesamtrechnung (Soll-Ist-Vergleich, Gesamtsummen der Epl.)

dargestellt.

Der kassenmäßige Abschluss, der Haushaltsabschluss und die Gesamtrechnung sind gemäß § 84 LHO auf S. IX der LHR erläutert. Die in § 85 Abs. 1 LHO genannten Übersichten sind der LHR beigefügt (S. 1131 - 1152 und 1157 - 1159). Weitere Erläuterungen über den Haushaltsvollzug geben die der LHR beigefügten besonderen Übersichten auf den S. XXXVIII - LXXVI.

2 Ergebnisse (verkürzt dargestellt)

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Die nach Art. 84 Satz 1 LV hierfür erforderlichen Kreditermächtigungen ergeben sich aus § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 StHG 1998/1999 i.V.m. § 18 Abs. 3 Satz 1 LHO.

3 Feststellungen nach § 97 Abs. 2 Nr. 1 LHO

Die in der LHR aufgeführten Beträge der Einnahmen und Ausgaben stimmen mit den in den Rechnungslegungsbüchern nachgewiesenen Beträgen überein. In den geprüften Rechnungen sind keine Einnahmen oder Ausgaben festgestellt worden, die nicht belegt waren.

4 Druck- und Darstellungsfehler

Bei der Gesamtrechnungsprüfung hat der RH keine wesentlichen Druck- und Darstellungsfehler in der LHR feststellen können.

5 Haushaltsüberschreitungen

Über- und außerplanmäßige Ausgaben bedürfen der vorherigen Zustimmung des FM, die nur im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses erteilt werden darf. Die üpl. Ausgaben samt Vorgriffen sowie die apl. Ausgaben sind in der LHR einzeln nachgewiesen und in der Übersicht 1 (S. 1131 - 1152) zusammengestellt und begründet. Sie betragen insgesamt rd. 776 Mio. DM, davon entfallen 700 Mio. DM (90 %) auf

  • die buchungstechnische Abwicklung des kassenmäßigen Fehlbetrags aus dem Hj. 1997 (267 Mio. DM),

 

  • zusätzliche Ausgaben für den Finanzausgleich unter den Ländern (346 Mio. DM),

 

  • Mehrausgaben nach dem Kindergartengesetz (63 Mio. DM) und,

 

  • Erstattungen nach dem AsylAG für Schlussabrechnungen infolge der Reduzierung der kommunalen Unterbringungskapazitäten (24 Mio. DM).

Der Anteil der Personalausgaben beträgt 12,684 Mio. DM.

Die üpl. und apl. Ausgaben über 200 000 DM im Einzelfall wurden dem Landtag mit Schreiben des FM vom 16.08.2000 (DS 12/5471) gemäß § 8 Abs. 3 StHG 1998/1999 mitgeteilt. Der Finanzausschuss des Landtags hat in seiner 61. Sitzung am 21.09.2000 hiervon Kenntnis genommen.

Nach den Ergebnissen der Rechnungsprüfung fehlt es bei den üpl. und apl. Ausgaben von 1 000 DM und mehr im Hj. 1999 in 64 Fällen an der Einwilligung des FM. Die Summe dieser Überschreitungen beträgt 15 031 626,26 DM (Vorjahr 32,352 Mio. DM); hiervon sind 2,261 Mio. DM Vorgriffe. Auf Personalausgaben entfallen insgesamt 2 014 308,50 DM.

Die vom FM nach § 3 Abs. 5 StHG 1998/1999 bewilligten Abweichungen von den Stellenübersichten sind in der Übersicht 1 A zur LHR dargestellt und begründet.

Die üpl. und apl. Ausgaben bedürfen nach Art. 81 Satz 3 LV der Genehmigung des Landtags. Sie wurde, zugleich für die Abweichungen von den Stellenübersichten, vom FM im Zusammenhang mit der Vorlage der LHR (s. Pkt. 1) beantragt.

6 Buchungen an unrichtiger Stelle

Der RH hat bei stichprobenweiser Prüfung zahlreiche, auf Versehen der Verwaltung beruhende Fälle von Buchungen an unrichtiger Haushaltsstelle - sog. Titelverwechslungen - (Verstöße gegen § 35 Abs. 1 LHO) festgestellt, die allerdings von relativ geringer Auswirkung auf das Gesamtbild des Haushalts sind. Die Titelverwechslungen, durch die eine Überschreitung von 2 000 DM und mehr verursacht oder vermieden worden ist, sind in der Anlage 2 dargestellt. Bei richtiger Buchung wären die in der LHR nachgewiesenen üpl. und apl. Ausgaben um 2 621 196,06 DM niedriger gewesen. Der in Spalte 10 dieser Anlage aufgeführte Betrag von 23 519,88 DM ist eine verdeckte Haushaltsüberschreitung, weil bei richtiger Buchung eine Mehrausgabe entstanden wäre; sie bedarf ebenfalls der Genehmigung des Landtags.


Anhänge

1 Haushalts-Soll und Haushalts-Ist im Haushaltsjahr 1999

Der LHR 1999 liegen zu Grunde

  • das Gesetz über die Feststellung des StHpl. für die Hj. 1998 und 1999 vom 11.02.1998 (GBl. S. 57),
  • das Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum StHpl. für das Hj. 1999 vom 10.05.1999 (GBl. S. 174).

Danach war der StHpl. 1999 in Einnahme und Ausgabe auf 62 431 709 500 DM festgestellt. Auf Grund von § 5 LHO und § 17 StHG 1998/99 hat das FM mit Rundschreiben vom 14.12.1998 (GABl 1999, S. 1) die zur Ausführung des StHpl. 1999 erforderlichen Anordnungen erlassen.

Das rechnungsmäßige Jahresergebnis 1999 (Ist + Reste 1999) weist gegenüber dem Haushalts-Soll (Haushaltsansatz + Reste 1998)

Mehreinnahmen von 1 752 804 583,71 DM
Mehrausgaben von 9 505 473,88 DM
per Saldo somit Mehreinnahmen von 1 743 299 109,83 DM

aus.

Wie sich die Mehreinnahmen und die Mehrausgaben aus den Teilergebnissen bei den Epl. zusammensetzen, ergibt sich aus Spalte 10 der Anlage 1 zur Gesamtrechnung auf den S. XXXIV/XXXV und den Erläuterungen hierzu.

2 Jahresvergleich

Die Übersichten 1 und 2 geben einen auf die Hj. 1991 bis 2000 bezogenen Überblick über die Entwicklung der Gesamt-Ist-Ausgaben im Vergleich zu den Haushaltsansätzen sowie der Ist-Ausgaben je Hauptgruppe und je Epl. Die Gliederung nach Hauptgruppen entspricht dem für Bund und Länder einheitlichen Gruppierungsplan (§ 10 Abs. 2 HGrG und § 13 Abs. 2 LHO) mit der Abweichung, dass die Ausgaben für den Schuldendienst, für Zuweisungen und Zuschüsse mit Ausnahme für Investitionen, für Baumaßnahmen, für sonstige Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen sowie für die besonderen Finanzierungsausgaben unter der Bezeichnung „Übrige Ausgabegruppen“ zusammengefasst sind.

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3 Globale Minderausgabe bei Kap. 1212 Tit. 972 01

Für das Hj. 1999 waren globale Minderausgaben von 200 Mio. DM veranschlagt; sie wurden im Nachtrag 1999 zur Hälfte in konkrete Mittelkürzungen umgesetzt. Die andere Hälfte verteilt sich auf die Epl., wie in der Übersicht 3 dargestellt.

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Über die Einsparungen wurden von den Ressorts Nachweise erbracht.

4 Haushaltsreste und Vorgriffe

4.1 Haushaltsjahr 1999

Beim Abschluss der LHR für das Hj. 1999 sind folgende Reste in das Hj. 2000 übertragen worden:

Einnahmereste 3 357 834 746,01 DM
Ausgabereste 1 899 047 053,05 DM
Somit ergibt sich ein Überschuss der Einnahmereste von 1 458 787 692,96 DM

Auf die Angaben in Nr. 1 Pkt. 2 dieser Denkschrift über die Zusammensetzung der Einnahmereste und auf die S. XLIV - XLVI der LHR über die Aufgliederung der Ausgabereste wird hingewiesen.

Das FM hat dem Finanzausschuss des Landtags mit Schreiben vom 18.08.2000 gemäß § 8 Abs. 4 StHG 1998/99 die in das Hj. 2000 übertragenen Ausgabereste mitgeteilt. Der Finanzausschuss hat hiervon in seiner 62. Sitzung am 12.10.2000 Kenntnis genommen.

Wie in den Vorjahren war die Landesregierung nach § 10 Abs. 2 StHG 1998/1999 ermächtigt, unverbrauchte Mittel aus übertragbaren Bewilligungen (Ausgabereste) in Abgang zu stellen; sie hat diese Ermächtigung im Umfang von 196 Mio. DM ausgeschöpft.

4.2 Jahresvergleich

Die Übersichten 4 und 5 zeigen, wie sich die Haushaltsreste in den letzten Jahren entwickelt und wie sich die Ausgabereste auf die verschiedenen Ausgabearten verteilt haben.

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Anhänge

Disziplinarverfahren mit vorläufiger Dienstenthebung dauern häufig sehr lange. Im Zeitraum von Mitte 1992 bis Mitte 2000 musste das Land an vorläufig des Dienstes enthobene Beamte rd. 17,3 Mio. DM Besoldungsbezüge zahlen, ohne dass Dienstleistungen erbracht wurden. Durch Verkürzung der Verfahrensdauer und der Zeit vorläufiger Dienstenthebungen könnten diese Ausgaben erheblich verringert werden. Die Landesdisziplinarordnung sollte alsbald novelliert werden.


1 Vorbemerkung

Der RH hat im Rahmen einer Querschnittsuntersuchung die Anwendung und Durchführung der Landesdisziplinarordnung (LDO) in 132 Disziplinarverfahren mit vorläufiger Dienstenthebung bei der Polizei, bei der Schulverwaltung und im Geschäftsbereich des MWK untersucht. Die Untersuchung bezog sich auf den Zeitraum vom 01.07.1992 bis 30.06.2000. Die untersuchten Bereiche umfassen mit rd. 113 000 Stellen rd. 74 % aller im Landeshaushalt 2000 enthaltenen Planstellen für Beamte.

Bundesweit ist das Disziplinarrecht in Bewegung gekommen; auch Baden-Württemberg beabsichtigt nunmehr eine Novellierung der LDO. Auf Grund seiner Prüfung entwickelt der RH eine Reihe von Empfehlungen mit dem vorrangigen Ziel, die Verfahrensdauer zu verkürzen. Sie sollen in das Gesetzgebungsverfahren einfließen.

2 Ausgangslage

Grundlage aller Disziplinarverfahren gegen Landesbeamte ist die seit 01.08.1962 geltende und im Jahre 1991 vollständig neu gefasste LDO.

Für die Ahndung von Dienstvergehen stellt die LDO eine abgestufte Skala von Disziplinarmaßnahmen zur Verfügung. Im Rahmen eines nichtförmlichen Verfahrens kann der Dienstvorgesetzte auf der Grundlage von Vorermittlungen durch eine Disziplinarverfügung einen Verweis oder eine Geldbuße verhängen. Alle weitergehenden Disziplinarmaßnahmen, wie z. B. Gehaltskürzung, Versetzung in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt (Zurückstufung), Entfernung aus dem Dienst, Kürzung oder Aberkennung des Ruhegehalts können nur in einem förmlichen Disziplinarverfahren, das sich in das Untersuchungsverfahren und in das Verfahren vor den Disziplinargerichten gliedert, ausgesprochen werden.

Das förmliche Disziplinarverfahren gliedert sich in viele einzelne Verfahrensabschnitte und Verfahrensschritte mit jeweils verschiedenen Verfahrensträgern:

  • Der Dienstvorgesetzte führt Vorermittlungen durch und entscheidet, ob ein förmliches Disziplinarverfahren in Betracht kommt.

 

  • Die Einleitungsbehörde entscheidet über die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens, bestellt einen Untersuchungsführer und einen Vertreter der Einleitungsbehörde; sie ist zuständig für die vorläufige Dienstenthebung des Beamten und entscheidet, ob ein Teil seiner Besoldungsbezüge einzubehalten ist.

 

  • Der Untersuchungsführer vernimmt den Beamten, Zeugen und Sachverständige, und fertigt den Untersuchungsbericht, den er der Einleitungsbehörde vorlegt.

 

  • Die Einleitungsbehörde entscheidet sodann, ob das Verfahren einzustellen ist oder ob Klage erhoben wird.

 

  • Der Vertreter der Einleitungsbehörde fertigt zur Erhebung der Klage die Anschuldigungsschrift.

 

  • Die Einleitungsbehörde übersendet die Anschuldigungsschrift dem Verwaltungsgericht als Disziplinargericht.

 

  • Die Disziplinarkammer verhängt durch Disziplinargerichtsbescheid oder Urteil eine Disziplinarmaßnahme, stellt das Verfahren ein oder spricht den Betroffenen frei.

 

  • Gegen das Urteil der Disziplinarkammer kann Berufung an den Disziplinarsenat beim Verwaltungsgerichtshof (VGH) eingelegt werden.

Zu diesen disziplinarrechtlichen Verfahrensabschnitten kommen regelmäßig weitere Verfahren, z. B. Strafverfahren, hinzu, die sich auch auf die Zeitdauer des Disziplinarverfahrens auswirken.

Eine Möglichkeit, das Disziplinarverfahren einvernehmlich zu einem Abschluss zu bringen, ist nach dem geltenden Recht nicht vorgesehen.

Nach § 89 LDO kann der Beamte vorläufig des Dienstes enthoben werden, wenn das förmliche Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet wird oder eingeleitet worden ist. Davon wird bei schwerwiegenden Dienstvergehen dann Gebrauch gemacht, wenn die Entfernung aus dem Dienst zu erwarten ist oder um Gefährdungen oder Störungen, die von dem Beamten ausgehen, abzuwehren. Die Entscheidung über die vorläufige Dienstenthebung liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Einleitungsbehörde.

Der Beamte leistet während der Dauer der vorläufigen Dienstenthebung keine Dienste, muss aber auf Grund des beamtenrechtlichen Alimentationsprinzips weiterhin seine Bezüge erhalten. Die Bezüge können allerdings nach § 90 Abs. 1 LDO auf bis zu 50 % gekürzt werden. Eine Verpflichtung, die Bezüge zu kürzen, besteht bislang nicht.

Die Alimentationspflicht besteht auch dann fort, wenn gegen den Beamten in erster Instanz auf Entfernung aus dem Dienst erkannt wurde und dieses Urteil infolge eines Rechtsmittels noch nicht rechtskräftig geworden ist.

Die Alimentationspflicht des Landes erlischt erst dann, wenn das Beamtenverhältnis auf Grund einer strafgerichtlichen Verurteilung (wegen einer vorsätzlichen Tat zu mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe) endet oder wenn der Beamte durch Urteil des Disziplinargerichts aus dem Dienst entfernt wird. Maßgeblich für den möglichen Umfang der Kürzung sind nach dem Alimentationsprinzip die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beamten.

3 Gegenstand und Ziel der Untersuchung

Gegenstand der Untersuchung waren die Disziplinarverfahren gegen Landesbeamte, in denen eine vorläufige Dienstenthebung stattgefunden hat.

Es wurden die zwischen dem 01.07.1992 und dem 30.06.2000 abgeschlossenen 90 und die bis dahin eingeleiteten aber noch nicht abgeschlossenen 42 förmlichen Disziplinarverfahren ausgewertet.

Ziel der Untersuchung war es, Vorschläge für eine Novellierung des Disziplinarrechts und Verbesserungsvorschläge für die Durchführung von Disziplinarverfahren auf der Grundlage der geltenden LDO zu erarbeiten, um

  • eine Verkürzung der Zeitdauer von Disziplinarverfahren zu erreichen,

 

  • Verfahrensabschnitte und Verfahrensschritte der verschiedenen Verfahrensträger zusammenzuführen und zu verringern,

 

  • die Durchführung von (förmlichen) Disziplinarverfahren mit vorläufiger Dienstenthebung wirtschaftlicher und sparsamer zu gestalten.

4 Ergebnis der Untersuchung

Disziplinarverfahren dauern oft sehr lange. Sowohl bei den abgeschlossenen Verfahren als auch bei den noch laufenden Verfahren wurden, trotz des in der LDO normierten Beschleunigungsgebots, Zeiten von bis zu 9 Jahren erreicht.

4.1 Dauer der Disziplinarverfahren

Die jeweiligen Verfahrensdauern sind in den Übersichten 1 und 2 dargestellt:

4.1.1 Abgeschlossene Verfahren

Rund die Hälfte der abgeschlossenen Disziplinarverfahren dauerte mithin länger als 3 Jahre. 18 Verfahren dauerten sogar länger als 5 Jahre, 3 Verfahren länger als 7 Jahre. Im Durchschnitt dauerten die Verfahren 3 Jahre 3 Monate.

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4.1.2 Laufende Verfahren

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Auch bei den laufenden Disziplinarverfahren dauert schon rd. ein Drittel der Verfahren länger als 3 Jahre. 5 Verfahren dauern schon länger als 5 Jahre, 3 länger als 7 Jahre.

4.2 Dauer der vorläufigen Dienstenthebungen

Die Zeitdauer der vorläufigen Dienstenthebung wird sehr stark durch die lange Verfahrensdauer beeinflusst. Durch die Fortzahlung von Besoldungsbezügen während der vorläufigen Dienstenthebung werden erhebliche Ausgaben verursacht.

Die vorläufig des Dienstes enthobenen Beamten haben im Untersuchungszeitraum insgesamt rd. 17,3 Mio. DM Besoldungsbezüge erhalten. Das Land hat somit allein bei den untersuchten Fällen im Zeitraum von 8 Jahren jeden Monat rd. 175 000 DM Besoldungsbezüge an Bedienstete gezahlt, die wegen vorläufiger Dienstenthebung keine Dienstleistungen erbracht haben.

4.2.1 Abgeschlossene Verfahren

In der Übersicht 3 sind die 90 abgeschlossenen Verfahren mit vorläufiger Dienstenthebung nach ihrer Dauer sortiert:

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In 30 Fällen (33,3 %) dauerte die vorläufige Dienstenthebung länger als 3 Jahre. 8 Verfahren dauerten länger als 5 Jahre. Im Durchschnitt dauerten die vorläufigen Dienstenthebungen 2 Jahre 5 Monate.

4.2.2 Laufende Verfahren

In der Übersicht 4 sind die Zeiten der vorläufigen Dienstenthebungen bei den noch laufenden Verfahren dargestellt:

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Bei 7 (16,7 %) der 42 laufenden Verfahren dauern die vorläufigen Dienstenthebungen bereits länger als 3 Jahre, bei 3 hiervon bereits länger als 7 Jahre.

4.3 Einbehaltung von Besoldungsbezügen

Bei der Überprüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse bestehen bei den verschiedenen Dienststellen unterschiedliche Vorgehensweisen. Einige Dienststellen erheben und beurteilen die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beamten mittels Vordrucken genau und sorgfältig. Sie haben aus diesen Erkenntnissen den ihrer Ansicht nach zulässigen Einbehalt ermittelt.

In den Übersichten 5 und 6 ist dargestellt, in welcher Höhe Besoldungsbezüge einbehalten wurden.

4.3.1 Abgeschlossene Verfahren

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Bei 42 (46,7 %) der 90 abgeschlossenen Fälle wurden die Besoldungsbezüge lediglich um bis zu 20 % gekürzt. Nur in 21 Fällen wurde der maximale Einbehalt von 50 % angeordnet.

4.3.2 Laufende Verfahren

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Bei den laufenden Verfahren wurden in 24 (57,1 %) Fällen die Besoldungsbezüge nur um bis zu 20 % gekürzt. Lediglich in 8 der 42 Fälle wurden die Bezüge bis zu 50 % einbehalten.

5 Ursachen für die lange Dauer der Disziplinarverfahren

Die Gesamtdauer der Disziplinarverfahren wird sowohl durch das von der geltenden LDO vorgeschriebene aufwändige Verfahren als auch durch Verfahrensverzögerungen in den einzelnen Verfahrensabschnitten bestimmt.

5.1 Verzögerungen durch doppelten Ermittlungsaufwand

Bedingt durch die geltende Rechtslage mussten in einigen Fällen Beweisaufnahmen aus Vorermittlungen im späteren förmlichen Untersuchungsverfahren nochmals durchgeführt werden. Dieser doppelte Ermittlungsaufwand ist sehr personalintensiv und wirkt sich in erheblichem Umfang auf die Verfahrensdauer aus. Zudem führen die zusätzlichen Vernehmungen zu starken psychischen Belastungen der Zeugen (z. B. Schüler).

5.2 Verzögerungen infolge Aussetzung des Disziplinarverfahrens

Disziplinarverfahren sind nach § 18 LDO auszusetzen, sobald gegen den Beamten Anklage im Strafverfahren erhoben worden ist. Der Gesetzgeber sieht den Zweck der Aussetzung darin, widersprüchliche Entscheidungen im Strafverfahren und Disziplinarverfahren zu vermeiden.

In 103 (78 %) der 132 untersuchten Vorgänge (73 abgeschlossene Fälle/30 laufende Fälle) wurden die Disziplinarverfahren bis zum Abschluss anhängiger Strafverfahren ausgesetzt.

Die Aussetzung dauerte in 36 (49 %) der 73 abgeschlossenen Fälle und in 19 (63 %) der 30 laufenden Fälle länger als 1 Jahr.

Ursache für die lange Zeit der Aussetzung waren die Erhebung umfangreicher Beweise, die Ausschöpfung sämtlicher Rechtsschutzmöglichkeiten durch die Betroffenen sowie die Überlastung der Gerichte.

In einem Fall war das Disziplinarverfahren über 5½ Jahre ausgesetzt. Der Beamte schöpfte die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel in zeitaufwändigen Verfahren bei den Strafgerichten aus. Er erhielt in dieser Zeit rd. 414 000 DM Besoldungsbezüge ohne Erbringung einer Dienstleistung.

Disziplinarverfahren können auch ausgesetzt werden, wenn in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren über eine Frage zu entscheiden ist, deren Beurteilung für die Entscheidung im Disziplinarverfahren von wesentlicher Bedeutung ist.

Auf dieser Grundlage wurden einige Disziplinarverfahren für sog. Eilverfahren über die Aufrechterhaltung der vorläufigen Dienstenthebung oder des Einbehalts von Besoldungsbezügen in Einzelfällen über 1 Jahr ausgesetzt. Es zeigte sich aber, dass es zur Verfahrensbeschleunigung sachdienlich gewesen wäre, die förmliche Untersuchung parallel fortzusetzen.

5.3 Verzögerungen durch Untersuchungsführer

In vielen Fällen konnten die zur Durchführung von förmlichen Untersuchungen benötigten Untersuchungsführer erst nach einer zeitraubenden und schwierigen „Suche“ bestellt werden. In der Regel wurden sie von ihren sonstigen Dienstaufgaben nicht entlastet. Häufig haben sie die Disziplinarangelegenheiten nicht mit der gebotenen Beschleunigung wahrgenommen. Dies führte teilweise zu sehr langen Verfahrensverzögerungen.

Außerdem ist in einigen Bereichen die Praxis zu beobachten, jeweils einen der dienstjüngsten Beamten des höheren Dienstes mit der Durchführung der förmlichen Untersuchung zu beauftragen. Dies führt wegen des notwendigen Einarbeitungsaufwandes und der fehlenden Erfahrungen im Disziplinarrecht zu Verzögerungen bei der Erledigung des Untersuchungsauftrags.

Bei den abgeschlossenen Fällen dauerten die förmlichen Untersuchungen im Durchschnitt 1 Jahr 4 Monate. Bei den laufenden Verfahren dauerten 11 der 26 Untersuchungen bereits länger als 1 Jahr. In zwei Fällen dauerte die Untersuchung bis zu 6 Jahren.

In einem Fall wurde das insgesamt 6 Jahre 10 Monate dauernde Verfahren eingestellt, da der Untersuchungsbericht nach 5 Jahren 7 Monate noch nicht erstellt worden war. Die Einstellung des Verfahrens erging mit dem Hinweis: „Da jedoch seit dem Urteil des Amtsgerichts 6 Jahre vergangen und Sie seit 2 Jahren im Ruhestand sind, erscheint eine Disziplinarmaßnahme nicht mehr angebracht!“ Während des Disziplinarverfahrens war der Beamte 2 Jahre vorläufig des Dienstes enthoben und erhielt rd. 138 000 DM ohne Erbringung einer Dienstleistung.

5.4 Verzögerungen bei der Erstellung der Anschuldigungsschrift

Zwischen der Bestellung zum Vertreter der Einleitungsbehörde und dem tatsächlichen Beginn der disziplinarrechtlichen Tätigkeit verging oftmals eine längere Zeit. Dies führte in einigen Fällen dazu, dass z. B. wegen Versetzung in den Ruhestand oder Dienststellenwechsel ein Nachfolger als Vertreter der Einleitungsbehörde zu bestellen war.

In 3 der 38 abgeschlossenen Verfahren und in 2 der 11 laufenden Verfahren benötigten die Vertreter der Einleitungsbehörde mehr als 1 Jahr für die Erstellung der Anschuldigungsschriften.

In einem Fall, mit einer Gesamtdauer von 7 Jahren 6 Monate, führten insbesondere die zu lange förmliche Untersuchung mit 5 Jahren 3 Monate und die Zeit für die Erstellung der Anschuldigungsschrift mit 1 Jahr 7 Monate zu erheblichen Verzögerungen des Disziplinarverfahrens. Während der vorläufigen Dienstenthebung von 5 Jahren 9 Monate zahlte das Land an den Beamten Besoldungsbezüge in Höhe von rd. 350 000 DM.

5.5 Verfahrensdauer bei den Disziplinargerichten

Die 38 abgeschlossenen Verfahren bei den Verwaltungsgerichten dauerten im Durchschnitt 13 Monate; 18 Verfahren dauerten länger als 1 Jahr. Die 22 Verfahren beim VGH dauerten im Durchschnitt 6 Monate.

5.6 Gesamtdauer eines Verfahrens

Die einzelnen Verfahrensabschnitte können im Einzelfall zu einer sehr langen Gesamtdauer des Disziplinarverfahrens führen. Die längste Gesamtzeit betrug 8½ Jahre. Für die förmliche Untersuchung wurde 1 Jahr 7 Monate benötigt, für die Anschuldigungsschrift nochmals 1 Jahr 2 Monate. Die Dienststelle wartete die gerichtliche Entscheidung über die vorläufige Dienstenthebung und den Einbehalt von Teilen der Besoldungsbezüge ab; hierdurch verging über 1 Jahr, ohne dass die Untersuchung fortgesetzt wurde. Die Verfahrensdauer beim Verwaltungsgericht betrug 3 Jahre und 8 Monate. Während der Zeit der vorläufigen Dienstenthebung erhielt der Beamte unter Berücksichtigung eines Einbehalts von 10 % bisher rd. 643 000 DM Besoldungsbezüge.

6 Ergebnis und Vorschläge des Rechnungshofs

Die lange Gesamtdauer der Disziplinarverfahren findet ihre Ursache zum einen in den geltenden Regeln der LDO, die ein aufwändiges Verfahren mit mehreren inhaltlich teilweise redundanten Verfahrensabschnitten vorsieht, und zum anderen in praktischen Mängeln bei deren Anwendung.

Als Ergebnis seiner Untersuchung hält der RH eine alsbaldige Novellierung der LDO für erforderlich. Vor allem durch eine Zusammenfassung der verschiedenen Verfahrensabschnitte, die Erweiterung der Disziplinargewalt der Dienstvorgesetzten mit einer Reduzierung der Verfahrensaussetzungen könnten erhebliche Beschleunigungseffekte erzielt werden. Für die Zeit, in der die LDO in ihrer bisherigen Fassung fortgilt, schlägt der RH verschiedene Maßnahmen vor, die der Beschleunigung der Disziplinarpraxis dienen sollen.

Der Bund und einige Bundesländer haben ebenfalls konkrete Überlegungen zur Reform des Disziplinarrechts angestellt. In Rheinland-Pfalz gilt bereits seit 1998 ein neues Disziplinarrecht, das verschiedene verfahrensbeschleunigende Elemente enthält.

Der Bundestag hat im März 2001 ein Gesetz zur Neuregelung des Bundesdisziplinarrechts mit einer ähnlichen Zielsetzung beschlossen.

6.1 Änderungen des Landesrechts

Die neue LDO sollte gegenüber dem geltenden Recht folgende Verbesserungen aufweisen:

6.1.1 Einführung eines zweistufigen Disziplinarverfahrens

Das neue Disziplinarverfahren soll sich nur noch in das behördliche und das gerichtliche Verfahren gliedern.

Im behördlichen Disziplinarverfahren wird der Sachverhalt vom Dienstvorgesetzten oder einem von ihm beauftragten Ermittlungsführer ermittelt. Anschließend entscheidet der Dienstvorgesetzte, ob das Disziplinarverfahren eingestellt wird, eine Disziplinarverfügung ergeht oder ob Klage vor der Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts erhoben wird.

Das gerichtliche Disziplinarverfahren dient der Entscheidung über die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen, die dem Gericht vorbehalten sind.

Die Trennung zwischen nichtförmlichem und förmlichem Disziplinarverfahren wird aufgehoben. Die im geltenden Recht für förmliche Verfahren obligatorisch vorgesehene Untersuchung des Sachverhalts durch einen Untersuchungsführer wird abgeschafft.

6.1.2 Erweiterung der Disziplinargewalt des Dienstvorgesetzten

Das zeitaufwändige gerichtliche Disziplinarverfahren sollte auf jene Fälle beschränkt werden, in denen eine Ahndung durch eine Disziplinarverfügung aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht in Betracht kommt. In allen anderen Fällen ist eine Ahndung durch Disziplinarverfügung vorzusehen.

6.1.3 Aussetzung des Disziplinarverfahrens

In den Fällen, in denen der Beamte vorläufig des Dienstes enthoben ist, sollte das Disziplinarverfahren in Zukunft nur noch in vom Gesetz positiv bestimmten Fallgruppen wegen eines parallel laufenden Verfahrens, insbesondere eines Strafverfahrens, ausgesetzt werden können.

Eine Aussetzung würde danach nur dann stattfinden, wenn

  • in dem Strafverfahren eine Verurteilung zu erwarten ist, die den Verlust der Beamtenrechte zur Folge hat (und ein Disziplinarverfahren dadurch gegenstandslos macht),

 

  • in dem Strafverfahren tatsächliche Erkenntnisse über das Dienstvergehen des Beamten zu erwarten sind, die im Disziplinarverfahren nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand gewonnen werden könnten,

 

  • durch die parallele Durchführung eines Strafverfahrens und eines Disziplinarverfahrens eine unvertretbare Belastung für Zeugen, insbesondere die Opfer der Straftat, verursacht würde,

 

  • die Entscheidung in dem Disziplinarverfahren ganz oder z. T. von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist.

Der Dienstvorgesetzte muss regelmäßig überprüfen, ob die Voraussetzungen der Aussetzung noch vorliegen; ggf. muss er das ausgesetzte Disziplinarverfahren fortsetzen.

6.1.4 Konkretisierung des Beschleunigungsgebots

Das für alle Disziplinarverfahren geltende Beschleunigungsgebot soll im neuen Disziplinarrecht durch konkrete Bearbeitungsfristen präzisiert, Verstöße gegen diese Fristen sollen sanktioniert werden.

Die neue Regelung soll vorsehen, dass Disziplinarverfahren innerhalb von sechs Monaten nach Einleitung mit einer Einstellungsverfügung, einer Disziplinarverfügung oder der Erhebung der Disziplinarklage abzuschließen sind. Nach Ablauf der Sechs-Monats-Frist ist der Erlass einer Disziplinarverfügung ausgeschlossen.

Der Ablauf der Sechs-Monats-Frist wird durch eine gesetzlich vorgesehene Aussetzung des Disziplinarverfahrens gehemmt. In tatsächlich oder rechtlich schwierig gelagerten Fällen kann die oberste Dienstbehörde die Sechs-Monats-Frist angemessen verlängern.

6.1.5 Qualifikation des Ermittlungsführers

Das neue Disziplinarrecht soll vorsehen, dass der Dienstvorgesetzte, der die Ermittlungen im behördlichen Disziplinarverfahren nicht selbst führt, einen in Disziplinarsachen erfahrenen Beamten mit der Durchführung der Ermittlungen beauftragen soll. Mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde kann er einen bei einer anderen Behörde desselben Geschäftsbereichs tätigen Beamten als Ermittlungsführer einsetzen.

6.1.6 Möglichkeit der einvernehmlichen Beendigung des Disziplinarverfahrens

Das neue Disziplinarrecht könnte neben den bisherigen Möglichkeiten der Beendigung des Disziplinarverfahrens die gesetzlichen Möglichkeiten vorsehen,

  • einem Beamten, der nach Einleitung des Disziplinarverfahrens auf seinen Antrag aus dem Beamtenverhältnis entlassen wird, einen Unterhaltsbeitrag zu gewähren,

 

  • das Disziplinarverfahren durch eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung zwischen dem Dienstherrn und dem Beamten zu beenden.

Zuständig für die Gewährung des Unterhaltsbeitrags und den Abschluss der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung ist die oberste Dienstbehörde.

Dadurch wird die Möglichkeit geschaffen, das zeitaufwändige und kostspielige Disziplinarverfahren, insbesondere die Inanspruchnahme der Verwaltungsgerichte, durch eine einvernehmliche Regelung zu vermeiden.

Eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung kann neben den Disziplinarmaßnahmen, die durch Disziplinarverfügung verhängt werden können, auch den Antrag bzw. die Zustimmung des Beamten zur Entlassung aus dem Beamtenverhältnis zum Gegenstand haben. Die oberste Dienstbehörde kann sich in dieser Vereinbarung verpflichten, für die Zeit nach der Beendigung des Beamtenverhältnisses einen Unterhaltsbeitrag an den Beamten zu leisten. Die Höhe dieses Unterhaltsbeitrags darf einen Jahresbetrag der ungekürzten Besoldungsbezüge, die dem Beamten in seinem letzten Amt zustanden, nicht überschreiten. Die Vereinbarung kann vorsehen, dass der Unterhaltsbeitrag in einer Summe unmittelbar nach der Beendigung des Beamtenverhältnisses ausgezahlt wird.

6.1.7 Einbehalt von Besoldungsbezügen

In der Novelle der LDO sollte nach Auffassung des RH bestimmt werden, dass bei der vorläufigen Dienstenthebung in der Regel ein Einbehalt in Höhe von 50 % vorzusehen ist. Abweichende Regelungen mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beamten sind in das pflichtgemäße Ermessen der Dienstvorgesetzten des Beamten zu stellen.

6.2 Änderungen der gegenwärtigen Praxis

Der RH schlägt für die Zeit, in der die geltende LDO noch in Kraft ist, folgende Verbesserungen bei der Durchführung der Disziplinarverfahren vor:

6.2.1 Beschleunigung der Strafverfahren

Die Staatsanwaltschaften sollen angewiesen werden, Strafverfahren, die eine Straftat zum Gegenstand haben, die zugleich ein Dienstvergehen des beschuldigten Beamten ist, beschleunigt zu behandeln. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen wegen dieses Dienstvergehens eine vorläufige Dienstenthebung des Beamten erfolgt ist.

6.2.2 Beschleunigung der Verfahren bei Disziplinargerichten

Die Disziplinarkammern bei den Verwaltungsgerichten sollten in den Geschäftsverteilungsplänen der Verwaltungsgerichte mit einer so ausreichenden Zahl von Berichterstattern besetzt werden, dass eine zeitnahe Verhandlung und Entscheidung über Disziplinarklagen möglich ist.

6.2.3 Beschleunigung der Vorermittlungen

Die Vorermittlungen sind auf das unabdingbare Mindestmaß zu beschränken. Das Disziplinarverfahren ist einzuleiten, sobald der Verdacht eines Dienstvergehens ausreichend konkretisiert ist.

6.2.4 Aussetzung des Disziplinarverfahrens

Es ist durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Disziplinarverfahren unverzüglich fortgesetzt werden, sobald die Voraussetzungen der Aussetzung entfallen sind.

Von einer Aussetzung des Verfahrens bei einer gerichtlichen Überprüfung der vorläufigen Dienstenthebung oder der Einbehaltung der Besoldungsbezüge ist abzusehen. Das Disziplinarverfahren ist in diesem Fall unter Verwendung einer Zweitfertigung der Akten parallel fortzusetzen.

6.2.5 Auswahl und Bestellung des Untersuchungsführers

Soweit im Rahmen eines Disziplinarverfahrens ein Untersuchungsführer zu bestellen ist, soll in der Regel ein Beamter bestellt werden, der über ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen im Disziplinarrecht verfügt. Die bisherige Praxis, jeweils einen der dienstjüngsten Juristen der Behörde zum Untersuchungsführer zu bestellen, führt zu vermeidbaren Verzögerungen bei der Erledigung der Disziplinarverfahren.

Behörden, die häufiger Disziplinarverfahren zu betreiben haben, sollten durch geeignete Personalentwicklungsmaßnahmen dafür sorgen, dass eine ausreichende Zahl hinreichend qualifizierter Beamter als Untersuchungsführer zur Verfügung steht.

Die Tätigkeit als Untersuchungsführer muss Vorrang gegenüber anderen Dienstaufgaben des Untersuchungsführers haben.

Dieselben Grundsätze gelten für die Tätigkeit des Vertreters der Einleitungsbehörde.

6.2.6 Vorgehen beim Einbehalt von Bezügen

Bei der Einbehaltung von Besoldungsbezügen sollten die wirtschaftlichen Verhältnisse vorläufig vom Dienst enthobener Beamte mittels eines einheitlichen Vordrucks systematisch und gründlich erhoben und beurteilt werden.

7 Stellungnahmen der Ministerien und Schlussbemerkung

Das IM und das JuM unterstützen in ihren Stellungnahmen das vom RH angestrebte Ziel, durch rechtliche und organisatorische Änderungen die Disziplinarverfahren insgesamt und besonders die Disziplinarverfahren mit vorläufiger Dienstenthebung zu beschleunigen.

Das IM führt aus, dass es schon seit längerem die Absicht habe, dem Landtag den Entwurf einer Neufassung der Landesdisziplinarordnung vorzulegen. Insbesondere habe man die Absicht, nach dem Vorbild des Bundes ein zweistufiges Disziplinarverfahren einzuführen und die Disziplinarbefugnisse des Dienstvorgesetzten zu erweitern. Die Vorschläge des RH zur Neufassung der LDO werde man in die anstehenden Überlegungen zur Novellierung der LDO einbeziehen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Vorschlägen werde erst im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens erfolgen können.

Das IM weist im Einvernehmen mit KM, MWK und JuM in seiner Stellungnahme darauf hin, dass sich die in die Prüfung einbezogenen 132 Disziplinarverfahren auf einen Zeitraum von 8 Jahren und eine Gesamtzahl von 113 000 Beamtenstellen in den betroffenen Ressorts beziehen. Die Weiterzahlung von Dienstbezügen im Falle einer vorläufigen Dienstenthebung resultiere aus der Alimentationspflicht des Dienstherrn und finde in der privaten Wirtschaft ihre Entsprechung in Gehaltsfortzahlungen und Abfindungen. Das IM verweist auf die rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten im Einzelfall, die bei der Beurteilung der Länge der Verfahrensdauer nicht außer Acht gelassen werden dürften. Wesentlich ursächlich für diese lange Verfahrensdauer seien die aus heutiger Sicht wenig praktikablen Regelungen der geltenden LDO.

Die Vorschläge des RH für die Zeit der Weitergeltung der jetzigen LDO seien grundsätzlich geeignet, die Verfahren zu beschleunigen und teilweise bereits umgesetzt. Ob eine Verkürzung der Disziplinarverfahren zu erreichen sei, hänge jedoch ganz entscheidend auch von der jeweiligen Arbeitsbelastung der damit befassten Beamten und Richter ab. Eine tatsächliche Entlastung der ermittelnden Beamten in deren Hauptamt werde sich infolge Personalabbaus bei gleichzeitiger Aufgabenintensivierung nicht oder nur sehr begrenzt realisieren lassen.

Gerade deshalb hält der RH die Novellierung der LDO für erforderlich.


Anhänge

Hardware und Software als Vermögensgegenstände werden nicht immer nach den einschlägigen Vorgaben beschafft und verwaltet. Die Behörden des Landes nutzen noch immer zu viele verschiedene Programme für gleiche Aufgaben; sie haben teilweise keine hinreichend genauen Kenntnisse über Anzahl und Verwendung der eingesetzten Software-Lizenzen. Dadurch entstehen vermeidbare Kosten und Risiken.


1 Ausgangslage

Der RH hat zusammen mit den StRPÄ bei 18 Dienststellen - insbesondere bei den Regierungspräsidien - stichprobenweise das Bestandsmanagement geprüft. In diesem Zusammenhang wurden auch einzelne Beschaffungsvorgänge, die Softwarenutzung sowie das Vorgehen bei der Aussonderung von Hardware untersucht.

2 DV-Verfahren für die IuK-Bestandsführung

IuK-Geräte als Vermögensgegenstände des Landes sind nach den Richtlinien des FM für die Führung von Bestandsverzeichnissen über bewegliche Sachen nachzuweisen; Software soll in Materialbüchern geführt werden.

Die Bestandsrichtlinien lassen die elektronische Führung von Bestandsverzeichnissen zu. Mangels weiterer Vorgaben wurden in den untersuchten Verwaltungen nach jeweils eigenen Vorstellungen elektronische Bestandverzeichnisse selbst erstellt oder erworben.

Die untersuchten Behörden arbeiten mit 10 unterschiedlichen Bestandsnachweisverfahren, die von Excel-Tabellen bis hin zu komplexen Großrechner-Datenbanken reichen, für deren Kauf bzw. Entwicklung bisher über 1 Mio. DM aufgewandt wurden. Landesweit ist die Vielfalt noch größer. Eine Vereinheitlichung ist überfällig.

Im Juli 2000 hat der Arbeitskreis Informationstechnik (AK-IT) u. a. ein vom RP Tübingen entwickeltes Verfahren zum Einsatz empfohlen. Die Ministerien sollten dafür Sorge tragen, dass dieses Programm in ihrem Geschäftsbereich verwendet wird, soweit nicht wirtschaftliche Gründe dagegen sprechen. Für sehr kleine Dienststellen z. B. ist das Programm zu mächtig; wenn einzelne Verwaltungszweige eine Anlagenbuchhaltung haben oder einrichten, kann der IuK-Vermögensnachweis dort erbracht werden. Hochschulen setzen darüber hinaus ein auf deren spezielle Bedürfnisse entwickeltes Programm ein. Weitere Software zum Bestandsnachweis sollte jedenfalls nicht mehr entwickelt oder beschafft werden, zumal auch das Bundesverwaltungsamt ein Inventarisierungs- und Auskunftssystem für Hardware und Softwarelizenzen kostenlos anbietet.

3 Nachweis der Hard- und Software

In keiner der Dienststellen war eine vollständig nach den Vorgaben der Bestandsrichtlinien geführte Bestandsverwaltung vorzufinden. Für die Qualität der Bestandsverzeichnisse ist dabei nicht in erster Linie das jeweils dafür eingesetzte DV-Programm entscheidend, sondern die konsequente Pflege der Verzeichnisse.

3.1 Hard- und Softwareverwaltung

Die stichprobenartigen Erhebungen über den Nachweis von informationstechnischen Geräten haben ergeben, dass

  • nicht immer alle Geräte in den Beständen nachgewiesen sind,
  • Inventuren nicht durchgeführt werden,
  • nicht alle von den Bestandsrichtlinien geforderten Angaben vollständig erfasst sind,
  • der Nachweis von Zubehör-, Ergänzungs- und Sonderausstattungsstücken nicht immer geführt wird und
  • kaum Materialbücher für Gebrauchsgegenstände geführt werden.

Der Nachweis der Software-Lizenzen ist noch lückenhafter. Obwohl teilweise sogar Spezialsoftware zur Lizenzüberwachung vorhanden ist, konnte keine der Dienststellen einen revisionsfähigen Nachweis über Art, Zahl und Verbleib der Softwarelizenzen vorlegen.

Im Einzelnen wurde festgestellt, dass

  • Materialbücher für Software im Sinne der Bestandsrichtlinien nicht geführt werden,
  • Softwareverzeichnisse - sofern einmal angelegt - weder aktuell noch vollständig sind,
  • Lizenznachweise und -bestimmungen mit der Zahl der Installationen nicht abgeglichen werden.

Unter diesen Umständen kann weder die Behörde selbst noch die Finanzkontrolle die Einhaltung der Lizenzbestimmungen überprüfen (z. B. ob zuwenig oder zuviel Lizenzen beschafft, bzw. inwieweit Rabattstaffeln genutzt werden). Symptomatisch ist in diesem Zusammenhang die Aussage, dass man bei Bedarfserhebungen immer die „sichere Seite“ anstrebe, um das Fehlen von Lizenzen zu vermeiden. Die Prüfungserfahrung lässt hier den Schluss auf unnötige Ausgaben zu.

4 Beschaffungsvorgänge

Wegen Verstößen gegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit waren einzelne Beschaffungsvorgänge zu beanstanden.

4.1 Unzulässige Vorleistung

Die OFD Stuttgart hat Ende Januar 1998 gelieferte Geräte im Wert von rd. 46 000 DM bereits mit Kassenanweisung von Anfang Dezember des Vorjahres bezahlt und damit gegen § 56 LHO verstoßen. Dieser Verstoß sei zu Stande gekommen, weil der Lieferant eine Lieferzusage nicht eingehalten hatte. Damit nun die Haushaltsmittel nicht verfallen, wurde die Zahlung noch in 1997 geleistet, schreibt das FM.

4.2 Softwarebeschaffung der Regierungspräsidien

Von den Präsidien wurden von Anfang 1996 bis Mitte 2000 Softwareprodukte für rd. 3,26 Mio. DM beschafft. Im Vergleich stellen sich die Gesamtausgaben und die sich daraus ergebenden Kennzahlen wie folgt dar:

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Während die Präsidien Freiburg, Karlsruhe und Stuttgart bei den Softwareausgaben enger zusammenliegen, liegt das RP Tübingen, ohne dass dies durch bestimmte Sonderaufgaben begründet wäre, weit über deren Ausgaben.

Geht man von ungefähr gleichem Softwarebedarf je Arbeitsplatz aus und nimmt man das RP Stuttgart mit seinem untersten Wert als Messlatte, haben die anderen Präsidien zusammen in den zurückliegenden Jahren über 200 TDM mehr für Software ausgegeben.

Das IM nennt als Grund hierfür die unterschiedlichen Zeitpunkte, zu denen die Präsidien einen Vollausstattungsgrad erreicht haben. Da Ausstattungsbeginn und Erreichen der Vollausstattung aber im Erhebungszeitraum liegen, ist das für die Durchschnittsberechnung unerheblich. Den Unterschieden sollte nachgegangen werden.

4.3 Beschaffung neuer Bürokommunikations-Software

Die Präsidien haben Ende 1999 für rd. 624 TDM insgesamt 2 227 Lizenzen (Updates) der neuesten Version eines Programmpakets für Bürokommunikation beschafft. Gründe waren zu erwartende Preissteigerungen und offensichtlich auch die Sorge vor dem Verfall von Haushaltsmitteln, wenn diese nicht ausgegeben werden. Nach über einem Jahr, im Januar 2001, war diese Software wegen Schwierigkeiten bei der Installation über das jeweilige Hausnetz an den Büroarbeitsplätzen noch nicht im Einsatz. Somit lag Software im Wert von 624 TDM mehr als ein Jahr lang „auf Halde“.

Von der allgemein üblichen Software-Nutzungsdauer ist ein wesentlicher Teil ungenutzt verstrichen, was einer wirtschaftlichen Einbuße entspricht.

Aus der Rückschau, räumt das IM ein, wäre selbstverständlich die Beschaffungsentscheidung zu diesem Zeitpunkt nicht gefallen. Die Ursache für die Verzögerung der Installation habe in technischen Problemen gelegen, die nur vom Lieferanten und nicht von den Präsidien zu beheben waren.

Nach Ansicht des RH sollte es allerdings selbstverständlich sein, dass man die Funktionsfähigkeit und Installationsmöglichkeiten ausreichend testet, bevor man über 2 000 Lizenzen beschafft und bezahlt.

4.4 Bibliotheksprogramm beim Regierungspräsidium Karlsruhe

Das RP Karlsruhe hat Ende 1997 ein Bibliotheksprogramm erworben, obgleich sowohl vom IM als auch vom RP Tübingen entwickelte Programme, die bei zahlreichen Bibliotheken im Einsatz sind, kostenlos zur Verfügung standen. Die bisher aufgelaufenen Ausgaben von über 33 TDM und die jährlichen Folgekosten von rd. 3 400 DM hätten eingespart werden können.

Das RP Karlsruhe habe sich für eine aus bibliothekarischer Sicht „komplettere Lösung“ entschieden, wird hierzu vorgebracht. Alle als Begründung genannten Funktionen deckt aber auch das Landesprogramm ab.

Das RP Tübingen wiederum plant, eine neue Bibliothekssoftware selbst zu programmieren. Der RH sieht die Notwendigkeit hierfür nicht. Standard für Behördenbibliotheken ist das vom IM entwickelte und kostenlos zur Verfügung stehende Programm.

4.5 Versäumte Zahlung von Software-Lizenzgebühren

Infolge der Aufgabenübertragung vom FM auf die OFD wurde ein Fälligkeitstermin für die Bezahlung von Software-Lizenzgebühren von fast 2 Mio. DM übersehen. Die OFD Stuttgart musste deshalb im Juni 2000 4 % Verzugszinsen in Höhe von 5 300 DM bezahlen. Hier sind unnötige Ausgaben entstanden.

5 Softwarenutzung

5.1 Nicht installierte Lizenzen

Für eine spezielle Datenbank-Software, die im Übrigen deutlich höhere Lizenzkosten je Nutzer erfordert als für vergleichbare Konkurrenzprodukte, waren bei den Präsidien im Oktober 2000 bezahlte Nutzungsrechte für 1 424 Bedienstete vorhanden (356 Lizenzen à 4 User), davon waren 52 Lizenzen „Reserve“, d. h., die Präsidien waren in diesem Jahr und auch in den Vorjahren insoweit überlizenziert, wie auch die folgende Übersicht zeigt:

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Die Lizenzgebühren liegen lt. Rahmenvertrag bei 2 610 DM; bei einer Beschaffung von 180 Lizenzen konnten die Präsidien einen Lizenzpreis von 1 856 DM erzielen; hinzu kommen jährliche Pflegegebühren von 195,75 DM je Lizenz.

Die nicht eingesetzten Lizenzen seien in Verbindung mit der Preisreduzierung „im Paket“ insgesamt günstiger als Einzelbeschaffungen nach dem Rahmenvertrag beschafft worden, eine Überlizenzierung hält das IM „unter diesem Gesichtspunkt“ für vertretbar.

Nach Ansicht des RH hätte das IM die überzähligen Lizenzen dann aber in anderen Behörden seines Geschäftsbereichs zwischenzeitlich verwenden oder anderen Behörden zur Nutzung anbieten müssen.

5.2 Mehrausgaben

Im Rahmen einer Stichprobe ergab sich darüber hinaus, dass rd. 40 % der installierten Lizenzen für diese Datenbank nicht für das Dienstgeschäft benötigt werden. Rechnet man die Ergebnisse dieser Umfrage hoch, so werden bei allen Präsidien nur 183 Lizenzen statt 304 benötigt, somit wurden 121 unnötig beschafft. Zusammen mit den 52 nicht installierten Lizenzen ergibt sich folgende Aufstellung:

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Die zum Zeitpunkt der Prüfung nicht installierten bzw. nicht benötigten 173 Lizenzen der Datenbank-Software haben einen Beschaffungswert von 321 TDM; hinzu kommen noch jährliche Pflegekosten, die im Jahr 2000 rd. 33 TDM betrugen.

6 Aussonderung ausgedienter DV-Geräte

PC werden in Behörden des Landes üblicherweise nach ungefähr vier bis fünf Jahren Nutzungsdauer ausgesondert. Für Entsorgung bzw. Verwertung gibt es keine Regelungen; daraus resultieren dann auch unterschiedliche Verfahren bei den geprüften Stellen. Die PC werden teils als Müll entsorgt, teils an andere Dienststellen oder Schulen abgegeben, aber auch von einzelnen Dienststellen an Bedienstete verkauft. Ob bei der Entscheidung unentgeltliche Abgabe oder bei der Preisfestsetzung § 63 LHO beachtet wird, ist meist nicht kontrollierbar, weil eine Dokumentation am Ende des Lebenszyklus der Geräte sowohl in den Akten als auch in den Bestandsverzeichnissen fehlt.

7 Bewertung und Vorschläge

7.1 Aktuelle Bestandsverzeichnisse sind nicht nur Ordnungsmerkmal, sondern unverzichtbare Voraussetzung für einen wirtschaftlichen Betrieb der Informationstechnik. Die Ministerien haben sicherzustellen, dass die Dienststellen in ihrem Geschäftsbereich den Hard- und Softwarebestand ordnungsgemäß dokumentieren, insbesondere regelmäßig aktuelle Bestandsaufnahmen vornehmen und abgleichen. Sie sollten zum Bestandsnachweis die vom AK-IT empfohlenen DV-Verfahren verwenden.

7.2 Die Richtlinien zum Bestandsnachweis sind für die IuK-Praxis unbefriedigend (z. B. jährlicher Ausdruck des Bestandes, Software ist wie Gebrauchsgüter zu behandeln, Erfassung der Zubehör-, Ergänzungs- und Sonderausstattungsstücke) und wurden auch deshalb bisher sehr unterschiedlich, wenn überhaupt, beachtet.

Die von der Stabsstelle Verwaltungsreform beim IM (StaV) initiierte Softwareempfehlung zur IuK-Bestandsführung ist ein richtiger Schritt. In diesem Zusammenhang sollten auch die Bestandsrichtlinien aktualisiert werden. Ziel sollte ein Musterdatensatz mit den zum Hard- und Softwaremanagement notwendigen Informationen sein.

7.3 Die beanstandeten Beschaffungsbeispiele, das Beispiel der Datenbank-Nutzung und das Beispiel der frühen Beschaffung von Lizenzen für ein Bürokommunikations-Programmpaket bei den Präsidien zeigen, dass der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nicht immer genügend beachtet wird. Ein neuer Systemstand der Hersteller von Hard- und Software kann eine Systemablösung oder Hochrüstung allein nicht rechtfertigen.

Der Beschaffung, dem Einsatz und der Verwaltung der Software-Lizenzen muss insbesondere aus Wirtschaftlichkeitsgründen mehr Beachtung geschenkt werden.

7.4 Das Beispiel des Bibliotheksprogrammes beim RP Karlsruhe und die Absicht des RP Tübingen, ein neues Bibliotheksprogramm zu entwickeln, obwohl ein Programm des IM kostenlos zur Verfügung steht, wird als unwirtschaftliches Streben nach Maximallösungen gewertet. Hier müsste zunächst eine Bedarfsanalyse mit Wirtschaftlichkeitsnachweis erbracht werden.

7.5 Der Aussonderungszeitpunkt für DV-Geräte muss sich in erster Linie an ihrer Verwendbarkeit für die konkrete Aufgabe orientieren. Sowohl bei der Entscheidung, wann Geräte auszusondern sind, als auch bei der Preisfindung, insbesondere wenn sie nicht an öffentliche Einrichtungen abgegeben, sondern an Bedienstete verkauft werden, sollte ein Verfahren oder Weg gefunden werden, der dem Vier-Augen-Prinzip bei Geldgeschäften gleichkommt. Größere Posten sind generell einschlägigen Firmen anzubieten. Der RH schlägt vor, dass die StaV

  • Hinweise zur Geräteaussonderung erarbeitet und
  • in Zusammenarbeit mit dem ZKD im Intranet des Landes eine Gebrauchtgerätebörse einrichtet.

8 Stellungnahme des Ministeriums

Das IM begrüßt, dass der RH die Softwareempfehlung zur IuK-Bestandsverwaltung als richtigen Schritt bestätigt. Die Veröffentlichung als Landessystemkonzept-Standard sei veranlasst. Für die Aktualisierung der Bestandsrichtlinie liege die Federführung beim FM. Im Übrigen unterstütze das IM die vom RH unterbreiteten Vorschläge in der Sache.

Den Vorschlag, Hinweise für die Aussonderung von IuK-Geräten zu erarbeiten, will die StaV nicht aufgreifen. Die allgemeinen Verwaltungsvorschriften des FM zur LHO (VV-LHO) enthielten umfangreiche Hinweise zu § 63. Eine entsprechende Ergänzung, für die das IM aber nicht zuständig sei, sei ausreichend. Auch die Einrichtung einer Altgerätebörse falle nicht in die Zuständigkeit der StaV.

Wegen einer rationellen Software-Betreuung der IuK-Arbeitsplätze sei es notwendig, einen bestimmten generalisierenden Erneuerungszyklus einzuführen, damit eine einigermaßen einheitliche und für die Betreuung überschaubare Hard- und Softwarelandschaft gehalten werden könne.

9 Schlussbemerkung

Der RH hält es für erforderlich, dass die Verwaltung von Hard- und Software transparent und nachvollziehbar gestaltet wird, sodass die DV wirtschaftlich eingesetzt und geplant werden kann. Darüber hinaus plädiert der RH an alle Behörden des Landes, sich an den aufgezeigten Grundsätzen zu orientieren. Eine Neu- bzw. Umgestaltung der Bestandsrichtlinien ist diesbezüglich notwendig.

Gegen einen „generalisierenden Erneuerungszyklus“ hat der RH im Prinzip keine Einwände. Die Frage ist der nach sachlichen und wirtschaftlichen Kriterien festzulegende „richtige“ Zeitraum.

Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sollten bei der Beschaffung, beim Einsatz und der Verwaltung von Hard- und Software Priorität haben.


Anhänge

Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Hochbauten dürfen nicht nur die einmaligen Gestehungskosten berücksichtigt werden. Grundlage sollten vielmehr sowohl die daraus resultierenden Kapitalkosten als auch die systematisierte Erfassung aller übrigen während der Nutzungsdauer anfallenden Kosten sein. Werden die Erkenntnisse konsequent umgesetzt, sind weitere Einsparungen beim Bau und Betrieb von Gebäuden möglich.


1 Vorbemerkung

Nutzungskosten im Hochbau - früher als Baunutzungskosten bezeichnet - umfassen die Folgekosten aus der Nutzung von Gebäuden. Ihre Berücksichtigung ist sowohl für eine wirtschaftliche Planung als auch für ein wirtschaftliches Gebäudemanagement unverzichtbar.

Zu den bisherigen Instrumentarien der Kostenplanung muss die gezielte Optimierung der Gebäude durch Entwicklung, Bewertung und Auswahl von Varianten in allen Phasen der Planung sowie der Nutzung (Lebensdauer) hinzukommen. Nutzungskosten lassen nicht nur Rückschlüsse auf die Gesamtwirtschaftlichkeit der Planung zu; sie sind mit ihren Vergleichsmöglichkeiten auch entscheidend für die Optimierung des Gebäudebetriebs (Benchmarking). Die Wirtschaftlichkeit einer Planung darf daher nicht allein nach der Höhe der zu erwartenden Baukosten beurteilt werden.

Die Verwaltung hat mit der Einrichtung des zentralen Immobilien- und Gebäudemanagements in den Staatlichen Vermögens- und Hochbauämtern (VBÄ) die Voraussetzungen für eine Kostentransparenz und ganzheitliche Betrachtung der Kosten seiner Gebäude und Liegenschaften geschaffen. Aufgabe der nächsten Jahre wird es sein, die Erfassung und Anwendung der Nutzungskosten im Rahmen des Gebäudemanagements in die Praxis umzusetzen und geeignete Instrumente weiter zu entwickeln, um die nutzenden Verwaltungen verstärkt in die finanziellen Folgen ihrer Flächenanforderungen einzubinden.

Der RH hat die Nutzungsdaten neu erstellter Polizeidirektionen und Finanzämter erhoben und einer vergleichenden Betrachtung unterzogen. Die hier vorgestellte Untersuchung von fünf Polizeidirektionen soll beispielhaft sowohl die Möglichkeit von Rückschlüssen auf die Wirtschaftlichkeit der Planung als auch Unterschiede in den Betriebskosten der Gebäude aufzeigen.

2 Grundlagen, Begriffe

Als Elemente des Gebäude- und Immobilienmanagements sind Nutzungskostenermittlungen Grundlage für die Kostenkontrolle während der Planungs-, Vergabe- und Ausführungsentscheidungen und ermöglichen eine Kostenkennwertbildung, z. B. für Benchmarking-Prozesse. Die Gliederung der Nutzungskosten erfolgt nach DIN 18960 Nutzungskosten im Hochbau (s. Übersicht 1). Diese Norm löste eine ältere DIN-Norm ab, die noch Abschreibungen berücksichtigte. Bei einer anzustrebenden Vollkosten-Rechnung ist jedoch der Werteverzehr (am Gebäude) in Form der Abschreibung als Kostenfaktor zu bewerten. Der RH schlägt daher vor, die Abschreibung aus der alten Fassung bei der Nutzungskostenermittlung zu übernehmen.

3 Nutzungskosten Polizeidirektionen; Vergleich der Daten und Kosten

Für folgende neu erstellte Polizeidirektionen (in Klammer Fertigstellungsjahr) wurden die Nutzungskosten erhoben:

  • PD Heidelberg(1993)
  • PD Tuttlingen(1993)
  • PD Biberach(1994)
  • PD Waiblingen(1995)
  • PD Künzelsau(1996)

Hierzu wurden bei den VBÄ die Baukosten, Gebäudedaten und geschaffenen Arbeitsplätze sowie die Betriebskosten (Energieverbräuche, Reinigung, Wartung) für die Jahre 1996 bis 1999 erhoben und hieraus durchschnittliche Kosten/Jahr, bezogen auf einen einheitlichen Kostenstand, berechnet. Für Instandsetzungskosten wurde für alle Objekte als langfristiger jährlicher Mittelwert 0,5 % der GBK eingesetzt.

Bei der Datenerhebung zeigte sich, dass die fehlende Übereinstimmung der Datenbestände der früher getrennt operierenden Hochbau- und Liegenschaftsverwaltungen noch erhebliche Probleme für die praktische Umsetzung des Gebäudemanagements vor Ort aufwirft. Im Sinne einer Optimierung des Gebäudemanagements sollte die Verwaltung alle Anstrengungen unternehmen, zu einem raschen Abgleich bzw. zu einer kurzfristigen Aktualisierung der bestehenden Gebäudedaten zu kommen. Ein weiteres Problem ergibt sich, wenn unterschiedliche Nutzungen, z. B. Tiefgaragen, im Gebäude untergebracht sind. Da die Baukosten oft nicht ausreichend differenziert erfasst sind und zumeist die notwendigen Messeinrichtungen zur Erfassung der Betriebskosten fehlen, müssen die Kostenanteile geschätzt werden.

Übersicht 1 zeigt, dass der weit überwiegende Anteil der Nutzungskosten (i. M. rd. 80 %) den Kapital- und Abschreibungskosten zuzurechnen ist. Damit wird zugleich die entscheidende Bedeutung einer wirtschaftlichen Planung und günstiger Baukosten für einen späteren kostengünstigen Gebäudebetrieb deutlich. Innerhalb der Betriebskosten stellen die Kosten der Ver- und Entsorgung (Energieverbräuche), Reinigung, Inspektion und Wartung sowie die Instandsetzungskosten weitere, nicht zu unterschätzende Kostenfaktoren dar.

Verwaltungs- und Personalkosten können gegenwärtig noch nicht den einzelnen Objekten zugerechnet werden, weil in den VBÄ - mit Ausnahme von Pilotversuchen - noch keine Kosten-Leistungs-Rechnung geführt wird. Diese Kosten wurden daher, ebenso wie Steuern und Abgaben, nicht erfasst.

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Aus den erhobenen Daten wurden Kennwerte (Nutzungskosten/m² Nutzfläche und Jahr; Nutzungskosten/Arbeitsplatz und Jahr) gebildet und untereinander verglichen (Kostenvergleichsrechnung). Sie reichen bei den Kosten/m² Nutzfläche von 442 DM bis 647 DM (Übersicht 2), bei den Kosten/Bediensteten (Arbeitsplatz) von 11 469 DM bis 22 001 DM (Übersicht 3).

Die z. T. erheblichen Abweichungen bei den Nutzungskosten (Übersicht 2) sind auf mehrere Faktoren zurückzuführen, wie z. B. auf

  • Unterschiede in den baulichen und technischen Standards,

 

  • Unterschiede bei den Energiekosten durch planungsbedingte zusätzliche technische Anlagen (z. B. Raumlufttechnische Anlagen),

 

  • nicht ausgeschöpfte Optimierungsmöglichkeiten bei den Energie- und Reinigungskosten,

 

  • unterschiedliche Belegungsdichte der Büroflächen.

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Insbesondere beim Vergleich der auf die Zahl der Bediensteten bezogenen Kennwerte (Übersicht 3) ist die starke Spreizung der Werte auf eine unterschiedliche Zusammensetzung der arbeitsplatzbezogenen Flächen (Büroflächen) und der nicht auf einzelne Arbeitsplätze bezogenen sonstigen Flächen, wie Seminarräume, Schießkino, Kantine u. dgl. zurückzuführen.

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4 Bewertung/Vorschläge

4.1 Kostengruppe 100 Kapitalkosten und Abschreibung

Zwischen 77 und 84 % der Nutzungskosten entfallen in den aufgelisteten Objekten auf die Kapitalkosten und Abschreibungen. Dies zeigt deutlich, dass der überwiegende Anteil der späteren Kosten bereits in der Phase der Programmentwicklung (Nutzeranforderungen) und deren planerischer Umsetzung fixiert werden. Die bei Neuplanungen nach den Richtlinien für Baukostenplanung (RBK) zu berechnenden Programmkosten bestimmen zwar eine Kostenobergrenze, die auch bei der weiteren Planung nicht überschritten werden darf; zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit sollten jedoch zusätzlich im frühest möglichen Projektstadium Kennwerte für Kosten/m² Nutzfläche bzw. Kosten/Arbeitsplatz herangezogen werden, die aus bekannten Nutzungskosten gleicher Gebäudeart gebildet wurden.

Dies bedeutet keineswegs „Billig-Bauen“ um jeden Preis. Vielmehr müssen auch Bauelemente und Materialien einer Nutzungskostenrechnung (Kostenvergleichsrechnung) unterzogen werden. Unter Einbeziehung der Energiekosten und Instandhaltungskosten kann sich ein bei der Errichtung zunächst teureres Bauelement insgesamt betrachtet nämlich durchaus als das Wirtschaftlichere erweisen.

4.2 Kostengruppe 200 Verwaltungskosten

Verwaltungs- und Personalkosten wurden ebenso wie Steuern und Abgaben nicht in die Untersuchung einbezogen. Die Verwaltung sollte unverzüglich die Voraussetzungen schaffen, diese Kosten objektbezogen zu erfassen.

4.3 Kostengruppe 300 Betriebskosten

4.3.1 Ver- und Entsorgung (Kosten für Wärme, Strom, Wasser, Abwasser)

Die Verwaltung hat sich in den vergangenen Jahren verstärkt um Einsparungen bei den Energieverbräuchen bemüht und hierbei beträchtliche Erfolge erzielt. Wenn auch in den dargestellten Fällen dieser Bereich nur 5 bis 10 % der gesamten Nutzungskosten (rd. 22 DM/m² - rd. 47 DM/m², s. Übersicht 2, Zeile 310) ausmacht, lassen die festgestellten Unterschiede dennoch ein Einsparpotenzial erkennen. Die Höhe der tatsächlichen Verbräuche lassen auch Rückschlüsse zu, ob bei der Planung wirtschaftliche Gesichtspunkte bezüglich des Energiebedarfs berücksichtigt wurden.

4.3.2 Reinigungskosten

Die jährlichen Kosten für die Reinigung der Fußböden und Fenster bewegen sich für die fünf Objekte zwischen rd. 21 und rd. 40 DM/m² NFa/Jahr. Die Daten lassen im Vergleich untereinander Rückschlüsse auf die Reinigungsfreundlichkeit insbesondere der Fußböden und Fenster/Fassaden zu.

Im Übrigen hat der RH 1996 die Organisation der Gebäudereinigung untersucht und Vorschläge für wirtschaftliche Lösungen vorgelegt (Landtagsdrucksache 11/7189).

4.4 Instandhaltung/Instandsetzung

Das Land veranschlagt derzeit in Kap. 1208 Tit. 519 01 rd. 261 Mio. DM/Jahr für die Unterhaltung der Grundstücke und baulichen Anlagen. Dies entspricht einem Satz von rd. 12 % aus den Friedensneubauwerten (1914) der vom Land zu unterhaltenden Gebäude; bezogen auf den Zeitwert sind dies rd. 0,6 % der Gesamtbaukosten (GBK).

Da für die ersten Betriebsjahre nur in geringem Umfang Instandsetzungsmaßnahmen anfallen, wurden für die fünf dargestellten Objekte als langjähriger Erfahrungswert pauschal 0,5 % der GBK eingesetzt.

Die DIN 18960 nimmt die Systematik der DIN 276 auf und teilt unter der Kostengruppe 400 die Instandsetzungskosten auf in

  • 410 Instandsetzung der Baukonstruktionen
  • 420 Instandsetzung der technischen Anlagen
  • 430 Instandsetzung der Außenanlagen
  • 440 Instandsetzung der Ausstattung.

Die weitere Unterteilung erfolgt entsprechend DIN 276 nach Bauelementen, z. B. 412 Außenwände, 415 Dächer, 421 Abwasser-, Wasser- und Gasanlagen, 422 Wärmeversorgungsanlagen usw.

Wenn die Kosten für die Instandsetzung im Rahmen der Bauunterhaltung entsprechend dieser Kostengruppen differenziert dokumentiert werden, lassen sich Kennwerte bilden, die Rückschlüsse auf die Wirtschaftlichkeit der jeweiligen Bauausführung zulassen. Auf diese Weise können die Auswirkungen von Planungsentscheidungen deutlich gemacht werden, z. B. unterschiedliche Kostenauswirkungen eines Flachdaches gegenüber einem Steildach oder einer Sichtbetonfassade gegenüber einer Ziegel- oder Putzfassade usw.

5 Einbeziehung der nutzenden Verwaltungen

Ein wesentliches Kernproblem bei der Nutzung von Gebäuden bzw. Räumen besteht darin, dass kaum Anreize zu wirtschaftlichem Verhalten bei der Anforderung von Flächen und der späteren Nutzung bestehen. Die durch seine Raumbelegung entstehenden Kosten sind dem Nutzer nicht oder nur selten bekannt. Hierzu tragen teilweise unzureichende Datengrundlagen und fehlende Flächen- und Kosteninformationen bei.

Die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung hat mit der im Jahr 2000 vom FM eingeführten „Nutzerinformation“ und mit finanziellen Anreizen einen ersten wichtigen Schritt zur stärkeren Einbindung der Nutzer in die Verantwortung für die Energiekosten gemacht. Der Vergleich der Daten macht den Nutzern Einsparpotenziale deutlich und trägt zu einem sparsameren Umgang mit den Ressourcen bei.

Die im Rahmen der neuen Steuerungsinstrumente zu erwartende Budgetierung wird auch die finanzielle Verantwortung der nutzenden Verwaltungen für die Kosten ihrer Unterbringung stärken. Sollten die Verantwortlichkeiten im Sinne eines Mieter/Vermieter-Modells (Nutzende Verwaltung/Vermögens- und Hochbauverwaltung) geregelt werden, kann die Einbeziehung des durch die Gebäude- bzw. Raumnutzung entstehenden Ressourcenverbrauchs in das Budget der „Mieter“ erfolgen, ohne dass sich die Nutzer mehr als erforderlich mit den (fachlichen) Besonderheiten der gebäudewirtschaftlichen Leistungen vertraut machen und ggf. sogar entsprechendes Fachpersonal beschäftigen müssen. Für den RH sprechen gute Gründe für eine solche Lösung, unabhängig davon, ob die beteiligten Verwaltungen künftig in Form von Behörden oder als (öffentliche) Betriebe organisiert sein werden. Die Betriebskosten wären auf die „Mieter“ umzulegen, ein wirtschaftliches und sparsames Nutzerverhalten beim Betrieb der Gebäude hätte somit für die Nutzer unmittelbare finanzielle Auswirkungen.

6 Stellungnahme der Verwaltung

Das FM teilt die Auffassung des RH, dass die Nutzungskosten von Gebäuden ein wesentliches Kriterium für wirtschaftliches Planen, Bauen und Betreiben von Immobilien darstellen. Für eine effektive Erfassung und Auswertung sei es erforderlich, dass die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung ungeachtet der künftigen Organisationsform fachlich und finanziell für das Planen, Bauen und Betreiben zentral zuständig bleibt.

Das FM wies darauf hin, dass vergleichbare Untersuchungen wie die des RH vom Gebäudemanagement der Vermögens- und Hochbauämter schrittweise durchgeführt werden. Nach der Untersuchung der Bewirtschaftungs- und Betriebskosten von Finanzämtern stehe die Untersuchung von Gerichtsgebäuden vor ihrem Abschluss. Über die reine Gegenüberstellung der Leistungen, Verbräuche, Kosten und Kennwerte hinaus würden für jedes Gebäude anhand von gebäudebezogenen Soll-Werten Optimierungsvorschläge unterbreitet.

Zu Überlegungen zur Einrichtung eines Mieter-Vermieter-Modells prüfe die Landesregierung derzeit, inwieweit die dezentrale Budgetverantwortung auf das Gebäudemanagement auszudehnen sei. Ein Modell mit realem Geldfluss würde allerdings als nicht vorteilhaft angesehen, da bei rd. 1 900 Nutzern ein nicht übersehbarer interner Bürokratismus aufgebaut würde.

7 Schlussbemerkung

Der RH sieht vergleichende Betrachtungen der ganzheitlichen Nutzungskosten gleichartiger Gebäudegruppen als wichtigen Bestandteil des integrierten Flächen- und Gebäudemanagements der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung an. Sie ermöglichen - neben Entscheidungshilfen für die wirtschaftlichste Form der Umsetzung des Flächenbedarfs der Nutzer - Rückschlüsse auf die Optimierung der Planung und der baulichen und technischen Standards. Dem Gebäudemanagement ermöglichen sie einen permanenten Prozess zur Optimierung des Gebäudebetriebs. Den nutzenden Verwaltungen können bereits in der Phase der Programmplanung - also zum frühest möglichen Zeitpunkt - anhand von Vergleichswerten die Konsequenzen ihrer Anforderungen aufgezeigt werden. Sie lassen sich damit stärker als bisher in die Verantwortung für ihre Anforderungen einbinden und können deren finanzielle Folgen für den späteren Gebäudebetrieb - auch im Hinblick auf eine künftige dezentrale Budgetverantwortung - besser einschätzen.


Anhänge

An den Universitäten des Landes werden jährlich für etwa 500 Mio. DM die verschiedensten Güter beschafft. Die dazu notwendige Organisation haben die Universitäten weitgehend autonom in Übereinstimmung mit ihrer organisatorischen Grundstruktur gestaltet. Einsparungen sind hier vor allem durch ein verbessertes strategisches Beschaffungsmanagement, eine weitergehende Standardisierung des Bedarfs, bei der Lagerhaltung und durch mehr Kooperation zwischen den Universitäten möglich.


1 Vorbemerkung

Die Universitäten benötigen zur Erfüllung ihrer Aufgaben zahlreiche verschiedene Gegenstände und Dienstleistungen im Wert von jährlich etwa 500 Mio. DM. Mit der Beschaffung dieser Güter sind mehr als 1 000 Einrichtungen in den Universitäten betraut; über 40 000 Beschaffungsvorgänge sind hierfür erforderlich.

Das Beschaffungswesen der Universitäten ist nicht einheitlich organisiert. Jede Universität hat ihre Beschaffungsorganisation weitgehend autonom in Übereinstimmung mit ihrer organisatorischen Grundstruktur (dezentral bzw. zentral) gestaltet und in unterschiedlichem Umfang ihren Einrichtungen eigene Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt. Zwischen den Universitäten bestehen daher insofern erhebliche Unterschiede, die sich sowohl in der Aufbau- als auch in der Ablauforganisation niederschlagen.

Der RH hat in einer Querschnittsuntersuchung diese unterschiedlichen Organisationsstrukturen der Beschaffung untersucht und sich dabei auch mit der Beteiligung der Universitäten an der gemeinsamen Beschaffung durch die Regierungspräsidien sowie mit der gemeinsamen Beschaffung von DV-Zubehör durch das Universitätsklinikum Freiburg befasst.

Dazu wurden typische Strukturen und Vorgänge sowie deren wechselseitige Beziehung erhoben. Aus der Untersuchung werden einige wesentliche Themen dargestellt.

2 Grundlegende Organisationsstruktur

Die meisten Universitäten sind dezentral strukturiert. Dementsprechend sind ihre wissenschaftlichen Einrichtungen mit der Befugnis zur Bewirtschaftung der ihnen zugewiesenen Mittel und mit der Kompetenz zum selbständigen Einkauf der meisten Waren und Dienstleistungen ausgestattet. Die wissenschaftlichen Einrichtungen sind somit dezentrale Beschaffungsstellen, die eigenverantwortlich alle mit den Beschaffungen verbundenen Aufgaben von der Feststellung des Bedarfs bis hin zur Ausfertigung der Kassenanweisung wahrnehmen. Ein nach Art und Umfang von Universität zu Universität unterschiedlicher Teil der Einkaufszuständigkeit bleibt zentralen Beschaffungsstellen vorbehalten.

Bei zwei der neun Universitäten des Landes werden die meisten, insbesondere die verwaltungstechnischen Aufgaben der Beschaffung zentral erledigt. Die Entscheidungen darüber, was beschafft wird und die Budgetverantwortung sind jedoch auch den wissenschaftlichen Einrichtungen übertragen.

Die Wirtschaftlichkeit der Beschaffungsorganisation wird maßgeblich durch den Personalaufwand, die Bearbeitungsverfahren und die technischen Ausstattungen bestimmt. Gesicherte Erkenntnisse darüber, ob unter wirtschaftlichen Aspekten ein zentrales oder ein dezentrales Beschaffungswesen vorzuziehen ist, hat die Untersuchung nicht ergeben. Dabei ist zu beachten, dass das Beschaffungswesen mit anderen Bereichen der jeweiligen Universität verflochten ist und deshalb seine Struktur nicht dem allgemeinen Organisationsgefüge der Universität widersprechen sollte.

3 Aufgabenwahrnehmung in der Beschaffung

3.1 Darstellung

Die Universitäten widmen den größten Anteil ihrer für die Beschaffung aufgewendeten Kapazität den operativen Beschaffungsaufgaben. Die Arbeit aller Beschaffungsstellen ist daher hauptsächlich auf die Abwicklung einzelner Aufträge gerichtet. Soweit die zentralen Beschaffungsstellen strategische Aufgaben wahrnehmen, geschieht dies in nur begrenztem Umfang und beschränkt sich vor allem auf die Marktbeobachtung, das Führen von Lieferanten- und Artikellisten sowie das Abschließen von Rahmenverträgen.

Eine systematische und umfassende Analyse des gesamten wissenschaftlichen wie nichtwissenschaftlichen Bedarfs findet sich an keiner Universität. Es fehlen daher durchgängige Auswertungen des Bedarfs, gegliedert nach Produkten, Lieferanten, Volumen, Anwendungsmöglichkeiten und Nutzern. Eine Produktstandardisierung wird nur in Einzelfällen vorgenommen.

3.2 Bewertung und Empfehlung

Eine wirtschaftliche Beschaffung erfordert intensive strategische Maßnahmen. Durch die Analyse des Beschaffungsvolumens und der Bedarfsstruktur sind die Waren- oder Dienstleistungsbereiche festzustellen, bei denen mit größeren Beschaffungsmengen und Standardisierungen sowie durch den Abschluss von Rahmenverträgen günstigere Preise erzielt werden können oder eine Rationalisierung des Beschaffungsprozesses möglich ist. Der RH empfiehlt

  • den Schwerpunkt der Tätigkeit der allgemeinen zentralen Beschaffungsstellen auf die strategische Beschaffung zu verlagern und dazu eine Beschaffungsstatistik einzuführen, die u. a. auch eine Analyse der Beschaffungsstruktur ermöglicht.

Bei Universitäten mit dezentraler Beschaffung kann durch Rahmenverträge vor allem erreicht werden, dass größere Abnahme- oder Umsatzmengen mit günstigeren Preisen für die einzelnen Artikel zustande kommen. Für die wissenschaftlichen Einrichtungen wird die Beschaffung einfacher, weil sie den günstigsten Anbieter nicht im Einzelfall ermitteln müssen.

Dazu sollten Rahmenverträge

  • hinreichend übersichtlich sein sowie vollständige Produktinformationen und Preisangaben enthalten,

 

  • nicht nur Rabattsätze, sondern Einkaufspreise enthalten, damit der Einkäufer diese nicht jeweils über Zusatzlisten errechnen muss, selbst wenn er nur einen Preisvergleich durchführt,

 

  • alle Waren und Dienstleistungen der gleichen Art umfassen und den wissenschaftlichen Einrichtungen nicht mehrere Rahmenverträge oder Rabattvereinbarungen bzw. Preislisten zur Verfügung gestellt werden, da sie sonst trotz dieser Informationen immer noch den Aufwand für die Auswahl des günstigsten Lieferanten haben.

Neben dem Instrument der Rahmenverträge, die in gewissen Zeitabständen jeweils neu auszuschreiben sind, können auch mit Hilfe der Standardisierung von Produkten Ausgaben minimiert sowie Beschaffungsprozesse und ggf. die Lagerhaltung vereinfacht werden. Dies ist vor allem bei häufig benötigten Produkten möglich, insbesondere bei Büromöbeln, Büro- und Laborgeräten und sonstigen Artikeln des Büro-, Werkstätten- und Laborbedarfs. Die Standardisierung ist dabei nicht nur die Voraussetzung dafür, dass möglichst große Beschaffungsmengen derselben Artikel und damit günstige Preise erreicht werden; sie wirkt sich vielmehr auch vorteilhaft auf die Folgekosten aus. Auf Grund der Einrichtung mit standardisierten Büromöbeln können z. B. bei Umzügen Möbeltransporte vermieden werden; bei Ausrüstung mit standardisierten Bürogeräten werden einheitliche Verbrauchsartikel hierfür benötigt, die wegen der dann größeren Menge preiswert bezogen werden können; auch Wartungen und Reparaturen können dadurch preiswerter werden. Insbesondere beim Geschäftsbedarf und bei Möbeln haben einige Universitäten bereits Standardisierungen vorgenommen.

Der RH empfiehlt

  • alle häufig oder in großer Zahl benötigten Waren und Dienstleistungen, insbesondere Möbel, Bürogeräte, Geschäftsbedarf und bestimmte wissenschaftliche Geräte - soweit dies noch nicht geschehen ist - weitestgehend zu standardisieren, Rahmenverträge abzuschließen und die betreffende Einkaufszuständigkeit auf die Verwendungsstellen zu übertragen,

 

  • für alle weiteren Waren und Dienstleistungen, soweit sinnvoll, ebenfalls Rahmenverträge abzuschließen.

4 Arbeitsabläufe

Die Organisation der Arbeitsabläufe hängt von der jeweils bestehenden Aufbauorganisation, der Zuständigkeitsverteilung, den zu beschaffenden Gütern, der Art und Weise der Aufgabenerledigung in den dezentralen Einrichtungen sowie dem Grad und der Art der Rechnerunterstützung ab. Der RH hat empfohlen, die Abwicklung der Finanzbewegungen zwischen einzelnen Einrichtungen der Universität zu vereinfachen. Solche Finanzbewegungen entstehen dadurch, dass die einzelnen Einrichtungen über ein eigenes Budget verfügen und verschiedene Leistungen untereinander verrechnen. Vergleichbare Vorgänge werden mit Anwendung der kostengerechten Zuordnung von Leistungen auf die einzelnen Einrichtungen zunehmen.

4.1 Buchung universitätsinterner Verrechnungen

Die Universitätskassen sind sowohl für die Buchungen von Einnahmen und Ausgaben der Universitäten als auch für die Zahlungsvorgänge zuständig. Nach den haushaltsrechtlichen Vorschriften müssen indes nicht nur Zahlungsvorgänge mit Stellen außerhalb der Universitäten, sondern auch - wegen der Rechnungslegung - diejenigen universitätsinternen Finanzbewegungen von den Kassen abgewickelt werden, bei denen verschiedene Haushaltstitel berührt sind. Darüber hinaus buchen die Universitätskassen jedoch auch solche universitätsinternen Finanzbewegungen, die nicht verschiedene Titel betreffen.

Die Verrechnungen zwischen Universitätseinrichtungen werden also wie Zahlungsvorgänge behandelt, sodass diese die Buchungen nicht selbst vornehmen können, sondern Kassenanordnungen erstellen müssen, welche die Kasse abwickelt. Bei den Kassen ist regelmäßig für das Budget jeder wissenschaftlichen Einrichtung, ggf. auch für größere Untergliederungen, ein sog. Buchungsabschnitt eingerichtet.

Für die Erfassung der internen Buchungen reichen allerdings die eingerichteten Buchungsabschnitte nicht immer aus. Deshalb haben wissenschaftliche Einrichtungen für ihre Untergliederungen (z. B. Lehrstühle) und sogar für jedes Projekt zusätzlich eigene Unterbudgets eingerichtet. Diese Unterbudgets werden allerdings nicht von den Kassen verwaltet, weil die Zahl der Buchungsabschnitte wegen des damit verbundenen Arbeitsaufwands und aus Gründen der Kassensicherheit (Kontrolle der Unterschriftsbefugnisse bei den Kassenanweisungen) nicht beliebig ausgeweitet werden kann. Diese Unterbudgets werden daher manuell oder mit Hilfe von DV-Standardprogrammen oder selbst erstellten Buchungsprogrammen von den einzelnen Einrichtungen selbst geführt. Die Daten der Unterbudgets müssen mit den Daten des jeweiligen Buchungsabschnitts abgestimmt werden.

4.2 Bewertung und Empfehlung

Die beschriebene Praxis der internen Verrechnungen über die Kasse bedingt, dass hierfür jeweils Kassenanordnungen mit dem vorgeschriebenen Inhalt erstellt und alle Kassensicherheitsbestimmungen beachtet werden müssen. Außerdem wird die Kasse mit erheblich mehr Buchungsvorgängen belastet, als dies an sich erforderlich wäre. Der dadurch erzeugte Aufwand könnte vermieden werden, wenn die internen „Verrechnungen“ und ggf. die Korrektur fehlerhafter Belastungen nicht über die Kassen, sondern direkt zwischen den Budgets vorgenommen würden. Bei diesem Verfahren könnten Budgets auch für Drittmittelprojekte eingerichtet werden.

Eine solche Verfahrensumstellung hat künftig aus zwei Gründen sogar noch mehr Bedeutung: Die Anzahl solcher Verrechnungen, die nicht verschiedene Titel betreffen, wird erheblich zunehmen. Zum einen durch die Reduzierung der Universitätshaushalte auf wenige Titel, zum anderen dadurch, dass das Konzept der dezentralen Budgetverantwortung und die damit verbundene Transparenz des Ressourcenverbrauchs durchgängig die verursachungsgerechte Zuordnung zentral finanzierter Leistungen erfordert.

Der RH empfiehlt,

  • die interne Verrechnung von den Einrichtungen direkt buchen zu lassen und die Kassen nur mit den nach §§ 79, 80 LHO vorgeschriebenen Finanzbewegungen zu befassen,

 

  • nach Einführung dieses Verfahrens gesondert geführte Unterbudgets aufzugeben,

 

  • die vorstehenden Empfehlungen bei der Konzeption und Implementierung neuer Haushalts- und Mittelbewirtschaftungssysteme zu berücksichtigen,

 

  • nach der Verfahrensumstellung die für die Budgetbuchungen bisher eingesetzte Personalkapazität in den Universitätskassen abzubauen.

5 Lagerhaltung

An vier Universitäten des Landes bestehen zentrale Läger für Büro- und Verbrauchsmaterial. Dafür entstehen Kosten des Lagers für Personal, Raum, Sachmittel und kalkulatorische Zinsen für den Lagerbestand sowie für die Anforderung und Verteilung der Materialien. Diese Kosten sind nur gerechtfertigt, wenn die Eigenversorgung durch eine zentrale Lagerhaltung wirtschaftlicher ist als andere Versorgungskonzepte. Der RH hat daher auf der Basis der ihm zugänglichen Daten die Kosten der jeweiligen Lagerhaltung den möglichen Preisvorteilen gegenübergestellt. Danach bestehen Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der Läger. Hierbei war allerdings zu berücksichtigen, dass die Wirtschaftlichkeit der zentralen Lagerhaltung im Vergleich zu anderen Versorgungskonzepten zutreffend nur durch die genaue Erfassung aller Kosten der zentralen Lagerhaltung und durch die Ergebnisse konkreter Ausschreibungen alternativer Versorgungskonzepte ermittelt werden kann. Dabei müssen evtl. auch die Kostenvorteile von Verwaltungsleistungen berücksichtigt werden, die Lieferanten ggf. erbringen. Schließlich ist bei der Feststellung der Wirtschaftlichkeit auch die organisatorische und strukturelle Situation der jeweiligen Universität zu berücksichtigen.

5.1 Empfehlungen

Der RH empfiehlt

  • zwei Universitäten, ihre zentralen Materiallager, die nach Auffassung des RH unwirtschaftlich sind, aufzulösen und die Belieferung der wissenschaftlichen Einrichtungen über Rahmenverträge zu organisieren, aus denen der Bedarf abgerufen werden kann,

 

  • zwei Universitäten, alternative Versorgungskonzepte auszuschreiben (A-B-C-Ausschreibung) und danach - unter Einbeziehung aller Kosten - zu entscheiden, welches Versorgungskonzept das Günstigste ist.

6 Gemeinsame Beschaffung

6.1 Gemeinsame Beschaffung durch die Regierungspräsidien

Im Interesse einer sparsamen und wirtschaftlichen Verwaltung der Haushaltsmittel hat die Landesregierung am 21.08.1989 eine Anordnung über die Beschaffung in der Landesverwaltung (GABl. 1989 S. 1050) erlassen. In dieser Anordnung wird u. a. die gemeinsame Beschaffung von Bedarfsgegenständen durch das jeweils zuständige RP für die Dienststellen ihres Regierungsbezirks geregelt. Nach Nr. 2 der Beschaffungsanordnung unterliegen vor allem bestimmte Artikel des Geschäftsbedarfes sowie sonstiges Verbrauchsmaterial der gemeinsamen Beschaffung.

Die Universitäten können gemäß Nr. 4.2 der Beschaffungsanordnung ihren Bedarf grundsätzlich selbst beschaffen. Es wird ihnen jedoch empfohlen, nach Möglichkeit mit den Beschaffungsstellen des RP die Beteiligung an der gemeinsamen Beschaffung zu vereinbaren.

Nach den Erhebungen des RH beteiligt sich keine Universität uneingeschränkt an der gemeinsamen Beschaffung des jeweiligen RP. Sie nutzen die betreffenden Verträge aber von Fall zu Fall. Nur drei Universitäten melden der zentralen Beschaffungsstelle im gewissen Umfang ihren Bedarf; bei einer Universität umfasst diese Meldung regelmäßig nur etwa ein Fünftel bis ein Viertel ihres betreffenden Gesamtbedarfs; eine Universität schließt die mit der Bedarfsmeldung verbundene Verpflichtung zur Abnahme des gemeldeten Bedarfs aus.

Die nur bedingte bzw. geringe Beteiligung an der gemeinsamen Beschaffung hat insbesondere folgende Gründe:

  • Die meisten zentralen Beschaffungsstellen der Universitäten sind nicht in der Lage, den Bedarf festzustellen, der über die gemeinsame Beschaffung gedeckt werden könnte. Der Bedarf ist nicht nach Art und Anzahl der Artikel für alle zentralen und dezentralen Beschaffungsstellen der Universitäten bekannt. Um ihn zu ermitteln, müssten alle Universitätseinrichtungen ihre einzelnen Lieferantenrechnungen auswerten. Die Lieferanten der gemeinsamen Beschaffung erstellen keine Auflistung der gekauften Waren getrennt nach Artikeln, Abnahmemengen und Besteller. Außerdem wollen die Universitäten die mit einer Bedarfsmeldung verbundene Abnahmeverpflichtung nicht eingehen.

 

  • Die Universitäten wünschen eine direkte Lieferung an alle Verwendungsstellen und zwar auch bei Kleinstmengen, da sonst zusätzlicher Aufwand (Transport, Bestätigungen usw.) für die Verteilung der angelieferten Waren innerhalb der Universität entstehen würde. Diese Forderung spielt bei den Universitäten, anders als bei den Verwaltungsbehörden, eine große Rolle, da meist sehr viele Verwendungsstellen vorhanden sind und diese regelmäßig über ein größeres Gebiet verteilt sind.

 

  • Das Warensortiment, für das sich an Universitäten Ausschreibungen und Rahmenverträge lohnen, umfasst weit mehr Artikel als für die gemeinsame Beschaffung vorgesehen sind. Einige Universitäten haben für ihren Geschäftsbedarf, der auch einen Teil des Lehrbedarfs einschließt, eigene Rahmenverträge abgeschlossen. Die Beschaffung aus einem Rahmenvertrag erleichtert besonders den selbst beschaffenden wissenschaftlichen Einrichtungen das Einkaufen. Typischerweise enthalten die Rahmenverträge nicht nur Preise, sondern auch Regelungen zum Bestellverfahren sowie Liefer- und Abrechnungskonditionen.

Die staatliche Beschaffung des Landes Baden-Württemberg wurde 1991 durch eine private Wirtschaftsberatungsgesellschaft untersucht. Die Untersuchung umfasste z. T. auch die universitäre Beschaffung. Im Abschlussbericht wurde u. a. empfohlen, die Hochschulen in die ressortübergreifende gemeinsame Beschaffung unter Beachtung bestimmter Einschränkungen einzubeziehen, da hierdurch um bis zu 20 % niedrigere Preise als bisher erzielt werden könnten. Begründet wurde dies mit einigen Preisbeispielen und vor allem mit der betriebswirtschaftlichen Erkenntnis, dass ein Anbieter bei steigender Nachfragemenge und Konkurrenz seinen Preis entsprechend den sinkenden durchschnittlichen Stückkosten reduzieren wird, sofern seine Preissenkungsgrenze noch nicht unterschritten ist.

Die allgemeine Annahme des Gutachters über die Beziehung von Abnahmemenge und Preis ist grundsätzlich zutreffend. Ob dies allerdings auch bei der Einbindung der universitären Beschaffungsvolumina in die gemeinsame Beschaffung zutrifft, ist indes nicht ohne weiteres und generell zu unterstellen. Dagegen spricht u. a., dass häufig auch bei getrennter Beschaffung der Regierungspräsidien und der Universitäten der von beiden erzielte erhebliche Rabatt von z. B. 50 % die Preisuntergrenze darstellen dürfte, weil die jeweiligen Volumina bereits eine entsprechende Größenordnung erreichen. Auch zeigte eine während der Untersuchung von den Universitäten Stuttgart und Tübingen sowie dem Klinikum Tübingen gemeinsam durchgeführte Ausschreibung von Kopiergeräten, dass Preisuntergrenzen bereits mit dem Beschaffungsvolumen einer Universität erreicht werden können.

Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der eigenständigen universitären Beschaffung ist außerdem zu berücksichtigen, dass die Rahmenverträge der Universitäten sehr viel mehr Produkte und damit für bedeutend mehr Artikel günstigere Preise umfassen als die der Regierungspräsidien. Ob die Rahmenvertragspreise der Universitäten für diese weiteren Produkte außerhalb der Rahmenverträge der Universitäten erzielbar wären, ist zu bezweifeln. Für eine valide Wirtschaftlichkeitsbetrachtung müssten außerdem die tatsächlich beschafften Mengen der einzelnen Artikel bekannt sein. Weder die Verträge der gemeinsamen Beschaffung noch die der Universitäten (Ausnahme: Ulm) sehen vor, dass die Lieferanten die Artikelstruktur für bestimmte Beschaffungszeiträume mitzuteilen haben. Aus den vorliegenden Daten kann daher nicht mit hinreichender Zuverlässigkeit geschlossen werden, dass eine Beteiligung der Universitäten an der gemeinsamen Beschaffung allgemein vorteilhafter ist. Eine obligatorische Einbindung der Hochschulen in diese Beschaffung ist deshalb nicht geboten. Die Universitäten können jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit für einige Bedarfsbereiche durch eine noch konsequentere Standardisierung als bisher weitere Einsparungen erzielen.

Das WM ist derzeit mit der Reform der zentralen Beschaffung in der Landesverwaltung befasst. Es ist u. a. beabsichtigt, die Aufgaben der gemeinsamen Beschaffung von den Regierungspräsidien auf das Logistikzentrum der Polizei (LZP) zu übertragen. Die dadurch möglicherweise initiierten Veränderungen konnten in dieser Untersuchung noch nicht berücksichtigt werden.

6.2 Zusammenarbeit der Hochschulen bei der Beschaffung

Die zentralen Beschaffungsstellen der Universitäten tauschen ihre Beschaffungsdaten (Preise, Konditionen, Mengen, Verfahren) nicht systematisch untereinander aus. Nur in Einzelfällen und meist nur auf bestimmte Universitäten beschränkt findet eine Zusammenarbeit und ein entsprechender Informationsaustausch zwischen den für Beschaffung zuständigen Mitarbeitern statt. Bei den örtlichen Erhebungen des RH wurden jedoch immer wieder meist universitätsspezifische Produkte - wie z. B. Gase, Filter u. dgl. - genannt, die nach Auffassung der Einkäufer kostengünstiger erworben werden könnten, wenn mehrere Universitäten gemeinsam einkaufen würden. Dies gilt insbesondere für räumlich nahe beieinander liegende Universitäten.

Die Universitäten sollten künftig mehr als bisher zusammenarbeiten, indem sie systematisch ihre Beschaffungsinformationen austauschen und immer wieder prüfen, ob ein gemeinsamer Einkauf vorteilhafter als die gesonderte Beschaffung ist. Welche Produkte sich hierfür eignen, können die Einkäufer der Universitäten auf Grund ihrer Erfahrungen am besten selbst entscheiden.

Der RH empfiehlt,

  • den regelmäßigen Informationsaustausch zwischen den Universitäten über die im Rahmen ihres strategischen Beschaffungsmanagements gewonnenen Erkenntnisse, insbesondere über Lieferanten und Konditionen durch geeignete Formen der Zusammenarbeit sicherzustellen und gemeinsame Ausschreibungen für die Produkte durchzuführen, für die hierdurch günstigere Preise bzw. Konditionen erzielt werden können.

6.3 Gemeinsame Beschaffung von DV-Zubehör

Die Hochschulen haben ihren Bedarf an DV-Zubehör und DV-Verbrauchsartikeln über das Universitätsklinikum Freiburg (zentrale DV-Beschaffung des Klinikrechenzentrums) zu beschaffen. Die Wirtschaftlichkeit dieses Verfahrens ist unter den Beteiligten nicht unbestritten. Auf Anfrage des MWK, ob sich die gemeinsame Beschaffung bewährt habe, verwies die Universität Freiburg auf die Besonderheiten des DV-Zubehörmarktes und regte an, diese gemeinsame Beschaffung aufzugeben. Konkret wurden hierfür u. a. folgende Gründe genannt:

  • Immer weniger Firmen seien bereit, Festpreise für ein Jahr zu vereinbaren;

 

  • die schnelle technische Entwicklung auf dem Hardware-Sektor habe zur Folge, dass laufend neue Geräte und damit neues Zubehör und Verbrauchsmaterial auf den Markt kämen, das in der Ausschreibung nicht berücksichtigt werden konnte, obwohl im Ausschreibungszeitraum ein Bedarf bestünde;

 

  • während der Ausschreibungsphase neu aufgenommene Artikel verlören während des Ausschreibungszeitraumes häufig so stark an Wert, dass eine Abnahme durch die Bedarfsstellen völlig unwirtschaftlich wäre. Als Beispiel wurden CD-Rohlinge genannt, deren Preis während eines Ausschreibungszeitraumes von 7,85 DM auf 1,79 DM gefallen sei.

Obwohl die genannten Probleme im DV-Bereich bestehen, könnten diese anders als durch Verzicht auf die gemeinsame Beschaffung gelöst werden. Nach Einschätzung des RH lässt sich anhand der bisherigen Erfahrungen feststellen, bei welchen Produkten die genannten Preisentwicklungsprobleme bestehen. Für diese könnte z. B. versucht werden, Preisgleitklauseln zu vereinbaren. Außerdem könnte das Klinikrechenzentrum von Verwaltungsaufwand entlastet werden, wenn die Bedarfsmeldung nicht wie bisher manuell, sondern generell durch Datenaustausch online oder mit DV-Datenträger erfolgen würde. Um auf die Bedarfsmeldung bisheriger Art verzichten zu können, sollte schließlich versucht werden, mit den Lieferanten zu vereinbaren, dass sie für bestimmte Zeiträume eine nach Artikeln, Abnahmemengen und Besteller geordnete Auswertung erstellen. Die Frage, ob es nicht wirtschaftlicher wäre, wenn die Hochschulen das DV-Verbrauchsmaterial über die gemeinsame Beschaffung bei den Regierungspräsidien einkaufen, ist auch hierbei nicht eindeutig zu beantworten. Ähnlich wie bei den Büroartikeln können auch hier die jeweils beschafften Produkte nur bedingt verglichen werden. Die Regierungspräsidien schreiben nur Nichtmarkenprodukte aus, das Klinikrechenzentrum dagegen überwiegend nur Markenprodukte, wobei das Klinikrechenzentrum z. T. für Markenprodukte günstigere Preise erzielt als das Regierungspräsidien für Nichtmarkenprodukte.

Der RH empfiehlt,

  • vor einer Entscheidung über die Beendigung der gemeinsamen DV-Verbrauchsartikelbeschaffung durch das Rechenzentrum des Universitätsklinikums Freiburg sorgfältig zu prüfen, ob dieses Verfahren unter geänderten Bedingungen nicht doch wirtschaftlicher ist als die Eigenbeschaffung der Universitäten bzw. die Beteiligung an der gemeinsamen Beschaffung bei den Regierungspräsidien,

 

  • bei Fortführung der gemeinsamen DV-Verbrauchsartikelbeschaffung

 

  • zu prüfen, inwieweit Nichtmarkenprodukte den erforderlichen Qualitätsansprüchen genügen und bei günstigeren Preisen nur solche in den Rahmenvertrag aufzunehmen,

 

  • die Bedarfsmeldung auf elektronische Datenträger umzustellen und mit den Lieferanten, soweit dies möglich ist, zu vereinbaren, dass diese Auswertungen über die Beschaffungsstruktur bereitstellen.

7 Stellungnahme des Ministeriums

Das MWK und die Universitäten teilen die grundsätzlichen Auffassungen des RH, insbesondere hinsichtlich der aufbau- und ablauforganisatorischen Einpassung des Beschaffungswesens in die unterschiedlichen Strukturen (dezentral/zentral) der Universitäten.

Zur Aufgabenwahrnehmung vertritt das MWK die Auffassung, dass für die vom RH empfohlene Ausweitung der strategischen Beschaffung umfassende Kennzahlen erforderlich seien. Deshalb sollten hierzu die im Projekt „Neue Steuerungsinstrumente“ gewonnenen Erfahrungen abgewartet werden. Die Standardisierung bei der Beschaffung von wissenschaftlichen Geräten sei nur eingeschränkt möglich, da diese Geräte in der Regel einem schnellen technischen Wandel unterliegen. Ferner könne der Bedarf auf Grund der schwer vorhersehbaren Bedürfnisse im Forschungsbereich nur sehr grob vorausgeplant werden.

Die Empfehlungen des RH zu den Arbeitsabläufen, insbesondere zu den internen Verrechnungen, sollen bei Einführung neuer Haushaltssysteme berücksichtigt werden. Die Erfahrungen der Universität Heidelberg, die zz. ein neues System einführt, sollen vor generellen organisatorischen Änderungen abgewartet werden.

Zur Lagerhaltung beabsichtigen zwei Universitäten, die alternative Versorgung mit Verbrauchsgütern erneut zu überprüfen. Eine andere Universität legt eine Alternativrechnung vor, wonach die Versorgung mit Verbrauchsgütern über ein zentrales Lager kostengünstiger sein soll. Eine Ausschreibung liegt dem allerdings nicht zu Grunde.

Die Universitäten haben den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit ihrer zentralen Beschaffungsstellen mittlerweile verstärkt und auch Rahmenverträge mit Teilnahmerechten anderer Universitäten abgeschlossen. Die gemeinsame Beschaffung des DV-Verbrauchsmaterials durch das Klinikrechenzentrum des Universitätsklinikums Freiburg wird weitergeführt und das Verfahren zz. vereinfacht.

8 Schlussbemerkung

Das MWK und die Universitäten sind somit grundsätzlich bereit, die Empfehlungen des RH - soweit die einzelnen Universitäten davon betroffen sind - umzusetzen, wenn auch z. T. noch die Erfahrungen des Projektes „Neue Steuerungsinstrumente“ und die der Einführung eines integrierten betriebswirtschaftlichen DV-Programms an der Universität Heidelberg abgewartet werden sollen.

Zu den Arbeitsabläufen hat der RH Empfehlungen gegeben, die unabhängig von den Erfahrungen mit neuen Haushaltssystemen und mit geringem Aufwand eingeführt werden können. Mit ihrer Umsetzung sollte nicht zugewartet werden.

Hinsichtlich der Lagerhaltung geht der RH davon aus, dass die Prüfung alternativer Versorgungen mit Verbrauchsgütern alsbald erfolgt und Entscheidungen über die Lagerhaltung nur auf Grund von sachgerechten Ausschreibungen erfolgen.


Anhänge

Einzelplan 03: Innenministerium

Die Erstattungen des Landes an die Stadt- und Landkreise für personelle und sächliche Verwaltungsausgaben der dort eingerichteten Ausgleichsämter können reduziert werden; dadurch lassen sich in den nächsten 3 Jahren Einsparungen in Höhe von rd. 2 Mio. DM erzielen. Durch den Wegfall weiterer Aufgaben in der Ausgleichsverwaltung und auf Grund rückläufiger Fallzahlen sollte in den nächsten Jahren die Aufgabenerledigung wirtschaftlicher gestaltet und den reduzierten Fallzahlen angepasst werden.


1 Ausgangslage

Die Lastenausgleichsgesetze (LAG) werden teils vom Bund, teils im Auftrag des Bundes von den Ländern durchgeführt (Auftragsverwaltung). Die Aufgaben obliegen nach § 4 des Gesetzes über die Eingliederung von Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern (Eingliederungsgesetz - EglG) vom 14.12.1995 (GBl. S. 853) der Ausgleichsverwaltung; sie werden u. a. von den Ausgleichsämtern der Stadt- und Landkreise als staatliche Pflichtaufgabe wahrgenommen.

Das Land erstattet den Stadt- und Landkreisen die notwendigen personellen und sächlichen Verwaltungsausgaben (§ 5 EglG) durch jährliche leistungsbezogene Fallpauschalen unter Berücksichtigung der landesdurchschnittlichen Arbeitsleistung und der vorherrschenden Eingruppierung der in den Aufgabenbereichen Schadensfeststellung, Hauptentschädigung, Kriegsschadenrente, Rückforderung und Vollarchivierung tätigen Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern. Zuständig für diese Erstattungen ist das Landesausgleichsamt (IM). Der klassische Lastenausgleich läuft aus. Anträge auf Schadensfeststellung können nicht mehr gestellt werden. Die den Ausgleichsämtern noch vorliegenden Schadensanträge sollen nach den Vorgaben des IM bis zum 31.12.2002 erledigt sein. Ein Jahr später soll auch der Aufgabenbereich Hauptentschädigung abgeschlossen sein.

Anträge auf Kriegsschadenrente konnten noch bis zum 30.06.2000 gestellt werden. Die Empfänger von Kriegsschadenrenten sind fast alle bereits sehr betagt. Ihre Zahl nimmt jährlich um rd. 12,5 % ab.

2 Prüfungsanlass, Prüfungsumfang

Die Erstattungsleistungen des Landes an die Stadt- und Landkreise für die Durchführung der LAG beliefen sich in den vergangenen Jahren auf jeweils rd. 40 Mio. DM.

Das StRPA Tübingen hat das Erstattungsverfahren als solches (Angemessenheit der vom Land vorgegebenen Erledigungszahlen in den einzelnen Aufgabenbereichen, Richtigkeit der abgerechneten Fallzahlen, Eingruppierung der Sachbearbeiter usw.) und die Organisation der Lastenausgleichsverwaltung vor dem Hintergrund demnächst wegfallender bzw. weniger werdender Aufgaben näher untersucht und örtliche Erhebungen bei verschiedenen Ausgleichsämtern sowie eine landesweite Auswertung vorhandener Personal- und Leistungsvergleichsstatistiken vorgenommen.

3 Prüfungsergebnisse

3.1 Wie sich aus der Übersicht 1 ergibt, lag die Zahl der von den Sachbearbeitern in den Ausgleichsämtern im Landesdurchschnitt erledigten Fälle bei den Aufgabenbereichen Schadensfeststellung und Hauptentschädigung in den vergangenen Jahren jeweils deutlich über den vom Land vorgegebenen Erledigungszahlen. Dagegen wurde im Aufgabenbereich Rückforderung die Zahl der vom Land vorgegebenen Rückforderungsbescheide von den Sachbearbeitern nicht erreicht.

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3.2 Im Aufgabenbereich Rückforderung beträgt die vom Land bezahlte Verwaltungskostenerstattung umgerechnet auf einen Rückforderungsbescheid derzeit etwa 2 400 DM. Die zurückgeforderten Beträge fließen, da es sich um Bundesmittel handelt, vollständig an den Bund zurück. Insbesondere wenn Erben oder Erbeserben beteiligt sind, reduziert sich der Rückforderungsbetrag entsprechend des jeweiligen Erbanteils. Da für jeden Erben ein besonderes Rückforderungsverfahren durchzuführen ist, erhöht sich die Verwaltungskostenerstattung entsprechend der Anzahl der Erben.

In etlichen Fällen war die angefallene Verwaltungskostenerstattung höher als die zurückgeforderten Beträge. Es sollte geprüft werden, ob eine Bagatellgrenze eingeführt werden kann.

3.3 Im Aufgabenbereich Kriegsschadenrente liegt das Durchschnittsalter der Rentenempfänger mittlerweile bei über 80 Jahren. Die Zahl der Rentenempfänger geht jährlich um etwa 12,5 % zurück.

Für die Auslastung eines Sachbearbeiters gibt das Land eine Zahl von 312 laufenden und ruhenden Kriegsschadenrentenfällen vor. Nur in 8 der 25 Ausgleichsämter, in denen noch Rentenfälle bearbeitet werden, konnten im Jahr 1999 derartige Fallzahlen nachgewiesen werden.

Eine verbindliche Regelung, bis zu welcher Fallzahl die Ausgleichsämter mit Kostenersatzanspruch gegen das Land für die Fallbearbeitung zuständig bleiben, fehlt. Mit Fallzahlen von 100 oder 150 Rentenfällen dürften die Untergrenzen einer sinnvollen Aufgabenerledigung in einigen Ausgleichsämtern bereits erreicht sein.

3.4 Für die Kostenerstattung des Landes im Bereich der Vollarchivierung wird die Verg.Gr. BAT Vc zu Grunde gelegt. Wie die landesweite Auswertung der Personalstatistiken der Ausgleichsämter ergeben hat, ist dies aber nicht die vorherrschende Eingruppierung der in diesem Bereich tätigen Personen. Wie aus der nachfolgenden Schaubild 1 hervorgeht, befindet sich die Mehrzahl der in der Vollarchivierung eingesetzten Personen in Verg.Gr. BAT VII, allerdings mit zunehmender Tendenz nach Verg.Gr. BAT VIb in den vergangenen Jahren.

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4 Empfehlungen und deren Umsetzung

Während der gesamten Prüfung stand das StRPA Tübingen in engem Kontakt mit dem Landesausgleichsamt. Dieses hat die Feststellungen des StRPA soweit möglich rasch aufgegriffen und die VwV Ausgabenerstattung LAG bereits ab dem Jahr 2001 geändert. Die von den Sachbearbeitern zu erledigenden Fallzahlen wurden wie empfohlen in den Aufgabenbereichen Schadensfeststellung und Hauptentschädigung heraufgesetzt, im Aufgabenbereich Rückforderungen etwas reduziert. Auch werden die Personalkosten für die Vollarchivierung vom Land künftig nur noch nach Verg.Gr. BAT VIb entschädigt.

Durch die Änderung der VwV werden in den Jahren 2001 bis 2003 Einsparungen von voraussichtlich 2 Mio. DM möglich, ohne dass bei den Stadt- und Landkreisen Kostenunterdeckungen eintreten.

5 Stellungnahme des Innenministeriums

Das IM weist darauf hin, dass nach seinen Planungen die Erstattungen an die Stadt- und Landkreise ohnehin im Jahre 2001 überprüft und angepasst worden wären, die Erhebungen des StRPA Tübingen hätten letztlich den Anpassungsbedarf bestätigt. Auch sei damit zu rechnen, dass im Bereich der Kriegsschadenrente die Verfahren künftig noch häufiger freiwillig auf die Schwerpunktausgleichsämter Villingen-Schwenningen und Pforzheim übertragen würden, was den Kreisen schon seit längerem vom IM angeraten worden sei.

Ferner habe man im Hinblick auf das Auslaufen des Lastenausgleichs bereits weitere konzeptionelle Überlegungen zur Struktur der Lastenausgleichsverwaltung angestellt. Dabei werde deutlich, dass nach Ende des klassischen Lastenausgleichs eine umfassende Neuregelung und Vereinfachung der Ausgabenerstattung notwendig werde. Der Personalbedarf beim Land selbst werde sich mittelfristig ebenfalls reduzieren lassen.

Das IM sieht derzeit allerdings keine Möglichkeiten, die empfohlene Bagatellgrenze für Rückforderungen einzuführen. Dafür wäre ein Konsens zwischen Bund und Ländern notwendig, der eine Änderung des LAG zum Ziel habe. Die Bereitschaft hierzu sei beim Bund momentan nicht vorhanden.

6 Schlussbemerkungen

Durch die vom StRPA Tübingen angeregte Korrektur der Verwaltungskostenerstattung und die sofortige Umsetzung durch das IM treten erste Einsparungen bereits im Jahr 2001 ein.

Der künftige Wegfall der Aufgabenbereiche Schadensfeststellung und Hauptentschädigung und die rückläufige Zahl der Empfänger von Kriegsschadenrenten zwingen zu einer für das Land möglichst effektiven und kostengünstigen Abwicklung der noch anstehenden Restarbeiten. Die zwischenzeitlichen Planungen des Landes, die Landesausgleichsverwaltung neu zu strukturieren, sind deshalb zu begrüßen. Von großer Bedeutung ist auch eine fortlaufende Reduzierung des Personalkörpers.

Ob für diese Restarbeiten überhaupt noch Landesbehörden gebraucht werden oder ob die Bereiche Kriegsschadenrente und Rückforderung nicht auch auf eine oder mehrere Bundesbehörden übertragen werden könnten, ist ein Thema, das mit dem Bund weiterhin nachhaltig verhandelt werden muss. Die Konzentration der Verfahren auf wenige Lastenausgleichsämter ist insgesamt zu forcieren.


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Einzelplan 04: Ministerium für Kultus, Jugend und Sport

Die zentrale Lehrerfortbildung muss noch effektiver gestaltet und wirtschaftlicher organisiert werden. Angesichts eines Kostenvolumens von 57 Mio. DM empfiehlt der Rechnungshof vor allem eine stärker bedarfsorientierte Fortbildungsplanung und ein effektives Fortbildungscontrolling.


1 Vorbemerkung

Die dynamischen Veränderungen in allen Bereichen des Lebens verlangen von jedem im Beruf Stehenden lebenslanges Lernen. Das gilt insbesondere für Lehrer, welche die Verantwortung für die Bildung der jungen Generation tragen und diese ihrerseits auf lebenslanges Lernen vorbereiten müssen. Die staatliche Lehrerfortbildung ist ein wichtiger Bestandteil dieses notwendigen Lern- und Anpassungsprozesses. Sie umfasst eine große Palette von Fortbildungsmaßnahmen, meist Angebote zur freiwilligen Teilnahme, aber auch verpflichtende Fortbildungsmaßnahmen, wie z. B. Pflichtseminare für Schulleiter und sonstige neu bestellte Funktionsträger.

Die staatliche Lehrerfortbildung in Baden-Württemberg ist auf drei Ebenen angesiedelt und zwar auf der Ebene der Schulen, der regionalen Ebene der Schulverwaltung und der überregionalen Ebene der zentralen Einrichtungen. Der zentralen Lehrerfortbildung dienen hauptsächlich die Staatlichen Akademien für Lehrerfortbildung (SAL) in Calw, Donaueschingen, Esslingen und Schwäbisch Hall (Comburg) sowie das Landesinstitut für Schulsport (LIS) in Ludwigsburg. Darüber hinaus nehmen weitere Einrichtungen des Landes und sonstige Institutionen, wie Kirche, Hochschulen, Forschungsinstitute usw., zentrale Lehrerfortbildung wahr.

Der RH beschränkte sich in seiner Untersuchung auf die genannten Akademien und befasste sich im Wesentlichen mit den Strukturen, den Kosten und der Planung der zentralen Lehrerfortbildung in Baden-Württemberg, aber auch mit der Wirkung dieser Maßnahmen auf das System Schule.

2 Kosten

Die zentrale Lehrerfortbildung verursachte 1999 Kosten von insgesamt rd. 57 Mio. DM. Davon sind rd. 14 Mio. DM direkte Aufwendungen, rd. 41 Mio. DM auf die Fortbildungszeit entfallende anteilige Personalkosten und rd. 2 Mio. DM kalkulatorische Mieten. Die Übersicht 1 zeigt die ermittelten Kosten der Lehrerfortbildung an den Akademien für das Jahr 1999.

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Auf einen Teilnehmer entfällt ein Betrag von rd. 2 400 DM je Akademieveranstaltung. Somit entstehen dem Land für eine Veranstaltung bei angenommenen 22 Teilnehmern und einer Dauer von regelmäßig 2½ Tagen Kosten von insgesamt 53 000 DM.

Die Lehrerfortbildung verursacht damit erheblich mehr Kosten, als die Landeshaushaltsrechnung vermuten lässt; die anteiligen Personalkosten (Fortbildungsmaßnahmen) sind dabei eine bedeutende Größe. Daher ist ein sparsamer und wirtschaftlicher Einsatz der Ressource Fortbildung geboten. Insbesondere die Schulleitungen müssen im Einzelfall die Kosten der Lehrerfortbildung mit dem möglichen und angestrebten Nutzen für den Unterricht kritisch abwägen. Außerdem müssen sie sicherstellen, dass die durch Fortbildung erworbene zusätzliche Kompetenz in das Schulgeschehen eingebracht wird und Multiplikatoren auch als solche wirken. Letztlich tragen die Schulleitungen durch ihr Fortbildungsmanagement wesentlich zum Erfolg oder Misserfolg der Lehrerfortbildung bei.

3 Planung

Das KM entscheidet auf der Grundlage der bereitgestellten Haushaltsmittel, der Anzahl der Veranstaltungswochen sowie der technischen Kapazitäten der Akademien, wie viele und grundsätzlich welche Veranstaltungen angeboten und bei entsprechender Nachfrage durchgeführt werden. Daraus ergibt sich rechnerisch die im Hj. maximal mögliche Anzahl von Lehrerfortbildungsmaßnahmen. Rechengröße ist dabei die sog. Verrechnungseinheit (VE). Eine VE steht für eine Lehrerfortbildungsveranstaltung von 2½ Tagen Dauer mit durchschnittlich 22 Teilnehmern. Steht die Gesamtzahl der möglichen VE fest, wird der Bedarf für den sog. Vorwegabzug ermittelt. Hierzu zählen im Allgemeinen Themen des strategischen Fortbildungsbedarfs, bildungspolitisch initiierte Programme sowie Pflichtangebote der Personalentwicklung. Die Anzahl der verbleibenden VE wird proportional unter Einbeziehung eines Sonderfaktors bei den beruflichen Schulen nach der Zahl der Lehrkräfte in den einzelnen Schularten aufgeteilt und entsprechend inhaltlich ausgerichtet.

Die Planung der zentralen Lehrerfortbildung wird zwar bisher sehr sorgfältig betrieben und vom Ministerium nach übergeordneten Gesichtspunkten sachgerecht gesteuert. Es sollte indes angestrebt werden, die Planung stärker an Hand des in den Schulen festzulegenden individuellen und aufgabenbezogenen Bedarfs auszurichten.

4 Akademien

Die Akademien sind, bis auf die SAL Calw GmbH, nicht rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts. Sie befinden sich in Gebäuden, die - abgesehen von dem Neubau der SAL Esslingen - für andere Zwecke errichtet wurden, verschieden alt und in einem unterschiedlichen baulichen Zustand sind; so ist beispielsweise eine Akademie in einem historischen Gebäude, eine andere in einem modernen Zweckbau untergebracht. Diese unterschiedlichen baulichen Bedingungen wirken sich auch auf den Akademiebetrieb und seine Kosten aus.

4.1 Finanzierung

Das Gesamtvolumen der für die SAL und das LIS im StHpl. veranschlagten Mittel beträgt im Hj. 2001 rd. 11,2 Mio. DM. Die Haushaltsmittel sind in verschiedenen Kapiteln des StHpl. ausgebracht. Eine Besonderheit besteht darin, dass die Mittel für die SAL Esslingen und für das LIS je in einem eigenen Kapitel (Kap. 0448 und 0451), für die SAL Calw, Comburg und Donaueschingen zusammen in einem Kapitel (Kap. 0447) ausgewiesen werden. Die rechtlich selbständige SAL Calw erhält ihre Mittel für die staatliche Lehrerfortbildung auf Grund eines mit dem Land abgeschlossenen Dienstleistungsvertrages; der hierfür veranschlagte Betrag wird jährlich zwischen dem KM und der SAL Calw neu verhandelt. Die Haushaltsansätze und die Ist-Ausgaben der SAL und des LIS in den Jahren 1998 und 1999 sowie das Soll für 2000 und 2001 sind in der Übersicht 2 dargestellt.

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Das Haushalts-Ist aller Akademien lag in den Jahren 1998 und 1999 deutlich unter dem Haushalts-Soll. Es blieb 1998 mit 15,0 % und 1999 mit 12,2 % unter den Ansätzen. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Praxis, dass die bei Kap. 0447 zurückbehaltenen Mittel zur teilweisen Erwirtschaftung der globalen Minderausgabe verwendet werden. Weiterhin werden bei den SAL regelmäßig keine Einnahmen etatisiert, obwohl bisher solche erzielt wurden und künftig auch zu erwarten sind.

Der RH empfiehlt, für die Akademien Comburg und Donaueschingen ebenfalls eigene Kapitel im StHpl. auszuweisen. Hierdurch würde nicht nur der Aufwand beim Ministerium reduziert, sondern auch die wirtschaftliche Eigenverantwortung der betreffenden Akademien gestärkt und damit eine verbesserte Planungssicherheit für die Einrichtungen erreicht.

Der im Haushaltsplan 1998 und 1999 ausgewiesene Zuschussbedarf wurde zu hoch angesetzt und suggeriert einen Finanzbedarf der Akademien, der auch wegen der nicht berücksichtigten eigenen Einnahmen tatsächlich nicht gegeben ist. Dieses widerspricht dem Grundsatz der Haushaltswahrheit und -klarheit. Der RH empfiehlt deshalb u. a., die zu erwartenden Einnahmen der Akademien zu etatisieren.

4.2 Entgelte von Drittnutzern

Alle Akademien verlangen für die Raumnutzung, Verpflegung und Unterkunft von Drittnutzern Entgelte, die sich an den Hotelpreisen im Umfeld, der Ausstattung der Unterkünfte sowie an den vom KM vorgegebenen Tagessätzen für Unterkunft und Verpflegung orientieren. Die Mieten für die Nutzung von Arbeitsräumen durch Dritte je Tag betragen zwischen 50 DM und 215 DM, die Preise je Übernachtung zwischen 34 DM und 60 DM.

Die derzeitige Praxis der Preisfestsetzung stellt nicht sicher, dass das Land für die Akademieleistungen an Dritte kostendeckende Entgelte erhält. Das Prinzip der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit fordert, dass die Akademien den Drittnutzern - soweit möglich - kostendeckende Entgelte berechnen. Dies kann nur durch eine nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen erstellte Kalkulation erreicht werden, die derzeit nicht vorhanden ist. Der RH empfiehlt daher, betriebswirtschaftliche Elemente einzuführen, wie z. B. Kosten- und Leistungsrechnung sowie standardisierte Kalkulationsvorgaben.

4.3 Personalausstattung

Die Staatlichen Akademien verfügen über eigenes Personal für die Bereiche Leitung, Verwaltung und Hauswirtschaft. Nicht bei den Akademien etatisiert sind die Akademiereferenten, die aus dem Schuldienst für diese Tätigkeit befristet abgeordnet werden. Auch sind die Dozenten der Veranstaltungen keine Angehörigen der Einrichtungen; sie werden für die jeweiligen Kurse gesondert verpflichtet. Eine Besonderheit ergibt sich bei der Akademie Calw GmbH; Akademieleitung und die Akademiereferenten sind derzeit Angestellte der Akademie, die für diese Aufgabe befristet aus dem Beamtenverhältnis beurlaubt wurden. Die Ausstattung der Akademien mit Personalstellen für 1999 gibt die Übersicht 3 wieder.

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Jede Akademie wird von einem Akademiedirektor geleitet. Einen ständigen Vertreter des Direktors gibt es nur an der SAL Calw und dem LIS. Die Akademiereferenten werden zunächst für zwei Jahre an die Akademien abgeordnet; die Abordnungszeit kann grundsätzlich bis auf 10 Jahre erweitert werden. Sie sind dort voll- oder teilzeitbeschäftigt.

4.4 Leistungsdaten

Die in den einzelnen Akademien im Jahr 1999 realisierten Veranstaltungen der zentralen Lehrerfortbildung sind in Übersicht 4 dargestellt. Angegeben sind die Anzahl der Veranstaltungen, die Teilnehmer- und Referentenzahlen und die Fortbildungstage.

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Die Angebote der zentralen Lehrerfortbildung stehen grundsätzlich allen baden-württembergischen Lehrkräften, ungeachtet ihres individuellen Beschäftigungsumfangs, offen. Im Jahr 1999 waren dies rd. 108 000 Lehrkräfte; davon besuchte etwa ein Fünftel die Veranstaltungen an den Akademien im Umfang von rd. 69 400 Fortbildungstagen. Somit entfallen im Durchschnitt auf eine Lehrkraft rd. 0,6 Fortbildungstage je Jahr durch diese zentralen Einrichtungen.

Im Jahr 1999 wurden gegenüber den Vorjahren - 1995 waren es 56 239 Tage - deutlich mehr Fortbildungstage durchgeführt. Die Steigerung von mehr als 20 % erklärt sich nicht durch den Anstieg der Gesamtzahl der Lehrkräfte, sondern vor allem aus der vollständigen Inbetriebnahme der SAL Esslingen und dem Sonderprogramm zur Ausbildung der Multimedia- und Netzwerkberater.

4.5 Ferienbelegung

Die Akademien Comburg, Donaueschingen und Esslingen haben 1999 insgesamt 51 Ferienveranstaltungen geplant, von denen 42 durchgeführt wurden. Themenschwerpunkte waren Wiedereinstieg in den Schuldienst nach längerer Beurlaubung sowie verschiedene DV-Themen. Neun Veranstaltungen wurden wegen mangelnder Nachfrage oder aus planerischen Gründen an den SAL Comburg und Donaueschingen abgesagt. Die SAL Calw wurde nicht in die Betrachtung mit einbezogen, da die Gesamtsumme der Veranstaltungen vertraglich festgeschrieben wird und diese sich durch die Ferienbelegung nicht ändern würde.

Von den rd. 12 Wochen Schulferien im Jahr können unter Berücksichtigung der Feiertage lediglich sechs Wochen uneingeschränkt an fünf Tagen genutzt werden. Dies bedeutet, dass bei gegebener Zügigkeit (Zahl der Veranstaltungen, die gleichzeitig durchgeführt werden können) und jeweils zwei Veranstaltungsblöcken pro Woche an der SAL Comburg 36, in Donaueschingen 42 und in Esslingen 48, somit insgesamt 126 Ferienveranstaltungen stattfinden könnten. Im Jahre 1999 war somit noch eine rechnerische Veranstaltungskapazität in den Ferien von 84 Veranstaltungen vorhanden.

Der RH empfiehlt, zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in den Ferien die Kapazität der Akademien angemessen zu nutzen.

4.6 Kapazität

Die Berechnung der Akademiekapazitäten wird derzeit auf der Basis von 43 Fortbildungswochen und einer für jede Akademie individuellen Zügigkeit vorgenommen. Die Berechnungsgrundlage „Fortbildungswochen“ sollte nach Auffassung des RH bei erhöhter Ferienbelegung auf 45 Wochen festgesetzt werden.

Wird die Zügigkeit an den SAL Comburg und Donaueschingen erhöht, können je Wochenhälfte parallel jeweils 4 Kurse durchgeführt werden. Ausgehend davon sind an beiden Einrichtungen je Woche 16 Kurse möglich. Bei 45 Veranstaltungswochen wären dies insgesamt 720 Kurse. Die Differenz der vom RH auf dieser Grundlage errechneten Soll-Kapazitäten zu deren Ist-Auslastung in den Jahren 1995 bis 1999 betragen zwischen 55 und 221 VE, im Durchschnitt 163 VE. Danach wäre also eine beträchtliche Kapazitätserhöhung möglich.

Die Akademien Comburg und Donaueschingen haben bestätigt, dass sie unter bestimmten Voraussetzungen (z. B. zusätzliches hauswirtschaftliches Personal, ggf. auch weitere Unterkunftsräume) mehr Kurse als bisher parallel durchführen können. Das KM hält allerdings für die Kapazitätsberechnung einen Abschlag von 7,5 % für erforderlich (z. B. für Wochen mit Feiertagen).

Der RH empfiehlt zu prüfen, ob die derzeitige Kapazität aller Akademien unter Beibehaltung des bisherigen Gesamtvolumens der zentralen Lehrerfortbildung auf Dauer im vorhandenen Umfang benötigt wird.

4.7 Reisekostenerstattung

Die Teilnehmer an Veranstaltungen der staatlichen amtlichen Lehrerfortbildung werden in den Einrichtungen des Amtes wegen unentgeltlich untergebracht und verpflegt. Ihnen werden lediglich Fahrtkosten erstattet. Für die Festsetzung und Buchung des Fahrtkostenersatzes sind die Akademien zuständig. Insgesamt haben sie 1999 hierfür 1 493 363 DM erstattet. Die SAL - ohne Calw - haben 1999 rd. 30 % der zugewiesenen Reisekostenmittel nicht benötigt und stattdessen Geräte gekauft oder weitere Fortbildungsveranstaltungen finanziert (gegenseitige Deckungsfähigkeit aller Tit. der Tit.Gr. 73).

Die Zuständigkeit der SAL für die Fahrtkostenerstattung der Teilnehmer an Fortbildungsveranstaltungen ist nach Auffassung des RH unzweckmäßig. Bei jeder Abrechnung muss die Akademieverwaltung die persönlichen Daten des Teilnehmers neu erfassen, obwohl die Daten meistens bei der für den Teilnehmer zuständigen Schulverwaltung gespeichert vorliegen. Da die Akademien jährlich die Erstattungsanträge von bis zu 23 000 Teilnehmern zu bearbeiten haben, ergibt sich bei einer geschätzten durchschnittlichen Bearbeitungszeit von 5 Minuten je Antrag eine Gesamtbelastung für die Akademien von etwa 1,2 Personenjahre.

Eine Verlagerung der Abrechnung der Fahrtkosten auf die zuständigen Oberschulämter bzw. Staatlichen Schulämter könnte den Arbeitsaufwand bei den SAL und die mögliche Fehlerquote verringern, da bei der Schulverwaltung die notwendigen DV-technischen Voraussetzungen größtenteils gegeben sind und auf die Personaldatensätze der Lehrerpersonendatei zugegriffen werden kann. Der RH empfiehlt daher, die tatsächlich benötigten Haushaltsmittel genauer zu ermitteln, diesen Betrag auf die Schulaufsichtsbehörden umzuschichten und die Antragstellung und Abrechnung dorthin zu verlagern.

5 Modellversuch Staatliche Akademie für Lehrerfortbildung Calw GmbH

Die SAL Calw ist seit 01.07.1995 eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Die Umwandlung von einer unselbständigen Anstalt des öffentlichen Rechts in eine gemeinnützige GmbH wurde als Modellversuch vorgenommen mit dem Ziel, den Zuführungsbetrag bei gleicher Kapazität für die Lehrerfortbildung abzusenken. Außerdem soll die Eigeninitiative der Akademie gestärkt, Kostentransparenz geschaffen und eine flexiblere Organisation ermöglicht werden. Weitere Ziele sind die Stärkung der Ertragskraft durch zusätzliche Eigenveranstaltungen, Kooperationsveranstaltungen mit anderen Trägern sowie Gastveranstaltungen. Die hierdurch erzielten Überschüsse sollen z. T. zur Senkung der eingesetzten Steuergelder, aber vor allem auch der Verbesserung der Akademieausstattung verwendet werden (so die Kabinettsvorlage vom 17.01.1995).

Die SAL Calw erhielt in den Jahren 1996 bis 1999 für durchschnittlich 165 VE pro Jahr ein Entgelt in Höhe von rd. 2,6 Mio. DM. Das Land zahlte bisher somit gleichbleibend etwa 16 000 DM je VE. Die wirtschaftliche Bedeutung des Dienstleistungsvertrages für die Akademie ergibt sich aus Übersicht 5.

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Mehr als zwei Drittel der Gesamterlöse kommen also aus der staatlichen Lehrerfortbildung; die Akademie hätte daher ohne die Beauftragung durch das KM wirtschaftlich keinen Bestand.

Die SAL Calw GmbH erwirtschaftete seit 01.07.1995 einen jährlichen Bilanzgewinn von durchschnittlich rd. 125 000 DM. Dem Land als Gesellschafter der GmbH steht grundsätzlich der Jahresüberschuss zu. Dieser ist neben einer Risikoprämie die Verzinsung des vom Land in die GmbH eingebrachten Eigenkapitals. Da die SAL Calw gemäß ihrer Satzung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne von § 52 der Abgabenordnung verfolgt, dürfen Mittel der Gesellschaft nur für gesellschaftsvertraglich festgelegte Zwecke verwendet werden; der Gesellschafter (das Land Baden-Württemberg) darf keine Gewinnanteile aus Mitteln der Gesellschaft erhalten. Es widerspricht dem Sparsamkeitsprinzip, wenn eine GmbH der Landesverwaltung Gewinne erzielt, diese in Anbetracht der Gemeinnützigkeit nicht an das Land ausgeschüttet werden dürfen und das Land als Hauptkunde wesentlich zu den Gewinnen beiträgt. Durch entsprechend niedrigere Entgelte an die Akademie für die staatlichen Lehrerfortbildungsveranstaltungen könnten die Gewinne reduziert und der Landeshaushalt direkt entlastet werden. Der RH empfiehlt, die an die SAL Calw zu zahlenden Entgelte für die Lehrerfortbildungsveranstaltungen kostenorientiert zu bemessen; hierzu sollte eine Kosten- und Leistungsrechnung eingeführt werden.

Mit dem Rechtsformwechsel wurden zwar positive Effekte erreicht, diese können jedoch im Wesentlichen im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Rechtsform ebenfalls erzielt werden. Unselbständige Anstalten des öffentlichen Rechts können bei entsprechender Gestaltung des Haushaltes weitgehende wirtschaftliche Selbständigkeit erhalten, z. B. durch ein eigenes Kapitel, die gegenseitige Deckungsfähigkeit der Titel oder eine Budgetierung. Außerdem erfordert Kostentransparenz nicht zwingend eine kaufmännische Buchführung mit einer Gewinn- und Verlustrechnung, da eine sachgerechte Budgetierung auf Basis einer Kosten- und Leistungsrechung im Rahmen der Kameralistik möglich ist.

Die Bewertung des Modellversuchs im Ganzen muss indes der vorgesehenen Evaluation durch die zuständigen Ministerien vorbehalten bleiben.

6 Lehrerfortbildung aus Sicht der Schule

Im Juni 2000 wurden vom RH Fragebogen zur Lehrerfortbildung per E-Mail an mehr als 400 Schulen übermittelt, die ausgefüllten Bögen sollten ebenfalls per E-Mail an den RH zurückgesandt werden. 236 Schulen (57 %) haben den Empfang der E-Mail bestätigt; 151 Schulen reagierten nicht auf die E-Mail, da diese keinen Eingang registrierten, den elektronischen Briefkasten seit mehreren Wochen nicht geleert hatten oder sich außer Stande sahen, die gestellten Fragen zu beantworten. Etwa 16 % der allgemein bildenden Schulen, überwiegend Gymnasien, und 34 % der beruflichen Schulen haben die Fragen nur teilweise beantwortet. Dies wurde meist damit begründet, dass die für die Beantwortung des Fragebogens notwendigen Daten nicht mehr vorhanden bzw. nachträglich nicht mehr zu erfassen seien. Die Bögen von 133 allgemein bildenden und 23 beruflichen Schulen waren vollständig ausgefüllt und bildeten die Basis für die Auswertung.

6.1 Umfang der Lehrerfortbildung

Im Erhebungszeitraum unterrichteten an den 156 Schulen insgesamt 5 276 Lehrkräfte, davon 2 768 in Vollzeit, 1 869 in Teilzeit und 639 stundenweise. Die Anzahl der auf diesen Personenkreis entfallenden Besuche von Veranstaltungen der Staatlichen Akademien und anderer Einrichtungen bzw. der eigenen Schule ist in Übersicht 6 dargestellt.

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Das Relation von „Fortbildung an einer SAL“ zu „Fortbildung an einer anderen Einrichtung bzw. der eigenen Schule“ beträgt bei den beruflichen Schulen 1 zu 3,2, bei den allgemein bildenden Schulen 1 zu 4,3. Folglich besuchen die Lehrkräfte der beruflichen Schulen häufiger als die anderer Schularten eine Fortbildungsmaßnahme an einer Akademie. Die Ursache hierfür erklärt sich im Wesentlichen aus der ausgeprägten Spezialisierung der einzelnen Berufsfelder und Fächer sowie dem Innovationsdruck, dem diese Schulart ausgesetzt ist.

Die Relation „Anzahl der Fortbildungsbesuche“ zu „Anzahl der Lehrkräfte“, unter Einbeziehung der stundenweise Beschäftigten, gibt den Grad der Fortbildungsaktivität im untersuchten Bereich wieder. Je höher die Kennzahl, desto mehr Besuche je Lehrkraft ergeben sich rechnerisch (s. Übersicht 7).

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Bei Fortbildungsveranstaltungen an den SAL waren die Lehrkräfte aus Grund- und Hauptschulen mit der Kennzahl 0,11 am wenigsten, die von Sonderschulen mit 0,25, gefolgt von den beruflichen Schulen mit dem Wert 0,23 am häufigsten vertreten. Insgesamt entfallen bei einer Bemessungsgröße von 100 Lehrkräften aus allen Schularten 77 Fortbildungsbesuche, davon 16 Maßnahmen an Akademien.

6.2 Wirkung auf die Unterrichtsversorgung

Wegen des Besuchs einer Fortbildungsmaßnahme einer Staatlichen Akademie sind insgesamt 3 673 Unterrichtsstunden ausgefallen, 4 920 Unterrichtsstunden wurden vertreten. In Übersicht 8 sind die je Fortbildungsmaßnahme vertretenen und ausgefallenen Unterrichtsstunden - getrennt nach den einzelnen Schularten - aufgeführt.

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Die Teilnahme von Lehrkräften an Fortbildungsmaßnahmen beeinflusst die Unterrichtsversorgung an den entsendenden Schulen in unterschiedlicher Intensität. Bezogen auf alle Schularten beträgt der nicht regulär gehaltene Unterricht je Besuch einer Fortbildungsveranstaltung an einer SAL 10,3 Unterrichtsstunden, davon entfallen auf die Vertretung 5,9 und auf Unterrichtsausfall 4,4 Unterrichtsstunden. Mit 2,5 Stunden ist der Unterrichtsausfall an den Sonderschulen am geringsten, an den beruflichen Schulen mit 5,2 Stunden am höchsten.

Auf der Grundlage des von den Schulen mitgeteilten Unterrichtsvolumens beträgt der Anteil des durch Fortbildungsbesuche an den SAL entstandenen Unterrichtsausfalls für alle Schularten im Durchschnitt 1,5 %, der allgemein bildenden Schulen 1,1 % und der beruflichen Schulen 2,5 %.

6.3 Bewertungen durch die Schulleitungen

Die Fortbildungsmaßnahmen erhalten - differenziert betrachtet nach Veranstaltungsinhalt wie auch nach Anbieter - insgesamt gute Noten. Die Wirkung solcher Maßnahmen in die Schule wird von den Schulleitungen durchweg positiv gewertet. Qualitative Unterschiede zwischen den Akademien und den Veranstaltungsinhalten sind diesen Angaben nicht zu entnehmen. Die Schulen sind über die Fortbildungsangebote der Akademien hinreichend informiert. Die Angebote werden als attraktiv oder partiell attraktiv eingeschätzt; ebenso positiv wird die Impulsgebung in die Schule gesehen. Die Fortbildungsangebote werden meist als aktuell und überwiegend als ausreichend eingeordnet; lediglich 13 % sehen bei der zentralen Fortbildung und 12 % auf regionaler Ebene zu wenig Angebote.

Die Reaktionen der ausgewählten Schulen auf die Erhebung haben aber auch gezeigt, dass die Schulleitungen vielfach nicht wissen, wann und welche Lehrkräfte an einer Fortbildungsveranstaltung teilgenommen haben, auch wenn die Maßnahmen erst in der nahen Vergangenheit stattgefunden haben. Die Angaben hierzu konnten sie meist nur durch die unmittelbare Befragung ihrer Lehrkräfte erfahren. Die tatsächliche Wirkung der Fortbildungsveranstaltungen auf das System Schule im Ganzen wird von den Schulleitungen nicht oder nur unzureichend evaluiert.

Diese Erkenntnisse lassen den Schluss zu, dass ein gezieltes Fortbildungsmanagement an den betrachteten Schulen regelmäßig nicht stattfindet. Deshalb ist zu fordern, dass die Schulleitungen künftig die Qualifikation ihrer Lehrkräfte gezielt fördern, indem sie u. a. ein Fortbildungskonzept zielorientiert gestalten und die Umsetzung des Erlernten einfordern und überwachen. Insgesamt gilt es, an der Schule ein einfaches, handhabbares Bildungscontrolling zu entwickeln, um den Fortbildungsprozess vor Ort steuern zu können.

7 Ausblick

Der Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer kommt eine große Bedeutung zu. Die aktuellen tiefgreifenden Veränderungen aller Lebensbereiche und die sich hieraus ergebenden Anforderungen an eine Wissensgesellschaft verlangen gerade von den Lehrern, die für die Zukunftsfähigkeit der jungen Generation ein hohes Maß an Verantwortung tragen, eine ständige Weiterentwicklung ihrer Fachkenntnisse und ihrer Methodenkompetenz.

Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer sollte mehr als bisher als ein Instrument der Personalentwicklung eingesetzt werden. Nach der bisherigen Praxis ist es noch zu einseitig der individuellen Initiative des Einzelnen überlassen, an Fortbildungsveranstaltungen teilzunehmen und eine entsprechende Auswahl zu treffen. Für eine bestmögliche und gezielte Qualifizierung sollte eine individuelle Fortbildungsplanung angestrebt werden und an die Stelle einer mehr oder weniger beliebigen, ggf. von dem zufälligen Interesse des Einzelnen abhängigen, Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen treten.

Individuelle Fortbildungsplanung muss Eingang finden in die Erstellung von Fortbildungsplänen an der einzelnen Schule. In diese muss außerdem allgemeiner und aktueller aufgabenbezogener Qualifizierungsbedarf aufgenommen werden, der in einem Diskurs von Schulleitung, Lehrerkollegium, Eltern und ggf. Betrieben zu konkretisieren ist; hierfür sind die Ziele möglichst präzise zu beschreiben und die Teilnehmer an entsprechenden Fortbildungsmaßnahmen gezielt auszuwählen. Damit ist insoweit die Verantwortung für die Qualifizierung der Lehrkräfte weitestgehend dezentral wahrzunehmen.

Im Verhältnis der verschiedenen Ebenen der Fortbildung sollte die jeweilige Aufgabenwahrnehmung überprüft werden und zwar auch unter dem Aspekt eines besseren Ressourceneinsatzes. Die Einrichtungen der zentralen Lehrerfortbildung sollten vorwiegend den strategischen Fortbildungsbedarf abdecken und sich zudem mehr der konzeptionellen Arbeit widmen, wie z. B. Entwicklung neuer fachlicher Fortbildungsprogramme oder neuer Fortbildungsinstrumente; damit könnte auch das Ministerium entlastet werden.

Ein wichtiges Anliegen muss vor allem der Aufbau eines wirkungsvollen Fortbildungscontrolling werden. Hierzu gehört eine systematische Erfassung der Wirkungen von Fortbildungsmaßnahmen und zwar sowohl im Rahmen der Personalentwicklung als auch in Bezug auf die Qualität von Unterricht. Die Auswertung der Angaben von Teilnehmern an zentralen Fortbildungsmaßnahmen zur Beurteilung von Veranstaltungen, wie sie bereits praktiziert wird, ist zwar wichtig, ist aber für ein effektives Fortbildungscontrolling zu wenig. Auch die Erfassung der Kosten von Fortbildung und darauf aufbauend die Analyse des Kosten-Nutzen-Verhältnisses von Fortbildungsmaßnahmen darf nicht fehlen.

8 Stellungnahme des Ministeriums

Das KM stimmt den Ausführungen des RH zur Bedeutung der Fortbildung gerade im Schulbereich ausdrücklich zu. Ein Vergleich mit der freien Wirtschaft zeige allerdings, dass dort entsprechende Werte für die Fortbildung der Beschäftigten etwa doppelt so hoch lägen. Unterstützt würden insbesondere die Empfehlungen zur Förderung einer systematischen Personalentwicklung und Fortbildungsplanung. Gerade Baden-Württemberg habe in der Lehrerfortbildung in den letzten Jahren diesen Ansatz sowohl in landesinternen als auch länderübergreifenden Initiativen zur Weiterentwicklung der schulbezogenen Beratung und Fortbildung eingebracht und nachhaltig verfolgt. Dementsprechend sei auch eine entsprechende Struktur zur Bedarfsermittlung und Themenplanung hier bereits im Aufbau.

Bezüglich der Freiwilligkeit der Fortbildung solle nach Auffassung des KM das Fortbildungsverhalten der einzelnen Lehrkraft rückgebunden sein in eine systematische Fortbildungsplanung auf Schulebene. Es betreibe deshalb bereits mit Nachdruck systematisch eine derartige Planung an Schulen und könne auf eine Vielzahl entsprechender Initiativen in allen Schularten verweisen, obwohl hier ein Optimierungsbedarf durchaus noch gesehen werde. In diesem Punkt trete das KM den entsprechenden Empfehlungen des RH ausdrücklich bei.

Im Übrigen seinen dezentrale schulnahe und schulinterne Beratungs- und Fortbildungsmaßnahmen vom KM in den letzten Jahren deutlich gestärkt worden. Allerdings steige damit in der Konsequenz der Qualifizierungsbedarf des in der dezentralen Beratung und Fortbildung eingesetzten Personals, der wiederum zentral in Akademiefortbildung abzudecken sei.

Eine Ausweitung der zeitlichen Belegungskapazität habe nach Vorstellung des KM neben der Berücksichtigung von zusätzlichen Zielgruppen die Schaffung besserer Anreizsysteme für nachhaltiges Fortbildungsverhalten zur Voraussetzung. Bedingung sei außerdem die Schaffung marktgerechter Honorierungsmöglichkeiten für Fortbildungspersonal, die auch den Einsatz externen Personals ermögliche.

Hinsichtlich der Ausführungen zum Modellversuch SAL Calw GmbH verweist das KM auf die Stellungnahme des FM. Aus dessen Sicht sei festzustellen, dass neben den monetären Erfolgen die angestrebten nicht monetären synergetischen Verbesserungen ebenfalls im hohen Maße erreicht worden seien.

Mit dem Aufbau eines vom RH empfohlenen Bildungscontrolling würde sicherlich forschungsmäßiges und verfahrenstechnisches Neuland betreten - wie dies z. B. auch in dem im Jahr 2000 veröffentlichten Bericht „Perspektiven der Lehrerbildung in Deutschland“ der von der KMK eingesetzten Gemischten Kommission Lehrerbildung deutlich zum Ausdruck gebracht werde. Entsprechende Evaluationsverfahren in Kooperation mit der Wissenschaft zu entwickeln und exemplarisch an Fortbildungsprojekten durchzuführen werde eine der neuen Aufgaben des Landesinstituts für Erziehung und Unterricht sein, dessen Umstrukturierung gerade vom KM vorbereitet werde.


Anhänge

Einzelplan 05: Justizministerium

Das Justizministerium hat zahlreiche Planstellen für Richter und Staatsanwälte mit Richtern auf Probe besetzt. Dadurch werden die von der Planstellenzahl abhängigen Beförderungsmöglichkeiten erhöht. 38 Planstellen sollten sukzessive in Stellen für Hilfskräfte umgewandelt werden.


1 Ausgangslage

Der RH hat die Personalbewirtschaftung des JuM bei den Kap. 0501 und 0503 erneut stichprobenweise geprüft. Bereits in der Denkschrift 1990 Nr. 26 kritisierte der RH, dass in beträchtlichem Umfang Planstellen für Richter und Staatsanwälte mit Richtern auf Probe besetzt und dadurch zusätzliche Beförderungsmöglichkeiten geschaffen worden waren.

2 Richter auf Probe

2.1 Stellen für beamtete und richterliche Hilfskräfte

Für Staatsanwälte und Richter werden vor ihrer Anstellung „auf Lebenszeit“ grundsätzlich sog. „Stellen für beamtete und richterliche Hilfskräfte“ in Anwendung von § 17 LHO ausgebracht. In der Denkschrift 1990 hatte der RH die Umwandlung von mindestens 150 Planstellen in derartige Stellen angemahnt, da im Jahr 1989 für rd. 170 Richter auf Probe nur sechs Stellen für Hilfskräfte ausgebracht waren. Die Anzahl dieser Stellen wurde daraufhin im Jahr 1994 auf 82 erhöht. In der Folgezeit gingen sie jedoch wieder kontinuierlich auf 24 Stellen im StHpl. 2001 zurück (Schaubild 1). Im Juni 2000 waren jedoch 231 Richter auf Probe auf 213,5 Stellen vorhanden.

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Die Richter auf Probe werden somit weit überwiegend nicht auf Stellen für Hilfskräfte, sondern als Ersatzkräfte auf Planstellen von abgeordneten, sich im Erziehungsurlaub befindlichen oder beurlaubten Richtern und in großem Umfang auf freien Planstellen geführt (Übersicht 1).

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Während nach einer Umfrage des FM in der gesamten Landesverwaltung etwa ein Drittel aller durch Erziehungsurlaub freien Stellen zur Sicherstellung der Anstellung entsprechend den VV zu § 49 LHO unbesetzt bleiben, werden vom JuM grundsätzlich alle entsprechenden Planstellen mit Ersatzkräften besetzt. Teilweise stellt das JuM sogar zweite Ersatzkräfte ein. Durch diese offensive Einstellungspolitik von Ersatzkräften ergaben sich Probleme bei der Anstellung von Richtern auf Probe nach der üblichen 3jährigen Probezeit. Obwohl in den letzten Jahren Stellen für Hilfskräfte in Planstellen umgewandelt und im Rahmen von Stelleneinsparungen statt Planstellen Stellen für Hilfskräfte abgebaut wurden, dauerte im Erhebungszeitpunkt bei 81 der 231 Richter auf Probe die Probezeit bereits länger als drei Jahre.

Die Stellenzahl für Hilfskräfte sollte sich nach Auffassung des RH grundsätzlich daran orientieren, wie viele Richter auf Probe voraussichtlich nach der üblichen Probezeit angestellt werden können. Wenn man dabei die zu erwartenden Altersabgänge einerseits und die vorgesehenen Stelleneinsparungen andererseits berücksichtigt, sind dies in den nächsten Jahren statt der derzeit 24 voraussichtlich 162 Stellen. Der RH hält deshalb in den nächsten Jahren eine Umwandlung von 138 R 1-Planstellen in Hilfskräftestellen für sachgerecht. Als Sofortmaßnahme hat er gebeten, im nächsten StHpl. bei den Planstellen entsprechende ku-Vermerke auszubringen.

Das JuM hält bei der derzeitigen Personalsituation in der Justiz die Umwandlung von 138 R 1-Planstellen in Stellen für richterliche Hilfskräfte in den nächsten Jahren nicht für vertretbar. Es befürchtet, dass dann ein erheblicher Teil der Hilfskräftestellen nicht besetzt werden könnte, weil eine sichere Anstellung der Richter auf Probe nicht mehr zu gewährleisten sei. Im Ergebnis bedeute dies ein weiteres, für die ordentliche Gerichtsbarkeit nicht verkraftbares Stelleneinsparprogramm.

Die vom JuM befürchteten Auswirkungen können jedoch vermieden werden, wenn im nächsten StHpl. 138 Umwandlungsvermerke ausgebracht und diese nur sukzessive entsprechend der jeweils nicht für Anstellungen zwingend benötigten Planstellen vollzogen werden.

2.2 Beförderungsmöglichkeiten durch die Ausbringung von Planstellen

Die Dotierung von Beförderungsstellen in der Besoldungsordnung R richtet sich regelmäßig nach der Zahl der im jeweiligen Bereich vorhandenen Planstellen. Die Ausbringung von Planstellen für Richter auf Probe erhöht daher die Beförderungsmöglichkeiten. Bei einer Umwandlung von 138 Planstellen in Stellen für Hilfskräfte ist eine beträchtliche Zahl von Beförderungsstellen in Stellen einer niedrigeren Bes.Gr. umzuwandeln. Diese Konsequenz tritt bereits bei Ausbringung entsprechender Umwandlungsvermerke ein.

Die tatsächliche Zahl der umzuwandelnden Beförderungsstellen kann erst bei der konkreten Umsetzung ermittelt werden. Es ist von einer Bandbreite zwischen 30 und 60 Umwandlungen auszugehen. Diese betreffen primär Planstellen von Präsidenten bzw. Direktoren von Land- und Amtsgerichten und deren Stellvertretern sowie von Führungskräften bei den Staatsanwaltschaften.

Der RH hat das JuM gebeten, im nächsten StHpl. zusammen mit der Ausbringung der 138 ku-Vermerke in Stellen für Hilfskräfte auch die reduzierte Zahl der Beförderungsstellen zu ermitteln und die entsprechenden ku-Vermerke auszubringen.

3 Haushaltsvermerk bei den Richtern am Oberlandesgericht

Bei Bes.Gr. R 2 (Richter am OLG) ist in Kap. 0503 ein Haushaltsvermerk ausgebracht, wonach 15 Stellen mit Richtern besetzt werden dürfen, die zugleich das Amt eines Professors an einer wissenschaftlichen Hochschule bekleiden. Nach einer internen Absprache zwischen FM und JuM dürfen zehn der 15 Stellen ausschließlich für Professoren in Anspruch genommen werden. Zum Zeitpunkt der Erhebung wurden auf diesen Stellen jedoch sechs andere Richter geführt, obwohl für diese nur fünf Stellen vorgesehen waren. Nach Auskunft des JuM wird diese überhöhte Besetzung schon seit den 80er Jahren praktiziert.

Nach Auffassung des RH sollte die bisherige Absprache im nächsten StHpl. in einem Haushaltsvermerk eindeutig konkretisiert werden, dass zehn Stellen ausschließlich mit Richtern besetzt werden dürfen, die zugleich das Amt eines Professors an einer wissenschaftlichen Hochschule bekleiden.

Das JuM hat angekündigt, den Planvermerk bei den „Professorenrichtern“ im Rahmen der Aufstellung des StHpl. 2002/2003 entsprechend anzupassen. Die Inanspruchnahme des Planvermerks mit anderen Richtern wurde inzwischen von sechs auf fünf reduziert. Die bisherige Überschreitung um eine Stelle ginge „auf überlieferte, inzwischen leider jedoch nicht mehr konkret verifizierbare Informationen zurück“, wonach eine Bewilligung vorliegen solle, die besage, dass über den Umfang des Planvermerks hinaus eine weitere Stelle mit einem Richter besetzt werden dürfe.

4 Abordnungen und Trennungsgeld

4.1 Richter und Staatsanwälte

Zum Erhebungszeitpunkt waren 32 Richter oder Staatsanwälte an das JuM abgeordnet. In zwei Fällen dauerte die Abordnung länger als acht Jahre. Ein weiterer Richter erhielt während der Abordnung über sieben Jahre Trennungsgeld. Grundsätzlich ist die Abordnung nur zur Ausübung einer vorübergehenden Tätigkeit oder Erprobung bei einer anderen Dienststelle möglich. Auch die durch Haushaltsvermerk zugelassene Beschäftigung von Richtern, Staatsanwälten und Notariatsdirektoren auf Stellen der Bes.Gr. A 15 und A 16 ist auf fünf Jahre befristet.

Die Zahl der langfristigen Abordnungen an das JuM wurden seit dem Beitrag in der Denkschrift 1989 reduziert. Es wurden jedoch erneut Einzelfälle mit zu langer Abordnungsdauer und langjähriger Trennungsgeldgewährung festgestellt. Abordnungen über einen Zeitraum von acht Jahren sind nicht vertretbar. Die im Haushaltsvermerk genannte Frist von fünf Jahren ist nach Auffassung des RH als maximaler Zeitraum anzusehen.

Das JuM will künftig dafür Sorge tragen, dass Abordnungen von Richtern oder Staatsanwälten in Bes.Gr. R 2 an das Ministerium grundsätzlich nicht über einen Zeitraum von fünf Jahren andauern. Die Trennungsgeldzahlungen seien im Anschluss an frühere Prüfungsbemerkungen des RH reduziert worden.

4.2 Beamte des gehobenen Dienstes

Im gehobenen Dienst waren zwei Verwaltungsbeamte aus dem badischen Landesteil seit über drei Jahren an das JuM abgeordnet. Beide Bedienstete nehmen Daueraufgaben war. Den Beamten wurde für den gesamten Abordnungszeitraum Trennungsgeld gewährt.

In anderen Ressorts werden Beamte regelmäßig nach einer Erprobungsabordnung von einem halben bis maximal einem Jahr versetzt; parallel wird die Gewährung von Trennungsgeld eingestellt. Das JuM will künftig dementsprechend verfahren. Es weist jedoch darauf hin, dass Personal im gehobenen und mittleren Dienst - soweit es von Stuttgart weiter entfernt wohne - insbesondere seit Streichung der Ministerialzulage dann wohl kaum noch für einen Dienst im Ministerium gewonnen werden könne. Dies beträfe auch Bedienstete aus dem badischen Landesteil, deren Kenntnisse der Verhältnisse vor Ort für das Ministerium jedoch sehr wichtig seien. Diese Situation ergibt sich indes für alle obersten Landesbehörden.

5 Stellungnahme des Justizministeriums

Nach Auffassung des JuM hätte der aus der Umwandlung von 138 Planstellen resultierende Wegfall von Beförderungsstellen eine verheerende Wirkung auf die bisher vorhandene Bereitschaft der Richter und Staatsanwälte auf breiter Front Überlasten zu tragen. Es wäre in höchstem Maße kontraproduktiv, wenn die Besoldung einer Vielzahl von Führungspositionen und damit die Perspektive für zur Übernahme von Führungsaufgaben anstehende Richter und Staatsanwälte reduziert würde. Dies wäre auch unter dem Gesichtspunkt effektiver Führungs- und Organisationsstrukturen bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften keinesfalls sinnvoll und könnte - jedenfalls in den meisten Fällen - nicht verantwortet werden.

6 Schlussbemerkung

Nach Ansicht des RH muss sich die Zahl der Planstellen an den tatsächlich vorhandenen planmäßigen Richtern orientieren; sie kann nicht in großem Umfang auf Hilfskräfte ausgedehnt werden. Für diese sind grundsätzlich Hilfskräftestellen auszuweisen. Die Besoldung von Führungspositionen hängt von der dementsprechenden Planstellenzahl ab und darf nicht durch deren Aufblähung erhöht werden.


Anhänge

Das zwischen Finanzministerium und Justizministerium 1998 vereinbarte Finanzierungskonzept für das Elektronische Grundbuch ist gescheitert. Der Aufwand für die Erstdatenerfassung wird sich um mindestens 48 Mio. DM erhöhen. Die Rationalisierungsgewinne durch den EDV-Einsatz bleiben bisher weit hinter den ursprünglichen Erwartungen zurück. Das Justizministerium sollte alsbald ein Realisierungs- und Finanzierungskonzept entwickeln, das eine Erfassung des gesamten Grundbuchbestands bis spätestens 2010 sicherstellt.


1 Ausgangslage

Die Grundbücher konnten bis 1993 ausschließlich auf Papier geführt werden. Das Registerverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20.12.1993 ermöglicht ihre Führung in „maschineller Form als automatisierte Datei“ (Elektronisches Grundbuch - EGB). Während einige Länder bereits seit Mitte der 90er Jahre das EGB eingeführt haben, hat Baden-Württemberg erst am 20.12.1999 die landesgesetzlichen Grundlagen für das EGB geschaffen.

Das JuM hatte die Kosten für das EGB 1998 mit rd. 53 Mio. DM beziffert. Die große Bedeutung des Projekts sowohl für den Bereich der Justiz als auch für die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit Baden-Württembergs war für den RH Anlass, die Maßnahme einer Querschnittsprüfung zu unterziehen.

2 Struktur der Grundbuchämter

Während die Grundbuchämter in den anderen Bundesländern bei den Amtsgerichten angesiedelt sind, besteht in Baden-Württemberg grundsätzlich in jeder Gemeinde ein Grundbuchamt. Baden-Württemberg verfügt mit derzeit 1 088 Ämtern über mehr Grundbuchämter als alle anderen Bundesländer zusammen.

Im badischen Rechtsgebiet gibt es 384 Grundbuchämter mit kommunalem und elf Grundbuchämter mit staatlichem Personal. Im württembergischen Rechtsgebiet bestehen 233 Grundbuchämter am Sitz eines Notariats. Daneben gibt es 460 Grundbuchämter in Gemeinden ohne Notariatssitz. Die Grundbuchsachen werden dort von den beim zuständigen Notariat tätigen Bediensteten erledigt. De facto sind diese Grundbuchämter bereits heute Grundbucheinsichts- bzw. -verwahrstellen.

Die Organisationsstruktur der Grundbuchämter ist vielfältig. Für die Personal- und Sachmittelausstattung und die Unterbringung sind z. T. nur das Land, z. T. das Land und die Kommunen gemeinsam zuständig. Die Zuständigkeitsverteilung hat wiederholt zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Kommunen und dem Land geführt. Hauptstreitpunkte waren hierbei die nach Auffassung der Kommunen nicht kostendeckenden Landeszuschüsse für die Grundbuchämter. Gleichwohl haben die Kommunen bisher immer betont, dass sie die kommunale Struktur der Grundbuchämter im Interesse der Bürgernähe erhalten wollen.

Die Größenverhältnisse der Grundbuchämter sind sehr unterschiedlich. Im badischen Rechtsgebiet sind die Grundbuchämter mit staatlichem Personal durchweg überdurchschnittlich groß. Im württembergischen Rechtsgebiet gibt es Grundbuchämter am Sitz der Notariate in jeder Größenordnung. Dagegen sind die anderen Grundbuchämter insbesondere im württembergischen Rechtsgebiet weit überwiegend kleinste Behörden. Über 200 Grundbuchämter im badischen Rechtsgebiet und über 350 Grundbuchämter im württembergischen Rechtsgebiet kommen statistisch mit weniger als einer Arbeitskraft für die Erledigung der Grundbuchsachen aus.

Die stark dezentrale Organisationsstruktur der Grundbuchämter hat erhebliche Nachteile für das Land und die Kommunen. Sie erschwert nicht nur die Planung, Koordination und das Controlling für das Grundbuchwesen. Sie verursacht auch bei den Kommunen einen hohen Aufwand bei der Einführung, Ausstattung und laufenden Betreuung der DV-Programme. Gleichwohl haben die Kommunen im Gesetz zur Einführung des EGB vom 20.12.1999 ein von ihnen gefordertes Wahlrecht bezüglich der Beibehaltung oder Aufgabe ihres Grundbuchamts erhalten (Freiwilligkeitslösung). Nach überschlägigen Berechnungen des RH würde die Ablösung der derzeitigen Grundbuchamtsstruktur durch eine Zusammenfassung der kleinsten Grundbuchämter auf eine Behördengröße von beispielsweise 6 Bildschirmarbeitsplätzen/Behörde Einsparungen bei den DV-Kosten von einmalig 9,3 Mio. DM und laufend jährlich 4,0 Mio. DM bringen.

Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass die Zusammenarbeit mit einer Vielzahl von Grundbuchämtern, die in organisatorischen Teilbereichen von autonomen Entscheidungsträgern abhängig sind, schwierig ist. Die organisatorische Zersplitterung nimmt durch die gesetzliche Neuregelung künftig sogar zu, da neue Strukturen (Verwaltungsgemeinschaften, Einsichtsstellen) geschaffen werden.

Der RH ist der Auffassung, dass die dadurch entstehenden erheblichen Mehraufwendungen nicht einseitig dem Land angelastet werden können. Dies ist auch bei der künftigen Bemessung der Landeszuschüsse an die Gemeinden zu beachten.

3 Grundbuchformen und Grundbuchbestand

Im Jahr 1969 wurde in Baden-Württemberg mit der Einführung der Loseblatt-Grundbücher begonnen. Diese ermöglichen maschinenschriftliche Eintragungen auf DIN A 4-Papier. Gleichwohl existieren auch heute noch Grundbücher als sog. Folianten mit einer Sondergröße von mehr als DIN A 3. In den Folianten können Eintragungen grundsätzlich nur handschriftlich erfolgen. Die bis ins Jahr 1900 zurückreichenden Folianten enthalten oftmals Eintragungen in altdeutscher Schrift. Nicht alle Bediensteten der Grundbuchämter können diese Schrift noch lesen. In den kommenden Jahren wird sich diese Problematik weiter verschärfen.

Das JuM ging bei seinen Planungen für die Einführung des EGB davon aus, dass in Baden-Württemberg rd. 4 Mio. offene Grundbücher geführt werden, davon 2,7 Mio. bei Grundbuchämtern mit staatlichem Personal und 1,3 Mio. bei Grundbuchämtern mit kommunalem Personal im badischen Rechtsgebiet. Zur Ermittlung dieser Daten hatte das JuM - mangels eigener Statistiken - auf Verzeichnisse der Staatlichen Vermessungsverwaltung zurückgegriffen. Für die Kommunen mit städtischen Vermessungsämtern lagen diese Daten nicht vor. In den Berechnungen des JuM fehlten diese Daten bisher, z. T. waren sie fehlerhaft aufgeführt. Der RH hat die entsprechenden Daten - vorwiegend bei den Kommunen - erhoben und den Grundbuchbestand entsprechend korrigiert; das JuM hat diese Angaben im Zuge der Prüfung aktualisiert.

Der Bestand an offenen Grundbüchern in Baden-Württemberg ist in Übersicht 1 dargestellt.

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Der gesamte Grundbuchbestand in Baden-Württemberg mit rd. 4,89 Mio. Grundbüchern ist um rd. 20 % höher als vom JuM ursprünglich angenommen. Dies bedingt auch einen entsprechend höheren Aufwand für die Erstdatenerfassung. Obwohl das Loseblatt-Grundbuch vor über 30 Jahren eingeführt wurde, sind noch immer 23 % der Grundbücher in Folianten enthalten.

Das JuM führt den hohen Anteil der Grundbücher im Foliantenformat im württembergischen Rechtsgebiet in erster Linie auf die geringe „personelle Ausstattung und anderweitige Prioritäten bei der Abwicklung der Notariatsgeschäfte in den vergangenen Jahrzehnten“ zurück.

4 Personal

4.1 Personaleinsatz

Das JuM ermittelt bisher nicht, wie viele Arbeitskraftanteile (AKA) für Grundbuchsachen landesweit eingesetzt werden. Der RH hat im Zuge der Erstellung der beratenden Äußerung „Notariatsreform in Baden-Württemberg“ (DS 12/5154) für das Jahr 1998 mit einer Umfrage erhoben, wie viele AKA die Bediensteten der Notariate für Grundbuchsachen aufgewendet haben. In Übersicht 2 sind die für Grundbuchsachen eingesetzten AKA und die erledigten Grundbuchgeschäfte dargestellt. Sie enthält auch die von den Kommunen angegebenen AKA für die Grundbuchtätigkeit.

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Der hohe Personaleinsatz im badischen Rechtsgebiet wird durch den großen Anteil des kommunalen Personals geprägt. Nach den Feststellungen des RH sind die Angaben der Kommunen zu ihrem Personaleinsatz für die Grundbuchämter z. T. überhöht, da diese Bediensteten neben den Grundbuchsachen noch weitere, kommunale Aufgaben erledigen. Gleichwohl zeigt die Übersicht wesentliche Unterschiede beim Personaleinsatz für Grundbuchsachen bei den verschiedenen Grundbuchämtern auf. Im kleineren badischen Rechtsgebiet werden jedenfalls mehr AKA für die Erledigung der Grundbuchsachen eingesetzt als im größeren württembergischen Rechtsgebiet.

4.2 Personalbedarf

Für das Grundbuchwesen wurden bisher keine analytischen Personalbedarfsberechnungen durchgeführt. Nur in Ansätzen wurden Bewertungssysteme für eine gleichmäßige Personalauslastung und -verteilung entwickelt. Im württembergischen Rechtsgebiet werden auch gegenüber den Grundbuchämtern mit staatlichem Personal im badischen Rechtsgebiet noch über 80 % mehr Grundbuchgeschäfte je AKA bearbeitet.

Bei den Grundbuchämtern mit staatlichem Personal im badischen Rechtsgebiet sind nach Ansicht des RH insbesondere die ausgeprägten Vorbereitungstätigkeiten die Ursache für den höheren Personalaufwand. Diese führen zu einer teilweise doppelten Bearbeitung. Der Grundbuchbeamte prüft in weitem Umfang nochmals nach, was die Unterstützungskraft - der sog. Beschließer - schon geprüft hat. In anderen Ländern, beispielsweise in Bayern, Hamburg oder Sachsen, werden durch die Unterstützungskräfte bei den Grundbuchämtern keine Eintragungen vorbereitet.

Der RH hält im Grundbuchbereich eine analytische Personalbedarfsermittlung für erforderlich. Die Ablauforganisation bei den elf Grundbuchämtern mit staatlichem Personal im badischen Rechtsgebiet ist zu optimieren; die aufwändigen Vorarbeiten der Unterstützungskräfte für die Grundbuchbeamten sollten eingeschränkt werden.

Auch das JuM hält für den Grundbuchbereich eine analytische Personalbedarfsermittlung für erforderlich. Sie werde allerdings erst nach Einführung des EGB zu aussagekräftigen Ergebnissen führen. Ob eine Beschränkung der Vorarbeiten der Beschließer Kosten einspare, hält das JuM für fraglich und eine Organisationsuntersuchung darüber für eine zwingende Voraussetzung.

5 DV-Konzept

5.1 DV-Einsatz und DV-Ausstattungsplanungen

Bei den Grundbuchämtern kommt ein speziell für Baden-Württemberg entwickeltes Vorgangsbearbeitungsprogramm (FOLIA) zum Einsatz. Nachdem die Grundbuchsachen (Vorgänge) bearbeitet sind, werden die Bearbeitungsergebnisse (Eintragungen) gespeichert. Die gespeicherten Eintragungen ergeben das EGB. Ihre Speicherung erfolgt mittels eines Datenbankprogramms (EGB-Programm).

Ende des Jahres 2000 waren im badischen Rechtsgebiet die elf Grundbuchämter mit staatlichem Personal und rd. 80 von 385 Grundbuchämtern mit kommunalem Personal sowie im württembergischen Rechtsgebiet 117 von 250 Grundbuchämtern am Notariatssitz oder einer ständigen Notariatsaußenstelle mit DV und dem Programm FOLIA ausgestattet. Die bereits erfolgten und noch erforderlichen DV-Ausstattungen werden im Schaubild 1 grafisch dargestellt.

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Das JuM beabsichtigt, die noch ausstehenden 134 württembergischen Grundbuchämter, für die das Land ausstattungspflichtig ist, bis Ende 2003 mit DV und dem Programm FOLIA auszustatten. Die Finanzierung des Vorhabens EGB sollte nach bisheriger Planung über den IuK-Strukturpool erfolgen.

Nach Auffassung des RH ist der plangerechten Installation der DV-Geräte und des Programms FOLIA sowie der abgestimmten Schulung der Bediensteten weiterhin besonderes Augenmerk zu schenken. Das JuM sollte seine Bemühungen um die zeitnahe DV-Einführung bei den Grundbuchämtern mit kommunalem Personal intensivieren.

5.2 Entwicklung des DV-Programms FOLIA

Am 02.01.1990 erteilte das JuM der DV-Stelle Justiz den Projektauftrag für die Entwicklung und Einführung eines DV-Programms zur Unterstützung der Grundbuchämter. Erst 1993 wurde eine Firma mit der Erstellung des fachlichen und DV-technischen Feinkonzepts für das DV-Programm beauftragt. Das Programm wurde vom JuM nach einem Testbetrieb 1996 zum „Echteinsatz“ freigegeben.

Zwischen der Erteilung des Projektauftrags und der Beauftragung der DV-Firma lag ein Zeitraum von über drei Jahren, vom Beginn der Entwicklung bis zum „Echteinsatz“ vergingen weitere 3,5 Jahre. Insgesamt waren somit fast sieben Jahre vergangen, bis das Programm einsatzbereit war.

Der RH ist der Auffassung, dass ein Zeitraum von fast sieben Jahren für die Realisierung eines DV-Vorhabens erheblich zu lang ist. Falls eine schnelle Gesamtlösung nicht erzielt werden kann, muss ein Vorhaben in einzelne Module zerlegt werden, damit der Praxis in angemessener Zeit wenigstens für Teilbereiche Lösungen zur Verfügung stehen.

5.3 Entwicklung des Elektronischen Grundbuch-Programms

Das JuM hatte bei der Vergabe der Programmentwicklung für das EGB die Wahl zwischen dem Einsatz des seit 1995 vorhandenen Programms SOLUM-STAR und einer Neuprogrammierung. SOLUM-STAR, das inzwischen in zwölf Ländern eingesetzt wird, hätte insbesondere an die dezentrale Struktur in Baden-Württemberg und die Funktionalität von FOLIA angepasst werden müssen. Das JuM entschied sich für eine Neuprogrammierung. Diese umfasst das sog. EGB1-Programm zur Unterstützung der Erstdatenerfassung und das EGB-Programm für die zentrale Grundbuchspeicherstelle. Ein Vertrag über die Programmentwicklung wurde am 30.12.1998 geschlossen.

Das EGB1-Programm wurde von Mai 2000 bis Januar 2001 bei acht Grundbuchämtern getestet. Die endgültige Abnahme erfolgte im Februar 2001. Das EGB-Programm befindet sich noch in der Entwicklungsphase. Es muss spätestens zum 01.01.2002 verfügbar sein, um den vom JuM angestrebten Betriebsbeginn der zentralen Grundbuchspeicherstelle zu ermöglichen.

Die EGB können entweder nach einer Scan-Erfassung als Grafikdatei (nicht codierte Informationen - nci-Daten) oder nach einer Tastaturerfassung bzw. Texterkennung der Grafikdatei als Datei mit codierten Informationen (ci-Daten) angelegt werden. Mit dem Programm FOLIA können nur ci-Daten verarbeitet werden. Dagegen können mit SOLUM-STAR die unterschiedlichen Datenformate nebeneinander bearbeitet, nicht aber nci- in ci-Daten umgewandelt werden. Falls EGB mittels Scan-Erfassung angelegt werden, besteht bei SOLUM-STAR auf lange Sicht kein homogener Datenbestand.

Die vom JuM gewählte Lösung - Einsatz von FOLIA, Neuprogrammierung eines EGB-Programms und Anlage der EGB als ci-Datensätze - bietet hier Vorteile. Durch die homogene Datenstruktur im ci-Format sind vielfältige Recherchen möglich, der Speicherplatzbedarf ist wesentlich geringer und die Datenübertragungszeiten sind kürzer.

Der bei SOLUM-STAR enthaltenen Möglichkeit, nci- und ci-Daten innerhalb eines Grundbuchblatts kombinieren zu können, kam nach dem Konzept des JuM „keine ausschlaggebende Bedeutung zu“. Bei dieser Entscheidung ging das JuM davon aus, dass die Erstdatenerfassung durch Tastatureingabe erfolgt und keine Scan-Lösung angestrebt wird.

Im April 1999 ergänzte das JuM seinen Entwicklungsauftrag für das EGB-Programm dahingehend, dass auch die Funktionalität zur Verwaltung von nci-Daten enthalten ist. Die nci-Daten können damit zwar verwaltet, nicht aber bearbeitet werden. Im Jahr 2000 entschied es entgegen seinen ursprünglichen Planungen, dass rd. 800 000 Grundbücher mittels Scanner erfasst werden sollen. Nach derzeitigem Stand der Technik ist eine Umwandlung der nci-Daten in strukturierte ci-Daten nicht möglich. Daher müssen die mittels Scanner erfassten Grundbücher bei der nächst folgenden Bearbeitung über Tastatur nochmals ganz erfasst werden. Die fehlende Möglichkeit der Parallelbearbeitung von ci- und nci-Daten bei FOLIA erweist sich nunmehr als Nachteil. Die Scanerfassung der 800 000 Grundbücher verursacht 2,9 Mio. DM und die Tastaturerfassung weitere 16 Mio. DM Kosten.

Der RH stellt die vom JuM vorgetragenen Programmvorteile von FOLIA gegenüber SOLUM-STAR nicht in Frage. Angesichts des hohen Aufwands für die Erstdatenerfassung ist er aber der Auffassung, das JuM hätte eine Funktionalität zum Parallelbetrieb von ci- und nci-Daten vorsehen sollen.

5.4 Stellungnahme des Justizministeriums

Das JuM weist darauf hin, seine Planungen für die Installation der DV-Geräte seien bisher nicht nur eingehalten, sondern sogar übertroffen worden. Durch die inzwischen kostenlose Überlassung von FOLIA an die Grundbuchämter mit kommunalem Personal im badischen Rechtsgebiet habe sich die DV-Einführung dort deutlich beschleunigt. Die lange Einführungszeit für FOLIA sei u. a. durch die Ausarbeitung detaillierter Konzepte und Anpassungen des Programms an die weiteren Entwicklungen der Windowswelt begründet.

Die Möglichkeit, ci- und nci-Daten innerhalb eines Grundbuchblattes zu mischen, halte es nach wie vor für unzweckmäßig, wie auch die langen Übertragungszeiten in den SOLUM-Ländern zeigten. Die zusätzliche Scannerfassung sei zudem die notwendige Vorstufe für eine kostengünstige Texterkennung. Hierfür würden sich inzwischen konkrete Lösungen abzeichnen.

6 Finanzierungskonzept des Elektronischen Grundbuchs

6.1 Zielvereinbarung

Die bis 1998 für den Grundbuchbereich vorhandenen Haushaltsmittel erlaubten zwar die Entwicklung des Programms FOLIA, nicht aber eine flächendeckende Ausstattung der Grundbuchämter mit dem Programm. Eine Finanzierungsmöglichkeit eröffnete sich, als der Ministerrat am 15.12.1997 die Einrichtung eines IuK-Strukturpools beschloss. Damit sollte die Finanzierung von DV-Projekten ermöglicht werden, die sonst nicht zu realisieren wären (s. auch DS 2000 Nr. 9 - Sonderfonds Informations- und Kommunikations-Pool).

Nach Auffassung des JuM eignete sich das Projekt EGB für eine Finanzierung durch den IuK-Strukturpool. Am 09.06.1998 schlossen das JuM und das FM eine Zielvereinbarung zur Umsetzung des Vorhabens EGB ab. Danach erhält das JuM die erforderlichen Mittel zur Durchführung des Vorhabens aus dem IuK-Strukturpool und sichert die Rückführung dieser Mittel bis zum Jahr 2005 zu. Mit den Investitionen sollte 1998 begonnen werden. Wesentliche finanzwirksame Positionen der Zielvereinbarung sind:

  • Der Finanzbedarf aus dem IuK-Strukturpool beträgt rd. 52,9 Mio. DM in den Jahren 1998 bis 2005 (ohne Kosten der Zwischenfinanzierung).

 

  • Es werden rd. 54,6 Mio. DM Einnahmen und Einsparungen in den Jahren 1999 bis 2005 erzielt.

 

  • Die höchste tatsächliche Belastung des IuK-Strukturpools beträgt rd. 16,2 Mio. DM im Jahr 2002. Danach sinkt die Belastung wieder. Im Jahr 2005 hat sich das Vorhaben amortisiert. Nach der Amortisation werden durch das Vorhaben jährliche Überschüsse von 6 Mio. DM erwartet.

Nach diesen Basisdaten wäre das Vorhaben EGB wirtschaftlich zu betreiben bzw. „sich selbst refinanzierend“. Der Amortisationszeitpunkt wäre nach sieben Jahren erreicht und läge damit im Rahmen der im IuK-Strukturpool in Ausnahmefällen grundsätzlich möglichen maximalen Laufzeit von zwölf Jahren.

In der Folgezeit stellte sich heraus, dass die in der Zielvereinbarung enthaltenen Ansätze nicht realisiert werden können. Das JuM sieht nach einem Schreiben an das FM vom 05.07.2000 insbesondere Änderungsbedarf bei den in Übersicht 3 dargestellten Sachverhalten.

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Neben den in der Übersicht 3 enthaltenen Sachverhalten ergeben sich für das Projekt EGB höhere Kosten für den Anschluss der Grundbuchämter an das LVN III von geschätzt 1,3 - 3,8 Mio. DM/Jahr. Durch das Outsourcing des LVN müssen alle Dienststellen, die an das LVN angeschlossen sind, mit neuen Kostenbeträgen kalkulieren. Nach Auffassung des JuM waren diese Änderungen zum Zeitpunkt der Kalkulation für das EGB nicht vorhersehbar.

Auf der Basis der bisherigen Berechnungsmethode wäre nach Kalkulationen des JuM eine Amortisation des EGB-Projekts nunmehr nicht mehr zu erwarten. Nach seiner Auffassung sollen die Finanzierungsgrundlagen korrigiert werden. Ein Anteil von 30 % des Grundbuchbestands soll mittels Scanner, ein weiterer Anteil von mindestens 25 % durch Fremdvergabe erfasst werden. Hierfür würden geschätzte Kosten von 23 Mio. DM anfallen, die ebenso wie die Kosten für das LVN III außerhalb des Strukturpools finanziert werden sollen.

Das JuM und das FM haben sich bislang noch nicht auf ein gemeinsames Finanzierungskonzept für die Fortführung des Projekts verständigt. Es ist derzeit offen, ob das Projekt ganz oder teilweise innerhalb des IuK-Strukturpools fortgeführt oder eine „klassische“ Haushaltsfinanzierung realisiert wird. Entscheidungen des Ministerrats und des Haushaltsgesetzgebers stehen noch aus.

Die in der Zielvereinbarung enthaltenen Annahmen des JuM zu den Abrufgebühren, den Personaleinsparungen und dem Erstdaten-Erfassungsaufwand waren aus folgenden Gründen unrealistisch.

6.2 Abrufgebühren

Nach Auffassung des JuM lassen sich durch Gebühren im automatisierten Abrufverfahren auch unter Berücksichtigung evtl. im Gegenzug wegfallender Gebühren für Grundbuchabschriften Mehreinnahmen erzielen. Die bisherigen Gebühreneinnahmen für Grundbuchabschriften sind der Justiz nicht bekannt. In der Zielvereinbarung vom 09.06.1998 wurden bereits ab dem Jahr 1999 Mehreinnahmen aus Abrufgebühren von zunächst rd. 1 Mio. DM/Jahr angesetzt. Die Mehreinnahmen sollten jährlich um rd. 0,8 Mio. DM bis auf 5 Mio. DM/Jahr ab 2004 steigen. Bei Abschluss der Zielvereinbarung war weder das EGB-Programm fertig gestellt, noch war die Mehrzahl der Grundbuchämter mit DV ausgestattet. Tatsächlich wurde der Auftrag zur EGB-Programmierung erst am 30.12.1998 erteilt. Das EGB-Programm wird voraussichtlich erst im Laufe des Jahres 2001 fertiggestellt. Die Einrichtung der „Zentralen Stelle“ wird frühestens zum 01.01.2002 möglich sein.

Das JuM geht inzwischen davon aus, dass Einnahmen aus dem automatisierten Abrufverfahren erst ab 2002 anfallen werden. Bis zum Ende des geplanten Amortisationszeitpunkts 2005 werden voraussichtlich 14 Mio. DM geringere Einnahmen erzielt.

Der Zielvereinbarung lag die Annahme des JuM zu Grunde, innerhalb von knapp sieben Monaten das EGB-Programm fertig stellen sowie die Mehrzahl der Grundbuchämter mit DV ausstatten zu können. Dem RH erscheint diese Annahme auch aus damaliger Sicht als unrealistisch. Im Übrigen hat er das JuM gebeten, die derzeitigen Einnahmen für die Erteilung von Grundbuchabschriften zu ermitteln, damit die Prognosen des JuM bezüglich der Mehreinnahmen für das automatisierte Abrufverfahren überprüfbar sind.

6.3 Personaleinsparungen

Die „Gemeinsame DV-Stelle Justiz“ hat 1994 erstmals die Wirtschaftlichkeit des Verfahrenseinsatzes von FOLIA beschrieben. Danach sollte im Grundbuchbereich das Personal um durchschnittlich 27 % entlastet werden. Insgesamt hätte das rechnerische Entlastungspotenzial rd. 185 Stellen entsprochen. Nach Auffassung der DV-Stelle Justiz ließ sich diese Erwartung nicht bzw. nur mit immens hohem Aufwand untermauern; eine eigene Untersuchung hierfür unterblieb deshalb.

Der RH hält den Verzicht auf eine detaillierte Ermittlung des Einsparvolumens bei einem Projekt mit Gesamtkosten von deutlich über 50 Mio. DM für bemerkenswert.

In der zwischen JuM und FM geschlossenen Zielvereinbarung vom 08.06.1998 und der zu Grunde liegenden Wirtschaftlichkeitsberechnung wird von einem Einsparungsvolumen von 140 Stellen ausgegangen. Dies entspricht rd. 20 % der 1998 eingesetzten Grundbuch-AKA. Eine analytische Ermittlung des Einsparungsvolumens erfolgte wiederum nicht.

Erst 1999/2000 wurde eine justizinterne Organisationsuntersuchung zur Feststellung der Rationalisierungseffekte von FOLIA durchgeführt. Nach deren Ergebnis wird das Personal in Grundbuchsachen durch FOLIA während der Zeit des Papiergrundbuchs um 6 % entlastet. Durch das EGB ließen sich weitere Einspareffekte erzielen, die noch ermittelt werden müssten, wenn das EGB eingeführt sei. Das JuM hat dem FM am 05.07.2000 mitgeteilt, dass auf Grund des nunmehr ermittelten Rationalisierungspotenzials von 6 % statt der bisher vorgesehenen 140 Stellen nur 50 Stellen abgebaut werden können. Auf das weitere Einsparpotenzial durch das EGB-Programm wurde nicht hingewiesen. Entscheidungen über die weitere Personalentwicklung stehen noch aus.

Der RH hält es für einen gravierenden Mangel im bisherigen Projektverlauf, dass vor der DV-Einführung keine analytische Berechnung des Personalbedarfs im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsberechnungen vorgenommen wurde. Dadurch ist kein Vergleich des Personalbedarfs vor und nach der DV-Einführung möglich. Somit werden auch alle künftigen Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen für die DV-Verfahren ungenau und letztlich Schätzungen sein.

Das JuM hat gegenüber dem FM das zu erwartende Einsparungsvolumen von 20 % auf 6 % reduziert. Ohne Berücksichtigung des durch das EGB weiter möglichen Rationalisierungspotenzials wurde damit ein zentraler Baustein des Finanzierungskonzepts in Frage gestellt. Nach Auffassung des RH ist das durch das EGB-Programm mögliche Rationalisierungspotenzial vom JuM alsbald nach Einführung des EGB durch eine analytische Personalbedarfsberechnung zu ermitteln. Im Hinblick auf die in anderen Ländern mit dem Programm SOLUM-STAR erreichten Rationalisierungserfolge erwartet der RH, dass das JuM alle Möglichkeiten nutzt, um dem in der Zielvereinbarung angenommenen Einsparpotenzial nahe zu kommen.

6.4 Kosten der Erstdatenerfassung

6.4.1 Das JuM ging 1997 bei seinen Wirtschaftlichkeitsberechnungen von rd. 4 Mio. offenen Grundbüchern aus, davon 2,7 Mio. bei Grundbuchämtern mit staatlichem Personal. Bei Kalkulationen zum Erstdaten-Erfassungsaufwand setzte es nur für die Grundbuchämter mit staatlichem Personal einen Kostenaufwand an. Dabei wurden nur die Loseblattgrundbücher berücksichtigt, da die noch vorhandenen Folianten auch ohne die Einführung des EGB umzuschreiben wären. In der Berechnung des Erfassungsaufwands wurden daher nur rd. 2 Mio. Grundbücher berücksichtigt. Auch die 1998 mit dem FM abgeschlossene Zielvereinbarung beruht auf diesem Ansatz.

Diese Wirtschaftlichkeitsberechnungen des JuM sind zu unterscheiden von Realisierungskonzepten. Für die Betrachtung der Wirtschaftlichkeit eines Projekts kann es richtig sein, einen ohnehin anfallenden Aufwand nicht zu berücksichtigen. Dagegen muss ein Realisierungskonzept die erfolgreiche Umsetzung des gesamten Vorhabens ermöglichen.

Die Umschreibung der noch vorhandenen Folianten in Loseblattgrundbücher unterblieb bisher, da hierfür keine Personalkapazität vorhanden war. Auch für die Zeit nach 1997 hatte das JuM hierfür kein zusätzliches Personal vorgesehen. Die vollständige Realisierung der Erstdatenerfassung war somit nicht absehbar.

Das JuM hatte den Grundbuchbestand um etwa 20 % zu niedrig angesetzt, weil insbesondere Bestände in einzelnen Kommunen mit städtischen Vermessungsämtern nicht vollständig berücksichtigt worden waren. Weiterhin muss - unabhängig von Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen - der Erstdatenerfassungsaufwand des Gesamtbestands der Grundbücher einschließlich der Folianten gesichert sein. Auch in anderen Ländern wird der gesamte Grundbuchbestand erfasst. Daher muss - ohne den kommunalen Bereich - von einem Erfassungsvolumen von rd. 3,3 Mio. Grundbüchern ausgegangen werden. Dieses liegt um mehr als 60 % über den in der Zielvereinbarung enthaltenen Annahmen.

Die Vorschläge des JuM zur Anpassung der Zielvereinbarung vom Juli 2000 weisen zwar verbal auf die Notwendigkeit der Erfassung der Folianten hin. Ein Gesamtkonzept, aus dem sich eine Vollerfassung aller Grundbuchbestände bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ergibt, ist hieraus jedoch nicht ersichtlich.

6.4.2 Nach dem derzeitigen Stand der Technik ist davon auszugehen, dass alle EGB in Baden-Württemberg letztlich mittels Tastatur zu erfassen sind. Das JuM hat für die Tastaturerfassung in den vergangenen Jahren verschiedene Annahmen zu Grunde gelegt.

Im „Abschlussbericht der Arbeitsgruppe des JuM EGB“ von 1997 basierten die Berechnungen zum Erstdatenerfassungsaufwand auf einer erforderlichen Erfassungszeit von 15 Minuten/Grundbuch. Bei einem (zu gering) veranschlagten Erfassungsvolumen von 2,7 Mio. Grundbüchern im staatlichen Bereich und einer Begrenzung auf die rd. 2 Mio. Loseblatt-Grundbücher ergab sich ein Erfassungsaufwand von 30 Mio. DM.

Nach der „Konzeption und Wirtschaftlichkeitsberechnung“ des JuM von 1998 sollte die Erstdatenerfassung der Loseblatt-Grundbücher bei den Grundbuchämtern mit staatlichem Personal durch die Bediensteten der Grundbuchämter erfolgen. Das erforderliche Potenzial sollte über die Rationalisierungsgewinne durch den DV-Einsatz und einen um zwei Jahre nach dessen Beginn verschobenen Personalabbau gewonnen werden. Ein gesonderter Finanzmittelbedarf für die Erstdatenerfassung wurde nicht mehr ausgewiesen.

Die vom JuM prognostizierten und nach der Zielvereinbarung um zwei Jahre verzögerten Stelleneinsparungen hätten von 1998 bis 2005 ein Bearbeitungspotenzial von 180 Personenjahren für die Erstdatenerfassung ergeben. Die 180 Personenjahre entsprechen einem kalkulierten Erstdatenerfassungsaufwand von rd. 18 Mio. DM. Gegenüber der Annahme der Arbeitsgruppe EGB im Jahr 1997 wurde er fast halbiert. Hierbei wurde zwar zunächst gleichfalls ein Zeitaufwand von 15 Minuten/Grundbuch angenommen. Als Mehraufwand gegenüber der ursprünglich ins Auge gefassten Fremderfassung wurde jedoch nur ein Anteil von rd. 50 % dieses Aufwands kalkuliert, da bei einer Eigenerfassung der Aufwand für die Überprüfung der Fremddaten entfiele. Die DV-Stelle hielt zu diesem Zeitpunkt einen Erfassungsaufwand von 15 Minuten und einem Prüfaufwand von 7 Minuten je Grundbuch für erforderlich.

Das JuM geht inzwischen von einem Zeitbedarf von 20 Minuten/Grundbuch aus. Dieser Wert erscheint aus Sicht des RH immer noch optimistisch. Bei Ansatz dieses Wertes und des gesamten Grundbuchbestands ergibt sich der in Übersicht 4 dargestellte Erfassungsaufwand für die Anlegung der EGB.

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Die Erfassung aller Grundbücher würde einen Arbeitsaufwand von 965 Personenjahren erfordern. Bei Berücksichtigung von Personal- und Sachkosten von rd. 100 TDM/Jahr, was dem durchschnittlichen Kostenaufwand für eine Schreibkraft entspricht, ergibt sich ein finanzieller Gesamtaufwand von rd. 97 Mio. DM. Hiervon entfallen rd. 66 Mio. DM auf die mit staatlichem Personal besetzten Grundbuchämter, und zwar rd. 19 Mio. DM auf die Folianten und rd. 47 Mio. DM auf die Loseblatt-Grundbücher.

Der Aufwand von 66 Mio. DM auf Seiten des Landes liegt deutlich über den Annahmen im „Abschlussbericht der Arbeitsgruppe des JuM EGB“ mit 30 Mio. DM. In der Zielvereinbarung 1998 wurde hiervon noch ein ersparter Prüfungsaufwand abgezogen, sodass lediglich ein rechnerischer Aufwand von 18 Mio. DM für die Erstdatenerfassung verblieb.

6.5 Folgerungen des Rechnungshofs

Das in der Zielvereinbarung 1998 enthaltene Finanzierungskonzept ist gescheitert. Die Annahmen des JuM zu Gebühreneinnahmen, Personalabbau und Erstdatenerfassung waren zu optimistisch.

Der RH sieht - obwohl sich das Gesamtprojekt zumindest in dem im IuK-Strukturpool vorgesehenen Zeitrahmen nicht selbst refinanziert - keine andere Möglichkeit, als die Maßnahme fortzuführen. Das EGB wird in allen anderen Bundesländern eingeführt; ein Verzicht hätte gravierende Nachteile für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg. Zur Vermeidung weiterer Verzögerungen sollte unverzüglich ein realistisches Gesamtkonzept mit dem Ziel erarbeitet werden, den gesamten Grundbuchbestand bis spätestens 2010 zu erfassen. Das JuM muss dabei alle möglichen Rationalisierungspotenziale ausschöpfen.

6.6 Stellungnahme des Justizministeriums

Das JuM räumt ein, dass die Erwartung, schon 1999 Abrufgebühren erzielen zu können, zu optimistisch war. Eine zusätzliche analytische Personalbedarfsberechnung habe sich aus damaliger Sicht nicht aufgedrängt; sie hätte im Übrigen die gebotene rasche Einführung des EGB erheblich verzögert. Das EGB werde ohne Zweifel weitere erhebliche Entlastungseffekte für die Anwender bringen, der Entlastungsumfang könne aber nicht vorhergesagt werden.

Die Schätzung des JuM bezüglich des zeitlichen Aufwands zur Erstdatenerfassung hätten auf den Ergebnissen der „Arbeitsgruppe des JuM EGB“ beruht. Gegenteilige Anhaltspunkte hätten sich erst im Laufe des Projekts ergeben und daher beim Finanzplan nicht berücksichtigt werden können.

7 Konzept für die Erstdatenerfassung

7.1 Ausgangsbasis

Die Erstdatenerfassung ist für die Realisierung des EGB von zentraler Bedeutung. Das der Zielvereinbarung 1998 zu Grunde liegende Konzept war durch folgende Komponenten gekennzeichnet:

  • Begrenzung des (zu niedrig angesetzten) Erfassungsvolumens auf die Loseblattgrundbücher und somit Nichtberücksichtigung der Folianten

 

  • Abbau von 140 Stellen durch Rationalisierungseffekte bis 2005

 

  • Zeitliche Verknüpfung von Rationalisierungseffekten, Personalabbau und Erstdatenerfassung, wobei die Erstdatenerfassung durch einen verzögerten Personalabbau erreicht werden sollte.

Das JuM beabsichtigt, im Jahr 2002 die Zentrale Auskunftsstelle zu eröffnen. Dafür hält es eine Erfassung von mindestens 30 % aller Grundbücher (einschließlich des Kommunalbereichs) für erforderlich. Dies entspricht rd. 1,6 Mio. Grundbüchern. Um diesen Eröffnungstermin einhalten zu können, wurde das ursprüngliche Erfassungskonzept im Interesse einer beschleunigten Erstdatenerfassung modifiziert. Neben der Erfassung durch Grundbuchamtspersonal soll nunmehr ein Teil der EGB mittels Scanner und ein weiterer Teil durch besondere Erfassungsteams angelegt werden. Die bisherigen Konzeptionen des JuM enthalten keine Aussagen, bis zu welchem Zeitpunkt die Erfassung des gesamten Grundbuchbestands abgeschlossen werden kann.

7.2 Erstdatenerfassung durch Bedienstete der Grundbuchämter

Grundsätzlich sollen die Bediensteten der Grundbuchämter bei der laufenden Bearbeitung der Grundbuchsachen gleichzeitig EGB anlegen. Die hierfür erforderliche Personalkapazität sollte durch den Rationalisierungsgewinn bei der DV-Einführung gewonnen werden.

Die Auswirkungen der in der Zielvereinbarung enthaltenen Streichung von 140 Stellen und des Rationalisierungsgewinns von 6 % durch den DV-Einsatz werden in Übersicht 5 dargestellt.

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Der vom JuM bislang ermittelte Rationalisierungsgewinn von 6 % bei Vollausstattung mit DV entspricht 42 Stellen. Dieses Volumen war durch die nach der Zielvereinbarung bereits bis zum Jahr 2000 vorgesehenen Stellenstreichungen mit 41,5 Stellen nahezu erreicht. Seitdem stand bei dieser Kalkulation aus dem Rationalisierungseffekt von FOLIA keine Personalkapazität für die Erstdatenerfassung mehr zur Verfügung. Die 1998 vereinbarte Fortführung des Stellenabbaus würde darüber hinaus zu einer Verringerung der Bearbeitungskapazitäten der Grundbuchämter gegenüber dem Stand vor der Einführung von FOLIA führen. Das Einsparvolumen von 6 % enthält noch nicht die nach der Erstdatenerfassung durch das EGB-Programm zu erwartenden, weiteren Rationalisierungspotenziale. Hierdurch wird künftig ein darüber hinaus gehendes Einsparvolumen möglich sein.

Der Justizminister hat bei der Behandlung der beratenden Äußerung „Notariatsreform in Baden-Württemberg“ im Ständigen Ausschuss des Landtags am 20.06.2000 erklärt, dass bei nächster sich bietender haushaltsmäßiger Gelegenheit eine Verstärkung um 35 Stellen im Unterstützungskräftebereich württembergischer Notariate wegen der Erstdatenerfassung für das EGB erfolgen solle (DS 12/5328, Seite 9/10). Entsprechende Entscheidungen des Haushaltsgesetzgebers wurden bisher nicht getroffen.

Nach Auffassung des RH sollte im Hinblick auf die bevorstehende Erstdatenerfassung - trotz des nach EGB-Einführung zukünftig realisierbaren weiteren Einsparpotenzials - derzeit kein weiteres Personal bei den Grundbuchämtern abgebaut werden.

7.3 Erstdatenerfassung mittels Scanner

Bei den Grundbuchämtern mit staatlichem Personal werden rd. 800 000 EGB mittels Scanner angelegt. Die hierbei entstehenden EGB im nci-Format (Grafikdatei) müssen bei der nächsten Bearbeitung nochmals durch Tastatureingabe erfasst werden. Dies erfordert gegenüber der bisherigen Grundbuchbearbeitung einen deutlich höheren Zeitaufwand. Bei Grundbuchämtern mit hohem Anteil an Grundbüchern im nci-Format muss in der Folge mit erheblichen Rückständen bei der laufenden Grundbuchbearbeitung gerechnet werden. Die Erstdatenerfassung wäre in diesen Fällen nur möglich, wenn die Bearbeitung anderer Tätigkeiten bei den Notariaten oder Grundbuchämtern zurückgestellt wird.

Die Amtsnotare im württembergischen Rechtsgebiet haben bei der notariellen Tätigkeit eine gewisse Dispositionsfreiheit. Falls die Bediensteten der Notariate durch die Grundbuchtätigkeit stark in Anspruch genommen werden, ist eine Reduzierung der Beurkundungstätigkeit zu befürchten. Im Jahr 1998 erzielten die Amtsnotariate im württembergischen Rechtsgebiet aus der notariellen Tätigkeit Einnahmen von rd. 196 Mio. DM und einen Überschuss für das Land von rd. 88 Mio. DM. Hierfür haben die Bediensteten der Notariate rd. 580 AKA aufgewendet. Je Bediensteten-AKA wurden statistisch rd. 340 000 DM Einnahmen bzw. rd. 150 000 DM Überschuss erzielt. Falls die Amtsnotariate wegen der Tastaturerfassung ihre Beurkundungstätigkeit reduzieren müssen, fallen diese Überschüsse für das Land nicht mehr an. Dies wäre in hohem Maße unwirtschaftlich. Wandern Kunden wegen nicht erhaltener Termine von den Amtsnotaren zu freien Notaren ab, können sie später nur sehr schwer zurückgewonnen werden.

Der RH ist der Auffassung, dass der Personalbestand in den Grundbuchämtern zumindest die vorgangsabhängige Erstdatenerfassung ohne Einschränkung der sonstigen Tätigkeiten ermöglichen muss.

7.4 Einsatz von Erfassungsteams

Neben der vorgangsabhängigen Erstdatenerfassung sollen nach den Planungen des JuM sog. Erfassungsteams gebildet werden, die gezielt bei einzelnen Grundbuchämtern den gesamten Grundbuchbestand erfassen. In den Erfassungsteams waren bisher insbesondere Bedienstete der Grundbuchämter und Mitarbeiter der Vermessungsverwaltung tätig. Künftig sollen sie personell aufgestockt werden; auch der Einsatz von Fremdfirmen ist vorgesehen.

Der RH hält den Einsatz von Erfassungsteams zur Erstdatenerfassung für sinnvoll. Dies ermöglicht eine baldige Umstellung ganzer Grundbuchamtsbezirke. Bei einer ausschließlich vorgangsabhängigen Erstdatenerfassung bestünde die Gefahr einer nachlassenden Motivation der Bediensteten dieser Grundbuchämter. Diese könnten befürchten, mit einer zügigen Erstdatenerfassung ihren eigenen Arbeitsplatz abzubauen.

Bis September 2000 hat das JuM Angaben über die Tätigkeiten und die Erfassungsleistungen der Erfassungsteams nur rudimentär ausgewertet. Der RH ist der Auffassung, dass bereits frühzeitig ein zielgerichtetes Controlling einzurichten ist. Im Rahmen des Controlling sollte mindestens je Grundbuchamt die Erfassungsleistung je eingesetzter AKA ermittelbar sein. Ohne ein geeignetes Controlling kann bei Fehlentwicklungen nicht rechtzeitig gegengesteuert werden. Das JuM hat inzwischen eine standardisierte Erhebung der elektronisch erfassten Grundbücher als Basis für ein Controlling vorbereitet.

7.5 Erstdatenerfassung in anderen Ländern

Der RH hat sich in anderen Bundesländern über den Stand der dortigen EGB-Einführung informiert. Auch dort zeigt sich, dass die Erstdatenerfassung das größte zu bewältigende Problem war bzw. ist.

Der Sachstand bei der Erstdatenerfassung und die Möglichkeit des automatisierten Abrufverfahrens zum EGB in anderen Bundesländern ist in Übersicht 6 dargestellt.

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In allen Ländern wurde die Erstdatenerfassung am gesamten Grundbuchbestand ausgerichtet. Sie wurde in den einzelnen Ländern zwischen 1995 und 2001 begonnen. Soweit die Projektpläne dieser Länder dem RH bekannt sind, soll die Erstdatenerfassung spätestens nach zwei bis sieben Jahren abgeschlossen sein. Vier Länder nutzen bereits die Möglichkeit des automatisierten Abrufverfahrens, die anderen Länder wollen es 2001/2002 anbieten.

Schleswig-Holstein setzt ebenso wie Baden-Württemberg im Grundbuchbereich die Programme FOLIA und EGB ein. Die Erstdatenerfassung erfolgt dort mittels Tastatureingabe. In den anderen „alten“ Flächenländern erfolgt die Erstdatenerfassung jeweils mittels Scanner. Bei ihrem Beginn lagen - anders als in Baden-Württemberg - die Papiergrundbücher in fünf alten Flächenländern nahezu vollständig im Loseblattformat vor; in zwei alten Flächenländern lag der Foliantenanteil am Grundbuchbestand bei 16 bzw. 20 %. In Sachsen lagen die Grundbücher nur teilweise im Loseblatt-Format vor. Zu einem großen Teil mussten sie nach der Wiedervereinigung ohnehin neu angelegt werden. Dies veranlasste das sächsische Staatsministerium der Justiz dazu, die EGB mittels Tastaturerfassung anzulegen.

Für die Erstdatenerfassung haben die Länder, soweit bekannt, sog. Erfassungsteams gebildet. In Sachsen sind 96 Bedienstete in Erfassungsteams tätig. Die anderen Länder konnten die Erfassungsteams mit weniger Personal ausstatten, da die Erstdatenerfassung dort mittels Scanner erfolgt.

7.6 Folgerungen des Rechnungshofs

Der RH sieht es als vordringliche Aufgabe des JuM an, ein Realisierungskonzept für die Erstdatenerfassung zu erstellen. Die Erstdatenerfassung sollte dabei - in Abweichung von den bisherigen Planungen - unter Berücksichtigung folgender Eckpunkte neu konzipiert werden:

  • Die Erstdatenerfassung in den Grundbuchämtern mit staatlichem Personal sollte die Erfassung des gesamten Grundbuchbestands (einschließlich Folianten) bis spätestens 2010 zum Ziel haben. Auf der Basis des derzeit vom JuM eher zu optimistisch geschätzten Zeitbedarfs ist hierzu auf Seiten des Landes ein Personalaufwand von 663 Personenjahren erforderlich. Dies entspricht Kosten von rd. 66 Mio. DM.

 

  • Der in der Zielvereinbarung festgelegte Personalabbau in den Grundbuchämtern sollte bis auf weiteres ausgesetzt werden.

 

  • Der Personalbestand in den Grundbuchämtern muss neben der uneingeschränkten Erledigung der sonstigen Tätigkeiten zumindest die vorgangsabhängige Erstdatenerfassung ermöglichen. Eine Einschränkung der notariellen Tätigkeit im württembergischen Rechtsgebiet muss vermieden werden.

 

  • Vor einer teilweisen Fremdvergabe der vorgangsunabhängigen Tastaturerfassung sollte die Bildung weiterer Erfassungsteams mit neu ausgebildeten Justizfachangestellten geprüft werden. Der Einsatz von Erfassungsteams muss durch ein zentrales Controlling begleitet werden.

 

  • Das vom JuM zu ermittelnde weitere Rationalisierungspotenzial durch das EGB-Programm sollte zur Verkürzung des Erfassungszeitraums verwendet werden.

7.7 Stellungnahme des Justizministeriums

Das JuM beabsichtigt, kurzfristig eine umfassende finanzielle Neukonzeption für das EGB zu erstellen, die sich mit diesen Folgerungen des RH auseinandersetzt. Inzwischen wurde der im Jahr 2000 vorgesehene Personalabbau im Umfang von 9,5 Stellen mit Einwilligung des FM gestoppt. Auch für die Folgejahre will das JuM einen Stopp des weiteren Personalabbaus erreichen. In einem Realisierungskonzept zur Erstdatenerfassung sind insbesondere vorgesehen: Einsatz eines „Erfassungstools“ bereits im Jahr 2001, personelle Aufstockung der Erfassungsteams und Entwicklung und Einsatz eines „intelligenten Texterkennungsprogramms“. Für den Bereich der Erstdatenerfassung soll ein spezielles Controlling eingerichtet werden.

8 Grundbuchämter mit kommunalem Personal

8.1 Konzentration der Grundbuchämter

Das JuM hat die Kommunen aufgefordert, sich bis Ende 2000 über das ihnen gewährte Wahlrecht bezüglich der Beibehaltung oder Aufgabe ihres Grundbuchamts zu entscheiden. Bis zum 01.03.2001 hatten 277 badische und 254 württembergische Kommunen geantwortet. Während sich die Kommunen im badischen Rechtsgebiet bisher fast vollständig (92 %) für die Beibehaltung des eigenen Grundbuchamts aussprechen, hat sich ein beachtlicher Teil (74 %) der württembergischen Kommunen dafür entschieden, das Grundbuchamt aufzugeben. Eine weitgehende Konzentration wird jedoch in keinem Landesteil erreicht werden, da im württembergischen Rechtsgebiet ohnehin über 250 Standorte für Grundbuchämter vorgesehen waren und sich ein Teil der Kommunen ohne Notariatssitz für die Beibehaltung des Grundbuchamts ausgesprochen hat.

Der Städtetag Baden-Württemberg hat in einem Rundschreiben an seine Mitglieder vom 27.06.2000 seinen Widerstand gegen die zwangsweise Erweiterung des Zuständigkeitsbezirks nach einer Konzentration von Grundbuchämtern im badischen Rechtsgebiet angekündigt. Nach seiner Auffassung bedeutet die Verpflichtung zur Übernahme eines Grundbuchamtsbezirks eine Aufgabenübertragung, sodass die daraus resultierenden Mehrbelastungen nach Art. 71 Abs. 3 LV vom Land finanziell auszugleichen seien. Notfalls soll ein Ausgleich gerichtlich erstritten werden.

Die Problematik der sog. Freiwilligkeitslösung im badischen Rechtsgebiet wird an bereits aufgetretenen Fällen deutlich, in denen eine Gemeinde ihr Grundbuchamt aufgeben will, die „aufnahmepflichtige“ Kommune am Notariatssitz wegen nicht kostendeckender Landeszuschüsse aber nicht zur Übernahme des Grundbuchbestands bereit ist.

Das JuM muss nach Auffassung des RH Lösungen suchen, um durch die Kommunalstruktur bedingte Verzögerungen bei der EGB-Einführung zu vermeiden.

8.2 Einführung des Elektronischen Grundbuchs

Bei den Grundbuchämtern mit kommunalem Personal im badischen Rechtsgebiet werden rd. 1,5 Mio. Grundbücher geführt; davon sind bereits 1,3 Mio. Grundbücher in Loseblattform (88 %) angelegt. Die Erstdatenerfassung stellt auch bei diesen Grundbuchämtern eine große Herausforderung dar.

Bis Ende 2000 haben nur rd. 20 % dieser Grundbuchämter FOLIA eingeführt. Wann die anderen Grundbuchämter mit kommunalem Personal FOLIA einführen werden, ist offen. Die Kommunen haben hierbei einen weitgehenden Gestaltungsspielraum.

Nach Auffassung des RH sollte das JuM mit Nachdruck dafür Sorge tragen, dass auch bei diesen Grundbuchämtern das EGB eingeführt wird. Er hält Lenkungsmaßnahmen des Landes mit dem Ziel einer zügigen Erstdatenerfassung der Kommunen für sachgerecht. Eine Beschleunigung der Erstdatenerfassung könnte über gestaffelte Entschädigungsleistungen des Landes an die Kommunen im badischen Rechtsgebiet erreicht werden. Beispielsweise könnten künftige Erhöhungen der Landeszuschüsse nur bei vollständiger Erstdatenerfassung gewährt werden. Als Alternative könnte das Land die Zuschüsse an die Kommunen konstant halten und den Gemeinden ein befristetes Angebot zur Übernahme der Scan-Kosten für ihre Loseblatt-Grundbücher unterbreiten.

8.3 Stellungnahme des Justizministeriums

Das JuM will die Erstdatenerfassung im Bereich der badischen Grundbuchämter mit kommunalem Personal dadurch unterstützen, dass diesen Grundbuchämtern alle vom Land finanzierten Softwarelösungen zur Erstdatenerfassung lizenzfrei zur Verfügung gestellt werden.

9 Gesamtbewertung des Justizministeriums

Das JuM stimmt in wesentlichen Kernpunkten den Prüfungsfeststellungen des RH zu. Dies sind:

  • Die Notwendigkeit der zügigen Einführung des EGB.

 

  • Der Stopp des Personalabbaus im Grundbuchbereich zur Sicherung der Erstdatenerfassung und zur Verhinderung von Einnahmeeinbrüchen im Notariat.

 

  • Die Erarbeitung eines neuen Realisierungs- und Finanzierungskonzepts für eine abgeschlossene, vollständige Erstdatenerfassung bis spätestens 2010.

Anhänge

Die Justizvollzugsanstalten zahlten den Gefangenen 1999 rd. 13 Mio. DM Arbeitslohn. Die Entlohnungsvorschriften wurden teilweise zu großzügig angewendet. Eine sachgerechte Bemessung allein der Leistungszulagen hätte zu Einsparungen von rd. 1,2 Mio. DM geführt. Im Hinblick auf die ab 2001 um 80 % angehobene gesetzliche Eckvergütung wurde eine landesweite Überprüfung der Entlohnungspraxis empfohlen.


1 Ausgangslage

Das Land hat 1999 für die Vergütung der Gefangenenarbeit in den Justizvollzugsanstalten rd. 13 Mio. DM aufgewendet. Hierin sind die zusätzlich zu zahlenden Beiträge zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von weiteren rd. 13 Mio. DM noch nicht enthalten.

Der Gefangenenlohn basierte bis zum Jahr 2000 auf einer Eckvergütung in Höhe von 5 % des durchschnittlichen Arbeitsentgelts aller Versicherten der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 01.07.1998 diese Vergütungshöhe der Gefangenenarbeit als mit dem GG unvereinbar beurteilt und eine gesetzliche Neuregelung bis zum Jahresende 2000 gefordert. Die Neuregelung der Gefangenenentlohnung im Strafvollzugsgesetz sieht ab Januar 2001 eine Erhöhung der Eckvergütung auf 9 % des Durchschnittentgelts und verschiedene nicht monetäre Maßnahmen vor. Ausgenommen hiervon sind erwachsene Untersuchungsgefangene. Nach einer überschlägigen Berechnung des JuM entstehen dem Land durch die Lohnerhöhung Mehrausgaben von fast 10 Mio. DM.

Die gesetzliche Neuregelung der Gefangenenentlohnung war Anlass zu einer landesweiten Prüfung der Entlohnungspraxis durch das StRPA Tübingen. Im Monat Mai 2000 haben insgesamt 5 830 Gefangene in den Betrieben der Justizvollzugsanstalten des Landes zumindest zeitweise gearbeitet. Durch Betriebswechsel, gleichzeitige Tätigkeit von Gefangenen an zwei Arbeitsstellen und ähnliches hat die Tätigkeit dieser Gefangenen zu 7 082 Abrechnungsfällen geführt. Diese Abrechnungsfälle dienen im Folgenden als Bezugsgröße für die Berechnungen.

2 Lohnstruktur

Das Arbeitsentgelt der Gefangenen setzt sich aus dem Grundlohn und möglichen Zulagen zusammen. Der Grundlohn wird als Zeitlohn je Arbeitsstunde oder als Leistungslohn gezahlt. Der Leistungslohn wird auf der Basis von Vorgabezeiten in Form eines Zeitakkords berechnet. Aus der Eckvergütung ergab sich im Jahr 2000 ein Tagessatz von 10,75 DM und ein Stundensatz von 1,54 DM.

Der Grundlohn ist in fünf Vergütungsstufen unterteilt, die von den Anforderungen an die jeweilige Tätigkeit abhängen. Die Lohnhöhen und die entsprechenden Anforderungen sind in Übersicht 1 dargestellt.

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Zusätzlich zum Grundlohn können den Gefangenen Zulagen für Leistung, Arbeitserschwernis, Überstunden und für Arbeit zu ungünstiger Zeit gewährt werden. Bei einer Arbeitsleistung im Normalbereich soll nach der Allgemeinen Verfügung des JuM vom 05.04.1995 keine Leistungszulage und nur bei Höchstleistung die maximale Zulage gewährt werden. Sie kann im Zeitlohn bis 30 % und im Leistungslohn bis 15 % des Grundlohnes betragen. Auf den Bereich der Leistungszulagen entfielen im Mai 2000 über 93 % aller gezahlten Zulagebeträge. Sie wurden deshalb bei der Prüfung genauer betrachtet.

3 Vergütungsstufen im Zeitlohn

Von den Justizvollzugsanstalten wird die Einordnung der Gefangenenarbeiten in die Vergütungsstufen unterschiedlich gehandhabt. Übersicht 2 zeigt diese beispielhaft bei fünf Justizvollzugsanstalten, die in ihrer Betriebsstruktur vergleichbar sind.

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Insgesamt wurden in den fünf Anstalten 35 % der Tätigkeiten nach den Vergütungsstufen IV und V entlohnt, die mindestens die Kenntnisse und Fähigkeiten eines Facharbeiters erfordern. Die Bandbreite erstreckte sich von 14 - 45 % der erfassten Abrechnungsfälle.

Der RH ist sich bewusst, dass für die Eingruppierung in eine Vergütungsstufe der einzelne Arbeitsplatz zu bewerten ist und Anstaltsvergleiche deshalb nur bedingt aussagefähig sind. Die festgestellten Unterschiede der insoweit vergleichbaren Anstalten weisen jedoch darauf hin, dass die Eingruppierungen teilweise zu großzügig vorgenommen werden.

4 Vergütungsstufen und Zeitgrade im Leistungslohn

Die im Leistungslohn in Auftrag gegebenen Arbeiten erfordern regelmäßig nicht die Kenntnisse und Fähigkeiten eines Facharbeiters; ihre Eingruppierung erfolgt meist in den Vergütungsstufen I - III. Rund 97 % der Tätigkeiten wurden in diese Vergütungsstufen eingruppiert. Im Leistungslohn richtet sich die Vergütung vor allem nach der Arbeitsmenge. Hierzu ist es erforderlich, Vorgabezeiten festzulegen und diese je nach verrichteter Arbeitsmenge anzupassen. Nach den Entlohnungsvorschriften hat eine Anpassung zu erfolgen, wenn die festgesetzte Vorgabezeit von der Mehrheit der Gefangenen um 40 % überschritten wird.

Eine Division der gezahlten Arbeitszeit durch die tatsächliche Arbeitszeit ergibt den sog. Zeitgrad. Für alle Leistungslohnarbeiten ergab sich im Mai 2000 landesweit ein durchschnittlicher Zeitgrad von 120,8 %. Die in den einzelnen Justizvollzugsanstalten erreichten Zeitgrade wiesen eine Bandbreite von 97 - 143 % auf. Auch in vergleichbaren Anstalten ergaben sich Zeitgrade zwischen 105 % und 133 %. In 16 % der Betriebe und in 18,3 % aller Leistungslohnfälle lag der Zeitgrad über 140 %.

Einen Zeitgrad von über 100 % hält der RH im Grundsatz für vertretbar. Der ermittelte durchschnittliche Zeitgrad von landesweit 120,8 % sowie die durchschnittliche Überschreitung der Vorgabezeiten um mehr als 40 % bei 16 % der Betriebe deuten jedoch in Teilbereichen auf eine zu großzügige Festsetzung der Vorgabezeiten hin. In einzelnen Fällen wurde die Überprüfung und Anpassung der festgesetzten Vorgabezeiten versäumt. Überschreitungen der Vorgabezeiten lassen sich, insbesondere bei den Unternehmerbetrieben, zwar oft erst am Ende der teilweise zeitlich kurz bemessenen Aufträge feststellen. Gleichwohl ist eine Überprüfung der Zeitgrade angezeigt, um mittelfristig überhöhte Werte anzupassen.

5 Leistungszulagen

Eine Leistungszulage kann bei Normalleistung nicht und nur bei Höchstleistung in der maximalen Höhe gewährt werden. Die tatsächliche Zulagenverteilung im Mai 2000 ist in Übersicht 3 dargestellt.

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In 73,7 % aller erfassten Abrechnungsfälle wurden Leistungszulagen gewährt. In zwei Anstalten erhielt sie nahezu jeder arbeitende Gefangene.

Im Zeitlohn wurden rd. 72,5 % aller erfassten Abrechnungsfälle vergütet. Bei 74,8 % dieser Fälle wurde eine Leistungszulage gezahlt. Die maximal mögliche Leistungszulage beträgt im Zeitlohn 30 %; im Landesdurchschnitt wurden bei Einbeziehung aller Zeitlohnempfänger 18,5 % gewährt.

Im Leistungslohn wurden rd. 27,5 % aller erfassten Fälle abgerechnet. Bei 71 % dieser Fälle wurde eine Leistungszulage gezahlt. Die maximal zulässige Leistungszulage beträgt im Leistungslohn 15 %; im Landesdurchschnitt wurden bei Einbeziehung aller Leistungslohnempfänger 10 % gewährt.

Im Mai 2000 wurden insgesamt 166 132 DM für Leistungszulagen - im Zeitlohn 138 362 DM und im Leistungslohn 27 770 DM - aufgewendet. Hochgerechnet auf das gesamte Jahr ergibt dies einen Betrag von rd. 2 Mio. DM.

Die Mehrheit der arbeitenden Gefangenen wird von den Bediensteten der Anstalten als nicht überdurchschnittlich leistungsfähig oder leistungswillig beurteilt. Da Gefangenen bei Normalleistung keine Leistungszulage zu gewähren ist, sollten deshalb nach Ansicht des RH maximal die Hälfte aller arbeitenden Gefangenen eine Leistungszulage erhalten. Dies würde dem tatsächlichen Leistungsniveau näher kommen. Weil nur bei Höchstleistung der Höchstwert der Leistungszulage gezahlt werden soll, sollte durch sachgerechte Staffelung die Zulagenhöhe im Durchschnitt aller Empfänger die Hälfte des jeweiligen Höchstwertes nicht übersteigen. Im Zeitlohn sollten demnach maximal 7,5 % der Grundlohnsumme (50 % Zulagenempfänger mit durchschnittlicher Zulage von 15 %) und im Leistungslohn maximal 3,75 % der Grundlohnsumme (50 % Zulagenempfänger mit durchschnittlicher Zulage von 7,5 %) landesweit als Orientierungswert für Leistungszulagen erreicht werden. Die tatsächliche Zulagengewährung im Mai 2000 im Vergleich zu diesen Orientierungswerten ist in Übersicht 4 dargestellt.

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Bei sachgerechter Anwendung der Entlohnungsvorschriften wäre die Gesamtsumme der Leistungszulagen im Mai 2000 nach dieser Berechnung um 99 825 DM geringer ausgefallen. Dies entspricht nach dem alten Lohnniveau einer Differenz von rd. 1,2 Mio. DM/Jahr.

Bei Ansatz der ab 2001 geltenden Vergütungshöhe werden sich die finanziellen Auswirkungen deutlich erhöhen.

6 Stellungnahme des Justizministeriums und Schlussbemerkung

Der RH hat das JuM im Oktober 2000 gebeten, im Zuge der bevorstehenden Erhöhung der Gefangenenbezüge eine landesweite Überprüfung der Löhne vorzunehmen und das finanzielle Ergebnis mitzuteilen. Das JuM hat gegen die Prüfungsfeststellungen keine Einwendungen erhoben und entsprechende Aufträge an die Justizvollzugsanstalten erteilt. Nach Durchführung der Umstellungsmaßnahmen beabsichtigt das JuM, die Lohnabrechnungen eines Kalendermonats auszuwerten, um die finanziellen Auswirkungen zu ermitteln.

Nach Auffassung des RH sollten die Einordnung in Vergütungsstufen, der durchschnittliche Zeitgrad im Leistungslohn und die Gewährung von Leistungszulagen in ein laufendes Controlling im vollzuglichen Arbeitswesen einbezogen werden.


Anhänge

Einzelplan 06: Finanzministerium

Die Privatisierung von Aufgaben im Bereich der Umweltmessungen muss als Beispiel eines missglückten Outsourcings gewertet werden. Der Rechnungshof hat Kriterien entwickelt, die künftig vor vergleichbaren Entscheidungen geprüft werden sollten.


1 Vorbemerkung

Der RH hat analysiert, wie es zur Gründung der UMEG Gesellschaft für Umweltmessungen und Umwelterhebungen mbH (UMEG) kam, wie sie sich entwickelt hat und welche finanziellen Auswirkungen dieses Outsourcing insgesamt für das Land hatte. Er formuliert auf dieser Basis Kriterien, die vor künftigen vergleichbaren Entscheidungen geprüft werden sollten.

Die Aufgaben der früheren UMEG nimmt seit Anfang 2001 eine neu errichtete Anstalt des öffentlichen Rechts wahr, weil sich die Aufgabenerledigung durch die UMEG für das Land insgesamt als unwirtschaftlich erwiesen hat.

2 Gründung der Gesellschaft

Im Jahr 1990 wurde die UMEG gegründet. Unternehmensgegenstand war die Messung, Erhebung, Speicherung, Verarbeitung, Auswertung und Sicherung von Umweltdaten aller Art, ferner die Ausarbeitung und Prüfung von Qualitätsstandards und Messverfahren in diesem Bereich.

Die Gründung der UMEG ging zurück auf die Untersuchung eines Unternehmensberaters im Auftrag des Landes. Ziel dieser Untersuchung war, zur Schaffung der organisatorischen Voraussetzungen für eine optimale Unterstützung der Landesregierung in Umweltfragen den Auftrag und die Rolle der - rechtlich unselbständigen - Landesanstalt für Umweltschutz (LfU) zu überprüfen bzw. neu zu definieren. Eine Empfehlung des Unternehmensberaters lautete, die LfU solle sich von Routine-Aufgaben trennen, die in gleicher Weise andere Stellen - primär private Einrichtungen - ausführen könnten. Hierzu zählte auch die Erhebung und Lieferung von Umweltqualitätsdaten. Da nach Auffassung des damaligen Umweltministeriums (UM) insbesondere der Betrieb und die Wartung des landesweiten Luftmessnetzes ohne Übergangsprobleme und -risiken von vorhandenen privaten Unternehmen allein nicht geleistet werden konnte, sah und verfolgte das UM von Anfang an das Ziel, ein Unternehmen in der Rechtsform der GmbH mit mehrheitlicher Landesbeteiligung zu gründen, das die auszugliedernden Aufgaben übernehmen sollte.

Der Ministerrat beauftragte das UM entsprechend dessen Kabinettsvorlage im April 1988, zusammen mit privaten Partnern die Voraussetzungen für die Gründung der UMEG zu schaffen. Die Wirtschaftlichkeit dieser Lösung sollte noch dargestellt werden. Auf dieser Basis folgte im April 1989 eine weitere Kabinettsvorlage des UM. Darin war unter anderem ein Wirtschaftlichkeitsvergleich enthalten, der zu dem Ergebnis kam, die UMEG - Lösung sei für das Land per Saldo um jährlich rd. 700 000 DM günstiger als die weitere Wahrnehmung der Aufgaben durch die LfU. Dieser Wirtschaftlichkeitsvergleich war erkennbar von dem Bemühen getragen, die gewollte Lösung zu begründen, und litt vor allem unter folgenden Mängeln:

  • Die vom Land an die UMEG zu zahlende Umsatzsteuer wurde mit der Begründung nicht als Kostenfaktor angesetzt, dass sie - nach Abzug der Vorsteuer - der öffentlichen Hand zugute käme. Dass unter Berücksichtigung der gesetzlichen Verteilungsmechanismen nach damals vorliegenden Berechnungen des FM das Land tatsächlich davon nur knapp 5 % behalten würde, war zwar bekannt; Folgerungen hieraus wurden aber nicht gezogen.

 

  • Bei der LfU - Lösung im Falle des Vollausbaus des Messnetzes entstehende Personalmehrkosten in Höhe von rd. 3 Mio. DM sollten bei der UMEG - Lösung durch Leistungen Dritter in Höhe von nur 1 Mio. DM ausgeglichen werden können (und das, obwohl bekannt war, dass das Personalkostenniveau dieser Dritten deutlich über dem des Landes für vergleichbare Angestellte lag).

 

  • Zwangsläufig im Falle der UMEG - Lösung zusätzlich entstehende Kosten von erheblichem Gewicht wurden ignoriert (Körperschaft- und Gewerbesteuer, Jahresabschluss- und Prüfungskosten).

Diese gravierenden Mängel belegen, dass der Wirtschaftlichkeitsvergleich nicht einmal handwerklichen Mindestanforderungen genügte. Besonders fällt dabei das Ignorieren der Umsatzsteuerbelastung ins Gewicht. Im Vorfeld der Kabinettsentscheidung hatten der RH und auch das FM deutlich hierauf und auf die Unwirtschaftlichkeit der UMEG - Lösung insgesamt hingewiesen. Die Argumentation des UM hiergegen war in hohem Maße von Faktoren bestimmt, die zum Thema Wirtschaftlichkeit jedenfalls keine griffigen und klar quantifizierbaren Aussagen enthielten. Als Vorteile der Gesellschaftsgründung wurden genannt:

  • Die Entlastung der LfU von Routineaufgaben.

 

  • Die Höherqualifizierung der LfU zu einer Beratungseinrichtung für die Umweltpolitik der Landesregierung.

 

  • Das Auftreten der Gesellschaft mit ihrer hochentwickelten Messtechnik als potenter Anbieter von Messleistungen auch außerhalb der Landesgrenzen.

 

  • Der Einsatz des von der LfU entwickelten technischen Fach- und Anwendungswissens in einem sich entwickelnden Markt unter privatwirtschaftlichen Voraussetzungen.

 

  • Bessere Marktchancen durch Einbeziehung aller privatwirtschaftlichen Partner.

 

  • Rationalisierungspotentiale und Synergieeffekte durch die Bündelung der bei der LfU und den privaten Mitgesellschaftern vorhandenen technischen und betriebswirtschaftlichen Fachkompetenzen, insbesondere durch

 

  • die enge Kooperation mit der LfU,

 

  • die enge Kooperation mit den privaten Partnern,

 

  • die Nutzung der privatwirtschaftlichen Strukturen ohne einen weiteren Ausbau öffentlicher Einrichtungen,

 

  • den bei der Privatwirtschaft auf Grund der Marktorientierung gegebenen Zwang zur Innovation und Rationalisierung, verbunden mit dem Zwang zur Verbesserung des Transfers von wissenschaftlichen Erkenntnissen in die Messpraxis,

 

  • Verschlankung der LfU statt weiterer Aufblähung.

All diese Punkte waren nicht geeignet, die Mängel des Wirtschaftlichkeitsvergleichs zu heilen oder die zwangsläufig entstehenden Mehrkosten zu kompensieren.

Klar war bei der Entscheidung zur Gründung der UMEG im Übrigen, dass das Land Hauptauftraggeber sein würde und die Leistungen, die das Land bei der UMEG bestellen würde, nicht öffentlich ausgeschrieben werden sollten. Damit stand fest, dass die neue Gesellschaft ein faktisches Monopol gegenüber dem Land haben, also insoweit nicht im Wettbewerb stehen würde.

Der Ministerrat beauftragte im Mai 1989 das FM, im Benehmen mit dem UM die für die Gesellschaftsgründung erforderlichen Verträge unter Beteiligung privater Partner abzuschließen.

Die UMEG wurde mit einem Stammkapital von 2,5 Mio. DM gegründet. Anteilseigner waren das Land mit 52 % sowie drei private Gesellschafter. Das Land war im Aufsichtsrat angemessen vertreten. Aufsichtsratsvorsitzender war zeitweise der Amtschef des UM bzw. des späteren UVM, das zugleich wichtigster Vertragspartner und Auftraggeber der UMEG war.

Obwohl im Vorfeld der Gesellschaftsgründung angedacht, enthält der Vertrag keine Wettbewerbsklauseln. Dies ist vor dem Hintergrund, dass die privaten Gesellschafter vergleichbare Geschäftsfelder belegten, kaum nachvollziehbar. Die ebenfalls im Vorfeld der Gesellschaftsgründung vom FM angestrebte Regelung, wonach die Stellung des Landes als Mehrheitsgesellschafter auf fünf Jahre beschränkt werden sollte, wurde nicht umgesetzt. Alle Gesellschafter konnten die UMEG erstmals zum 31.12.1999 kündigen.

3 Geschäftsbeziehungen zwischen Land und UMEG; Entwicklung der Gesellschaft

3.1 Die UMEG übernahm zu Beginn ihrer Tätigkeit größtenteils das bis dahin bei der LfU im Bereich der Luftmessungen tätige Personal. Damit sollte das Übergangsrisiko, das im Rahmen der Privatisierung von bisher staatlichen Messaufgaben gesehen wurde, vermieden werden. Auch die privaten Gesellschafter sahen ohne das sachkundige Personal der LfU keine Möglichkeit, den Betrieb des Luftmessnetzes im Lande kurzfristig zu gewährleisten.

Dem von der LfU zu übernehmenden Personal wurden frühzeitig materielle Anreize in Aussicht gestellt, um möglichst viele Mitarbeiter zum Übertritt zur neuen Gesellschaft zu motivieren. Die LfU-Mitarbeiter, die zur UMEG wechselten, wurden in der Regel - teilweise langfristig - beurlaubt, erhielten Besitzstandswahrung und in vielen Fällen materielle Verbesserungen.

Für das UM war die Aufgaben- und Ressourcenübertragung auch deshalb vorteilhaft, weil dadurch der Stellenhaushalt der LfU und damit des UM entlastet wurde und weil die Chance gesehen wurde, für die zunehmenden Aufgaben in dem Bereich der Umweltmessungen außerhalb des Landeshaushalts Personal einsetzen zu können.

Infolge des Auf- und Ausbaus des Luftmessnetzes und der Ausweitung der Geschäftstätigkeit für das Land wurde weiteres Personal zu diesen verbesserten Konditionen eingestellt, obwohl in der Kabinettsvorlage noch dargestellt worden war, dass die Gesellschaft über das bei der LfU vorhandene Personal hinaus kein weiteres Personal einstellen werde. Der Aufsichtsrat begleitete diese Entwicklung zwar durchaus kritisch, verhinderte sie jedoch nicht.

Der Personalbestand entwickelte sich wie in Übersicht 1 dargestellt.

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3.2 Zwischen dem Land und der UMEG wurde ein Geschäftsbesorgungsvertrag (GBV) abgeschlossen. Danach war die UMEG zum Betrieb des landesweiten stationären Luftmessnetzes, zur Durchführung mobiler Luftmessungen, zum Betrieb des zugehörigen chemischen Labors und zur Führung des Emissionskatasters verpflichtet. Das Land hatte hierfür eine jeweils jährlich auf der Basis bestimmter Kriterien festzusetzende Vergütung, die nach der Verordnung über die Preise bei öffentlichen Aufträgen ermittelt wurde, zu zahlen.

Weiter war vorgesehen, dass die UMEG gegenüber dem Land Beratungs- und Sonderleistungen gegen Zahlung von Einzelvergütungen auf der Basis von im GBV vereinbarten Verrechnungssätzen erbringt.

Das Land übertrug der UMEG im GBV größtenteils solche Aufgaben, zu denen es gesetzlich (z. B. Bundes-Immissionsschutzgesetz), durch Verordnungen (z. B. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes) oder durch Kabinettsbeschlüsse verpflichtet war. Auf eine Kabinettsvorlage im Jahr 1990 hin forderte der Ministerrat das UM auf, die Möglichkeiten zur Übertragung weiterer Aufgaben auf die UMEG kurzfristig auszuschöpfen. In der Folgezeit wurde der im Anhang zum GBV enthaltene Katalog der Einzelaufgaben ständig erweitert. Im Jahr 1995 wurden die Aufgaben wesentlich - um die Einrichtung und den Betrieb des Niederschlagmessnetzes - ausgeweitet.

Das gewollte und von Beginn an bestehende faktische Monopol der UMEG gegenüber dem Land führte zu einer Abhängigkeit der Gesellschaft vom Land und umgekehrt. Das Land konnte die benötigten Leistungen nicht ausschreiben, weil

  • ein geeigneter Anbietermarkt fehlte (und wegen der Monopolstellung auch kaum entstehen konnte),

 

  • das Land „seiner“ Gesellschaft (mit überwiegend abgesichertem Personal) Arbeit und Einkommen sichern musste,

 

  • die Gesellschaft - wie sich erweisen sollte - nicht in der Lage war, ihr Überleben auch nur ansatzweise durch Akquisition von Aufträgen Dritter zu sichern; sie hatte zur Akquisition auf Grund ihrer gesicherten Position gegenüber dem Land auch nur begrenzt Anlass.

Folgerichtig war die Vergütungsregelung zwischen Land und UMEG im Kern als Aufwendungsersatz ausgestaltet. Sie orientierte sich nicht an den einzelnen Leistungen, sondern an den Kosten aller im GBV definierten Leistungen der UMEG insgesamt (zuzüglich kalkulatorischer Zinsen und Gewinn, wobei allein der Gewinnzuschlag den Aufwendungsersatz mit jährlich rd. 0,8 bis 1 Mio. DM beeinflusste).

Der Mehrheitsgesellschafter Land finanzierte die UMEG also zum größten Teil als Auftraggeber der Geschäftsbesorgung, ohne dass er die Möglichkeit gehabt hätte, die Kosten durch Ausschreibungen unter Ausnutzung des Wettbewerbs zu minimieren. In einem solchen Falle sind für den Auftraggeber Instrumente wichtig, die eine wirksame Kostenkontrolle gewährleisten. Die UMEG hatte zwar frühzeitig eine Kostenstellenrechnung eingerichtet, aber die für eine wirksame Kostenkontrolle weit wichtigere Kostenträgerrechnung bis zum Schluss nicht eingeführt, obwohl der Abschlussprüfer dies angemahnt hatte. Weder das Land als Auftraggeber noch die Landesvertreter im Aufsichtsrat wirkten mit hinreichender Effizienz auf eine verbesserte Kostentransparenz hin.

Eine so alimentierte Gesellschaft mit Gewinngarantie, die keinen unmittelbaren marktwirtschaftlichen Zwängen unterliegt, hat wenig Anlass, wirtschaftlich zu handeln, zumal sich im Ergebnis allein durch Kostensteigerung ein höherer Gewinn erzielen lässt. Bemerkenswert ist im Übrigen, dass die UMEG zudem von Schadenersatzansprüchen aus dem GBV befreit war. Damit war zumindest aus diesen Leistungen kein unternehmerisches Risiko von der UMEG zu tragen.

Die Umsätze und Jahresüberschüsse entwickelten sich wie in Übersicht 2 dargestellt (Beträge in TDM).

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Die UMEG war sehr stark vom GBV und den Sonderaufträgen des Landes abhängig. Drittaufträge machten nur durchschnittlich 8 % des Umsatzvolumens aus und blieben so weit unter den Erwartungen. Eine Ursache dafür war, dass die von der UMEG angebotenen Leistungen in anderen Bundesländern überwiegend von dortigen Landeseinrichtungen erbracht wurden; anfängliche Erfolge bei der Akquisition solcher Aufträge konnten nicht stabilisiert oder gar ausgebaut werden.

Die hohen Jahresüberschüsse ermöglichten nicht nur hohe Gewinnausschüttungen (im Jahr 1992 8 %, ab dem Jahr 1993 12 % der Stammeinlagen), vielmehr erhöhten die nicht ausgeschütteten Gewinne die Unternehmenssubstanz und damit den Wert der Geschäftsanteile. Die jährliche Rendite bewegte sich dadurch in den Geschäftsjahren 1991 bis 1998 in der Größenordnung von 30 bis nahezu 50 %. Die UMEG entwickelte sich aus der Sicht der Gesellschafter somit sehr erfreulich. Diese erfreuliche Entwicklung ging im Ergebnis allerdings weitgehend zu Lasten des Hauptauftraggebers (und Mitgesellschafters) Land.

Der GBV wurde ursprünglich für die Dauer von fünf Jahren abgeschlossen; im Vertrag war aber bereits eine Absichtserklärung enthalten, die Zusammenarbeit mindestens auf eine Zeitdauer von 10 Jahren zu erstrecken. Den privaten Gesellschaftern war - nach Rücksprache der beteiligten Ministerien - in einem Zusatzprotokoll zugesichert worden, dass die Verlängerung der Verpflichtungsermächtigung im StHpl. auf 10 Jahre bei der nächsten Haushaltsaufstellung beantragt würde. Demzufolge wurde der GBV bereits im Jahr 1991 auf eine Laufzeit von 10 Jahren (bis 31.12.1999) verlängert. Die Laufzeit des GBV und die frühestmögliche Kündigung der UMEG lt. Gesellschaftsvertrag waren damit identisch. Durch diese frühe Festlegung wurde die Chance vergeben, das Konzept nach einer angemessenen - kürzeren - Frist auf den Prüfstand zu stellen.

3.3 Das Land überließ der UMEG bereits vorhandene Einrichtungen (Luftmessnetz, mobile Messeinrichtungen, die Messnetzzentrale einschließlich der zugehörigen EDV-Anlagen [Hard- und Software] und das Labor einschließlich der Ausrüstung) von Beginn an unentgeltlich zur Nutzung.

Diese unentgeltliche Überlassung war nicht nur wegen der Erforderlichkeit des „dringenden Landesinteresses“ im Falle der unentgeltlichen Überlassung (§ 63 Abs. 4 LHO) problematisch; das Land trug so überdies verhältnismäßig mehr zur UMEG bei als die privaten Partner, denen nichts Vergleichbares abverlangt wurde.

4 Erhöhter Aufwand des Landes

Die für die Leistungen aus dem GBV an die UMEG zu zahlenden Beträge waren im StHpl. veranschlagt. Naturgemäß ergaben sich Abweichungen zwischen den pauschalen Planansätzen und den der UMEG tatsächlich zustehenden Beträgen. Die Haushaltsansätze wurden regelmäßig unterschritten, was in dem Bericht des UVM zur Tätigkeit der UMEG an die Landesregierung im Jahr 1998 als Erfolg dargestellt wurde; dass bei dieser Sachlage die Haushaltsansätze von Anfang an überhöht waren, liegt nahe.

Aus einem anderen Haushaltsansatz wurden Beratungs- und Sonderleistungen bezahlt, die das Land außerhalb des GBV bei der UMEG in Auftrag gab.

Alle Leistungen der UMEG für das Land unterlagen der Umsatzsteuer. Hieraus ergaben sich erhebliche Mehrbelastungen für das Land, die allein auf das Outsourcing der Aufgaben zurückzuführen waren.

In den Jahren bis 1999 waren insgesamt rd. 34 Mio. DM Umsatzsteuer zu zahlen. Hätte das Land die Leistungen selbst erbracht, hätte keine Umsatzsteuerpflicht bestanden. Gleichzeitig wäre allerdings der bei der UMEG mögliche Vorsteuerabzug entfallen. Nach einer überschlägigen Berechnung konnte die UMEG in den Jahren bis 1999 Vorsteuerbeträge von rd. 20 Mio. DM geltend machen, sodass die umsatzsteuerbedingte Netto-Zusatzbelastung des Landes infolge der Privatisierung bis dahin rd. 14 Mio. DM betrug. Der hiervon nach Abwicklung der gesetzlichen Verteilungs- und Ausgleichsmechanismen wiederum dem Land zugeflossene Betrag liegt auf der Basis des hierzu vom FM genannten Prozentsatzes unter 1 Mio. DM, sodass auch unter Berücksichtigung des Steuer - Rückflusses zum Land ein Minus von über 13 Mio. DM verbleibt.

Weitere privatisierungsbedingte Kosten entstanden - wie oben dargestellt - durch die Übernahme des Personals zu verbesserten Konditionen, durch die Geschäftsführung der UMEG sowie für Versicherungen. Hinzu kamen rechtsformbedingte Kosten (Prüfung der Jahresabschlüsse, Bezüge für das Überwachungsorgan). Wegen der per GBV vereinbarten Vergütungsregelung trug auch diese Mehrkosten in Millionenhöhe zum größten Teil das Land.

5 Beendigung der Gesellschaft

Bei einer Prüfung der Vertragsverhältnisse zwischen der LfU und der UMEG im Jahr 1997 kritisierte der RH insbesondere die Mehrkosten, die sich durch die UMEG - Lösung ergeben hatten, sowie die Interessengegensätze der Gesellschafter und die Monopolstellung gegenüber dem Land. Das FM nahm die Feststellungen des RH zum Anlass, die gewählte Konstruktion zu hinterfragen. Im Ergebnis die Feststellungen dieses Prüfungsverfahrens, aber auch die schon 1989 klar und deutlich geäußerten Bedenken des RH bestätigend, wurden Möglichkeiten der preisgünstigeren Erledigung der Aufgaben gesucht. Zeitgleich wurden die Aufgaben der UMEG reduziert.

Die zunächst für das Land scheinbar nahe liegende Lösung, die Gesellschafterposition bei der UMEG aufzugeben, hätte das Problem nicht gelöst. In diesem Fall hätten sich die privaten Gesellschafter den Gesellschaftsanteil des Landes sichern können, mit der Folge, dass das prosperierende Unternehmen - dann ohne Landesbeteiligung - weiter bestanden hätte. Dem Land wäre es aber faktisch nicht möglich gewesen, den GBV zu kündigen.

Nach intensiven Gesprächen zwischen UVM und FM kam man mit den privaten Gesellschaftern überein, deren Anteile zum Ende des Jahres 1999 käuflich zu erwerben und die Aufgaben der UMEG wieder einer Institution des Landes zu übertragen. Auf der Grundlage einer Kabinettsvorlage des FM beschloss der Ministerrat im April 1999, den GBV fristgerecht zu kündigen.

Die Verhandlungen über den Erwerb der Anteile gestalteten sich schwierig, weil die Privaten objektiv keinen erkennbaren Anlass haben konnten, ihre Gesellschafterposition in einem ertragsstarken und zukunftssicheren Unternehmen aufzugeben. Letztlich musste für die Anteile der Privaten ein Preis gezahlt werden, der deutlich über dem von einem Gutachter ermittelten lag. Dies musste bei der gegebenen Sach- und Rechtslage auch nach Auffassung des RH in Kauf genommen werden, um die für das Land dauerhaft unwirtschaftliche Lage überhaupt beenden zu können.

Andere - privaten Gesellschaftern möglicherweise offene - Wege der Beendigung einer Gesellschaft - etwa ein Aushungern der UMEG durch weitere Reduzierung des Auftrags- und Geschäftsvolumens durch das Land - verboten sich aus rechtlichen und aus tatsächlichen Gründen.

Die Aufgaben der bisherigen UMEG soll künftig eine neu gegründete Anstalt des öffentlichen Rechts erledigen. Damit soll vor allem die Umsatzsteuerpflicht als der Faktor, der am meisten zur Unwirtschaftlichkeit der UMEG - Lösung beigetragen hat, beseitigt werden. Die durch das missglückte Outsourcing erzeugten Probleme sind nach Auffassung des FM nur so zu lösen. Insbesondere tarif- und beamtenrechtliche Überleitungsprobleme für das zuletzt 128 Mitarbeiter starke Personal würden eine Wiedereingliederung unmittelbar in die Behördenorganisation des Landes, etwa eine Reintegration in die LfU, verbieten. Das Personalkostenniveau liegt lt. UVM zwischenzeitlich 15 % über dem des Landes für vergleichbare Beschäftigte im öffentlichen Dienst.

6 Folgerungen und Konsequenzen

Die Privatisierung von Aufgaben im Bereich der Umweltmessungen muss als Beispiel eines missglückten Outsourcings gewertet werden. Dem Land sind dadurch über Jahre hinweg zusätzliche Kosten in Millionenhöhe entstanden. Weitere erhebliche Kosten, die bei Verzicht auf die Privatisierung nicht entstanden wären, mussten aufgewendet werden, um die UMEG beenden zu können. Das Land wird auch künftig mit Kosten belastet sein, die ihre Ursache in dieser Privatisierung haben, insbesondere durch das im Vergleich zum Land höhere Personalkostenniveau in der neu errichteten Anstalt.

Um Vergleichbares für die Zukunft auszuschließen, empfiehlt der RH, im Vorfeld der Aufgabenübertragung auf privatrechtlich organisierte Unternehmen künftig Folgendes zu beachten:

1. Bei Entscheidungen, seither von der Verwaltung ausgeführte Daueraufgaben auf privatrechtlich organisierte Unternehmen zu übertragen, ist klar - mit realistischen Zahlen und Fakten hinterlegt - darzustellen, was gewollt ist. Wenn dadurch Leistungsverbesserungen und/oder Kostenreduzierungen erwartet werden, ist kritisch zu prüfen, was diesbezüglich in der Vergangenheit getan bzw. unterlassen wurde und ob diese Ziele nicht in der bestehenden Behördenorganisation gleichermaßen oder besser zu erreichen sind. Künftig zu erwartende Risiken sind angemessen zu berücksichtigen. Im Einzelnen ist darzustellen, in welcher Höhe Einsparungen in welchem Zeitraum konkret erzielt werden sollen.

Die Übertragung von Aufgaben auf ein privatrechtlich organisiertes Unternehmen bedarf jedenfalls dann einer besonders tragfähigen Begründung, wenn sich das Land an dem Unternehmen selbst beteiligt und

  • das Unternehmen finanziell in vollem oder überwiegendem Umfang vom Land abhängig wird, weil zum Beispiel das Unternehmen keine realen Chancen hat, in nennenswertem Umfang Aufträge zu akquirieren, die nicht vom Land finanziert werden und das Land somit auf Dauer deren wichtigster Kunde ist,

 

  • das Land in vollem oder überwiegenden Umfang auf Leistungen des Unternehmens angewiesen ist,

 

  • das Unternehmen faktisch Aufgaben einer Behörde hat und ganz oder überwiegend das Ziel angestrebt wird, im Bereich des Ausgabeverhaltens die Beschränkungen des Haushaltsrechts, des Reisekostenrechts und des Tarifrechts aufzuheben.

2. Die nach Übertragung von Aufgaben auf privatrechtlich organisierte Unternehmen regelmäßig anfallende Umsatzsteuer und letztlich vom Land zu tragenden Mehrkosten (z. B. für Geschäftsführung, Buchhaltung und Abschlussprüfung, höhere Gehaltsstrukturen, Körperschaft- und Gewerbesteuer, Aufsichtsgremien) sind vor der Entscheidung möglichst präzise zu analysieren und zu quantifizieren. Dabei darf namentlich die Umsatzsteuer als Kostenfaktor für das Land nicht mit der Feststellung ignoriert werden, dass sie insgesamt der öffentlichen Hand zufließe. Gegebenenfalls ist möglichst präzise darzustellen, durch welche Einsparungen oder Mehrerträge diese Kosten kompensiert werden sollen.

3. Übernimmt ein Unternehmen in einer Rechtsform des privaten Rechts in solchen Fällen Personal des Landes, so ist sicherzustellen, dass das Personal nach angemessener Zeit - in der Regel nach einer Probezeit - keinen Rückkehranspruch in den Landesdienst hat. Im Falle der Beurlaubung wird hierzu auf die Denkschrift 2000 Nr. 5 „Beurlaubung von Beamten ohne Dienstbezüge“ hingewiesen.

4. Ist die Wirtschaftlichkeit der Beteiligung voraussichtlich von der zukünftigen Entwicklung bestimmter Faktoren (z. B. Marktöffnung) abhängig, ist in angemessenem zeitlichen Abstand eine Erfolgskontrolle durchzuführen. Dabei sind sowohl die Verhältnisse bei dem Unternehmen als auch die Auswirkungen der Aufgabenübertragung auf den Landeshaushalt zu betrachten (sog. Gesamtschau). Ein positive Jahresergebnisse erwirtschaftendes Unternehmen bedeutet nicht ohne weiteres ein erfolgreiches Gesamtkonzept.

5. Werden mit dem Unternehmen Geschäftsbesorgungs-, Dienstleistungs- oder ähnliche Verträge abgeschlossen, so ist der Maßstab für die Vergütung der Leistungen so zu gestalten, dass sich die Körperschaft wirtschaftlich verhalten muss. Eine Regelung, die eine uneingeschränkte Erstattung sämtlicher Kosten vorsieht, läuft diesem Grundsatz zuwider. Unerlässlich ist die Einrichtung einer funktionierenden Kostenkontrolle beim Unternehmen. Das Land als Auftrageber und die Landesvertreter im Aufsichtsrat des Unternehmens müssen der Kostenentwicklung besondere Aufmerksamkeit widmen.

6. Im Falle der Gewährung weiterer Leistungen durch das Land an die Körperschaft (z. B. Überlassung von Wirtschaftgütern) sind adäquate Vergütungsregelungen zu vereinbaren. Besondere Rücksichtnahmen - insbesondere die unentgeltliche oder verbilligte Gewährung von Leistungen - sind zu vermeiden. Die diesbezüglichen haushaltsrechtlichen Vorschriften sind stringent zu beachten.

7. Die Institutionalisierung von Interessenskonflikten zwischen dem Land und der Körperschaft durch Verquickung der Verantwortlichkeiten (Beispiel: Ein Beamter ist für den Abschluss von Verträgen mit der Körperschaft zuständig und zugleich deren Aufsichtsratsvorsitzender) sind zu vermeiden.

8. Im Falle der Beteiligung privater Gesellschafter ergeben sich zusätzliche Anforderungen:

  • Die Interessen der Privaten müssen klar analysiert und gegen die Interessen des Landes abgewogen werden. Dabei sind nicht nur die von den Privaten erklärten Interessen einzubeziehen, sondern auch die aus den Gesamtumständen folgende objektive Interessenlage. Ein Vorteil des Landes aus seiner Beteiligung muss klar erkennbar sein und darf sich nicht nur auf Hoffnungen und Mutmaßungen gründen.

 

  • Die Regeln der Zusammenarbeit - insbesondere wenn die Privaten gleiche oder ähnliche Geschäftsfelder abdecken wie das Unternehmen - sind vertraglich klar und eindeutig zu vereinbaren; ggf. sind Wettbewerbsklauseln aufzunehmen. Es genügt nicht, auf den guten Willen aller Beteiligten zu vertrauen.

 

  • Der Fall der Beendigung des Unternehmens und die Kündigung einzelner Gesellschafter sind als reale Option von Beginn an zu bedenken und unter Berücksichtigung ihrer finanziellen Auswirkungen zu prüfen.

9. Diese Kriterien sind sinngemäß anzuwenden, wenn privatrechtlich organisierte Unternehmen, an denen das Land beteiligt ist, Aufgaben auslagern und zum Beispiel Tochtergesellschaften gründen wollen.

7 Stellungnahme der Ministerien

FM und UVM haben keine Einwendungen erhoben.


Anhänge

Einzelplan 08: Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum

Das Bewilligungsverfahren des Entwicklungsprogramms Ländlicher Raum ist geprägt von einer Vielzahl von Beteiligten sowie von zahlreichen Bearbeitungsschritten. Es sollte gestrafft und optimiert werden. Außerdem sollte die Verwaltung die Erfüllung der Förderziele nachhaltiger kontrollieren.


1 Vorbemerkung

1.1 Die beiden Förderprogramme „Strukturprogramm Ländlicher Raum“ und „Dorfentwicklungsprogramm“ bildeten über Jahre hinweg das Rückgrat der Strukturförderung für den ländlichen Raum in Baden-Württemberg. Über das Dorfentwicklungsprogramm waren seit 1977 mehr als 3 300 Dörfer mit Landesmitteln in Höhe von über 1,5 Mrd. DM gefördert worden; mit dem Strukturprogramm Ländlicher Raum konnten über 5 000 kommunale und privat-gewerbliche Projekte in ungefähr 700 Gemeinden in eine Förderung aufgenommen werden (Fördermitteleinsatz 760 Mio. DM).

1.2 Im Zusammenhang mit der Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen hat der Ministerrat 1993 auf Vorschlag der Regierungskommission Verwaltungsreform beschlossen, diese beiden Förderprogramme zusammen zu führen und die Förderung auf wesentliche strukturpolitische Maßnahmen und den Wohnungsbau zu konzentrieren. In Umsetzung dieses Beschlusses hat das MLR das „Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum“ (ELR) konzipiert und von der Europäischen Kommission genehmigen lassen.

Mit dem flexibel gestalteten Programm sollen vor allem ländlich geprägte Orte in die Lage versetzt werden, strukturverbessernde Maßnahmen auf der Grundlage eigener Entwicklungsüberlegungen zu verwirklichen. Hierbei spielen Strukturbegriffe, wie z. B. Bevölkerungs- und Arbeitsplatzentwicklung, Infrastruktur, Umweltschutz und Ortsbild eine Rolle. Die Förderung konzentriert sich auf vier Schwerpunkte mit folgenden Fördersätzen:

Wohnen (bis 40 000/80 000 DM pro Wohnung/Grundstück)
Grundversorgung (bis 20 % der zuwendungsfähigen Aufwendungen)
Arbeiten (7,5 - 15 % der zuwendungsfähigen Aufwendungen)
Gemeinschaftseinrichtungen (bis 50 % der zuwendungsfähigen Aufwendungen)

Das ELR wurde 1994 eingeführt. Im Förderzeitraum bis 1999 hat das MLR in 678 Gemeinden 5 700 Projekte mit einem Fördermitteleinsatz von 588 Mio. DM gefördert. Im StHpl. 2000 sind hierfür Landesmittel von rd. 120 Mio. DM veranschlagt.

Bei der Prüfung der Ausgaben 1995 bis1999 der Bewilligungsstellen (Regierungspräsidien und L-Bank) durch den RH und die StRPÄ wurden zwar auch Überzahlungen in geringerem Umfang festgestellt und zurückgefordert (bislang 365 000 DM); vor allem ergaben sich jedoch grundsätzliche Kritikpunkte am Verfahren.

2 Kommunale und private nicht-gewerbliche Maßnahmen

In diesem Bereich werden Maßnahmen nach den Schwerpunkten „Wohnen, Grundversorgung, Arbeiten und Gemeinschaftseinrichtungen“ gefördert.

2.1 Verfahren

Schaubild 1 zeigt, dass in dem sog. Einplanungsverfahren eine Vielzahl von Behörden eingeschaltet ist.

Entsprechend der Richtlinie haben die Gemeinden die Förderanträge bei der Rechtsaufsichtsbehörde einzureichen. Anträge für private Maßnahmen werden über die Gemeinden, kommunale Maßnahmen direkt an die Landratsämter geleitet. Anträge Großer Kreisstädte sind an die Präsidien zu richten, welche den Koordinierungsausschuss hierüber in Kenntnis setzen.

Aus Schaubild 1 ist zu erkennen, dass es hier - abweichend von anderen Verfahrensabläufen - zwei unterschiedliche Bewilligungsstellen gibt:

  • die Regierungspräsidien und
  • das Landesamt für Flurneuordnung und Landentwicklung (LFL).

Dabei ist das LFL nur für die Gemeinden zuständig, bei denen eine Flurneuordnung oder eine innerörtliche Bodenordnung durchgeführt wird.

Als weitere Besonderheit besteht beim jeweiligen Landratsamt ein Koordinierungsausschuss, der die Aufgabe hat, eine größtmögliche Abstimmung mit anderen Maßnahmen zur Strukturverbesserung zu erreichen und die Dringlichkeit der eingereichten Anträge zu beurteilen.

Anschließend erstellen Präsidien und das LFL nach gemeinsamer Abstimmung über die Rangfolge eine Prioritätenliste und getrennte Einplanungsvorschläge, die das MLR zusammenführen muss.

Das komplizierte Einplanungsverfahren fordert erheblichen personellen Einsatz; die Folge ist außerdem ein langer Abstimmungsprozess. Dieses Verfahren sollte gestrafft werden. Ziel muss es sein, Antragswege - auch im Interesse des Antragsstellers - zu verkürzen und dabei die Mehrfacheinschaltung der Behörden (s. Schaubild 1, z. B. Gemeinde fünfmal, LFL dreimal und RP sechsmal) auf ein vertretbares Maß zu minimieren.

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2.1.1 Landesamt für Flurneuordnung und Landentwicklung

Die Beteiligung des LFL mag im Interesse eines ganzheitlichen, strukturellen Entwicklungskonzeptes sinnvoll sein. Da wegen evtl. weiterer Zuwendungen (wie z. B. der Sportförderung, Tourismusförderung, Stadtsanierung, einzelbetrieblicher Landwirtschaftsförderung und Schlachthofstrukturförderung) allerdings auch hier parallel das RP ohnehin beteiligt werden muss, sollte zur Optimierung der Verfahrensabläufe die Bewilligung bei den Präsidien konzentriert werden. Der Sachverstand des LFL sowie seine Ortskenntnis könnten auch in anderer Form, z. B. im Rahmen einer gutachtlichen Stellungnahme oder Anhörung, in das Antragsverfahren eingebracht werden.

2.1.2 Koordinierungsausschuss

Abweichend vom vorgeschriebenen Antragsverfahren werden die Anträge der Gemeinden vom Landratsamt auch den Präsidien und dem LFL zugeleitet, bevor diese im Koordinierungsausschuss beraten werden.

Der Koordinierungsausschuss tagt regelmäßig einmal pro Jahr und Landratsamt (35 Landkreise, d. h. bis zu 35 Sitzungen). Er setzt sich zusammen aus dem Landrat als Vorsitzendem, je einem Vertreter der Gemeinden des Landkreises und dessen ständigem Vertreter sowie je einem Vertreter des RP und des LFL. Entsprechend der Richtlinie kann der Vorsitzende weitere Behörden oder Organisationen (vor allem Vertreter von Fachämtern) beteiligen, was regelmäßig zu über 10 Teilnehmern führt.

Auch wegen des damit verbundenen nicht zu unterschätzenden Zeit- und Kostenaufwandes sollte angestrebt werden, Koordinierungsausschüsse nur in wirklich unverzichtbaren Fällen (z. B. bei problematischer Abwägung von Prioritäten) einzuschalten.

2.2 Regierungspräsidien

2.2.1 Unzulässige Erhöhung der Fördersätze bei Eigenleistung

Nach Nr. 7.10 der ELR-Richtinie zählen unbare Eigenleistungen Dritter nicht zu den förderfähigen Kosten. Die Präsidien haben diese Bestimmung jedoch dadurch umgangen, dass sie die in der Jahresausschreibung vorgegebenen Fördersätze teilweise „wegen Eigenleistung“ erhöht haben. Sofern bei Förderungen auch künftig großes Bürgerengagement angemessen berücksichtigt werden soll, muss eine mit der Richtlinie und der LHO in Einklang stehende Regelung erarbeitet werden.

2.2.2 Abgrenzungsprobleme bei Gemeinschaftseinrichtungen

Für die Kostenabgrenzung bei Mehrzweckeinrichtungen von kultureller und sportlicher oder anderweitiger Nutzung werden unterschiedliche Berechnungsmethoden angewandt, was z. T. erhebliche Auswirkung auf die Förderhöhe hat.

Früher wurden die förderfähigen Kosten als Differenz zwischen Gesamtbaukosten und fiktiven Fachförderungszuschüssen (z. B. der Sportförderung) ermittelt. Seit 1996 erfolgten diese Ermittlungen an Hand fiktiver Nutzungsanteilsberechnungen, wobei flächen- bzw. raumbezogene Anteile gebildet wurden; hierfür mussten die Gemeinden die voraussichtlichen jeweiligen Nutzungsanteile angeben. Eine Überprüfung der tatsächlichen Belegungsanteile wie im Zuwendungsbescheid gefordert, fand jedoch nicht statt. Ein ggf. sich hieraus ergebender Widerruf der Förderung würde allerdings auch die Planungssicherheit der Gemeinde empfindlich beeinträchtigen.

Da die anteilige Förderung gemeinsam genutzter Räume im ELR-Programm nach wie vor nicht eindeutig geregelt ist, sollte zur Ermittlung der förderfähigen Kosten in der Richtlinie ein fester Prozentsatz zur anteiligen Förderung mischgenutzter Räume vorgegeben werden.

2.2.3 Abzug für unterlassene Bauinstandhaltungsaufwendungen

Ein Großteil der Förderung betraf Maßnahmen an bestehenden Gebäuden, welche regelmäßig gravierende Mängel an der Bausubstanz aufwiesen und deshalb saniert, modernisiert, instandgesetzt oder umgebaut werden sollten. Die förderfähigen Aufwendungen werden dabei auf der Grundlage der erstellten Kostenschätzungen anerkannt, wobei die Richtlinie keine Abzüge für unterlassene Instandhaltung vorsieht.

In anderen Zuwendungsbereichen (z. B. Städtebauförderung, Tourismusförderung), aber auch bei Investitionshilfen nach dem Ausgleichstock, werden diese dem Eigentümer obliegenden Unterhaltungsaufwendungen durch einen Pauschalabzug oder nur anteilige Anerkennung der anrechenbaren Kosten von der Förderung ausgeschlossen. Auch bei dem ELR sollte eine vergleichbare Regelung - z. B. durch einen pauschalen Abzug - eingeführt werden.

2.2.4 Unangemessene Förderung von Straßenraumgestaltungsmaßnahmen

In zwei (noch nicht abschließend behandelten) Fällen war der Aufwand für Straßen- und Platzgestaltung mit nahezu 400 DM/m² unverhältnismäßig hoch. Das Land gibt vergleichsweise in den Städtebauförderrichtlinien (also für den städtischen Bereich) seit 1993 eine entsprechende Förderobergrenze von 200 DM/m² vor. Auch für den ländlichen Bereich sollte beim ELR eine Förderobergrenze eingeführt werden.

2.2.5 Probleme mit dem Förderschwerpunkt „Wohnen“

Nach dem Förderschwerpunkt „Wohnen“, der einen erheblichen Anteil des Fördervolumens bindet, sind Maßnahmen „zur Schaffung von Wohnraum innerhalb der Ortslage“ wie folgt unterschieden:

1. Umnutzung vorhandener Gebäude und
2. maßstäbliche Neubauten in Baulücken sowie
3. Maßnahmen zur Erreichung zeitgemäßer Wohnverhältnisse.

Während die sonstigen Zuwendungsbestimmungen für die Vorhaben nach 1. und 2. die Einhaltung der Einkommensgrenze nach § 25 II. WoBauG (z. T. mit Zuschlägen) sowie der Mietpreisbindungen verlangen, wurde für die Modernisierung vorhandenen Wohnraums nach 3. in der Richtlinie keine Regelung getroffen. Um Missbrauch von Fördermitteln vorzubeugen, sollten im Falle der Neuvermietung auch hier Einkommensgrenzen und Mietpreisbindungen gelten.

Im Übrigen empfiehlt der RH angesichts der festgestellten Fehlbelegungen und Leerstände sowie entsprechend der derzeitigen Situation am Wohnungsmarkt, den Förderschwerpunkt „Wohnen“ grundsätzlich nur noch bedarfsgerecht zu fördern.

2.2.6 Mangelnde Erfolgskontrolle

Die Aufgabenteilung zwischen Bewilligung (RP bzw. LFL) und Vollzug (L-Bank, Abt. Staatsschuldenverwaltung SSV) hat zur Folge, dass die Bewilligungsstellen keine Kenntnis über den Erfolg oder Misserfolg abgeschlossener Zuwendungsmaßnahmen erhalten, obwohl sie für Neubewilligungen darauf angewiesen wären. Die Übersendung einer Mehrfertigung der Liste über geleistete Zahlungen oder der Einblick in DV-Fördertabellen erscheint hierfür nicht ausreichend. Im Zuge der Einführung eines Fördercontrolling sollten geeignete Indikatoren zur Beurteilung der Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit einzelner Förderschwerpunkte erarbeitet werden.

2.3 L-Bank, Abteilung Staatsschuldenverwaltung

Bis zum Abschluss des Zuwendungsbescheids zeichnet das RP verantwortlich; anschließend - bis einschließlich der Prüfung des Verwendungsnachweises - geht die Weiterbearbeitung an die L-Bank, Abteilung SSV, über.

Bei der Prüfung des Schlussverwendungsnachweises wird der Vorlage und Prüfung eines verbindlichen Finanzierungsplans zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Außerdem besteht nach wie vor keine klare Vorgabe über die Höhe des nach der Richtlinie geforderten „angemessenen Finanzierungsanteils“ des Zuwendungsempfängers.

Das MLR, die Präsidien und die L-Bank sollten die Defizite rasch aufarbeiten und ein auch in der Durchführungsphase effizientes und abgestimmtes Verfahren entwickeln. Hierbei müsste die SSV dem zuständigen RP/LFL nach Abschluss eines Förderverfahrens einen kurzen Erfahrungsbericht zuleiten. Die Erkenntnisse hieraus wären bei künftigen Bewilligungen zu berücksichtigen.

3 Privat-gewerbliche Maßnahmen

In diesem Bereich werden Maßnahmen nach den Schwerpunkten „Arbeiten“ und „Grundversorgung“ gefördert. Der Anteil der Fördermittel für privat-gewerbliche Maßnahmen im ELR beträgt z. B. im Hj. 2000 rd. 34 Mio. DM, d. h. rd. 26 % des ELR-Haushaltsansatzes. Bewilligungsstelle ist hierbei die L-Bank.

3.1 Verfahren

Die privat-gewerblichen Maßnahmen werden jeweils im Rahmen der ELR-Jahresausschreibungen Mitte eines Jahres veröffentlicht. Anträge auf Aufnahme in das Förderprogramm können auch hier ausschließlich von der Gemeinde gestellt werden; für das Folgejahr müssen diese bis zum 15.09. (vor 1999 bis zum 15.10.) bei der Rechtsaufsichtsbehörde eingegangen sein.

Das langwierige und aufwändige Verfahren sollte aus verwaltungsökonomischen Gründen und im Interesse der Zuwendungsempfänger verschlankt und verkürzt werden. Auch die Hausbanken beklagen die langen Vorlaufzeiten von mindestens einem halben Jahr.

Ansatzpunkte zur Straffung des Verfahrens sieht der RH bei den Verfahren im privat-gewerblichen Bereich vor allem in der Mehrfacheinschaltung der einzelnen Instanzen im Vorfeld der eigentlichen Bewilligung (s. Schaubild 2; Gemeinden viermal, Präsidien fünfmal). Außerdem erscheint hier ein vorgezogenes Einplanungsverfahren nicht erforderlich.

Zudem ist die Beteiligung des Bewilligungsausschusses für diesen Teil des Förderprogramms in Frage zu stellen. Nachdem der größte Teil der Beteiligten bereits vorher in das Verfahren integriert war, (z. B. MLR, RP, LFL, IHK und HWK), könnte auf eine nochmalige und abschließende Anhörung in diesem Gremium verzichtet werden.

Das „Outsourcing“ der Bewilligung und der weiteren Abwicklung in einem Förderverfahren - wie im vorliegenden Fall - sollte eine messbare Entlastung der originär beteiligten Stellen sowie eine Beschleunigung des Verfahrens bewirken.

3.2 L-Bank - Förderbank -

3.2.1 Nicht nachvollziehbare Rechnungslegung

Für die lt. StHpl. von der L-Bank zu verwaltenden Titel hat diese Rechnung zu legen. Die L-Bank hat dem RH eine Auflistung der Bewilligungen 1995 bis 1999 übersandt. Darin sind jedoch nur die als Darlehen ausgereichten Beträge aufgeführt, nicht aber die tatsächlich vom Land aufzubringenden Finanzhilfen (Zinsverbilligungen). Außerdem sind viele Maßnahmen nicht den entsprechenden Programmjahren zugeordnet. Ein Nachweis der zweckentsprechenden Mittelverwaltung war daher schwierig.

3.2.2 Unzureichende Verwendungsnachweise

Der Verwendungsnachweis muss gemäß Nr. 6.2 Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung - ANBest-P Anlage 2 / (§ 44 LHO) - aus einem zahlenmäßigen Nachweis und dem Sachbericht bestehen. Die L-Bank hat hierzu Formblätter entwickelt, in welche - ebenso wie im Antragsformular - u. a. die Investitionskosten einzutragen sind, allerdings nur mit einer Kostensumme.

Dieser pauschale Nachweis ist weder LHO-konform, noch erfüllt er die Anforderungen nach der Richtlinie; vielmehr ist ein Nachweis in Form von Rechnungen vorgeschrieben, aus denen der Ausführungs- und Zahlungszeitpunkt sowie die Art der Tätigkeit ersichtlich sind.

Warum bei Maßnahmen privat-gewerblicher Zuwendungsempfänger geringere Anforderungen an den Verwendungsnachweis gelten als bei kommunalen und sonstigen privaten Maßnahmen, ist nicht nachvollziehbar. Auch wenn die Prüfung des Verwendungsnachweises von der L-Bank an die Hausbank delegiert ist, müssen in den Nachweisen die geforderten Angaben in kontrollierbarer Form enthalten sein.

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3.2.3 Nichtüberwachung des Förderziels „Arbeitsplätze“

Im Förderschwerpunkt „Arbeiten“ ist als oberstes Ziel die Sicherung bzw. Schaffung von Arbeitsplätzen vorgegeben. Im Antragsstadium erhebt die L-Bank regelmäßig die entsprechenden Daten und lässt sie sich im Verwendungsnachweis bestätigen. Auch in der Bewilligungsphase wird dieser Vorgabe offensichtlich ein hoher Stellenwert beigemessen, denn üblicherweise wird hier die Auflage „Zweck der Zuwendung ist die Schaffung von x Arbeitsplätzen“ in den Darlehens-/Bewilligungsbescheid aufgenommen.

Häufig jedoch werden diese Sollvorgaben zum Abschluss der Maßnahme nicht erfüllt und deren Einhaltung nicht konsequent verlangt. In den Fällen, in denen das angestrebte Förderziel wegen der allgemeinen Situation am Arbeitsmarkt kurzfristig nicht erreichbar ist, sollte es jedoch nicht aus den Augen verloren werden; ggf. ist die im Darlehens-/Bewilligungsbescheid vereinbarte Widerrufsklausel anzuwenden.

3.2.4 Grunderwerbsförderung ohne Gutachten

Nach der Richtlinie ist der „Grunderwerb für eine Maßnahme ... nur auf der Grundlage einer Wertermittlung durch den Gutachterausschuss zuwendungsfähig“.

Da bei mehreren Einzelmaßnahmen eine Förderung des Grunderwerbs offensichtlich ohne Vorlage einer Wertermittlung des Gutachterausschusses erfolgte, sollte - um unangemessene Förderungen zu vermeiden (s. Denkschrift 1996 Nr. 17) - künftig die Vorlage von Wertermittlungen konsequent verlangt und auch geprüft werden.

3.2.5 Förderung trotz vorzeitigen Baubeginns

Gemäß § 44 LHO darf mit einer Maßnahme nicht vor deren Bewilligung begonnen werden. Die L-Bank hat im ELR-Antragsformular jedoch aufgeführt, dass der Eingang des Förderantrags bei der L-Bank für den Baubeginn maßgeblich sein soll. Als Bewilligungszeitpunkt kann - auch bei diesem Programm - erst der Darlehens- oder Zuschussbescheid der L-Bank gelten und nicht die Einplanungszusage des RP, der Zeitpunkt des Eingangs des Förderantrags bei der L-Bank oder gar bei der Hausbank.

Um einerseits die nachvollziehbaren Interessen der Kunden und Banken auf Verkürzung des Einplanungsverfahrens aufzugreifen und um andererseits das bislang angewandte Verfahren auf eine rechtliche Grundlage zu stellen, könnte das MLR - falls eine abweichende Regelung auch von dort angestrebt wird - eine entsprechende Ausnahmeregelung, wie z. B. im Bereich der Wirtschaftsförderung, vorbereiten.

4 Stellungnahme des Ministeriums

Das MLR sieht keine Veranlassung, das Einplanungsverfahren sowie die Einschaltung des LFL, des Koordinierungsausschusses und des Bewilligungsausschusses aufzugeben oder zu minimieren. Es verweist auf die strukturelle Bedeutung und die Flexibilität der ELR-Förderung sowie auf die zu nutzenden Ressourcen der vielen beteiligten Gremien, wie Sachverstand, Ortskenntnis und -nähe. Vor allem habe sich bewährt, dass demokratisch legitimierte Vertreter beteiligt werden. Auch zu den aufgezeigten Problemen in den Bereichen Wohnen und vorzeitiger Baubeginn verteidigt das Ministerium die bisherige Handhabung.

Hingegen anerkennt das MLR die Erfordernis von Korrekturen bei den beanstandeten Fördersatzerhöhungen, den Gemeinschaftseinrichtungen, den Straßenraumgestaltungsmaßnahmen, der Erfolgskontrolle, den Arbeitsplatznachweisen, der Gutachtereinschaltung und den unterlassenen Bauinstandhaltungen; es habe entsprechende Änderungen in die Wege geleitet bzw. sei dazu bereit. Auch habe es die Vorschläge des RH in den Arbeitsbereichen der L-Bank bereits weitgehend umgesetzt.

5 Schlussbemerkung

Obwohl das MLR im laufenden Prüfungsverfahren den Vorschlägen in vielen Punkten gefolgt ist, hält der RH an der Auffassung fest, dass das Förderverfahren immer noch zu aufwändig ist und weiter optimiert werden sollte.

Vor dem Hintergrund einer sinnvollen Verfahrensvereinfachung stellt der RH die Einschaltung des LFL als dritte Bewilligungsstelle im ELR-Verfahren sowie die Notwendigkeit eines Bewilligungsausschusses bei der L-Bank nach wie vor in Frage. Zur grundsätzlichen Vereinfachung des gesamten Verfahrens wäre zu überlegen, ob und welche Fördertatbestände durch eine Pauschalförderung ersetzt werden könnten.


Anhänge

Bei der Beschaffung von Untersuchungsgeräten und Laborverbrauchsmaterialien wurden die Beschaffungsvorschriften des Landes nicht eingehalten. Das Beschaffungswesen der fünf Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter sollte neu organisiert werden; nicht kostendeckende Gebühren sind neu zu kalkulieren.


1 Ausgangslage

Der RH hat die Organisation der Lebensmittelüberwachung in Baden-Württemberg untersucht und im Oktober 1992 die Ergebnisse in einer beratenden Äußerung (Drucksache 11/833) dargestellt. Zentrale Forderung war u. a., die auf fünf Ressorts und 14 Untersuchungseinrichtungen zersplitterte Lebensmittelüberwachung zu bündeln. Die Bündelung vollzog sich schrittweise:

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Die Dienstaufgaben der CVUÄ sind im Wesentlichen

  • Chemische, physikalische und mikrobiologische Untersuchungen von Lebensmitteln einschließlich Trinkwasser, Giften, Abfällen und Abwasser,

 

  • Untersuchungen von Tieren,

 

  • Erstellung von Probenplänen und die Koordinierung der Probenentnahme,

 

  • Orts- und Betriebsbesichtigungen im Rahmen der amtlichen Überwachung,

 

  • Erstellung von Gutachten,

 

  • Ausbildung von Lebensmittelchemikern, Tierärzten, Laboranten und veterinärmedizinisch-technische Assistenten,

 

  • Beratung von Behörden sowie von Personen, die Lebensmittel erzeugen oder in Verkehr bringen,

 

  • Feststellung von Alkohol im Blut.

Entsprechend dieser Aufgabenstellung untersuchen die CVUÄ Lebensmittel tierischer und pflanzlicher Herkunft, Getränke aller Art, Trinkwasser, Kosmetika, Tabakerzeugnisse und sonstige Bedarfsgegenstände. Schwerpunkt ist die Untersuchung auf Rückstände und Verunreinigungen von Proben aller Art, die vom Wirtschaftskontrolldienst (WKD) erhoben werden. Zusammen mit diesem und teilweise mit den unteren Lebensmittelüberwachungsbehörden werden auch Betriebskontrollen durchgeführt. Bestimmte Aufgaben werden von den Ämtern schwerpunktmäßig für den gesamten Landesbereich wahrgenommen.

Das STUA Aulendorf ist als Diagnostikzentrum eingerichtet; ihm sind verschiedene Schwerpunktaufgaben wie Blut-, Salmonellen- und Fischseuchendiagnostik und Tiermehluntersuchungen zugeordnet worden. Zudem hat das STUA ebenso wie die neugebildeten CVUÄ bakteriologische, serologische, virologische, pathologische, histologische und parasitologische Untersuchungen durchzuführen.

Die Aufbauorganisation der Lebensmittelüberwachung in Baden-Württemberg mit Stand vom 01.01.2001 ist in Schaubild 1 dargestellt.

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2 Prüfungsgegenstand

Vom RH wurden gemeinsam mit dem StRPA Freiburg schwerpunktmäßig untersucht

  • die Einhaltung der haushalts- und vergaberechtlichen Vorschriften beim
  • Einkauf von Laboratoriumsbedarf, Chemikalien, Arzneimitteln, Impfstoffen,
  • Erwerb von Untersuchungs- und Analysegeräten,
  • die Gebührenfestsetzung und Erhebung,
  • der Einsatz von EDV-Hard- und Software.

In die Prüfung wurden alle CVUÄ und das STUA Aulendorf - Diagnostikzentrum einbezogen; sie erstreckte sich hauptsächlich auf die Einnahmen und Ausgaben der Hj. 1998 und 1999. Die durch die Zusammenlegung der Ämter entstandenen Synergieeffekte konnten noch nicht geprüft werden.

Die Erhebungen wurden vor dem Beginn der aktuellen BSE-Krise durchgeführt. Die grundsätzlichen Aussagen zur Beschaffungsorganisation sind davon jedoch nicht berührt.

3 Einkauf von Geräten, Chemikalien, Glas- und Verbrauchsmaterialien

3.1 Beschaffungsvolumen

Zur Wahrnehmung der Dienstaufgaben benötigen die CVUÄ Analyse- und Probenvorbereitungsgeräte (z. B. Gaschromatographen, Hochdruckflüssigkeitschromatographen, Massenspektrometer, Photometer, Waagen, Fett-Extraktionssysteme). Zur Auswertung der Untersuchungen wird spezielle EDV-Hard- und Software erworben. Außerdem sind Chemikalien, technische Gase, Glaswaren und spezielle Laborbedarfsgegenstände notwendig.

Das Beschaffungsvolumen der vier CVUÄ und des STUA Aulendorf ergibt sich aus Übersicht 1.

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3.2 Bisherige Beschaffungspraxis

3.2.1 Personaleinsatz

Die einzelnen Untersuchungsämter haben sehr unterschiedliche hausinterne Regelungen hinsichtlich der Zuständigkeiten für Beschaffungen getroffen. In der Regel wird unterschieden zwischen dem Einkauf von Chemikalien und Bedarfsgegenständen mit geringerem Wert sowie der Beschaffung von teureren Analysegeräten. Überwiegend ist Fachpersonal mit diesen Aufgaben betraut, teilweise sind auch Verwaltungsbeamte/-angestellte zuständig. Grundsätzlich ermittelt jede Dienststelle ihren Bedarf intern und vergibt die Aufträge selbständig. Zentral beschafft wurden bisher nur Blutröhrchen für Blutuntersuchungen von Rindern, Testkits, Versandkartons und Vordrucke durch das STUA Aulendorf. Derzeit sind bei den CVUÄ und STUA umgerechnet rd. sieben Vollarbeitskräfte für die Beschaffung von Laborbedarfsartikel eingesetzt, deren Personalkosten rd. 533 000 DM jährlich betragen. Vorarbeiten des Laborpersonals (z. B. Anmeldung des Bedarfs bei der beschaffenden Stelle) sind in der Personalkostenberechnung nicht berücksichtigt; sie sind auch bei einer zentralen Beschaffung erforderlich.

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Der vom Ministerium mitgeteilte Personalaufwand für die Beschaffungen von Untersuchungsmaterialien und -geräten je Amt ist in Übersicht 3 dargestellt.

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Der EDV-Bedarf für die allgemeinen Anwendungen wird grundsätzlich vom Entwicklungs- und Betreuungszentrum für Information und Kommunikation des MLR zentral beschafft. Diese Stelle führt Ausschreibungen durch, weist Rechnungen an und inventarisiert die Beschaffungen.

Gegenstände des allgemeinen Geschäftsbedarfs werden von allen Dienststellen entsprechend den geltenden Beschaffungsregelungen über die zentralen Beschaffungsstellen bei den RP bezogen.

3.2.2 Beschaffungsverfahren

Der Erwerb von Geräten bzw. die Bestellung von Chemikalien oder sonstigem Laborbedarf wird durch den Laborleiter entweder manuell mittels spezieller Vordrucke oder per mail beim zuständigen „Beschaffer“ beantragt. Dieser entscheidet, ob die beantragte Maßnahme erforderlich ist, ggf. leitet er die weiteren Schritte selbst ein oder er beauftragt eine weitere Person mit der Durchführung der Beschaffung.

3.2.3 Beschaffung von Analyse- und Probenvorbereitungsgeräten

Die CVUÄ erwarben im Hj. 1998 15 Geräte im Wert von rd. 1,9 Mio. DM. Deren Einzelpreise bewegten sich zwischen 64 600 DM und 256 000 DM. Außerdem wurden 40 Einzelgeräte zwischen 10 000 DM und 60 000 DM für insgesamt rd. 0,9 Mio. DM beschafft.

Im Hj. 1999 wurden 25 Geräte für rd. 3,5 Mio. DM erworben, der Einzelpreis betrug zwischen 63 000 DM und 470 000 DM. Für 81 weitere Geräte mit einem Kaufpreis zwischen 10 000 DM und 60 000 DM wurden insgesamt rd. 2 Mio. DM ausgegeben (s. Übersicht 4).

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Der RH konnte in keinem Fall eine Öffentliche oder Beschränkte Ausschreibung im Sinne der VOL/A feststellen. Es wurden zwar formlose schriftliche oder telefonische Preisanfragen bei Firmen durchgeführt. Diese Handhabung entspricht aber nicht den Vorgaben der VOL/A. Zudem waren die durchgeführten Preiserhebungen oftmals nicht miteinander vergleichbar, weil ihnen kein einheitliches Leistungsverzeichnis zu Grunde lag. Es wurden mit einzelnen Anbietern Nachverhandlungen geführt, ohne diese Möglichkeit auch den Mitbewerbern einzuräumen. Für Geräte bestimmter Firmen wurden keine Preisvergleiche angestellt. Ein produktneutraler Erwerb wurde nicht in Erwägung gezogen. Bei allen Beschaffungen der genannten Gerätekategorie wurde somit permanent gegen die einschlägigen Beschaffungsrichtlinien verstoßen.

3.2.4 Beschaffung von Chemikalien, technischen Gasen, Glaswaren, sonstigen Verbrauchsgegenständen

Die bei allen Ämtern stattfindenden „Bestellaktionen“ sind selbst für laufende Verbrauchsmaterialien äußerst arbeits- und zeitaufwändig.

Die Bestell- und Zahlungsvorgänge sind zahlreich. So gab z. B. ein Amt für Verbrauchsmaterialien rd. 530 000 DM aus. Dieser Betrag setzte sich aus insgesamt 498 Zahlungen an 90 verschiedene Firmen zusammen. Von einer Firma wurden Bedarfsgegenstände für rd. 25 000 DM mit 93 Einzelrechnungen beschafft. Die folgende Übersicht 5 verdeutlicht die Häufigkeit der Bestell- und Zahlungsvorgänge.

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Bei dieser Ausgangslage bietet sich der Abschluss von Rahmenverträgen mit vereinfachten Zahlungsmodalitäten geradezu an.

4 Rechtsgrundlagen für das Beschaffungswesen

Für öffentliche Liefer- und Dienstleistungsaufträge sind Vergabevorschriften der EU, des Bundes und des Landes zu beachten. § 55 LHO legt grundsätzlich fest, dass dem Abschluss von Verträgen über Lieferungen und Leistungen eine öffentliche Ausschreibung vorausgehen muss. Gemäß VwV zu § 55 LHO sind zudem die maßgebenden Verdingungsordnungen - VOB, VOL oder VOF - anzuwenden. Nach der Beschaffungsanordnung des Landes ist bei einem Auftragswert unter 60 000 DM (ohne Mehrwertsteuer) die Beschränkte Ausschreibung und bei einem Auftragswert von unter 10 000 DM (bei Druckaufträgen unter 5 000 DM) die Freihändige Vergabe zulässig. Gegenstände, die regelmäßig benötigt werden, sollen für einen Zeitraum von sechs Monaten besorgt werden.

Das seit 01.01.1999 in Kraft getretene Vergaberechtsänderungsgesetz gilt für öffentliche Auftraggeber bei Aufträgen mit einem Schwellenwert von 200 000 €. Öffentliche Liefer- und Dienstleistungsaufträge, deren geschätzter Auftragswert ohne Umsatzsteuer 200 000 € oder mehr beträgt, sind im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft bekannt zu machen.

5 Bewertung des Ist-Zustands

Die CVUÄ und das STUA vergeben öffentliche Aufträge. Die Beschaffung hat daher im Wettbewerb und im Wege transparenter, das Gleichbehandlungsgebot beachtender Vergabeverfahren zu erfolgen. Die CVUÄ haben die EU-Regelungen und die bundes- sowie landesspezifischen Bestimmungen zum Wettbewerbs-, Haushalts- und Vergaberecht zu beachten. Wie bereits dargestellt, übersteigt das jährliche Auftragsvolumen einzelner Firmen je Untersuchungsamt teilweise deutlich die in der Beschaffungsanordnung für Öffentliche Ausschreibungen in Baden-Württemberg genannte Grenze von 60 000 DM. Die Kaufpreise für Analyse- und Probenvorbereitungsgeräte liegen regelmäßig über dieser Schwelle. Trotzdem führte kein Untersuchungsamt eine Öffentliche Ausschreibung durch. Beschränkte Ausschreibungen im Sinne der VOL/A wurden nur von einem Amt und auch dort nur für bestimmte Materialien praktiziert. Die von den Untersuchungsämtern im Einzelnen vorgetragenen Gründe rechtfertigen diese Handhabung nicht.

Bisher unbeachtet blieben auch die EU-Vorschriften, obwohl der maßgebende Schwellenwert von 200 000 € bei Gerätebeschaffungen in Einzelfällen überschritten war. Bei regelmäßig sich wiederholenden Aufträgen gilt als maßgebender Schwellenwert der Gesamtwert der Aufträge für vergleichbare Lieferungen aus dem vorangegangenen Hj. oder der geschätzte Gesamtwert während der auf die erste Lieferung folgenden 12 Monate. Auch bei der Bildung von Losen gilt, sofern es sich um gleichartige Lieferungen handelt, der geschätzte Gesamtwert aller Lose als maßgebliche Summe für den Schwellenwert.

Die Aufteilung des Gesamtvolumens in zahlreiche kleinere Liefersummen ist auch hinsichtlich der Preisgestaltung unwirtschaftlich, da bei dieser Vorgehensweise die Lieferanten keine ausreichende Basis für kostengünstige Angebote haben.

Ein systematisches Beschaffungsmanagement konnte nicht vorgefunden werden. Firmenkarteien waren zwar - wenn auch in unterschiedlicher Form - vorhanden; mehrjährige Übersichten über die bei den einzelnen Lieferfirmen bezogenen Artikel und deren Auftragsvolumen, Preisvergleichsübersichten und ähnliche für eine effiziente Beschaffung erforderliche Unterlagen waren lediglich in Einzelfällen anzutreffen. Teilweise wurden sie erst auf Nachfrage manuell aus den Haushaltsüberwachungslisten zusammengestellt. Gemeinsame Beschaffungsbesprechungen und Vergleiche der den einzelnen Ämtern gewährten Rabattsätze auf Katalogpreise fanden bisher nicht statt. Ein Chemikalienhändler hat beispielsweise einem Amt einen Rabatt von 20 % auf die von ihm vertriebenen Produkte eingeräumt, einem anderen nur 10 %.

Der Einsatz heute gebräuchlicher Medien für Angebotseinholungen bzw. Ausschreibungen beschränkt sich weitgehend auf Firmenkontakte per Telefax auf der Grundlage der jeweiligen Firmenkataloge. Der Verkehr mit den Lieferfirmen über das Internet ist bisher die Ausnahme.

Auf die jeweiligen Labors bezogene Verbrauchsübersichten (Menge und Kosten) für Verbrauchsmaterialien konnten nur in einem Amt angetroffen werden.

Die festgestellte Verfahrensart steht im Widerspruch zu den geltenden wettbewerbs-, vergabe- und haushaltsrechtlichen Bestimmungen. Jährliche Auftragsvolumen von über 10 Mio. DM, die Komplexität der Beschaffungsvorschriften und die Verpflichtung, die Mittel wirtschaftlich und sparsam einzusetzen, machen nach Auffassung der Finanzkontrolle eine Neukonzeption mit dem Ziel der Optimierung des gesamten Beschaffungswesens im Bereich der Untersuchungsämter erforderlich.

6 Vorschläge zur Verfahrensoptimierung

6.1 Rationalisierung des Einkaufs

Der RH hält bei dem jährlichen Beschaffungsvolumen von über 10 Mio. DM ein professionelles Beschaffungsmanagement für erforderlich. Er schlägt vor, bei einem Untersuchungsamt eine zentrale Beschaffungsstelle mit entsprechend geschultem Personal einzurichten. Dieser Zentralstelle sollte künftig das Beschaffungsmanagement für die CVUÄ und das STUA übertragen werden. Mit der „Auslagerung“ der Beschaffung wird das bislang bei den einzelnen Ämtern überwiegend eingesetzte Fachpersonal (Chemiker, Tierärzte, Laborkräfte) von diesen „Fremdaufgaben“ entbunden. Durch die überregionale Steuerung ergeben sich verbesserte Vergleichsmöglichkeiten und eine unabhängigere, marktorientierte Produktauswahl. Auch kann die außerordentliche Produktvielfalt eingeschränkt werden. Dies schließt nicht aus, dass bei den Analysegeräten wie bisher der Zuverlässigkeit des Kundendienstes ein hoher Stellenwert bei der Angebotsauswertung eingeräumt wird.

Durch die Bündelung der Beschaffungs-Aufgaben ergibt sich hinsichtlich der Beachtung des Vergaberechts ein Spezialisierungseffekt. Ausschreibungen würden zum „Tagesgeschäft“ und damit zur Routine. Die komplexen Vorschriften des Vergaberechts müssen nur von einer Stelle „beherrscht“ und können entsprechend beachtet und umgesetzt werden.

Nach Einschätzung des RH dürfte die Hälfte des bisherigen Beschaffungs-Personals für diese Aufgabe ausreichend sein, das wären landesweit 3,5 Stellen (ohne die erforderlichen Vorarbeiten des Laborpersonals).

6.2 Bedarfsfestlegungen

Auf Grund der einheitlichen Dienstaufgaben und standardisierter Untersuchungsmethoden unterscheidet sich der Bedarf der einzelnen Ämter an Chemikalien, Gasen, Glas- und Verbrauchsmaterialien lediglich im Verhältnis zu den jeweils untersuchten Proben und den zugewiesenen Schwerpunktaufgaben. Der bisher eingekaufte Jahresumfang dieser Materialien sollte über einen repräsentativen Zeitraum erfasst und von einer „Beschaffungskommission“ nach fachlichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten mit dem Ziel ausgewertet werden, die Produktvielfalt zu reduzieren sowie Referenzmaterialien und verbindliche Kennzahlen festzulegen. Umfang und Produktwahl künftiger Beschaffungen sollten sich daraufhin an diesen landesweit geltenden Vorgaben orientieren. Für die Beschaffung der Verbrauchsmaterialien sollte ein Standardleistungsverzeichnis entwickelt und zur Grundlage künftiger Ausschreibungen gemacht werden.

In gleicher Weise sollte auch der Gerätebestand erfasst und beurteilt werden. Die Bestandserhebung kann an Hand der Inventarisierungsunterlagen erfolgen. Die zukünftige Bedarfsfestlegung sollte sich ebenfalls an den standardisierten Untersuchungsmethoden und der jeweiligen Untersuchungsintensität orientieren.

6.3 Rahmenvereinbarungen

Die Zusammenfassung des landesweiten Bedarfs führt zu wesentlich höheren Auftragssummen. Auch wenn bei Chemikalien, Gasen, Glas- und Verbrauchsmaterialien der konkrete Bedarf nicht über einen längeren Zeitraum exakt festgelegt werden kann, wird vorgeschlagen, die Lieferung des Verbrauchsbedarfs für ein ganzes Jahr auszuschreiben und über den Abschluss von Rahmenverträgen den bedarfsgesteuerten Abruf vom einzelnen Untersuchungsamt zu ermöglichen. Die Rechnungsstellung sollte monatlich vereinbart werden.

6.4 Leasing, Miete

Die fünf Untersuchungsämter investieren jährlich insgesamt über 5 Mio. DM in die Beschaffung neuer Untersuchungsgeräte. Diese Geräte haben eine durchschnittliche Lebensdauer von 10 Jahren. Für eine landesweit gleiche Leistungsfähigkeit im analytischen Bereich sind nach einer internen Studie über 50 verschiedene Gerätetypen erforderlich.

Die Auswertung dieser Aufstellung ergibt, dass jedes Amt Geräte im Gesamtwert von rd. 10,5 Mio. DM (Anschaffungswert) besitzt und der durchschnittliche Anschaffungspreis eines Gerätes bei etwa 75 000 DM liegt. Spezielle Untersuchungsgeräte, die landesweit nur einmal benötigt werden, sowie die zusätzlich beschaffte EDV-Hardware sind dabei nicht berücksichtigt.

Bisher wurden die Geräte ausschließlich erworben. Im Hinblick auf das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sollten jedoch vor dem Erwerb auch Alternativen wie Leasing oder Miete in Betracht gezogen werden. Die erforderlichen Vergleichsberechnungen könnten von einer zentralen Beschaffungsstelle kompetenter geleistet werden.

6.5 E-Commerce

Die elektronische Auftragsvergabe (E-commerce) wird von der privaten Wirtschaft in zunehmenden Maß genutzt. Die öffentliche Verwaltung steht diesen neuen Einkaufsmöglichkeiten noch zurückhaltend gegenüber, obwohl die technischen Voraussetzungen hierfür weitgehend vorhanden sind.

Nach Auffassung des RH liegen die Vorteile der elektronischen Auftragsvergabe vor allem in einer Verfahrensbeschleunigung und sollten genutzt werden. Eine zentrale Beschaffungsstelle muss sich das dafür notwendige Know-how nur einmal aneignen, in die erforderlichen technischen Einrichtungen muss nur einmal investiert werden.

7 Gebühren

7.1 Einnahmen der Untersuchungsämter

Die Einnahmen der CVUÄ resultieren nahezu ausschließlich aus Gebühren. Die Einnahmen der Tierärztlichen Untersuchungsämter bewegen sich von 1990 bis 1997 mit vergleichsweise geringen Schwankungen auf etwa dem gleichen Niveau von rd. 4,5 Mio. DM und liegen deutlich über denen der Chemischen Untersuchungsämter mit durchschnittlich rd. 0,5 Mio. DM. Bei diesen sind die Einnahmen auf etwa die Hälfte zurückgegangen. Nach den LHR ergibt sich folgende Entwicklung (s. Übersicht 6).

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Die Einnahmen decken weniger als 10 % der Ausgaben der CVUÄ. Zur Bewertung der Haushaltsergebnisse der zusammengeführten Ämter in den Jahren 1998 und 1999 wird die Entwicklung der addierten Haushaltsergebnisse der STUÄ und CLUA seit 1990 in Übersicht 7 dargestellt:

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Insgesamt haben sich die Einnahmen beider Ämter seit 1990 um rd. 1 Mio. DM (20 %) reduziert. Die Ursache dieses relativ starken Rückgangs hängt nach Darstellung des Ministeriums mit dem Wegfall von kostenpflichtigen Untersuchungen, dem wesentlichen Rückgang kostenpflichtiger Zollproben sowie einer Verschiebung von privaten Untersuchungen im tierärztlichen Bereich hin zu gebührenfreien amtlichen Untersuchungen zusammen.

Im gleichen Zeitraum ist bei beiden Ämtern eine Ausgabensteigerung von rd. 25 % festzustellen.

7.2 Derzeitige Praxis der Gebührenerhebung

Die Verfahren der Gebührenerhebungen im tierärztlichen Bereich und im Bereich der chemischen Lebensmitteluntersuchung unterscheiden sich grundlegend.

7.2.1 Gebühren im tierärztlichen Untersuchungsbereich

Im tierärztlichen Bereich werden etwa die Hälfte der zahlreichen Untersuchungen im Interesse Dritter durchgeführt. Hierbei handelt es sich um pathologische bzw. histologische Untersuchungen von Tieren aller Art (Feststellung der Todesursache) und parasitologische Einzeluntersuchungen (z. B. Kotproben). Die als „Gebührenbescheid (Rechnung)“ oder „Gebührenrechnung“ bezeichneten Kostenaufstellungen gehen Privatpersonen oder Tierärzten unmittelbar zu. Die andere Hälfte der Untersuchungen erfolgt auf Grund von gebührenfreien amtlichen Untersuchungen im Rahmen von Bekämpfungsprogrammen wie z. B. Tollwut, Schweinepest und - kostenpflichtig - auf Veranlassung der verschiedenen Tiergesundheitsdienste der Tierseuchenkasse. Die Gebühren für diese Untersuchungen werden nach monatlichen Abschlagszahlungen quartalsweise mit der Tierseuchenkasse abgerechnet.

7.2.2 Gebühren im chemischen Untersuchungsbereich

Im chemischen Bereich sind Untersuchungen im Interesse Einzelner selten. Gebührenbescheide werden hauptsächlich für Exportbescheinigungen und das Ausstellen von Begleitdokumenten erlassen. Darüber hinaus erzielen die Chemischen Untersuchungsämter kaum Einnahmen. Auf Grund der ihnen obliegenden Dienstaufgaben führen sie im öffentlichen Interesse liegende Untersuchungen durch, für die keine Gebühren erhoben werden können. Das MLR hat den Wert dieser Untersuchungsleistungen im Haushaltsplan 1999 auf rd. 7 Mio. DM jährlich geschätzt. Das Gebührenverzeichnis für chemische Probenuntersuchungen umfasst über 200 Einzelposten; es handelt sich überwiegend um Rahmensätze.

Endet die Untersuchung von Plan- und Verdachtsproben mit einem positiven Ergebnis, wird eine sog. Gebührenmitteilung gefertigt, die dem WKD übersandt wird. Die Gebührenmitteilung enthält die gemäß Gebührenverzeichnis festgelegten Gebührensätze für die vom CVUA vorgenommenen Untersuchungen. Der WKD ermittelt den Gesamtbetrag der Gebühren und leitet den Vordruck zusammen mit evtl. weiteren Ermittlungsergebnissen an die untere Lebensmittelüberwachungsbehörde weiter.

Die untere Lebensmittelüberwachungsbehörde stellt einen Bußgeldbescheid aus, der auch die Untersuchungsgebühren umfasst. Bußgeld und Gebühren vereinnahmt die Kreiskasse; eine Erstattung der dem Land entstandenen Kosten findet nicht statt. Diese Verfahrensweise beruht auf § 11 Abs. 3 des Gesetzes über den kommunalen Finanzausgleich (FAG).

Bei strafbaren Handlungen setzt das zuständige Gericht die Kosten fest. Dabei werden die Untersuchungskosten berücksichtigt und von der LOK zusammen mit den Gerichtskosten erhoben. Vereinzelt werden den Ämtern Entschädigungen nach dem Gesetz über die Entschädigung der Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) erstattet.

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7.3 Vorschläge zur Verfahrensoptimierung

7.3.1 Gebühren im tierärztlichen Bereich

Im Hj. 1998 betrugen die Einnahmen eines beispielhaft ausgewählten Amtes rd. 344 500 DM. Dieser Betrag setzt sich aus 2 469 Einzelvorgängen zusammen. Wie in Übersicht 8 dargestellt, liegt die Gebühr bei knapp 1 800 Rechnungen unter 50 DM, was einem Anteil von 75 % entspricht. 35 % der Rechnungen liegen sogar unter 20 DM. Diese Gebühren decken kaum die Kosten für die Erstellung des Gebührenbescheids und die Zahlungsabwicklung, geschweige denn die Kosten der Untersuchung.

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Jede Gebührenrechnung bedeutet einen nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand für Erstellen, Versenden, Buchen und Überwachen. Gebühren unter 50 DM können den gesamten Untersuchungs- und Verwaltungsaufwand somit kaum abdecken. Allein der Aufwand für das Erstellen der Gebührenrechnung und das Verbuchen des Geldbetrags liegt nach Einschätzung des RH bereits bei weit über 20 DM und übersteigt damit die durchschnittliche Gebühr von 35 % aller Rechnungen.

Die Ämter haben den hohen Anteil der Untersuchungen für Dritte mit einer besseren Auslastung der technischen und personellen Kapazität sowie mit einem besseren Überblick über die allgemeine Tiergesundheit begründet. Auch wenn damit ein gewisses öffentliches Interesse begründet wird, sollten nach Auffassung des RH diese Dienstleistungen kostendeckend durchgeführt werden. Eine grundsätzliche Neukalkulation der Gebühren nach dem Kostendeckungsprinzip wird für zwingend erachtet. Daher sollte die bisherige Mindestgebühr von 25 DM, die in der Vergangenheit vielfach nicht beachtet wurde, nochmals deutlich angehoben werden.

7.3.2 Gebühren im Bereich der chemischen Lebensmitteluntersuchung

Nach Auffassung des RH sollte in diesem Bereich eine Gebührenvereinfachung angestrebt werden. Beispielsweise könnten folgende Kostengruppen gebildet werden:

  • sensorische Prüfungen mit einfacher Probenaufarbeitung,
  • analytische Untersuchungen mit spezieller Probenaufarbeitung,
  • aufwendigen analytische Untersuchungen mit entsprechender Probenaufarbeitung,
  • Spezielle Untersuchungs- und Bestimmungsverfahren.

Für die beiden letztgenannten Untersuchungsverfahren ist eine weitere Untergliederung zweckmäßig, während für die ersten Kostengruppen eine pauschale Gebührenfestsetzung denkbar wäre.

Auch die Gebühren im chemischen Untersuchungsbereich bedürfen nach Ansicht des RH einer Neukalkulation auf der Basis des nach dem Landesgebührengesetz erforderlichen Kostendeckungsprinzips.

Zur Vereinfachung des Verfahrensablaufs wird vorgeschlagen, dass die CVUÄ die Untersuchungsergebnisse und die Aufstellungen über die Kosten der Untersuchungen direkt der unteren Lebensmittelüberwachungsbehörde mitteilen und dem WKD davon nachrichtlich Kenntnis geben.

8 Stellungnahme der Verwaltung

Das Ministerium lehnt die vom RH vorgeschlagene zentrale Beschaffungsstelle ab. Sie böte zwar die Möglichkeit, das Know-how hinsichtlich des Verfahrens zu verbessern, könne aber auf keinen Fall das häufig erforderliche Fachwissen für spezielle Anwendungen in den einzelnen Untersuchungseinrichtungen ersetzen. Das Zusammenführen der Beschaffungen von fünf CVUÄ erfordere einen Aufwand und eine personelle Besetzung, die mögliche Rationalisierungseffekte aufheben würden.

Die sehr begrenzte Anbieterzahl bei Geräten und das in vielen Fällen sehr kleine Angebot qualitativ vergleichbarer Produkte bei Verbrauchsmaterialien und Chemikalien lassen es nach Ansicht des Ministeriums gerechtfertigt erscheinen, auch künftig von beschränkten/öffentlichen oder gar EU-weiten Ausschreibungen abzusehen. Der vom RH vorgeschlagene produktneutrale Erwerb von Geräten sei wegen der unbedingt notwendigen Kompatibilität mit den vorhandenen Systemen nicht möglich. Dies gelte vor allem für die analytische Software.

Eine weitere Optimierung des Beschaffungswesens in Form eines professionellen Beschaffungsmanagements hält das Ministerium allerdings für sinnvoll. Es hält die Bildung einer Arbeitsgruppe bei den CVUÄ für denkbar, die - in enger Abstimmung mit dem beschaffenden Amt - Beschaffungen wirtschaftlich, rechtssicher und termingerecht abzuwickeln in der Lage ist.

Bei den Gebühren sei vorgesehen, die Gebührenordnungen der seitherigen STUÄ und CVUA zusammenzufassen und die Gebühren nach dem Kostendeckungsprinzip neu zu kalkulieren. Die Gebühren im tierärztlichen Bereich seien bereits zum 01.02.1999 neu berechnet und dabei z. T. drastisch erhöht worden. Die vom RH vorgeschlagene Mindestgebühr von 50 DM in diesem Bereich wäre allerdings unverhältnismäßig, weil bei Heimtieren der Tierwert in vielen Fällen weit unter 50 DM läge.

9 Schlussbemerkung

Nach Auffassung des RH rechtfertigt es weder die begrenzte Zahl von Anbietern von Untersuchungs- und Analysegeräten noch die jeweils erforderliche spezielle Konfiguration von Geräten, vom gesetzlich geforderten Beschaffungsverfahren abzuweichen, wie dies in der Vergangenheit nahezu ausnahmslos der Fall war. Dieses seit langem praktizierte System sollte im Interesse eines transparenten Verfahrens und der gebotenen Wirtschaftlichkeit endlich durchbrochen werden. Der vom Ministerium angeführte Ausschreibungsverzicht wegen der unbedingt erforderlichen Kompatibilität von neuen Geräten mit vorhandenen Systemen fixiert längerfristig auf einen Hersteller; es verhindert den Wechsel zu innovativen Produkten anderer Lieferanten.

Eine zentrale Beschaffungsstelle mit entsprechend qualifiziertem Personal vermag effizienter, wirtschaftlicher und rechtssicherer zu arbeiten als die dezentralen Beschaffungsstellen; der RH bleibt deshalb bei seinem Vorschlag.

Hinsichtlich der Neugestaltung der Gebühren hält der RH an seinen Vorschlägen fest. Auch die 1999 neu erlassene Gebührenordnung für tierärztliche Untersuchungen bleibt teilweise hinter kostendeckenden Ansätzen zurück.


Anhänge

Einzelplan 09: Ministerium für Arbeit und Soziales

Die vom Land zur Zeit praktizierte Zuweisung der Investitionsmittel an die Zentren für Psychiatrie führte 1999 im Er-gebnis zu einer vermeidbaren Kreditaufnahme des Landes von rd. 59,5 Mio. DM und zu Zinsaufwendungen von jährlich rd. 2 Mio. DM. Zinseinnahmen der Zentren könnten durch eine andere Anlagepolitik gesteigert werden.


1 Ausgangslage

1.1 Zum 01.01.1996 wurden die bis dahin als unselbständige Landesbetriebe geführten neun Psychiatrischen Landeskrankenhäuser in rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts umgewandelt und führen die Bezeichnung Zentren für Psychiatrie (ZfP). Für jedes ZfP ist ein Aufsichtsrat gebildet, jeweils drei ZfP haben einen gemeinsamen Geschäftsführer.

Der RH hat im Jahr 2000 damit begonnen, die Auswirkungen der größeren Eigenständigkeit der ZfP zu überprüfen. Die Prüfung ist noch nicht abgeschlossen. Im Folgenden wird ein Teilergebnis der Prüfung dargestellt. Grundlagen dafür sind die Jahresabschlüsse der ZfP, die Prüfberichte der Wirtschaftsprüfer und örtliche Erhebungen bei einigen ZfP.

2 Landeszuschüsse für die Zentren für Psychiatrie

2.1 Die ZfP erhalten - außer der Erstattung der Betriebskosten des Maßregelvollzugs - Landeszuschüsse auf Grund eines Bescheides des SM als institutionelle Förderung nach Maßgabe des StHpl. Sie umfassen im Wesentlichen Zuschüsse für Investitionen und für sonstige nicht pflegesatzfähige betriebsnotwendige Aufwendungen (Betriebsmittel). Die Investitionsmittel und Teile der Betriebsmittel werden den einzelnen ZfP nach einem festen Verteilerschlüssel zugewiesen, der neben einem Sockelbetrag unter anderem von den im Jahr 1996 vorhandenen Betten und den Liegenschaften der einzelnen ZfP ausgeht. Die Zahlungen des Landes erfolgen auf von den jeweiligen ZfP eingerichteten und ausschließlich von diesen bewirtschafteten Konten. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Mittel entsprechend den vom SM grundsätzlich für anwendbar erklärten Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur institutionellen Förderung (ANBest-I) innerhalb von zwei Monaten nach Auszahlung für fällige Zahlung benötigt werden. Das SM hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, von dieser Regelung abzuweichen.

Somit besteht seit dem 01.01.1996 eine Regelung, die zuvor in dieser Form und Auswirkung nicht bestanden hat. Vor diesem Zeitpunkt blieben die Mittel für Investitionsmaßnahmen und für sonstige betriebsnotwendige Aufwendungen solange bei der LOK, bis sie wegen fälliger Zahlungsverpflichtungen abgeflossen sind.

2.2 Umfang der Investitions- und Betriebsmittel

Die vom SM an die ZfP im letzten Jahr vor ihrer Reform und seitdem bis zum Jahr 2000 ausgezahlten Zuschüsse ohne Kosten des Maßregelvollzugs sind in Übersicht 1 dargestellt.

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Seit der Verselbständigung der ZfP haben sich bis zum Jahr 1998 die bereitgestellten Investitionsmittel nicht unwesentlich verringert. Dies ist auf die seinerzeitigen landesweiten Einsparungen mit dem Ziel der Konsolidierung des Landeshaushalts zurückzuführen. Das SM strebt an, die Investitionsmittel künftig an der Investitionsförderung der anderen Krankenhäuser zu orientieren. Der Mittelfristige Finanzplan geht für das Jahr 2002 von 62 Mio. DM und für das Jahr 2003 von 62,9 Mio. DM aus.

3 Umfang der nicht verbrauchten Zuschüsse

3.1 Nicht verbrauchte Investitionszuschüsse

Die Investitionszuschüsse sind im Bewilligungszeitraum zweckentsprechend zu verwenden. Sie können auch für nicht aktivierungsfähige Maßnahmen wie die Instandhaltung eingesetzt werden, sofern die hierfür zugewiesenen Mittel nicht ausreichen, oder im Rahmen der Zweckbestimmung in künftige Wirtschaftsjahre übertragen werden. In letzterem Falle weisen die ZfP die Mittel in ihren Bilanzen als „Verbindlichkeiten aus sonstigen Zuwendungen zur Finanzierung des Anlagevermögens“ aus. Darin sind auch die jeweiligen Zinserträge aus der Anlage von nicht beanspruchten Geldern enthalten. Der Umfang dieser noch nicht verbrauchten Investitionsmittel für den Zeitraum von 1995 bis 1999 ist in Übersicht 2 dargestellt.

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Seit dem Zeitpunkt der Rechtsformänderung sind die Bestände der von den neun ZfP nicht verbrauchten Investitionszuschüsse um rd. 50 Mio. DM auf rd. 59,5 Mio. DM angestiegen. Dieser Betrag liegt über den im Jahr 1999 insgesamt ausgezahlten Investitionsmitteln von rd. 54 Mio. DM. Diese Bestände sind eine notwendige Folge der seit 1996 gewählten Pauschalförderung, die es den einzelnen ZfP überlässt, die Finanzierung ihrer jeweiligen Projekte ggfs. durch längere Ansparzeiten zu sichern. Der besonders hohe Bestand beim ZfP E soll z. B. vor allem zur Finanzierung eines Großprojekts verwendet werden, mit dem voraussichtlich im Jahr 2002 begonnen werden soll.

3.2 Nicht verbrauchte Betriebsmittelzuschüsse

Die Höhe der von den einzelnen ZfP nicht verbrauchten Betriebsmittelzuschüsse fällt gegenüber den nicht verwendeten Investitionsmitteln kaum ins Gewicht. Im Jahr 1999 belief sich der entsprechende Geldbestand für alle neun ZfP auf rd. 3 Mio. DM, wobei sechs Einrichtungen deutlich unter 0,5 Mio. DM lagen.

4 Finanzielle Ergebnisse aus dem Kapitalvermögen

4.1 Erträge aus der Anlage von Geldbeständen

4.1.1 Die ZfP legen nicht verbrauchte Gelder an und erzielen daraus Einnahmen. Darin enthalten sind auch nicht verwendete Investitionsmittel und Pensionsrückstellungen, die seit dem 01.01.1996 von den ZfP zu bilden sind. Die jeweiligen Gesamtergebnisse der Erträge aus Kapitalvermögen auf der Grundlage der Gewinn- und Verlustrechnung sind in der Übersicht 3 dargestellt. Erwirtschaftet wurden die Zinserträge zum weit überwiegenden Teil durch Festgeldanlagen. Seit dem Hj. 2000 haben die ZfP entsprechende kalkulatorische Zinserträge anzusetzen, wenn die Zuschüsse zur Sicherstellung der Liquidität eingesetzt worden sind. Teilweise haben die ZfP auch untereinander verzinsliche Darlehen gewährt.

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4.1.2 Nach den bisher gewonnenen Erkenntnissen des RH ist nicht eindeutig feststellbar, in welcher Höhe die nicht verbrauchten Investitionsmittel das jeweilige Zinsergebnis konkret beeinflussten. Wenn man berücksichtigt, dass diese Mittel nur zweckentsprechend und damit nicht für den laufenden Betrieb einzusetzen sind, und bei der Geldanlage den Durchschnittszinssatz zu Grunde legt, den die ZfP tatsächlich ausgehandelt haben, errechnet sich für die nicht verbrauchten Investitionsmittel im Jahr 1998 ein Zinsertrag von rd. 1,26 Mio. DM und im Jahr 1999 von rd. 1,52 Mio. DM. Diese Einnahmen verbleiben den ZfP und werden mit künftigen Investitionszuschüssen des Landes nicht verrechnet. Sie sind auch unabhängig davon, ob durch die spätere Mittelverwendung zwischenzeitlich eingetretene Preisveränderungen kompensiert werden oder nicht.

4.2 Auswirkungen für das Land

Weil die Mittel dem Land nicht mehr zur Verfügung stehen, sondern tatsächlich ausgezahlt worden sind, ist - solange das Land Kredite aufnimmt - im Ergebnis davon auszugehen, dass sich durch die Auszahlung die Summe der Kreditaufnahmen des Landes in Höhe der jeweils nicht verbrauchten Investitionsmittel erhöht, ohne dass ein aktueller Bedarf besteht. Zum 31.12.1999 lag die Summe der vermeidbaren Kreditaufnahme bei rd. 59,5 Mio DM.

Dadurch entstehen dem Land Zinsbelastungen, für die von ihm 1998 Kreditzinsen in Höhe von durchschnittlich 5,60 % und 1999 in Höhe von durchschnittlich 4,11 % zu zahlen waren. Auf der Basis der nicht verbrauchten Investitionsmittel ergibt sich für die Jahre 1998 und 1999 eine Belastung des Landes, wie sie in Übersicht 4 dargestellt ist. Bei den dabei zu Grunde gelegten kreditfinanzierten Beträgen handelt es sich um Mittelwerte aus den Ergebnissen für die Jahre 1997 und 1998 bzw. 1998 und 1999.

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Saldiert man den Zinsaufwand des Landes mit den Zinserträgen aller ZfP, so ergibt sich zwischen dem tatsächlichen durchschnittlichen Habenzins und den durchschnittlichen Sollzinsen eine Differenz von 2,2 Prozentpunkten im Jahr 1998 und von 1,1 Prozentpunkten im Jahr 1999. Infolgedessen wurde der Landeshaushalt im Jahr 1998 um rd. 0,82 Mio. DM mehr belastet als die ZfP an Zinseinnahmen zu verzeichnen hatten. Für das Jahr 1999 lag die Differenz zu Lasten des Landes bei rd. 0,56 Mio. DM.

4.3 Empfehlungen des Rechnungshofs

Die seit dem Jahr 1996 praktizierte tatsächliche Auszahlung der Investitionszuschüsse unabhängig davon, ob ein unmittelbarer Bedarf besteht, ist nicht zwingend. Diese Verfahrensweise ist insofern unbefriedigend, als die Zinsvorteile aus nicht alsbald benötigten Investitionsmitteln den einzelnen Anstalten zu Lasten des Landeshaushalts zu Gute kommen.

Der RH hat deshalb dem SM und dem FM empfohlen, für die ZfP bei der LOK ein Zuschusskonto einzurichten, von dem sie jederzeit die ihnen zugewiesenen Mittel abrufen können. Dies hätte z. B. zum 31.12.1999 zu einer Verringerung der Schuldenaufnahme durch das Land um rd. 59,5 Mio. DM und zu entsprechenden Zinseinsparungen geführt. Dabei muss allerdings darauf geachtet werden, dass der Grundsatz des freien Wirtschaftens für die rechtsfähigen ZfP nicht unterlaufen wird.

5 Pensionsrückstellungen

5.1 Allgemeines

Die ZfP sind als rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts ab 1996 verpflichtet, für ihre Beamten die Versorgungslasten selbst zu erwirtschaften (§ 10 Abs. 6 EZPsychG). Zu diesem Zweck bilden sie auf Grund der Bilanzierungsvorschriften Rückstellungen. Pensionsverpflichtungen aus der Zeit vor 1996 sind vom Land zu tragen. Die ZfP stellen insoweit „Forderungen aus Pensionsverpflichtungen an das Land“ in ihre Bilanzen ein. Die eigenen Verpflichtungen werden in den Bilanzen als Eigenanteile der ZfP ausgewiesen.

Ohne die rechtliche Verselbständigung der ZfP wären die Pensionsverpflichtungen in die allgemeinen Pensionsverpflichtungen des Landes eingeflossen. Das Land hätte hierfür - wie für seine Beamten allgemein - keine Rückstellungen gebildet. Insofern ist das Land durch die Rechtsformänderung von einem Teil seiner Pensionsverpflichtungen entlastet worden und zwar im Zeitraum 1996 bis 1999 in Höhe von rd. 21 Mio DM.

5.2 Höhe der Pensionsverpflichtungen

Für die bei den ZfP beschäftigten Beamten sind in Übersicht 5 die bis 31.12.1995 entstandenen Pensionsforderungen an das Land und die sich aus der Beschäftigung seit 01.01.1996 ergebenden Eigenanteile der ZfP auf der Basis der jeweiligen Bilanzen dargestellt.

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Die Eigenanteile der ZfP an den Pensionslasten sind seit 1996 um jährlich rd. 5 Mio. DM auf rd. 21. Mio. DM im Jahr 1999 angestiegen.

5.3 Umgang mit Geldanlagen

Von den ZfP wird die Anlage dieser Mittel nach vergleichbaren Grundsätzen, wie unter Ziffer 4.1 ausgeführt, gehandhabt. Das ZfP C hat allerdings einen Großteil seiner Pensionsrückstellungen im Wege der Innenfinanzierung zum Erwerb und zur Bestandserhaltung von Grundvermögen gegen entsprechende Zinsfestlegungen eingesetzt. Diese Handhabung ist zulässig und erscheint auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht vertretbar.

Im Jahr 1999 erzielten vier ZfP mit insgesamt kurzfristigen Geldanlagen einen Durchschnittszinssatz von rd. 3 %. Der Zinssatz für die vom Land aufgenommenen Darlehen betrug im gleichen Zeitraum rd. 4,11 %.

Hätten die ZfP an Stelle der gewählten kurzfristigen Festgeldanlagen ihre Mittel längerfristig z. B. beim Land (Schuldenverwaltung) angelegt, hätten sie ihre Zinseinnahmen im Jahr 1999 auf der Grundlage der jeweiligen Mittelwerte aus den Jahresergebnissen 1998 und 1999 um insgesamt rd. 200 TDM steigern können. Der RH hat daher angeregt, diese Gelder der ZfP langfristig direkt beim Land anzulegen, soweit nicht anderweitig höhere Erträge erzielt werden können. Hierzu wäre mit dem FM das Verfahren festzulegen.

6 Stellungnahme des Ministeriums und Folgerungen

6.1 Was die Auszahlung der Investitionszuschüsse betrifft, wollen das SM und das FM den Vorschlag des RH aufgreifen. Ab dem Hj. 2001 werde der Zahlungsmodus für die Zuschüsse so festlegt, dass dem Land kein vermeidbarer Zinsaufwand für die Beträge entstehe, die die Zentren noch nicht für den vorgesehenen Zweck benötigten. Die Einzelheiten des Verfahrens müssten allerdings noch zwischen SM und FM abschließend festgelegt werden. Das Ergebnis bleibt abzuwarten.

6.2 Nach den Ausführungen des SM sind die ZfP bereit, Mittel aus der Pensionsrückstellung beim Land anzulegen, wenn das Angebot des Landes entsprechend attraktiv sei. Dieser Geldanlage seien jedoch Grenzen dadurch gesetzt, dass für die Schuldenverwaltung des Landes nur die Anlage namhafter Beträge ökonomisch sinnvoll sei und die Zentren nicht die gesamte Rückstellung als Geldanlage, sondern z. B. auch als Eigenkapitalersatz für Investitionen im eigenen Unternehmen oder als Betriebsmittel verwenden könnten.


Anhänge

Einzelplan 10: Umweltministerium

Das Land wendet jährlich rd. 900 Mio. DM für Verkehrsverträge im Schienenpersonennahverkehr auf. Für diesen Förderbereich wurde gemeinsam von Rechnungshof und Ministerium ein Controlling-System entwickelt, das bei konsequenter Anwendung einen erheblichen finanziellen Spielraum für die weitere Verbesserung des Schienenpersonennahverkehrs schafft.


1 Vorbemerkung

Der RH befasste sich in der Denkschrift 1999 Nr. 17 mit den Verkehrsverträgen zwischen dem Land und Unternehmen des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV). Seinerzeit wurde empfohlen, ein Controlling-System im SPNV aufzubauen, um die mit den eingesetzten Mitteln erreichten Ziele messen und bewerten zu können.

Hintergrund war, dass die Verwaltung, ungeachtet der in § 7 LHO dargelegten Verpflichtung zur Prüfung der Notwendigkeit, Wirksamkeit und Effizienz von eingesetzten Landesmitteln, seither vorwiegend formale Gesichtspunkte wie die zweckentsprechende Mittelverwendung prüfte. Den politischen Entscheidungsträgern konnten damit von der Verwaltung nur begrenzt Informationen gegeben werden, um Zuschüsse auf den Prüfstand zu stellen bzw. Entscheidungen vorzubereiten.

Der Landtag beschloss daraufhin am 15.12.1999, dass „eine Erfolgskontrolle für die vertraglich vereinbarten Verkehrsleistungen durchzuführen ist; dafür soll ein Controlling-System aufgebaut werden“. Weiterhin sind Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen zur Steuerung des Einsatzes der Regionalisierungsmittel, zur Evaluierung der verkehrs- und strukturpolitischen Zielsetzungen des Gesetzes zur Gestaltung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNVG) und als Grundlage für das geplante Controlling-System durchzuführen.

Das gemeinsam von RH, UVM und der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg mbH (NVBW) entwickelte Controlling-Systems zeigt einen Weg auf, der es bei konsequenter Umsetzung ermöglichen wird, die für den SPNV vorhandenen Mittel noch wirtschaftlicher und effektiver einzusetzen.

2 Aufgabenträgerschaft des Landes im Schienenpersonennahverkehr

Zur Sicherung und Verbesserung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) stehen dem UVM als Aufgabenträger im Jahr rd. 1,3 Mrd. DM an Regionalisierungsmitteln zur Verfügung. Hiervon entfallen jährlich rd. 670 Mio. DM auf die Bereitstellung der Status-quo-Verkehrsleistungen im SPNV. Seit 1995/1996 hat das UVM zur Verbesserung des SPNV bislang rd. 100 Mio. DM im Jahr für Mehrverkehre aufgewandt und die im Land gefahrenen Zug-km um rd. 13 Mio. von 42 Mio. auf 55 Mio. erhöht. Die übrigen Regionalisierungsmittel werden u. a. für die S-Bahn Stuttgart, die Beschaffung von Schienenfahrzeugen, die Förderung von Verkehrsverbünden und zum Ausgleich der im Rahmen der Regionalisierung seit 1997 reduzierten GVFG-Finanzmasse eingesetzt.

Den Kern der SPNV-Verkehrsleistungen bildet der Generalvertrag zwischen dem Land und der Deutschen Bahn AG (DB), der die Status-quo-Verkehre abdeckt. Im Zuge der Abbestellung von Status-quo-Leistungen bei der DB und deren Neuvergabe sowie der Beauftragung von Mehrverkehren hat das UVM sowohl mit der DB als auch Nichtbundeseigenen Eisenbahnunternehmen bis Ende 2000 über den Generalvertrag hinaus 12 Verkehrsverträge abgeschlossen. Die Verkehrsverträge haben in der Regel eine Laufzeit von fünf Jahren und eine Kündigungsfrist von sechs bis zwölf Monaten. Die Mehrzahl der Verkehrsverträge wird in den nächsten Jahren kündbar und bedarf der Vertragsüberprüfung, zumal da einige dieser laufenden Verträge freihändig vergeben wurden und hier die wirtschaftliche Erbringung der Verkehrsleistungen zu hinterfragen ist.

In Zusammenhang mit den bislang abgeschlossenen Verkehrsverträgen förderte das UVM nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) außerdem mit rd. 250 Mio. DM die Beschaffung von Schienenfahrzeugen, den Aus- und Neubau von Trassen sowie Haltepunkten und die Errichtung von Wartungsanlagen für den SPNV.

3 Ausgangspunkt für das Controlling-System im Schienenpersonennahverkehr

Die verringerten finanziellen Spielräume beim Land zwingen dazu,

  • Maßstäbe für den wirtschaftlichen Einsatz von Landesmitteln zu entwickeln, die es erlauben, die günstigste Relation zwischen verfolgtem Ziel und den eingesetzten Mitteln festzustellen und

 

  • Mechanismen zur Erfolgskontrolle einzuführen, mittels derer die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit des Mitteleinsatzes untersucht werden können.

Damit werden zwei Aspekte verfolgt: Die knappen Mittel mit dem höchsten Nutzen einzusetzen („Sparsamkeitsprinzip“) und/oder mit den vorhandenen Mitteln möglichst viele wirtschaftlich sinnvolle Fördervorhaben zu realisieren („Ergiebigkeitsprinzip“). Unter Berücksichtigung von § 7 LHO, der eine Erfolgskontrolle bei Maßnahmen mit einem jährlichen Mittelbedarf über 500 000 DM vorgibt, kann dadurch immer wieder kurzfristig eine Rückkopplung zur Politik erfolgen. Das Controlling im SPNV ist folglich als Instrument zu verstehen, das den Entscheidungs- und Steuerungsprozess der Politik und Verwaltung durch zielgerichtete quantitative wie qualitative Informationen unterstützt und somit eine ständige, schrittweise Optimierung ermöglicht.

Das Controlling in seiner Funktion der Steuerungsunterstützung sollte u. a. Aussagen erlauben zu

  • der sachgerechten Mittelvergabe,
  • der effizienten Mittelverwendung,
  • den Einsparpotenzialen,
  • den Angebotsoptimierungen unter Beachtung eines bedarfsgerechten Angebots,
  • dem Maß des Zielerreichungsgrades und
  • der flexibleren Handhabung von Veränderungen auch im Hinblick auf die zügige Anpassung von Inhalten der Verkehrsverträge.

4 Ziele des Controlling-Systems im Schienenpersonennahverkehr

Das Controlling setzt ein definiertes und - quantitativ wie qualitativ - messbares Zielfeld voraus, dessen Erreichung durch geeignete Methoden gemessen werden soll.

Im SPNV werden die qualitativen Ziele durch das ÖPNVG folgendermaßen definiert:

  • der ÖPNV soll im gesamten Landesgebiet im Rahmen eines Integrierten Gesamtverkehrssystems als eine vollwertige Alternative zum motorisierten Individualverkehr zur Verfügung stehen,

 

  • jedes Verkehrsmittel soll im ÖPNV entsprechend seiner besonderen Vorteile eingesetzt werden,

 

  • das Eisenbahnnetz soll für eine leistungsfähige und bedarfsgerechte Erschließung erhalten und ausgebaut werden, und

 

  • der SPNV ist das Rückgrat des ÖPNV.

Diese Ziele geben einen Soll-Zustand wieder, der durch das Verwaltungshandeln zu erreichen ist. Folglich sollten für ein wirksames Controlling im SPNV die qualitativen Ziele operationalisiert, also auch in messbarer quantitativer Form formuliert werden. Ein Ziel sollte dabei mindestens durch eine Kennzahl abgebildet werden und für die Controllingzwecke möglichst entscheidungs- und steuerungsrelevant sein.

5 Anwendungsfelder für das Controlling im Schienenpersonennahverkehr

Für das Land als Aufgabenträger des SPNV ergeben sich, ausgehend von den Zielen des Controlling, zwei Anwendungsfelder:

  • Betriebswirtschaftliches Controlling

Das betriebswirtschaftliche Controlling liefert Aussagen zu den Linienergebnissen, die sich aus der Differenz zwischen Erlösen und Kosten von Linien ergeben. Hiermit können zum einen bei Ausschreibungen für das Land wirtschaftlich sinnvolle Linienzuschnitte gewählt und Obergrenzen für die Zuwendungen überschlägig ermittelt werden, zum anderen bietet das Linienerfolgscontrolling die Möglichkeit zur Überprüfung und Steuerung umgesetzter Vorhaben.

Dem betriebswirtschaftlichen Controlling ist nach § 7 LHO besondere Beachtung zu schenken. Das betriebswirtschaftliche Controlling ist dabei keineswegs gleichbedeutend mit dem Ziel vollständiger Kostendeckung im SPNV.

  • Verkehrswirtschaftliches Controlling

Das verkehrswirtschaftliche Controlling zeigt die Entwicklung der Fahrgastnachfrage bezogen auf die eingesetzten Mittel im Zeitablauf auf. Zwischenzeitlich getätigte Investitionen werden berücksichtigt, aber auch raumstrukturelle Rahmenbedingungen wie Einwohnerzahlen und die Qualität der Straßenverbindungen fließen in die Bewertungen ein.

6 Bausteine des Controlling-Systems im Schienenpersonennahverkehr

Das Controlling im SPNV soll Richtungen aufzeigen, wie dem durch das ÖPNVG vorgegebenen Auftrag der Angebotssicherung und -ausweitung bei zunehmenden Finanzierungsengpässen entsprochen werden kann. Aus diesem Auftrag lässt sich ersehen, dass es sich um ein System handeln wird, das flexibel sowie im Zeitablauf veränderlich sein muss. Die zwei Bausteine „Linienerfolgsrechnung“ und „Verkehrswirtschaftliches Controlling“, die hierfür entwickelt wurden, erfüllen diese Voraussetzungen. Sie sind überdies, wie verschiedene Anwendungsbeispiele belegen, in der tatsächlichen Anwendung praktikabel.

6.1 Linienerfolgsrechnung

Die Linienerfolgsrechnung stellt ein gut handhabbares Berechnungsinstrument dar. Die Berechnungen erfolgen auf der Basis „Linie“, da diese einen definierten Anfangs- und Endpunkt sowie festgelegte Haltestellen aufweist, während die „Strecke“ lediglich eine räumliche (Gleis-) Verbindung zwischen zwei Punkten darstellt; eine Strecke können unter Umständen auch mehrere Linien befahren.

In Anbetracht der Steuerungsaufgaben steht für das Land als Aufgabenträger des SPNV bei der Linienerfolgsrechnung weniger eine buchhalterische Genauigkeit im Raum als vielmehr eine überschlägige Berechnung der Linienerfolge mit leicht fassbaren Größenordnungen. Von daher sind mitunter angeführte Schwierigkeiten bei der Umlegung von Kosten und Erlösen auf Linien keine unüberwindbaren Hürden.

6.1.1 Aufbau der Linienerfolgsrechnung

Eine Linienerfolgsrechnung wird üblicherweise als Deckungsbeitragsrechnung durchgeführt. Die Linienrechnung vergleicht hierbei die Erlöse aus dem Fahrscheinverkauf mit den Kosten für die Erbringung des Verkehrsangebots. Die Differenz aus Erlösen und Kosten ergibt den Deckungsbeitrag bzw. -fehlbetrag (s. Übersicht 1).

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Um die Aussagekraft der Linienerfolgsrechnung zu erhöhen, werden auch hier - wie bei Deckungsbeitragsrechnungen üblich - verschiedene Deckungsbeiträge ermittelt, die jeweils die zeitliche und/oder inhaltliche Möglichkeit der Kostenbeeinflussung wiedergeben. So sind laufleistungsabhängige Kosten in der Regel kurzfristig änderbar, während Kosten in Zusammenhang mit der Infrastruktur über längere Zeiträume Bestand haben dürften. Auf diese Weise können Ansatzpunkte für kurz- bis mittelfristige Steuerungen ebenso wie ggf. nur langfristig veränderbare Stellgrößen aufgezeigt werden.

Zu den Linienkosten im Einzelnen:

  • Leistungsabhängige Kosten

Die Ermittlung erfolgt aus Fahrzeug-km des Betriebsprogramms der Linie und dem Energieverbrauch der eingesetzten Schienenfahrzeuge; Kostenrichtwerte für den Energieeinsatz liegen in der Regel vor.

  • Fahrzeug- und Personalkosten

Die Zahl der eingesetzten Schienenfahrzeuge und des Personals richtet sich nach den Erfordernissen des Betriebsprogramms. Üblicherweise bestehen Spielräume, die wegen der finanziellen Bedeutung der beiden Kostenbestandteile die Linienrechnung erheblich beeinflussen. Die Fahrzeugkosten werden abhängig vom Typ ermittelt und schließen neben dem Kapitaldienst auch Reparaturen usw. ein. Hierfür liegen im Normalfall Kostenrichtwerte vor. Die Personalkosten werden über die üblichen Tarife für Fahrer und ggf. des Zugbeleitpersonals festgestellt.

  • Vertriebs- und Verwaltungskosten

Diese Kosten werden auf der Grundlage der gefahrenen Zug-km überschlägig ermittelt. Das Verfahren ist hinsichtlich Größenordnung und deren geringer Veränderbarkeit angemessen.

  • Trassenabhängige Kosten

Die Trassen- und Stationskosten stellen einen bedeutenden Kostenblock dar; sie sind jedoch überwiegend extern durch die DB-Geschäftsbereiche „Netz“ und „Service & Stationen“ vorgegeben; die Kosten können dem Trassen- und Stationspreiskatalog entnommen werden.

Die Linienerlöse können über die in einer Fahrplanperiode durch Zählungen erhobenen Personenkilometer und die jeweiligen Erlössätze näherungsweise berechnet werden. Um die Erlöse einzelnen Linien zuscheiden zu können, sind umfassende und regelmäßige Zählungen, wie sie beispielsweise die DB mehrmals je Jahr durchführt, Voraussetzung. Die Überlassung von Fahrgastzählungen sowie ggf. von Fahrgastbefragungen auf Stichprobenbasis sollte daher weiter fester Bestandteil der Verkehrsverträge zwischen Land und Eisenbahnunternehmen sein bzw. dies zwingend werden.

Hilfsweise können nach den bisherigen Erfahrungen mit Linienerfolgsrechnungen auch Multiplikationen von Zug-km und auf regionale Besonderheiten abgestimmte Erlössätze herangezogen werden. Hierdurch können sich gewisse Bandbreiten bei der Ermittlung der Linienerlöse ergeben, die aber trotz möglicher Unschärfen im Sinne eines funktionsfähigen Controlling Aufschluss über evtl. Steuerungsansätze zulassen.

6.1.2 Einsatzmöglichkeiten der Linienerfolgsrechnung

Die Linienerfolgsrechnung erfüllt mit der Bereitstellung von Kennzahlen der einzelnen Deckungsbeitragsstufen sowie mit der Analyse von Erlösen und Kosten den Auftrag des Controlling als Steuerungsinstrument von bereits abgelaufenen Leistungserstellungsprozessen. Für diese Art der Linienerfolgsrechnung werden tatsächliche Kosten herangezogen, die das bestehende Schienenverkehrsangebot widerspiegeln.

Folgende Ziele können hiermit verfolgt werden:

  • Schaffung einer generellen Kostentransparenz.

 

  • Ableitung von Ansätzen zur ergebnisorientierten Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Linie auf allen Deckungsbeitragsstufen; Anhaltspunkte für derartige Verbesserungen können beispielsweise die Optimierung des Schienenfahrzeugeinsatzes oder die kostengünstigere Gestaltung der Wartung der Fahrzeuge sein.

 

  • Feststellung des Kostendeckungsgrades einer Linie und Aufzeigen des Beitrags einer Linie zum Gesamtergebnis eines Netzes; hiermit können zum einen wirtschaftlich gute und schlechte Linien herausgefiltert werden; zum anderen wird es möglich, schlechte Linien durch ihren Beitrag zum Netzergebnis zu relativieren.

 

  • Erarbeitung einer Argumentationsbasis für Verhandlungen zwischen Land und Gebietskörperschaften über die anteilige Finanzierung von SPNV-Leistungen; Aufzeigen der finanziellen Auswirkungen ggf. überzogener Angebotsforderungen.

 

  • Schaffung einer Arbeitsgrundlage für eine Optimierung bestehender Verträge auf einzelnen Linien und für Neu-Ausschreibungen von Liniennetzen.

 

  • Entwicklung von Entscheidungshilfen für den Zuschnitt von wirtschaftlich sinnvoll zu betreibenden Liniennetzen, die zur Ausschreibung anstehen; hiermit kann eine evtl. „Rosinenpickerei“ vermieden werden.

 

  • Berechnung des voraussichtlichen Auftragswertes für Ausschreibungen und Preisanfrageverfahren im Sinne einer Vorkalkulation; Bewertung von Angeboten. Auf diese Weise kann die Linienerfolgsrechnung als Methode zur Wirtschaftlichkeitsberechnung angewandt werden.

 

  • Abschätzung der wirtschaftlichen Auswirkungen geplanter Erweiterungen oder Kürzungen im Liniennetz bzw. von Angebotsänderungen; hinzukommende und wegfallende Linien und selbst einzelne Zugangebote können durch eine Grenzkostenbetrachtung der Linie/der Züge näherungsweise quantifiziert werden.

Darüber hinaus kann die Linienerfolgsrechnung unter Heranziehung der dargestellten Kennzahlen dazu dienen, die wirtschaftlichen Auswirkungen einer modifizierten Angebotsgestaltung, z. B. die Verlängerung einer Linie oder Änderungen im Fahrgastverhalten, für den Aufgabenträger Land darzustellen. Die Linienrechnung ist dann auf der Basis von Plan- und Prognosewerten durchzuführen.

6.2 Verkehrswirtschaftliches Controlling

Das verkehrswirtschaftliche Controlling soll dazu dienen, aus dem Vergleich der Fahrgastzahlen des Status-quo-Fahrplans 1995 mit den aktuellen Werten unter Berücksichtigung des jeweiligen Mitteleinsatzes Strecken mit Handlungsbedarf aufzuzeigen bzw. den verkehrswirtschaftlichen Erfolg getätigter Angebotsverbesserungen zu dokumentieren. Hierfür wird die Veränderung der Relation von Personen-km zu laufendem Zuschuss berechnet. Gegebenfalls erfolgte investive Fahrzeugförderungen werden bei den Berechnungen berücksichtigt. Für die Berechnung werden auch die regionalen Rahmenbedingungen wie die Einwohnerzahlen und die Qualität des Straßennetzes herangezogen.

6.2.1 Aufbau des verkehrswirtschaftlichen Controlling

Das verkehrswirtschaftliche Controlling unterteilt sich in sechs Module, die von der Streckencharakteristik über die Reisezeiten im Verhältnis zum motorisierten Individualverkehr bis hin zur Entwicklung des Fahrgastaufkommens reichen (s. Übersicht 2).

Die für das verkehrswirtschaftliche Controlling erforderlichen Daten und Informationen können aus verfügbaren Reisendenzählungen der Eisenbahnunternehmen, dem vom Land jährlich erbrachten Mitteleinsatz sowie aus Regional- und Nahverkehrsplänen generiert werden. Diese Mengengerüste sind kontinuierlich zu aktualisieren und zu überarbeiten, sodass ein dauerhafter, wenngleich überschaubarer Arbeitsaufwand entstehen wird.

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6.2.2 Einsatzmöglichkeiten des verkehrswirtschaftlichen Controlling

Das verkehrswirtschaftliche Controlling soll insgesamt an Hand der Entwicklung der ermittelten Kennzahlen DM/Personen-km und DM/Ein- und Aussteiger Erkenntnisse liefern, inwieweit das Schienenverkehrsangebot mittlerweile verkehrspolitischen Zielsetzungen besser gerecht wird als vor der Regionalisierung bzw. wo ggf. Handlungsbedarf besteht. Für die berechneten Kennzahlen gilt, dass das Ergebnis nicht die Analyse ersetzt. So ist denkbar, dass bei einer optimalen Gestaltung der Rahmenbedingungen eine wesentlich bessere Relation „Fahrgäste je Einwohner“ erreichbar wäre.

Zu den Einflussgrößen, die bei ansonsten gleichen Rahmenbedingungen zu deutlich unterschiedlichen Ergebnissen führen können, gehören u. a. die Taktdichte im SPNV, die Gestaltung der Umsteigeanlagen, der Komfort der eingesetzten Schienenfahrzeuge sowie das Marketing für die Schienenverkehrsangebote. Insofern müssen die ermittelten Kennzahlen noch um die Bewertung derartiger Inhalte und Wechselwirkungen von Einflussfaktoren ergänzt werden.

Unter Steuerungsgesichtspunkten werden die ermittelten Kennzahlen dann Handlungsbedarf aufzeigen, wenn sich die Relationen der Vergleiche 1995 zum aktuellen Fahrplanjahr deutlich verschlechtert haben. Der sich ggf. aus relevanten Abweichungen ergebende Handlungsbedarf kann sich vom Überdenken des Leistungsumfangs bis hin zu einer verbesserten Kundenansprache erstrecken. Spezifische Entscheidungsvorschläge sind jeweils zu entwickeln. Kurzzeitige Schwankungen sollen explizit nicht berücksichtigt werden, da hierfür ein breites Spektrum an Einflüssen verantwortlich sein kann.

Bisherige Beispielberechnungen haben gezeigt, dass die ermittelten Kennzahlen plausibel und belastbar sind. Das Verfahren kann daher in Ergänzung zu den Linienerfolgsrechnungen sukzessive auf alle Schienenstrecken im Land angewandt werden.

7 Beispielrechnung mit den Controlling-Bausteinen

Die beiden Controlling-Bausteine wurden auf verschiedenen Linien getestet. Um die Anwendungen und Aussagemöglichkeiten des SPNV-Controlling sowie das Zusammenwirken der beiden Bausteine besser aufzeigen zu können, wurde auf Grund der Erfahrungen der bisherigen Tests ein Berechnungsfall konstruiert. Dargestellt wird eine Erfolgsrechnung für eine einzelne Linie, auf der 20 dieselbetriebene Schienenfahrzeuge eingesetzt werden (s. Übersicht 3).

Aus dem dargelegten Beispiel lässt sich ein Kostendeckungsgrad für den Betrieb der Linie von 26 % (Verhältnis Erlöse zu Betriebskosten) und für die gesamte Leistungserbringung (Betriebskosten + Kosten für Fahrweg und Stationen) von 17 % berechnen. Im Hinblick auf einen aus Landessicht möglichst wirtschaftlichen Einsatz der Mittel, bieten sich nunmehr verschiedene Ansatzpunkte, die Kennzahlen (= Ergebnisse der einzelnen Deckungsbeitragsstufen) und die Kostendeckungsgrade zu verändern.

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7.1 Zielerreichung von Kennzahlen

Kennzahlen sollten linienspezifisch definiert werden, landesweite Vorgaben sind kaum machbar. Unter der Prämisse, dass im vorliegenden Fall gegriffene Kennzahlen vorgegeben werden und beispielsweise ein maximaler Betriebskostenzuschuss von rd. 7,00 DM und/oder ein Kostendeckungsgrad des Betriebs von rd. 30 % angestrebt wird, sind für die dargelegte Linie u. a. folgende Veränderungen im Mengengerüst möglich:

  • Änderung der Erlössituation

Das Verkehrsangebot kann ausgebaut und durch eine höhere Taktdichte und ggf. die Anpassung des regionalen Busverkehrs eine stärkere Nachfrage erzeugt werden; weiterhin können verstärkte Werbemaßnahmen zur Gewinnung weiterer Fahrgäste durchgeführt werden, auch Fahrpreiserhöhungen sind denkbar, allerdings sind die Realisierungschancen wegen der Tarifhoheit eher begrenzt.

  • Beeinflussung der Laufleistungskosten

Hierzu gehören z. B. die Änderung des Fahrtenangebots mit Reduzierungen/Ausweitungen des Fahrplans und damit der Zug-km; weiterhin können andere Fahrzeugtypen eingesetzt werden, deren Energieverbrauch niedriger liegt; ggf. werden durch derartige Eingriffe auch die Erlöse positiv oder negativ betroffen, sodass Wechselwirkungen in die Überlegungen einzubeziehen sind.

  • Reduzierung der Fahrzeugkosten

Veränderungen sind über die Verringerung der Fahrzeugflotte erreichbar; dies ist möglich, wenn der Fahrzeugeinsatz im Hinblick auf das gefahrene Betriebsprogramm noch Optimierungspotenzial aufweist; weiterhin kann der Einsatz anderer, in der Kapitalbindung günstigerer Fahrzeugtypen von Bedeutung sein.

Erfahrungen aus bisherigen Linienerfolgsrechnungen belegen, dass bei bestehenden Angeboten insbesondere die Fahrzeugkosten durch bessere Anpassung der Flotte an das Betriebsprogramm abzusenken sind - dies hat gleichzeitig den Effekt, dass in der Angebotsqualität selbst keine Abstriche verzeichnet werden müssen. In der Beispielsrechnung könnte dann, wie in Übersicht 4 dargestellt, mit der Optimierung der Fahrzeugumläufe und der Reduzierung des Fahrzeugeinsatzes auf 15 Einheiten die vorgegebenen Ziele erreicht werden. Der Betriebskostenzuschuss würde dann etwas mehr als 7,00 DM/Zug-km betragen und der Kostendeckungsgrad des Betriebs läge nun bei rd. 30 %.

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Die dargelegten Überlegungen müssen durch Module des verkehrswirtschaftlichen Controlling ergänzt und gestützt werden. So kann es in Regionen mit einem hohen Pkw-Zulassungsgrad und vermutlich kaum noch einer „Kultur des Bahnfahrens“ u. U. weniger Sinn machen, den Weg von Angebotsausweitungen zu gehen und sonstige Verbesserungen im SPNV anzubieten.

Hier bietet sich vielmehr der in Übersicht 4 dargelegte Schritt der Rationalisierung des Fahrzeugeinsatzes an. Eine entsprechende Anpassung des Landeszuschusses für die Verkehrsleistung wäre die Folge.

7.2 Vergleich von Kennzahlen der Linienerfolgsrechnungen

Der Vergleich von Kennzahlen bietet die Möglichkeit, evtl. vorhandene Stärken und Schwächen des Angebots zu erkennen. Darüber hinaus können die finanziellen Auswirkungen der in der Folge ergriffenen Maßnahmen im Einzelnen berechnet und prognostiziert werden. Hierdurch lassen sich Unsicherheiten über die gewählten Steuerungen vermeiden, und der Prozess wird sich für alle Beteiligten transparenter gestalten. Die Module des verkehrswirtschaftlichen Controlling sollten hier einbezogen werden.

Der Vorteil dieses Verfahrens besteht letztlich darin, dass Schlussfolgerungen nicht ausschließlich aus der Gegenüberstellung von Erlösen und Kosten sowie der Modifikation der Mengengerüste herrühren. Vielmehr werden durch die explizite Einbindung des SPNV-Angebots und dessen Qualität Gründe für das gute oder schlechte Abschneiden von Linien deutlich.

Vor diesem Hintergrund sind dann beispielsweise folgende Ableitungen vorstellbar:

  • Erklärungen für einen niedrigen Kostendeckungsgrad einer Linie, die aber ansonsten einen durchschnittlichen Betriebskostenzuschuss aufweist. In diesem Fall kann u. a. ein sehr guter Ressourceneinsatz der Fahrzeugflotte und des Personals vorliegen, der relativ niedrige Erlöse kompensieren hilft.

In der Konsequenz bedeutet dies, dass der Kostendeckungsgrad alleine keine Aussagekraft besitzt, sondern stets mit anderen Kennzahlen in Relation gesetzt werden muss.

  • Konsumtive Zuschüsse und investive Förderungen können in ihren Wechselwirkungen erfasst werden. Die Beschaffung neuer moderner Fahrzeuge wird sich zum einen auf die Höhe der Laufleistungskosten auswirken, zum anderen aber auch Erlössteigerungen mit sich bringen, die wiederum den Umfang des Verkehrsvertrages mitdefinieren.

 

  • Status-quo- und Mehrverkehre können in ihren Fehlbeträgen exakt ermittelt werden. Bisherige Verrechnungen der Status-quo-Zuschüsse mit vermeintlich eigenwirtschaftlich gefahrenen Mehrverkehren werden nachvollziehbar. Die jeweiligen Zuschüsse können dann in den Verkehrsverträgen aufgeführt werden.

8 Weiteres Vorgehen

An Hand der Erkenntnisse aus den Tests der beiden Controlling-Bausteine auf verschiedenen Linien, ergibt sich für die praktische Anwendung folgendes Vorgehen:

  • Das Controlling im SPNV wird sowohl aus zeitlichen und Kapazitätsgründen als auch wegen der kontinuierlichen Verbesserung und Anpassung der Instrumente stufenweise aufgebaut werden müssen.

 

  • In einem ersten Arbeitsschritt sollen alle an NE und die DB vergebenen Status-quo- und Mehrverkehre überprüft werden. Dieses Arbeitspaket umfasst derzeit 12 Verkehrsverträge (außerhalb des Generalvertrags Land - DB mit diversen Annex-Verträgen). Im Mittelpunkt sollte die Überprüfung der Fehlbeträge (= Landeszuschüsse) stehen, die Maßstab für den Umfang der Verkehrsverträge sind. Die vertraglich vereinbarten Kündigungsmöglichkeiten sind in Abhängigkeit der Prüfungsergebnisse bei Bedarf zu nutzen und Ausschreibungen vorzubereiten.

 

  • Für Planungen, Ausschreibungen und Bewertungen von Angeboten sollen Linienerfolgsrechnungen künftig herangezogen werden, um über Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen den Umfang der erforderlichen Landeszuschüsse abzuschätzen. Den Schwerpunkt bildet neben der Bemessung des erforderlichen Zuschusses der für Ausschreibungen sinnvolle Zuschnitt von Liniennetzen.

 

  • Ein Raster für die DB-Linienverkehre des Generalvertrags und seiner Annex-Regelungen (überwiegend Status-quo-Verkehre, aber auch Mehrverkehre) ist schrittweise aufzubauen. Den Beginn sollten die Diesellinien/-netze bilden, da diese im gesamten Liniennetz am einfachsten abzugrenzen sind. Im Weiteren sind dann ebenfalls sämtliche elektrisch betriebenen Linien in das Controlling aufzunehmen. Im Übrigen hatte sich die DB im Generalvertrag zu den Status-quo-Leistungen verpflichtet, „dem Land linienbezogene Preise unter Berücksichtigung ihrer Erlöserwartungen vorzulegen, sobald sie hierzu in der Lage ist“. Obgleich der Generalvertrag nach wie vor die Geschäftsgrundlage ist, kam die DB ihren Verpflichtungen bislang nicht nach. Das UVM sollte hier die Vertragserfüllung anmahnen.

 

  • Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass die landesweite Einführung und Umsetzung des Controlling-Systems rd. zwei Jahre in Anspruch nehmen wird. Hierzu sollte bei der NVBW ein erfahrener Controller beschäftigt werden. Im Übrigen ist nach Einführung des Controlling-Systems die Evaluierung der praktischen Anwendung der Bausteine beabsichtigt.

9 Schlussbemerkungen

Controlling bedeutet die Abkehr von der reinen Ausgabenplanung hin zu der ziel- und leistungsorientierten Vergabe der verfügbaren Haushaltmittel mit der Möglichkeit kurz- und mittelfristiger Nach- und Feinsteuerungen. Gerade der betriebswirtschaftlich ausgerichtete Baustein der Linienerfolgsrechnung macht den Nutzen eines SPNV-Controlling deutlich, da es finanziellen Spielraum für weitere Umsetzungen und Optimierungen schafft.

Mit den zwei entwickelten Bausteinen des Controlling liegen nun flexible Instrumente vor, deren Handhabung möglich ist und die innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes aufgebaut werden können. Die Konzentration gilt dabei zunächst dem eigentlichen Aufbau des Controlling-Systems; sie muss aber bereits heute auch vorbereitende Schritte für die kontinuierliche Pflege und Aktualisierung der Mengengerüste der Bausteine umfassen.

Das erstmals in der Landesverwaltung in Zusammenarbeit von Ressort und RH für einen Sektorbereich installierte Controlling schafft mithin auch dem Land durch den Aufbau eines landesweiten, transparenten Systems einen erheblichen finanziellen Spielraum, den der Aufgabenträger benötigt, um noch mehr SPNV-Vorhaben realisieren und den SPNV insgesamt mit optimiertem Mitteleinsatz weiter verbessern zu können.


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Die parlamentarische Behandlung finden Sie hier


Anhänge

Das Ministerium prüfte Maßnahmen zur Verbesserung des Schienenpersonennahverkehrs auf einer Stichstrecke ohne die notwendigen Verfahrensschritte zu beachten. Über das noch anhängige Zuschussverfahren für die Infrastruktur ist unter Berücksichtigung von Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten zu entscheiden.


1 Vorbemerkung

Das Land kann mit den vom Bund zugewiesenen „freien“ Regionalisierungsmitteln von rd. 600 Mio. DM je Jahr im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) über die Status-quo-Verkehre hinaus Schienenverkehrsleistungen in Auftrag geben. Gemäß dem Regionalisierungsgesetz und dem Gesetz zur Gestaltung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNVG) kommt es damit seinem Auftrag zur Sicherstellung einer ausreichenden Bedienung und Schaffung eines attraktiven Angebots im SPNV nach.

Die generelle Verbesserung des SPNV geht in der Regel mit der Ausweitung der Verkehrsleistungen einher. Hinzu kommen können Förderungen nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) von modernen, komfortablen Schienenfahrzeugen sowie ggf. Zuwendungen für den Neu- und Ausbau der Infrastruktur, beispielsweise Trassen und Wartungsanlagen.

Der Einsatz von Landesmitteln erfordert nach § 7 der LHO eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, in der sowohl einmalige Investitionen als auch alle Folgekosten in Form von konsumtiven Leistungen geprüft werden. Nach einem Beschluss des Landtags vom 15.12.1999, der auf die Denkschrift 1999 (Beitrag Nr. 17) zurückgeht, sind Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen auch im Bereich des SPNV vorzunehmen. Vor diesem Hintergrund prüfte der RH die Zuschussverfahren des UVM für eine Dieselstrecke, deren Verkehrsangebot verbessert werden sollte.

2 Beschreibung der Dieselstichstrecke

Die rd. 23 km lange eingleisige Strecke verbindet ein Oberzentrum mit einer Kurstadt. In ihrem direkten Einzugsbereich leben rd. 40 000 Einwohner. Das Oberzentrum ist über die Schiene nach Osten und Westen mit Verdichtungsräumen verbunden, zu denen von der Kurstadt aus keine umsteigefreien Fahrmöglichkeiten bestehen (s. Schaubild 1).

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Derzeit werden acht Haltepunkte bedient, die sich in einem gepflegten, aber nicht zeitgemäßen Zustand befinden. Die Haltepunkte liegen wegen der historischen Tal-Lage der Schiene meist entfernt von den Ortskernen und den Bebauungen. Deshalb wird das Schienenangebot durch über zehn, z. T. konkurrierende, Buslinien ergänzt. Die Strecke wird bislang mit rd. 260 000 Zug-km im Jahr von der Deutschen Bahn AG (DB) gefahren, rd. 210 000 Zug-km davon sind Status-quo-Verkehre und rd. 50 000 Zug-km Mehrverkehrsanforderungen des Landes von 1997. Das Bedienungsangebot ist ein leicht versetzter Stundentakt mit 21 Hin- und Rückfahrten je Tag. Für die Verkehrsleistungen erhält die DB je Jahr vom Land einen Zuschuss in Millionenhöhe.

3 Zeitlicher Ablauf der Zuschussverfahren

Die Gebietskörperschaften an der Dieselstrecke verfolgten seit Beginn der 90er Jahre das Ziel, das dortige Schienenangebot zu verbessern, auch um eine mögliche Stilllegung der Strecke wegen Unwirtschaftlichkeit zu vermeiden. Priorität wurde dabei der Ertüchtigung der Schienenstrecke sowie deren möglicher Umstellung auf einen Stadtbahnbetrieb eingeräumt.

Bereits im März 1995 hatten die Gebietskörperschaften eine Studie in Auftrag gegeben. Dabei wurde ermittelt, dass die für den Stadtbahnbetrieb notwendige Ertüchtigung Ausgaben von rd. 56 Mio. DM erfordern würden. Davon entfielen rd. 26 Mio. DM auf die Elektrifizierung, rd. 11 Mio. DM auf die Stadtbahntrasse im Kurort und rd. 19 Mio. DM auf den Neu- und Ausbau der Haltepunkte.

Hinzu kämen 11 Mio. DM für die vorgesehene Beschaffung von zwei Stadtbahnwagen.

3.1 Standardisierte Bewertung

Ausgangspunkt des Zuwendungsverfahrens war die Vorlage einer Standardisierten Bewertung, mit der nach betriebs- und gesamtwirtschaftlichen sowie ökologischen Aspekten die Auswirkungen der Investitionen mit den dadurch erzielten Nutzen verglichen werden. Eine Maßnahme ist dem Grunde nach förderfähig, wenn der Nutzen-Kosten-Vergleich einen Quotienten von mindestens 1,0 ergibt. Eine endgültige Entscheidung bezüglich einer Förderung kann jedoch erst auf der Grundlage einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung erfolgen. Im vorliegenden Fall wurden die Varianten „elektrifizierter Stadtbahnbetrieb“ mit der Streckenverlängerung um rd. einen km in der Kurstadt und „Dieselbetrieb mit Dieselleichttriebwagen“ bewertet. Alle nachfolgend genannten Investitionen wurden im Rahmen der Standardisierten Bewertung auf das Basisjahr 1993 bezogen.

3.1.1 Standardisierte Bewertung von 1996

Die erste Standardisierte Bewertung von 1996, die im Auftrag eines Verkehrsunternehmens durchgeführt wurde, ergab folgende Ergebnisse:

  • Die Dieselvariante erreichte bei Investitionen von 16,4 Mio. DM eine Bewertung von 1,3. Der erzielbare Nutzen fiel zwar niedrig aus, da die Fahrgastzahlen nur um rd. 30 % stiegen; durch geringere Fahrwegkosten wurde aber ein insgesamt besserer Wert errechnet.

 

  • Für die Stadtbahnvariante mit Investitionen von 38,7 Mio. DM lag der Quotient bei 0,75. Die Landesförderung war somit nicht möglich. Obwohl in dieser Berechnung unterstellt wurde, dass sich die Fahrgastzahl verdoppelt, haben die Kosten den erzielbaren Nutzen übertroffen.

Das UVM stellte fest, dass „selbst bei grundsätzlicher Förderfähigkeit eines Stadtbahnsystems gegenwärtig nur im Ausbau der Strecke für den Betrieb mit Dieselleichttriebwagen eine finanzierbare Alternative zu sehen ist“.

3.1.2 Standardisierte Bewertung von 1998

Die neue Standardisierte Bewertung vom Juli 1998 erbrachte dann Folgendes:

  • Die Variante „Dieselleichttriebwagen“ kommt mit Investitionen von 16,3 Mio. DM auf einen Quotienten von 1,53. In der Kurstadt soll die Errichtung eines neuen Haltepunkts am Ende der Gleisanlage die Linie rd. 300 m näher an das Zentrum rücken.

 

  • Die Variante „Elektrifizierte Stadtbahn“ erreicht nun bei 39,7 Mio. DM Investitionen einen Quotienten von 1,0. Die bessere Bewertung kam u. a. dadurch zustande, dass das UVM zur Unterstützung des Wunsches der Gebietskörperschaften nach Förderung der Stadtbahn der Modifikation der Mengengerüste zustimmte. So wurde bei der Berechnung des Nutzens akzeptiert, dass neben dem Berufsverkehr abweichend von der Norm auch die Freizeitverkehre an Wochenenden einbezogen wurden.

Das Ergebnis führte beim UVM zu der Einschätzung, dass „sich die mit viel gutem Willen des Zuwendungsgebers nachgebesserte Stadtbahnvariante inzwischen als förderwürdig darstellt, das Land gegenwärtig aber keine Möglichkeit sieht, über die Zusage der Förderung des Dieselbetriebs mit einem Zuschuss von rd. 27 Mio. DM hinaus, den benötigten Zuschussmehrbetrag für den Stadtbahnvollausbau bereitzustellen; dies gelte auch für die Betriebskosten, die über die Status-quo-Mittel nicht hinausgehen dürften“.

3.1.3 Standardisierte Bewertung von 2001

Ende Januar 2001 wurde dem UVM eine dritte Standardisierte Bewertung auf der Basis aktualisierter Kostensätze mit Investitionen von nun 52,2 Mio. DM für die Stadtbahnvariante und einem Quotienten von 1,3 vorgelegt. Auf Grund des weiteren Ausbaus der Signaltechnik und der Einrichtung von Stellwerken konnten u. a. Kosten beim Netzbetrieb reduziert werden (z. B. durch geringeren Personalaufwand). Die Dieselvariante wurde nicht gerechnet, obwohl die Kostenreduzierungen auch hier zu einer Verbesserung der Bewertung hätten führen müssen.

Die Standardisierte Bewertung vom Januar 2001 wurde allerdings erst nach der Entscheidung für die Stadtbahn und dem Abschluss des Verkehrsvertrags vorgelegt (vgl. Pkt. 3.4).

3.2 Entscheidungsprozess für den Betrieb der Stichstrecke

Im Jahr 1997 waren angesichts der Problematik, dass die Stadtbahnvariante nicht förderfähig war, neue Überlegungen angestellt worden. Die Neuberechnung mit Preisstand 1997 hatten Ausbaukosten von 39,7 Mio. DM ergeben. Die in der Standardisierten Bewertung zuletzt ermittelte grundsätzliche Förderfähigkeit der Stadtbahnvariante zusammen mit den nunmehr niedriger angesetzten Investitionen trugen dazu bei, dass das UVM Ende November 1998 „nach internen Überlegungen mit der Nahverkehrsgesellschaft (NVBW) und dem potenziellen Betreiber zu dem Entschluss kam, den Widerstand gegen eine Förderung des vollständigen stadtbahngerechten Ausbaus der Strecke aufzugeben“. Nach Ansicht des UVM „erfordert dieser Ausbau zwar rd. 12 Mio. DM höhere Zuwendungen des Landes zu den Investitionskosten, doch gibt es zahlreiche Hinweise, dass nur der stadtbahngerechte Ausbau eine Trendwende zu Gunsten des Schienenverkehrs herbeiführen kann“.

Das UVM erklärte sich Ende 1998 gegenüber den Gebietskörperschaften bereit, einen wesentlichen finanziellen Beitrag zur Verbesserung des SPNV auf der Stichbahn zu leisten. Zuschüsse nach GVFG wurden in Aussicht gestellt. Das Betriebskostendefizit sollte im bisherigen Umfang vom Land ausgeglichen werden.

Ende 1998 legte der potenzielle Betreiber ein Angebot zur Übernahme des Betriebs auf der Stichbahn nach erfolgtem Stadtbahnausbau vor. Bei Verkehrsleistungen von rd. 410 000 Zug-km je Jahr waren Ausgleichsleistungen von mehreren Millionen DM erforderlich. Die Kalkulation des Zuschussbedarfs ging außerdem von der vollen Bezuschussung des Erwerbs von rechnerisch 2,2 Stadtbahnfahrzeugen aus. Ferner sollte die Übernahme der Infrastruktur zu einer Zuschuss-Senkung führen. Der Anbieter lotete daraufhin bei der DB die mögliche Übernahme der Infrastruktur aus, diese zeigte aber keine Bereitschaft zu deren Abtretung. Die DB beabsichtigte vielmehr die Weiterführung des Dieselbetriebs auf der Stichbahn und ging davon aus, ein konkurrenzfähiges Dieselangebot abgegeben zu können.

In der Folge trug sich das UVM Ende Januar 1999 mit dem Gedanken, „die Verfahrensoptionen Abbestellung bzw. Stilllegung“ gegenüber der DB ins Spiel zu bringen. Entgegen ihren ursprünglichen Überlegungen stimmte die DB im Juni 1999 der Verpachtung der Strecke zu; die Verpachtung der Stationen kam dagegen bisher nicht zu Stande.

Das UVM einigte sich mit dem Betreiber über die Grundsätze der konsumtiven und investiven Kostenübernahme. Auf dieser Grundlage wurde im September 1999 vom bisherigen Stadtbahn-Anbieter ein modifiziertes Angebot vorgelegt. Die Verkehrsleistungen betrugen nun rd. 380 000 Zug-km je Jahr, der Betriebskostenzuschuss einschließlich Pacht und Stationsgebühren wurde etwas gesenkt. Angebote der DB oder anderer Interessenten wurden nicht eingeholt, Alternativen, insbesondere der Betrieb mit Dieselleichttriebwagen, nicht weiterverfolgt.

3.3 Fahrzeugförderung nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz

Mit Schreiben vom 20.04.1999 beantragte der potenzielle Betreiber des Stadtbahnbetriebs die Bezuschussung von zwei Fahrzeugen. Die beiden Fahrzeuge sollten rd. 11,5 Mio. DM kosten, der Zuschuss des Landes nach der VwV GVFG-Fahrzeuge 50 %, also rd. 5,75 Mio. DM betragen. Das UVM bestätigte mit Schreiben vom 14.06.1999 gegenüber dem Antragsteller die Aufnahme der Beschaffung von zwei Stadtbahnwagen zum geplanten Einsatz auf der Stichbahn in das GVFG-Schienenfahrzeugprogramm des Landes und erklärte die Bestellung für unbedenklich. Das UVM stellte in der Unbedenklichkeitsbescheinigung fest, dass die Bestellung auf eigenes Risiko erfolge, zumal da der bisherige Betreiber der Dieselstrecke noch ein Angebot abgeben wolle. Auf Bitten des Antragstellers wurde die Unbedenklichkeitsbescheinigung insoweit abgeändert, dass die zwei Fahrzeuge bei Nichtbeauftragung auch auf anderen Strecken des Unternehmens eingesetzt werden können. Die formelle Förderzusage erging am 27.07.2000. Eine erste Abschlagszahlung über 1,5 Mio. DM erfolgte noch im Jahr 2000.

3.4 Vertragsgestaltung

Um die verkehrliche Neuordnung des SPNV auf der Stichstrecke durchführen zu können, bedurfte es umfassender vertraglicher Regelungen (s. Schaubild 2).

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Das Land schloss am 24.03.2000 auf der Grundlage des Angebots vom 02.09.1999 den Verkehrsvertrag mit dem zukünftigen Betreiber ab. Dieser verpflichtete sich, Verkehrsleistungen mit rd. 380 000 Zug-km/Jahr auf der bisherigen Trasse bis zum Bahnhof der Kurstadt zu erbringen. Der Abschnitt Bahnhof Kurstadt bis Kurpark ist nicht Gegenstand des Verkehrsvertrags und soll eigenwirtschaftlich betrieben werden. Die Betriebsaufnahme erfolgt nach Elektrifizierung der Strecke. Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Stichstrecke durch die DB betrieben. Das Verkehrsangebot wird damit um rd. 120 000 Zug-km (= 45 %) erhöht. Der vom Land gewährte Zuschuss für die nicht durch Erlöse abgedeckten Betriebs- und Trassenkosten entspricht nach wie vor dem derzeit für Status-quo- und Mehrverkehre eingesetzten Betrag. Darüber hinausgehende Fehlbeträge müssen von den Gebietskörperschaften übernommen werden.

In der Präambel zum Verkehrsvertrag werden dem zukünftigen Betreiber GVFG-Fördermittel für die zwei Fahrzeuge (Landeszuschuss bis zu 50 %) sowie für den auf 40,4 Mio. DM (Stand: 1997) geschätzten Stadtbahnausbau (Landeszuschuss bis zu 85 % der zuwendungsfähigen Ausgaben) zugesagt. Dem UVM war dabei bewusst, dass „Risiken des Projekts bestehen und Kostensteigerungen im Bereich des Infrastrukturausbaus nicht ausgeschlossen werden können, diese anteilig aber beide Seiten treffen“.

Im Vertrag zwischen dem Land und den Gebietskörperschaften wird die Übernahme des den Landesanteil übersteigenden Betriebskostendefizits geregelt. Das Land wird ferner Fördermittel nach GVFG für die Fahrzeuge und die Infrastruktur bereitstellen. Die Kommunen sichern zu, u. a. die Komplementärfinanzierung zu übernehmen. Die Vereinbarung zwischen den Gebietskörperschaften und dem Betreiber betrifft das Land nur mittelbar. Ende 1999 schloss der neue Betreiber der Stichstrecke mit der DB vertraglich die Pacht der Trasse ab. Die Stationen sind noch nicht verpachtet.

3.5 Antrag zur Förderung des stadtbahngerechten Ausbaus nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz

Der künftige Betreiber stellte am 07.12.2000 einen Antrag zur Förderung der Infrastruktur nach GVFG. Die Antragsprüfung ist im UVM anhängig. Die Ausgaben wurden mit rd. 52 Mio. DM angegeben. Gegenüber der Kostenschätzung der Präambel des Verkehrsvertrags und der Standardisierten Bewertung von 1998 bedeutet dies eine Steigerung um rd. 12 Mio. DM (= rd. 30 %), die u. a. begründet wurde durch

  • Kostenentwicklungen (Steigerung geschätzt 10 %) 4,0 Mio. DM
  • Trassierungsverbesserungen, weiterer Kreuzungsbahnhof 4,0 Mio. DM
  • Fahrzeugabstellhalle (Witterungsschutz, Fahrgastkomfort) 1,8 Mio. DM
  • Verlängerung in der Kurstadt: Signalisierung, Leitungsverlegung 1,2 Mio. DM.

Der Antrag enthält folgende Bauvorhaben:

  • Die Elektrifizierung der künftig zweigleisigen Strecke Oberzentrum - erster Haltepunkt sowie der eingleisigen Weiterführung der Strecke bis zur Kurstadt,

 

  • Neubau von acht Haltepunkten sowie stadtbahnmäßiger Ausbau der bestehenden Haltepunkte und Bahnhöfe,

 

  • Neubau einer eingleisigen 800 m langen Straßenbahnstrecke in der Kurstadt zwischen dem Bahnhof und Kurpark mit dem Neubau von zwei Haltepunkten.

Laut Antrag war vorgesehen, Anfang 2001 mit den Bauarbeiten für die Elektrifizierung zu beginnen. Die weiteren Ausbaumaßnahmen sind für die Folgemonate beabsichtigt. Die Elektrifizierung bis zum Bahnhof der Kurstadt soll im Sommer 2002 abgeschlossen sein, die Inbetriebnahme der innerstädtischen Verlängerung ist auf Ende 2002 terminiert.

4 Bewertung

4.1 Mangelnde Berücksichtigung von Wechselwirkungen der Zuschussverfahren

Art und Umfang von Streckenertüchtigungen haben ebenso wie der ausgewählte Fahrzeugtyp Auswirkungen auf die Betriebskosten und damit auf die Höhe des auszugleichenden Defizits. Daher hat das UVM aus Gründen des wirtschaftlichen und sparsamen Einsatzes von Landesmitteln im Rahmen der Entscheidungsfindung Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchzuführen. Der RH hat erhebliche Verfahrensfehler im beschriebenen Förderverfahren festgestellt. Schaubild 3 stellt das Regelverfahren und das tatsächliche Vorgehen gegenüber; die in den unterlegten Feldern notwendigen Verfahrensschritte wurden vom UVM nicht beachtet.

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Im Einzelnen ist anzumerken:

  • Die Ausschreibung der Verkehrsleistung unter Einbeziehung der jeweiligen Infrastrukturanforderungen und der Größe der Fahrzeugflotte wurde nicht durchgeführt. Aussagen des UVM, dass hierdurch unter Umständen höhere konsumtive Leistungen erforderlich gewesen wären, sind nicht nachvollziehbar, vor allem da die Stichstrecke in Ausschreibungsverfahren größerer Liniennetze hätte einbezogen werden können. So wurde die Möglichkeit vergeben, die betrieblich und finanziell beste Lösung unter verschiedenen Varianten auswählen zu können.

 

  • Schienenfahrzeuge für den Stadtbahnbetrieb wurden über ein Jahr vor Abschluss des Verkehrsvertrages gefördert, also zu einem Zeitpunkt, an dem noch keine abschließende Entscheidung über die Art des Betriebes des Zugverkehrs getroffen war. Selbst wenn der künftige Betreiber die geförderten Fahrzeuge an anderer Stelle einsetzen kann, muss er dafür noch den Bedarfsnachweis führen.

 

  • Der Verkehrsvertrag wurde geschlossen, obwohl die Kosten für den Ausbau der Infrastruktur noch nicht hinreichend ermittelt waren; der Ausbau ist im Übrigen Voraussetzung für die Einhaltung des Verkehrsvertrags, denn ohne Elektrifizierung kein Stadtbahnbetrieb. Mit der um fast ein Jahr späteren Einreichung des Förderantrages Infrastruktur wurden die Investitionen durch den Antragsteller von rd. 40,4 Mio. DM auf rd. 52 Mio. DM korrigiert. Diese Erhöhung kam zustande, weil erst im Nachhinein der künftige Betreiber die kostenintensive Optimierung der Infrastruktur vornahm. Diese findet wiederum keinen Niederschlag in Form reduzierter Ausgleichsleistungen im bereits abgeschlossenen Verkehrsvertrag.

4.2 Unzureichende Prüfung der Wirtschaftlichkeit

Bei der Gewährung von Zuschüssen hat das Land vor allem nach sachlichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu befinden; hierbei hat die Standardisierte Bewertung nur die Funktion, die grundsätzliche Förderfähigkeit des Vorhabens festzustellen, und ersetzt nicht die für die Zuschussprüfung erforderliche detaillierte Wirtschaftlichkeitsuntersuchung. Bei dem vorliegenden Förderverfahren hat das UVM diese Grundsätze nicht hinreichend beachtet.

Folgendes ist festzustellen:

  • Das UVM hat mit seiner Entscheidung für die Stadtbahnvariante Ende 1998 eine Ausgabensteigerung von 12 Mio. DM gegenüber der durch die Standardisierten Bewertungen favorisierten Dieselvariante in Kauf genommen - gegenübergestellt wurden hier die unabhängig von den Standardisierten Bewertungen geschätzten Investitionen für die Stadtbahn von 39,4 Mio. DM und für die Dieselvariante von 27,4 Mio. DM. Wenn eine solche Entscheidung entgegen den monetären Ergebnissen einer Wirtschaftlichkeitsrechnung getroffen wird, muss dies durch eine entsprechende Begründung nachvollziehbar untermauert werden; diese liegt hier nicht vor.

 

  • Die Entscheidung des UVM für die Stadtbahn basierte auf Ausgabenschätzungen der Infrastruktur, die mittlerweile durch die Realität des GVFG-Antrags eingeholt wurden. Augenfällig ist, dass im Antrag von 2001 nahezu die Ausgaben der Studie von 1995 erreicht werden. Die Schätzungen der entscheidenden Bewertung von 1998 waren erkennbar zu niedrig angesetzt. Die Steigerungen traten vorrangig nicht durch Kostenentwicklungen, sondern durch Einmalinvestitionen zu Gunsten einer Optimierung der betrieblichen Abwicklung auf.

 

  • Die Investitionen für die Stadtbahn liegen im Vergleich zu der Dieselvariante um über 24 Mio. DM höher, die sich zum einen aus dem o. g. Differenzbetrag zwischen Stadtbahn- und Dieselvariante und zum anderen aus den höheren Investitionen des GVFG-Infrastrukturantrages ergeben (vgl. Pkt. 3.5). Die Investitionen für das Gesamtvorhaben haben sich von ehemals rd. 27 Mio. DM für die ursprünglich förderfähige Dieselvariante auf nun rd. 52 Mio. DM für die zuletzt beantragte Stadtbahnvariante fast verdoppelt. Das UVM ist damit seiner Aufgabe zum wirtschaftlichen Einsatz der Landesmittel nicht nachgekommen, da die Konzepte, welche die Basis für den Verkehrsvertrag darstellten, offenkundig mit erheblichen finanziellen Risiken für das Land behaftet waren und nicht ausreichend in wirtschaftlicher und fachtechnischer Hinsicht geprüft wurden. Außerdem wurde landesweit ein Präzedenzfall für Förderungen im SPNV geschaffen, der hohe Investitionen in selbst kleinsten Schienenstrecken tolerabel erscheinen lässt.

 

  • Überschlägige Berechnungen hätten beispielsweise aufgezeigt, dass - umgelegt auf die Nutzungsdauer von rd. 30 Jahren - jeder der 1 600 je Tag prognostizierten Fahrgäste der Dieselvariante Investitionen von rd. 2,80 DM auslöst. Bei der Stadtbahnvariante mit 2 300 Prognose-Fahrgästen je Tag sind es hingegen rd. 4,40 DM und bei der Detailbetrachtung der innerstädtischen Verlängerung rd. 10 DM je prognostiziertem Fahrgast. Der letztgenannte Betrag entspricht mithin Größenordnungen für die rd. 800 m der Verlängerung, die sich auf dem Niveau der Kosten einer Taxifahrt bewegen.

 

  • Hätte das UVM vor Abschluss des Verkehrsvertrags eine Prüfung und Bewertung der Ausgaben von Varianten durchgeführt, wäre möglicherweise anders entschieden worden. Die anhängige Prüfung des GVFG-Antrags bietet nun Gelegenheit, das Vorhaben insgesamt sowie einzelne Bestandteile, wie die innerstädtische Verlängerung, neu zu untersuchen und zu bewerten.

4.3 Überhöhte Ausgleichsleistungen im Verkehrsvertrag

Bei der Festlegung des finanziellen Rahmens des Verkehrsvertrags ging das UVM nach dem bisher praktizierten Muster vor, Mittel der Status-quo- und Mehrverkehre, die seit 1997 den Standard des Integralen Taktfahrplans (ITF) auf der Dieselstrecke gewährleisten, als Ausgangspunkt zu nehmen. Nachdem das neu beauftragte Verkehrsunternehmen lt. Vertrag rd. 380 000 Zug-km/Jahr anstatt der bisherigen rd. 260 000/Jahr erbringt, bedeutet dies, dass das Unternehmen die zusätzlich je Jahr gefahrenen 120 000 Zug-km „eigenwirtschaftlich“ fährt - was relativ unwahrscheinlich ist.

In der Folge liegt der Schluss nahe, dass zum einen im bisherige Verkehrsvertrag mit der DB finanziell zu üppige Ausgleichsleistungen des Landes vereinbart wurden und zum anderen das mit dem Stadtbahnbetrieb beauftragte Unternehmen betriebliche und verkehrliche Rationalisierungspotenziale ausschöpft, die u. a. durch die hohen Infrastruktur-Investitionen ermöglicht werden.

Vom RH durchgeführte Linienerfolgsrechnungen belegen, dass die Ausgleichsleistungen nach dem früheren Verkehrsvertrag um mindestens 0,5 Mio. DM zu hoch ausgestattet waren.

In Konsequenz dieser überhöhten Ausgleichsleistungen aus dem Verkehrsvertrag kann das Verkehrsunternehmen die oben dargestellten zusätzlichen Zug-km tatsächlich auch erbringen, ohne dass die Gebietskörperschaften zu einer Zuzahlung gezwungen sind. Im Übrigen erhöht sich durch die hohen Investitionen der Kostendeckungsgrad sowohl der Stadtbahn- als auch der Dieselvariante trotz der erwarteten Fahrgastzuwächse nur geringfügig.

Im Einzelnen ist zu bemerken:

  • Mittlerweile liegen die Investitionen in den Stadtbahnausbau bei mehr als 24 Mio. DM über denen der Dieselvariante. Nach den Fahrgastprognosen werden bei der Stadtbahnvariante gerade einmal 700 Fahrgäste je Tag mehr - 2 300 gegenüber 1 600 bei der Dieselvariante - befördert. Das UVM hält die prognostizierten Fahrgastzahlen selbst „für am Rande des Vertretbaren“. Trotz Streckenertüchtigung und neuer Fahrzeuge werden weder eine Veränderung beim Kostendeckungsgrad noch bei den Fehlbeträgen der Betriebskosten erreicht. Das Land zahlt daher dem Grunde nach zweifach: zum einen die hohen Zuschüsse für die Infrastruktur und zum anderen die gleichbleibenden Zuschüsse zur Abdeckung der Betriebskostendefizite. In diesem Sinne trägt das Land alleine auch nahezu das gesamte Finanzierungsrisiko.

 

  • Für Strecken wie der hier betrachteten macht es daher wenig Sinn, den Weg von überzogenen und für das Land mit erheblichen Zuschüssen verbundenen Angebotsausweitungen zu gehen, denen lediglich eine geringe Zunahme des Fahrgastaufkommens gegenübersteht. Dass indessen Investitionen erforderlich sind, um einen modernen und attraktiven SPNV zu ermöglichen, ist unstrittig. Sie sollten allerdings vor einer Förderentscheidung in ihrer Wirkung von der Bewilligungsbehörde geprüft werden.

 

  • Als landespolitische Vorgabe an einen attraktiven ITF sind folgende Bedienungsstandards definiert: Werktags ein Stundentakt zwischen 6 und 21 Uhr, der in ländlichen Räumen auch auf einen Zwei-Stunden-Takt ausgedünnt sein kann; an den Wochenenden findet in der Regel ein reduzierter Betrieb von 9 bis 21 Uhr statt. Dieser Standard wird bei der untersuchten Strecke deutlich überschritten, obwohl der Raum nicht zu den dichtbesiedelten des Landes gehört. So findet im Berufsverkehr eine Verdichtung auf einen ½ Stundentakt statt, und in den Abendstunden wird der Betrieb bis Mitternacht durchgeführt.

 

  • Landesaufgabe ist es, den ITF auf allen Status-quo-Strecken zu verwirklichen. Im vorliegenden Fall wurde aber ein Verkehrsvertrag geschlossen, der Verkehrsleistungen enthält, für die das Land danach nicht eintreten müsste. Der RH spricht sich ausdrücklich für ein landeseinheitlich gutes SPNV-Angebot aus. Bedienungswünsche allerdings, die über dem ITF-Standard liegen, sind von denjenigen zu finanzieren, die solche Leistungen anfordern. Verbesserungen des SPNV im Großraum Stuttgart werden beispielsweise von der Region finanziert.

5 Empfehlungen

5.1 Prüfung der Zuschussverfahren

Vor allem in Anbetracht der sich für das Land ergebenden erheblichen Zuschusssteigerungen sollte der Antrag für die Infrastruktur in einer Gesamtschau unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten kritisch geprüft werden, und zwar unter Berücksichtigung etwaiger Alternativen sowie Teilabschnitte der denkbaren Varianten (wie z. B. die Streckenverlängerung in der Kurstadt). Die Prüfung der GVFG-Anträge muss die Neufassung der Verwaltungsvorschrift zu § 44 LHO berücksichtigen.

Das UVM hat bei allen Zuschussverfahren die üblichen Verfahrensabläufe sowie den Beschluss des Landtags von 1999 zu beachten, nach denen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen als Ausgangspunkt für Entscheidungen heranzuziehen, Alternativen zu begründen und die jeweiligen Begründungen zu dokumentieren sind.

5.2 Ausschreibung der Verkehrsleistungen

Der Landtagsbeschluss von 1999 gab vor, dass bei SPNV-Leistungen grundsätzlich öffentliche Ausschreibungen durchzuführen sind. Nach wie vor geht das UVM aber großzügig mit freihändigen Vergaben um. Das Gebot der öffentlichen Ausschreibung ist künftig zu beachten. Die zur Ausschreibung gelangenden Liniennetze sollten so zugeschnitten sein, dass sie sowohl für den Zuschussgeber Land als auch für das die Leistung bereitstellende Eisenbahnunternehmen wirtschaftlich sind.

5.3 Ausgestaltung der Verkehrsverträge

Die finanzielle Bemessung des Vertragsumfangs sollte sich an den ITF-Standards und den tatsächlichen Fehlbeträgen ausrichten. Bisher genutzte Grundlagen, wie die Ausrichtung an einem für Status-quo-Verkehre entrichteten Zuschuss, sind für einen wirtschaftlichen Einsatz der Landesmittel nicht zielführend. Der RH empfiehlt, unabhängig von den weiteren Ergebnissen einer erneuten Prüfung, den bestehenden Verkehrsvertrag nach zu verhandeln und den Landeszuschuss für die SPNV-Leistung zu reduzieren.

6 Stellungnahme der Verwaltung

Das UVM führt aus, dass die Darstellungen des RH zum Ausgangssachverhalt grundsätzlich zutreffend seien. Es sieht aber keine Anhaltspunkte dafür, dass bei den Förderverfahren entgegen der üblichen Verfahrensweise, wie sie in Schaubild 3 dargestellt ist, gehandelt und beim Abschluss des Verkehrsvertrages die Rechtsgrundlagen nicht beachtet worden seien.

Die Entwicklung solcher Projekte verlaufe stets iterativ; zudem müssten in der Planung die verkehrspolitischen Rahmenbedingungen als wesentliche Einflussfaktoren berücksichtigt werden. Nur unter diesen Gegebenheiten könne dann die jeweils gesamtwirtschaftlich günstigste Lösung angestrebt werden. So habe die Preisanfrage im benachbarten Verkehrsnetz im Jahr 1996 ergeben, dass der angefragte Leistungsumfang für eine gesamtwirtschaftliche Erbringung der Verkehre zu gering sei. Früheren Forderungen des RH folgend sei ein verkehrlich und wirtschaftlich sinnvolles Netz entwickelt worden. Eine Einbeziehung der derzeitigen Dieselstrecke in das benachbarte elektrische Liniennetz wäre jedoch nur unter der Voraussetzung der Elektrifizierung möglich, weil als Alternative eine Vorhaltung von Diesel- und Elektrofahrzeugen für nur einen geringen Teil der Gesamtverkehrsleistung unwirtschaftlich gewesen wäre.

Eine Ausschreibung sei hier nicht in Betracht gekommen, vielmehr hätte nach Auffassung des UVM nur beim zukünftigen Betreiber ein entsprechendes Angebot eingeholt werden können. Denn nur wenige Betreiber in Deutschland verfügten über entsprechende Erfahrungen eines elektrischen Stadtbahnbetriebs, die sowohl den Belangen der Eisenbahn als auch der Straßenbahn gerecht würden. Der zukünftige Betreiber aber führe schon für das Land elektrische Straßenbahnbetriebe durch. Im Übrigen ergäben sich Zwangsläufigkeiten, weil die gewünschte Durchbindung auf das Straßenbahnnetz des westlichen Oberzentrums ansonsten nicht hätte stattfinden können.

Die vom RH als Option gesehene Einbeziehung der Dieselstrecke in ein anderes vom Oberzentrum ausgehendes und nach Süden verlaufendes Dieselnetz sah das UVM als nicht sinnvoll an, weil die Planungen des Landes dies nicht vorsähen.

Soweit die erneute GVFG-Infrastruktur-Antragsprüfung oder das vom UVM beabsichtigte Controllingverfahren für alle SPNV-Verkehre im Land eine andere Beurteilung der Geschäftsgrundlage des Verkehrsvertrags erfordere, werde das UVM entsprechend tätig. Eine Überzahlung des heutigen Verkehrsvertrages könne das UVM nicht erkennen.

Gleichwohl habe das UVM den Vorschlag des RH aufgegriffen und auf der Grundlage eines Stadtbahnbetriebes eine zusätzliche Prüfung denkbarer Alternativ-Varianten im Infrastrukturbereich eingeleitet. Der kritisierte innerstädtische Bereich in der Kurstadt werde somit einer erneuten Prüfung unterzogen. Ferner sei beabsichtigt, bei zukünftigen Verfahren für größere Verkehrsräume und Schienennetze vorgeschaltete Betreiberauswahlverfahren europaweit auszuschreiben.

7 Schlussbemerkung

Der RH verkennt nicht die Problematik der Umgestaltung des SPNV, die das UVM in den vergangenen Jahren zu bewältigen hatte. Ungeachtet dessen ist der RH der Ansicht, dass das UVM bei diesem Verfahren gegen die Vorgaben der LHO und die Zuwendungsrichtlinie verstoßen hat. Weiterhin wurde den Beschlüssen des Landtags von 1999 nicht genügend Bedeutung beigemessen, obwohl die wesentlichen Weichenstellungen dieses seit Mitte der 90iger Jahre laufenden Projekts erst ab Ende 1999 erfolgten.

Der RH spricht sich nach wie vor für die Verbesserung und Stärkung des SPNV im Lande aus, weist aber zugleich darauf hin, dass bei Entscheidungen zu Gunsten einer Variante auch Wirtschaftlichkeitsüberlegungen beim SPNV nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Erst dann kann nämlich ein ausgewogener Mitteleinsatz erreicht werden, an Hand dessen die Verbesserung der Mobilitätschancen und die gewollte Vorrangstellung der Schiene erreicht werden können. Erste Erkenntnisse aus dem gemeinsam von RH und UVM entwickelten Controlling im SPNV dürften hierbei künftig zielführend sein (s. Beitrag Nr. 17).


Anhänge

Angesichts der Überzeichnung des Förderprogramms Kommunaler Straßenbau wurden in den Jahren 1999 und 2000 rd. 200 Vorhaben nur mit relativ geringen Beträgen anfinanziert. Dies führt zu einer faktischen weiteren Vorbelastung von etwa 460 Mio. DM. Neuaufnahmen von Vorhaben sind derzeit nahezu unmöglich. Der Rechnungshof gibt Empfehlungen für die künftige Förderung.


1 Vorbemerkung

Das Land fördert nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) mit rd. 260 Mio. DM im Jahr Vorhaben des Kommunalen Straßenbaus. Für die Förderung stehen Bundesmittel, die dem Land als Finanzhilfen zustehen und als Landesmittel bewirtschaftet werden, sowie ergänzend Mittel des Kommunalen Finanzausgleichs und originäre Landesmittel zur Verfügung.

Den seit Jahren gleichbleibenden Fördermitteln steht eine wachsende Zahl an Anträgen der Gebietskörperschaften gegenüber. Um die knappen Mittel auf mehr Vorhaben verteilen zu können, senkte das UVM im Juni 1998 die bis dahin auf bis zu 80 % festgesetzte Förderquote auf bis zu 70 % ab. Übergangsweise galt, dass nur Vorhaben, bei denen mit der „Bauausführung oder zumindest mit einer wesentlichen Bauleistung bis zum 31.12.1999 begonnen wird, bis zu 80 % der förderfähigen Ausgaben gewährt werden“.

Da trotz der Absenkung die vorhandenen Mittel nicht ausreichten, um alle Vorhaben des GVFG-Programms zu fördern, wies das UVM in einem Erlass vom 06.04.1999 die Präsidien an, dass „GVFG-Vorhaben mit Baubeginn im Hj. 1999 grundsätzlich nur mit einem Anlaufbetrag von 10 000 DM gefördert werden können“.

2 Vorhaben mit einer Anlaufbetrags-Förderung

2.1 Anzahl der Vorhaben mit Anlaufbetrag-Förderung im Jahr 1999

Landesweit wurden mit einem Anlaufbetrag von 10 000 DM 146 Vorhaben gefördert, die mehr als die Hälfte aller 1999 begonnenen Vorhaben ausmachten. Einen Überblick über alle im Jahr 1999 in den einzelnen Regierungspräsidien begonnenen Vorhaben gibt die Übersicht 1.

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Von den mit Anlaufbetrag geförderten Vorhaben weisen 84 Maßnahmen zuwendungsfähige Ausgaben unter 2 Mio. DM auf, die von den Straßenbauämtern in eigener Zuständigkeit bewilligt werden; bei 36 Vorhaben liegen diese zuwendungsfähigen Ausgaben zwischen 2 und 5 Mio. DM; weitere 26 sind Vorhaben mit über 5 Mio. DM an zuwendungsfähigen Ausgaben.

2.2 Umfang der Zuwendungen für Vorhaben mit Anlaufbetrags-Förderung (1999)

Der Umfang der erforderlichen Zuwendungen für Vorhaben mit Anlaufbetrags-Förderung aus dem Jahr 1999 sowie deren Verteilung auf die Jahre 2000 bis 2004 nach dem GVFG-Programm sind Übersicht 2 zu entnehmen.

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Danach werden landesweit über 400 Mio. DM erforderlich sein, um die 1999 mit einem Anlaufbetrag bewilligten Vorhaben insgesamt fördern zu können; fast die Hälfte hiervon entfällt mit 192 Mio. DM auf das RP Stuttgart.

2.3 Art der mit Anlaufbeträgen geförderten Vorhaben

In der Regel werden Vorhaben ohne erkennbare Prioritätensetzung gefördert. Die Vorhaben decken insgesamt ein breites Spektrum des Kommunalen Straßenbaus ab, zu dem u. a. zählen:

  • Neu- und Ausbau von Entlastungsstraßen, Brücken und Tunnel,
  • Neubau von (Teil-) Umgehungen und Ausbau von Gemeindeverbindungsstraßen
  • Anlage von Kreisverkehren,
  • Bau von Geh- und Radwegen, einschließlich Fußgänger- und Radfahrerbrücken,
  • Parkleitsysteme und Errichtung von Verkehrssteuerungssystemen.

2.4 Vorleistungen der Zuwendungsnehmer für die Vorhaben mit Anlaufbetrag

Die Auswertung der für 1999 vorliegenden Anträge auf Abschlagszahlungen zeigt, dass für alle Vorhaben die tatsächlichen, in diesem Jahr getätigten zuwendungsfähigen Ausgaben über 10 000 DM liegen. Für eine Mehrzahl der Vorhaben bewegten sich die zuwendungsfähigen Ausgaben in einer Größenordnung von bis zu 100 000 DM. Es gibt aber auch Vorhaben, bei denen die zuwendungsfähigen Ausgaben bei über 1 Mio. DM lagen. Die stichprobenhafte Sichtung von Bauausgabebüchern macht deutlich, dass mit diesen Beträgen nicht nur „Anlaufausgaben“ getätigt wurden, sondern im Sinne der Übergangsregelung bereits tatsächliche Bautätigkeiten erfolgten. Die Gebietskörperschaften finanzieren daher in großem Umfang die Maßnahmen des Kommunalen Straßenbaus vor.

2.5 Vorhaben mit Anlaufbetrags-Förderung im Jahr 2000

Im Kommunalen Straßenbau hielt die Mittelknappheit 2000 unvermindert an, sodass auch in diesem Jahr von der Möglichkeit der Förderung mit Anlaufbeträgen Gebrauch gemacht wurde. Die Zahl beläuft sich auf 62 Vorhaben, die auf die Präsidien Freiburg (17 Vorhaben) und Stuttgart (45 Vorhaben) beschränkt waren (lt. GVFG-Programm). Die Vorhaben bewegten sich vorrangig unter 2 Mio. DM an zuwendungsfähigen Ausgaben, die zu veranschlagenden Zuwendungen lagen bei rd. 60 Mio. DM.

3 Bewertung

3.1 Ordnungs- und Rechtmäßigkeit

Ein Vorhaben darf nach den Verwaltungsvorschriften (VV) zu § 44 LHO u. a. nur dann bewilligt werden, wenn die Gesamtfinanzierung und die Funktionsfähigkeit des Vorhabens sicher gestellt sind; eine Anfinanzierung von Vorhaben ist unzulässig (Nr. 1.1). Die bis Mitte 2000 geltende VV zu § 44 LHO sah vor, dass abweichende Verwaltungsvorschriften über zwingend notwendige Ausnahmen wegen gesetzlicher Vorschriften oder sonstiger Besonderheiten nicht hinausgehen dürfen; die Abweichung kann ferner nur im Einvernehmen mit dem FM erfolgen. Derartige Besonderheiten lagen nach Ansicht des RH weder auf Grund der generellen Mittelknappheit noch wegen der Absenkung der Förderquote vor; das formale Einvernehmen mit dem FM wurde nicht hergestellt.

Die Förderung von 146 Vorhaben im Jahr 1999 und von 62 weiteren im Jahr 2000 mit Anlaufbeträgen von 10 000 DM kommt dem Grunde nach einer Anfinanzierung gleich. Es wurden zwar die insgesamt zuwendungsfähigen Ausgaben ermittelt, die Bewilligung aber letztlich auf 10 000 DM festgesetzt. Da der Antragsteller in der Finanzierungsplanung von Zuwendungen für das insgesamt beantragte Vorhaben ausging, war nun die Gesamtfinanzierung nicht gesichert, da der Zuwendungsempfänger keine Ansprüche auf weitere Zuwendungen herleiten konnte.

2001 bestehen Vorbelastungen aller Maßnahmen im fünfjährigen GVFG-Programm von rd. 1,9 Mrd. DM. Bei jährlichen Fördermitteln von bis zu 295 Mio. DM würde allein das 5-Jahres-Programm damit um 1½ Jahre überschritten; in diesem Zeitraum könnten neue Maßnahmen also nicht gefördert werden. Zwar machen die in Übersicht 2 dargestellten Zuwendungen von durchschnittlich 60 Mio. DM im Jahr für die anfinanzierten Vorhaben nur einen Teil der jährlich verfügbaren Fördermittel aus. Insgesamt aber engen sie die Mittelverfügbarkeit zusätzlich ein und tragen angesichts der generellen Vorbelastungen zu erheblichen Einschränkungen des Handlungsspielraums für künftige Förderungen bei.

3.2 Wirtschaftliche und sparsame Verwendung von Fördermitteln

Im Zuwendungsbereich besteht das Wirtschaftlichkeitsprinzip insbesondere im Gebot der Beachtung der Landesinteressen und dem Subsidiaritätsgrundsatz. Hieraus ergeben sich u. a. als Ansatzpunkte zur Ermittlung der Wirtschaftlichkeit eines Vorhabens im Zuwendungsbereich:

  • Plausibilität der Förderung im Hinblick auf vergleichbare Förderungen,
  • Notwendigkeit der Förderung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit des Zuwendungsempfängers,
  • Priorität gegenüber anderen Vorhaben, die ggf. zurückzustellen sind.

Bei den Zuwendungen für Vorhaben des Kommunalen Straßenbaus hat das UVM derartige Betrachtungen nicht konsequent durchgeführt. Das knappe Gut „Fördermittel im Kommunalen Straßenbau“ wurde nicht optimal eingesetzt.

4 Empfehlungen

4.1 Sicherung der Gesamtfinanzierung

In Anbetracht der hohen Vorbelastung des GVFG-Programms können im Grundsatz auf einige Jahre hinaus bis zum Abbau des bisher aufgelaufenen Mittelvolumens keine Vorhaben des Kommunalen Straßenbaus mehr bezuschusst werden. Die vom UVM bisher gewählte Form, diesem Mittelengpass durch Anfinanzierungen zu begegnen, hat nur unwesentlich zur beabsichtigten Entschärfung der Situation beigetragen. Durch die Bewilligungsbescheide der Anfinanzierungen ergaben sich zwar keine rechtlich verbindlichen Zahlungsverpflichtungen des Landes; faktisch wird sich das Land jedoch der Gewährung von Zuwendungen in Höhe der normalen Förderquote nicht entziehen können. Damit einhergehend werden sich die Vorbelastung des Förderprogramms erhöhen und die Spielräume für weitere Bewilligungen nochmals einengen.

Vor diesem Hintergrund sollte das UVM künftig nur noch die Vorhaben im Kommunalen Straßenbau bewilligen, deren Gesamtfinanzierung gesichert ist. Damit soll nicht nur ein formaler Verstoß gegen die VV zur LHO unterbunden, sondern vor allem eine weitere langfristige Vorbelastung des GVFG-Programms vermieden werden.

4.2 Erstellen einer Prioritätenliste

Zur Auswahl der zu bewilligenden Vorhaben ist vom UVM eine Prioritätenliste unter Einbeziehung von Kriterien wie Dringlichkeit und Notwendigkeit der Einzelmaßnahme aufzubauen. Weitere Auswahlkriterien sind zu entwickeln sowie ggf. eine Gewichtung festzulegen. Dabei sollte ein Kriterienkatalog entwickelt werden, an Hand dessen Maßnahmen unter 2 Mio. DM an zuwendungsfähigen Ausgaben von den bewilligenden Straßenbauämtern beurteilt werden können.

4.3 Einführung von Pauschalen, Absenkung der Förderquote

Da eine einzelfallbezogene Prüfung hinsichtlich des damit verbundenen Verwaltungsaufwands generell kein sinnvolles Verfahren ist, wird aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung empfohlen, den Zuwendungsbereich Kommunaler Straßenbau sukzessive auf eine Förderung über Pauschalen umzustellen. Pauschalen bei Förderungen im Kommunalen Straßenbau sind beispielsweise in Bayern seit 1995 für ausgewählte Bereiche, wie bituminöse Oberbauverstärkungen (z. B. 25 DM/m² bei einer Gesamtdicke von 14 cm), oder für den Neubau kleinerer Brücken (z. B. 3 200 DM/m²) eingeführt. Mit der Einführung von Pauschalen kann darüber hinaus der angespannten Mittelsituation begegnet werden, da Pauschalen Ausgaben definieren, die einem üblichen Standard entsprechen und meist untere Grenzen markieren.

Angesichts sich fortsetzender Mittelengpässe wird außerdem empfohlen, die Förderquote weiter zu reduzieren, um eine möglichst große Zahl dringender Vorhaben in den Genuss von Zuwendungen kommen zu lassen und überzogenen Standards entgegen zu wirken.

5 Stellungnahme des Ministeriums

Das UVM führt aus, dass es auf die reduzierten finanziellen Ressourcen im Kommunalen Straßenbau und die hohe Vorbelastung im GVFG-Programm von ursprünglich 2,7 Mrd. DM mit einer Vielzahl von einschneidenden Maßnahmen reagiert habe. So wurden 1998 die Fördersätze auf bis zu 70 % abgesenkt, die Aufnahme neuer Vorhaben in das Programm weitreichend eingeschränkt und die Fördermittel 2000 und 2001 um jeweils 35 Mio. DM auf 295 Mio. DM im Jahr erhöht. Ein Bewilligungsstopp habe sich dadurch vermeiden lassen; das Land habe sich hiermit als verlässlicher Partner für die Gebietskörperschaften gezeigt.

Das UVM ist der Auffassung, dass die durchgeführten Steuerungsmaßnahmen gegriffen haben, da der offene Zuwendungsbetrag aus den GVFG-Programmen seit 1996 von 2,7 Mrd. DM auf nunmehr 1,9 Mrd. DM (Stand 2001) reduziert werden konnte. Dies führe es insbesondere auf die Einschränkung bei der Aufnahme von Vorhaben in die Förderung zurück. Insofern teilt das UVM die Ansicht des RH nicht, dass in der Regel Vorhaben im Land ungeachtet ihrer jeweiligen Dringlichkeit und Notwendigkeit gefördert würden. Im Übrigen sei zu beachten, dass für die Maßnahmen die Planungshoheit bei den Kommunen liege, das Land letztlich aber nur festlege, welche Ausgaben nach GVFG förderfähig sind.

Das UVM ist ferner der Meinung, dass die Beschränkung auf den Anlaufbetrag von 10 000 DM im ersten Förderjahr grundsätzlich kein Hinweis auf eine nicht gesicherte Gesamtfinanzierung der genehmigten Mittel sei. Der Zuwendungsempfänger erhalte in den Folgejahren entsprechend Baufortschritt sogenannte Fortsetzungszuwendungsbescheide, eine unzulässige Anfinanzierung läge demnach nicht vor.

Die vom RH gemachten Empfehlungen, wie die weitere Absenkung der Förderquote oder die Einführung von Pauschalen, würden nach Ausführungen des UVM laufend in eigene Überlegungen einbezogen und soweit notwendig auch umgesetzt.

6 Schlussbemerkung

Der RH verkennt nicht, dass sich das UVM angesichts der dramatischen Mittelsituation im Kommunalen Straßenbau bemühte, ein für die Zuwendungsempfänger annehmbares Maßnahmenpaket zu schnüren. Gleichwohl hält der RH den vom UVM 1999 und 2000 eingeschlagenen Weg, dem Mittelengpass durch Anlaufbeträge zu begegnen, die nach der VV zu § 44 LHO Anfinanzierungen darstellen, nachteilig für die künftige Entwicklung des Förderprogramms.

So konnte zwar im Moment das Unbehagen unter den antragstellenden Gebietskörperschaften beseitigt werden. Auf lange Sicht ergeben sich aber durch die umfangreichen Zahlungsverpflichtungen und die hohe Vorbelastung des GVFG-Programms unabsehbare Folgewirkungen für die Weiterführung des Förderbereichs Kommunaler Straßenbau.

Mit den dargelegten Empfehlungen zur sukzessiven Einführung von Pauschalen, zur Absenkung der Förderquote sowie zum Erstellen von Prioritätenlisten auf der Grundlage nachvollziehbarer Kriterien werden bei deren konsequenter Umsetzung aus Sicht des RH Möglichkeiten aufgezeigt, auch weiterhin ohne deutliche Einschnitte für die antragstellenden Gebietskörperschaften Vorhaben des Kommunalen Straßenbaus zu fördern.


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Anhänge

Eine ursprünglich einfache Fachförderung wurde im landesweit uneinheitlichen Vollzug komplex und undurchschaubar. Zudem führten überzogene Kostenansätze und unzulässige Anfinanzierungen zu erheblichen Förderengpässen, wodurch die Realisierung wasserwirtschaftlicher Ziele verschleppt wurde. Die Mängel wurden in den 1995 und 2000 novellierten Förderrichtlinien nur zum Teil behoben.


1 Vorbemerkung

Das Land fördert den Bau von Abwasseranlagen, um gleichwertige Lebensbedingungen zu schaffen sowie überdurchschnittliche und unangemessene Abwasserentgelte in einzelnen Gemeinden zu verhindern. Die Fördermittel wurden zunächst nach den Förderrichtlinien Wasserwirtschaft von 1984 (FrWw) verteilt. Um trotz immer knapper werdender Mittel möglichst viele Projekte fördern zu können, wurden diese RL 1992 novelliert und die Fördersätze stark herabgesetzt. Dennoch waren die Fördermittel erheblich überzeichnet, hohe Zwischenfinanzierungskosten bei den Zuwendungsempfängern waren die Folge. Dies war mit ein Grund, neue Förderrichtlinien zu erarbeiten. Diese traten 1995 in Kraft und wurden zuletzt 2000 geändert. Laufende Zuwendungsverfahren wurden jedoch weiter nach den bisherigen FrWw abgewickelt und abgeschlossen.

Nachdem der RH bei Einzelprüfungen auf Unstimmigkeiten bei der Abwicklung der Zuwendungsverfahren stieß, untersuchte er im Rahmen einer Querschnittsprüfung mit den StRPÄ die Förderpraxis. Betrachtet wurden insgesamt 29 stichprobenweise ausgewählte Vorhaben, welche nach den FrWw Jahr 1984 und deren Novellierung 1992 bewilligt, aber auch von den Übergangsbestimmungen der FrWw 1995 erfasst wurden.

2 Feststellungen zum Zuwendungsverfahren

2.1 Gesamtfinanzierung der Vorhaben

Gemäß VV zu § 44 LHO dürfen Zuwendungen nur bewilligt werden, wenn die Gesamtfinanzierung und die Funktionsfähigkeit des Vorhabens gesichert sind. Eine Anfinanzierung von Vorhaben ist unzulässig. Die Gesamtfinanzierung eines Vorhabens ist im Finanzierungsplan darzustellen, der mit dem Antrag auf Projektförderung vorzulegen ist. Die Sicherung der Gesamtfinanzierung des Vorhabens ist wesentliche Voraussetzung der Anteilfinanzierung durch das Land. Bei einer Anfinanzierung trägt dagegen der Zuwendungsempfänger das volle Risiko der Zwischen- ggf. sogar der Restfinanzierung.

Umfangreiche Kläranlagenneu- und -ausbauten wurden in sog. Finanzierungsabschnitten bezuschusst. Ein Zweckverband beantragte beispielsweise Ende 1989 Zuwendungen für die Erweiterung seiner Kläranlage. Die Baukosten waren im Finanzierungsplan mit 36,5 Mio. DM veranschlagt. Das Vorhaben umfasste nachstehende Maßnahmen:

  • mechanische Reinigungsstufe,
  • biologische Reinigungsstufe (Nitrifikation, Denitrifikation, Phosphatelimination),
  • Schlammbehandlung und -entwässerung.

Das RP als Bewilligungsbehörde ermittelte auf Grund zuwendungsfähiger Ausgaben von 35,4 Mio. DM einen Fördersatz von 51 %, was einer Zuwendung von rd. 18,1 Mio. DM entspricht. Ungeachtet des eingereichten Finanzierungsplans wurde jedoch nur ein erster Finanzierungsabschnitt von 3,0 Mio. DM gefördert und dafür ein Zuwendungshöchstbetrag von 1,53 Mio. DM bereitgestellt. Die Finanzierung der Restbaukosten sollte in den nächsten Haushaltsjahren sichergestellt werden.

In den Folgejahren wurden die Zuwendungen nach und nach auf der Grundlage der FrWw 1984 aufgestockt, zuvor erteilte Zuwendungsbescheide wurden mit sog. Aufstockungsbescheiden aufgehoben. Die Kläranlagenerweiterung wurde Ende 1997 abgerechnet. Die ursprünglich zuwendungsfähigen Ausgaben erhöhten sich um 16,4 Mio. DM auf 51,8 Mio. DM (+ 46 %). Statt der ursprünglichen Zuwendung von rd. 18,4 Mio. DM wurden 26,4 Mio. DM ausbezahlt.

Da mit dem ersten Zuwendungsbescheid nur ein Bruchteil der eigentlich beantragten Fördermittel bewilligt wurde, war die Gesamtfinanzierung der Kläranlagenerweiterung nicht gesichert und somit der ursprüngliche Finanzierungsplan des Zuwendungsempfängers hinfällig. Es lag also eine unzulässige Anfinanzierung durch das Land vor.

Die landesweit gängige Förderpraxis mit unzulässigen Anfinanzierungen führte zu faktischen Verpflichtungen gegenüber den Zuwendungsempfängern, sodass mittelfristig der Handlungsspielraum für die Fördermittelverteilung sowie auch für neue politische Zielsetzungen (z. B. Richtlinienänderungen) erheblich eingeengt wurde. So entstanden beispielsweise bei einem RP bis Mitte 1991 faktische Verpflichtungen von über 300 Mio. DM, die im Jahr 1994 immer noch weit über 200 Mio. DM betrugen. Für die Maßnahmen, die unter den alten RL anfinanziert und in den Folgejahren in Form von „Aufstockungsbescheiden“ noch ausfinanziert werden mussten, wurden 40 % des jährlich zur Verfügung stehenden Fördermittelvolumens eingesetzt. Diese unter die Übergangsbestimmungen der FrWw 1995 fallende „Altfälle“ konnten erst 2000 abgeschlossen werden.

2.2 Förderung von Funktions-/Finanzierungsabschnitten

Mit den FrWw 1992 wurden u. a. die Fördersätze stark herabgesetzt. Für die Abwicklung nicht abgeschlossener Zuwendungsverfahren erließ das ehemalige Umweltministerium Bearbeitungs- und Auslegungshilfen. Danach war der Fördersatz für jeden Funktionsabschnitt aus den anrechenbaren Gesamtkosten der Anlage zu ermitteln. Zu diesen Kosten zählten die Ausgaben für bereits 17 bzw. 25 Jahre zuvor errichtete Abwasseranlagen, abzüglich der ausbezahlten Zuwendungen, und die zuwendungsfähigen Investitionen für die beantragte neue Maßnahme. War der beantragte Funktionsabschnitt Teil eines Gesamtvorhabens, konnte der Antragssteller darüber hinaus auch die zuwendungsfähigen Ausgaben für die in künftigen Jahren projektierten Maßnahmen angeben, vorausgesetzt, das Gesamtvorhaben war innerhalb von sechs Jahren durchzuführen.

Für den im Zuwendungsbescheid ausgewiesenen Funktionsabschnitt waren die zum Zeitpunkt der Bewilligung geltenden Förderbestimmungen anzuwenden; dies galt auch, wenn sich die Förderbestimmungen während der Durchführung des Vorhabens änderten. Dagegen waren die Zuwendungen für nicht begonnene Funktionsabschnitte nach den FrWw 1992, also mit den stark reduzierten Fördersätzen, zu bewilligen.

Zu Gesamtvorhaben konnten Funktionsabschnitte zusammengefasst werden, durch die die Reinigungsleistung der Kläranlage, der Betrieb der Anlage oder die Entsorgung der Reststoffe verbessert oder erleichtert wird. Insofern hätte die zuvor dargestellte Kläranlagenerweiterung (s. Pkt. 2.1) in bautechnisch überschaubare Funktionsabschnitte aufgeteilt und wie selbständige Vorhaben nach den zum Zeitpunkt der Bewilligung geltenden FrWw gefördert werden können. Da für die Finanzierung eines Funktionsabschnittes jedoch nicht genügend Fördermittel zur Verfügung standen, wurden noch kleinere Abschnitte, sog. Finanzierungsabschnitte, gebildet. Hierbei handelte es sich in der Regel um willkürlich gewählte „Investitionsabschnitte“, mit welchem lediglich Teile eines Funktionsabschnittes finanziert wurden, also keine in sich funktionsfähigen Bauabschnitte.

Das RP förderte den ersten Finanzierungsabschnitt wie eine selbständige Maßnahme. Der Fördersatzermittlung wurden zwar die gesamten Anlagekosten des beantragten Vorhabens zu Grunde gelegt, zuwendungsrechtlich ist dies jedoch nicht mit einer Bewilligungszusage für das Gesamtvorhaben gleichzusetzen. Ebenso konnte die im Zuwendungsbescheid enthaltene Willenserklärung über die angestrebte Förderung der Restbaukosten nicht als Bewilligungszusage für das Gesamtvorhaben gewertet werden. Der Zuwendungsempfänger konnte also aus dem Erstbescheid weder Rechtsansprüche auf die Beibehaltung des Fördersatzes noch auf eine später zu erteilende Bewilligung weiterer Zuwendungen ableiten.

Anstatt jedoch die weiteren Finanzierungsabschnitte auf der Grundlage geltender Förderbestimmungen (FrWw 1992) zu bewilligen, wurden die wesentlich höheren Fördersätze der FrWw 1984 unzulässig beibehalten. Somit wurden die weiteren Bauabschnitte einschließlich der Mehrausgaben mit zu hohen Zuwendungen bedient. Auf diese Weise wurde bei der eingangs aufgezeigten Kläranlagenerweiterung der durch die Übergangsregelung nicht abgedeckte Fördersatz von 51 % beibehalten und die Mehrzahl der Gewerke mit zu hohen Zuwendungen bedient. Nach Modellberechnungen des RH lagen die Überzahlungen bei rd. 8,4 Mio. DM.

2.3 Beachtung des Subsidiaritätsgrundsatzes

Zuwendungen dürfen gemäß § 23 LHO u. a. nur dann gewährt werden, wenn das Land an der Erfüllung von Leistungen durch Stellen außerhalb der Landesverwaltung ein erhebliches Interesse hat, die Leistung ohne Zuwendungen nicht oder nicht im notwendigen Umfang erbracht werden kann.

Im Fall der anfinanzierten Vorhaben wurde den §§ 23 und 44 LHO nicht entsprochen, da die Zuwendungsempfänger mit Kenntnis des Zuwendungsgebers über viele Jahre und in großem Umfang Eigenmittel eingesetzt hatten.

Die Akzeptanz der Anfinanzierungen von Bruchteilen der für die Vorhaben veranschlagten Ausgaben sowie die Bereitschaft zu teilweise erheblichen Vorfinanzierungen durch die Antragsteller sieht der RH als ein Indiz dafür, dass die Zuwendungsempfänger die Fördermittel im beantragten Umfang eigentlich nicht benötigten.

2.4 Fördersätze unter Berücksichtigung der tatsächlichen Ausgaben

Die Höhe des Fördersatzes wurde an Hand der in den Förderrichtlinien ausgewiesenen Fördersatztabellen und der spezifischen Anlagekosten (Gesamtkosten der Anlage in Relation zu den durch die Einwohnerzahlen vorgegebene Ausbaugröße der Kläranlage) in Prozent ermittelt.

Im Zuwendungsantrag wurde für den ersten Funktionsabschnitt richtlinienkonform der Kostenanschlag zu Grunde gelegt; für die weiteren, vorwiegend weder genehmigungsfähig noch baureif geplanten Bauabschnitte konnten allerdings vielfach lediglich Kostenschätzungen ausgewiesen werden. Für die Bewilligungsstelle war es außerordentlich aufwändig, oft sogar unmöglich, die Angaben der Antragsteller zu prüfen. Diese Angaben waren jedoch Bemessungsgrundlage für die Fördersatzermittlung.

Geringere Kosten eines Bauabschnitts führten konsequenter Weise zwar zu einer Reduzierung der bewilligten Zuwendung sowie gelegentlich auch des Fördersatzes für diese Teilmaßnahme. Jedoch wurde die Zuwendung für jeden Bauabschnitt eines Gesamtvorhabens nach dessen Abrechnung einzeln, und zwar endgültig festgesetzt, sodass Kostenminderungen späterer Bauabschnitte oder auch Programmreduzierungen unberücksichtigt blieben. Die Bewilligungsstellen unterließen es zudem regelmäßig, die antragsgemäße Realisierung des Gesamtvorhabens zu überprüfen, was für die Festlegung eines einheitlichen Fördersatzes für die Gesamtmaßnahme unverzichtbar gewesen wäre. Die Folge war in den meisten Fällen eine überhöhte Förderung.

Bei den unter die Übergangsbestimmungen fallenden „Altfällen“ wurde der bewilligte Fördersatz beibehalten, was aus Gründen des einfacheren Fördervollzugs mit zwei parallel geltenden RL vertretbar war. Wurde allerdings ein Gesamtvorhaben nicht plangemäß ausgeführt, hätte dem Grunde nach auch hier der Fördersatz reduziert werden müssen. Angesichts der gebotenen Neubemessung des Fördersatzes hätten zahlreiche Zuwendungsempfänger z. T. erheblich geringere Zuwendungen erhalten.

3 Empfehlungen

Mit den 2000 novellierten FrWw wurde in Teilen auf frühere Feststellungen des RH eingegangen. Aus Sicht des RH sollte aber eine weitere, wesentliche Vereinfachung im Verwaltungsvollzug angestrebt werden.

3.1 Fördersatzermittlung im Hinblick auf eine Verwaltungsvereinfachung

Mit den Novellierungen der FrWw 1995 und 2000 ist die Höhe des Fördersatzes nunmehr abhängig von der Höhe des sog. fiktiven Abwasser- und Wasserentgelts, für das ein Antragsschwellenwert von 8,51 DM/m3 eingeführt wurde. Dieses Entgelt errechnet sich dadurch, dass neben den von den Bürgern erhobenen Wasser- und Abwassergebühren auch die künftig möglichen zusätzlichen Gebühren infolge von Investitionen in Anlagen berücksichtigt werden. Der Anteil dieses fiktiven Entgelts am gesamten fördersatzrelevanten Entgelt ist in der Regel jedoch verhältnismäßig gering und rechtfertigt deshalb den erheblichen Verwaltungsaufwand sowohl bei den Kommunalaufsichtsbehörden, der Bewilligungsstelle als auch bei den Antragstellern nicht.

Der RH empfiehlt daher erneut, die Förderung von Vorhaben der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung auf der Basis der effektiven Gebührenbelastung zu ermitteln. Damit die Zuwendungsempfänger dadurch nicht schlechter gestellt werden, sollte der Antragsschwellenwert abgesenkt werden. Neben der vereinfachten Fördersatzermittlung hätte dies zudem den Vorteil, dass bei der endgültigen Festsetzung der Zuwendung der Fördersatz nicht neu ermittelt und ggf. reduziert werden müsste. Damit könnte die Problematik mit abgeschlossenen, aber noch als „laufend“ geführten Maßnahmen, überhöhten Kostenansätzen und Fördersatzreduzierungen vermieden werden.

3.2 Sicherung der Gesamtfinanzierung

Bei Antragsprüfung ist zu gewährleisten, dass die Gesamtfinanzierung und Funktionsfähigkeit der Fördermaßnahme, also z. B. auch die eines Funktionsabschnitts, gesichert ist. Damit soll gegenüber dem Antragsteller eine zuverlässige Finanzplanung sichergestellt werden. Hierbei müssen auch die in künftigen Jahren zu erwartenden Folgekosten berücksichtigt werden, welche die Gesamtfinanzierung ebenso in Frage stellen können wie Nachfinanzierungen. Insofern ist bei der Antragsprüfung künftig dem Kosten- und Finanzierungsplan besondere Bedeutung beizumessen.

3.3 Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes

Der Gleichheitsgrundsatz gebietet es, dass die Fördermittel nach landeseinheitlichen Grundsätzen verwendet werden, was nach Prüfungserkenntnissen des RH nur teilweise der Fall war. Die FrWw sollten daher künftig so ausgestaltet und weiterentwickelt werden, dass sie von den Bewilligungsbehörden und den zuständigen Technischen Fachbehörden einheitlich und ohne Auslegungshinweise umgesetzt werden können.

4 Stellungnahme des Ministeriums

Nach Ansicht des UVM sind die Feststellungen des RH weitgehend zutreffend. In den Novellierungen der FrWw 1995 und 2000 sieht das UVM jedoch eine Vereinfachung des Förderverfahrens, die vergleichbare Fehlentwicklungen künftig ausschließe.

Die ursprünglich vom UVM vorgeschlagene weitere Verfahrensvereinfachung, den Fördersatz nur auf der Basis der effektiven Gebührenbelastung zu ermitteln, sei nicht weiter verfolgt worden, weil sich das Ressort der Meinung der Kommunalen Landesverbände angeschlossen habe, dass die Vereinfachung der Fördersatzermittlung bei kleineren Kommunen zu erheblichen finanziellen Härten führen könnte.

Im Übrigen will das UVM prüfen, ob und in welcher Form noch Auslegungshinweise zu den FrWw 2000 erforderlich sind.

5 Schlussbemerkung

Der RH verkennt nicht, dass mit den FrWw 2000 u. a. auf Grund neuer Begriffsbestimmungen und Zuwendungsvoraussetzungen eine gesicherte Gesamtfinanzierung erreicht werden kann. Das mit den FrWw 2000 angestrebte Ziel einer grundlegenden Verfahrensvereinfachung für Zuwendungsgeber und Zuwendungsnehmer wurde aber nicht erreicht.

Nach wie vor besteht daher, wie bei den geprüften Förderfällen aus früheren RL, das Risiko eines überhöhten Fördermittelbedarfs, da Fördersätze zu hoch angesetzt und Zuwendungen für Gesamtvorhaben nicht geprüft werden. Eine Umsetzung der Empfehlungen des RH bei der nächsten Novellierung der FrWw 2000 könnte zu einer erheblichen Verbesserung sowie vor allem zu einer weiteren Vereinfachung des Förderverfahrens beitragen.


Anhänge

Einzelplan 14: Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst

Mit der Umwandlung der Universitätsklinika in rechtlich selbständige Anstalten zu Beginn des Jahres 1998 war die Übertragung der Bauherreneigenschaft für Baumaßnahmen bis 8 Mio. DM verbunden. Nach der Prüfung der Abwicklung von Baumaßnahmen in zwei Klinika spricht sich der Rechnungshof für klarere und einfachere Zuständigkeitsregelungen aus. Rechnungshof und Klinika sind überein gekommen, dass von den Klinika die öffentlichen Vergabevorschriften künftig grundsätzlich beachtet werden.


1 Einleitung

Die Umwandlung der Universitätsklinika in rechtlich selbständige Anstalten zum 01.01.1998 durch das Hochschulmedizingesetz (HMG) sollte vorrangig dem Ziel dienen, durch Stärkung der „unternehmerischen, streng aufwands-, leistungs- und ertragsorientierten Wirtschaftsführung“ die Wirtschaftlichkeit der Universitätsklinika weiter zu verbessern. Bestandteil des Konzepts war u.a. die Übertragung der Zuständigkeit für Investitions- und Betriebsmittel über den bisherigen Rahmen hinaus. Zugleich sollte der Staatshaushalt - zumindest in Teilbereichen - auf Dauer von Zuschüssen für die Klinika entlastet werden.

Während vor der Rechtsformänderung die Klinika nur für Baumaßnahmen mit Gesamtbaukosten (GBK) bis 750 000 DM - zumeist Erhaltungs- und Instandhaltungsaufgaben - im Rahmen ihres Wirtschaftsplanes zuständig waren, ist ab 1998 die Bauherreneigenschaft für Baumaßnahmen bis 8 Mio. DM vom Land auf die Klinika übergegangen. Zugleich sind die von den bisherigen Landesbetrieben genutzten landeseigenen Grundstücke samt Gebäuden und Zubehör den Anstalten unentgeltlich und auf Dauer überlassen worden.

Große Baumaßnahmen über 8 Mio. DM werden hingegen weiterhin im allgemeinen Bauhaushalt (Kap. 1208) veranschlagt und von den jeweils zuständigen Staatlichen Vermögens- und Hochbauämtern bzw. Universitätsbauämtern geplant und durchgeführt.

Für Baumaßnahmen bis 8 Mio. DM wurde zwischen den Klinika und der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung vereinbart, dass Planung und Abwicklung dieser Bauaufgaben auch weiterhin von den Bauämtern wahrgenommen werden können. Diese Vereinbarungen wurden zunächst für zwei Jahre bis zum 31.12.2000 geschlossen; da sie von keiner der Vertragsparteien gekündigt wurden, verlängerten sie sich automatisch um weitere zwei Jahre.

Der RH prüfte 1999/2000 bei zwei der vier Universitätsklinika die Durchführung von Baumaßnahmen bis 8 Mio. DM. Es sollte festgestellt werden, ob die mit dem HMG eingeführten Änderungen im Verhältnis zwischen Klinikum und Hochbauverwaltung zu mehr Wirtschaftlichkeit und Effizienz im Planungs- und Bauablauf geführt haben.

Übersicht 1 zeigt die Bauausgaben der beiden Klinika. Die Mittel stammen zum überwiegenden Teil aus dem Kliniketat (Zuwendungen des Landes, eigene Mittel der Klinika):

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2 Auswirkungen der Rechtsformänderung

Zunächst sind positive Auswirkungen festzustellen. Die aus betrieblichen Gründen erforderlichen kurzen Zeitabstände zwischen der Feststellung eines Baubedarfs und der Realisierung der Baumaßnahme werden eingehalten, zumindest für diejenigen Maßnahmen (bis 3 Mio. DM), die nicht zum Rahmenplan nach HBFG angemeldet werden müssen. Bisher hing die Realisierungsmöglichkeit einer großen Baumaßnahme wesentlich von der Mittelbereitstellung im Rahmen des Staatlichen Hochbaus ab. Nach der Rechtsformänderung sind die Klinika (unabhängig von der Einordnung in den Rahmenplan) Herr des Verfahrens. Sie bestimmen über die Bereitstellung ihrer eigenen Mittel und setzen den Rahmen für die Organisation der Planung und Baudurchführung. Ferner können sie entscheiden, kleinere, insbesondere betriebsbedingte dringliche Maßnahmen mit eigenem Personal durchzuführen, für größere Projekte das zuständige Bauamt mit der Projektdurchführung zu beauftragen oder freiberuflich Tätige (f.T.) einzuschalten. Die Kooperation zwischen Klinikum und Bauamt - und damit auch der Erfolg eines Vorhabens - hängt jedoch nicht unerheblich von der entsprechenden Bereitschaft der auf beiden Seiten beteiligten Personen ab.

3 Planungs- und Bauverfahren

Im Juli 1999 schlossen die vier Klinika mit den für sie zuständigen Staatlichen Vermögens- und Hochbauämtern bzw. Universitätsbauämtern weitgehend gleichlautende Vereinbarungen über die Erledigung von Bauaufgaben bis 8 Mio. DM Baukosten. Hiernach können die Bauämter, die im Klinikbereich ohnehin für die großen Baumaßnahmen über 8 Mio. DM zuständig und präsent geblieben sind, gegen Kostenerstattung mit den Planungs- und Baudurchführungsleistungen beauftragt werden. Die Zuständigkeiten und Abgrenzungen der Verantwortlichkeiten zwischen den Klinika als „Auftraggeber“ sowie den Bauämtern als „Architekturbüro“ wurden in den Vereinbarungen detailliert und gleichlautend geregelt; in der Praxis haben sich allerdings unterschiedliche Handlungsweisen herausgebildet.

Bei der Prüfung wurden teilweise Probleme bei der Abstimmung zwischen Klinikum und Bauamt in den Phasen der Programmerstellung, der Entwurfs- und Kostenplanung sowie der Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung festgestellt. Die vorgeschriebenen Vorlage-, Genehmigungs- und Abstimmungsschritte zwischen Klinikum und Bauamt führten insbesondere bei einem Klinikum zu keinen nennenswerten Vereinfachungen im Planungs- und Bauprozess. Weil Bauaufgaben nicht ausreichend definiert waren, kam es in manchen Fällen zu kostenträchtigen Änderungen und Nachträgen während der Bauausführung. Vom Klinikum direkt beauftragte f.T. arbeiteten teilweise auf der Grundlage unzutreffender Kostenermittlungen und ohne fachliche Begleitung, sodass manche Projekte erheblich teurer abgerechnet wurden als geplant.

Der RH schlägt vor, die Vereinbarungen mit dem Ziel fortzuschreiben, die Verfahrensabläufe bei der Definition der Bauaufgaben, der Planung und Bauabwicklung erheblich zu vereinfachen, wie dies schon teilweise erfolgreich praktiziert wird. Einerseits sollte die Bauherrenkompetenz der Kliniken gestärkt werden, andererseits sollte bei einer Beauftragung der Bauämter diesen klare Zuständigkeiten für die Planungs- und Baudurchführung eingeräumt werden, wenn die Genehmigung zur Durchführung des Projektes einmal erteilt ist. Spätere Eingriffe des Klinikums sollten auf begründete Ausnahmen begrenzt sein. Soweit die Klinika Arbeiten an Dritte vergeben, sollten die Bauämter im Sinne ihrer Gesamtverantwortung für die den Klinika „überlassenen“ Liegenschaften beteiligt werden, wenn es sich um Eingriffe in die Bausubstanz handelt.

4 Vergabeverfahren

Gemäß der genannten Vereinbarungen sind die Bauämter bei der Ausschreibung der Arbeiten an die förmlichen Verfahren der Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) und des Vergabehandbuchs (VHB) gebunden. Die Klinika als Bauherren sahen hingegen nach den Bestimmungen des Hochschulmedizingesetzes (HMG) keine Verpflichtung zur Einhaltung des öffentlichen Vergaberechts. Da es sich bei den Baumaßnahmen bis 8 Mio. DM um Maßnahmen unterhalb des EU-Schwellenwertes von rd. 9,8 Mio. DM handelt, findet auch das Vergaberechtsänderungsgesetz (VgRÄG) keine Anwendung.

Die Prüfungen haben gezeigt, dass sich die Bauämter bei förmlichen Verfahren (öffentliche und beschränkte Ausschreibungen) weitgehend an die Regelungen der VOB gehalten haben. So waren die Angebote gekennzeichnet, die Zuschlags- und Bindefristen nach § 19 VOB/A eingehalten und Preisspiegel durchgängig vorhanden. Trotz der förmlichen Ausschreibungen nach VOB/VOL kam es vor Vergabe häufig zu (nach VOB/VOL unzulässigen) Nachverhandlungen zwischen Klinikum und Bietern und in der Folge zu Änderungen in der Bieterreihenfolge. Im Ergebnis bedeutet das eine freihändige Vergabe.

Die von den geprüften Klinika selbst veranlassten Leistungsabfragen waren zumeist formlos, selbst wenn die Verfahren als „beschränkte Ausschreibungen“ deklariert waren. Öffentliche Ausschreibungen führten sie - zumeist aus zeitlichen Gründen - so gut wie nicht durch. In vielen Fällen gingen der Auftragserteilung Preisverhandlungen voraus oder es wurden bereits vor Auftragserteilung wesentliche Änderungen an den Leistungsabfragen oder an den Mengen vorgenommen.

In der Übersicht 2 sind die Vergabearten (nach der Anzahl) bei den geprüften Maßnahmen eines Klinikums aufgelistet.

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Von den insgesamt 159 Vergaben bei 14 Baumaßnahmen eines Klinikums erfolgten 128 (80 %) freihändig. Dabei wurden bei fünf Maßnahmen mit einem Gesamtvolumen von 28,4 Mio. DM sogar sämtliche Arbeiten (64 Gewerke) ausschließlich freihändig vergeben. Bei den übrigen neun Maßnahmen mit Baukosten von zusammen 9,1 Mio. DM fanden z. T. öffentliche (16) bzw. beschränkte (15) Ausschreibungen statt; aber auch hier erfolgten überwiegend freihändige Vergaben (64).

Eine solche Vergabepraxis ist wenig transparent und kann den Nährboden für Manipulation und Korruption bilden. Dem „Erfolgserlebnis“ vermeintlich erfolgreicher Preisverhandlungen steht zudem gegenüber, dass - wie die Erfahrungen des RH zeigen - solche Nachlässe nicht selten von vorne herein in die Kalkulation der Bieter eingerechnet werden oder dass Auftragnehmer versuchen, eingeräumte Nachlässe durch überhöhte Abrechnungen auszugleichen.

Auf Grund seiner Prüfungserkenntnisse empfahl der RH, die Baumaßnahmen künftig auf der Grundlage der VOB - entsprechendes gilt für die VOL - auszuschreiben und zu vergeben. Nur auf dieser Grundlage sind auf Dauer wirtschaftliche Vergaben zu erwarten und können saubere, nachvollziehbare Verfahren sichergestellt werden. Dem Interesse der Klinika, schnell auf betriebsbedingte Erfordernisse, insbesondere bei kleineren Instandsetzungen/Betriebsstörungen reagieren zu können, kann mit ausreichend bemessenen Wertgrenzen begegnet werden, unterhalb derer formlose Verfahren zum Zuge kommen können.

Die Klinika haben dem RH nach den Prüfungen mitgeteilt, dass sie ohne Anerkennung einer rechtlichen Verpflichtung das öffentliche Vergaberecht einhalten und die VOB/VOL beachten werden. Aus betrieblichen Gründen müssten allerdings Ausnahmen weiterhin möglich sein. Der RH hat hiergegen keine Bedenken, jedoch sollten die Ausnahmen nicht zur Regel werden.

5 Einhaltung der Kostengrenze

Die Kostengrenze von 8 Mio. DM Baukosten für die Bauherrenrolle der Klinika scheint zunächst willkürlich gewählt. Teilweise sind Bestrebungen erkennbar, die Kostengrenze auszudehnen, um noch mehr Freiräume bei der Realisierung der Bauaufgaben der Klinika zu schaffen. Der RH sieht nach den durchgeführten Prüfungen keinen Anlass für eine Veränderung, vor allem solange das bei den Klinika für solche Bauaufgaben vorhandene Know-how noch deutlich hinter dem der Staatl. Hochbauverwaltung zurück bleibt. Zumindest sollten weitere Erfahrungen nach Verlängerung der Vereinbarung abgewartet werden.

6 Stellungnahmen des Wissenschafts- und des Finanzministeriums

Das MWK räumte in seiner mit den geprüften Klinika abgestimmten Stellungnahme ein, dass die neue Rollenverteilung zwischen den „Bauherren“ Klinika und den in ihrem Auftrag arbeitenden staatlichen Baubehörden zunächst Anlaufschwierigkeiten mit sich brachte. Diese seien aber inzwischen überwunden, und die Abstimmung verlaufe reibungslos.

Der Vorschlag, die Verfahrensabläufe für Planung und Durchführung der Baumaßnahmen erheblich zu vereinfachen, wird begrüßt. Die Ausführungen des RH zur Anwendung der VOB/VOL seien allerdings differenziert zu betrachten. Die Klinika hätten sich bereit erklärt, die Regelungen der VOB/VOL anzuwenden, behielten sich allerdings Ausnahmen vor. In der Vergangenheit aufgetretene Mängel bei der Durchführung der Vergabeverfahren hätten die Klinika erkannt und inzwischen behoben. Nachträge seien nach Möglichkeit zu vermeiden, könnten jedoch wegen geänderter baulicher Anforderungen z. B. wegen unvorhersehbarem Personalwechsel nicht gänzlich ausgeschlossen werden.

Das FM erhob keine Einwände.

7 Schlussbemerkung

Dem RH geht es in erster Linie um einen sinnvollen Ausgleich der unterschiedlichen Interessen: Zum einen soll das unternehmerische Handeln der Klinika auch beim Erhalt und Ausbau sowie dem kostengünstigen Betrieb seiner Räumlichkeiten gefördert werden. Zum anderen soll aber die Gesamtverantwortung der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung für die langfristige Erhaltung und Weiterentwicklung dieser großen, den Klinika vom Land „überlassenen“ Liegenschaften nicht ausgehöhlt und auf die fachliche Kompetenz der vor Ort tätigen Baudienststellen, die ohnehin für die großen Baumaßnahmen über 8 Mio. DM zuständig sind, nicht verzichtet werden.

Mit der nach den Prüfungen erklärten Bereitschaft der Klinika, bei ihren Vergaben künftig - von betriebsbedingten Ausnahmen abgesehen - das öffentliche Vergaberecht anzuwenden, sieht der RH seine Forderung als erfüllt an, entsprechend dem neuen Mittelstandsförderungsgesetz auch bei den bisher nicht der VOB/VOL-Anwendung unterlegenen Betrieben des Landes transparente, nachvollziehbare Vergabeverfahren einzuführen, insbesondere um Manipulation und Korruption vorzubeugen.


Anhänge

Der Rechnungshof hat der Fachhochschule Pforzheim Einspar- und Verbesserungsmöglichkeiten bei Beschaffung, Anwendung sowie Sicherheit der Informations- und Kommunikationstechnik aufgezeigt und Hinweise gegeben, die auf andere Fachhochschulen übertragbar sind.


1 Die Fachhochschule Pforzheim

Die heutige Fachhochschule (FH) Pforzheim wurde 1992 durch Fusion der FH Wirtschaft und der FH Gestaltung gebildet und gleichzeitig um den Hochschulbereich Technik erweitert. Im Jahre 1996 wurde zusätzlich noch ein Studiengang Wirtschaftsrecht eingerichtet. Die Hochschule, die im Stadtgebiet Pforzheim an vier Standorten untergebracht ist, bildet rd. 3 700 Studenten aus und beschäftigt rd. 320 Personen wissenschaftliches und nichtwissenschaftliches Personal.

Das Gesamtbudget der FH Pforzheim betrug im Jahr 2000 37,4 Mio. DM. Sie finanziert sich aus Landesmitteln, Zuweisungen nach dem Hochschulbauförderungsgesetz (HBFG) sowie Drittmitteln und bucht ihre Ausgaben in acht Kapiteln mit rd. 130 Titeln. Bedingt durch diese außergewöhnliche Aufsplitterung ist das finanzielle Geschehen nur schwer nachvollziehbar, die Höhe des Gesamt-Budgets für IuK ist nicht genau bekannt. Diese Komplexität führt die FH auf die Gründungszeit zurück. Denn nach dem Gesetz zur Errichtung der FH Pforzheim genossen die Einrichtungen der FH für Gestaltung einen sog. Minderheitenschutz, d. h., sie durften sechs Jahre lang durch Beschlüsse der neuen FH nicht benachteiligt werden. Im Ergebnis seien zwei Haushalte in einem Haushalt zu führen gewesen.

Zusammen mit dem StRPA Stuttgart hat der RH die IuK-Ausgaben der FH Pforzheim an Hand der Buchungsbelege geprüft und weitere Erhebungen beim Rechenzentrum, der Verwaltungsabteilung sowie bei 11 von 14 Fachbereichen durchgeführt.

2 Feststellungen

Die IuK-Ausstattung der FH Pforzheim erscheint in den untersuchten Organisationseinheiten zur Aufgabenerfüllung im Wesentlichen sachgerecht; es sind allerdings Optimierungen und Verbesserungen möglich. Teilweise wird gegen die Grundsätze der Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit verstoßen. Außerdem ist die informationstechnische Sicherheit nicht ausreichend gewährleistet.

2.1 Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit

2.1.1 Beschaffungen

Die Fachbereiche beschaffen ihre IuK-Ausstattung überwiegend in eigener Zuständigkeit und zwar bisher ausschließlich im Wege der freihändigen Vergabe. Lediglich für technische Fragen wird teilweise das Rechenzentrum (RZ) zugezogen. Die Hochschule geht davon aus, dass die Fachleute aus den Fachbereichen den Markt entsprechend beobachten und die Beschaffungen nach wirtschaftlichen Überlegungen vollziehen. Handlungsanweisungen für die Beschaffer, festgelegt in Beschaffungsrichtlinien für die FH, erläutern nur, wie bei Freihandvergaben vorzugehen ist; auf Ausschreibungen gehen sie nicht ein. Als Folge davon wird häufig bei den selben Anbietern beschafft („Hoflieferanten“) und überteuert eingekauft.

Die nachteiligen Auswirkungen des unabgestimmten Vorgehens lassen sich durch die Beispiele in den Übersichten 1 und 2 belegen.

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Die FH hätte teilweise Mittel einsparen können, wenn sie weniger komfortable Geräte beschafft hätte. Häufig fanden sich Markengeräte an Standard-Arbeitsplätzen, an denen nur BK-Funktionen erforderlich sind. Vielfach genügen sog. No-Name-PCs statt teurer Markengeräte, handelsübliche Server statt Work-Stations und einfachere Drucker zur Aufgabenerfüllung, ohne dass Lehre, Forschung und Verwaltung beeinträchtigt werden.

Preisunterschiede zeigt beispielhaft Übersicht 3.

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Das FM schreibt in regelmäßigen Abständen Standard-Arbeitsplatz-PC, Notebook, Drucker und Zubehör für die Landesverwaltung öffentlich aus. Andere Stellen des Landes sind berechtigt, diese Angebote zu nutzen. Die vom FM ausgeschriebenen PC oder Laptop sind bei vergleichbaren Leistungsdaten und ebenfalls von namhaften Herstellern nur etwa halb so teuer, als die von der FH gekauften. Die FH hat diese Beschaffungsmöglichkeit bisher nicht genutzt. Die erheblichen Preisunterschiede zeigt Übersicht 4.

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Zeitgemäße Software wird der FH von Firmen teilweise kostenlos oder zu stark reduzierten Preisen für Lehre und Forschung überlassen. Sie erfordert meist leistungsfähige Rechnerplattformen, die aber nicht in allen Labors und Pools zur Verfügung stehen, sodass der Funktionsumfang der Programme nicht immer voll ausgeschöpft werden kann oder das Antwortzeitverhalten unbefriedigend ist. Zu einem früheren Rechneraustausch sieht sich die FH wegen fehlender Haushaltsmittel nicht in der Lage. Unterschiedliche Hardwareausstattung führt darüber hinaus zu hohem Systembetreuungsaufwand. Durch gebündelte und abgestimmte Beschaffungen sowie ggf. alternative Finanzierungsformen (z. B. Leasing) könnte bei gleichbleibendem Mitteleinsatz der Rechnerbestand früher erneuert werden.

2.1.2 Personalverwaltungssystem

Für das von der FH Pforzheim für die Personalverwaltung vorgesehene Programm hat das Land noch keine Schnittstelle zum Datenaustausch mit den DV-Programmen des LBV erstellen lassen. Die bei der FH gespeicherten Personaldaten werden ausgedruckt, dem LBV per Papier zugeleitet und dort wieder neu erfasst. Dieser unwirtschaftliche und nicht mehr zeitgemäße Ablauf ist dem FM und dem MWK bekannt.

Bei Einführung neuer Verfahren darf nicht nur isoliert der eigene Geschäftsbereich betrachtet werden. Vielmehr ist die gesamte Prozesskette zu analysieren, darzustellen und nach Möglichkeit zu automatisieren.

2.1.3 Bestandsnachweis

Beim Bestandsnachweis sind folgende Unzulänglichkeiten aufgefallen:

  • Verwendet wird ein veralteter Geräteschlüssel aus dem Jahre 1978. Die Schlüssel sind nicht selbsterklärend, die Einträge müssen ihnen unter zu Hilfenahme eines Kataloges zugeordnet werden.

 

  • Der im Programm verwendete, vom Land vorgegebene Geräteschlüssel ist für den Wissenschaftsbereich nicht genügend differenziert und z.T. auch nicht aktuell, für neuere Geräte fehlen Schlüssel, hingegen sind solche für längst nicht mehr am Markt erhältliche Geräte vorhanden. Bei der Dateneingabe ist daher Einfallsreichtum gefragt. Fast zwangsläufig wurden gleichartige Komponenten mit unterschiedlichen Begriffen gebucht.

 

  • Das Programm hat keine

 

  • benutzerfreundliche Bedieneroberfläche,

 

  • prüft Eingaben nicht auf Plausibilität und

 

  • lässt Auswertungen nach der Finanzierungsquelle (Land, HBFG, Drittmittel) nicht zu.

Die Mängel führen zu unschlüssigen Daten. Einige Fachbereiche führen eigene Bestandsverzeichnisse mit einer anderen Software.

2.1.4 Revisionsfähigkeit

Die beschaffenden Einrichtungen bewahren auch die Beschaffungsunterlagen auf; an keiner Stelle der FH besteht ein vollständiger Überblick über alle IuK-Beschaffungsvorgänge und auch nicht über Verträge, nach denen fortlaufend Ausgaben zu leisten sind, z. B. Wartungsverträge („Dauerbelege“). In einem Fall konnte die FH für wiederkehrende Zahlungen keine begründenden Unterlagen vorlegen.

Weder mit dem Bestandsverwaltungsprogramm, noch mit dem für den Haushaltsvollzug eingesetzten Programm ist das finanzielle IuK-Geschehen vollständig darstellbar. Revisionsfähige Unterlagen sind mit den Auswertemöglichkeiten der Programme nur eingeschränkt zu gewinnen, sodass letztendlich die Ordnungsmäßigkeit der Bestandsverwaltung nicht gegeben ist. Außer für den Vermögensnachweis ist ein Bestandsmanagement auch für wirtschaftliches Handeln unentbehrlich. Mit ihm können beispielsweise Garantiefristen überwacht, Reparaturanfälligkeit einzelner Geräte verfolgt oder auch Grenzen für Rabattstaffeln bei Software-Lizenzen überprüft werden.

2.2 Sicherheit

Die Gebäude der FH Pforzheim an den vier Standorten sind über ein sog. Metropolitan Area Network (MAN) teils über Lichtwellenleiter, teils über ATM-Richtfunkstrecken mit dem Rechenzentrum am Hauptstandort verbunden.

Das hochschulweite Datennetz ist mehrfach kaskadiert, d. h., an die globale Struktur sind lokale Netzwerke (LAN) für die einzelnen Gebäude angeschlossen, an die sich wiederum Subnetze der einzelnen Fachbereiche koppeln. Darüber hinaus hat die FH seit 1997 eine Verbindung zum landesweiten wissenschaftlichen Hochgeschwindigkeitsnetz Belwü. Aufbau und technischer Stand der Computernetze sind nach den Untersuchungen nicht zu beanstanden.

Allerdings ist die Sicherheit der IuK in der FH Pforzheim nicht vollständig gewährleistet, es fehlen sowohl ein Datenschutz- und Sicherheitskonzept mit den notwendigen organisatorischen Regelungen („security-policy“) als auch technische Vorkehrungen in notwendigem Umfang.

Insbesondere fehlt eine Firewall zur Abwehr von Angriffen aus dem Internet, die das Campusnetz wirksam nach außen abschottet. Darum besteht ein Sicherheitsrisiko. Lediglich im Netzwerksegment der Verwaltung ist ein Firewall-System installiert, das aber nur rudimentären Schutz und auch nur für die Verwaltung bietet. Die Rechner und Server in den anderen Stellen der FH sind selbst mit einfachen Methoden leicht angreifbar. Hier besteht Handlungsbedarf. Die geschätzten Kosten für die Realisierung eines Firewall-Konzepts belaufen sich auf 30 000 - 50 000 DM.

Der RH hat der FH Pforzheim ein Firewall-Konzept mit folgenden Merkmalen zur Diskussion gestellt:

  • Alle Datenströme von außen dürfen nur über ein zentrales Portal in das Campusnetz gelangen.

 

  • Zwischen internem und externem Netz darf keine direkte physikalische Kopplung bestehen.

 

  • Die internen Netzwerkadressen (IP-Adressen) sollten nicht nach außen sichtbar und gegen Fälschung und Missbrauch gesichert sein (IP-Spoofing). Die interne Netzstruktur ist nach außen hin zu verbergen.

 

  • Zu installieren wäre ein externer IP-Router (Paketfilter), ein so genannter Bastion Host (Application Level Gateway) und ein nachgeschalteter interner Router (Paketfilter). An den Bastion Host ist die sog. demilitarisierte Zone (DMZ) als isoliertes Teilnetz zwischen dem geschützten und ungeschützten Bereich einer Installation anzuschließen. In der DMZ sind alle Web-Server, z. B. www-, Email-, FTP-, Telnet-Server, anzukoppeln.

 

  • Zusätzlich zur Verschlüsselung der Daten zwischen dem Hauptstandort der FH und den anderen Standorten im Stadtgebiet Pforzheim ist die Einrichtung von sog. Virtual Private Networks (VPN) mit geschlossenen Benutzergruppen (closed user groups) sinnvoll.

3 Bewertung und Vorschläge

Wissenschaftliche Einrichtungen heben häufig auf „Besonderheiten“ ab, auch die IuK sei nicht mit der IuK in anderen staatlichen Einrichtungen vergleichbar. Das stimmt sicher für verschiedene Ausstattungsgegenstände, IuK-Anwendungen und Forschungsvorhaben. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich aber, dass der weit überwiegende Teil der IuK-Aufgaben mit handelsüblichen Servern, Netzwerkkomponenten, PC, Bildschirmen und Druckern erledigt wird oder erledigt werden könnte. Insoweit müssen auch hier die üblichen Beschaffungs- und Dokumentationsmechanismen greifen und die Wirtschaftlichkeit stärker als bisher beachtet werden.

Selbstverständlich können die verantwortlichen Wissenschaftler weiterhin die Angemessenheit und Notwendigkeit der IuK-Ausstattung definieren, die Vorschläge des RH tangieren nicht die Freiheit von Lehre und Forschung. Auch wird insoweit nicht einer „Schmalspurausstattung“ das Wort geredet. Wenn allerdings die Anforderungen definiert sind, müssen für Auswahl der Ressourcen und Abwicklung des Beschaffungsvorganges mehr Marktmechanismen greifen als bisher, um die vorhandenen Mittel möglichst wirtschaftlich und effizient einzusetzen, was letztlich der Forschung und Lehre zu Gute kommt.

Bisher kaufen die Fachbereiche und das RZ die IuK-Ausstattung - wie dargelegt - unabgestimmt und meist in Kleinmengen. Anzustreben ist eine Bündelung der Beschaffung durch Ausschreibungen, die auch vermehrt No-name-Produkte zulassen.

Leasingfinanzierung könnte zur schnelleren Erneuerung des Gerätebestandes mit den vorhandenen Mitteln beitragen. Soweit es keine HBFG-Beschaffungen sind, kann Leasingfinanzierung - dokumentierte Wirtschaftlichkeit vorausgesetzt - in Abstimmung mit dem FM unmittelbar angewandt werden. Bislang beteiligt sich der Bund an Beschaffungen nach dem HBFG nur im Fall des Kaufes. An einem geeigneten Projekt sollte die Vorteilhaftigkeit der Leasingfinanzierung dargelegt werden.

Beschaffungen müssen bei den FH häufig von Personen „nebenher“ miterledigt werden. Deshalb wären Hilfsmittel in Form eines Handbuches mit Checklisten und Formularen hilfreich.

Hinsichtlich der Verträge mit wiederkehrenden Zahlungen ist ein aktives Vertragsmanagement erforderlich, d. h., die Notwendigkeit der Verträge ist an Hand der tatsächlich erbrachten Leistungen und der Störfälle regelmäßig zu überprüfen, das Ergebnis zu dokumentieren und die Verträge ggf. anzupassen. Insbesondere sind „automatische“ Vertragsverlängerungen zu begründen.

Ebenso wenig wie auf dem Beschaffungssektor bestehen hinsichtlich der Anforderungen an die Netzwerksicherheit nennenswerte Unterschiede: Die FH verwalten und führen - wie andere staatliche Einrichtungen auch - Datenbestände mit unterschiedlich hohem Schutzbedürfnis.

Einen Teil der Verbesserungsmöglichkeiten kann die FH im Rahmen ihrer Organisationshoheit realisieren; für die Beseitigung anderer Mängel ist das Ministerium zuständig.

Im Einzelnen hat der RH vorgeschlagen:

3.1 Die FH muss ihre Beschaffungsrichtlinien anpassen. Der RH hat gegenüber dem MWK angeregt, möglichst ein Musterhandbuch zu erarbeiten.

3.2 Durch Bündelung der Beschaffung sind bessere Rabattierungen zu erreichen. Die Hauptbeschaffungszeitpunkte sollten deshalb möglichst vor Semesterbeginn liegen und die Ausschreibungen und Vergaben - unbeschadet der Verantwortlichkeit der einzelnen Einrichtungen - weitgehend abgestimmt sein. Ausschreibungsergebnisse des FM sind zumindest als Preisvergleiche geeignet. Die Finanzierungsalternative Leasing ist jeweils mit zu berücksichtigen, wie es die einschlägigen Haushaltsvorschriften verlangen.

3.3 Das MWK sollte Wirtschaftlichkeit und Praktikabilität einer zentralen Ausschreibung von IuK-„Alltagsgeräten“ durch eine eigene Ausschreibung (mit der Zielsetzung eines Rahmenvertrags) oder durch eine pilotartig beauftragte FH prüfen.

3.4 Die wesentlichen Meilensteine aller Beschaffungsvorgänge sollten in der Haushaltsabteilung revisionsfähig dokumentiert werden. Entsprechendes gilt für die Aufbewahrung von Vertragsduplikaten als zahlungsbegründende Unterlagen bei regelmäßig wiederkehrenden Ausgaben durch die mittelbewirtschaftende Stelle (VwV zu § 70 LHO), z. B. Wartungsverträge für IuK-Technik und Software. Die Verwaltungsabteilung darf nicht einfach Rechnungen gegenzeichnen und bezahlen.

3.5 Der Bestandsnachweis ist zu verbessern
  • Die Datenbestände müssen hinsichtlich Mindestanforderungen und Vollständigkeit den Richtlinien für Bestandverzeichnisse entsprechen.

 

  • Der Geräteschlüssel sollte den Anforderungen im Wissenschaftsbereich angepasst werden. Einem entsprechenden Vorschlag des MWK hat der RH im Rahmen einer Prüfung bei Universitäten bereits zugestimmt.

3.6 Heutzutage sollten keine DV-Verfahren mit Datenaustausch per Papier mehr realisiert werden, das Personalverwaltungsprogramm benötigt eine Schnittstelle zum maschinellen Datenaustausch mit dem LBV.

3.7 Ein umfassendes Datenschutz- und Sicherheitskonzept ist unverzichtbar. Die FH sollte baldmöglichst eine Risikoanalyse durchführen, Schutzmaßnahmen beschreiben und u. a. durch ein geeignetes Firewall-Konzept umsetzen.

4 Stellungnahme des Ministeriums

Gegen die vom RH getroffenen Feststellungen erhebt das MWK keine Einwendungen und will die meisten Vorschläge zusammen mit der FH Pforzheim umsetzen.

Die Sicherheitsproblematik in den Datennetzen sei auch an der FH erkannt worden. Ähnliche Probleme stellen sich bei allen FH. Die Sicherheitsdefizite will das MWK durch ein gemeinsam von der Konferenz der RZ-Leiter der Fachhochschulen erarbeitetes Datenschutz- und Sicherheitskonzept beheben lassen.

Der Bestandsnachweis soll überarbeitet, verbessert und durch eine neue Programmversion benutzerfreundlicher werden. Auch habe man den Softwarelieferanten des Personalverwaltungsprogramms mit der Schnittstellenprogrammierung beauftragt und nochmals auf die Dringlichkeit der Einführung eines maschinellen Datenaustausches mit dem LBV hingewiesen.

Durch die Fusion habe sich die Zahl der Beschaffungen vervielfacht, ohne dass eine spezielle Stelle mit dem Schwerpunkt Beschaffungswesen eingerichtet werden konnte. Die Hochschule wolle das bisherige Verfahren - unterstützt durch die Vorschläge des RH - überprüfen und ggf. umstellen. Sie sehe auch, dass durch bereichsübergreifende Beschaffungen Verbesserungen erzielbar sind. Die Beschaffung von Standardgeräten werde in Zukunft das zentrale RZ stärker koordinieren. Zusätzliche Personalkapazität, um ein öffentliches Ausschreibungsverfahren durchzuführen, sei nicht vorhanden. Die Hochschule teilt mit, sie sei auch bereit, bei einer zukünftigen Beschaffung pilotartig die Alternative Leasing anbieten zu lassen und wirtschaftlich zu bewerten.

Ein Musterhandbuch für das Beschaffungswesen an den Fachhochschulen hält das Ministerium für entbehrlich. Der Bereich sei umfassend in den Vergabevorschriften geregelt, zu denen auch Kommentare erschienen seien. Im Übrigen unterlägen organisatorische Festlegungen zur Durchführung von Beschaffungsvorgängen nicht der Fachaufsicht des MWK.

5 Schlussbemerkung

Mit dem Verweis auf Vorschriften ist nach Ansicht des RH den Bediensteten, die Beschaffungen meist „nebenher“ mit erledigen müssen, wenig gedient. Was fehlt ist eine Handreichung mit Formularen, Musterbriefen und Beispielen für Ausschreibungen. Auch nach Ansicht der FH Pforzheim selbst wäre es nicht nur für diese Hochschule hilfreich, zentrale auf die Hochschulbelange ausgerichtete Beschaffungsrichtlinien zu haben. Der RH wird die weitere Beschaffungspraxis beobachten.

Die Einhaltung der Wirtschaftlichkeitsgebote sollte in Zukunft auch ein Betätigungsfeld für das hochschulinterne Controlling darstellen (Investitions-Controlling), über dessen Ergebnisse auch regelmäßig zu berichten wäre.

Erörterungen des Prüfungsergebnisses zwischen dem RH, der FH und dem Ministerium deuten darauf hin, dass bei anderen Fachhochschulen ähnliche Situationen anzutreffen wären. Der RH erwartet deshalb, dass die Fachhochschulen an Hand der hier gegebenen Hinweise ihr IuK-Beschaffungswesen selbst überprüfen ggf. optimieren und die Netzwerksicherheit verbessern. Das MWK hat zugesagt, auf die Umsetzung der Maßnahmen vor Ort hinzuwirken.


Anhänge

Außeruniversitäre Forschungseinrichtungen werden zum Teil seit Jahrzehnten gefördert. Das Wissenschaftsministerium sollte Förderkriterien einführen und die Förderung der einzelnen Einrichtungen in gewissen Abständen auf den Prüfstand stellen.


1 Vorbemerkung

Das MWK gewährt im Bereich der außeruniversitären Forschung einer Reihe von Einrichtungen regelmäßig Zuwendungen. Für die Förderung bestimmter Einrichtungen (Deutsche Forschungsgemeinschaft, Großforschungseinrichtungen, Max-Planck-Gesellschaft, Fraunhofer-Gesellschaft und die Einrichtungen der sog. Blauen Liste) haben der Bund und die Länder auf der Grundlage des Artikel 91b GG Verwaltungsabkommen getroffen, nach denen Bund und Länder die Einrichtungen gemeinsam finanzieren (gemeinsame Forschungsförderung). Daneben werden vom Land außerhalb der gemeinsamen Förderung weitere kleinere Einrichtungen bezuschusst.

Der RH hat fünf dieser kleineren, nicht von der gemeinsamen Forschungsförderung erfassten Einrichtungen geprüft. Es handelt sich um eine sozialwissenschaftliche, eine wirtschaftswissenschaftliche und drei geisteswissenschaftliche Einrichtungen.

Die Prüfung befasste sich im Hinblick auf die Frage des Landesinteresses an der Förderung hauptsächlich mit der Entstehungsgeschichte, der Aufgabenstellung, der Entwicklung der Zuschüsse sowie der derzeitigen Aufgabenwahrnehmung dieser Einrichtungen.

2 Fördervolumen und Förderart

2.1 Die Gesamtsumme der Zuwendungen des Landes betrug 1999 etwa 1 Mio. DM, je Einrichtung zwischen rd. 100 000 und 340 000 DM.

Da die Einrichtungen schon seit Jahrzehnten gefördert werden, ergeben sich in der Summe Millionenbeträge (s. Übersicht 1). Eine weitere Dauerförderung dieser Einrichtungen erfordert also auch in Zukunft ein nicht nur marginales Fördervolumen.

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Die Einrichtungen erhalten die Förderungen als institutionelle Zuwendungen, d. h. zur Deckung der allgemeinen Ausgaben ihrer Organisation. In den genannten Beträgen sind in geringem Umfang gelegentliche Projektförderungen enthalten.

3 Organisation und Personalausstattung

Alle Einrichtungen werden heute in der Rechtsform des eingetragenen Vereins geführt. Sie unterhalten jeweils eine Geschäftsstelle, die - von einer Ausnahme abgesehen - ein wissenschaftlicher Mitarbeiter leitet. Hinzu kommen noch weitere wissenschaftliche und nichtwissenschaftliche Beschäftigte. Die personelle Ausstattung zeigt Übersicht 2.

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4 Fördergeschichte

In der Fördergeschichte sind folgende Gemeinsamkeiten festzustellen:

  • Die Gründungen gingen jeweils auf die Privatinitiative bestimmter Persönlichkeiten (Politiker, Wissenschaftler) zurück. Die Förderbegründung hat einen personenbezogenen Hintergrund und keinen forschungsstrukturellen.

 

  • Das Land war an der Gründung nicht beteiligt.

 

  • Die Konstituierung der Einrichtungen war bis auf die Einrichtung B nur durch die finanzielle Förderung durch den Bund möglich.

 

  • Während der Bund sein finanzielles Engagement im Laufe der Zeit entweder ganz aufgab oder zumindest nicht mehr erhöhte, hat das Land die Förderung entweder ganz übernommen oder trägt mittlerweile den Hauptteil der Förderung.

 

  • Die Förderungen des Landes werden nun seit mehreren Jahrzehnten geleistet. Sie wurden bis Mitte der 90er-Jahre stetig erhöht. Seitdem ist bei drei Einrichtungen eine Reduzierung der Förderung festzustellen.

4.1 Die Gründung der Einrichtung A geht auf die Initiative des ehemaligen badischen Reichstagsabgeordneten und Reichsinnenministers Dr. Joseph Wirth zurück. Die Region sollte eine Institution für das nach dem Ersten Weltkrieg entstandene Fach der geschichtlichen Landeskunde erhalten und an entsprechenden Fördermitteln des Reichs teilhaben. Später hat auch das frühere Land Baden regelmäßig Zuschüsse für Veröffentlichungen gewährt.

Das Bundesinnenministerium hat die institutionelle Förderung weitergeführt, diese jedoch 1961 mit der Begründung, dass die heimatkundliche Tätigkeit der Einrichtung überwiege und es somit an einem erheblichen Bundesinteresse fehle, auf eine Projektförderung für die Durchführung überregionaler deutscher oder internationaler wissenschaftlicher Tagungen beschränkt und ab 1967 ganz eingestellt. Das Land hat 1953 die hälftige Förderung aufgenommen. Mit dem Rückzug des Bundes aus der institutionellen Förderung hat es die Förderung vollständig übernommen. Gleichzeitig begann ein Ausbau der Einrichtung, der mit einer stetigen Steigerung des Landeszuschusses verbunden war. Die Entwicklung der Zuwendungen ist in Schaubild 1 dargestellt.

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4.2 Die Einrichtung B wurde als Städtisches Institut für die Landschaftskunde der Region 1951 gegründet. Entgegen ursprünglich weitergehenden Planungen beschränkte es sich auf die Geschichte. Die wissenschaftliche Leitung hatte ein anerkannter Mediävist inne, der bereits emeritiert war. Die Stadt finanzierte die geringfügigen Personalkosten und sorgte für die räumliche Unterbringung, die Rechnungslegung und die Schreibarbeiten.

Nach Ausweitung der Tätigkeit auf allgemeine historische Themen erhielt die Einrichtung ab 1954 vom Bundesinnenministerium Zuwendungen, die sich als stetige Förderung bis Ende 1974 fortentwickelten. Im Jahre 1975 stellte der Bund seine Förderung ein, da er sich im Rahmen der Neuordnung der Forschungsförderung in Bund und Ländern nach Art. 91b GG aus der Bezuschussung kleinerer Einrichtungen zurückzog.

Das Land hat von 1953 bis Anfang der 60er-Jahre wissenschaftliche Tagungen als Projekte gefördert. Danach hat es die Einrichtung institutionell gefördert. Zu diesem Zeitpunkt trennte sich die Einrichtung von der Stadt und konstituierte sich als eingetragener Verein. Die Stadt hat den Verein weiterhin in geringem Umfang unterstützt. Nach der Einstellung der Förderung durch den Bund 1975 hat das Land auch dessen Anteil übernommen. Die Förderung wurde stetig ausgebaut, die Entwicklung ist in Schaubild 2 dargestellt.

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4.3 Die Einrichtung C wurde zur Fortführung einer in den 30er-Jahren entstandenen Forschungsrichtung 1954 wenige Jahre nach dem Tod von deren Begründer auf Initiative seiner Freunde und ehemaligen Schüler gegründet.

Das Bundeswirtschaftsministerium finanzierte die Einrichtung schon bald nach ihrer Gründung. Für die Prüfung wurde die Förderung bis 1967 zurückverfolgt. Zu dieser Zeit hat der Bund die Einrichtung zu knapp der Hälfte ihres Haushalts institutionell gefördert. Im Jahr 1976 wurde der Bundesanteil erstmals auf rd. 30 % reduziert. Seit 1985 fördert der Bund nicht mehr institutionell, sondern erteilt bestimmte Aufträge. Ihr Volumen bewegt sich zwischen etwa 15 und 25 % des Gesamthaushalts der Einrichtung. Daneben fördert die Deutsche Bundesbank die Einrichtung mit einem jährlichen Betrag.

Von 1973 bis 1975 hat das Land Projekte im Umfang von etwa 4 % des Gesamthaushalts der Einrichtung gefördert. Ab 1977 hat das Land die institutionelle Förderung in der Höhe aufgenommen, die eine Weiterführung der durch eine Stagnation der Bundesförderung gefährdeten Arbeit der Einrichtung ermöglichte. Die Landesförderung stieg stetig an. Der Anteil der Landesförderung am Gesamthaushalt betrug etwa 50 %, in manchen Jahren 60 %. Die Entwicklung der Förderung ist in Schaubild 3 dargestellt.

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4.4 Die Einrichtung D geht auf die Initiative eines Professors an der Universität Münster (Westf.) zurück. Durch seine Beziehungen zu dem Leiter der Forschungsabteilung des Bundesinnenministeriums, einem früheren Kollegen, konnte er die Finanzierung der Einrichtung durch den Bund erreichen. Der Sitz der Einrichtung kam 1957 mit der Berufung seines Gründers auf einen Lehrstuhl in Baden-Württemberg in das Land.

Ende 1975 stellte der Bund seine Förderung im Rahmen der erwähnten Neuordnung der Forschungsförderung nach Artikel 91b GG auch für diese Einrichtung ein. In seiner Eigenschaft als Sitzland hat das Land ab 1977 die institutionelle Förderung übernommen. Die Entwicklung der Zuwendungen ist in Schaubild 4 dargestellt.

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4.5 Die Einrichtung E geht auf die Initiative eines baden-württembergischen Professors im Jahr 1960 zurück. Das Vorhaben war zunächst als internationales Informationsmedium über die deutsche Sprache und Literatur für Wissenschaftler im Ausland konzipiert, wurde dann aber in Richtung eines bibliographischen Organs für den In- und Auslandsmarkt weiterentwickelt.

Das Bundesinnenministerium konnte für die Förderung der Einrichtung in Form von Zuwendungen gewonnen werden. Im Jahre 1970 wurde die Einrichtung aus verwaltungstechnischen Gründen einer Stiftung eingegliedert. Der Bund förderte die Stiftung mit 89 bis 97 %, das Land mit 3 bis 11 %, innerhalb der Stiftung wurde die Einrichtung E vom Bund alleine gefördert. Seit 1977 bis Mitte der 80er-Jahre wurde die Stiftung innerhalb der sog. Blauen Liste von Bund und Ländern gemeinsam finanziert, wobei der Bund mit 50 % und Baden-Württemberg als Sitzland mit etwa 39 % die Hauptanteile trugen. Die Förderbeträge liegen nicht vor. Nach internen Auseinandersetzungen wurde die Einrichtung in den 80er-Jahren wieder von der Stiftung getrennt. Der Bund förderte die Einrichtung nun nicht mehr. Ab dem Jahre 1988 hat das Land die Förderung allein übernommen. Anfang der 90er-Jahre hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) übergangsweise die Finanzierung einer weiteren Stelle für das Land übernommen.

Das MWK hat 1995 nach dem Grundsatz, dass eine Einrichtung mit Servicefunktion sich selbst tragen sollte, und im Hinblick auf ihre Funktion für die auswärtige Kulturpolitik den Anstoß zu einer Neustrukturierung der Finanzierung der Einrichtung gegeben. Nach einer Übergangsfinanzierung für die Jahre 1997 und 1998 mit Hilfe der DFG soll danach ab 1999 der jährliche Gesamtfinanzierungsbedarf von derzeit rd. 400 000 DM zur Hälfte durch den Bund und zu einem Viertel durch das Land getragen werden. Allerdings hat der Bund neuerdings seine Bereitschaft zur Mitfinanzierung wieder in Frage gestellt. Die Entwicklung der Förderung ist in Schaubild 5 dargestellt.

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5 Andere Finanzierungsquellen

Die Einrichtungen haben sich bisher in unterschiedlichem Maß um andere Finanzierungsquellen bemüht.

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Die Einrichtungen A und B haben in nur äußerst geringem Umfang Drittmittel eingeworben. Die Einrichtung C hat zwar in unterschiedlichem Maß, aber stetig Drittmittelprojekte sowie Spenden und Sponsorengelder einwerben können. Die Einrichtung D erreicht seit Abschluss ihres Drittmittelprojekts nur noch etwa 55 000 DM jährlich (geschätzt) aus der Finanzierung ihrer Tagungen durch eine Stiftung. Die Einrichtung E wird seit Beginn ihres Bestehens auch finanziell in beträchtlichem Umfang von einem Verlag als privatem Förderer unterstützt. Seit 1999 ist der Betrag auf etwa 100 000 DM erhöht worden und umfasst damit etwa ein Viertel des Gesamtbudgets. Mitgliedsbeiträge werden von keiner der fünf Einrichtungen erhoben.

Das Land hat bisher seine Zuwendungen nicht von der Erschließung anderer Finanzierungsquellen oder von Eigenmitteln abhängig gemacht.

6 Aufgabenstellung und Leistungsarten

  • Die Aufgabenstellungen waren und sind sehr vielgestaltig.

 

  • Die von den Einrichtungen erbrachten Leistungen umfassen heute nur bei der Einrichtung C durch die geförderte Organisation erbrachte Forschung.

 

  • Die Einrichtungen A, B und D unterstützen die Forschung ihrer Mitglieder, meist Hochschulprofessoren, durch die Bereitstellung von Veröffentlichungsreihen, Organisation von Tagungen und Diskussionsforen, Hilfsleistungen wie vorbereitende Daten- und Literaturrecherchen, sowie graphische und redaktionelle Arbeiten bei den Veröffentlichungen.

 

  • Die Einrichtung E erbringt durch die Herstellung einer Zeitschrift mit Informationen zur deutschen Sprach- und Literaturwissenschaft eine Dienstleistung. Ihr Aufgabenschwerpunkt liegt in der auswärtigen Kulturpolitik.

 

  • Die Einrichtung A hat als Einzige eine Themenstellung, die landesspezifisch ist. Die übrigen Einrichtungen sind ganz oder weit überwiegend mit allgemeinen Themenstellungen ihres Wissenschaftsbereichs befasst.

6.1 Die Einrichtung A nimmt ihre Tätigkeit insbesondere durch Veranstaltung von Vorträgen, Tagungen, Exkursionen, der Herausgabe verschiedener Publikationsreihen und der Unterhaltung einer landeskundlichen Bibliothek wahr. Die Vereinsmitglieder forschen, stellen ihre Ergebnisse z. B. auf den Tagungen vor und können sie in den Publikationsreihen veröffentlichen. Die Mitglieder stammen fachlich aus verschiedenen Disziplinen, räumlich aus der Bundesrepublik, der Schweiz und Frankreich. Die Themen beziehen sich auf den gesamten alemannisch-schwäbischen Siedlungsraum mit Schwerpunkt Baden-Württemberg.

Die Bediensteten der Einrichtung erbringen keine eigenen Forschungsleistungen. Ihre Aufgaben liegen im Bereich der Unterstützung der Mitglieder sowie im organisatorischen, redaktionellen, bibliothekarischen und im Verwaltungsbereich.

6.2 Der ursprüngliche regionale Bezug der Aufgabenstellung der Einrichtung B war die Förderung landeskundlicher Arbeiten bezüglich einer Region in Baden-Württemberg und der benachbarten Länder. Er wurde unter dem Einfluss des wissenschaftlichen Leiters der Einrichtung bereits Mitte der 50er-Jahre zugunsten einer Behandlung von historischen Themen des Mittelalters im gesamten deutschen und wenig später auch europäischen Raum weitgehend aufgegeben.

Die Einrichtung will der Mediävistik ein Forum schaffen, auf dem neue Thesen, Fragestellungen oder Perspektiven und bislang unerprobte Forschungsansätze der deutschen und europäischen Geschichte vor einem ausgewiesenen Fachpublikum zur Diskussion gestellt werden können, bevor sie der Öffentlichkeit vorgelegt werden. Dazu dienen wissenschaftliche Tagungen und Arbeitssitzungen. Die Diskussionen werden protokolliert und eigenständig publiziert. Ferner gibt die Einrichtung 2 Schriftenreihen heraus, worin u. a. die Tagungsthemen selbst veröffentlicht werden.

Die Einrichtung selbst betreibt keine Forschung, sondern unterstützt entsprechende Aktivitäten der Mitglieder und Dritter mit ihren Ressourcen. Ihre Bediensteten erledigen die Verwaltungsgeschäfte und leisten technische Hilfe bei der Organisation von Tagungen und teilweise der Publikation. Die derzeitige wissenschaftliche Hilfskraft ist für ein mit Projektmitteln gesondert gefördertes Projekt eingestellt und mit Recherche- und redaktionellen Arbeiten befasst.

6.3 Die Einrichtung C hat es sich von Anfang an zur Aufgabe gestellt, durch wirtschaftswissenschaftliche und soziologische Forschung insbesondere Fragestellungen der Wettbewerbsordnung zu erforschen. Sie nimmt ihre Aufgabe wahr durch Forschung des eigenen Personals in Form von Grundlagenforschung und Einzelforschungen auf dem Gebiet der Ordnungstheorie und Ordnungspolitik sowie durch aktuelle wirtschaftspolitische Beratung.

Zur Verbreitung ihres Ideenguts veranstaltet die Einrichtung Vorträge und Tagungen und gibt Schriftenreihen insbesondere mit den Forschungsergebnissen und Vorträgen heraus. Sie veranstaltet an der Universität Einzelvorträge mit Gastrednern.

6.4 Zur Zeit der Gründung der Einrichtung D wurde die Sozialgeschichte ab Beginn der großen industriell-technischen und politischen Revolutionen im 18. Jahrhundert in Forschung und Lehre als unzureichend vertreten angesehen. Die Einrichtung sollte insbesondere die Zusammenarbeit der verschiedenen historisch-sozialwissenschaftlichen Disziplinen verwirklichen. Zu diesem Bereich sollten Studien mit neuartigen Fragestellungen und Methoden geplant, angeregt und gefördert sowie die Ergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Die Einrichtung hat als eigenes wesentliches Projekt ab 1960 ein großes Wörterbuch der Sozialgeschichte bearbeitet. Daneben wurden zwei kleinere Vorhaben durchgeführt. Das Wörterbuch wurde von der DFG gefördert und ist seit Anfang der 90er-Jahre inhaltlich abgeschlossen. Seither handelt es sich nicht mehr um eigene Forschungen der Einrichtung, sondern um die Unterstützung der Forschung ihrer Mitglieder, die diese an ihren eigenen Hochschulen durchführen und auch evtl. Drittmittel dort beantragen. Die Unterstützung wird gewährt in Form von Vorbereitungs- und Begleitarbeiten wie z. B. Recherchen, Erfassung und Bearbeitung von Quellentexten, Korrekturen und Bearbeitung graphischer Darstellungen.

Im Übrigen veranstaltet die Einrichtung wissenschaftliche Tagungen, auf denen die Mitglieder ihre Forschungen vortragen, und veröffentlicht die Tagungsergebnisse. Sie stellt eine Publikationsreihe zur Verfügung und leistet redaktionelle Arbeiten für die Publikationen. Neue Themen werden in der Mitgliederversammlung erarbeitet und von der Einrichtung vorbereitet, bis sie als konkrete Projekte durchgeführt werden können.

6.5 Die Einrichtung E gibt zur deutschen Sprach- und Literaturwissenschaft eine Quartalszeitschrift heraus. Dafür bibliographiert sie wesentliche Veröffentlichungen und nimmt Referate von Wissenschaftlern aus der ganzen Welt zu solchen Veröffentlichungen auf. Daneben werden Kommentare, Kurznotizen und Verweise zur Ergänzung der bibliographischen Angaben erstellt. Es handelt sich bei der Zeitschrift um ein Hilfsmittel, das die rasche Erschließung der wissenschaftlichen Literatur ermöglicht. Die Einrichtung bietet gleichzeitig für Wissenschaftler ein Forum für aktuelle Veröffentlichungen ihrer Forschungen. Sie ist damit vom MWK zutreffend nicht als Forschungs-, sondern als Serviceeinrichtung qualifiziert worden. Ursprünglich war sie ausschließlich für die deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft im Ausland gedacht. Heute dokumentiert sich ihr nach wie vor bestehender Schwerpunkt in der auswärtigen Kulturpolitik darin, dass gegenwärtig rd. 70 % der im Abonnement vertriebenen Zeitschriften ins Ausland gehen. Auch der Wissenschaftsrat hat im Jahre 1980 bei seiner Empfehlung für die Weiterförderung der Stiftung, zu der die Einrichtung damals gehörte, das internationale Ansehen der Zeitschrift betont.

7 Abrechnung gegenüber dem Land

Die Verwaltungsvorschriften zu den §§ 23 und 44 LHO (Zuwendungsrecht) sehen vor, dass der Zuwendungsempfänger in den Wirtschaftsplänen und Verwendungsnachweisen alle mit dem Zuwendungszweck zusammenhängenden Einnahmen und Ausgaben angibt. Ferner sind in den Verwendungsnachweisen für institutionelle Förderungen daneben gewährte Projektförderungen zumindest nachrichtlich anzugeben. Diese Vorschriften haben den Zweck, dem Zuwendungsgeber, der eine Einrichtung als Ganzes fördert, die notwendigen Beurteilungskriterien für den wirklichen Förderbedarf an die Hand zu geben.

Diese Vorgaben wurden bei drei der Einrichtungen nicht genügend beachtet.

In einem Fall wurden nur die Zuwendungen des Landes und die daraus geleisteten Ausgaben im Rahmen des institutionellen Haushalts geführt und gegenüber dem Land abgerechnet. Im Erhebungszeitraum entstandene Überschüsse wurden nicht angegeben, da Förderung durch Sponsoren und regelmäßige Projektförderung durch den Bund unberücksichtigt geblieben sind. Die Überschüsse wurden in nicht offen gelegten Rücklagen weitergeführt.

Bei einer anderen Einrichtung wurden Honorareinnahmen aus Kommissionsverträgen mit einem Verlag für zwei Schriftenreihen und die Einnahmen einer Arbeitsgruppe aus der Veröffentlichung von Tagungsergebnissen außerhalb der Verwendungsnachweise geführt. Aus den Honorareinnahmen bildete die Einrichtung nicht offen gelegte Rücklagen.

Bei der dritten Einrichtung wurden Drittmittel für Veranstaltungen und Aktivitäten, die die Einrichtung gemeinsam mit anderen Organisationen durchgeführt hatte, teilweise nicht nachgewiesen. Ferner fanden einzelne Publikationen einer Arbeitsgruppe keinen Niederschlag im Haushalt der Einrichtung.

Das MWK hat inzwischen die notwendigen Schritte ergriffen.

8 Bewertung und Empfehlungen

8.1 Zuwendungen dürfen nur gewährt werden, wenn das Land an der Erfüllung bestimmter Leistungen durch Stellen außerhalb der Landesverwaltung ein erhebliches Interesse hat, das ohne die Zuwendungen nicht oder nicht in notwendigem Umfang befriedigt werden kann (§ 44 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 23 LHO). Dies gilt sowohl für die Aufnahme der Förderung also auch für deren Fortführung.

Für die institutionelle Förderung von Forschungseinrichtungen ist es nach Auffassung des RH erforderlich, dass sich das besondere Landesinteresse aus den nachgenannten Kriterien, die jedoch nicht immer alle gleichzeitig vorliegen müssen, begründen lässt:

  • Die Einrichtung ist mit der geförderten Organisation selbst in der Forschung tätig.

 

  • Wird die Förderung mit der Bedeutung einer ganz bestimmten Forschungsrichtung begründet, sollte diese sich auch durch die Aktivität der Einrichtung in der Lehre äußern.

 

  • Die Ziele, die mit der Förderung ursprünglich erreicht werden sollten, sind noch nicht erreicht.

 

  • Unter Berücksichtigung der Förderdauer ist es noch sinnvoll, diese Ziele weiter zu verfolgen.

 

  • Das geförderte Forschungsthema wird durch andere Forschungseinrichtungen und insbesondere Hochschulen nicht ausreichend abgedeckt, auch nicht bei Berücksichtigung der Entwicklung seit Förderbeginn.

 

  • Die Einrichtung trägt durch Eigenmittel und Drittmittel ausreichend zu ihrer Finanzierung bei. Die Höhe dieser Beiträge wird abhängig vom Potenzial des Themengegenstands festgelegt.

 

  • Die Einrichtung hat für das Land eine begründete besondere Bedeutung, die z. B. in der landesspezifischen Thematik liegen kann.

 

  • Wissenschaftliche Serviceeinrichtungen sollten sich vom Grundsatz her selbst finanzieren.

 

  • Der Förderanteil des Landes wird entsprechend der oben genannten Kriterien bestimmt.

Die Fördervoraussetzungen liegen demgegenüber nicht vor,

  • wenn ein anderer Zuwendungsgeber seine Förderung reduziert oder einstellt und das Land dessen Förderung nur deshalb übernehmen will, weil die Einrichtung sonst gefährdet wäre,

 

  • in Forschungsbereichen, die auch an Hochschulen abgedeckt werden können, und die Einrichtung lediglich

 

  • Hilfsdienste, auch wissenschaftlicher Art, als Unterstützung für Projekte wie z. B. Recherchen und redaktionelle Arbeiten leistet,

 

  • Veröffentlichungsmöglichkeiten zur Verfügung stellt,

 

  • die Zusammenarbeit mit Verlagen erledigt,

 

  • Tagungen u. Ä. vorbereitet, organisiert und durchführt.

Ein Indiz dafür ist, dass die Leistungen der Einrichtung vorwiegend für Hochschullehrer erbracht werden. Heutzutage werden die genannten Arbeiten üblicherweise mit dem an den Hochschulen beschäftigten Personal erledigt. Für einzelne wenige Themenbereiche gesonderte Institutionen zu schaffen ist unter dem Aspekt eines optimalen Einsatzes der Mittel für die Forschungsförderung problematisch.

8.2 Der RH hat dem MWK entsprechend der genannten Kriterien empfohlen, die Förderung für die Einrichtung A zwar im Grundsatz weiterzuführen, aber im Einzelnen zu überprüfen. Die Einrichtung forscht zwar nicht selbst, ist aber mit spezifischem Landesbezug tätig und hat hier eine besondere Bedeutung für das Land erlangt. Der RH hat Vorschläge zur Kostenreduzierung gemacht, um die Zuwendung des Landes senken zu können.

Für die Einrichtungen B und D hat der RH dem MWK empfohlen, die Förderung zu beenden. Bei beiden Einrichtungen liegt seit Jahren keine eigene Forschung (mehr) vor. Sie unterstützen lediglich die Arbeiten der Mitglieder und weiterer Interessierter. Beide haben keinen spezifischen Landesbezug; ihre Themen können mittlerweile ausreichend durch die sonstigen Forschungseinrichtungen abgedeckt werden. Der bei der Förderung der Einrichtung D ursprünglich verfolgte Zweck, die fachübergreifende Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen voran zu bringen, muss nach nunmehr 40-jähriger Förderung als erfüllt angesehen werden.

Die Förderung für die Einrichtung C hat der RH als derzeit gerechtfertigt beurteilt. Die Einrichtung betreibt selbst Forschung und hat sich durch ihre Aktivitäten eine hohe wissenschaftliche Anerkennung erworben. Dies hat es ihr ermöglicht, stetig Drittmittel und Sponsorengelder einzuwerben. Der RH hat für die Einrichtung lediglich Strukturüberlegungen empfohlen.

Die Förderung für die Einrichtung E kann nach Auffassung des RH nur fortgeführt werden, wenn einerseits der Bund seine Förderung nicht wieder reduziert und andererseits das Land seinen Förderanteil noch verringern kann. Der Schwerpunkt der Tätigkeit liegt in der auswärtigen Kulturpolitik, die nicht Landes-, sondern Bundesaufgabe ist. Der RH hat für die Verbesserung der Kostendeckung der Einrichtung Vorschläge gemacht.

8.3 Bei institutioneller Förderung ist die Gefahr des Eintritts einer nicht mehr von den Förderabsichten umfassten Entwicklung besonders groß. Der Verwendungszweck der Mittel ist hier jeweils nur mit der Bestimmung einer Fehlbedarfsfinanzierung für die Einrichtung im Rahmen der genehmigten Wirtschaftspläne und allenfalls einer allgemeinen thematischen Festlegung der Einrichtung umschrieben. Das Land als Zuwendungsgeber kann die Erforderlichkeit der Förderung anhand der konkreten Tätigkeit der Einrichtung schon deshalb nur mit größerem Aufwand überprüfen, weil keine spezifischen Förderkriterien vorliegen. Die Einrichtung selbst beschäftigt Personal und ist dadurch langfristig verpflichtet. Dies führt zu einer Verfestigung, welche eine Dauerförderung impliziert.

Nicht das jeweils konkrete Vorhaben (Projekt) bestimmt den Finanzierungsbedarf. Vielmehr legen die Mitglieder fest, wofür die durch die verstetigte institutionelle Förderung quasi garantierten Mittel eingesetzt werden mit der Folge, dass sie auf jeden Fall auch verbraucht, gegebenenfalls für zukünftige Arbeiten zurückgelegt werden.

Nach Auffassung des RH sollten institutionelle Förderungen nur äußerst zurückhaltend gegeben und stattdessen bei entsprechender Förderwürdigkeit konkrete Projekte gefördert werden. Dabei kann es sich durchaus, wie auch sonst im Wissenschaftsbereich nicht unüblich, um mehrjährige Projekte handeln. Auch bei mehrjährigen Projekten wirkt das von vorneherein festliegende Ende der Förderung der Verfestigung entgegen.

Der RH empfiehlt dem MWK, für die Förderung der Einrichtungen der außeruniversitären Forschung, die außerhalb der gemeinsamen Forschungsförderung nach Artikel 91b GG vom Land bezuschusst werden, Grundsätze unter Berücksichtigung der genannten Kriterien aufzustellen. Außerdem sollten für die jeweilige Einrichtung die konkreten Förderziele und z. B. Bestimmungen über Eigen- und Drittmittel in den Zuwendungsbescheid aufgenommen werden.

9 Stellungnahme des Ministeriums

Das Ministerium teilt die Ansicht des RH, dass die Förderung außeruniversitärer Forschungseinrichtungen mittelfristig immer wieder auf den Prüfstand gestellt werden muss. Es hat deshalb auch der Empfehlung des RH zugestimmt, die Förderung der Einrichtung D einzustellen. Bei den anderen vier Einrichtungen hält es eine weitere Förderung im Interesse des Forschungsstandortes Baden-Württemberg derzeit weiterhin für wichtig und gerechtfertigt.

Das Ministerium sieht es für die Förderung als entscheidend an, dass eine Maßnahme tatsächlich eine Förderung der Forschungsarbeit in einem wissenschaftlichen Fach bewirkt. Ob eine Institution gefördert wird, deren Personal selbst in der Forschung tätig ist, oder ob eine Geschäftsstelle gefördert wird, deren Aufgabe darin besteht, für einen Kreis von Wissenschaftlern und sonstigen Mitgliedern eine Zusammenarbeit in der Forschung zu organisieren, sei insoweit nicht entscheidend.

Außeruniversitäre Forschungseinrichtungen stellten dann eine sinnvolle Ergänzung der Hochschullandschaft dar, wenn sie Aufgaben übernehmen, die aus forschungspolitischen Erwägungen heraus wünschenswert und förderungswürdig, in der Art und Weise aber nicht von der Hochschule zu erfüllen sind. Dies treffe bei den untersuchten Einrichtungen zu. Im Übrigen sei der finanzielle Aufwand der Förderung im Vergleich zum Aufwand für die Hochschulen insgesamt äußerst gering und der nicht quantifizierbare positive Effekt für den Wissenschaftsstandort Baden-Württemberg überproportional. Es sollten neben der Forschung in den Natur- und Ingenieurwissenschaften oder der Medizin auch Einrichtungen gefördert werden, die der kulturellen Vielfalt Rechnung tragen.

10 Schlussbemerkung

Die für die institutionelle Förderung von Forschungseinrichtungen vom RH genannten Kriterien, die das zuwendungsrechtlich gebotene Landesinteresse begründen könnten, hat sich das Ministerium nicht zu eigen gemacht. Die Förderung im Ergebnis danach auszurichten, was forschungspolitisch im Einzelfall erwünscht sei, wird indes nicht den Voraussetzungen gerade für eine institutionelle Förderung gerecht und lässt Beliebigkeiten und Zufälligkeiten breiten Raum, wie die dargestellte Fördergeschichte deutlich macht. Der RH sieht deshalb weiterhin die Einführung der genannten konkreten Förderkriterien und deren regelmäßige Evaluierung als erforderlich an. Dabei hält er an seinen Bewertungen und Empfehlungen fest.


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Der RH berichtet hier über Auswirkungen der Tätigkeit der Finanzkontrolle. Der Bericht gibt die Umsetzung einiger bedeutsamer Vorschläge aus früheren Denkschriftbeiträgen wieder und stellt, soweit dies möglich ist, auch dar, welche finanziellen Auswirkungen hiermit verbunden waren.


Wie die dargestellten Einzelfälle zeigen, wurden - Einsparungen erreicht oder eine größere Reichweite der vorhandenen Mittel erzielt; - Vorschläge für einen wirkungsvolleren Personaleinsatz gemacht und in diesem Zusammenhang auch Konzepte für einen künftigen Personalabbau erarbeitet; - Empfehlungen zur Verbesserung der Verwaltungsabläufe unterbreitet. Hierdurch kann das Land auf Dauer Aufwendungen in erheblichem Umfang vermeiden. Die Darstellung soll dem Parlament zeitgleich mit der Vorstellung der Denkschrift einen Überblick über wesentliche Ergebnisse aus früheren Prüfungen und über die Umsetzung seiner Beschlüsse vermitteln. Die nachstehend aufgeführten Sachverhalte sind nicht mehr Gegenstand des laufenden Verfahrens zur Entlastung der Landesregierung im Sinne von § 97 Abs. 1 LHO. [Der gesamte Text einschließlich Einzelergebnisse ist in der nachfolgenden PDF-Datei enthalten]


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