Denkschrift 2010
1 Haushalt konsolidieren
Baden-Württemberg hat 2008 und 2009 unter günstigen Bedingungen keine neuen Schulden aufgenommen. Dies zeigt: Nullverschuldung ist möglich. Dieses Ziel ist aber für den laufenden Doppelhaushalt 2010/2011 in weite Ferne gerückt - wie auch in anderen öffentlichen Haushalten. Wegbrechende Steuereinnahmen, hohe zusätzliche Belastungen und Risiken aus der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise sowie das gesamtwirtschaftliche Ziel, die Binnennachfrage zu stärken, fordern ihren Tribut. Noch ist die Krise längst nicht überwunden. Trotz eines moderaten Wachstums rechnen die Experten mit Rückschlägen. Verwerfungen können immer wieder aufs Neue drohen. Hinzu kommt, dass die zur Stärkung der Binnennachfrage in großem Umfang aufgenommenen Schulden innerhalb von sieben Jahren zurückgezahlt werden müssen. Dies kann nur gelingen, wenn die Wirtschaft weit überdurchschnittlich wächst oder aber die Ausgaben entsprechend beschränkt werden.
Die Schulden des Landes werden bis 2011 von 41,7 auf 46,5 Mrd. Euro ansteigen. Die Kreditfinanzierungsquote wird in diesem Jahr die Marke von 7,6 Prozent erreichen. In der mittelfristigen Finanzplanung klafft auch 2012 und 2013 eine Deckungslücke von über zwei Milliarden Euro jährlich und dies bei weiteren neuen Schulden, die bereits eingeplant sind.
Das Frühjahrsgutachten der Forschungsinstitute zeichnet eine moderate Wachstumsperspektive für die nächsten Jahre. Die Steuereinnahmen werden allerdings nicht gleichzeitig wachsen, sondern nur mit erheblicher Verzögerung. Die Mai-Steuerschätzung bleibt sogar hinter den bisherigen Erwartungen zurück. Die Konsolidierung muss daher bei den Ausgaben ansetzen.
Das prognostizierte Wachstum der Wirtschaft sollte es ermöglichen, 2011 den haushaltspolitischen Kurswechsel einzuleiten, ohne die binnenwirtschaftliche Erholung zu gefährden. Im Gegenteil: Eine weiter wachsende Verschuldung der öffentlichen Hand stellt langfristig selbst ein erhebliches Risiko für die wirtschaftliche Erholung dar.
Im neuen Jahrzehnt müssen haushaltspolitisch drei Herausforderungen bewältigt werden:
- Die Schuldenbremse muss greifen. Baden-Württemberg muss, wie andere Länder auch, ab 2020 ohne neue Schulden auskommen. Es wäre ein fatales Signal, wenn diese erst vor einem Jahr im Grundgesetz verankerte Messlatte im ersten Anlauf gerissen, das Ziel aufgeschoben oder gar aufgegeben würde.
- Das Land muss schrittweise seine Schulden auf die landesgesetzliche Obergrenze von 41,7 Mrd. Euro zurückführen, die es sich in der Landeshaushaltsordnung selbst gesteckt hat.
- In den laufenden und künftigen Haushalten muss es gelingen, das strukturelle Defizit, das die Haushalte des Landes seit Jahrzehnten belastet, durch Einsparungen zu schließen.
Die Bewältigung dieser drei Herausforderungen setzt eine mehrjährige Strategie voraus. Die Politik darf nicht dabei stehen bleiben, die einzelnen Haushaltsjahre nur punktuell zu betrachten, dort die Zwangsläufigkeiten wortreich zu beklagen, sie, weil nicht rechtzeitig für die jeweiligen Planjahre änderbar, aber weiter zugrunde zu legen. Mit Beginn der neuen Legislaturperiode sollten Haushaltsaufstellung und mittelfristige Finanzplanung mit einer perspektivischen Betrachtung bis 2020 (Erreichen der Schuldengrenze) verknüpft werden. Sie müssen als gesamtpolitische Aufgabe verstanden und als solche im politischen Alltag gelebt werden.
Die Konsolidierung endet in der Haushaltsaufstellung, sie beginnt aber bei der Fachpolitik.
Fachpolitik und Haushaltspolitik sind zwei Seiten derselben Medaille, die nicht mehr länger in falsch verstandener Arbeitsteilung isoliert betrieben werden dürfen. Beide dienen ausschließlich dem Wohl des Landes. Gesamtpolitisch rückt jetzt die Verantwortung für den Haushalt in den Mittelpunkt.
2 Gestaltungsspielräume gewinnen
Länderhaushalte sind in ihrer Struktur wenig elastisch. Sie sind dominiert von Personalausgaben und gesetzlichen Verpflichtungen. Der kommunale Finanzausgleich ist nach den Personalausgaben die zweitgrößte Position. Die Zahlungen in den Länderfinanzausgleich und der Schuldendienst übersteigen bei Weitem den frei gestaltbaren Anteil des Haushalts.
Die Kernaufgaben des Landes sind personalintensiv. Darin unterscheiden sich die Länderhaushalte grundlegend von denen des Bundes und der Kommunen. Die fast menschenleere Fabrik ist technologisch möglich, praktisch machbar und vielfach Realität. Schule ohne Lehrer, Forschung ohne Wissenschaftler, innere Sicherheit ohne Polizisten und Rechtsprechung ohne Richter und Staatsanwälte wird es aber nicht geben können.
Die kostenintensiven Kernaufgaben des Landes sind im weitesten Sinne personengebundene Dienstleistungen. Die Anforderungen an diese Leistungen unterliegen einer besonderen Dynamik. Es ist zunächst immer sinnvoll, mehr für Wissenschaft, mehr für Bildung und Erziehung, mehr für Sicherheit zu tun. Es dreht sich um staatliche Aufgaben, für die es aus der Sache heraus keine Obergrenze gibt und deren Erfüllung folglich immer zu einem Teil defizitär erscheint. Die Personalausgaben des Landes beanspruchen daher zwangsläufig den Löwenanteil des Haushalts. Umso wichtiger ist es, diese Ausgaben in den Griff zu bekommen. Der Rechnungshof macht dazu eine Reihe neuer grundlegender Vorschläge, die sich an die Politik richten. Er wirft damit einen Stein ins Wasser. Das Kalkül wird aber nur aufgehen, wenn auch Bürger, Gesellschaft und Wirtschaft bereit sind, ihre Anforderungen und Erwartungen an die öffentliche Hand nicht ständig nach oben zu schrauben. Wir müssen lernen, mit dem Vorhandenen auszukommen und aus weniger mehr zu machen. Ohne Aufgabenbremse versagt auch die Ausgabenbremse.
3 Vorschläge des Rechnungshofs nutzen
Mit unseren Prüfungen, Beratenden Äußerungen und der vorgelegten Denkschrift 2010 wollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Finanzkontrolle und der Senat des Rechnungshofs einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten. Neben dem Schwerpunkt der Haushaltspolitik spannt die diesjährige Denkschrift wiederum einen Bogen über alle Ressortbereiche des Landes. Nicht abstrakt, sondern konkret zeigen wir auf, wo und wie im Einzelfall gespart, effizienter gehandelt oder bessere Ergebnisse erzielt werden können. Die einzelnen Beiträge stehen nicht nur für sich, sie sprechen oft strukturelle und auf andere Bereiche übertragbare Lösungsansätze an.
- Die Steuerthemen zeigen auf, wo bei der Erhebung mehr Einnahmen hätten erzielt werden können. Sie dokumentieren aber auch, welche Schwierigkeiten das Steuerrecht in seiner Komplexität auf der einen und einer unnötigen Kompliziertheit auf der anderen Seite für den Vollzug bereitet. Der Gesetzgeber unterschätzt fast regelmäßig den Aufwand und die Dauer, bis steuerrechtliche Änderungen in der Steuerverwaltung angekommen sind, vom Mitnehmen der Bürger ganz zu schweigen.
- Ganz unterschiedliche Förderverfahren hat die Finanzkontrolle auf den Prüfstand gestellt, wie den Bau von Pflegeheimen, kommunale Straßenbauvorhaben, die Behandlung kommunaler Altlasten, energetische Vorhaben oder Projekte der Internationalen Bodensee-Hochschule. Unsere Empfehlungen geben Hinweise auf Stärken und Schwächen der einzelnen Verfahren und Förderarten.
- Die Beiträge zur Staatsgalerie und zum Lindenmuseum runden die Untersuchungen zur Museumslandschaft ab und ermöglichen übergreifende Vorschläge, an denen wir derzeit arbeiten.
- Die Struktur der Vergütung von Führungspersonal in einem speziellen Fachbereich greift die vergleichende Untersuchung der vier Universitätsklinika des Landes auf.
- Konkrete Impulse zur Organisationsentwicklung setzen die Beiträge zu den Regierungspräsidien, zu der Landesanstalt für die Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume, zum Landesbetrieb Vermögen und Bau sowie zur IuK an der Universität Hohenheim. Mit dem letztgenannten Beitrag schlagen wir eine Brücke von der Landesverwaltung zu den Hochschulen. Zur IuK in der Landesverwaltung haben wir nämlich bereits im letzten Jahr perspektivische Empfehlungen entwickelt, deren Ansätze in weiteren Bereichen nutzbar gemacht werden können.
- Um Personaleinsatz und Ressourcenverbrauch geht es bei den öffentlichrechtlichen Fachgerichtsbarkeiten und den Beiträgen zur Schule.
- Kernfragen der Privatisierung werfen vor allem die Landesimmobiliengesellschaft und die Bewährungs- und Gerichtshilfe durch freie Träger, aber auch die Polizeibegleitung bei Großraum- und Schwertransporten auf. Im Fokus stehen dabei die Wirtschaftlichkeit und die Auswirkungen auf den Landeshaushalt.
- Einen Einblick in das Spektrum des Hochbaus geben die vergleichende Betrachtung zweier Klinikneubauten, die Optimierungspotenziale beim Energieverbrauch von Universitätsgebäuden und das Zusammenwirken verschiedener Verwaltungen am Beispiel Bebenhausen.
- Welchen Aufwand nicht aufeinander abgestimmte bundesgesetzliche Regelungen in sensiblen Bereichen wie Wohngeld, Sozialhilfe und Arbeitslosengeld II verursachen, demonstriert die Untersuchung über das Wohngeld. Bei den dadurch verursachten Parallelverfahren und Antragskreisläufen stehen weniger die Antragssteller als vielmehr die Belange der Kostenträger im Vordergrund. Eine Harmonisierung der Gesetze und klare Zuordnungen wären für alle Seiten hilfreich.
- Mit den Beispielen Staatsgalerie oder Arbeitszeit bei der Polizei knüpfen wir an frühere Prüfungen an und schauen nach, wie unsere Empfehlungen umgesetzt wurden. Wir wollen so Entwicklungs- und Verbesserungsprozesse begleiten und mit unseren Themen am Ball bleiben.
Der Landtag und seine Fraktionen sowie die Landesregierung haben auch im vergangenen Jahr viele unserer Vorschläge und Empfehlungen aufgegriffen. Als entscheidender Katalysator für den Transport unserer Empfehlungen und Vorschläge hat sich in den letzten Jahren zunehmend der Finanzausschuss des Landtags erwiesen. Wir bedanken uns für die Aufgeschlossenheit gegenüber unserer Arbeit und für eine kritische Auseinandersetzung, die vom Ringen um die Sache und gute Lösungen geprägt ist.
Trotz unserer Kritik und der Verbesserungsvorschläge, die wir anbringen, gilt: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landes erfüllen verantwortungsbewusst und mit hohem Einsatz ihre Aufgaben.
Karlsruhe, im Mai 2010
Max Munding
Präsident des Rechnungshofs Baden-Württemberg
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Die Haushaltsrechnung 2008 schließt mit einem rechnungsmäßigen Überschuss von 1.154,4 Millionen Euro ab. Der kassenmäßige Überschuss belief sich auf 744,1 Millionen Euro. Bei den Haushaltsüberschreitungen ergaben sich keine Beanstandungen. Die in der Haushaltsrechnung 2008 aufgeführten Beträge stimmen mit den in den Büchern nachgewiesenen Beträgen überein. Die Einnahmen und Ausgaben sind ordnungsgemäß belegt.
1 Haushaltsrechnung des Landes
Der Finanzminister legte dem Landtag am 17.12.2009 (Landtagsdrucksache 14/5630) die Haushaltsrechnung des Landes Baden-Württemberg für das Haushaltsjahr 2008 vor. Diese dient gemäß Artikel 83 Abs. 1 der Landesverfassung und § 114 Abs. 1 Satz 1 der Landeshaushaltsordnung (LHO) als Grundlage, um die Landesregierung zu entlasten.
1.1 Gestaltung
Die Haushaltsrechnung ist entsprechend den Vorschriften der §§ 81 bis 85 LHO gestaltet. Sie enthält alle in § 81 Abs. 1 und 2 LHO vorgeschriebenen Angaben, um die bestimmungsgemäße Ausführung des Staatshaushaltsplans nachzuweisen. Die Rechnungslegung ist dargestellt in
- einem kassenmäßigen Abschluss gemäß § 82 LHO (Ist-Ergebnisse ohne Haushaltsreste) und
- einem Haushaltsabschluss gemäß § 83 LHO.
Der kassenmäßige Abschluss und der Haushaltsabschluss sind entsprechend § 84 LHO in einem Abschlussbericht mit verschiedenen Zusammenstellungen auf S. 17 bis 87 der Haushaltsrechnung erläutert. Die in § 85 Abs. 1 LHO genannten Übersichten sind beigefügt (S. 853 bis 868 und S. 873 bis 875).
1.2 Ergebnisse der Haushaltsrechnung
Der Landeshaushalt 2008 hat mit einem kassenmäßigen Überschuss von 744.149.493,22 Euro abgeschlossen. Dieser war am 31.12.2008 im Verwahrungsbuch der Landesoberkasse nachgewiesen. Außerdem waren zu diesem Zeitpunkt auch kassenmäßige Überschüsse der Haushaltsjahre 2006 und 2007 von zusammen 796.594.447,07 Euro haushaltsmäßig noch nicht vereinnahmt (siehe Denkschrift 2009, Beiträge Nr. 1 und Nr. 3). Diese Überschüsse wurden im Haushaltsjahr 2009 bei Kapitel 1212 Titel 361 01 gebucht. Außerdem wurde bei dieser Buchungsstelle ein Teilbetrag von 140.328.500 Euro des kassenmäßigen Überschusses 2008 vereinnahmt. Somit waren am 31.12.2009 noch 603.821.040,29 Euro des kassenmäßigen Überschusses aus 2008 im Verwahrungsbuch nachgewiesen. Im Staatshaushaltsplan für 2010/2011 sind als Einnahmen aus Überschüssen der Vorjahre für das Haushaltsjahr 2010 bei Kapitel 1245 Titel 361 01 73.425.000 Euro und für das Haushaltsjahr 2011 weitere 144.070.500 Euro bei Kapitel 1212 Titel 361 01 veranschlagt. Die restlichen Überschüsse von 386.325.540,29 Euro stehen zur kassenmäßigen Deckung der nach 2009 übertragenen Ausgabereste zur Verfügung.
2 Feststellungen des Rechnungshofs nach § 97 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Landeshaushaltsordnung
Der Rechnungshof prüfte die Ordnungsmäßigkeit der Haushaltsrechnung des Landes für das Haushaltsjahr 2008.
2.1 Einnahmen und Ausgaben
Die in der Haushaltsrechnung aufgeführten Einnahmen und Ausgaben stimmen mit den in den Rechnungslegungsbüchern nachgewiesenen Beträgen überein. In den geprüften Rechnungen wurden keine Einnahmen oder Ausgaben festgestellt, die nicht belegt waren.
2.2 Haushaltsüberschreitungen
Über- und außerplanmäßige Ausgaben bedürfen der vorherigen Zustimmung des Finanzministeriums, die nur bei einem unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnis erteilt werden darf. Die über- und außerplanmäßigen Ausgaben einschließlich der Vorgriffe sind in der Haushaltsrechnung einzeln nachgewiesen und in der Übersicht 1 zur Haushaltsrechnung (S. 853 bis 868) zusammengestellt und begründet. Sie betragen insgesamt rund 101 Mio. Euro. Hiervon waren 87 Mio. Euro Sachausgaben und 14 Mio. Euro Personalausgaben.
Mehrausgaben in größerem Umfang sind für folgende Zwecke angefallen:
- 1,5 Mio. Euro für Landeshilfen nach schweren Naturereignissen (Kapitel 0310 Titel 681 73),
- 5,9 Mio. Euro für höhere Heilfürsorgeleistungen an Polizeibeamte (Kapitel 0314 Titel 443 02),
- 4,2 Mio. Euro für Krankheitsvertretungen an Schulen zur Vermeidung von krankheitsbedingtem Unterrichtsausfall und für die verlässliche Grundschule (Kapitel 0436 Titel 427 17),
- 1,7 Mio. Euro für höhere Erstattungen mittelbarer Verwaltungskosten der Landratsämter nach § 52 Abs. 2 Landkreisordnung (Kapitel 1002 Titel 633 01),
- 3,4 Mio. Euro für höhere Erstattungen an den Kommunalen Versorgungsverband für die im Rahmen des Verwaltungsstrukturreformgesetzes übergegangenen Beamten (Kapitel 1210 Titel 633 75),
- 7,9 Mio. Euro für höhere Krankenfürsorgeleistungen an Bedienstete im Erziehungsurlaub, in Elternzeit und dergleichen wegen Kostensteigerungen im Gesundheitswesen und aufgrund der höheren Zahl von Anspruchsberechtigten (Kapitel 1212 Titel 681 02),
- 1,7 Mio. Euro für höheren Zuschuss an die Stiftung Orthopädische Universitätsklinik Heidelberg zur Liquiditätssicherung im laufenden Haushaltsjahr (Kapitel 1412 Titel 682 97 B).
Mit Schreiben vom 14.09.2009 teilte das Finanzministerium dem Landtag gemäß § 7 Abs. 5 Staatshaushaltsgesetz 2007/08 die über- und außerplanmäßigen Ausgaben des Haushaltsjahres 2008 von mehr als 100.000 Euro im Einzelfall mit. Die Mitteilung (Landtagsdrucksache 14/5105) wurde vom Finanzausschuss des Landtags in der 50. Sitzung am 24.09.2009 zur Kenntnis genommen.
Nach dem Ergebnis der Gesamtrechnungsprüfung lag im Haushaltsjahr 2008 bei den über- und außerplanmäßigen Ausgaben ab 500 Euro in 27 Fällen bei 26 Haushaltsstellen die Einwilligung des Finanzministeriums nicht vor. Die Summe dieser Haushaltsüberschreitungen beträgt rund 8,4 Mio. Euro (Vorjahr: 586.000 Euro). Davon entfallen auf Personalausgaben 816.000 Euro (Vorjahr: 20.000 Euro).
Die vom Finanzministerium bewilligten Abweichungen von den Stellenübersichten sind in der Übersicht 1 A zur Haushaltsrechnung (S. 869 bis 872) dargestellt und begründet.
Die über- und außerplanmäßigen Ausgaben bedürfen nach Artikel 81 Satz 3 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg der Genehmigung des Landtags. Diese wurde, zugleich für die Abweichungen von den Stellenübersichten, vom Finanzministerium im Zusammenhang mit der Vorlage der Haushaltsrechnung beantragt.
2.3 Buchungen an unrichtiger Stelle sowie Druck- und Darstellungsfehler
In der Übersicht 1 zur Haushaltsrechnung (über- und außerplanmäßige Ausgaben einschließlich der Vorgriffe) sind auch Fälle von Buchungen an unrichtiger Haushaltsstelle - sogenannte Titelverwechslungen - enthalten, die auf Versehen der Verwaltung beruhen (Verstöße gegen § 35 Abs. 1 LHO). Sie haben eine relativ geringe Bedeutung für das Gesamtbild des Landeshaushalts.
Bei richtiger Buchung von zwei Titelverwechslungen (Kapitel 0448 Titel 429 85 und Kapitel 0802 Titel 346 96) wären die in der Haushaltsrechnung nachgewiesenen über- und außerplanmäßigen Ausgaben um 1.245.216,82 Euro niedriger gewesen.
Bei der Gesamtrechnungsprüfung stellte der Rechnungshof keine wesentlichen Druck- und Darstellungsfehler in der Haushaltsrechnung des Landes fest.
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Der Haushalt des Landes wurde im Haushaltsjahr 2008 nach den Vorgaben des Staatshaushaltsplans vollzogen.
1 Haushalts-Soll und Haushalts-Ist 2008
Der Haushaltsrechnung des Landes für das Haushaltsjahr 2008 liegen die Gesetze über die Feststellung des Staatshaushaltsplans von Baden-Württemberg für die Haushaltsjahre 2007/08 (Staatshaushaltsgesetz 2007/08) vom 27.02.2007 und über die Feststellung eines Nachtrags zum Staatshaushaltsplan für die Haushaltsjahre 2007 und 2008 vom 21.12.2007 sowie über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Staatshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2008 vom 14.10.2008 zugrunde. Danach wurde der Staatshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2008 in Einnahme und Ausgabe auf 33.983.857.300 Euro festgestellt.
Das rechnungsmäßige Jahresergebnis 2008 (Haushalts-Ist einschließlich Haushaltsreste 2008) weist gegenüber dem Haushalts-Soll (Haushaltsansätze einschließlich Haushaltsreste aus dem Vorjahr) einen Überschuss von 694.070.451,34 Euro aus (siehe diesjährige Denkschrift, Beitrag Nr. 1, Tabelle). Dieser ergibt sich aus dem Saldo der Mehreinnahmen von 2.255.503.336,88 Euro und der Mehrausgaben von 1.561.432.885,54 Euro.
Wie sich die Mehreinnahmen und die Mehrausgaben aus den Teilergebnissen der Einzelpläne errechnen, ist in der Landeshaushaltsrechnung 2008 (Anlage 1 zur Gesamtrechnung, Seite 40/41, Spalte 9) sowie in den Erläuterungen hierzu (Seite 45 bis 52) dargestellt.
2 Jahresvergleich
In den Tabellen 1 und 2 sind die veranschlagten Einnahmen und Ausgaben im Jahresvergleich jeweils den Ist-Einnahmen und Ist-Ausgaben gegenübergestellt. Tabelle 3 zeigt die Ausgabenentwicklung der Einzelpläne.
Die Einnahmen sind 2006 bis 2008 beträchtlich gestiegen. Das Steueraufkommen hat sich aufgrund der guten konjunkturellen Lage in dieser Periode außergewöhnlich erhöht. 2008 waren die Einnahmen insgesamt um 18,5 Prozent höher als 2000. Infolge der Wirtschaftskrise sind die Steuereinnahmen 2009 um 3.269 Mio. Euro drastisch zurückgegangen. Sie lagen aber noch um 727 Mio. Euro über dem Jahr 2006, in dem erstmals ein erhebliches Steuerwachstum zu verzeichnen war.
Von 2000 bis 2009 stiegen die Gesamt-Ist-Ausgaben um 14,5 Prozent. Die Personalausgaben haben sich in diesem Zeitraum um 14,6 Prozent erhöht. Bei den Personalausgaben ist allerdings zu berücksichtigen, dass von 2003 bis einschließlich 2009 infolge des Verwaltungsstrukturreform-Gesetzes und durch die Umwandlung verschiedener Einrichtungen (z. B. Universitäten) in Landesbetriebe 1.036 Mio. Euro in Sachausgaben (Zuschüsse) umgeschichtet wurden. Danach sind die Personalausgaben im Jahresvergleich eigentlich deutlicher gestiegen.
Seit 2004 sind die Ausgaben für die Versorgungsbezüge der Beamten und Richter sowie ihrer Hinterbliebenen - bis auf Restbereiche - in den Einzelplänen der jeweiligen Ressorts nachgewiesen. Dies gilt ebenso für die Beihilfen der Versorgungsempfänger. Bis 2003 waren diese Ausgaben im Einzelplan 12 veranschlagt.
3 Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben
Die Tabellen 4 und 5 zeigen, wie sich die Einnahmen und Ausgaben im Einzelnen in den letzten Jahren entwickelt haben.
Die Einnahmen aus Steuern und Abgaben stiegen insbesondere 2006 bis 2008 überdurchschnittlich. Demgegenüber sind die Verwaltungseinnahmen in diesen Jahren gesunken und lagen 2009 sogar unter dem Niveau von 2000. Erstmals waren 2008 und 2009 netto keine Kreditaufnahmen erforderlich. Allerdings musste 2009 auf Vorjahresüberschüsse zurückgegriffen werden. Den Mehreinnahmen aus Zuweisungen und Zuschüssen standen entsprechende Mehrausgaben (siehe Tabelle 5) gegenüber.
Während die Personalausgaben kontinuierlich stiegen, haben sich die sächlichen Verwaltungsausgaben relativ wenig geändert. Bei den Ausgaben für den Schuldendienst handelt es sich im Wesentlichen um Kreditmarktzinsen. Diese blieben aufgrund des günstigen Zinsniveaus in den letzten Jahren und der insoweit möglichen vorteilhaften Refinanzierung relativ stabil.
Die höheren Ausgaben für den Länderfinanzausgleich spiegeln die günstige Entwicklung der Steuereinnahmen in den letzten Jahren. Auch die Aufwendungen für den allgemeinen kommunalen Finanzausgleich stiegen insbesondere 2006 bis 2009 beträchtlich. Die Ausgaben für Baumaßnahmen und sonstige eigene Investitionen des Landes waren in den letzten zehn Jahren rückläufig und lagen 2009 unter dem Niveau von 2000. Allerdings sind die Investitionsausgaben 2009 gegenüber den Vorjahren deutlich gestiegen.
4 Haushaltsreste
4.1 Haushaltsjahr 2008
Beim Jahresabschluss für das Haushaltsjahr 2008 wurden abzüglich der Haushaltsvorgriffe folgende Haushaltsreste nach 2009 übertragen:
Einnahmereste 996.973.001,76 Euro
Ausgabereste 1.383.328.504,97 Euro
Mehrbetrag Ausgabereste 386.355.503,21 Euro
Die Einnahmereste umfassen überwiegend noch nicht verbrauchte Kreditermächtigungen von 967,8 Mio. Euro für Kreditmarktmittel (Kapitel 1206 Titel 325 86) und von 27,9 Mio. Euro für das Projekt Neue Steuerungsinstrumente (Kapitel 1230 Titel 261 01). Wie sich die Ausgabereste in den Einzelplänen zusammensetzen, ist auf den Seite 53 bis 56 der Haushaltsrechnung dargestellt.Mit Schreiben vom 14.09.2009 hat das Finanzministerium gemäß § 7 Abs. 6 Staatshaushaltsgesetz 2007/08 dem Finanzausschuss des Landtags die in das Haushaltsjahr 2009 übertragenen Ausgabereste mitgeteilt. Der Finanzausschuss hat hiervon in seiner 50. Sitzung am 24.09.2009 Kenntnis genommen.
Wie in den Vorjahren war die Landesregierung nach § 9 Abs. 2 Staatshaushaltsgesetz 2007/08 ermächtigt, unverbrauchte Mittel aus übertragbaren Bewilligungen (Ausgabereste) zu streichen. Sie hat diese Ermächtigung im Umfang von 121 Mio. Euro genutzt.
4.2 Jahresvergleich
Tabelle 6 zeigt, wie sich die Haushaltsreste in den letzten zehn Jahren entwickelt haben. Bei den Einnahmeresten handelt es sich im Wesentlichen um noch nicht verbrauchte Kreditermächtigungen.
Die Höhe der Haushaltsreste 2009 stand bei Abschluss der Denkschriftberatungen des Rechnungshofs noch nicht fest.
5 Globale Minderausgaben
Im Staatshaushaltsplan 2007/08 waren für das Haushaltsjahr 2008 bei Kapitel 1212 Titel 972 01 globale Minderausgaben von 106,5 Mio. Euro veranschlagt. Die auf die Einzelpläne entfallenden Beträge sind in Tabelle 7 dargestellt.
Die Einsparungen bei den Sachausgaben - Haushaltsgruppen 5 bis 8 - wurden von den Ressorts nachgewiesen.
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Das Land hat im Haushaltsjahr 2009 keine neuen Kredite aufgenommen. Nach der Kreditlinie in der mittelfristigen Finanzplanung ist bis 2013 mit einer Neuverschuldung von 7 bis 8 Milliarden Euro zu rechnen. Nötig sind konkrete Schritte, um das strukturelle Defizit des Landeshaushalts zu beseitigen. Nur so können die neuen Schulden zurückgeführt und das grundsätzliche Verschuldungsverbot eingehalten werden.
1 Verschuldungslage
1.1 Schuldenentwicklung
Das Land hat nach 2008 auch im Haushaltsjahr 2009 keine neuen Kredite aufgenommen. Die Landesschulden und die auf Dritte verlagerten Verpflichtungen haben sich gegenüber dem Vorjahr um 154,8 Mio. Euro verringert.
2009 nahm das Land aufgrund der Ermächtigung im Staatshaushaltsgesetz an zwei Tagen (Vorjahr: ein Tag) Kassenverstärkungskredite im Umfang von 2.378.000 Euro und 3.136.000 Euro in Anspruch. Am 31.12.2009 waren keine Kassenkredite aufgenommen.
Die Landesschulden und die verlagerten Verpflichtungen haben sich innerhalb der letzten zwanzig Jahre mehr als verdoppelt.
1.2 Haushaltsmäßige Kreditaufnahme und Tilgung
Im Haushaltsjahr 2009 wurden am Kapitalmarkt 6.337 Mio. Euro neue Darlehen aufgenommen. Gleichzeitig wurden 6.353 Mio. Euro getilgt. Somit haben sich die Kreditmarktschulden 2009 um 16 Mio. Euro reduziert. Zum Ende des Haushaltsjahres 2009 waren noch nicht in Anspruch genommene Kreditermächtigungen früherer Haushaltsjahre in Form von Einnahmeresten in Höhe von 967,8 Mio. Euro vorhanden.
Da die Steuereinnahmen drastisch zurückgegangen sind, schloss das Haushaltsjahr 2009 lediglich mit einem geringen kassenmäßigen Überschuss von rund 58.000 Euro ab (Vorjahr: 744,1 Mio. Euro).
1.3 Kreditaufnahme und Schuldendienst
Die Entwicklung der jährlichen (haushaltsmäßigen) Brutto- und Netto-Kreditaufnahme sowie der Aufwendungen für den Schuldendienst in den letzten zehn Jahren zeigt Tabelle 2.
Die Ist-Ausgaben des Schuldendienstes für die Kreditmarktmittel (Zinsen und Tilgungsleistungen bei Kapitel 1206, Titelgruppe 86 - ohne Titel 563 86 Ausgleichsstock - und bei Kapitel 1230 Titel 571 01) haben sich im Haushaltsjahr 2009 gegenüber dem Vorjahr um 2.832,6 Mio. Euro verringert. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass gegenüber dem Haushaltsjahr 2008 weniger für Tilgung aufzuwenden war.
Die Schuldendienstausgaben an die Landeskreditbank Baden-Württemberg - Förderbank (L-Bank) und die Erstattung des Finanzierungsaufwands an die Finanzierungsgesellschaft für öffentliche Vorhaben des Landes Baden-Württemberg mbH beliefen sich im Haushaltsjahr 2009 auf 261,1 Mio. Euro. Darin sind auch die Ersatzleistungen an die L-Bank von 28,5 Mio. Euro enthalten, um den Darlehensanteil des Landes bei der Ausbildungsförderung für Studierende zu finanzieren. Aus systematischen Gründen sind sie dem gesamten Schuldendienst zuzurechnen.
Die Ausgaben des Schuldendienstes für die Kreditmarktmittel und der Aufwand für die verlagerten Verpflichtungen beliefen sich im Haushaltsjahr 2009 auf 8.215,3 Mio. Euro. Dementsprechend betrug der Anteil des gesamten Schuldendienstes an den Gesamtausgaben (einschließlich der haushaltsmäßig nicht ausgewiesenen Tilgungsausgaben von 6.353 Mio. Euro) des Landes 19,9 Prozent (Vorjahr: 24,8 Prozent).
Der Aufwand für den Schuldendienst entsprach somit rund einem Fünftel der Gesamtausgaben. Er war nach den Ausgaben für Zuweisungen und Zuschüsse sowie den Personalausgaben der drittgrößte Posten im Landesetat.
1.4 Pro-Kopf-Verschuldung
Die Verschuldung des Landes am Kreditmarkt belief sich zum 31.12.2009 auf 41.688,7 Mio. Euro. Die Pro-Kopf-Verschuldung blieb mit 3.879 Euro gegenüber dem Vorjahr (3.878 Euro) nahezu unverändert. Außer in Sachsen stieg die Pro-Kopf-Verschuldung in allen anderen Flächenländern. Bei einer Erhöhung um 5,2 Prozent auf durchschnittlich 5.344 Euro (Vorjahr: 5.082 Euro) war die Erhöhung in einzelnen Ländern beträchtlich. Zur Pro-Kopf-Verschuldung im Einzelnen siehe Tabelle 3.
Wie bisher liegt Baden-Württemberg auf dem drittbesten Platz aller Flächenländer und auf dem zweitbesten Platz der acht alten Flächenländer nach Bayern, das im Ranking in der Spitzenposition hinter Sachsen zurückgefallen ist.
2 Steueraufkommen und Zinsausgaben
Das Steueraufkommen des Landes belief sich im Haushaltsjahr 2009 auf 24.733,2 Mio. Euro und ist gegenüber dem Vorjahr um 3.269 Mio. Euro (-11,7 Prozent) zurückgegangen. Unter Berücksichtigung der geringeren Ausgaben im Länderfinanzausgleich und im kommunalen Finanzausgleich sowie der Kraftfahrzeugsteuerersatzleistung des Bundes ergaben sich gegenüber dem Vorjahr Netto-Steuermindereinnahmen von 1.348 Mio. Euro. Die Steuerdeckungsquote, d. h. das Verhältnis der Steuereinnahmen zu den bereinigten Gesamtausgaben, hat sich im Haushaltsjahr 2009 mit 71,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr (81,2 Prozent) deutlich verschlechtert.
Für die Kreditmarktschulden sind im Haushaltsjahr 2009 Zinsausgaben in Höhe von 1.601 Mio. Euro (Vorjahr: 1.857 Mio. Euro) angefallen. Danach musste ein Anteil von 6,5 Prozent des Steueraufkommens (Vorjahr: 6,6 Prozent) zur Deckung der Zinsverpflichtungen verwendet werden.
Die Zinsen für die Kreditmarktschulden sind in den zurückliegenden Jahren trotz der beträchtlichen Neuverschuldung zwischen 2000 und 2005 aufgrund des niedrigen Zinsniveaus nur moderat gestiegen. Infolge der 2008 erreichten Netto-Nullverschuldung sind sie sogar gesunken. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass nach dem Haushaltsvermerk bei Kapitel 1206 Ausgabe-Titelgruppe 86 abweichend vom Bruttoprinzip seit 2009 die Zinsen aus der Anlage von liquiden Mitteln von den Zinsausgaben abgesetzt werden. Da im Haushaltsjahr 2009 durch überschüssige Liquidität 175,4 Mio. Euro (Vorjahr: 136 Mio. Euro) Zinsen aus Geldanlagen erwirtschaftet wurden, belaufen sich die insoweit bereinigten Zinsausgaben auf 1.776,7 Mio. Euro.
Durch die nach dem Staatshaushaltsplan 2010/11 und nach der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehene Neuverschuldung werden sich die Zinsausgaben in der nächsten Dekade aber nicht unerheblich erhöhen, zumal nicht absehbar ist, bis zu welchem Zeitpunkt die zusätzlichen Kredite getilgt werden können.
3 Ausgabenstruktur
Tabelle 5 zeigt die Entwicklung der wesentlichen Ausgabearten und die prozentualen Anteile an den bereinigten Gesamtausgaben des Landes in den letzten zehn Jahren.
Die bereinigten Gesamtausgaben sind im Haushaltsjahr 2009 gegenüber dem Vorjahr um 103 Mio. Euro nur geringfügig (+0,3 Prozent) auf 34.575 Mio. Euro gestiegen. Da sich die Personalausgaben gegenüber dem Vorjahr deutlich erhöht haben (+4,1 Prozent), ist die Personalausgabenquote um 1,4 Prozentpunkte auf 39,3 Prozent gestiegen. Durch die Umwandlung der Universität Karlsruhe und von drei Museen in Landesbetriebe sowie der Gründung des Landesbetriebs Forst zum 01.01.2009 wurden 221 Mio. Euro Personalausgaben in Sachausgaben (Zuschüsse) umgeschichtet. Würde dieser Betrag berücksichtigt, hätten sich die Personalausgaben gegenüber dem Vorjahr um 5,7 Prozent erhöht. Die Personalausgabenquote läge bei 39,9 Prozent.
Die Zuweisungen und Zuschüsse einschließlich Finanzausgleichsleistungen an Länder und Gemeinden sind gegenüber dem Vorjahr um 457 Mio. Euro (-3,1 Prozent) gesunken. Durch höhere Investitionsausgaben im Haushaltsjahr 2009 im Vergleich zum Vorjahr um 369 Mio. Euro (+12,6 Prozent) hat sich die Investitionsquote im Haushaltsjahr 2009 gegenüber dem Vorjahr um 1,1 Prozentpunkte auf 9,6 Prozent verbessert. Die sächlichen Verwaltungsausgaben haben sich nominal um 93 Mio. Euro und anteilmäßig prozentual von 5,0 Prozent auf 4,7 Prozent verringert.
Die Zinsausgaben haben sich gegenüber dem Vorjahr um 256 Mio. Euro (-13,8 Prozent) verringert. Somit ist die Quote der Zinsausgaben im Haushaltsjahr 2009 von 5,4 Prozent auf 4,6 Prozent gesunken.
4 Rücklagen und Haushaltsüberschüsse
In den Haushaltsjahren 2007 und 2008 wurden aufgrund des hohen Steueraufkommens 1.893.666.600 Euro Rücklagen gebildet. Hiervon wurden 2008 und 2009 entsprechend der haushaltsmäßigen Zweckbindung (Kleinkindbetreuung, Landeserziehungsgeld, Qualitätsoffensive Bildung, Impulsprogramm) und um Finanzierungslücken zu decken rund 483,6 Mio. Euro entnommen. Somit waren Ende 2009 noch 1,4 Mrd. Euro solcher Rücklagen vorhanden. Nach dem Staatshaushaltsplan 2010/2011 sind 758.925.900 Euro Entnahmen aus diesen Rücklagen vorgesehen. Davon ausgehend standen Anfang 2010 noch rund 651 Mio. Euro Mittel aus Rücklagen für den Haushaltsvollzug, etwa zur Deckung von Mehrausgaben und für künftige Haushalte zur Verfügung.
Außerdem waren Ende 2009 noch 603,9 Mio. Euro kassenmäßige Überschüsse vorhanden. Davon sind 217,5 Mio. Euro im Staatshaushaltsplan 2010/2011 als Einnahmen veranschlagt. Die restlichen Überschüsse von 386,4 Mio. Euro werden zur Deckung von Ausgaberesten benötigt (siehe Beitrag Nr. 1 der diesjährigen Denkschrift, Punkt 1.2).
5 Landesschuldbuch
Das Landesschuldbuch erbringt den ordnungsgemäßen Nachweis über die Buchschulden des Landes. Der Rechnungshof hat die im Haushaltsjahr 2009 in das Landesschuldbuch eingetragenen Schuldbuchforderungen geprüft. Die Prüfung hat keine Beanstandungen ergeben.
6 Fazit und Ausblick
Das Steueraufkommen des Landes ist im Haushaltsjahr 2009 infolge der Wirtschaftskrise stark eingebrochen. Dadurch hat sich die 2006 bis 2008 verbesserte Haushaltslage abrupt wieder verschlechtert.
Das im Haushaltsjahr 2009 entstandene Finanzierungsdefizit wurde durch die Verwendung von Haushaltsüberschüssen der Jahre 2006, 2007 und 2008 geschlossen. Somit mussten nach 2008 auch 2009 keine zusätzlichen Kredite aufgenommen werden. Nach der in der mittelfristigen Finanzplanung prognostizierten Entwicklung der Steuereinnahmen ist zumindest bis 2013 mit erheblichen Finanzierungslücken zu rechnen, die zum Teil durch neue Kredite geschlossen werden sollen. Das Land ist bei der begonnenen Haushaltskonsolidierung erheblich zurückgeworfen worden.
Das in § 18 der Landeshaushaltsordnung verankerte grundsätzliche Verschuldungsverbot kann auch durch die Verwendung der aus Vorjahren noch verfügbaren Haushaltsüberschüsse und der gemäß § 42a der Landeshaushaltsordnung aus Steuermehreinnahmen gebildeten Rücklagen auf längere Zeit nicht eingehalten werden. Zudem ist derzeit völlig ungewiss, bis wann die bis 2013 voraussichtlich auf 48 Mrd. Euro bis 49 Mrd. Euro anwachsenden Kreditmarktschulden wieder auf die gemäß § 18 Abs. 1 der Landeshaushaltsordnung festgeschriebene Gesamtverschuldung von 41,7 Mrd. Euro zurückgeführt werden können.
Angesichts der neuerlich verschärften Schuldensituation müssen endlich konkrete Schritte unternommen werden, um das strukturelle Defizit des Landeshaushalts zu beseitigen. Andernfalls verlieren Politik und Regierung über Jahrzehnte jegliche Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit. Ein „Weiter so“ darf es deshalb nicht geben. Vielmehr sind nunmehr grundlegende und nachhaltig wirkende haushaltspolitische Weichenstellungen unaufschiebbar.
Der Rechnungshof befasst sich damit im Einzelnen insbesondere auch vor dem Hintergrund der Vorbelastungen und Risiken im Beitrag Nr. 4 der diesjährigen Denkschrift.
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Die finanzielle Lage des Landes ist durch die neuerliche Verschuldung, schnell wachsende Pensionsverpflichtungen sowie weitere Vorbelastungen und Risiken besorgniserregend. Notwendig ist eine stringente Strategie zur Haushaltskonsolidierung. Diese muss die Kosten des Landes für das aktive Personal und die Pensionäre begrenzen.
1 Vorbemerkung
Der Rechnungshof hatte 2006 (siehe Denkschrift 2006, Beitrag Nr. 3, Landesschulden) einen grundlegenden Paradigmenwechsel gefordert, um einen Weg aus der drohenden Schuldenfalle zu finden. Da ständig steigende Schulden die Zukunft des Landes gefährden und es politisch handlungsunfähig machen, sollte in der Landesverfassung das Verbot einer Netto-Neuverschuldung festgeschrieben werden.
§ 18 Landeshaushaltsordnung ist dahin gehend geändert worden, dass der Haushaltsplan ab 01.01.2008 grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen ist. Außerdem soll die am 31.12.2007 mit 41.710 Mio. Euro erreichte Kreditmarktverschuldung nicht dauerhaft überschritten werden.
Durch die Föderalismusreform wurde in Artikel 109 Abs. 3 Grundgesetz für Bund und Länder die sogenannte Schuldenbremse verankert. Danach ist für die Haushalte der Länder ab 2020 eine Neuverschuldung grundsätzlich verboten.
Bei der Aufstellung des Staatshaushaltsplans 2010/2011 wurde offensichtlich, dass das Land nicht ohne neue Schulden auskommt, wenn die Steuereinnahmen sinken. Deshalb wirft der Rechnungshof die Frage auf, ob nicht wegen der erheblichen Vorbelastungen weitergehende haushaltspolitische Restriktionen erforderlich sind.
2 Finanzielle Lage des Landes
2.1 Verschuldung
Die Verschuldung des Landes einschließlich der verlagerten Verpflichtungen belief sich Ende 2009 auf 43.890 Mio. Euro (siehe Beitrag Nr. 3). In den Haushaltsjahren 2010 und 2011 ist eine Nettokreditaufnahme von zusammen 4,8 Mrd. Euro vorgesehen. Nach der mittelfristigen Finanzplanung ist 2012 und 2013 mit einer weiteren Neuverschuldung zwischen 1,6 und 2,3 Mrd. Euro zu rechnen. Somit steigt die Gesamtverschuldung des Landes bis Ende 2013 voraussichtlich auf 50 bis 51 Mrd. Euro. Die Kreditmarktschulden liegen dann um etwa 6 bis 7 Mrd. Euro über dem nach § 18 Abs. 1 Landeshaushaltsordnung grundsätzlich zulässigen Limit. Die Landesregierung beabsichtigt, die in 2010/2011 neu aufgenommenen Kredite gemäß § 18 Abs. 4 der Landeshaushaltsordnung unter Berücksichtigung der aktuellen konjunkturellen Entwicklung innerhalb von vier Jahren ab 2014/2015 zu tilgen.
2.2 Haushaltsrisiken durch Bürgschaften, Garantien und Gewährleistungen
Tabelle 1 zeigt den Stand und die Entwicklung der vom Land aufgrund der Ermächtigung im jeweiligen Staatshaushaltsgesetz übernommenen Gewährleistungen.
Das Land hat 2009 seine Bürgschafts- und Garantieverpflichtungen im Zusammenhang mit der Finanzkrise erheblich ausgeweitet. Die Verpflichtungen sind von 10.863,6 Mio. Euro Ende 2008 auf 25.604,2 Mio. Euro Ende 2009 gestiegen.
Zum einen haftet das Land dafür, dass die „Landesbeteiligungen Baden-Württemberg GmbH“ die Kapitalbeteiligung an der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) um 2.026,7 Mio. Euro erhöht hat. Des Weiteren schirmt die neu gegründete „Garantie Portfolio GmbH & Co. KG“ das Risiko der LBBW bis 12,7 Mrd. Euro ab.
Über diese Bürgschaften hinaus haftet das Land als Gewährträger für die Verbindlichkeiten der LBBW, der Landeskreditbank Baden-Württemberg
- Förderbank, der Universitätsklinika sowie der Zentren für Psychiatrie und weiterer Anstalten des öffentlichen Rechts. Die Höhe dieser Eventualverbindlichkeiten kann betragsmäßig nicht beziffert werden. Das Land haftet grundsätzlich unbeschränkt. Es kann jedoch erst in Anspruch genommen werden, wenn die Gläubiger aus dem Vermögen dieser Einrichtungen nicht befriedigt werden können.
Das Land wurde in den letzten zehn Jahren aus Gewährleistungen abzüglich der Rückflüsse durch Regressforderungen im Umfang von 117 Mio. Euro in Anspruch genommen.
Die künftigen Risiken betreffen primär die LBBW. Nach den Verlautbarungen der Landesregierung kann die Geschäftsentwicklung der LBBW derzeit nicht prognostiziert und damit auch die Risikosituation für das Land nicht hinreichend einschätzt werden.
Gleichwohl sind diese (herkömmlich abstrakten) Risiken, die traditionell nicht nennenswert beachtet werden, stärker ins Blickfeld zu rücken. Denn die Finanzkrise hat auf dramatische Weise offenbart, wie schnell und völlig unerwartet scheinbar abstrakte Risiken sehr konkret werden und von jetzt auf nachher existenzielle Fragen aufwerfen können.
2.3 Haushaltsvorbelastungen
Die Kernaufgaben der Länder (Bildung, Wissenschaft, Polizei, Justiz, Steuerverwaltung) sind personalintensiv. Der Haushalt des Landes ist daher wie alle Länderhaushalte zwangsläufig durch hohe Personalausgaben geprägt. Der Anteil der Personalausgaben an den Gesamtausgaben liegt seit Jahren bei rund 40 Prozent. Dieser Anteil hat sich unabhängig davon, dass sich die Gesamtausgaben unterschiedlich entwickelt haben, nicht erhöht. Maßgeblich hierfür war, dass durch die der Verwaltungsstrukturreform und durch die Umwandlung von Landeseinrichtungen in andere Organisationsformen (z. B. Landesbetriebe) in den letzten Jahren ein beträchtlicher Teil der Personalausgaben in Sachausgaben umgeschichtet wurde. Auch der weitaus überwiegende Teil der Sachausgaben ist aufgrund von Bundes- oder Landesgesetzen, sonstigen rechtlichen Verpflichtungen sowie durch die notwendigen sächlichen Verwaltungsausgaben faktisch festgelegt. Im Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung für 2009 bis 2013 entfallen durchschnittlich 98 Prozent der Sachausgaben auf diese sogenannten zwangsläufigen Ausgaben. Somit belaufen sich die übrigen Sachausgaben, die weitgehend für Hochbaumaßnahmen des Landes bestimmt sind, in dieser Periode auf jährlich lediglich 600 Mio. Euro (ohne globale Minderausgaben). Dies entspricht einem Anteil von lediglich 1,6 bis 1,9 Prozent des gesamten jährlichen Haushaltsvolumens. Das verdeutlicht, dass das strukturelle Defizit immer bedrohlicher wird. Die Ausgabenstruktur ist im Einzelnen in der diesjährigen Denkschrift, Beitrag Nr. 2, Haushaltsplan und Haushaltsvollzug für das Haushaltsjahr 2008 (Tabelle 5), und Beitrag Nr. 3, Landesschulden (Tabelle 5), dargestellt.
2.3.1 Ausgaben für aktives Personal und Versorgungsempfänger
Die Bezüge für aktive Beamte und Versorgungsempfänger sind deshalb besonders ins Blickfeld zu rücken, weil sie zunehmend künftige Haushalte vorbelasten. Tabelle 2 zeigt die Entwicklung der Personalausgaben nach Zweckbestimmungen in den letzten zehn Jahren.
Die Bezüge und Entgelte der aktiven Beamten und Richter sowie der Arbeitnehmer einschließlich der Beihilfeaufwendungen waren 2009 gegenüber 2000 nominal um 222,4 Mio. Euro und prozentual um 2,3 Prozent höher. Demgegenüber stiegen die Bezüge und Beihilfen für Versorgungsempfänger von 2000 auf 2009 um nominal 1.363,7 Mio. Euro und prozentual um 60 Prozent.
Während sich der Anteil der Aufwendungen für das aktive Personal an den gesamten Personalausgaben von 80,1 auf 71,6 Prozent verringerte, stieg der Anteil der Versorgungsaufwendungen im gleichen Zeitraum von 19,2 auf 26,8 Prozent.
Nach dem im März 2010 vom Statistischen Landesamt herausgegebenen „Versorgungsbericht Baden-Württemberg“ werden die Versorgungsempfänger des Landes von rund 96.000 in 2009 auf 143.000 in 2020 und 156.000 in 2030 zunehmen. Danach werden sich die Versorgungsaufwendungen bei einer angenommenen jährlichen linearen Erhöhung der Versorgungsbezüge um 1,5 Prozent und der Beihilfe um 3 Prozent auf zusammen 6,2 Mrd. Euro in 2020 und 7,7 Mrd. Euro in 2030 erhöhen. Ohne weitere Eingriffe in die bestehenden Versorgungs-, Beihilfe- und Heilfürsorgeregelungen wird der Anteil der Versorgungsausgaben an den gesamten Personalausgaben weiter drastisch steigen. Bei einer ansonsten unveränderten Ausgabenstruktur drohen künftige Haushalte völlig aus dem Ruder zu laufen. Die ab 2018 bzw. 2020 vorgesehene Entnahme von Mitteln aus den Sondervermögen „Versorgungsrücklage“ und „Versorgungsfonds“ kann nicht zu einer ausreichenden Entlastung der Versorgungsausgaben führen.
Der finanzpolitische Sprengsatz der Pensionsverpflichtungen würde noch deutlicher, wenn - wie es die „Standards staatlicher Doppik“ nach § 7a in Verbindung mit § 49a Haushaltsgrundsätzegesetz vorsehen - für Beamte und andere nach Bundes- oder Landesrecht versorgungsberechtigte Personen nach versicherungsmathematischen Regeln Rückstellungen für Pensionen, Beihilfen und ähnliche Verpflichtungen gebildet würden.
Das Land Hessen hat mit der Einführung des kaufmännischen Rechnungswesens in seiner Eröffnungsbilanz auf den 01.01.2009 mehr als 38 Mrd. Euro Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen ausgewiesen.
Nach einem überschlägigen Vergleich der dargelegten Personal- und Versorgungsausgaben in 2009 mit den entsprechenden Aufwendungen des Landes Hessen ergäbe sich in Baden-Württemberg ein Rückstellungsbedarf von grob gerechnet 70 Mrd. Euro.
Diese Größenordnung der Pensionsverpflichtungen als sogenannte „implizite Staatsverschuldung“ verdeutlicht die Auswirkungen der Versorgungslasten auf die künftigen Haushalte. Der Rechnungshof wiederholt deshalb seine frühere Empfehlung (siehe Denkschrift 2003, Beitrag Nr. 3, und Denkschrift 2006, Beitrag Nr. 3), den Umfang der Pensionsverpflichtungen im Haushaltsplan auszuweisen.
2.3.2 Kreditmarktzinsen
Die Kreditmarktschulden und die vom Land zu zahlenden Zinsen sind in Beitrag Nr. 3 dieser Denkschrift im Einzelnen dargestellt. An dieser Stelle festzuhalten bleibt nur der Hinweis, dass die 2009 für knapp 41,7 Mrd. Euro Kredite gezahlten Schuldzinsen von 1,8 Mrd. Euro mit durchschnittlich 4,26 Prozent sehr günstig für das Land waren. Für künftige Haushalte sind je nach Finanzmarktentwicklung deutlich höhere Aufwendungen zu erwarten. Schon ein - historisch nicht außergewöhnlicher - Zinssatz von 6 Prozent würde rechnerisch zu einer Haushaltsmehrbelastung von 900 Mio. Euro je Jahr führen.
2.3.3 Instandhaltungs- und Sanierungsbedarf für landeseigene Gebäude
Das Land verfügt über rund 8.000 Gebäude. Der Zeitwert betrug Anfang 2009 rund 19,5 Mrd. Euro, der Wiederbeschaffungswert mehr als 20 Mrd. Euro.
Der Rechnungshof geht davon aus, dass für Bauunterhaltung und Sanierung einschließlich Mehraufwand für energiesparende Maßnahmen jährlich mindestens 1,5 bis 2 Prozent der Gebäude-Neubaukosten aufgewendet werden müssen. Danach sind für diesen Zweck fortwährend jährlich 300 bis 400 Mio. Euro Haushaltsmittel erforderlich. Nach groben Schätzungen entfielen in den letzten Jahren 75 Prozent der jährlichen Bauausgaben von 400 Mio. Euro, d. h. etwa 300 Mio. Euro, auf den Bereich Sanierung und Modernisierung. Für die dauerhafte Bauunterhaltung, Bestandssicherung und Sanierung der baulichen Anlagen müssen deshalb in den nächsten Jahren noch mehr Mittel eingesetzt werden. Hinzu kommt, dass in der Vergangenheit die Investitionen in die Erhaltung und Erneuerung des landeseigenen Gebäudebestands unzureichend waren. Der Rechnungshof legte mit der Beratenden Äußerung zur Bauunterhaltung und zum Sanierungsbedarf der Universitätsgebäude vom 29.10.2004 (Landtagsdrucksache 13/3725) dar, dass zum damaligen Zeitpunkt allein für die Universitätsgebäude ein Sanierungsbedarf von 2 Mrd. Euro bestand.
Das Finanzministerium ging Mitte 2009 nach eigenen Berechnungen von einem Sanierungsbedarf im gesamten Hochschulbereich von 4 Mrd. Euro und für die sonstigen landeseigenen Gebäude von 2 Mrd. Euro aus (Landtagsdrucksache 14/4935). Danach müssen für den Abbau des bestehenden Sanierungs- und Modernisierungsstaus im Gebäudebestand des Landes von insgesamt 6 Mrd. Euro in den nächsten 15 bis 20 Jahren weitere zusätzliche Mittel von jährlich 150 Mio. Euro bereitgestellt werden.
Die im Hochbaubereich somit für den Vermögenshaushalt nötigen Mittel von 550 Mio. Euro jährlich sind in den „zwangsläufigen“ Ausgaben der mittelfristigen Finanzplanung nicht enthalten.
2.3.4 Instandhaltungsbedarf für Landesstraßen
Die Sachlage bei Landesstraßen ist im Prinzip die gleiche wie bei den staatlichen Hochbauten. Zahlen hat der Rechnungshof in seiner Beratenden Äußerung zu Ansätzen für ein optimiertes Erhaltungsmanagement bei Landesstraßen vom 22.10.2009 (Landtagsdrucksache 14/5300) geliefert: Bei einem Anlagevermögen von 4,75 Mrd. Euro werden nach Einschätzung des Rechnungshofs jährlich 100 Mio. Euro benötigt, um dieses Anlagevermögen in Wert und Funktionalität zu erhalten.
2.3.5 Rechtliche Verpflichtungen
Der Haushalt des Landes ist neben den dargestellten Verpflichtungen auch durch langfristige vertragliche Festlegungen (u. a. Leasing, ÖPP-Modelle und Mietverträge) vorbelastet. Der Rechnungshof hat dies am Beispiel des Hochwasserschutzes in seiner Beratenden Äußerung zur Finanzierung des Integrierten Rheinprogramms und der EG-Wasserrahmenrichtlinie vom 07.04.2010 (Landtagsdrucksache 14/6160) aufgezeigt:
Zum Vollzug des Integrierten Rheinprogramms sind entsprechend der 1982 zwischen Deutschland und Frankreich getroffenen Vereinbarung bis Ende 2028 insgesamt bis zu 450 Mio. Euro Landesmittel nötig. Um die EG-Wasserrahmenrichtlinie bis 2027 umzusetzen, fehlen für die erforderlichen Maßnahmen bisher im Landeshaushalt jährlich 7,5 Mio. Euro. Der Rechnungshof hat dazu Finanzierungsvorschläge unterbreitet. Für beide Programme müssen in den nächsten Jahren zwingend Mittel bereitgestellt werden. Diese sind in der mittelfristigen Finanzplanung bislang in der notwendigen Höhe nicht enthalten. Auch ist zu berücksichtigen, dass bei nicht fristgerechter Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie Vertragsverletzungs- und Zwangsgeldverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof drohen.
3 Fazit und Folgerungen
Die finanzielle Lage des Landes ist angesichts der auch in den nächsten Jahren weiter steigenden Verschuldung und der oben aufgezeigten Risiken und Vorbelastungen prekär und besorgniserregend.
Eine nachhaltige Haushaltssanierung oder gar ein Abbau der Altschulden sind in den nächsten Jahren kaum zu erreichen, wenn das Land seinen finanzpolitischen Kurs nicht grundlegend ändert.
Allein das Verbot künftiger Neuverschuldung im Grundgesetz und in der Landeshaushaltsordnung reicht als Motivation für den Haushaltsgesetzgeber offenkundig nicht aus, um die Finanzlage in den Griff zu bekommen. Vorschläge und Appelle, Aufgaben abzubauen oder an im Einzelnen benannten Stellen Personal einzusparen, wurden häufig zurückgewiesen oder nur so begrenzt umgesetzt, dass das strukturelle Defizit unangetastet blieb. Hinzu kommt, dass das Land seine Einnahmemöglichkeiten nicht immer vollständig ausschöpft. Mit Einnahmeerhöhungen allein kann der Landeshaushalt jedoch nicht saniert werden. Eine erfolgreiche Konsolidierung kann nur über die Ausgabenseite erreicht werden.
Das Land muss deshalb in der Finanzpolitik neue Wege gehen.
3.1 Personalausgaben strikt begrenzen
Die Ausgaben für das aktive Personal und die wachsende Zahl von Versorgungsempfängern sind über den Stellenplan hinaus durch ein Personalgesamtbudget zu steuern, das die Gesamtausgaben begrenzt und auf die einzelnen Ressorts herunterbricht. Auf diese Weise müssen die Ressorts über den Tellerrand ihrer Fachlichkeit hinausschauen und Verantwortung für die Haushaltslage des Landes im Ganzen wahrnehmen.
Dieses Personalgesamtbudget darf jedes Jahr höchstens um jenen Prozentsatz ansteigen, um den die bereinigten Steuereinnahmen des Landes zunehmen. Die Ausgaben für die Versorgungsempfänger sind vorab in Abzug zu bringen. Da diese Ausgaben zwangsläufig steigen, werden die Mittel für die Beschäftigung des aktiven Personals Jahr für Jahr zurückgehen. Die Ressorts werden dann gezwungen sein, die Zahl der Beschäftigten in allen Geschäftsbereichen zu reduzieren. Dabei haben die Ressorts weitgehende Freiheit, dies an den ihnen fachlich geeignet erscheinenden Stellen zu vollziehen.
Wenn diese Reduzierung trotz der Budgetrestriktionen nicht gelingt, wird auch die Höhe der Bezüge der Mitarbeiter und der Versorgungsempfänger sowie die Höhe der Beihilfeausgaben des Landes zur Diskussion stehen.
3.2 Aufgaben abbauen und Leistungsstandards reduzieren
Es ist offenkundig, dass eine solchermaßen erzwungene Reduzierung der Personalkosten mit einem Aufgabenabbau einhergehen muss, der das Land für längere Zeit auf die Erfüllung seiner Kernaufgaben beschränkt. Viele Aufgaben, die in den vergangenen Jahrzehnten auf den Staat delegiert wurden, müssen Gesellschaft und Wirtschaft wieder selbst wahrnehmen.
Wenn durch demografische Entwicklungen die Nachfrage nach staatlichen Leistungen zurückgeht (z. B. die Schülerzahlen oder die Nachfrage nach bestimmten Studiengängen), müssen die Chancen, das eingesetzte Personal zu reduzieren, ergriffen werden.
Das Land wird mit weniger Personal seine Leistungen nicht auf demselben Qualitätsniveau wie in der Vergangenheit erbringen können. Qualitätsverbesserungen werden nur noch dort möglich sein, wo sie durch Prozessverbesserungen ohne zusätzliches Personal erreicht werden oder wo die notwendigen Ressourcen durch vorangegangene Effizienzverbesserungen freigesetzt wurden. Darauf müssen sich die Bürger einstellen. Versprochene künftige Effizienzverbesserungen, die den Ressourcenmehreinsatz rechtfertigen sollten, wurden in der Vergangenheit nicht konsequent genug eingefordert.
3.3 Personal flexibler einsetzen
Die Ressource Personal ist der teuerste und damit gewichtigste Kostenfaktor in der Haushaltswirtschaft des Landes. Das vorhandene Personal muss an jenen Stellen eingesetzt werden, an denen der Bedarf am dringendsten ist und die größtmögliche Leistung für die Bürger erzeugt wird.
Das Land wird nicht umhin kommen, durch neue gesetzliche und tarifliche Regelungen die notwendige Flexibilität hierfür zu schaffen, ohne die berechtigten Interessen der Mitarbeiter und ihrer Familien dabei aus den Augen zu verlieren.
3.4 Für Pensionsverpflichtungen bessere Vorsorge treffen
Das Land hat seine Pensionsverpflichtungen über viele Jahre nicht etatisiert und keine oder nur unzureichende Vorsorge für die künftigen Versorgungsleistungen getroffen. So wurde die Illusion erzeugt, neue Beamtenstellen seien besonders preiswerte Ressourcen.
Auch hier muss die bisherige politische Praxis nachhaltig geändert werden: Für jeden neu eingestellten Beamten müssen dem Versorgungsfonds des Landes 13.600 Euro zugeführt werden. Das geltende Recht sieht für neue Beamte lediglich 6.000 Euro vor.
Für die bereits im Amt befindlichen Beamten des Landes ist bei der Anrechnung auf das Personalkostenbudget ein entsprechender kalkulatorischer Versorgungszuschlag vorzusehen.
Mit diesen Maßnahmen werden die Ressorts veranlasst, bei ihren Personalplanungen von realistischen Personalkosten auszugehen. Allokationsentscheidungen können dadurch sachgerechter getroffen werden.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Finanzministerium weist darauf hin, dass für eine antizyklische Finanzpolitik aufgrund der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise vorübergehend die Aufnahme neuer Kredite geboten ist. Es sei aber Ziel der Landesregierung, die Neuverschuldung entsprechend den Vorgaben in § 18 Abs. 4 der Landeshaushaltsordnung rasch wieder zurückzuführen. Bei der Konsolidierung des Landeshaushalts und der Rückführung der Verschuldung werde der hohe Anteil der Personalausgaben an den Gesamtausgaben berücksichtigt und ggf. gegengesteuert.
Das Finanzministerium hält jedoch eine normative Bindung der Personalausgaben an die Steuereinnahmen nicht für erforderlich. Das in der Landeshaushaltsordnung festgelegte grundsätzliche Neuverschuldungsverbot sei für eine nachhaltige Haushaltspolitik ausreichend. Außerdem wäre die Begrenzung bzw. Verknüpfung der Personalausgaben mit den Steuereinnahmen problematisch, weil solche Eingriffe nicht kurzfristig umgesetzt werden könnten. Zudem sollte vermieden werden, die Personalausgaben allzu stark zu binden, um vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung auch zukünftig durch attraktive Bedingungen qualifiziertes Personal für das Land gewinnen zu können. Im Übrigen seien die Personalausgaben seit 1970 im Wesentlichen mit der Entwicklung der Steuereinnahmen einhergegangen.
5 Schlussbemerkung
Der Rechnungshof verkennt nicht, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen auf Widerstände stoßen werden. Gleichwohl braucht das Land eine stringente Strategie der Haushaltskonsolidierung. Diesem Ziel dienen die Vorschläge des Rechnungshofs zur Begrenzung der Personalausgaben.
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Anhänge
Der Personaleinsatz, die Prozesse und die Aufgabenerledigung in den Poststellen und Registraturen der Regierungspräsidien sind zu optimieren. Die Kosten können um jährlich mindestens 2,6 Millionen Euro reduziert werden.
1 Ausgangslage
Die Finanzkontrolle hat 2008 die Steuerungs- und Unterstützungsleistungen bei den Regierungspräsidien untersucht. Die Ergebnisse wurden in der Beratenden Äußerung zur Organisationsuntersuchung bei den Regierungspräsidien des Landes vom 19.03.2009, Landtagsdrucksache 14/4132, zusammengefasst. Die personal- und kostenintensiven Poststellen und Registraturen wurden 2009 vertiefend untersucht.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Erhebungsgrundlagen
Bei den Regierungspräsidien sind 44 Poststellen und 69 Registraturen eingerichtet. 415 Mitarbeiter sind in diesen Aufgabenfeldern tätig und wurden in die Untersuchung einbezogen. Die Gesamtausgaben betragen 14,5 Mio. Euro je Jahr. Bei den Poststellen werden von 164 Mitarbeitern 7,7 Mio. Postfälle, bei den Registraturen von 251 Mitarbeitern 4,3 Mio. Registraturfälle jährlich bearbeitet. Die Erhebungsgrundlagen wurden gemeinsam mit Mitarbeitern der Regierungspräsidien erarbeitet.
2.2 Aufbauorganisation
Die Poststellen und Registraturen sind dezentral bei den Abteilungen bzw. Außenstellen an insgesamt 113 Standorten untergebracht. Personell sind sie aber überwiegend dem Organisationsreferat der Abteilung 1 zugeordnet. Die Leitungsspannen mit teilweise mehr als 100 Mitarbeitern je Vorgesetzten sind sehr hoch. Es existiert kein strategisches Controlling zur Steuerungsunterstützung. Eine effektive Personalführung ist daher schwierig.
Die Größen und Ausstattungen sind sehr uneinheitlich. Die dezentrale Unterbringung ist meist fachlich begründet, bringt aber Mehraufwand mit sich. Bei den kleinen Organisationseinheiten fehlt es an moderner technischer Unterstützung. Große Poststellen mit modernen Poststraßen können wirtschaftlicher arbeiten. Dies zeigen die Kennzahlenwerte.
Bei den Registraturen werden 2,3 Mio. Akten verwaltet. 46.102 m, also mehr als 46 km Akten, sind zu bearbeiten. Die Vielfalt der eingesetzten Ablage- und Bearbeitungssysteme erschwert die Aufgabenerledigung und führt zu unwirtschaftlichen Abläufen. Das Gleiche gilt für die oft langen Laufwege zwischen den Registraturen bzw. zu den Altregistraturen. In einigen Altregistraturen werden die Schriftgüter nicht ordnungsgemäß verwahrt.
2.3 Ablauforganisation
Hauptaufgabe der Poststellen und Registraturen ist die ordnungsgemäße und zuverlässige Verwaltung des gesamten Schriftgutes der Behörde. Hierzu gehören zum einen das Erfassen, Registrieren und rasche Weiterleiten der eingehenden Schriftgüter an die Sachbearbeiter, zum anderen das Anlegen, Archivieren und Vernichten von Akten, Überwachen von Wiedervorlagen sowie das Versenden an die Empfänger. Fehlende Aufgabenabgrenzungen, uneinheitliche Prozesse und unterschiedliche DV-technische Unterstützung erschweren die Aufgabenerledigung.
Mangels organisatorischer Vorgaben gibt es bei den Registraturen für gleiche oder ähnliche Vorgänge unterschiedliche Arbeitsabläufe. Jede Abteilung, teilweise einzelne Referate, haben sich jeweils eigene Verfahrensabläufe geschaffen bzw. haben diese im Zuge der Eingliederung in die Regierungspräsidien mitgebracht. Der IuK-Einsatz (Hardware- und Softwareausstattung) ist sowohl der Art als auch dem Umfang nach uneinheitlich. Der Einsatz des vom Land eingeführten IuK-Verfahrens „Dokumenten- und Schriftgutverwaltung (DSV)“ ist völlig unbefriedigend. Von 69 Registraturen nutzen nur 34 diese Software. Das DSV-Verfahren wird aktuell vom Land weiterentwickelt. Die Regierungspräsidien müssen die Prozesse und die eingesetzten Systeme vereinheitlichen und die DSV-Software umfassend nutzen.
2.4 Kennzahlen
Zur Analyse des Untersuchungsbereichs wurden Kennzahlen gebildet. Um sachgerechte und aussagekräftige Vergleiche zu ermöglichen, wurden die Registraturen abteilungsbezogen ausgewertet. Verglichen und analysiert wurden nur die Abteilungen 1 bis 7, da die Strukturen und Aufgaben der weiteren Abteilungen wegen ihrer Vor-Ort-Zuständigkeiten bei den Regierungspräsidien sehr unterschiedlich sind. Dadurch verringerte sich die Anzahl der untersuchten Registraturen um 9 auf 60 und die Ausgaben von 11,4 Mio. Euro auf 8,4 Mio. Euro. Die Daten der Poststellen konnten vollständig in die Vergleiche und Analysen einfließen.
2.4.1 Kennzahlen zu den Post- und Registraturfällen
Der Kennzahlenvergleich zeigt die Post- und Registraturfälle der Regierungspräsidien jeweils bezogen auf eine Personalstelle (Vollzeitäquivalent).
Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat beim Vergleich der Poststellen den höchsten Durchschnittswert mit 274.173 Fällen je Vollzeitäquivalent erzielt. Die Vergleichswerte der Regierungspräsidien Stuttgart und Tübingen liegen deutlich darunter.
Die Spannweiten zwischen den niedrigsten und höchsten Werten bei den Poststellen und Registraturen der vier Regierungspräsidien sind groß. Sie zeigen dringenden Handlungsbedarf und die Notwendigkeit von Detailanalysen auf. Außerdem geben sie Hinweise auf Optimierungspotenziale und zu Personaleinsparungen.
Bei den Registraturen liegen die Ergebnisse enger beieinander. Das Regierungspräsidium Tübingen verzeichnet über alle Fachregistraturen hinweg mit 31.308 Registrierfällen je Vollzeitäquivalent den Bestwert.
Die über die Registraturfälle je Vollzeitäquivalent für die Fachabteilungen gebildeten Kennzahlen geben Hinweise zur Aufgabenerledigung und zum Personaleinsatz.
Die Kennzahlen der Fachabteilungen differieren sowohl zwischen als auch innerhalb der Regierungspräsidien stark. Angesichts weitgehend gleicher Aufgabenstellungen sind die Unterschiede nicht nachvollziehbar. Die uneinheitlichen Organisations- und Ablaufstrukturen und Arbeitsformen schlagen sich negativ nieder. Die großen Unterschiede bei vertikaler Betrachtung der Ergebnisse lassen sich teilweise mit den Aufgabenstellungen der Fachabteilungen erklären. Abteilungen mit hohem Personalaktenanteil erzielen höhere Fallzahlen je Vollzeitäquivalent als Abteilungen mit ausschließlich Sachaktenregistraturen. Der hohe Durchschnittswert der Abteilungen 7, Schule und Bildung, mit hohem Personalaktenanteil unterstreicht diese Aussage.
2.4.2 Kennzahlen zu den Aufgaben der Registraturen
Bei den Mitarbeitern der Registraturen wurden der Arbeitszeitaufwand für die wahrzunehmenden Aufgaben im Detail erhoben und Fallzahlen zu den wichtigsten Aufgaben ermittelt. Nachfolgend werden die Registraturfälle je Vollzeitäquivalent, bezogen auf die vier Hauptaufgaben, gegenübergestellt.
Der Vergleich zeigt sowohl bei der horizontalen als auch bei der vertikalen Betrachtung große Abweichungen der Werte. Bei identischen Aufgaben müssten die Kennzahlen bei allen Regierungspräsidien in etwa gleich sein. Die Differenzen deuten auf ineffiziente Arbeitsabläufe hin.
2.5 Wirtschaftlichkeit
Die Finanzkontrolle hat mit Benchmark-Vergleichen die Optimierungspotenziale bei den Poststellen und den Registraturen berechnet. Dabei wird unterstellt, dass die ausgewählten Benchmarks bei gleicher Arbeitsqualität von allen beteiligten Einrichtungen erreicht werden.
Der Durchschnittswert des Regierungspräsidiums Karlsruhe bei den Poststellen mit 274.173 Fällen je Vollzeitäquivalent sowie der Durchschnittswert des Regierungspräsidiums Tübingen mit 31.308 Fällen je Vollzeitäquivalent bei den Registraturen bildeten die Benchmarks für die minimalen Optimierungspotenziale. Für die Berechnung der maximal erreichbaren Optimierungspotenziale wurde bei den Poststellen der Bestwert einer Poststelle des Regierungspräsidiums Karlsruhe verwendet (457.889 Postfälle je Vollzeitäquivalent). Bei den Registraturen wurde die Benchmark aus einem Mittelwert der jeweils besten Werte der Abteilungen 1 (Regierungspräsidium Karlsruhe) und Abteilungen 7 (Regierungspräsidium Stuttgart) gebildet (41.178 Fälle je Vollzeitäquivalent).
Das minimale Optimierungspotenzial der Poststellen und Registraturen in den Abteilungen 1 bis 7 beträgt demnach 2,6 Mio. Euro bzw. 42 Vollzeitäquivalente, das maximale Optimierungspotenzial 5,1 Mio. Euro bzw. 81 Vollzeitäquivalente. Der bisherige Gesamtaufwand für beide Aufgabenbereiche von 12 Mio. Euro jährlich könnte demnach um 22 bis 44 Prozent verringert werden.
Für die Registraturen der weiteren Abteilungen sowie für die Nebenaufgaben der Registraturen können die Kosten ebenfalls reduziert werden.
Das ermittelte Optimierungspotenzial berücksichtigt nicht die qualitativen Aspekte der Aufgabenerledigung sowie örtliche und sachliche Rahmenbedingungen. Diese Kriterien müssen im weiteren Organisationsentwicklungsprozess mit bewertet werden.
3 Empfehlungen
Bei den Poststellen und Registraturen besteht dringender Handlungsbedarf. Diesen für den Dienstbetrieb wichtigen Annexaufgaben wurde bisher zu wenig Bedeutung beigemessen. Analog der aufgezeigten Vorgehensweise sollten die Regierungspräsidien deshalb zeitnah den eingeleiteten Organisationsentwicklungsprozess fortsetzen. Eine stärkere Zusammenarbeit der Poststellen und Registraturen ist anzustreben. Damit wäre ein flexibler, vernetzter Personaleinsatz möglich. Für die Poststellen sind aus wirtschaftlichen Gründen zentrale Lösungen zu schaffen. Sofern mehrere Abteilungen in einem Gebäude untergebracht sind, sollten Poststellen und Registraturen zentral und möglichst vernetzt geführt werden.
Die Umsetzung der vorgeschlagenen Optimierungsmaßnahmen ist Aufgabe des Organisationsreferats. Kennzahlenvergleiche, sowohl innerhalb als auch unter den Regierungspräsidien, sind kontinuierlich fortzusetzen. Der Personalbedarf ist mittels der aufgezeigten abteilungs- bzw. poststellenbezogenen Kennzahlen neu zu berechnen und zeitnah umzusetzen. Hierbei sind individuelle Besonderheiten zu beachten.
Daneben sind folgende Maßnahmen in den Organisationsentwicklungsprozess einzubeziehen:
- Die Arbeitsprozesse und Abläufe bei den Poststellen und den Registraturen sind zu definieren und einheitlich festzulegen. Diese Standards müssen verbindlich vorgegeben werden.
- Das vom Land eingeführte IuK-Verfahren zur Dokumenten- und Schriftgutverwaltung ist den Arbeitsprozessen bei den Registraturen anzupassen und flächendeckend mit einheitlichen Vorgaben einzusetzen.
- Alle Aufgaben sowohl in der vertikalen als auch in der horizontalen Ebene sind eindeutig gegeneinander abzugrenzen.
- Die Zuständigkeiten sind abschließend zu definieren und ein schneller und gezielter Informationsaustausch sicherzustellen.
- Für die Mitarbeiter der Poststellen und Registraturen ist ein umfassendes Personalentwicklungskonzept zu erstellen.
- Die Nutzer der Poststellen und Registraturen sind in die Reorganisation einzubinden. Neue Arbeitsabläufe und Regelungen müssen auch für die Nutzer verbindlich sein.
- Die Automatisierung der Schriftgutverwaltung ist durchgehend anzustreben (digitales Schriftgut-Management).
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Innenministerium widerspricht den Bewertungen des Rechnungshofs nicht. Es weist aber darauf hin, dass dabei die räumlichen, aufgabenspezifischen und personellen Besonderheiten bei den Regierungspräsidien zu berücksichtigen seien. Die Registraturen seien aufgrund des fachlichen Bezugs dezentral in räumlicher Nähe zur entsprechenden Abteilung anzusiedeln. Bei den Poststellen habe die Untersuchung hingegen klar gezeigt, dass große, abteilungsübergreifende Einheiten die wirtschaftlichsten Ergebnisse liefern, sodass in diesem Bereich eine möglichst umfassende Zentralisierung anzustreben sei.
Die Regierungspräsidien haben eine gemeinsame Arbeitsgruppe gebildet. Wie vom Rechnungshof gefordert, soll diese optimierte Registrierprozesse und eine Registraturordnung erarbeiten und aussagekräftige Kennzahlen festlegen. Für die Poststellen verfolge die Arbeitsgruppe die Ziele, die Arbeitsabläufe zu standardisieren, steuerungsrelevante Kennzahlen zu Kosten- und Leistungsdaten zu erheben, den Personalbedarf festzulegen und eine Poststellenordnung zu erarbeiten. Ob die vom Rechnungshof dargestellten Optimierungspotenziale sich erreichen lassen, sei fraglich.
Insgesamt könne festgestellt werden, dass die Regierungspräsidien die vom Rechnungshof erstellten Empfehlungen aufgenommen haben und deren Umsetzung konstruktiv prüfen.
5 Schlussbemerkung
Die Vorschläge des Rechnungshofs wurden von den Regierungspräsidien konstruktiv aufgegriffen. Der Rechnungshof geht davon aus, dass sich mit den eingeleiteten Maßnahmen das dargestellte minimale Optimierungspotenzial von 42 Stellen bzw. 2,6 Mio. Euro je Jahr kurzfristig realisieren lässt.
Eine wesentliche Veränderung des Aufgabenbereichs mit noch höheren Einsparmöglichkeiten bietet in Zukunft das digitale Schriftgut-Management. Dieses sieht eine vollständige elektronische Zentralisierung der Massenarbeiten mit dezentraler Zugriffsmöglichkeit für die Sachbearbeiter und Führungsverantwortlichen vor. Allerdings bedürfen solche Veränderungen einer systematischen, gut organisierten und ganzheitlichen Vorgehensweise. Durchschlagende Effekte im Hinblick auf Kosten und Effizienz lassen sich nur erzielen, wenn die Verwaltungen zu einer grundlegenden Neugestaltung der Prozesse bereit sind. Langfristig müssen alle internen Prozesse der Verwaltung vom Posteingang bis zum Postausgang elektronisch abgebildet werden. Das digitale Schriftgut-Management sollte schrittweise verwirklicht werden.
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Die Polizei muss ihre Arbeitszeit einheitlich und richtig erfassen. Dazu müssen die technischen und rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Um jährlich vier Millionen Euro einsparen zu können, ist die flächendeckende Einführung der elektronischen Zeiterfassung notwendig.
1 Ausgangslage
Der Rechnungshof hatte angeregt, die Arbeitszeit der Polizei landesweit elektronisch zu erfassen, Denkschrift 2005, Beitrag Nr. 7, Elektronische Zeiterfassung bei der Landespolizei. Der Landtag hat daraufhin die Landesregierung ersucht, die Polizei mit elektronischen Zeiterfassungssystemen auszustatten. Dies sollte entsprechend den finanziellen Möglichkeiten bis Ende 2010 geschehen.
Seit 2005 hat sich bei der Arbeitszeiterfassung der Polizei nur wenig verbessert: Noch immer wird die Arbeitszeit von 60 Prozent der Mitarbeiter nicht elektronisch erfasst. Deshalb hat der Rechnungshof evaluiert, ob und wie die Regelungen zur Arbeitszeit umgesetzt werden. Geprüft wurden die Abteilungen 6 (Landespolizeidirektionen) bei den vier Regierungspräsidien sowie ein Polizeipräsidium und vier Polizeidirektionen.
2 Prüfungsergebnisse
Die arbeitszeitrechtlichen Vorschriften werden vor Ort unterschiedlich umgesetzt:
2.1 Dienstvereinbarungen über die Regelung der Arbeitszeit
Die Dienstvereinbarungen sind in Aufbau und Inhalt unterschiedlich. Ihr Umfang reicht von wenigen bis zu mehr als hundert Seiten. Drei Dienststellen weichen von ihren eigenen Dienstvereinbarungen ab.
2.2 Form der Arbeitszeit
Die einzelnen Dienststellen dürfen selbst über gleitende oder feststehende Arbeitszeit entscheiden. Die in die Prüfung einbezogenen Dienststellen haben die gleitende Arbeitszeit eingeführt, teils mit, teils ohne Zeiterfassungsgeräte. Von der gleitenden Arbeitszeit ausgenommen sind zum Teil der Wechselschichtdienst und Service-Dienste, für die besondere Dienstzeiten gelten, wie z. B. Pfortendienst, Poststelle und Personenkraftwagenfahrer.
Bei einer Polizeidirektion wurde gleitende Arbeitszeit ohne elektronische Zeiterfassung vereinbart. Für etwa 200 Bedienstete der Kriminalpolizei gilt aber weiterhin die feststehende Arbeitszeit. Gleichzeitig wurde mit sehr vielen Bediensteten aus persönlichen Gründen eine abweichende feststehende Arbeitszeit vereinbart. Zugunsten der Bediensteten wird bei diesem Arbeitszeitmodell Mehrarbeit nach § 90 Abs. 2 Landesbeamtengesetz berücksichtigt. Umgekehrt aber werden etwaige Fehlzeiten (spätere Dienstaufnahmen, längere Pausen) nicht erfasst.
2.3 Arten der Zeiterfassung
Bei den Dienststellen mit gleitender Arbeitszeit werden Arbeitszeit und Mittagspause mittels Zeiterfassungsgeräten oder durch Selbstaufschriebe erfasst.
2.3.1 Erfassung mit Zeiterfassungsgeräten
Die acht untersuchten Dienststellen mit elektronischer Zeiterfassung haben ihre Zeiterfassungssysteme ohne Unterstützung des Innenministeriums beschafft und von den Software-Firmen nach ihren individuellen Wünschen einrichten lassen. Dies hat zu sehr unterschiedlichen Erfassungsarten und -systemen geführt. Die Systeme zu beschaffen und einzurichten, hat bei jeder einzelnen Dienststelle erheblich Personal gebunden. Der Aufwand wäre wesentlich niedriger gewesen, wenn das Innenministerium rechtzeitig einheitliche Standards vorgegeben, den Bedarf an Hard- und Software festgestellt, einen Rahmenvertrag für alle Polizeidienststellen abgeschlossen und Mittel für die Beschaffung bereitgestellt hätte.
Zwei Polizeidienststellen haben darauf hingewiesen, dass sie aus dem vorhandenen Budget Hard- und Software für die elektronische Zeiterfassung nicht beschaffen können. Dies zeigt, dass das Fehlen eines zentralen Beschaffungstitels beim Innenministerium eine flächendeckende Ausstattung der Polizei mit elektronischen Zeiterfassungsgeräten erschwert.
2.3.2 Manuelle Erfassung
Die Mitarbeiter einer Polizeidirektion sowie ein Teil der Bediensteten bei Dienststellen mit Zeiterfassungsgeräten erfassen ihre geleistete Arbeitszeit manuell, nämlich durch handschriftlichen Eintrag in Vordrucke oder durch Eingabe in Excel-Tabellen.
Nach unseren Prüfungserkenntnissen besteht bei manueller Erfassung der Arbeitszeit die Gefahr, dass Beginn, Ende und Unterbrechungen der Arbeitszeit unrichtig eingetragen werden. Arbeitszeiten werden gerundet und Überschreitungen der (Mindest-) Mittagspause sowie Unterbrechungen aus privatem Anlass nicht oder nur unvollständig eingetragen.
Selbstaufschriebe binden zudem erheblich Personal, um Arbeitszeiten und den Dienst zu ungünstigen Zeiten zu berechnen.
2.4 Erfassungsmerkmale
Kommen-/Gehen-Buchungen und ggf. weitere Buchungen, wie z. B. Dienstgang und Dienstreise, erfolgen bei allen Dienststellen mit elektronischer Zeiterfassung über Terminals. Bei einigen Dienststellen können die Mitarbeiter über den Arbeitsplatz-PC online in Echtzeit buchen. Dabei werden die An- und Abmeldedaten elektronisch am PC als Kommen und Gehen erfasst.
Bei allen geprüften Dienststellen werden Beginn und Ende der Arbeitszeit sowie Beginn und Ende der Pausen erfasst. Bei einer Landespolizeidirektion war eine Terminalbuchung allerdings nur erforderlich, wenn die Dauer der Mittagspause 30 Minuten voraussichtlich überschreiten würde. Die Regelung stand in Widerspruch zu den Vorgaben der Arbeitszeit- und Urlaubsverordnung. Danach ist die Pausenerfassung Voraussetzung für die gleitende Arbeitszeit. Die Regelung wurde inzwischen geändert.
Bei einer Polizeidirektion haben wir in den Selbstaufschrieben festgestellt, dass die Mittagspause in keinem einzigen Fall länger als 30 Minuten dauerte. Dies widerspricht jeglicher Erfahrung.
Beginn und Ende von Dienstgang und Dienstreise werden bei den vier Landespolizeidirektionen erfasst. Bei zwei Polizeidirektionen wird nur die Dienstreise, beim Polizeipräsidium und zwei Polizeidirektionen werden weder Dienstreise noch Dienstgang erfasst.
Bei sieben Polizeidienststellen wird Mehrarbeit nach § 90 Abs. 2 Landesbeamtengesetz unterschiedlich erfasst und im Monatsjournal getrennt von den Zeiten aus der gleitenden Arbeitszeit ausgewiesen. Bei zwei Polizeidirektionen wird Mehrarbeit nicht getrennt erfasst und ausgewiesen.
2.5 Einsicht in die Arbeitszeitnachweise durch Vorgesetzte
Bei den Polizeidienststellen mit elektronischer Zeiterfassung können Vorgesetzte bei fünf Dienststellen das aktuelle Monatsjournal ihrer Mitarbeiter einsehen. Bei zwei Landespolizeidirektionen besteht diese Möglichkeit nicht. Beim Polizeipräsidium, das zwar keine elektronische Erfassung aber eine elektronische Verwaltung der Arbeitszeit hat, haben Vorgesetzte dann Einsicht, wenn der Mitarbeiter vorher zugestimmt hat. Bei einer Polizeidirektion erhalten Vorgesetzte erst nach Ablauf des Monats Einsicht in die Selbstaufschriebe ihrer Mitarbeiter.
2.6 Übertragung von Mehrarbeitszeiten in den nächsten Abrechnungszeitraum
Mehrarbeitszeiten aus der gleitenden Arbeitszeit dürfen bis zur Höhe der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit (bei Beamten 41 Stunden) in den nächsten Abrechnungszeitraum übertragen werden.
Die Kappungsgrenze wird von fünf Dienststellen beachtet. Bei einer weiteren Dienststelle wird in den operativen Bereichen gekappt, bei drei Dienststellen überhaupt nicht.
2.7 Mehrarbeitszeiten
In § 90 Abs. 2 Landesbeamtengesetz ist die Verpflichtung zur Leistung und der Ausgleich von Mehrarbeit durch Dienstbefreiung dem Grunde nach geregelt. Danach bleibt Mehrarbeit bis zu fünf Stunden im Monat unberücksichtigt.
Alle in die Prüfung einbezogenen Dienststellen lassen zu, dass Mehrarbeit bis zu fünf Stunden im laufenden Monat abgebaut wird. Darüber hinaus wird bei fünf Polizeidienststellen Mehrarbeit bis zu fünf Stunden auch in den Folgemonat übertragen.
Nicht alle Polizeidienststellen unterscheiden im Monatsjournal zwischen Mehrarbeit nach § 90 Abs. 2 Landesbeamtengesetz und den durch gleitende Arbeitszeit entstandenen Mehrarbeitszeiten. Diese Vermengung von Mehrarbeit und Gleitzeit ist nicht zulässig.
2.8 Genehmigung von Arbeitszeitkorrekturen und Fehlzeiten in eigener Sache
Bei vier Polizeidienststellen genehmigen Führungskräfte und teilweise auch Mitarbeiter Arbeitszeitkorrekturen und Fehlzeiten selbst.
2.9 Verteilung der täglichen Arbeitszeit auf die Wochentage
Drei Polizeidienststellen haben die tägliche Regelarbeitszeit ungleichmäßig auf die Wochentage verteilt. Beispielsweise ist die Regelarbeitszeit der Beschäftigten von Montag bis Donnerstag auf 8 Stunden 15 Minuten und am Freitag auf 6 Stunden 15 Minuten festgelegt.
Diese Vorgehensweise stammt noch aus der Zeit ohne elektronische Zeiterfassungssysteme. Sie ist sachlich nicht mehr gerechtfertigt und erfordert einen höheren Verwaltungsaufwand. Sie führt auch dazu, dass freitags bevorzugt Mehrarbeitszeiten abgebaut werden: Freitags ist weniger Sollzeit zu erbringen als an den übrigen Tagen. Umgekehrt werden für einen Urlaubs-, Krankheits-, Dienstbefreiungs- und Reisetag von Montag bis Donnerstag mehr Sollstunden berücksichtigt.
2.10 Überlappungszeiten im Wechselschichtdienst
Im Wechselschichtdienst können Überlappungszeiten von maximal 45 Minuten für den Dienstgruppenleiter oder dessen Stellvertreter gewährt werden, um die Dienstgeschäfte zu übergeben.
Dieses Zeitfenster ist bei drei Polizeidienststellen auch für die übrigen Beamten einer Dienstschicht zugelassen. Das bedeutet, dass bei diesen Dienststellen Zeiten vor Schichtbeginn und nach Schichtende berücksichtigt werden.
2.11 Arbeitszeitkorrekturen und Fehlzeiten mit Workflow-Verfahren
Sieben der acht untersuchten Dienststellen mit elektronischer Arbeitszeitverwaltung haben ein elektronisches Antrags- und Korrekturverfahren (Workflow-System) eingeführt. Dabei laufen Arbeitszeitkorrekturen und Fehlzeitanträge über ein elektronisches Antrags- und Genehmigungsverfahren. Mit dem sogenannten „Web-Workflow“ dieses Systems können Arbeitsabläufe durchgängig elektronisch abgewickelt werden. Die Zeiterfassungsstelle wird erheblich entlastet.
3 Empfehlungen
Die Prüfungsfeststellungen führen zu folgenden Empfehlungen:
3.1 Arbeitszeitrechtliche Vorgaben vereinfachen
Bei der Landespolizei sollte in der Regel die gleitende Arbeitszeit verpflichtend eingeführt werden. In Bayern ist dies seit 1996 der Fall. Ausnahmen sollten nur bei einzelnen Dienstbereichen, z. B. dem Wechselschichtdienst, möglich sein.
In der Arbeitszeit- und Urlaubsverordnung sollte geregelt werden, dass sich die Regelarbeitszeit gleichmäßig auf die Wochentage verteilt.
3.2 Regelungen zur Mehrarbeit vereinfachen
Die Regelung zur Mehrarbeit nach § 90 Abs. 2 Landesbeamtengesetz ist zwar weiterhin erforderlich. Sie sollte aber der Arbeitszeit- und Urlaubsverordnung angeglichen werden. Bei operativen Einheiten wäre denkbar, die Kappungsgrenze von 41 Stunden auf 82 Stunden zu erhöhen und zu verwalten.
Durch diese Neuregelung würde es deutlich einfacher, die Arbeitszeit zu erfassen und zu verwalten.
3.3 Überlappungszeiten im Wechselschichtdienst beachten
Das Innenministerium hat die Polizeidienststellen ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Art und Umfang der Überlappungszeiten im Wechselschichtdienst abschließend geregelt und darüber hinausgehende Arbeitszeitgutschriften nicht zulässig sind. Es sollte darauf achten, dass diese Regelungen eingehalten werden.
3.4 Einheitliche Standards zur Arbeitszeiterfassung festlegen
Die Arbeitszeiterfassung sollte nach einheitlichen Standards über Terminal erfolgen. Online-Buchungen am Arbeitsplatz-PC mit Echtzeit sind in Ausnahmefällen denkbar, z. B. bei kleineren Dienststellen.
Neben der Zeiterfassungsstelle muss ein Vorgesetzter jederzeit das Recht und die Möglichkeit haben, an seinem Arbeitsplatz-PC Einsicht in das laufende Monatsjournal der Mitarbeiter zu nehmen.
Führungskräfte und auch Mitarbeiter sollten sich selbst keine Arbeitszeitkorrekturen und Fehlzeiten ohne Beteiligung des Vorgesetzten genehmigen dürfen.
3.5 Landesweit elektronische Zeiterfassungsgeräte beschaffen
Alle Polizeidienststellen müssen endlich mit einheitlichen elektronischen Zeiterfassungsgeräten ausgestattet werden. Sofern sich das Innenministerium weiterhin nicht in der Lage sieht, die Mittel zentral bereitzustellen, sollte das Finanzministerium 2 Mio. Euro zur Verfügung stellen. Die Mittel könnten dann in den zwei folgenden Haushaltsjahren eingespart werden.
Damit die Polizeidienststellen die Zeiterfassungsgeräte wirtschaftlich beschaffen können, sollte das Innenministerium einen landesweiten Rahmenvertrag abschließen.
Das System sollte neben der Arbeitszeiterfassung und -verwaltung auch die Stunden aus Dienst zu ungünstigen Zeiten, die Zahlung von bestimmten Zulagen, wie z. B. Wechselschichtzulage, und den Urlaubsanspruch, auch bei Teilzeitbeschäftigung, berechnen und die tägliche Meldung der Personalstärke generieren können.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Innenministerium erhebt gegen die Sachdarstellung und Bewertung des Rechnungshofs grundsätzlich keine Einwendungen. Es sieht ein Spannungsverhältnis zwischen den derzeitigen rechtlichen Regelungen und den Erfordernissen einer praxisgerechten und effizienten Organisation der Arbeitszeit. Mit der Dienstrechtsreform sollen die Grundlagen dafür geschaffen werden, Mehrstunden aus der gleitenden Arbeitszeit und Mehrarbeit im eigentlichen Sinne so weit wie möglich einheitlich zu behandeln.
Das Ministerium weist darauf hin, dass für einzelne Dienstzweige, beispielsweise den Wechselschichtdienst, die feststehende Arbeitszeit notwendig sei. Bei der genannten Polizeidirektion solle auch für die Kriminalpolizei Gleitzeit eingeführt werden, sobald die Arbeitszeit elektronisch erfasst werde.
Um die Hard- und Software zu beschaffen, bereite eine Arbeitsgruppe beim Landespolizeipräsidium die Ausschreibung eines landesweiten Rahmenvertrages vor. Unsere Empfehlungen zur Arbeitszeiterfassung sollen weitestgehend berücksichtigt werden. Das Innenministerium betont aber auch, dass die aufgezeigten Einsparungspotenziale allenfalls mittelfristig zu erzielen seien. Die Kosten dagegen fielen unmittelbar an. Sie müssten durch den Verzicht auf andere Beschaffungen aufgebracht werden. Eine Vorfinanzierung durch das Finanzministerium lehnte es aber ab.
5 Schlussbemerkung
Der Rechnungshof hat bereits 2005 darauf hingewiesen, dass den (einmaligen) Beschaffungskosten von rund 2 Mio. Euro jährliche Einsparungen von mindestens 4 Mio. Euro gegenüberstehen (Denkschrift 2005, Beitrag Nr. 7, Elektronische Zeiterfassung bei der Landespolizei).
Das Innenministerium hat bislang das vom Landtag geforderte Konzept zur Einführung der elektronischen Arbeitszeiterfassung der Polizei noch nicht vorgelegt. Der Landtag hat deshalb die Landesregierung ersucht, über den Sachstand und die Einsparpotenziale bis 31.12.2011 erneut zu berichten, Landtagsdrucksache 14/6068. Damit die aufgezeigten Einsparungen möglichst zeitnah erzielt werden können, sollten unsere Vorschläge jetzt rasch umgesetzt werden.
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Die Gebühreneinnahmen für das polizeiliche Begleiten von Großraum- und Schwertransporten decken nicht die Kosten und sollten deshalb angepasst werden. Das Verwaltungsverfahren zur Gebührenerhebung ist zu vereinfachen. Eine Privatisierung der Transportbegleitung kommt nur in Betracht, wenn sie für das Land wirtschaftlich ist.
1 Ausgangslage
Großraum- und Schwertransporte bedürfen einer Genehmigung, in der unter anderem Polizeibegleitung verfügt werden kann, um Gefahren abzuwehren, die sich aus solchen Transporten ergeben. Die Kosten muss grundsätzlich der Antragsteller entsprechend dem Gebührenverzeichnis des Innenministeriums tragen. Die Finanzkontrolle hat den Aufwand und die Gebühren geprüft.
Die Gebühr für die Transportbegleitung auf Straßen beträgt je angefangener halber Stunde und je eingesetztem Beamten 28 Euro. Soweit während der Anfahrt allgemeine polizeiliche Aufgaben wahrgenommen werden, wird die hierfür aufgewendete Zeit nicht angerechnet. Die Rückfahrten zur Dienststelle werden nicht berechnet.
Für polizeiliche Verkehrsregelungsmaßnahmen wird eine zusätzliche Gebühr fällig, wenn hierfür über das Begleiten hinaus zusätzliche Polizeibeamte eingesetzt werden. Sie beträgt 24 Euro je angefangener halber Stunde und je eingesetztem Beamten.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Transportaufkommen
Die Polizei hat 2007 hat nach Angaben des Innenministeriums 15.100 Transporte begleitet. Die Finanzkontrolle hat dagegen nur 13.500 Transportbegleitungen festgestellt. Diese Diskrepanz konnte das Ministerium nicht aufklären. Ungeachtet der unterschiedlichen Zahlen ist aber unstreitig, dass die Transporte seit 2005 zugenommen haben.
2.2 Gebühreneinnahmen
Die Polizei hat in den letzten Jahren durchschnittlich Gebühren von 2 Mio. Euro für das Begleiten der Schwertransporte eingenommen. Diese Einnahmen sind nicht im gleichen Umfang gestiegen wie die Zahl der Begleitungen.
2.3 Abrechnungsverfahren
Das Abrechnungsverfahren für die Gebühren ist zu kompliziert. Eine Polizeidirektion oder ein Polizeipräsidium ist für die Gebührenerhebung nur dann zuständig, wenn sich das polizeiliche Begleiten von Schwertransporten ausschließlich auf ihren Dienstbezirk beschränkt. In allen übrigen Fällen sind die Landespolizeidirektionen für die Abrechnung zuständig und zwar jeweils diejenige, in deren Dienstbezirk der begleitete Transport endet oder das Land verlässt.
Vom Tag der Transportbegleitung bis zum Versand des Gebührenbescheids an den Gebührenschuldner vergehen bei den Landespolizeidirektionen 36 Tage, bei den Polizeipräsidien und Polizeidirektionen 32 Tage. Das ist zu lang.
Außerdem werden Zuständigkeitsregelungen nicht beachtet, bei sogenannten Konvoi-Fahrten (mehrere Transporte werden gemeinsam polizeilich begleitet) wird uneinheitlich abgerechnet, es werden unterschiedliche Transportbegleitscheine verwendet. Der Zeitaufwand der Polizei, der bei einer Begleitung durch Beamte mehrerer Polizeidienststellen entstanden ist, wird uneinheitlich gerundet. Allein durch eine einheitliche Rundungspraxis bei den Landespolizeidirektionen hätte das Land Mehreinnahmen von mehr als 100.000 Euro erzielen können.
2.4 Kostendeckung
Nach dem Landesgebührengesetz soll eine Gebühr die mit der öffentlichen Leistung verbundenen Verwaltungskosten (Personal-, Sach- und kalkulatorische Kosten) decken.
Eine Kostenträgerrechnung ist bei der Polizei noch nicht eingeführt. Der durch Transportbegleitung verursachte Aufwand wird derzeit weder tätigkeitsbezogen noch insgesamt erfasst. Deshalb hat die Finanzkontrolle anhand von 1.600 Gebührenbescheiden für das Beispielsjahr 2007 ermittelt, welche gebührenpflichtigen Einsatztätigkeiten regelmäßig anfallen und welcher Zeitaufwand hierfür erforderlich ist.
Danach entstehen bei 13.500 Transportbegleitungen allein für die Einsatzplanung landesweit Personalkosten von 216.000 Euro. Diese Kosten werden bislang nicht in die Gebühren einkalkuliert.
In der Regel begleiten zwei Polizeibeamte die Transporte, bei Besonderheiten des Transports auch mehr. Eine Transportbegleitung ohne Verkehrslenkungsmaßnahmen erfordert nach unseren Ermittlungen einen durchschnittlichen Zeitbedarf von 115 Minuten je eingesetztem Beamten, bei zwei Beamten 230 Minuten. Insgesamt sind hierfür rund 23 Vollzeitäquivalente mit Personalkosten von mehr als 1,7 Mio. Euro erforderlich.
Einsatzzeiten für Verkehrslenkungsmaßnahmen entstehen nur, wenn hierfür zusätzliches Personal benötigt wird. Errechnet wurden dafür ein Personalbedarf von 0,7 Vollzeitäquivalenten und Personalkosten von 53.000 Euro.
Der Aufwand für das Erstellen der Gebührenbescheide wird derzeit ebenfalls nicht berechnet. Ein durchschnittlicher Zeitaufwand von 30 Minuten je Bescheid verursachte 2007 einen Personalbedarf von 3 Vollzeitäquivalenten und Personalkosten von 200.000 Euro.
Für 2007 wurde somit landesweit ein Personalaufwand von 29,3 Vollzeitäquivalenten, davon 26,3 Vollzeitäquivalente im Polizeivollzugsdienst, ermittelt. Daraus ergeben sich Personalkosten von 2,2 Mio. Euro. Berücksichtigt werden muss zusätzlich der Sachaufwand für den Kfz-Einsatz von 300.000 Euro.
Die Gebühreneinnahmen von 2 Mio. Euro deckten nicht einmal die Personalkosten. Der Kostendeckungsgrad liegt bei 80 Prozent. Das Defizit beträgt 500.000 Euro.
3 Privatisierung
Seit Jahren wird versucht, die Polizei von polizeifremden Aufgaben zu entlasten. Auf Initiative Baden-Württembergs hat die Innenministerkonferenz im April 2008 beschlossen, die Polizei bei der Kontroll- und Begleittätigkeit zu entlasten. Dieser Beschluss wurde inzwischen durch eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe konkretisiert. Danach sollen insbesondere kleinere Schwertransporte, die kein hoheitliches Handeln auf den Straßen erfordern und wenig Personal binden, nicht mehr polizeilich sondern privat begleitet werden. Mit einer Umsetzung der Privatisierungsvorschläge rechnet das Innenministerium jedoch nicht vor 2011.
4 Empfehlungen
Das Innenministerium sollte künftig über belastbares Zahlenmaterial zu den Transportbegleitungen verfügen. Außerdem dauert es zu lange, bis der Transportunternehmer einen Gebührenbescheid erhält. Um den Gebührenbescheid zu erstellen, sollten durchschnittlich 15 Arbeitstage ausreichen.
Das wenig praxistaugliche Abrechnungsverfahren sollte geändert werden. Der Rechnungshof spricht sich für eine klare Zuständigkeit und eine sachgerechte Aufteilung der Gebühreneinnahmen aus.
Künftig sollten alle gebührenpflichtigen Tätigkeiten erfasst und berechnet werden. Weiterhin empfiehlt der Rechnungshof, eine kostendeckende Mindestgebühr einzuführen. Denkbar wäre auch, für die Einsatzplanung, die An- und Abfahrt sowie für das Erstellen des Gebührenbescheids künftig eine Pauschale zu erheben. Die Rundungsmöglichkeiten, die das Gebührenverzeichnis des Ministeriums zulässt, sollten in der Praxis genutzt werden, um Mehreinnahmen zu erzielen.
Die von der Innenministerkonferenz angestrebte Privatisierung der Begleitung von Großraum- und Schwertransporten ist nur dann erwägenswert, wenn sie für das Land im Ergebnis wirtschaftlich ist. Bei einer Entscheidung, seither von der Verwaltung ausgeführte Daueraufgaben auf privatrechtlich organisierte Unternehmen zu übertragen, ist im Einzelnen darzustellen, in welcher Höhe und in welchem Zeitraum Einsparungen konkret erzielt werden sollen. Nach dem Privatisierungsvorschlag der Innenministerkonferenz würden bestimmte Restaufgaben weiterhin bei der Polizei verbleiben.
5 Stellungnahme des Ministeriums
Das Innenministerium will die Vorschläge des Rechnungshofs zur Abrechnung und Kostendeckung der Gebühren im Rahmen der turnusmäßigen Überprüfung des Gebührenverzeichnisses umsetzen.
Es erwartet aber, dass nach dem Überwinden der Wirtschaftsflaute die Zahl der Großraum- und Schwertransporte zunimmt und dann auch der Personalbedarf für diese Aufgabe wieder steigt. Zur Entlastung der Polizei von polizeifremden Aufgaben sollten deshalb zumindest die Schwertransportbegleitungen, die kein hoheitliches Handeln auf den Straßen erfordern, privatisiert werden. Es hält die rein wirtschaftliche Betrachtung der Finanzkontrolle nicht für angebracht.
6 Schlussbemerkung
Das Innenministerium geht in seiner Stellungnahme davon aus, dass künftig wieder mehr Schwertransporte begleitet werden müssen. Der Rechnungshof hat dazu in einer Modellrechnung ermittelt, wie sich der Personalbedarf der Polizei entwickelt. Selbst wenn die polizeilich begleiteten Transporte um 50 Prozent zunehmen, erhöht sich der Personalbedarf nur um 44,19 Vollzeitäquivalente landesweit und damit um 14,73 Vollzeitäquivalente mehr als 2007. Je Polizeipräsidium bzw. Polizeidirektion wären dann 1,19 Vollzeitäquivalente erforderlich. Dies sind 0,40 Vollzeitäquivalente mehr als 2007. Da das Ministerium selbst einräumt, allenfalls einen Teil der Aufgaben privatisieren zu können, wirkt sich die dort befürchtete Steigerung der Transportbegleitungen nur gering aus.
Das Innenministerium will bei einer Teilprivatisierung kein Personal einsparen, sondern für andere Aufgaben verwenden. Einsparungen können dann nicht erreicht werden. Anderseits müssten die Polizeidienststellen auf Gebühreneinnahmen in entsprechendem Umfang verzichten. Deshalb bestreitet das Ministerium nicht, dass unsere wirtschaftliche Betrachtung zutreffend ist. Es lehnt eine rein wirtschaftliche Betrachtung ab, hat aber auch keine Antwort auf die Frage gefunden, wie die bei einer Teilprivatisierung hinzunehmenden Gebührenausfälle im Polizeihaushalt ausgeglichen werden können.
Das Gebot der Wirtschaftlichkeit gilt auch für die Polizei. Deshalb hält der Rechnungshof an seiner Auffassung fest. Bevor das Ministerium einen Teil der Transportbegleitungen privatisiert, muss es die dadurch erzielbaren Einsparungen konkret nachweisen.
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Einzelplan 04: Ministerium für Kultus, Jugend und Sport
Im Bereich des Kultusministeriums werden in größerem Umfang Lehrkräfte außerhalb der Schulen eingesetzt. Art und Umfang dieses Einsatzes sollten in künftigen Staatshaushaltsplänen an geeigneter Stelle, beispielsweise in einer Produktinformation, zusammenfassend dargestellt werden.
1 Ausgangslage
Die Unterrichtsversorgung der Schüler ist ein zentrales Aufgabenfeld der Landespolitik. Gleichwohl ist es schwierig, aus dem Staatshaushaltsplan zu erkennen, welche Lehrerressourcen den Schulen tatsächlich zur Verfügung stehen. Der Rechnungshof prüfte 2009 an beruflichen Schulen und an allgemeinbildenden Gymnasien den Einsatz von Fachberatern sowie das Landesinstitut für Schulentwicklung (Landesinstitut).
2 Fachberater
Fachberater sind erfahrene Lehrkräfte, die neben ihrer Unterrichtsverpflichtung Aufgaben der Schulaufsicht wahrnehmen. Die Aufgaben der Fachberater sind in der Verwaltungsvorschrift Fachberaterinnen und Fachberater beschrieben. Nach § 37 Schulgesetz können ferner im öffentlichen Schuldienst stehende Lehrer für besondere Aufgaben der Schulaufsicht bestellt werden. Der Stellenplan für die beruflichen Schulen weist 684 Stellen als Fachberater in der Schulaufsicht aus, der Stellenplan der Gymnasien 924 Fachberaterstellen.
Mehr als ein Viertel der Fachberater ist teilweise oder in vollem Umfang an das Kultusministerium, die Regierungspräsidien und die Seminare abgeordnet. Beim Kultusministerium und bei den Regierungspräsidien nehmen sie Verwaltungsaufgaben wahr. An den Seminaren sind sie in der Lehrerbildung tätig und zwar als Fachleiter (Vollzeitabordnungen) oder als Lehrbeauftragte (Teilzeitabordnungen). Tabelle 1 zeigt, in welchem Umfang sie dort eingesetzt waren.
Lehrkräfte können nach einem Haushaltsvermerk bei den Schulkapiteln als Fachleiter und Lehrbeauftragte in den Seminaren eingesetzt werden. Der Umfang dieser Verwendungsmöglichkeiten ist haushaltsmäßig aber nicht begrenzt. Beim Kapitel der Seminare sieht ein korrespondierender Vermerk vor, dass zusätzlich noch Lehrer als Lehrbeauftragte an den Seminaren eingesetzt werden könnten. Zum Zeitpunkt der Prüfung betrug die Stellenbelastung der Schulkapitel 320 Vollzeitäquivalente. Für die Seminare waren originär im Staatshaushaltsplan nur 151 Stellen etatisiert.
Außerdem wurden im Kultusministerium 31 Vollzeitäquivalente und bei den Regierungspräsidien 68 Vollzeitäquivalente für Fachberater eingesetzt. Fachberater sind im Stellenplan ausgebracht. Es liegen aber in den korrespondierenden Betragskapiteln keine Einzelvermerke für ihre Verwendung vor. Kultusministerium und Finanzministerium halten einen Vermerk für entbehrlich, weil Fachberater besondere Schulaufsichtsbeamte seien. Ihr Einsatz für die Schulaufsichtsbehörden müsse nicht ausdrücklich im Staatshaushaltsplan ermächtigt werden.
3 Landesinstitut für Schulentwicklung
Das Landesinstitut benötigt wesentlich mehr Personal, als im Stellenplan des Staatshaushaltsplans ausgewiesen ist. In Tabelle 2 ist die gesamte Personalressource des Landesinstituts aufgeführt.
Dem Landesinstitut stand neben den Planstellen des Staatshaushaltsplans (29,0 Vollzeitäquivalente) und dem Personal im eigenen Haushalt (29,8 Vollzeitäquivalente) zusätzliches Personal des Landes im Umfang von 141,6 Vollzeitäquivalenten zur Verfügung. Letzteres umfasste abgeordnete und zugewiesene Lehrkräfte. Im Stellenteil der Schulkapitel und durch entsprechenden Vermerk im Betragsteil des Kapitels über das Landesinstitut ist für diesen Zweck eine anderweitige Verwendung von Lehrkräften ohne Erstattung der Bezüge vorgesehen. Die anderweitige Verwendung zugunsten des Landesinstituts ist für das Haushaltsjahr 2009 auf das Deputat von 133 Lehrkräften begrenzt. Nach der Erläuterung zum Haushaltsvermerk ist zur Wahrnehmung der Aufgaben des Landesinstituts eine flexible Personalstruktur erforderlich, die den ständigen Austausch zwischen Schule und Landesinstitut gewährleistet.
4 Bewertung und Empfehlung
Der Rechnungshof anerkennt die Notwendigkeit einer flexiblen Personalstruktur für Einrichtungen wie das Landesinstitut und die Seminare. Der Umfang der benötigten Personalkapazität für die Seminare, das Kultusministerium, die Regierungspräsidien und das Landesinstitut ist im Staatshaushaltsplan nur schwer erkennbar.
Bei den Seminaren war zulässigerweise mehr als das Dreifache an Personal eingesetzt, als Planstellen für diese Institutionen ausgewiesen waren.
Für den Einsatz von Fachberatern beim Kultusministerium und bei den Regierungspräsidien kann offenbleiben, ob ein Haushaltsvermerk rechtlich notwendig ist. Hilfreich wäre es, auch dort den Umfang der anderweitigen Verwendung darzustellen.
Nach Auffassung des Rechnungshofs sollte wegen der Bedeutung der Unterrichtsversorgung die anderweitige Verwendung von Lehrkräften „auf einen Blick“ erkennbar sein. Zusätzlich zu den nach der Haushaltssystematik ausgebrachten Erläuterungen und Ergänzungen sollten in künftigen Staatshaushaltsplänen Art und Umfang des anderweitigen Einsatzes von Lehrkräften an geeigneter Stelle, beispielsweise in einer Produktinformation, zusammenfassend dargestellt werden.
5 Stellungnahme des Ministeriums
Das Kultusministerium ist im Einvernehmen mit dem Finanzministerium der Auffassung, dass der Einsatz der Fachberater in den Regierungspräsidien und im Kultusministerium sowie der Lehrkräfte an den Seminaren ausreichend klar nachzuvollziehen sei. Den haushaltsrechtlichen Grundsätzen der Haushaltswahrheit und der Haushaltsklarheit sei mit der derzeitigen Ausbringung im Staatshaushaltsplan Genüge getan. Gleichwohl werde es die Anregungen des Rechnungshofs bei der nächsten Planaufstellung in die Überlegungen einbeziehen.
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Die Evaluation der Schulen ist mit erheblichen Kosten verbunden. Sie sollte kostenbewusst und effizient durchgeführt werden.
1 Ausgangslage
Im Zuge der Reform der Bildungspläne erhielten die Schulen erweiterte Gestaltungsmöglichkeiten und mehr Eigenverantwortung für die Qualitätsentwicklung. Im Gegenzug hat der Gesetzgeber öffentliche Schulen verpflichtet, ihre Schul- und Unterrichtsqualität regelmäßig zu evaluieren (Selbstevaluation). Ergänzend dazu werden die Schulen in angemessenen zeitlichen Abständen durch das Landesinstitut für Schulentwicklung evaluiert (Fremdevaluation). Selbst- und Fremdevaluation sind aufeinander aufbauende und sich ergänzende Elemente im Regelkreis der schulischen Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung. Der Turnus zwischen Selbst- und Fremdevaluation beläuft sich in der Regel auf fünf Jahre.
In der Evaluationsverordnung des Kultusministeriums sind die Themen der Evaluation vorgegeben. Diese werden mit dem verbindlichen Orientierungsrahmen zur Schulqualität konkretisiert. Überprüfbare Zielvorgaben sind darin nicht enthalten.
Mit der Selbstevaluation sollen die Schulen vielmehr anhand selbst definierter Kriterien die Themen Unterricht, Professionalität der Lehrkräfte, Schulmanagement, Schulklima und schulische Partnerschaften untersuchen und kritisch reflektieren. Mit der Fremdevaluation wird die Schul- und Unterrichtsqualität durch ein systematisches Diagnoseverfahren von externen Evaluatoren des Landesinstituts für Schulentwicklung bewertet. Darauf aufbauend setzen sich die Schulen Ziele und Aufgaben für Qualitätsent¬wicklungs- und Evaluationsprojekte. Eine Zielvereinbarung zwischen Schule und Schulaufsicht legt die Ziele fest, die in der Schulentwicklung erreicht werden sollen. Die Mitwirkung an der Evaluation gehört zu den dienstlichen Aufgaben der Lehrer.
Die Evaluation ist aufwendig und bindet Personal. Die Schulen können selbst bestimmen, ob sie das Gesamtkollegium oder einzelne Lehrkräfte und mit welchem Zeitaufwand in den Prozess einbinden.
Der Rechnungshof hat es in der jetzigen Phase des Evaluationsgeschehens bei den Schulen unternommen, die Kosten der Evaluation überschlägig zu schätzen und den Ressourcenverbrauch hierfür in groben Zügen aufzuzeigen.
2 Prüfungsergebnisse
Die Gesamtkosten der Evaluation sind der Kultusverwaltung nicht bekannt.
Der Rechnungshof hat beispielhaft ermittelt, welche durchschnittlichen Kosten eine Selbst- und eine Fremdevaluation verursachen. Dazu kommt der Aufwand für den ständigen Qualitätssicherungs- und Qualitätsentwicklungsprozess, der sich an die Evaluation anschließt.
Die Kosten der Evaluation wurden an sieben ausgewählten allgemeinbildenden Schulen erhoben: bei einer Grundschule (130 Schüler) und bei je zwei Hauptschulen (210/360 Schüler), Realschulen (370/790 Schüler) sowie bei zwei Gymnasien (330/860 Schüler). Auf Empfehlung des Landesinstituts für Schulentwicklung wurden Schulen ausgewählt, die typisch für ihre Schulart sind und an denen die Selbst- und Fremdevaluation bereits abgeschlossen waren.
Die erhobenen Kosten der Evaluation zeigen eine große Bandbreite unter den Schulen. Die Kostenunterschiede hängen wesentlich von Anzahl und Zeitaufwand des eingesetzten Personals ab; beides liegt in der Entscheidung der Schulen selbst.
2.1 Kosten der Selbstevaluation
Die Kosten der Selbstevaluation sind in Tabelle 1 dargestellt.
Die Berechnung umfasst die Kostenblöcke Qualifizierungskosten von Schulleitung und Lehrkräften, Evaluationsprozess, Verzicht auf Unterricht und Unterstützungskosten.
2.2 Kosten der Fremdevaluation
Die Kosten der Fremdevaluation sind in Tabelle 2 dargestellt.
In die Berechnung wurden folgende Kostenblöcke einbezogen: Kosten der Vorbereitung, Kosten des Evaluationsprozesses (Schule), einmalige Kosten der Umsetzung (Zielvereinbarung), Verzicht auf Unterricht, Unterstützungskosten, sonstige Kosten sowie Personal- und Sachkosten des Landesinstituts.
2.3 Laufender Aufwand der Qualitätssicherung
Über den jährlichen Aufwand der Qualitätssicherung machten die Schulen sehr unterschiedliche prognostische Angaben. Bei den beiden Gymnasien waren es 3.000 und 4.000 Euro, bei den Realschulen 4.000 und 30.000 Euro, bei den Hauptschulen 10.000 und 60.000 Euro, bei der Grundschule 12.000 Euro. Damit schwanken die Einschätzungen des Aufwandes zwischen 3.000 und 60.000 Euro.
2.4 Zusammenfassung
Weder auf der Grundlage der bei der Kultusverwaltung vorliegenden noch aufgrund der vom Rechnungshof erhobenen Zahlen ist eine belastbare Hochrechnung der Gesamtkosten möglich. Multiplizierte man die vom Rechnungshof erhobenen Kosten je Schulart mit der Zahl der Schulen im Land, ergäbe sich ein Gesamtkostenkorridor von 150 bis 170 Mio. Euro.
3 Bewertung und Empfehlungen
Gesellschaft und Wirtschaft verändern sich laufend und bringen neue, anspruchsvolle Herausforderungen. Unsere Schulen müssen sich diesen Herausforderungen in einem ständigen Entwicklungsprozess stellen. Mit dem Instrument der Evaluation kann unbestritten der schulische Entwicklungsprozess initiiert und in Gang gehalten werden. Das ist auch bei den untersuchten Schulen der Fall.
Auch weil die Evaluation und der Prozess der Qualitätsverbesserung der Schulen auf Dauer installiert sind, erachtet es der Rechnungshof für sinnvoll, die Kosten dabei mit im Auge zu behalten. Es ist Aufgabe des Kultusministeriums, die Evaluation und den Schulentwicklungsprozess sowohl effektiv als auch effizient durchzuführen. Der Rechnungshof hat hier die Aufmerksamkeit nur auf die Kostenseite gerichtet.
Die Kultusverwaltung soll
- sich einen fundierten Überblick über die Kosten der Evaluation an den Schulen verschaffen,
- die Ergebnisse der Evaluation in Zielvereinbarungen mit den Schulen umsetzen,
- Zielvereinbarungen zwischen Schule und Schulaufsicht auf ihre Umsetzung prüfen,
- den anrechenbaren Einsatz von Personalkapazitäten bei der Evaluation nicht nur den Schulen überlassen und
- anhand der bisherigen Erfahrungen mit den Evaluationen prüfen, ob diese mit einem geringeren Ressourcenverbrauch durchgeführt werden können, ohne dass es zu wesentlichen Einbußen bei der angestrebten klar definierten Schulentwicklung kommt.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Kultusministerium ist der Auffassung, dass der Rechnungshof mit seiner Untersuchung zentrale Kernelemente der Selbstevaluation außer Acht lasse. Auch werde er durch Ausblenden wesentlicher Teile der Umsetzung politischer Ziele dem Vorgehen des Ministeriums nicht gerecht. Im Übrigen würden die spezifizierten Gesamtkosten der Selbst- und Fremdevaluation von 170 Mio. Euro insgesamt gesehen zwar hoch erscheinen, lägen - gemessen an den gesamten „Betriebskosten“ - jedoch im Promillebereich. Ein Vergleich mit anderen Organisationen oder Branchen (Unternehmen, Krankenhäuser, Altenheime, usw.) würde eine Einordnung erleichtern. Mit der gegenwärtigen Erprobung einer strafferen Fremdevaluation trage das Landesinstitut für Schulentwicklung den Einwänden des Kultusministeriums zur bisherigen Praxis teilweise Rechnung.
5 Schlussbemerkung
Der Rechnungshof spricht sich nicht gegen den Prozess der Schulentwicklung und Qualitätsverbesserung aus. Thema der Prüfung war nicht die bildungspolitische Gesamtkonzeption des Kultusministeriums zur Eigenständigkeit der Schulen und zur Schulentwicklung. Das Ressort befasste sich bisher verständlicherweise mit der Evaluation unter politischen und pädagogischen Kriterien. Kosten und Effizienz standen dabei nicht im Vordergrund. Das Ministerium signalisiert in seiner Stellungnahme selbst, dass es sich in der Diskussion um eine effektivere wie auch effizientere Evaluation befindet.
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Einzelplan 05: Justizministerium
Die Übertragung der Aufgaben der Bewährungs- und Gerichtshilfe auf einen privaten Auftragnehmer kostet das Land bis 2016 zusätzlich 46,8 Millionen Euro. Die Justiz zahlt an den Auftragnehmer ein Grundentgelt für übertragene Querschnittsaufgaben. Sie muss mindestens 28,7 Millionen Euro einsparen, weil diese Aufgaben beim Land weggefallen sind.
1 Ausgangslage
Mit § 7 Abs. 1 des Landesgesetzes über die Bewährungs- und Gerichtshilfe sowie die Sozialarbeit im Justizvollzug schuf der Landtag die gesetzliche Ermächtigung für das Justizministerium, die Aufgaben der Bewährungs- und Gerichtshilfe durch Vertrag auf einen freien Träger als Beliehener zu übertragen. Nach einer zweijährigen Pilotphase in zwei Landgerichtsbezirken erfolgte mit Vertrag vom 06.12.2006 zwischen einer gemeinnützigen GmbH (Auftragnehmer) als freiem Träger und dem Justizministerium die landesweite Aufgabenübertragung für die Jahre 2007 bis 2016.
Mit der Übertragung wollte das Justizministerium Wirtschaftlichkeitsvorteile realisieren.
Die Gesetzesbegründung sagt dazu u. a. Folgendes: „Angesichts der derzeit äußerst schwierigen Haushaltslage dürfte es auf absehbare Zeit jedoch weder möglich sein, dem ... gestiegenen Geschäftsanfall durch Personalverstärkung angemessen Rechnung zu tragen, noch innerhalb des staatlichen Systems notwendige, umfassende strukturelle Reformmaßnahmen umzusetzen, um die Qualität der Bewährungshilfe auch in Zukunft zu sichern ... Die Übertragung ... auf einen freien Träger ist ... mit der begründeten Erwartung verbunden, ... dass die Aufgaben der Bewährungs- und Gerichtshilfe im Vergleich zur derzeitigen Situation auf qualitativ mindestens gleich hohem Niveau rationeller und ökonomischer erfüllt werden können. Es ist das Ziel der Landesregierung, dass die freien Träger eine Effizienzrendite von 10 bis 15 Prozent erwirtschaften.“
In der Kabinettsvorlage vom 15.11.2006 heißt es in der Gesamtbewertung: „Die Übertragung auf einen freien Träger vermag dabei nicht nur die Qualität der Bewährungs- und Gerichtshilfe in Baden-Württemberg nachhaltig auf dem erforderlichen Niveau zu sichern, sie erlaubt es auch, die Reform ohne zusätzlichen Ressourceneinsatz durchzuführen und – mit zunehmender Dauer der Übertragung – nicht unerhebliche Einsparungen für das Land zu generieren.“
Der öffentlich-rechtliche Vertrag zur Übertragung der Aufgaben hat folgende Eckpunkte:
- Er hat eine Laufzeit von 2007 bis 2016 und ein Finanzvolumen von 250 Mio. Euro. Der Vertrag kann zum 31.12.2011 gekündigt werden.
- Dem Auftragnehmer werden 306,5 Landesbedienstete unentgeltlich zur Dienstleistung überlassen. Davon sind 265 beamtete und neun angestellte Sozialarbeiter (gehobener Dienst) sowie 32,5 Arbeitnehmer im Servicebereich (mittlerer Dienst).
- Wenn Bedienstete ausscheiden, erhält der Auftragnehmer als Ersatz für die wegfallende Personalressource ein Kapitalisierungsentgelt.
- Das Land zahlt dem Auftragnehmer ein Grundentgelt für Querschnittsaufgaben und Sachkosten. Das Grundentgelt beträgt 57,4 Mio. Euro in zehn Jahren. Das jährliche Entgelt sinkt von 6,3 Mio. Euro in 2007 auf 5,5 Mio. Euro in 2016.
- Das Land stellt dem Auftragnehmer unentgeltlich Räumlichkeiten zur Verfügung und übernimmt Umzugskosten. Es trägt auch den Aufwendungsersatz für ehrenamtliche Bewährungshelfer.
- Die Vertragsparteien gehen davon aus, dass der Auftragnehmer gemeinnützig tätig ist und deshalb der verminderte Umsatzsteuersatz von 7 Prozent gilt.
2 Vollkostenrechnung des Justizministeriums
Der Rechnungshof hatte das Justizministerium im August 2006 darauf hingewiesen, dass über eine Vergabe auf der Basis einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung nach § 7 Landeshaushaltsordnung anhand des Angebots zu entscheiden ist. Damit sollte vermieden werden, dass eine Vergabe im Vertragszeitraum mehr kostet als die bisherige Eigenbesorgung des Landes.
Das Justizministerium hatte 2006 in einer Vollkostenrechnung nur ermittelt, welche Personal- und Sachkosten dem Land für die Bewährungs- und Gerichtshilfe 2004 entstanden sind. Dies ergab Kosten von 25 Mio. Euro. Die Vollkostenrechnung enthielt in erheblichem Umfang pauschale Umlagen für Querschnittsaufgaben. Das Justizministerium legte dabei fest, wie sich die Kosten der Querschnittsaufgaben auf das Land und den Auftragnehmer verteilen.
Das Justizministerium führte keine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung nach § 7 Landeshaushaltsordnung durch. Es benannte nur drei Bereiche, in denen die Effizienzrendite im Vergleich zu den bisherigen Kosten erwirtschaftet werden sollte. Beim Grundentgelt sollten im letzten Vertragsjahr 5,3 Prozent erwirtschaftet werden. Bei den Personalkosten und den Raumkosten erwartete das Justizministerium Einsparungen, ohne diese zu beziffern.
In der Kabinettsvorlage zur Vergabe vom 15.11.2006 führt das Justizministerium aus, die Kosten der Vergabe-Lösung lägen wegen der niedrigeren Personal- und Raumkosten sowie des abnehmenden Grundentgelts im letzten Jahr der Vertragslaufzeit um etwa 10 Prozent unterhalb der Kosten der Eigenbesorgung. Noch am 28.12.2007 legt das Justizministerium gegenüber dem Landtag (Landtagsdrucksache 14/2070) dar, dass es die angekündigte Effizienzrendite von 10 bis 15 Prozent der Vollkosten erreichen werde (zwischen 2,5 Mio. Euro und 3,25 Mio. Euro je Jahr). Bezugspunkt sind auch hier die bisherigen Kosten.
3 Wirtschaftlichkeitsuntersuchung des Rechnungshofs
3.1 Bereiche der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung
Der Rechnungshof hat die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung nachgeholt. Dabei wurden die bisherigen Kosten der Eigenbesorgung des Landes und die Kosten der Vergabe-Lösung im Vertragszeitraum verglichen. Die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung basiert auf den Unterlagen des Justizministeriums.
Bei der Vergabe-Lösung sind das Kapitalisierungsentgelt, das Grundentgelt, die beim Land verbleibenden Kosten der Querschnittsaufgaben, die Raumkosten sowie die spezifischen Mehrkosten dieser Lösung zu berücksichtigen. Bei der Landeslösung kommen die Personalkosten, die Sachkosten und Kosten der Querschnittsaufgaben sowie die Raumkosten zum Tragen. Aus dem Vergleich der Gesamtkosten beider Lösungen ergeben sich die Mehrkosten der Vergabe-Lösung.
3.2 Kapitalisierungsentgelt
Das Land zahlte am 31.12.2008 für 47 ausgeschiedene Bedienstete Kapitalisierungsentgelt. Bis Vertragsende werden mindestens 122 der 306,5 Landesbediensteten ausgeschieden sein. Diese Zahl wird sich weiter erhöhen, weil ein Teil der Bediensteten erfahrungsgemäß vorzeitig ausscheiden wird. Für das erste Vertragsjahr 2007 wurde ein Kapitalisierungsentgelt von 59.181,70 Euro je Vollzeitbeschäftigter (inklusive Umsatzsteuer von 7 Prozent) vereinbart. Es lag geringfügig unter dem durchschnittlichen Betrag für Beamte im gehobenen Dienst nach der Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums VwV-Kostenfestlegung vom 14.07.2005. Für 2008 wurde das Kapitalisierungsentgelt auf 60.897,98 Euro erhöht.
Das vereinbarte Kapitalisierungsentgelt für ausscheidende Landesbedienstete führt aus folgenden Gründen zu Mehrkosten:
- Das vereinbarte Kapitalisierungsentgelt entspricht etwa den Kosten der Besoldungsgruppe A 11. Im gehobenen Dienst baut das Land im Vertragszeitraum nur billigere Stellen der Besoldungsgruppen A 9 und A 10 ab. Bei den Stellen des mittleren Dienstes ist das Entgelt weit überhöht.
- Die Steigerung 2008 entspricht der Tariferhöhung von 2,9 Prozent im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) im Jahr 2008. Die Kosten für Beamte haben sich dagegen nach der ab 2008 geltenden VwV-Kostenfestlegung um 2,2 Prozent verringert. Bei Vertragsabschluss war bekannt, dass es 2005 bis 2007 keine lineare Besoldungserhöhung gab und 2008 die zeitlich verzögerte Besoldungserhöhung durch die gekürzte Sonderzahlung reduziert wird.
- Das Justizministerium hat die Kapazität des übertragenen Personals mit 306,5 zu hoch angesetzt. Es hat Kapazitäten von acht Gerichtshelfern einbezogen, deren Aufgaben nur 2007 vom Auftragnehmer übernommen wurden.
Die genannten Faktoren verursachen im Vertragszeitraum Mehrkosten der Vergabe-Lösung von mindestens 14,2 Mio. Euro. Davon entfallen 9,8 Mio. Euro auf den zu hohen Kapitalisierungsbetrag und 4,4 Mio. Euro auf die überhöhte Personalkapazität. Die Mehrkosten werden noch steigen, wenn Landesbedienstete vorzeitig ausscheiden.
3.3 Grundentgelt
Der Auftragnehmer erhält das Grundentgelt für Sachkosten und Querschnittsaufgaben. Die Kosten der Querschnittsaufgaben bezifferte das Justizministerium in der Vollkostenrechnung pauschal. Der Rechnungshof hat überprüft, ob die pauschal angesetzten Kosten auch tatsächlich für die Bewährungs- und Gerichtshilfe entstanden sind. Das Ergebnis:
- Kosten von 12,4 Mio. Euro im Vertragszeitraum für Verwaltung sowie Aus- und Fortbildung sind über die Umlagen doppelt eingerechnet. Weiter sind Kosten der Amtsgerichte von 7,4 Mio. Euro umgelegt, die für die Bewährungs- und Gerichtshilfe nicht zusätzlich angefallen sind.
- Das Grundentgelt enthält jährliche Kosten von 1,1 Mio. Euro für eine zeitgemäße IuK-Ausstattung mit Fachvorverfahren. Diese Kosten fielen vor der Aufgabenübertragung nicht an. Es waren nur einzelne Computer vorhanden. Die angesetzten IuK-Kosten entsprechen 6 Prozent der Personalkosten. Nach Ansicht des Rechnungshofs müssen mindestens IuK-Kosten von 0,4 Mio. Euro oder 2 Prozent der Personalkosten als Rationalisierungseffekt erbracht werden. Im Vertragszeitraum sind dies indexiert 4,3 Mio. Euro.
Die genannten Faktoren ergeben im Vertragszeitraum zusammen Mehrkosten der Vergabe-Lösung von 24,1 Mio. Euro. Unter Berücksichtigung des sinkenden Grundentgelts verringern sich diese auf 22,6 Mio. Euro.
3.4 Raumkosten
Das Justizministerium ging davon aus, dass durch eine andere Unterbringung der Bewährungs- und Gerichtshilfe Raumkosten eingespart werden können. Die Raumkosten sind nicht wie erwartet gesunken, sondern gestiegen. Dadurch entstehen dem Land im Vertragszeitraum Mehrkosten von einer Million Euro.
3.5 Spezifische Mehrkosten durch die Vergabe-Lösung
Die Vergabe-Lösung verursacht gegenüber der bisherigen Eigenbesorgung Zusatzkosten:
- Der Auftragnehmer will mittelfristig 20 Prozent der Klienten durch ehrenamtliche Bewährungshelfer betreuen lassen. Die Pauschalentschädigung der ehrenamtlichen Bewährungshelfer trägt das Land. Sie soll 2010 erhöht werden. Für die geplante Zahl ehrenamtlicher Bewährungshelfer würden dem Land im Vertragszeitraum Mehrkosten von 6,3 Mio. Euro entstehen.
- Das Pilotprojekt zur Vergabe-Lösung kostete zusätzlich 1,4 Mio. Euro.
- Der Umbau der Räumlichkeiten und die Umzüge verursachten bisher Zusatzkosten von 1,3 Mio. Euro.
3.6 Zusammengefasste Mehrkosten der Vergabe-Lösung
Die Mehrkosten der Vergabe-Lösung im Vertragszeitraum werden in der Tabelle zusammengefasst.
Die Vergabe-Lösung führt in zehn Jahren zu 46,8 Mio. Euro höheren Kosten als die Eigenbesorgung durch das Land. Auch im letzten Vertragsjahr sind die Kosten der Vergabe-Lösung um 5,3 Mio. Euro höher.
3.7 Ausstehende Einsparungen im Landeshaushalt
Das Land zahlt dem Auftragnehmer für übertragene Querschnittsaufgaben ein Grundentgelt. Die Justiz muss die bisherigen Kosten für die abgegebenen Querschnittsaufgaben durch Einsparungen kompensieren. Sie hätte für diese Aufgaben im Vertragszeitraum nach der Berechnung des Rechnungshofs 28,7 Mio. Euro aufwenden müssen. Nach den Ansätzen des Justizministeriums wären dies sogar 48,8 Mio. Euro gewesen.
Tatsächlich hat das Justizministerium 2007 bis 2009 keine Einsparungen in diesem Bereich realisiert. Ein Konzept für die Einsparungen ist nicht ersichtlich.
4 Finanzsituation des Auftragnehmers und Konsequenzen
Der Auftragnehmer erhielt vom Land 2007 und 2008 insgesamt ein Entgelt von 15,5 Mio. Euro, davon 12,2 Mio. Euro Grundentgelt und 3,3 Mio. Euro Kapitalisierungsentgelt. Nach den vom Auftragnehmer im Bundesanzeiger veröffentlichten Jahresabschlüssen 2007 und 2008 erhöhten sich dessen Gewinnrücklagen um 7,3 Mio. Euro. Diese Steigerung liegt damit noch über den vom Rechnungshof für Grund- und Kapitalisierungsentgelt in 2007 und 2008 errechneten Mehrkosten der Vergabe-Lösung von 7 Mio. Euro.
Die Vertragsparteien vereinbarten deshalb, das Nettoentgelt für 2009 um eine Million Euro zu reduzieren. Weiter will der Auftragnehmer nach eigener Aussage einen Teil der bislang erzielten Überschüsse für 40 zusätzliche Bedienstete verwenden. Diese Personalverstärkung um 13 Prozent war im Konzept der Vertragspartner nicht vorgesehen. Die jährlichen Kosten dürften 1,5 Mio. Euro betragen.
Die Überschüsse resultieren überwiegend aus dem überhöhten Grundentgelt. Der Auftragnehmer kann auch beim Kapitalisierungsentgelt zunehmend Überschüsse erzielen. Dem Kapitalisierungsentgelt von netto 55.310 Euro steht lediglich ein Arbeitgeberaufwand für Neueinstellungen von 38.000 Euro für Sozialarbeiter und 28.000 Euro für Servicekräfte gegenüber.
5 Bewertung und Empfehlungen
Das Justizministerium führte bei einem Projekt mit einem Finanzvolumen von 250 Mio. Euro keine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung nach § 7 Landeshaushaltsordnung durch. Hinweise des Rechnungshofs wurden nicht beachtet. Die Vollkostenrechnung ist keine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung. Sie hätte allenfalls Ausgangspunkt für eine Detailanalyse der Kosten sein können. Ein Kostenvergleich über die Vertragslaufzeit auf der Basis des konkreten Angebots hätte gezeigt, dass bei der Vergabe-Lösung Mehrkosten gegenüber der Eigenbesorgung des Landes entstehen. Bei Vertragsabschluss waren erhebliche Mehrkosten bereits erkennbar.
Das vom Justizministerium vereinbarte Vertragsentgelt ist zu hoch. Die Aufgabenübertragung hat keine Einsparungen, sondern Mehrkosten des Landes von 46,8 Mio. Euro zur Folge. Auch im letzten Vertragsjahr wird nicht die vom Justizministerium prognostizierte Effizienzrendite von 2,5 Mio. Euro bis 3,25 Mio. Euro erwirtschaftet, sondern es entstehen Mehrkosten von 5,3 Mio. Euro. Weggefallene Querschnittsaufgaben von mindestens 28,7 Mio. Euro werden bislang nicht durch Einsparungen kompensiert.
Für das Land bestehen bei der Vergabe-Lösung weitere Risiken. Nicht eindeutig geregelt ist, wer bei Wegfall der Gemeinnützigkeit die im Vertragszeitraum zusätzlich anfallende Umsatzsteuer von bis zu 11,1 Mio. Euro zu tragen hat. Zudem gerät das Land in eine Abhängigkeit vom Auftragnehmer, weil es derzeit keine anderen Anbieter mit ähnlichen Erfahrungen in der Bewährungs- und Gerichtshilfe gibt.
Der Rechnungshof fordert, den Vertrag mit dem Auftragnehmer rechtzeitig auf den 31.12.2011 zu kündigen. Wenn das Justizministerium das Vertragsverhältnis fortführen will, muss über ein reduziertes Entgelt verhandelt werden. Weiter müssen im Justizhaushalt Einsparungen von mindestens 28,7 Mio. Euro für übertragene Querschnittsaufgaben erbracht werden.
6 Stellungnahme des Ministeriums
Das Justizministerium teilt die Auffassung des Rechnungshofs nicht, dass die Aufgabenübertragung auf einen freien Träger zu Mehrkosten führe. Der Grundansatz des Rechnungshofs sei unzutreffend, die bisherigen Kosten der problematischen, als unbefriedigend empfundenen Eigenbesorgung des Landes mit einer reformierten, verbesserten Vergabe-Lösung zu vergleichen. Der Nutzen einer gut funktionierenden justiznahen Sozialarbeit für die innere Sicherheit bleibe unberücksichtigt. Auch gegen die Berechnungen des Rechnungshofs werden Einwendungen erhoben:
- Das Kapitalisierungsentgelt für ausscheidendes Personal sei nicht zu hoch. Das Justizministerium lege den Durchschnittssatz des gehobenen Dienstes zugrunde, weil auf Dauer Beamte aus allen Besoldungsgruppen von A 9 bis A 13 ausscheiden würden. Bei Vertragsabschluss sei nicht absehbar gewesen, dass die Pauschsätze ab 2008 sinken würden. Die geringere Besoldungserhöhung für Beamte hätte wegen des engen Zeitrahmens nicht berücksichtigt werden können. Die Stellen für acht Gerichtshelfer könnten nicht gekürzt werden, weil sie für den Täter-Opfer-Ausgleich benötigt würden. In staatlicher Trägerschaft wären Personalverstärkungen unabweisbar gewesen. Insgesamt hätten sich die Personalkosten in staatlicher Trägerschaft deutlich ungünstiger entwickelt.
- Das Grundentgelt sinke von Jahr zu Jahr. Mittelfristig seien die Sachkosten niedriger als vor der Reform. Der Rechnungshof habe die Umlagekosten zu Unrecht gekürzt, weil diese tatsächlich angefallen seien. Die eingeführte IuK solle kein Personal einsparen, sondern das angestrebte Qualitätsmanagement und eine effektive Fachaufsicht ermöglichen.
- Die vom Rechnungshof angesetzten Zusatzkosten seien nicht berücksichtigungsfähig. Kosten für ehrenamtliche Bewährungshelfer, das Pilotprojekt, Umbauten und Umzüge wären auch bei einer staatlichen Lösung angefallen.
Die vom Rechnungshof empfohlene Vertragskündigung wolle das Justizministerium aus finanziellen und fachlichen Gründen nicht vornehmen.
7 Schlussbemerkung
Der Rechnungshof bleibt bei seinem Grundansatz, die Kosten der bisherigen Eigenbesorgung mit den Kosten der Vergabe-Lösung zu vergleichen. Er misst damit das Justizministerium an seinen eigenen Ankündigungen. Die Justiz wollte mit der Aufgabenübertragung in der Bewährungs- und Gerichtshilfe das Ziel der Verwaltungsstrukturreform unterstützen, Kosten im Landeshaushalt einzusparen. Sämtliche Berechnungen des Ministeriums und Entscheidungen der Landesregierung hatten die bisherigen Kosten der Eigenbesorgung als Bezugspunkt. Das Ministerium hat auch keine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung vorgenommen, in der Mehrkosten einer „reformierten“ Landeslösung oder der zusätzliche Nutzen einer Vergabe-Lösung beziffert würden.
Der Rechnungshof hält auch an seinen Berechnungen fest:
- Beim Kapitalisierungsentgelt sind die beim Land im Vertragszeitraum tatsächlich wegfallenden billigeren Stellen mit den entsprechenden Jahresbeträgen anzusetzen. Stellenvermehrungen in staatlicher Trägerschaft waren unrealistisch. Die bisher von den acht Gerichtshelfern wahrgenommenen Aufgaben hat das Justizministerium zum 01.01.2008 dem „Netzwerk Straffälligenhilfe in Baden-Württemberg“ übertragen. Die Zuwendungen an dieses Netzwerk wurden so stark erhöht, dass im Ergebnis Mehrbelastungen im Landeshaushalt entstehen.
- Die Kürzungen des Grundentgelts sind sachgerecht. Das Ministerium hat nicht nachgewiesen, dass die gekürzten Kosten in der Bewährungs- und Gerichtshilfe tatsächlich angefallen sind. Der für die IuK-Ausstattung angesetzte Rationalisierungseffekt ist äußerst moderat. Die Ergebnisse des Rechnungshofs werden schon durch die Finanzsituation des Auftragnehmers bestätigt. Wenn man das vom Ministerium vereinbarte Grundentgelt akzeptieren würde, müsste die Justiz für übertragene Querschnittsaufgaben 48,8 Mio. Euro statt der vom Rechnungshof angesetzten 28,7 Mio. Euro einsparen. Das Justizministerium lässt hierfür keine Bereitschaft erkennen.
- Die Zusatzkosten sind durch das Reformkonzept bedingt und wären bei einer Eigenbesorgung nicht zwingend angefallen.
Der Rechnungshof bleibt daher bei seinen Forderungen,
- den Vertrag zu kündigen, um zumindest das vereinbarte Entgelt im Verhandlungswege zu reduzieren und
- die Einsparungen für entfallene Querschnittsaufgaben im Justizhaushalt umzusetzen.
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Die Sozialgerichtsbarkeit und die Verwaltungsgerichtsbarkeit sollten zusammengeführt werden. Spitzenbelastungen können dann regelmäßig ohne zusätzliches Personal bewältigt werden. Im Verwaltungsbereich können so jährlich bis zu 2,8 Millionen Euro eingespart werden. Die mittleren Bearbeitungszeiten für Servicekräfte sind im Bereich Rechtsprechung überhöht. Mindestens 48 Stellen können abgebaut werden.
1 Ausgangslage
Der Rechnungshof hat sich mit dem Personaleinsatz in den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten befasst. Er hat untersucht, welche Wirtschaftlichkeitsvorteile sich aus einer Zusammenlegung von Sozialgerichtsbarkeit und Verwaltungsgerichtsbarkeit ergeben würden. Und er hat bei den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten die bundesweiten Basiszahlen (PEBB§Y) für die Berechnung des Bedarfs an Servicekräften überprüft.
2 Zusammenführung von Sozialgerichtsbarkeit und Verwaltungsgerichtsbarkeit
2.1 Stand der Diskussion
In Deutschland bestehen für öffentlich-rechtliche Rechtsstreitigkeiten drei Gerichtsbarkeiten (Finanzgerichtsbarkeit, Sozialgerichtsbarkeit, Verwaltungsgerichtsbarkeit). Der Gerichtsaufbau in Baden-Württemberg ergibt sich aus Tabelle 1.
Der Bundesrat hatte am 24.09.2004 beschlossen, einen Gesetzentwurf im Bundestag einzubringen, der es den Ländern durch eine Öffnungsklausel im Grundgesetz ermöglicht, ihre Gerichte der Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit zusammen zu führen (Bundesratsdrucksache 543/04). Der Bundestag hat den Gesetzentwurf in der 15. Legislaturperiode nicht mehr abschließend beraten. Auch der in der folgenden Legislaturperiode neu eingebrachte Entwurf verfiel 2009 der Diskontinuität.
Im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien im Bund findet sich folgender Passus: Um den Mitteleinsatz der Justiz effizienter gestalten zu können, eröffnen wir den Ländern die Möglichkeit, ihre Verwaltungs- und Sozialgerichte unter Wahrung der richterlichen Unabhängigkeit zu einheitlichen Fachgerichten zusammenzuführen.
2.2 Belastungsschwankungen und Folgen im Personalbereich
Der Geschäftsanfall in beiden Gerichtsbarkeiten schwankte 1988 bis 2007 erheblich. Ihre Belastungsspitzen traten jedoch in unterschiedlichen Jahren auf. Abbildung 1 zeigt die Belastungsschwankungen des Verwaltungsgerichtshofs und des Landessozialgerichts sowie die eines fiktiv zusammengeführten Fachobergerichts.
Beim Verwaltungsgerichtshof lag die Belastung in der Spitze um 42 Prozent, beim Landessozialgericht um 29 Prozent über dem Durchschnitt der letzten 20 Jahre. Bei einer Zusammenlegung der zwei Obergerichte zu einem Fachobergericht hätte die Belastungsspitze lediglich um 17 Prozent über dem Durchschnitt gelegen. Größere Organisationseinheiten können einen hohen Geschäftsanfall in Teilbereichen besser ausgleichen.
Die Belastungsschwankungen bei den Sozialgerichten und bei den Verwaltungsgerichten sowie bei fiktiv zusammengeführten Fachgerichten von 1988 bis 2007 zeigt Abbildung 2.
Bei den Verwaltungsgerichten gingen im Spitzenjahr 61 Prozent mehr Verfahren ein als im langjährigen Durchschnitt. Bei den Sozialgerichten lag dieser Spitzenwert bei 39 Prozent. Bei zusammengeführten Fachgerichten wären maximal 18 Prozent mehr Verfahren als im langjährigen Durchschnitt eingegangen.
Die Verwaltungsgerichtsbarkeit erhielt wegen des starken Geschäftsanfalls in den Neunzigerjahren 22 Prozent zusätzliches Personal. Es konnte nach rückläufiger Belastung nur schleppend abgebaut werden und kostete zwischen 1990 und 2003 mehr als 60 Mio. Euro. Bei einer zusammengelegten Fachgerichtsbarkeit wäre kein zusätzliches Personal in diesem Umfang erforderlich gewesen. Der gestiegene Geschäftsanfall hätte sich auf einen größeren Personalkörper verteilt.
Die Sozialgerichte verzeichneten in den letzten Jahren einen steigenden Geschäftsanfall. Personal konnte jedoch nicht zeitnah dorthin umgeschichtet werden, weil Richter aus verfassungsrechtlichen Gründen nur mit ihrer Zustimmung versetzt werden können. Bei zusammengeführten Fachgerichten können Belastungsspitzen durch die Geschäftsverteilung innerhalb der Richterschaft ausgeglichen werden.
2.3 Bewertung
Die Analyse des Geschäftsanfalls und der Folgen im Personalbereich bei getrennten Gerichtsbarkeiten zeigt:
- Belastungsspitzen können wegen der eingeschränkten Personalsteuerung nur mit kostenintensiven Personalverstärkungen aufgefangen werden.
- Bei rückläufigen Verfahrenszahlen können Personalüberhänge nur langsam abgebaut und nur begrenzt in anderen Bereichen eingesetzt werden. Dies führt zu erheblichen Mehrkosten des Landes.
- Auf einen erhöhten Geschäftsanfall kann nicht zeitnah reagiert werden. Dies verlängert regelmäßig die Verfahren.
Eine Zusammenlegung der beiden Fachgerichtsbarkeiten führt zu deutlich geringeren Spitzenbelastungen, die regelmäßig ohne zusätzliches Personal bewältigt werden können. Geht man von einer Zusammenlegung von Sozialgerichtsbarkeit und Verwaltungsgerichtsbarkeit auf ein Obergericht und vier Fachgerichte aus, sind auch im Verwaltungsbereich jährliche Synergien von 2,8 Mio. Euro zu erwarten.
3 Personaleinsatz in den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten
3.1 Personalbedarfsberechnung
Die Landesjustizverwaltungen haben auf der Basis externer Gutachten ein bundesweites Personalbedarfsberechnungssystem PEBB§Y für die Ordentliche Gerichtsbarkeit und die Fachgerichtsbarkeiten entwickelt. Die Justizverwaltung Baden-Württemberg ermittelt den Personalbedarf in den Fachgerichtsbarkeiten seit 2006 mit Hilfe dieses Systems.
PEBB§Y löste die bisherigen Schätzverfahren ab. Es bietet eine einheitliche Systematik auf mathematisch-analytischer Berechnungsgrundlage. PEBB§Y beruht weitgehend auf der Methode der Selbstaufschreibung durch die Bediensteten. Das PEBB§Y-Gutachten enthält für die Justizgeschäfte und für alle Funktionsgruppen durchschnittliche Bearbeitungszeiten (Basiszahlen).
Der Rechnungshof hat die PEBB§Y-Basiszahlen beim Finanzgericht, in der Sozialgerichtsbarkeit und in der Verwaltungsgerichtsbarkeit in den Funktionsgruppen Richter, gehobener Dienst und Servicekräfte hinterfragt. Eine analytische Personalbedarfsberechnung nahm er nur bei den Servicekräften im Bereich Rechtsprechung vor.
Die Prüfungen des Rechnungshofs basieren wie das PEBB§Y-Gutachten auf einer analytischen Methode. Neben Selbstaufschreibungen gab es auch Zeitmessungen und Zeitschätzungen. Das Ergebnis sind neu berechnete Basiszahlen für die jeweiligen Geschäfte.
Die Organisationsberatung des Justizministeriums hat für die Servicekräfte in der Sozialgerichtsbarkeit und in der Verwaltungsgerichtsbarkeit ihrerseits Basiszahlen analytisch ermittelt.
Damit liegen drei unterschiedliche Basiszahlen für Servicekräfte im Bereich Rechtsprechung vor.
Das Justizministerium legt seinen Personalbedarfsberechnungen in der Sozialgerichtsbarkeit und in der Verwaltungsgerichtsbarkeit die Untersuchungsergebnisse seiner Organisationsberatung zugrunde.
3.2 Vergleich der Basiszahlen
Die ermittelten Basiszahlen bei den Servicekräften im Bereich Rechtsprechung der verschiedenen Untersuchungen zeigt Tabelle 2.
Die vom Rechnungshof und von der Organisationsberatung des Justizministeriums ermittelten Basiszahlen liegen erheblich unter den PEBB§Y-Basiszahlen.
In der Sozialgerichtsbarkeit liegen die Untersuchungen des Justizministeriums und des Rechnungshofs nahe beieinander. Aus Sicht des Rechnungshofs kann von den Zahlen des Justizministeriums ausgegangen werden.
Für die Verwaltungsgerichtsbarkeit sieht der Rechnungshof dagegen die auf die Werte des Justizministeriums abgesenkten Basiszahlen nur als ersten Schritt in die richtige Richtung. Auch nach Ansicht des Justizministeriums können die Verfahrensabläufe in der Verwaltungsgerichtsbarkeit noch optimiert werden. Der Rechnungshof erwartet daher, dass die Basiszahlen durch optimierte Ablaufstrukturen weiter abgesenkt werden.
Beim Finanzgericht hat das Justizministerium die Basiszahlen bislang nicht abgesenkt. Hier geht der Rechnungshof davon aus, dass noch deutliches Optimierungspotenzial vorhanden ist. Die Basiszahl des Rechnungshofs liegt lediglich 13 Prozent unter dem PEBB§Y-Wert. Die Erhebungen zeigten zudem zahlreiche Möglichkeiten auf, die Ablauforganisation zu verbessern. Der Rechnungshof erwartet, dass das Justizministerium die Basiszahl auf 360 Minuten absenkt.
3.3 Folgen für die Personalstellen
Der Rechnungshof hat in Tabelle 3 die Personalstellen für die Servicekräfte nach dem Staatshaushaltsplan 2009 dem jeweiligen Personalbedarf gegenübergestellt. Der Bedarf für das Finanzgericht und für die Verwaltungsgerichtsbarkeit ist mit den vom Rechnungshof ermittelten Basiszahlen berechnet. Dem Bedarf für die Sozialgerichtsbarkeit hat der Rechnungshof die Basiszahlen des Justizministeriums zugrunde gelegt.
In den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten können bei den Servicekräften nach den Ansätzen des Rechnungshofs 62 Stellen abgebaut werden. Nach den derzeitigen Ansätzen des Justizministeriums ergibt sich ein Einsparpotenzial von 48 Stellen.
4 Empfehlungen
Der Rechnungshof gibt folgende Empfehlungen:
- Die Zusammenführung von Sozialgerichtsbarkeit und Verwaltungsgerichtsbarkeit sollte mit einer erneuten Bundesratsinitiative aufgegriffen werden. Der Bundesgesetzgeber sollte schon zu Beginn der aktuellen Legislaturperiode damit befasst werden, da vorangegangene Initiativen der Länder bereits zwei Mal der Diskontinuität im Bundestag verfielen.
- Die Ablauforganisation in den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten ist zu optimieren.
- In den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten sind 62 Stellen für Servicekräfte abzubauen. Die Bediensteten sollten dabei erforderlichenfalls auch sozialverträglich zu anderen Dienststellen umgesetzt werden.
5 Stellungnahme des Ministeriums
Das Justizministerium strebt wie der Rechnungshof an, die Sozialgerichtsbarkeit und die Verwaltungsgerichtsbarkeit zusammenzuführen. Es erwartet ebenfalls erhebliche Einsparungen im Verwaltungsbereich. Deren Höhe sei allerdings anhand der konkreten Umsetzung im Detail zu ermitteln.
Das Justizministerium geht davon aus, dass die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Zusammenführung der beiden Fachgerichtsbarkeiten vorlegen wird. Sollte dies unterbleiben, werde es die erneute Wiedereinbringung der Bundesratsinitiative vom 24.09.2004 betreiben.
Den Personaleinsatz bei den Servicekräften in den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten will das Justizministerium durch Reorganisationsmaßnahmen weiter optimieren. Das Einsparpotenzial könne es aber erst nach Abschluss dieser Maßnahmen anhand des aktuellen Geschäftsanfalls beziffern.
6 Schlussbemerkung
Die Untersuchungen zum Personaleinsatz in den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten zeigen, dass die bundesweiten PEBB§Y-Basiszahlen für Servicekräfte deutlich überhöht sind. Das Justizministerium sollte die auch nach seinen Ansätzen überzähligen 48 Stellen für Servicekräfte unverzüglich abbauen. Die Reorganisationsmaßnahmen sollten alsbald umgesetzt werden, um weitere Stellen einsparen zu können.
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Einzelplan 06: Finanzministerium
Durch eine Neustrukturierung der Ämter kann der Landesbetrieb sein Personal verstärkt für Kernaufgaben einsetzen und ein Optimierungspotenzial von bis zu 132 Vollzeitäquivalenten erschließen, das für Einsparungen genutzt werden kann. Das Finanzministerium sollte sich auf die strategische und politische Steuerung des Landesbetriebs konzentrieren.
1 Ausgangslage
1.1 Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg
Das Land ist Eigentümer von 8.500 Gebäuden mit etwa 9,5 Millionen Quadratmeter Nutzfläche sowie von Grundstücken mit einer Fläche von rund 35.000 Hektar. 1.900 Objekte sind vom Land angemietet. Diese Immobilien werden von der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung betreut.
Zum 01.01.2004 wurde der Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg (Landesbetrieb) eingerichtet. Er gliedert sich in die Betriebsleitung mit Sitz in Stuttgart, zwölf Vermögens- und Bauämter und drei Universitätsbauämter (Ämter). Der Landesbetrieb wurde 2005 aus der damaligen Oberfinanzdirektion Stuttgart herausgelöst. 2008 war beim Landesbetrieb Personal im Umfang von 1.481 Vollzeitäquivalenten eingesetzt, davon 10 Prozent bei der Betriebsleitung und 90 Prozent bei den Ämtern.
Der Landesbetrieb nimmt innerhalb der Vermögens- und Hochbauverwaltung folgende Aufgaben wahr:
- Immobilienmanagement
Das Immobilienmanagement stellt den Behörden und sonstigen Einrichtungen des Landes Gebäude und Grundstücke zur Verfügung, die sie für ihre Aufgaben benötigen. Hierzu werden Immobilien erworben oder angemietet. Nicht benötigte Immobilien werden veräußert.
- Baumanagement (einschließlich Bauunterhalt)
Das Baumanagement plant und führt die Neu- und Ersatzbauten durch. Die landeseigenen und die angemieteten Gebäude sowie die technischen Anlagen werden saniert und modernisiert. Der Landesbetrieb sorgt damit für die Werterhaltung der umfänglichen Gebäudesubstanz des Landes.
- Gebäudemanagement
Das Gebäudemanagement umfasst alle technischen, infrastrukturellen und kaufmännischen Leistungen für den Betrieb und die Bewirtschaftung der landeseigenen und angemieteten Gebäude, z. B. die Beschaffung von Leistungen wie Wasser, Energie und Reinigung.
Außerdem betreut der Landesbetrieb die staatlichen Schlösser und Gärten.
1.2 Organisation des Landesbetriebs
Der Landesbetrieb hat 2007 im Auftrag des Finanzministeriums eine Konzeption für eine neue Organisationsstruktur erarbeitet. Das Konzept sah folgende Maßnahmen vor:
1. Optimierungspotenzial im Personalbereich mit Benchmarking-Vergleichen darstellen und entsprechend generieren,
2. Aufgaben optimal erledigen (u. a. durch Zentralisierung von Aufgaben, flexible Personal- und Aufgabenzuweisungen und veränderte Aufgabenschwerpunkte),
3. Struktur der Ämter anpassen (von 15 auf 9 Ämter reduzieren),
4. Aufgabenbereich Schlösser und Gärten neu strukturieren.
Der Landesbetrieb hat für einzelne Aufgabenbereiche (Querschnitt, Immobilienmanagement, Gebäude- und Baumanagement) ein Benchmarking durchgeführt. Als Benchmark wurde nicht der Best-Practice-Wert eines Amtes, sondern ein Durchschnittswert der Ränge 3 bis 7 verwendet. Hieraus ergab sich ein Optimierungspotenzial von 118 Vollzeitäquivalenten. Diese sollten nicht eingespart, sondern zur besseren Erledigung der Kernaufgaben eingesetzt werden.
Das Finanzministerium hat diese Vorschläge nicht umgesetzt. Es hat vielmehr zusammen mit der Betriebsleitung und den Ämtern ein weiteres eigenes Konzept zur Neustrukturierung des Landesbetriebs erstellt. Dieses sah nur geringfügige Korrekturen in der Organisation vor, um die Präsenz in der Fläche nicht zu gefährden.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Ressourceneinsatz und Benchmarking
Der Rechnungshof hat aus den Daten der Kosten- und Leistungsrechnung Kennzahlen gebildet und mittels Benchmarking die Hauptaufgaben des Landesbetriebs untersucht. Dadurch konnten die Leistungen und der jeweils notwendige Aufwand auf der Ebene der Ämter verglichen werden. Die besten Ämter dienten als Orientierungspunkte.
Das gut entwickelte Controlling des Landesbetriebs lieferte valide, aussagekräftige und für Vergleiche nutzbare Daten und Kennzahlen. Diese Kennzahlen hat der Rechnungshof als Datenbasis für sein Benchmarking verwendet.
Wenn alle vom Rechnungshof neu festgelegten Zielwerte erreicht werden, lassen sich folgende Optimierungspotenziale erzielen:
Damit liegt das rechnerische Optimierungspotenzial nach dem vom Rechnungshof auf der Grundlage neuer Zielwerte angewendeten Benchmarking bei insgesamt 132 Vollzeitäquivalenten. Bei 1.336 Vollzeitäquivalenten in den Ämtern entspricht dies 10 Prozent. Im Vergleich zu dem Gutachten des Landesbetriebs (118 Vollzeitäquivalente) ist dieses personelle Optimierungspotenzial etwas höher. Die Gründe hierfür sind eine belastbarere Datenbasis und etwas ambitioniertere Zielwerte. Die Zielwerte des Rechnungshofs sind realistisch. Dies ergibt sich bereits daraus, dass einige Ämter die Zielwerte bereits 2008 erreicht haben.
2.2 Neustrukturierung der Ämter
Die Struktur des Landesbetriebs mit der Betriebsleitung und den 15 Ämtern basiert auf einer Organisationsuntersuchung von 1994 und 1995, die auf der Grundlage von damals 2.400 Stellen entwickelt wurde. Inzwischen hat sich die Anzahl der Stellen auf rund 1.700 reduziert. Allein schon aufgrund dieser Entwicklung ist eine Überprüfung der Struktur der Ämter angezeigt.
Der Rechnungshof hat die Ämter mit ausgewählten Kennzahlen verglichen. Dabei hat sich gezeigt, dass die Querschnitts- und Managementaufgaben bei größeren Ämtern effizienter erledigt werden.
Der Managementanteil des größten Amtes Mannheim lag 2007 bei 13 Prozent und 2008 bei nur noch 7 Prozent. Das kleinste Amt Ravensburg hat demgegenüber einen Managementanteil von 25 Prozent (2007) bzw. 22 Prozent (2008). Die ungünstigsten Werte hat das Amt Konstanz mit 27 Prozent (2007) und 23 Prozent (2008), die mit auf die Außenstelle Rottweil zurückzuführen sind.
Beim Bau-, Immobilien- und Gebäudemanagement hat die Größe der Ämter eine geringere Bedeutung.
Würde die Zahl der Ämter reduziert, könnten bei den Querschnittsaufgaben Dienstposten im Bereich der Abteilung 1 (Amtsleiter, Referatsleiter und Mitarbeiter) eingespart werden. Die aus der Größe der Ämter zu erzielenden Synergien kommen dazu.
Nach den Feststellungen des Landesbetriebs könnten mittelfristig die Anzahl der Ämter von 15 auf 9 reduziert und die Aufgaben der bisherigen Universitätsbauämter Heidelberg und Freiburg in die neuen Ämter integriert werden. Als Zielgröße werden Ämter mit einer Personalausstattung von rund 150 Vollzeitäquivalenten angestrebt. Damit wäre ausreichend Know-how auch in der Breite vorhanden, sodass bei etwaigen Personalausfällen die Aufgaben weiterhin effizient und wirtschaftlich erledigt werden könnten. Die Präsenz in der Fläche könnte bei Entfernungen von 50 bis 70 km aufrechterhalten werden. Für Schwerpunktaufgaben könnte diese durch Vorortbauleitungen gestärkt werden. Für die im ländlichen Raum angesiedelten Liegenschaften könnte der Bauunterhalt für einzelne Liegenschaften an private Firmen vergeben werden.
Der Rechnungshof schließt sich inhaltlich dem vom Landesbetrieb erarbeiteten Gutachten mit seinen Vorschlägen zur Neustrukturierung der Ämter an. Die aktualisierten Daten und Benchmark-Vergleiche bestätigen dieses Modell uneingeschränkt. Das durch Benchmarking ermittelte Optimierungspotenzial von 132 Vollzeitäquivalenten ist näher zu untersuchen und gegebenenfalls abzubauen. Durch die Reduzierung der Zahl der Ämter kann zusätzlich Personal freigesetzt werden, das für künftige Aufgabenzuwächse im operativen Kerngeschäft (Bau- und Gebäudemanagement, Universitätsbau) eingesetzt werden kann. Mittelfristig könnten neue Aufgaben, wie aktuell die Exzellenzinitiative oder das Impuls- und Konjunkturprogramm, dadurch noch effizienter abgewickelt werden.
2.3 Steuerung des Landesbetriebs durch das Finanzministerium
Seit die Staatliche Vermögens- und Bauverwaltung in einen Landesbetrieb umgewandelt wurde, sind die Ämter für die operativen Aufgaben vor Ort zuständig. Die Betriebsleitung führt die Aufsicht über die Ämter, steuert den Landesbetrieb und erbringt Querschnitts- und Serviceleistungen. Das Finanzministerium hat die Dienst- und Fachaufsicht über den Landesbetrieb.
Das Finanzministerium ist nach der Dienstanweisung für die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung in unterschiedlicher Intensität in Entscheidungen des Landesbetriebs einzubinden. Im Immobilienmanagement und im Baumanagement greifen diese Mitwirkungsrechte teilweise recht tief in das operative Geschäft ein.
Überschreiten die voraussichtlichen Gesamtbaukosten z. B. 1,25 Mio. Euro, hat sich das Finanzministerium vorbehalten
- die Genehmigung der Bauunterlage, einschließlich der vom Fachministerium genehmigten Nutzungsanforderung,
- die Auftragserteilung zur Weiterplanung der Maßnahme bis zur Baureife und
- die Zustimmung zur Baudurchführung.
Beim Immobilienmanagement muss das Ministerium bei einem Grundstückswert von mehr als 1,25 Mio. Euro dem Verkauf sowie der Bestellung, Änderung und Aufgabe dinglicher oder quasi-dinglicher Rechte zustimmen.
Diese Wertgrenzen sind - trotz der Errichtung des Landesbetriebs - zum Teil seit vielen Jahren unverändert. Die Wertgrenze für Baumaßnahmen aus Sammeltiteln des Haushalts stammt aus den Siebzigerjahren. Seit damals haben sich die Baukosten mehr als verdoppelt.
Bereits 2006 hat das Finanzministerium bei einer internen Untersuchung festgestellt, dass sich beide Verwaltungsebenen - Betrieb und Abteilung 4 des Finanzministeriums - berufen fühlen, die Rolle des Bauherrn, Eigentümers, Schlossherrn oder Vermieters einzunehmen. Dieser Umstand führe zu Doppelarbeit und einer gelebten Doppelzuständigkeit. Es wurden Vorschläge erarbeitet, wie man die operativen Tätigkeiten möglichst auf den Landesbetrieb delegieren könnte. Dies sollte insbesondere durch die Anhebung der Wertgrenzen erfolgen. Entscheidungen wurden jedoch nicht getroffen.
Die Einflussnahme des Finanzministeriums ist bis in die kleinste Baumaßnahme hinein möglich. Das Ministerium hat noch nicht in allen Fällen die richtige Balance zwischen Steuerung im Detail und Führung auf Abstand gefunden.
3 Empfehlungen
Der Rechnungshof verkennt nicht die hohe politische und finanzielle Bedeutung der Liegenschaften und des Hochbaus des Landes. Klare Strukturen und eine beschleunigte, vereinfachte und kostengünstigere Aufgabenerfüllung sind für die Zukunft aber unabdingbar. Die Qualifikation der Mitarbeiter und die Leitungsstrukturen der Ämter lassen es zu, Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung zusammenzuführen und zu verlagern.
Der Rechnungshof empfiehlt folgende Maßnahmen:
1. Das mittels Benchmark ermittelte Optimierungspotenzial von 132 Vollzeitäquivalenten ist unabhängig von der Neustrukturierung der Ämter für Einsparungen zu nutzen.
2. Mittelfristig sind mit neun schlagkräftigen Ämtern die Aufgaben der Vermögens- und Bauverwaltung landesweit sicherzustellen.
3. Die Entscheidungsbefugnisse der Betriebsleitung des Landesbetriebs sollten im operativen Bereich erweitert werden.
4. Die Genehmigung und Aussteuerung des Sammeltitelprogramms ist vollständig auf den Landesbetrieb zu verlagern.
5. Die Wertgrenzen für eigene Entscheidungen des Landesbetriebs im Immobilien- und Baumanagement sowie für die Erstellung von Bauunterlagen sind zu erhöhen.
6. Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung sind verstärkt in den Ämtern zusammenzuführen.
7. Das Finanzministerium sollte sich auf die politische und strategische Steuerung beschränken.
8. Der Stellenbedarf der Abteilung 4 des Finanzministeriums ist den veränderten Aufgabenstellungen und Zuständigkeitsvorbehalten anzupassen.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Finanzministerium meint, durch die Verbesserung der Ablauforganisation und insbesondere durch Zentralisierung von Aufgaben bei der Betriebsleitung könnte der Organisationsablauf verbessert werden. Das Konzept des Rechnungshofs - Neustrukturierung der Ämter - sei aufgrund der überragenden Bedeutung einer Präsenz in der Fläche im Bereich des Bau- und Liegenschaftsmanagements nicht sachgerecht.
Die Kompetenzverteilung zwischen Finanzministerium und Betrieb erfolge in einer angemessenen Form. Dadurch sei eine fundierte Politikberatung und hohe Qualität bei der Aufgabenerledigung gewährleistet. Einer Überprüfung der Wertgrenzen für Vorlagepflichten des Betriebs stehe das Finanzministerium offen gegenüber.
5 Schlussbemerkung
Der Rechnungshof hält an seiner Forderung fest. Insbesondere sollte das mögliche Optimierungspotenzial von 132 Stellen für Einsparungen genutzt werden. Zur konkreten Festlegung des Einsparpotenzials sind von der Verwaltung vertiefende Analysen durchzuführen. Nur durch eine Neustrukturierung kann - über das durch Benchmarking nachgewiesene Optimierungspotenzial hinaus - zusätzlich Personal freigesetzt werden. Diese Mitarbeiter können dann für neue Aufgaben und Schwerpunkte eingesetzt werden.
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Einzelplan 07: Wirtschaftsministerium
Der Rechnungshof empfiehlt, das Wohngeldverfahren zu vereinfachen und bürgerfreundlicher zu gestalten. Dadurch können mindestens sieben Millionen Euro Bearbeitungskosten bei den Kommunen gespart werden. In einem weiteren Schritt sollte Wohngeld in Arbeitslosengeld II bzw. Sozialhilfe integriert werden, ohne das Leistungsniveau zu senken.
1 Ausgangslage
Wohngeld soll es einkommensschwächeren Haushalten ermöglichen, die Kosten für angemessenen Wohnraum zu tragen. Es geht zurück auf die Nachkriegszeit, als die Mietpreise nach dem Ende der Zwangsbewirtschaftung von Wohnraum deutlich angestiegen sind. Wohngeld ist heute eine Sozialleistung, die von Bund und Land je zur Hälfte finanziert wird. Rechtsgrundlage ist das Wohngeldgesetz des Bundes.
Durch die umfassende Reform des Transferleistungssystems wurden die Empfänger von Sozialleistungen, wie z. B. Arbeitslosengeld II und Grundsicherung im Alter, vom Wohngeldbezug ausgeschlossen. Dadurch wurden die Zahl der wohngeldberechtigten Haushalte und die Höhe der Wohngeldleistungen erheblich reduziert.
Im Land sind Wohngeldbehörden bei den Stadt- und Landkreisen und bei den Großen Kreisstädten eingerichtet. 2008 erhielten in Baden-Württemberg 52.000 Haushalte insgesamt 84 Mio. Euro Wohngeld. Die Wohngeldausgaben und die Fallzahlen sind durch die Gesetzesänderungen zum Januar 2009 deutlich gestiegen. Aussagekräftige Zahlen liegen noch nicht vor.
Die Finanzkontrolle nahm bei 10 Prozent der Wohngeldbehörden eine Stichprobe der Akten und interviewte die Bearbeiter.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Hoher Bearbeitungsaufwand
Der Bearbeitungsaufwand ist sehr hoch. 2008 betrug er 30 Prozent der Wohngeldzahlungen, das sind 25 Mio. Euro.
Die Voraussetzungen für Wohngeld sind umfangreich nachzuweisen. Insbesondere das Brutto-Einkommen ist detailliert zu belegen. Dabei werden Pauschalen für gezahlte Steuern, Renten- und Krankenversicherungsbeiträge abgezogen. Mehrere im Haushalt lebende Personen werden gemeinsam betrachtet. Die Regelungen erschweren es, das für Wohngeld maßgebliche Einkommen zu ermitteln. Ein hoher Anteil des Aufwands beruht darauf, dass das Wohngeld zu anderen staatlichen Leistungen abgegrenzt werden muss. Hinzukommt, dass Wohngeldzahlungen in beachtlichem Umfang bei anderen Leistungen angerechnet werden. Dies führt zu weiteren Berechnungen.
2.2 Einheitliche Berechnungsgrundlagen fehlen
Für das Wohngeld wird das Brutto-Einkommen zugrunde gelegt, das gegenüber dem Einkommensteuerrecht einige Besonderheiten aufweist. Hingegen wird für Arbeitslosengeld II und Grundsicherung auf das Netto-Einkommen abgestellt. Diese gravierenden Unterschiede verhindern, dass die Bearbeiter den jeweils anderen Anspruch probeweise berechnen können. Auch für die Antragsteller ist schwer nachvollziehbar, weshalb die Behörden von unterschiedlichen Einkommen ausgehen. Viele Bürger mit geringem Einkommen erhalten in engem zeitlichen Zusammenhang sowohl Bescheide für Wohngeld als auch für Arbeitslosengeld II und Grundsicherung. Daher führen die unterschiedlichen Berechnungsmethoden zu zeitaufwendigen Rückfragen.
2.3 Abgrenzung zu anderen staatlichen Leistungen mangelhaft
Die Kosten des Wohnens sind auch in anderen staatlichen Leistungen berücksichtigt. Das sind insbesondere Arbeitslosengeld II sowie Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit. Hierfür sind die Job-Center bzw. die Sozialämter zuständig.
Der Bürger soll die für ihn günstigste Leistung erhalten. Die Lebenssituation der Betroffenen lässt jedoch oft nicht erkennen, ob für sie Wohngeld oder eine andere staatliche Leistung günstiger ist. In vielen Fällen kann nur durch eine konkrete Berechnung festgestellt werden, welche Leistung zu gewähren ist. Daher sind die Betroffenen gezwungen, Anträge sowohl bei den Wohngeldbehörden als auch bei den Job-Centern oder den Sozialämtern zu stellen. Deshalb muss jede Behörde den Fall vollständig bearbeiten. Denn sie kann jeweils nur die Ansprüche für ihre Leistungsart berechnen. Ändert sich die Einkommenshöhe, sind neue Berechnungen nötig. Dies kann zu einem mehrmaligen Wechsel zwischen Wohngeld und den anderen staatlichen Leistungen führen. Auch deshalb beträgt die jährliche Fluktuation der Wohngeldempfänger 30 Prozent.
Nach Feststellungen der Finanzkontrolle wurden bei mindestens 28 Prozent der Wohngeldverfahren ein oder mehrere weitere Verfahren bearbeitet. Die Kosten für diese Doppelbearbeitung belaufen sich auf 7 Mio. Euro allein bei den Wohngeldbehörden.
Mögliche Kinderzuschläge, die das Wohngeld ergänzen, erzeugen zusätzlichen Bearbeitungsaufwand bei den Familienkassen der Agenturen für Arbeit.
2.4 Wohngeld erreicht Zielgruppe nicht immer
Bei bestimmten Fallgestaltungen wird das Wohngeld auf andere staatliche Leistungen angerechnet und verringert diese. Die Empfänger haben daher keinen Nutzen von den Wohngeldzahlungen, sondern nur den bürokratischen Aufwand.
Das betrifft zum einen Heimbewohner, die einen Wohngeldanspruch haben und regelmäßig Hilfe zur Pflege oder Eingliederungshilfe vom Sozialamt erhalten. Auf diese Gruppe entfallen jährlich 8 Mio. Euro Wohngeld, die nur den Sozialhilfeträger entlasten.
Eine zweite Fallgruppe bilden Familien mit Kindern, die Arbeitslosengeld II erhalten. Diese Familien sollen grundsätzlich nicht daneben Wohngeld beziehen. In besonderen Fallkonstellationen wird bei der Berechnung des Arbeitslosengelds II ein Kind zunächst nicht in die Bedarfsgemeinschaft eingerechnet. Dadurch kann es Wohngeld erhalten. Im zweiten Schritt wird nochmals die gesamte Familie als Bedarfsgemeinschaft betrachtet. Dabei wird das Einkommen des Kindes einschließlich Wohngeld berücksichtigt. Im Ergebnis führt sein Wohngeld dazu, dass der Anspruch der Familie auf Arbeitslosengeld II entsprechend niedriger ausfällt. Diese Fallgruppe war 2008 noch klein. Aufgrund eines Erlasses des Bundes wird diese Gruppe einen bedeutenden Anteil der Wohngeldempfänger ausmachen.
2.5 Leistungsvoraussetzungen teilweise nicht gegeben
Die Feststellung des Einkommens richtet sich nach den Erklärungen des Antragstellers. Nur wenige Daten werden vor oder nach einem Wohngeldbescheid automatisch oder manuell mit anderen staatlichen Stellen abgeglichen. Die Angaben werden weniger intensiv geprüft, als dies bei anderen Sozialleistungen geschieht. Daraus resultieren ungerechtfertigte Wohngeldzahlungen. Beispielsweise hatten mehr als 15 Prozent der Empfänger einer anderen Sozialleistung diese Bezüge im Wohngeldantrag nicht angegeben.
Soweit die Daten abgeglichen werden, erhalten die Wohngeldbehörden erst einige Monate nach dem Entscheidungsdatum diese Informationen. Dadurch entstehen weitere Bearbeitungsschritte, falls Änderungen erforderlich sind.
3 Empfehlungen
Das Wohngeld materiell-rechtlich in Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe zu integrieren, erscheint als die umfassende Lösung. Das ist kurzfristig angesichts der Komplexität der sozialgesetzlichen Regelungen nicht erreichbar. Auf dem Weg dahin gibt es einzelne Schritte, die die Kosten senken, die Verwaltung entlasten und bürgerfreundlicher sind, ohne das Leistungsniveau zu senken. Das Land sollte - soweit erforderlich - folgende Bundesratsinitiativen ergreifen.
3.1 Wesentliche Anspruchsvoraussetzungen für Leistungsarten vereinheitlichen
Die Voraussetzungen für das Wohngeld und die anderen staatlichen Leistungen sollten angeglichen werden.
3.2 Wohngeld mit anderen staatlichen Leistungsverfahren verbinden
Das bisher getrennt laufende Verfahren für Wohngeld sollte mit den Verfahren für Arbeitslosengeld II bzw. Sozialhilfe verbunden werden. Dabei kann das Wohngeld als Leistung unverändert erhalten bleiben. Dies führt zu einer vollständigen Bearbeitung in einer Hand. Dann ist für den Bürger in seiner aktuellen Situation nur eine Behörde zuständig. Das Wohngeld wird dabei wie bisher von Bund und Land getragen.
Die Abgrenzung zwischen Job-Center/Wohngeldbehörde und Sozialamt/Wohngeldbehörde könnte sich wie bisher danach richten, ob der Betroffene dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht. Der Bürger würde dann nur einen Antrag stellen und nur einen einheitlichen Bescheid über alle Leistungsarten erhalten.
Der Bund könnte das Verfahren weiter optimieren und auch die Kinderzuschläge mit dem Verfahren verbinden.
3.3 Datenabgleich verbessern
Korrekte und vollständige Verfahrensdaten entlasten die Wohngeldbehörden und die Bürger.
Der Datenabgleich sollte verbessert und langfristig schon für die Antragsbearbeitung nutzbar gemacht werden. Dann müssen die Antragsteller weniger Belege vorlegen. Das Verfahren wird dadurch beschleunigt, und die Antragsteller erhalten früher das Wohngeld.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Wirtschaftsministerium teilt die Ansicht des Rechnungshofs, dass die Verwaltungskosten für Wohngeld zu hoch sind. Kosten treibend sei es, das Wohngeld von anderen staatlichen Leistungen abzugrenzen. Die Bürger könnten nur teilweise erkennen, ob sie einen Antrag auf Wohngeld oder Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe stellen sollen. Einkommensschwankungen würden oftmals zu einem Leistungswechsel führen. Die hohe Fluktuationsrate der Wohngeldempfänger belege dies.
Auch das Ministerium kritisiert die Regelungen zum Wohngeld für Heimbewohner oder für Kinder, deren Eltern Arbeitslosengeld II beziehen. Den Betroffenen sei der Aufwand, der nicht zu höheren Leistungen führe, nicht zu vermitteln. Die unterschiedlichen Berechnungssysteme bei den einzelnen Transferleistungen sieht das Wirtschaftsministerium ebenso wie wir als problematisch an. Es will sich für einen besseren automatisierten Datenabgleich einsetzen. Dies soll die Datenqualität steigern, ohne den Bearbeitungsaufwand zu erhöhen.
Das Wirtschaftsministerium stimmt der Empfehlung des Rechnungshofs zu, die Verfahren für Wohngeld mit denen für Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe zu verbinden. Dies sei nur ein erster Schritt. Langfristig solle eine materiell-rechtliche Integration angestrebt werden, indem die Sozialleistungen zusammengelegt werden. Nur so könnten alle durch System- und Begriffsunterschiede bedingten Probleme behoben werden.
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Die Ziele für die Förderung von Demonstrationsvorhaben sind präziser zu definieren. Die Projekte sind zu evaluieren. Ob und wie die Förderzuständigkeiten im Energiebereich zusammengefasst werden können, ist zu prüfen. Die operativen Aufgaben sollten auf Einrichtungen unterhalb der ministeriellen Ebene delegiert werden.
1 Ausgangslage
Das Wirtschaftsministerium fördert „Demonstrationsvorhaben der rationellen Energieverwendung und der Nutzung erneuerbarer Energieträger“ seit 1993. Die Förderung steht im Einklang mit dem „Klimaschutzkonzept 2010“ sowie dem „Energiekonzept Baden-Württemberg 2020“.
Der Rechnungshof hatte diese Förderungen bereits vor zehn Jahren untersucht (siehe Denkschrift 2000, Beitrag Nr. 14, Förderung von Demonstrationsvorhaben der rationellen Energieverwendung und der Nutzung erneuerbarer Energieträger). Er hatte insbesondere empfohlen, für diesen Bereich ein Konzept zu erstellen. Die Förderungen sollten besser mit anderen Zuwendungsgebern abgestimmt werden. Zudem sollten einzelne Förderungen im Nachgang evaluiert werden. Die Landesregierung hatte zugesagt, den Empfehlungen zu folgen.
Die aktuelle Prüfung umfasste Demonstrationsvorhaben, die von 2000 bis August 2009 vom Wirtschaftsministerium gefördert worden sind, einschließlich des Bioenergiewettbewerbs.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Fördervolumen und Anzahl der geförderten Projekte
Das Fördervolumen im geprüften Zeitraum betrug 9,3 Mio. Euro. Damit wurden 63 Projekte mit bis zu 40 Prozent der Investitionsausgaben gefördert. Von 2000 bis 2005 wurden 21 Vorhaben gefördert. 2006 gab es keine Anträge. Von 2007 bis Sommer 2009 sind 42 Vorhaben gefördert worden.
2.2 Förderkriterien und Auswahl der Projekte
Der Rechnungshof hat bei einzelnen Demonstrationsvorhaben und Projekten des Bioenergiewettbewerbs Zweifel, ob sie zu Recht gefördert wurden.
Die in den Richtlinien genannten Förderkriterien sind sehr vage formuliert. Das Ministerium möchte sich dadurch weiten Spielraum erhalten. Durch zu enge Tatbestände würden vielversprechende technische Entwicklungen ausgegrenzt.
Bei einer solchen Vorgehensweise sind Auswahlverfahren und Entscheidungsgründe besonders qualifiziert zu dokumentieren. Diesem Anspruch genügt das bisher praktizierte Verfahren nicht. Es ist intransparent und nicht ausreichend schriftlich niedergelegt. Insbesondere ist nicht erkennbar, warum einzelne Vorhaben gefördert oder abgelehnt wurden. Deshalb ist auch nicht nachvollziehbar, inwieweit Maßnahmen ohne Förderung nicht oder nicht im notwendigen Umfang hätten durchgeführt werden können.
Die Bioenergievorhaben werden aufgrund eines Wettbewerbs gefördert. Bei der Auswahl wird das Wirtschaftsministerium durch einen Beirat unterstützt. Dieses Vorgehen ist transparent, der Entscheidungsprozess nachvollziehbar. Jedoch wurde auch hier nicht ausreichend geprüft, ob einzelne Vorhaben ohne Förderung hätten durchgeführt werden können.
2.3 Berichte und Evaluationen
Das Wirtschaftsministerium hat die Projektträger in den Förderbescheiden regelmäßig verpflichtet, die Inbetriebnahme anzuzeigen und vier Jahre kontinuierlich über Betriebsergebnisse und Erfahrungen mit der Anlage zu berichten. Von den Zuwendungsempfängern der Periode 2000 bis 2005 hat nur ein Viertel berichtet. Soweit ersichtlich, hat das Wirtschaftsministerium die fehlenden Berichte nicht angefordert.
Nur in Einzelfällen hat das Ministerium dokumentiert, welche Erkenntnisse und Erfahrungen aus den Projekten gewonnen wurden. Gerade bei Demonstrationsvorhaben muss sich das Ministerium mit Ergebnissen und Zielen besonders kritisch auseinandersetzen. Das gilt umso mehr, als diese aus seiner Sicht als singuläre Projekte zu charakterisieren sind. Nur die aus einzelnen Maßnahmen für weitere nutzbar zu machenden Erkenntnisse rechtfertigen, unter Umständen auch wirtschaftlich riskante Vorhaben zu fördern.
2.4 Vielfältige Förderprogramme
Die Zuständigkeiten für Fördermaßnahmen im Energiebereich sind bundesweit sehr unübersichtlich. In Baden-Württemberg sind sie auf verschiedene Ressorts verteilt. Neben dem Wirtschaftsministerium fördern das Ministerium für Ländlichen Raum, Ernährung und Verbraucherschutz, das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr sowie das Wissenschaftsministerium ähnliche Projekte mit unterschiedlichen Ansatzpunkten.
2.5 Eingesetztes Personal
Das Informationszentrum Energie und die Beratung haben im Fachreferat des Wirtschaftsministeriums einen hohen Stellenwert. Diese weitgehend operativen Aufgaben werden von zwei Vollzeitkräften wahrgenommen. Es ist nicht Aufgabe des Ministeriums, operativ tätig zu werden. Seine Aufgabe ist die strategische Zielsetzung und Steuerung (siehe Beratende Äußerung zur kostenorientierten Optimierung der Wirtschaftsförderung in Baden-Württemberg vom 01.10.2004, Landtagsdrucksache 13/3641).
3 Empfehlungen
Die Förderziele sollten präzisiert werden. Kosten, Nutzen und Risiken von Förderprojekten sind zu analysieren und zu bewerten. Sie sind auf ihre umweltbezogene Wirkung und Umsetzbarkeit hin zu überprüfen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen sind zu dokumentieren und müssen in künftige Förderprogramme einfließen.
Nur solche Vorhaben sollten gefördert werden, die andernfalls nicht oder nicht im notwendigen Umfang durchgeführt werden können.
Die Landesregierung sollte prüfen, inwieweit Zuständigkeiten für die Förderung erneuerbarer Energien gebündelt werden können, um Schnittstellen zu reduzieren. Die operativen Aufgaben, wie Beratung und Förderung, sollten auf andere dafür geeignete Einrichtungen übertragen werden.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Wirtschaftsministerium hält daran fest, die Auswahlkriterien für Demonstrationsvorhaben offen zu formulieren. Würden die Kriterien zu sehr eingeengt, könnten vielversprechende neue technische Entwicklungen eventuell ausgegrenzt werden. Die Förderziele seien in den Förderrichtlinien ausreichend beschrieben. Ein Wettbewerb sei nicht zielführend.
Das Ministerium habe ein Controlling für das Berichtswesen eingerichtet. Ausstehende Berichte seien angemahnt. Bei geeigneten Projekten sollen Evaluationen künftig bereits bei der Bewilligung mit dem Zuwendungsempfänger vereinbart werden. Zusätzlich werden die geförderten Demonstrationsprojekte auf der Internetseite des Ministeriums veröffentlicht. Die Entscheidungsgründe in allen Auswahlverfahren sollten künftig dokumentiert werden.
Das Wirtschaftsministerium betont, die Zuständigkeiten für die vielfältigen Förderungen im Energiebereich seien zwischen den Ressorts hinreichend abgegrenzt. Doppelförderungen würden vermieden.
Die operativen Aufgaben des Informationszentrums Energie zu verlagern, sei nicht sinnvoll. Dadurch würden beim Ministerium Erkenntnisse verloren gehen, die sonst in die energiepolitischen Ziele und Konzeptionen einfließen würden.
5 Schlussbemerkung
Sollen die Auswahlkriterien nach wie vor offen formuliert werden, müssen die Ziele noch mehr präzisiert und Entscheidungsverfahren und gründe hinreichend dokumentiert werden. Der Rechnungshof bleibt bei seiner Auffassung, dass einige Maßnahmen auch ohne Förderung hätten durchgeführt werden können.
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Einzelplan 08: Ministerium für Ländlichen Raum, Ernährung und Verbraucherschutz
Die Landesanstalt für Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume hat mit Millionenaufwand ein Qualitätssicherungsinstrument entwickelt. Das Ziel wurde verfehlt, das Gros der landwirtschaftlichen Betriebe nicht erreicht. Das Instrument sollte künftig auf notwendige fachliche und rechtliche Hinweise beschränkt werden. Die Lehr- und Seminarräume sollten künftig intensiver genutzt, das renovierungsbedürftige Gästehaus sollte aufgegeben werden.
1 Ausgangslage
Die Landesanstalt für Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume (Landesanstalt) ist Kompetenzzentrum für betriebswirtschaftliche Fragen, landwirtschaftliche Marktkunde, Förderprogramme und Ernährungsaufklärung. Sie hat ihren Sitz in Schwäbisch Gmünd. In der Aus- und Fortbildung der Landwirtschaftsverwaltung hat sie eine zentrale Funktion. Die Landesanstalt beschäftigt Mitarbeiter im Umfang von 59 Vollzeitäquivalenten. Sie gab im Prüfungszeitraum durchschnittlich jährlich 4,5 Mio. Euro aus.
Der Rechnungshof untersuchte 2009 die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Landesanstalt von 2006 bis 2008.
2 Prüfungsergebnisse
Bemerkenswert sind die Prüfungsergebnisse zur Gesamtbetrieblichen Qualitäts-Sicherung (GQS) und zum Lehrbetrieb.
2.1 Gesamtbetriebliche Qualitäts-Sicherung
Der Ministerrat hatte 2001 vor dem Hintergrund der Rinderseuche BSE (Bovine Spongiforme Enzephalopathie) beschlossen, eine langfristig ausgerichtete integrierte und durchgängige Qualitätssicherung in der baden-württembergischen Land- und Forstwirtschaft voranzutreiben. Sie sollte als Grundlage für Qualitätssicherungssysteme sowie für die staatlichen Kontrollen und Untersuchungsmaßnahmen dienen.
Seither wird bei der Landesanstalt die sogenannte GQS für landwirtschaftliche Betriebe entwickelt und fortgeschrieben. GQS fasst alle gesetzlichen und förderrechtlichen Vorschriften zusammen, die für die Landwirte von Belang sind. Zusätzlich werden die Anforderungen verschiedener privatwirtschaftlicher Qualitätssicherungssysteme eingearbeitet. GQS soll auch bei der Büroorganisation helfen, Kontrollen vor Ort erleichtern und ist ein Eigenkontroll- und Dokumentationswerkzeug. Die Papierversion besteht aus drei Ordnern mit Checklisten, Ablageblättern, Vordrucken und Merkblättern. Sie wird für 40 Euro verkauft. Daneben gibt es eine elektronische Version und eine kostenlose Online-Version als Internetanwendung.
2.1.1 Zielerreichung
Die Ziele von GQS können nur erreicht werden, wenn das Instrument von den Landwirten angenommen und genutzt wird. Das gilt insbesondere für alle Haupterwerbsbetriebe und die Nebenerwerbsbetriebe ab 20 Hektar, insgesamt rund 25.000 Betriebe. Aus dieser Zielgruppe haben lediglich 14 Prozent ein GQS-Paket gekauft. Die Ergänzungslieferungen nehmen nur 4 Prozent in Anspruch. Die Abrufe bei der kostenlosen Online-Version des GQS beliefen sich 2009 ebenfalls auf 4 Prozent der Zielgruppe. 2007 wurde eine Marktanalyse im Auftrag der Landesanstalt durchgeführt. Sie sollte klären, wie die Nachfrage erhöht werden kann. Die Studie zeigte, dass 40 Prozent der befragten Landwirte aus Baden-Württemberg GQS nicht kannten. Nur 20 Prozent konnten GQS richtig einordnen. Hauptbeweggrund für den Kauf war die Angst vor Kontrollen und Prämienkürzungen. Von den Käufern arbeitete nur ein Drittel regelmäßig damit.
2.1.2 Konsequenzen
Aufgrund der Marktanalyse entwickelte die Landesanstalt ein umfangreiches Marketing-Konzept. Das Produkt sollte durch weitere Module (Verarbeitung/ Vermarktung, Biogas, Arbeitssicherheit) attraktiver gestaltet und der Zielgruppe näher gebracht werden. Die jährlichen Nutzungszahlen sind seither trotzdem weiter zurückgegangen.
Durch Kooperationsverträge mit Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und sogar Luxemburg wurde GQS weiter verbreitet. Die Landesanstalt integriert die jeweils landesspezifischen Vorschriften in die GQS-Basisversion. Die Kooperationspartner beteiligen sich an der Weiterentwicklung, z. B. durch ergänzende Module, und zahlen einen jährlichen Eigenbeitrag von jeweils 10.000 Euro, der die durch die Kooperationen verursachten Kosten jedoch nicht deckt.
2.1.3 Kriterien-Kompendium Landwirtschaft
Parallel zur GQS hat die Landesanstalt auf Bundesebene an dem Qualitätssicherungswerkzeug Kriterien-Kompendium Landwirtschaft mitgearbeitet. Dieses Produkt wurde schließlich vom Deutschen Bauernverband und vom Verband der Landwirtschaftskammern als Eigenentwicklung übernommen und zu einem kommerziellen Angebot ausgebaut. Das Ministerium für Ländlichen Raum, Ernährung und Verbraucherschutz hat diesen Verbänden die Nutzungsrechte an GQS unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Dadurch sparten die Vertragspartner hohe Entwicklungskosten. Im Gegenzug erhielt das Land umfassende Nutzungs- und Beteiligungsrechte am Kriterien-Kompendium Landwirtschaft. Die Vertragspartner sind ihren Vertragspflichten nur unzureichend nachgekommen.
Das Kriterien-Kompendium Landwirtschaft ist mit GQS vergleichbar und inzwischen ein Konkurrenzprodukt. Es steht den Mitgliedern der berufsständischen Organisationen zur Verfügung.
2.1.4 Kosten für das Gesamtbetriebliche Qualitäts-Sicherungs-Projekt
Der Aufwand für das Projekt GQS ist erst seit 2006 aus der Kosten- und Leistungsrechnung ersichtlich. Er setzt sich aus dem Sachaufwand und dem Personalaufwand zusammen. Nach den Berechnungen des Rechnungshofs belaufen sich die Gesamtaufwendungen 2001 bis 2009 auf 2,6 Mio. Euro. Die Erlöse in diesem Zeitraum addieren sich auf 200.000 Euro. Auf jedes verkaufte GQS-Paket entfallen also Kosten von rund 640 Euro.
Würde das Projekt unverändert weitergeführt, würden die jährlichen Kosten rund 250.000 Euro betragen.
2.1.5 Bewertung
GQS kann die Landwirte durch fachliche und rechtliche Informationen unterstützen. Das kann helfen, das Anlastungsrisiko bei Fördermitteln der Europäischen Union zu verringern.
Es ist aber nicht Aufgabe des Staates, die Anforderungen der verschiedenen Qualitätssicherungssysteme der Privatwirtschaft in einer Dokumentation zusammenzufassen und ständig aktuell zu halten. Die Träger der privatwirtschaftlichen Qualitätssicherungssysteme stellen die für ihre Systeme erforderlichen Checklisten, Vordrucke und Merkblätter selbst zur Verfügung.
Genauso wenig ist es Aufgabe des Landes, mit hohem Kostenaufwand ein länderübergreifend einsetzbares Eigenkontroll- und Dokumentationskonzept für die landwirtschaftliche Erzeugung zu entwickeln.
Der Aufwand für GQS ist zu hoch. Die gesteckten Ziele wurden verfehlt, da das Gros der landwirtschaftlichen Betriebe nicht erreicht wird.
Das Ministerium hätte das Projekt spätestens 2008, nachdem die Marktstudie vorlag, umsteuern müssen. Stattdessen wird es bis heute mit unvermindertem Aufwand weitergeführt, obwohl der Absatz weiter zurückgegangen ist und mit dem Kriterien-Kompendium Landwirtschaft ein bundesweit einsetzbares privatwirtschaftliches Produkt auf dem Markt ist.
2.2 Lehrbetrieb
Zu den wichtigsten Aufgaben der Landesanstalt gehört, die Bediensteten der Landwirtschaftsverwaltung fachlich und methodisch aus- und fortzubilden. Sie verfügt in Schwäbisch Gmünd über vier Lehrsäle, vier Seminar- und Gruppenarbeitsräume sowie ein Gästehaus. Sie ist damit für diese Aufgabe gut ausgestattet.
Die Landesanstalt bildet Landwirtschaftsreferendare und Landwirtschaftsinspektoren aus. Die fachliche Fortbildung der Landwirtschaftsverwaltung ist weitgehend bei der Landesanstalt konzentriert.
Die Prüfung ergab, dass die Lehrsäle 2009 nach dem Belegungsplan (Stand September 2009) nur zu 41 Prozent, die Seminar- und Gruppenarbeitsräume zu 20 Prozent ausgelastet waren. Das Gästehaus war 2005 bis 2008 nur zu 40 Prozent ausgelastet. Angesichts der anfallenden Kosten war die einzelne Übernachtung teurer als die Unterbringung in einer Pension. Das Gästehaus ist zudem renovierungsbedürftig.
3 Empfehlungen
3.1 Gesamtbetriebliche Qualitäts-Sicherung
Das Projekt GQS sollte nicht in der jetzigen umfassenden Form weitergeführt werden. Denkbar wäre, lediglich Basisinformationen anzubieten, die sich auf die notwendigen fachlichen und rechtlichen Hinweise zum Fachrecht und den Fördermaßnahmen beschränken.
3.2 Lehrbetrieb
Bei der Landesanstalt könnten weitere Aus- und Fortbildungsaktivitäten aus dem Geschäftsbereich des Ministeriums für Ländlichen Raum, Ernährung und Verbraucherschutz konzentriert werden.
Das Gästehaus sollte geschlossen werden. Für mehrtägige Veranstaltungen sind Kooperationen mit den umliegenden Beherbergungsbetrieben anzustreben.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Ministerium für Ländlichen Raum, Ernährung und Verbraucherschutz weist darauf hin, das Land wolle die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft durch Qualitätssicherungssysteme stärken.
Das Land habe in den Entwicklungsjahren 2001 bis 2005 investiert, um die Qualität durch ein völlig neues Instrumentarium für landwirtschaftliche Unternehmen in Form einer Eigenkontrolle zu sichern. Wegen vielfältiger Einflussfaktoren und Komplexität sei der Ressourceneinsatz gerechtfertigt.
Nach eigenen Ermittlungen seien die Lehr- und Seminarräume zu 50 Prozent ausgelastet. Zukünftig solle ferner der Computerraum für die Lehrerfortbildung des Regierungspräsidiums Stuttgart mit genutzt werden. Dadurch würde sich dessen Auslastung auf 70 Prozent erhöhen.
Beim Gästehaus sei der geprüfte Zeitraum nicht repräsentativ. Bereits ab 2010 würden die Ausbildungszahlen wieder ansteigen. Dann werde das Gästehaus zu 55 Prozent ausgelastet.
5 Schlussbemerkung
Die agrarpolitische Zielsetzung des GQS-Projekts wird vom Rechnungshof nicht infrage gestellt. Die Entwicklungsphase ist jedoch beendet. Wir halten deshalb daran fest, dass das Projekt jetzt neu ausgerichtet und der Ressourceneinsatz erheblich reduziert werden sollte.
Selbst die vom Ministerium genannten Auslastungsgrade für die Lehr- und Seminarräume sowie das Gästehaus sind unzureichend.
Zweifelhaft ist, ob die Zahl der Landwirtschaftsreferendare auf dem augenblicklich hohen Niveau bleiben wird. Damit wird das Gästehaus nicht dauerhaft ausgelastet sein.
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Einzelplan 09: Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familien und Senioren
Die Ausgestaltung der Festbetragsfinanzierung beim Förderprogramm für den Bau und die Sanierung von Pflegeheimen hat sich nicht bewährt. Außerdem ergaben sich Defizite beim Vollzug der Förderung.
1 Ausgangslage
Länder, Kommunen, Pflegeeinrichtungen und Pflegekassen sind für die pflegerische Versorgung der Bevölkerung gemeinsam verantwortlich. Aufgabe der Länder ist es, für eine leistungsfähige und zahlenmäßig ausreichende Versorgungsstruktur zu sorgen.
In den letzten zehn Jahren stellte das Land für den Bau und die Sanierung von Pflegeheimen jährlich durchschnittlich 52 Mio. Euro zur Verfügung. Das Förderverfahren wurde im Landespflegegesetz dem Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg als weisungsfreie Angelegenheit zugewiesen.
Gefördert werden Investitionen für
- Dauerpflegeplätze: auf Dauer vorgesehene Heimunterbringung von Pflegebedürftigen mit einer Betreuung rund um die Uhr,
- Kurzzeitpflegeplätze: vorübergehende Heimunterbringung von Pflegebedürftigen, die zu Hause leben, um beispielsweise einer privaten Pflegeperson Urlaub zu ermöglichen und
- Tages- oder Nachtpflegeplätze: ein ergänzendes Angebot für kurzzeitige Hilfe in einem Pflegeheim, wenn beispielsweise bei einem Teil der Pflege zu Hause private Pflegepersonen temporär ausfallen.
Die Finanzkontrolle hat die Zielerreichung und die Ordnungsmäßigkeit dieser Förderung geprüft.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Bedarfsplanung
Der Landespflegeplan wurde 2007 mit einem prognostizierten Bedarf für 2015 fortgeschrieben. Der Bestand der Pflegeplätze und die Anzahl der zu pflegenden Personen ergeben sich aus der Pflegestatistik. Es werden nur die zu pflegenden Personen der Pflegestufen I bis III erfasst. Unberücksichtigt bleiben bei der Pflegestatistik
- die nicht belegten Pflegeplätze,
- die Heimbewohner mit der sogenannten Pflegestufe 0,
- Versicherte, deren Antrag auf Feststellung der Pflegebedürftigkeit abgelehnt worden ist oder
- Versicherte, die keinen Antrag gestellt haben, obwohl sie pflegerischen Hilfebedarf haben.
Das Sozialministerium hätte diese Angaben, die nicht statistisch erhoben werden, zusätzlich ermitteln können. Eine verlässlichere Bestands- und Bedarfserhebung der Pflegeheimplätze wäre möglich gewesen.
Der Landesgesetzgeber strebt eine wohnortnahe, gemeinde- und stadtteilbezogene pflegerische Grundversorgung der Bevölkerung an. Eine Definition dieses sehr allgemeinen Ziels unterblieb. Die Stadt- und Landkreise legen ihre Planungsräume individuell fest. Die tatsächlich belegten Pflegeplätze sind in den Kreispflegeplänen nicht aufgeführt und somit auch nicht in die Bedarfsplanung einbezogen. Soweit solche Angaben dennoch in den Plänen genannt werden, beruhen diese auf freiwilliger Basis.
2.2 Zielerreichung
Förderziel ist, die notwendige Grundversorgung der Bevölkerung durch eine möglichst wohnortnahe Versorgungsstruktur zu gewährleisten. Das Förderprogramm wird 2011 nicht weitergeführt.
2.2.1 Grundversorgung
Es sind landesweit mehr Dauerpflegeplätze vorhanden als erforderlich.
Bei den Kurzzeit- und Tagespflegeplätzen ist das Förderziel nicht erreicht. Gemessen am Bestand der Pflegeplätze 2007 besteht nach den Prognosen für 2015 landesweit ein zusätzlicher Bedarf bei der Kurzzeitpflege von mindestens 592, höchstens 1.212 Pflegeplätzen. Bei der Tagespflege beträgt der zusätzliche Bedarf landesweit mindestens 84, höchstens 1.254 Pflegeplätze
2.2.2 Qualitätsanforderung
Bereits seit 1996 sah die Pflegeheimförderung vor, Zweibettzimmer nur in Ausnahmefällen zu schaffen - möglichst nicht mehr als 10 Prozent, maximal 20 Prozent. Seit September 2009 muss bei Neubau- und Sanierungsmaßnahmen grundsätzlich für alle Bewohner ein Einzelzimmer zur Verfügung stehen. Übergangsfristen für bestehende Pflegeheime und auch für Neubauvorhaben nach dem Förderausstieg sind vorgesehen. Durch die bauliche Gestaltung sollen die Selbstbestimmung und die Lebensqualität der Bewohner verbessert werden. Die baufachlichen Anforderungen sollen eine weitgehende Annäherung der Lebensumstände an die Verhältnisse in Privathaushalten unterstützen. Zum Jahresende 2007 lebten insgesamt 46 Prozent der Bewohner von Pflegeheimen in Zwei- und Mehrbettzimmern.
2.2.3 Pflegesatz
Die Landesförderung soll zu sozial tragbaren Pflegesätzen beitragen. Dieses Ziel wird erreicht, da Zuwendungen der öffentlichen Hand die von Bewohnern oder Trägern der Sozialhilfe zu zahlenden Heimentgelte oder Mieten vermindern.
2.3 Fördermodalitäten
2.3.1 Festbetragsfinanzierung und Kostenrichtwerte
Der Förderhöchstbetrag beträgt bei einem Dauerpflegeplatz 45 Prozent, bei einem Kurzzeitpflegeplatz 80 Prozent des Kostenrichtwerts von 76.176 Euro und bei einem Tagespflegeplatz 90 Prozent des Kostenrichtwertes von 33.865 Euro. Zwei Drittel der errechneten Förderung werden vom Land und ein Drittel unmittelbar vom Stadt- oder Landkreis des Standorts getragen. Die Zuwendungen werden als Festbetrag gewährt. Einsparungen verbleiben beim Zuwendungsempfänger, vorausgesetzt, die Bauausführung wurde ohne Qualitätseinbußen durchgeführt und das Raumprogramm nicht unterschritten.
Die Kostenrichtwerte werden nicht auf ihre Angemessenheit überprüft. Sie werden lediglich mit dem Baupreisindex fortgeschrieben. Abgerechnete Maßnahmen werden nach den Vorgaben nur in Einzelfällen baufachlich geprüft.
Die im Antrag auf Förderung nach DIN 276 gegliederte Kostenermittlung gibt Aufschluss über die Höhe der voraussichtlichen Kosten der einzelnen Kostengruppen, nicht aber über deren Angemessenheit. Diese kann trotz baufachlicher Prüfung offenbar nicht in allen Fällen beurteilt werden oder wird unzureichend geprüft.
Von 25 abgerechneten Maßnahmen der Förderprogramme 2004 und 2005 verringerten sich bei 24 Prozent die Kosten gegenüber dem Antrag. Die Einsparungen lagen bei den Neubaumaßnahmen zwischen 263.000 Euro und 625.000 Euro, bei einer Sanierungsmaßnahme bei 310.000 Euro. Bezogen auf die Summe der jeweils geförderten Pflegeplätze betrugen die Einsparungen bei den Neubaumaßnahmen zwischen 5.400 Euro und 28.800 Euro je Pflegeplatz, bei der Sanierungsmaßnahme 5.200 Euro je Pflegeplatz.
Bei weiteren sieben vor Ort geprüften Baumaßnahmen enthielten drei Anträge überhöhte Kosten.
Beispielsweise wurden in einem dieser Fälle für einen geplanten Neubau zwei Kostenberechnungen erstellt, nämlich eine für den Zuwendungsantrag mit 6,7 Mio. Euro und eine zweite für den Bauherrn mit 5,8 Mio. Euro. Der Kostenberechnung für den Zuwendungsantrag legte der Träger des Pflegeheims unter anderem Kostenkennwerte zugrunde, die nach seiner Einschätzung um 10 Prozent überhöht gewesen seien.
In einem anderen Fall waren für einen geplanten Ersatzneubau 5,8 Mio. Euro im Zuwendungsantrag angegeben. Vor Bewilligung der Zuwendung war dem Träger des Pflegeheims durch Submission bekannt, dass die im Zuwendungsantrag mitgeteilten Kosten um mehr als 0,8 Mio. Euro überhöht waren.
2.3.2 Sanierung
Die maximal förderfähigen Kosten bei Sanierungsmaßnahmen werden ebenfalls pauschal über den jeweiligen Kostenrichtwert für Neubaumaßnahmen (grundsätzlich bis 75 Prozent) ermittelt, obwohl die entstehenden Kosten von Art und Umfang der Sanierungsarbeiten abhängig sind.
Bei einer Sanierungsmaßnahme betrugen die Kosten laut Antrag 3,5 Mio. Euro. Tatsächlich kostete die Sanierung nach den Prüfungsergebnissen nur 1,8 Mio. Euro.
2.3.3 Flächen
Bei vier Baumaßnahmen schufen die Träger der Pflegeheime weniger als die mit Bewilligungsbescheid geförderten Flächen oder sie rechneten nicht förderfähige Flächen im Verwendungsnachweis ab.
2.4 Verwendungsnachweise
Von 325 Projekten der Förderprogramme 1997 bis 2004 liegen für 44 Projekte noch keine Verwendungsnachweise vor. Bei weiteren 81 Projekten ist die Prüfung der Verwendungsnachweise noch nicht abgeschlossen.
3 Empfehlungen
Auch bei anderen laufenden und künftigen Förderprogrammen sollen die Erkenntnisse der Untersuchung zur Pflegeheimförderung berücksichtigt werden. Bei Festbetragsförderungen ist die Bemessungsgrundlage regelmäßig auf ihre Geeignetheit zu überprüfen.
Im Einzelnen empfiehlt der Rechnungshof,
- abgerechnete Baumaßnahmen mit hohen Kostenabweichungen generell baufachlich zu prüfen,
- die fehlenden Verwendungsnachweise abgeschlossener Baumaßnahmen rasch einzufordern oder die Zuwendungen zurückzufordern,
- die umgehende Prüfung der vorliegenden Verwendungsnachweise sicherzustellen und
- die Zuwendungen für die beanstandeten Baumaßnahmen rasch neu festzusetzen und zurückzufordern, soweit rechtlich möglich.
Im Übrigen sollte das Land eine verlässlichere Bedarfserhebung über Pflegeplätze sicherstellen und deshalb alle belegten und nicht belegten Pflegeplätze erheben.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Sozialministerium führt aus, Baden-Württemberg verfüge entsprechend den Vorgaben des Sozialgesetzbuchs, Elftes Buch, Soziale Pflegeversicherung, und des Landespflegegesetzes über eine differenzierte und fundierte Planung der Pflegeinfrastruktur. Die festgestellte Diskrepanz zwischen tatsächlichem Bestand und geschätztem Bedarf bei der Tages- und Kurzzeitpflege müsse nicht zwingend oder nicht ausschließlich ein Angebotsdefizit zum Ausdruck bringen. Sie könne vielmehr auch auf zu hohen Bedarfseckwerten beruhen.
Durch die Form der Festbetragsförderung seien Anreize zur kostengünstigen Realisierung der Fördervorhaben geschaffen und gleichzeitig der notwendige Verwaltungsaufwand begrenzt worden. Deshalb sollen grundsätzlich Kostenminderungen durch mehr Sparsamkeit dem Träger des Pflegeheims zugutekommen, Kostenerhöhungen dagegen von ihm getragen werden. Weder aus der baufachlichen Prüfung noch aus der Projektberatung hätten sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Höhe der Kostenrichtwerte unangemessen wäre.
Das Ergebnis der Pflegeheimförderung sei eine moderne, leistungsfähige und regional ausgewogene Pflegeinfrastruktur bei gleichzeitiger finanzieller Entlastung der Heimbewohner und ihrer Kostenträger von betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen. Die neuen heimrechtlichen Vorgaben seien für den Prüfungszeitraum und die Pflegeheimförderung insgesamt ohne Bedeutung.
Die Förderbehörde sei gebeten worden, die noch fehlenden Verwendungsnachweise umgehend einzufordern, eine zeitnahe Prüfung der bereits vorliegenden Verwendungsnachweise zu gewährleisten und bei den beanstandeten Fördervorhaben die erforderlichen Maßnahmen einzuleiten. Die Anregungen zur Optimierung des Verfahrens würden aufgenommen.
5 Schlussbemerkung
Der Rechnungshof anerkennt die Vorteile der Verwaltungsvereinfachung bei der Festbetragsfinanzierung. Diese Finanzierungsart eignet sich insbesondere dann, wenn mit erheblichen Minderausgaben nicht zu rechnen ist und die Bemessungsgrundlage sachgerecht ist.
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Einzelplan 10: Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr
Für die Förderung der Altlastenbehandlung gibt das Land deutlich weniger aus als früher. Neue Sanierungsvorhaben sind kaum noch möglich. Zeit- und personalaufwendige Verwaltungsabläufe wurden jedoch beibehalten. Die Förderung ist neu auszurichten und organisatorisch zu vereinfachen.
1 Ausgangslage
Altlasten sind, neben ehemaligen Müllkippen (Altablagerungen), früher industriell oder gewerblich genutzte Grundstücke (Altstandorte). Auf diesen Flächen wurden umweltgefährdende Stoffe von Betrieben verwendet, gelagert oder entsorgt. Mit der Altlastenbehandlung sollen die von diesen Stoffen ausgehenden Gefahren für Mensch und Umwelt abgewehrt werden.
Rechtsgrundlagen sind das Bundes-Bodenschutzgesetz von 1998 sowie das Landes-Bodenschutz- und Altlastengesetz von 2004. Der Vollzug der Bodenschutzgesetze liegt in der Regel bei den unteren Bodenschutz- und Altlastenbehörden, die bei den Landkreisen und Bürgermeisterämtern der Stadtkreise angesiedelt sind.
Die landesweite Erfassung altlastverdächtiger Flächen wurde 2002 abgeschlossen. Bis 2008 waren einschließlich der nacherfassten Fälle 89.000 Flächen registriert. Davon sind 2.300 saniert; in weiteren 2.000 Fällen sind Sanierungsmaßnahmen erforderlich oder noch nicht abgeschlossen; 14.000 sind altlastverdächtig. Bei den restlichen Flächen besteht derzeit kein akuter Handlungsbedarf.
Das Land fördert kommunale Projekte zur Erfassung und Altlastenbehandlung nach den Förderrichtlinien Altlasten. Bis 1994 standen mehr als 50 Mio. Euro je Jahr bereit. Der Haushaltsansatz war ständig rückläufig und betrug seit 2004 noch 15 Mio. Euro je Jahr. Für 2010/2011 sind 7 Mio. Euro je Jahr im Staatshaushaltsplan veranschlagt. Das Geld ist vollständig durch laufende Projekte gebunden. Für Neubewilligungen sind 2010/2011 Verpflichtungsermächtigungen von 15 Mio. Euro je Jahr verfügbar, mit denen Ausgaben in den jeweils fünf darauffolgenden Haushaltsjahren finanziert werden können.
Zu den Altstandorten zählen 164 stillgelegte Gaswerke, in denen Stadtgas durch Trockendestillation von Kohle gewonnen wurde. Die Standorte sind meist mit polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen belastet, die beim Menschen krebserregend wirken können.
Am Beispiel von 16 ehemaligen Gaswerksstandorten hat der Rechnungshof die Förderung der Altlastenbehandlung geprüft.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Abläufe und Dauer der Verfahren
Die Altlasten werden in drei Stufen bearbeitet: Verdachtsflächen werden erfasst, auf ihre Gefährdung hin abgeschätzt und gegebenenfalls saniert. Die unteren Bodenschutz- und Altlastenbehörden erfassen die altlastverdächtigen Flächen flurstückgenau im Bodenschutz- und Altlastenkataster. Vertiefte Untersuchungen vor Ort folgen (orientierende Untersuchung, Detailuntersuchung). Nach jeder Untersuchung werden Gefährdungslage sowie Dringlichkeit überprüft und bewertet. Die Gefährdungsabschätzung führt entweder zur Sanierung mit vorheriger Sanierungsuntersuchung und -planung oder zum Ausscheiden der Fläche aus dem Altlastenkataster.
Die Verfahren dauern lange. Die Bearbeitungszeiten der einzelnen Schritte lagen zwischen 1,5 und 16 Jahren. Hinzu kamen lange Stillstandzeiten zwischen den Bearbeitungsschritten. Bei einem der geprüften Vorhaben dauerte das gesamte Verfahren fast 18 Jahre. Zum Zeitpunkt der Prüfung waren zwei Verfahren noch nicht abgeschlossen, die schon 16 Jahre liefen.
Gründe dafür sind, dass Messungen wiederholt und ergänzt werden müssen, da die Ergebnisse unvollständig oder ungenau waren. Dies führte zu Mehrausgaben für die vertieften Untersuchungen von bis zu 400 Prozent gegenüber den Erstbewilligungen. Ferner können schwierige hydrogeologische Verhältnisse auftreten. Häufig liegt es aber daran, dass die Vorhabensträger kein Interesse an einer zügigen Sanierung haben, da eine Umnutzung der Grundstücke (vorerst) nicht geplant ist.
Die Verfahrensabläufe sind seit vielen Jahren unverändert geblieben. Auf massiv veränderte Rahmenbedingungen, insbesondere auf die drastisch reduzierten Fördergelder, wurde nicht angemessen reagiert: Vorhaben wurden gestreckt, über mehrere Jahre ausgesetzt und Untersuchungen in die Länge gezogen. Die aufwendigen Verwaltungsabläufe wurden beibehalten.
2.2 Aufgabe und Aufwand der Bewertungskommissionen für Altlasten
Die bei den unteren Bodenschutz- und Altlastenbehörden gebildeten Bewertungskommissionen übernehmen die fachliche Beratung. Ihnen gehören als ständige Mitglieder Vertreter der unteren Bodenschutz- und Altlastenbehörde (Vorsitz) und der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg an. Hinzu kommt je ein Vertreter des Regierungspräsidiums, des Landesamtes für Geologie, Rohstoffe und Bergbau sowie des Gesundheitsamtes, der Gewerbeaufsicht und der unteren Wasserbehörde des Landratsamtes oder des Bürgermeisteramtes des Stadtkreises.
Die Bewertungskommissionen bewerten die Untersuchungsergebnisse, empfehlen Sanierungen und beraten bei Sanierungsentscheidungen. Mit ihren Empfehlungen werden faktisch die Weichen für die Förderverfahren gestellt. Sie entschieden bei den geprüften Vorhaben ausschließlich nach technischen Gesichtspunkten. Wirtschaftlichkeitsüberlegungen stellten sie nicht an.
Die Arbeit der Bewertungskommissionen zieht sich hin, weil Untersuchungsergebnisse nicht rasch behandelt werden oder Berichte der Ingenieurbüros unzureichend sind. Auch binden die Sitzungen der Bewertungskommissionen viele Personalkapazitäten. Wird je Land- und Stadtkreis eine Besprechung je Jahr angesetzt, kommen einige Mitglieder mit Vor- und Nachbereitung auf eine mehr als halbjährige Tätigkeit allein für Kommissionssitzungen.
2.3 Förderung der Erfassung und Behandlung von Altlasten
Gemeinden, Landkreise, Zweckverbände und Verwaltungsgemeinschaften stellen die Förderanträge bei den unteren Bodenschutz- und Altlastenbehörden. Diese leiten sie mit einer fachtechnischen Stellungnahme an die Regierungspräsidien weiter, die über Anträge bis 400.000 Euro zuwendungsfähige Ausgaben entscheiden. Dieser Regelung hat der unabhängige Verteilungsausschuss beim Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr grundsätzlich zugestimmt. Ihm gehören zwei Vertreter des Landes und jeweils ein Vertreter der drei kommunalen Landesverbände an.
Der Verteilungsausschuss Altlasten entscheidet über Zuwendungsanträge, die über 400.000 Euro liegen. Er kann den Fördersatz bei leistungsschwachen Gemeinden auf bis zu 90 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben erhöhen. Ebenso kann er für Maßnahmen an Modellstandorten, für Vorhaben mit Modellcharakter und für Pilotprojekte den Fördersatz auf bis zu 100 Prozent erhöhen.
Nach den Förderrichtlinien wird bei hohen zuwendungsfähigen Sanierungsausgaben der Regelfördersatz von 50 Prozent auf bis zu 75 Prozent erhöht (siehe Tabelle).
Der Rechnungshof stellte bei den geprüften Vorhaben Fördersätze von 50 bis 68 Prozent fest. Die Fördersätze von mehr als 50 Prozent resultieren aus der Regelung für erhöhte zuwendungsfähige Ausgaben. Diese Förderklausel ist angesichts des knappen Fördergeldes nicht länger haltbar. Für weiter anstehende Sanierungen reichen die Zuwendungen nicht. Die Vorhaben werden deshalb zeitlich gestreckt. Dies führt zur Verteuerung der Sanierungsmaßnahmen.
Bei einem einheitlichen Fördersatz von 50 Prozent ist der Verteilungs-ausschuss entbehrlich.
2.4 Nacherfassungen zur historischen Erhebung
Die landesweite Erfassung altlastverdächtiger Flächen wurde 2002 abgeschlossen. Bisher nicht bekannte Altstandorte und Altablagerungen sowie inzwischen stillgelegte schadstoffrelevante Betriebe werden nacherfasst. Die Nacherfassung bindet Fördergeld, das für die Sanierung und Überwachung benötigt wird. Im Durchschnitt der letzten fünf Jahre waren es 3 Mio. Euro jährlich.
3 Empfehlungen
3.1 Bewertungskommissionen für Altlasten
Die Bewertungskommissionen haben zügig zu einem abschließenden Ergebnis zu kommen. Untersuchungen sind nicht in die Länge zu ziehen. Liegt keine akute oder latente Altlast vor, ist die Bearbeitung sehr viel früher abzuschließen. Die Verfahren zu unbedenklichen Altstandorten können archiviert werden. Falls das Gefährdungspotenzial später dennoch kritischer eingeschätzt wird, kann auf die Dokumentation zurückgegriffen werden. Auch ist die Beratung inhaltlich und zeitlich zu straffen. Häufig reicht das Umlaufverfahren aus.
Die Sanierungsverfahren sind nach fachlichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten. Kosten-Nutzen-Relationen sind einzubeziehen. Die Bewertungskommissionen müssen ihre mit höheren Ausgaben verbundenen Empfehlungen begründen.
Die Kommissionsverordnung ist entsprechend zu ändern.
3.2 Förderverfahren und Fördersätze
Die Nacherfassungen sind eine Daueraufgabe der unteren Bodenschutz- und Altlastenbehörden. Sie sind künftig nicht mehr zu fördern.
Für die Sanierungsmaßnahmen ist ein einheitlicher Fördersatz von 50 Prozent festzulegen. Mittelfristig ist eine Festbetragsfinanzierung anzustreben.
Der Verteilungsausschuss ist aufzulösen. Die Förderung und deren Steuerung kann von den Regierungspräsidien geleistet werden.
Die Förderrichtlinien Altlasten sind entsprechend zu ändern.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr teilt nicht in allen Punkten die Feststellungen und Empfehlungen des Rechnungshofs. Es weist darauf hin, dass sich die Altlastenkonzeption des Landes Baden-Württemberg bewährt habe und deshalb in den Grundzügen bis heute belassen wurde. Rechtliche und fachliche Neuerungen hätten aber stets Berücksichtigung gefunden und zu zahlreichen Änderungen der Arbeitsabläufe sowie von Beurteilungskriterien und Entscheidungsprozessen geführt.
Unabhängig von der Untersuchung des Rechnungshofs habe das Ministerium bereits 2008 die Novellierung der Kommissionsverordnung mit dem Ziel in Angriff genommen, das Bewertungsverfahren zu straffen und an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen. Die Berücksichtigung wirtschaftlicher Belange werde in der neuen Verordnung noch deutlicher herausgestellt. Das Anhörungsverfahren sei bereits abgeschlossen. Die Verordnung soll zügig erlassen werden.
Außerdem strebe das Ministerium an, einen einheitlichen Fördersatz festzulegen. Dies bedürfe aber, wie die Abschaffung des Verteilungsausschusses, der Abstimmung mit den kommunalen Landesverbänden. Auch die vom Rechnungshof vorgeschlagene Festbetragsregelung erfordere die Diskussion mit den kommunalen Landesverbänden.
Das Ministerium lasse derzeit prüfen, wie die Nacherfassung von altlastverdächtigen Flächen stillgelegter Betriebe auf eine kontinuierliche Erfassung durch die unteren Bodenschutz- und Altlastenbehörden umgestellt werden kann. Die Nacherfassung soll ab 01.01.2012 nicht mehr gefördert werden. Bis dahin werde aber an der bisherigen Regelung festgehalten.
5 Schlussbemerkung
Die Verwaltung kann auf gelungene Sanierungsbeispiele verweisen. Nach mehr als 20 Jahren Erfahrungen mit der Altlastenbearbeitung ist es aber dringend geboten, die Verfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen. Dies gilt umso mehr, da das Fördergeld deutlich zurückgegangen ist und sich die Altlastenbearbeitung auf das Machbare zu konzentrieren hat.
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Der Rechnungshof empfiehlt, das Altprogramm des kommunalen Straßenbaus schnellstmöglich zu bereinigen. Durch eine landesgesetzliche Regelung ist die Förderung bis 2019 zu sichern. Darin sind die Förderbedingungen anzupassen. Nur so entsteht Handlungsspielraum für neue Vorhaben.
1 Ausgangslage
Mit der Föderalismusreform 2006 entfielen die Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG). Bis 2019 leistet der Bund solche Mittel nach dem Entflechtungsgesetz an die Länder. Von 2007 bis 2013 erhält Baden-Württemberg 168 Mio. Euro jährlich. Davon setzt das Land für den kommunalen Straßenbau 100 Mio. Euro und für den öffentlichen Nahverkehr 68 Mio. Euro ein. 2014 werden die Beträge durch eine Revision neu festgelegt. Ebenso entfällt die Zweckbindung für die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden, es gibt nur noch eine investive Zweckbindung.
Bis 2013 sind für den kommunalen Straßenbau, neben den 100 Mio. Euro Übergangsmitteln des Bundes, noch 5 Mio. Euro Komplementärmittel des Landes aus der Kraftfahrzeugsteuerverbundmasse jährlich verfügbar. Mit diesem Geld muss das Land das Förderprogramm nach dem GVFG (Altprogramm) und das Förderprogramm nach dem Entflechtungsgesetz (Neuprogramm) finanzieren. Das Altprogramm enthält alle Vorhaben, die vor 2007 aufgenommen wurden und noch nicht abgeschlossen sind. Das Neuprogramm wird jährlich fortgeschrieben. Die beiden Förderprogramme bilden das Förderprogramm kommunaler Straßenbau. Es umfasst knapp 1.000 Vorhaben mit Zuwendungen von 1,3 Mrd. Euro (Stand Mai 2009).
Die nach dem Förderprogramm von 2009 bis 2013 zu leistenden Zuwendungen betragen 538 Mio. Euro. Dafür stehen Fördermittel von 525 Mio. Euro (105 Mio. Euro jährlich) zur Verfügung. Es fehlen 13 Mio. Euro (Stand Mai 2009).
Die Lücke bei der Finanzierung des Förderprogramms kommunaler Straßenbau sowie die fehlende Planungs- und Finanzierungssicherheit nach 2013 schränkt die Förderung neuer Vorhaben ein. Bislang fehlt eine landesgesetzliche Nachfolgeregelung zum GVFG.
2 Ablauf des Förderverfahrens
Der Vorhabenträger kann eine Zuwendung beantragen, wenn das Vorhaben in das Förderprogramm aufgenommen ist. Das Regierungspräsidium unterrichtet den Vorhabenträger über die Genehmigung des Antrags. Die Genehmigung enthält Angaben zur Förderhöhe und der Förderung für die einzelnen Jahre. Danach erfolgt bei förderfähigen Vorhaben die Bewilligung der Zuwendungsraten entsprechend der verfügbaren Haushaltsmittel und dem Baufortschritt.
Vorhaben des Neuprogramms können bewilligt werden, wenn sie durch Haushaltsmittel und Verpflichtungsermächtigungen finanziert sind. Die Finanzierung der Vorhaben des Altprogramms erfolgt dagegen nur aus Haushaltsmitteln. Nach den Vorgaben des Ministeriums hat die Ausfinanzierung des Altprogramms Vorrang vor der Bewilligung neuer Vorhaben.
3 Abwicklung des Altprogramms
Im Altprogramm befinden sich mehr als 500 nicht abgeschlossene Vorhaben. Darunter sind solche, die bereits vor mehr als 10 Jahren in das Altprogramm aufgenommen wurden. Für viele Vorhaben sind bis 2008 keine oder nur wenige Fördermittel abgeflossen. Der Rechnungshof hat 82 Vorhaben untersucht. Von der Prüfung ausgenommen waren Vorhaben nach dem Eisenbahnkreuzungs¬gesetz.
Die folgenden Beispiele stehen für vier typische Fallgruppen:
- Nicht abgeschlossene Rechtsverfahren
Obwohl die Vorhaben genehmigt und Zuwendungsbescheide erteilt wurden, sind die erforderlichen planungsrechtlichen Voraussetzungen noch nicht geschaffen worden und damit noch nicht umsetzungsfähig.
Bei der Nordumfahrung Heimsheim im Enzkreis handelt es sich um eine rund 600 Meter lange Querverbindung zwischen den Landesstraßen L 1134 und L 1175. Das Regierungspräsidium Karlsruhe hatte die grundsätzliche Förderfähigkeit festgestellt und das Vorhaben 2002 in das Förderprogramm aufgenommen. Es genehmigte den Förderantrag im Dezember 2003. Für das Vorhaben sind Zuwendungen von 1,2 Mio. Euro vorgesehen. Zwischen 2004 und 2009 wurden vier Bewilligungsbescheide erteilt. Diese verfielen, da sich das Bebauungsplanverfahren durch Bürgereingaben und Petitionen sowie Änderungen im Bau- und Naturschutzrecht verzögerte. Hinzu kamen Schwierigkeiten beim Grunderwerb. Mit der Baumaßnahme war bis Ende 2009 noch nicht begonnen worden. Die Stadt Heimsheim will das Bebauungsplanverfahren in der ersten Hälfte 2010 zum Abschluss bringen und noch 2010 mit dem Bau beginnen.
- Probleme beim Grunderwerb
Bei Vorhaben, für die kein Rechtsverfahren erforderlich ist, kann ohne weitere Vorbereitung mit dem Grunderwerb begonnen werden. Die Genehmigung der Förderanträge erfolgt grundsätzlich vor Abschluss des Grunderwerbs. Auch Zuwendungen werden ausbezahlt, bevor der gesamte Grunderwerb erfolgt ist. Dies ist zulässig. Treten beim Grunderwerb jedoch Schwierigkeiten auf, können die Vorhaben nicht umgesetzt werden.
Das Regierungspräsidium Stuttgart genehmigte im März 2003 den Förderantrag für die Ortsumgehung Wüstenhausen im Landkreis Heilbronn. Die Zuwendung beträgt 1,2 Mio. Euro. Bereits im April 2004 stand fest, dass das Vorhaben in den nächsten Jahren wegen Schwierigkeiten beim Grunderwerb nicht begonnen werden kann. Die endgültige Entscheidung über die Umsetzung will der Antragsteller 2010 treffen.
- Finanzielle Situation der Antragsteller
Den Bewilligungen liegt ein verbindlicher Finanzierungsplan zugrunde. Die finanzielle Situation der Antragsteller kann sich in kurzer Zeit erheblich verschlechtern (z. B. durch wegfallende Gewerbesteuereinnahmen, anderweitige unaufschiebbare Ausgaben). Bereits begonnene Vorhaben können vom Antragsteller nicht mehr finanziert werden. In den meisten Fällen kommen die Antragsteller ihrer Pflicht, die Bewilligungsstellen darüber zu unterrichten, nicht oder nicht zeitnah nach.
Das Regierungspräsidium Freiburg genehmigte im Januar 2006 den Förderantrag für die Verbindung Solvaystraße-Gewerbestraße in Grenzach-Wyhlen im Landkreis Lörrach. Die genehmigten Zuwendungen betragen 1,2 Mio. Euro. Bis 2007 wurden 95.000 Euro an Zuwendungen für den Grunderwerb ausbezahlt. Bereits 2006 zeichnete sich eine Verschlechterung der finanziellen Situation der Gemeinde ab. Sie war nicht mehr in der Lage, die erforderlichen Eigenmittel für das Vorhaben aufzubringen. Der Bau wurde zurückgestellt. Das Vorhaben verblieb im Förderprogramm. Im Herbst 2010 forderte das Regierungspräsidium die Gemeinde auf, entweder die geleisteten Zahlungen zurückzuzahlen oder definitiv mit dem Projekt zu beginnen. Im Februar 2010 sicherte die Gemeinde dem Regierungspräsidium zu, das Vorhaben im Haushaltsjahr 2010 und den darauf folgenden Jahren zu finanzieren.
- Bildung von Bauabschnitten
Vorhaben werden häufig in mehrere Bauabschnitte aufgeteilt, die nacheinander realisiert werden. Gründe für die Abschnittsbildung sind überwiegend nicht abgeschlossene Rechtsverfahren für einzelne Abschnitte oder Probleme bei der Gesamtfinanzierung. Mit der Aufteilung in Bauabschnitte wird eine lange Umsetzungsdauer in Kauf genommen. Kann einer der Abschnitte nicht realisiert werden, weil die rechtlichen Voraussetzungen fehlen oder die Finanzierung nicht mehr möglich ist, muss die Förderung des gesamten Vorhabens infrage gestellt werden. Obwohl die endgültige Fertigstellung ungewiss ist, verbleiben die Vorhaben über Jahre im Förderprogramm.
Das Regierungspräsidium Tübingen genehmigte im November 1999 den ersten Bauabschnitt für eine Gemeindeverbindungsstraße zwischen Schwendi und dem Teilort Kleinschafhausen im Landkreis Biberach. Dieser wurde 2002 fertiggestellt. Wegen Ausfällen bei der Gewerbesteuer und Schwierigkeiten beim Grunderwerb wurde der Bau des zweiten Bauabschnitts bis heute nicht begonnen. Um die angestrebte Verbesserung der Verkehrsverhältnisse zu erreichen, sind beide Bauabschnitte erforderlich. Inzwischen wurde der Förderantrag für den zweiten Bauabschnitt vorgelegt. Die Gemeinde beabsichtigt, den Großteil der Flächen im laufenden Flurbereinigungsverfahren zu erwerben. Sie rechnet mit einer vorläufigen Besitzstandseinweisung im Herbst 2011 und plant, danach umgehend mit dem Bau zu beginnen.
4 Empfehlungen
Der Rechnungshof empfiehlt, das Altprogramm schnellstmöglich zu bereinigen. Die Bewilligungsstellen sollten stärker darauf achten, dass die noch laufenden Vorhaben zügig abgewickelt werden. Das Ministerium sollte darauf hinwirken, dass nicht umsetzungsfähige Vorhaben aus dem Altprogramm genommen werden und, soweit rechtlich möglich, rückabgewickelt werden.
Die landesgesetzliche Nachfolgeregelung zum GVFG ist zu erlassen, damit Planungssicherheit ab 2014 gewährleistet ist. Der Rechnungshof regt dazu folgende Regelungen an:
- Zusagen zur Förderung sind nur für Vorhaben zu erteilen, bei denen die Rechtsverfahren (Bebauungsplan, Planfeststellung) abgeschlossen sind.
- Um jahrelange Vorfinanzierungen durch das Land zu vermeiden, sollten Zuwendungen für Grunderwerb erst bei Baubeginn gewährt werden.
- Die Bildung von Bauabschnitten ist nur in Ausnahmefällen vertretbar, wenn die Bauabschnitte eigenständig förderfähig sind. In jedem Fall sind sie in enger zeitlicher Abfolge umzusetzen.
- Genehmigungen und Zuwendungsbescheide sollten befristet werden.
5 Stellungnahme des Ministeriums
Das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr ist der Auffassung, dass keine Lücke bei der Finanzierung des Förderprogramms für den kommunalen Straßenbau besteht, da nur die bewilligten Vorhaben zu berücksichtigen sind. Als Ausgleich für die entfallenden Länderprogramme für Investitionen im kommunalen Straßenbau und im öffentlichen Personennahverkehr sind bis 2019 Kompensationszahlungen des Bundes vorgesehen. Von 2009 bis 2019 sind dies, ohne die für 2013 angestrebte Revision, für den kommunalen Straßenbau voraussichtlich 1,1 Mrd. Euro (jährlich 100 Mio. Euro).
Das Ministerium führt aus, dass sich die Anregungen des Rechnungshofs zur Durchführung des Neuprogramms mit seinen Überlegungen decken.
6 Schlussbemerkung
Ziel des Rechnungshofs ist es, Handlungsspielraum für künftige Förderungen zu schaffen.
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Einzelplan 12: Allgemeine Finanzverwaltung
Die Betriebsprüfungsstellen sind seit mehreren Jahren unterbesetzt. Sie sind personell so auszustatten, dass sie die nötige Prüfungsfrequenz bei allen Betriebsgrößenklassen gewährleisten können. Die Betriebsprüfungsstellen brachten dem Fiskus das 7,4-fache dessen ein, was sie an Kosten verursachten.
1 Ausgangslage
Die Betriebsprüfung ist Teil der Außenprüfung der Finanzämter. Dieses besondere Verwaltungsverfahren dient dazu, die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen. Wegen ihrer weiter reichenden Möglichkeiten stellt die Außenprüfung eine unentbehrliche Ergänzung für den Innendienst dar.
Die im Land eingerichteten Betriebsprüfungsstellen sind organisatorisch in die Betriebsprüfungs-Hauptstellen und das Zentrale Konzernprüfungsamt Stuttgart untergliedert. Sie sind für die Prüfung der Groß- und Mittelbetriebe einschließlich der verbundenen Klein- und Kleinstbetriebe zuständig. Das Zentrale Konzernprüfungsamt ist seit 2006 landesweit für die Betriebsprüfung der größten Unternehmen und Konzerne zuständig.
Die 2008 im Land durchgeführten Betriebsprüfungen brachten den öffentlichen Haushalten mehr als 2,2 Mrd. Euro Mehrsteuern.
Der Rechnungshof hatte die Betriebsprüfungsstellen zuletzt 1993 untersucht. Die damaligen Ergebnisse und die 2008 gewonnenen Erkenntnisse zur Amtsbetriebsprüfung waren Anlass, die Betriebsprüfung erneut zu betrachten. Aktuell haben wir die Organisation untersucht und ausgewählte Betriebsprüfungsberichte analysiert. Einbezogen wurden fünf Betriebsprüfungs-Hauptstellen und das Zentrale Konzernprüfungsamt Stuttgart.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Kosten-Nutzen-Betrachtung
Die Betriebsprüfungsstellen erbrachten dem Fiskus etwa das 7,4-fache dessen, was sie an Kosten verursachten.
2.2 Arbeitslage
Die Arbeitslage bei den Betriebsprüfungsstellen hat sich in den letzten Jahren verändert: Die Zahl der zu prüfenden Betriebe hat zugenommen, die der Betriebsprüfer hat demgegenüber abgenommen.
2.2.1 Zahl der Betriebe
Die Fallzahlen in allen Betriebsgrößenklassen haben sich erhöht.
2.2.2 Personalausstattung
Die Oberfinanzdirektion hat die Zahl der notwendigen Betriebsprüfer mit 1.439 Stellen definiert. Die Betriebsprüfungsstellen waren zu keiner Zeit so besetzt, wie diese Sollvorgaben es vorsahen. Während 2006 gegenüber den Sollvorgaben lediglich 16 Prüfer fehlten, hat sich der Fehlbestand inzwischen bereits auf 65 erhöht. Dieser Fehlbestand ist bedenklich. Er entspricht dem Personalbedarf von sechs Betriebsprüfungs-Sachgebieten oder dem der zweitgrößten Betriebsprüfungs-Hauptstelle landesweit.
Abbildung 1 verdeutlicht, wie die Ist-Besetzung von der Soll-Besetzung 2006 bis 2009 abweicht.
Wenn die gegenüber der Soll-Besetzung fehlenden 65 Prüfer in der Betriebsprüfung eingesetzt würden, könnte eine zusätzliche Effizienzrendite erzielt werden. Der Rechnungshof empfiehlt daher, die Sollstärke rasch herzustellen.
Die Steuerverwaltung muss personalwirtschaftlich sicherstellen, dass diese Sollstärke gewährleistet ist, notfalls zulasten anderer Bereiche. Sie sollte zudem alle Anstrengungen unternehmen, das Arbeitsgebiet Betriebsprüfung für den Nachwuchs attraktiv zu gestalten.
2.2.3 Prüfungsintervalle
Bei den Großbetrieben ist es gelungen, die Prüfungsintervalle relativ konstant zu halten. Doch ging dies zulasten der anderen Größenklassen. Bei den Mittel-, Klein- und Kleinstbetrieben hat die Zahl der Prüfungen erheblich abgenommen. Abbildung 2 zeigt die Veränderungen von 2002 bis 2008.
Der Landtag hat in seinem Beschluss von 1993 einen Prüfungsturnus von acht Jahren für die Mittelbetriebe und von zehn Jahren für die Klein- und Kleinstbetriebe gefordert. Davon sind die durchschnittlichen Prüfungsintervalle bei den Mittel-, Klein- und Kleinstbetrieben weit entfernt. Zwar entspricht der Turnus in Baden-Württemberg dem Bundesdurchschnitt. Gleichwohl steigt mit wachsenden Prüfungsintervallen das Risiko, die Betriebe nicht mehr gleichmäßig zu besteuern. Keinesfalls hinnehmbar sind die großen Unterschiede innerhalb des Landes zwischen den einzelnen Betriebsprüfungs-Hauptstellen mit einer Bandbreite bis zu 27 Jahren bei den Mittelbetrieben.
2.2.4 Maßnahmen der Verwaltung, um die Arbeitslage zu verbessern
In den letzten Jahren hat die Verwaltung Wege gesucht, der verschlechterten Arbeitslage entgegenzutreten. Bei Mittelbetrieben, insbesondere aber bei Klein- und Kleinstbetrieben wurden zunehmend Prüfungen qualifiziert abgesetzt. Das bedeutet: Wenn ein Betriebsprüfer nach Durchsicht der Steuerakten den Eindruck gewinnt, es seien keine oder allenfalls unbedeutende Mehrsteuern zu erwarten, wird der Betrieb vom Prüfungsplan heruntergenommen. Eine Prüfung vor Ort findet dann nicht statt.
Qualifizierte Absetzungen sind damit ein Mittel, die zu prüfenden Fälle risikoorientiert auszuwählen. Zwar zählen qualifizierte Absetzungen zu Recht nicht für die Prüfungsfrequenz. Doch gehen so die Fälle mit geringem oder keinem finanziellen Ergebnis beträchtlich zurück. Insoweit ist eine Steigerung der Effizienz eingetreten. Der Rechnungshof warnt jedoch davor, den Prüfungsturnus mit einem Verweis auf diese Effizienzsteigerung und die risikoorientierte Fallauswahl in seiner bisherigen Bedeutung zu relativieren. Dies gilt auch für die Frage, wie qualifizierte Absetzungen als Fallerledigung eingeordnet werden. Eine solchermaßen geänderte Sichtweise widerspräche der Hauptaufgabe der Betriebsprüfung, die Steuern gesetzmäßig und gleichmäßig festzusetzen und hierbei auch präventiv zu wirken.
Die Steuerverwaltung hat zudem zeitliche Vorgaben erarbeitet, die Prüfungsdauer zu verkürzen, und den Pilotversuch „Zeitnahe Betriebsprüfung“ gestartet. Zum Bündel der „Hilfs“-Maßnahmen zählt auch, dass die Prüfer der Zentralen Konzernprüfung mit den geprüften Unternehmen Prüfungsschwerpunkte vereinbaren. Solche Maßnahmen sind grundsätzlich sinnvoll. Sie dürfen jedoch nicht zu extensiv genutzt werden. Die Verwaltung darf durch diese Maßnahmen keinesfalls den Eindruck erwecken, alles im Griff zu haben. Das breit gefächerte Spektrum der Prüfungsfeststellungen zeigt, dass sowohl beim Zentralen Konzernprüfungsamt als auch bei den Betriebsprüfungs-Hauptstellen die Prüfungsabläufe nicht unbegrenzt verschlankt werden können, ohne hohe Steuerausfälle zu riskieren.
2.3 Organisation der Zentralen Konzernprüfung
Die Organisationsform der Zentralen Konzernprüfung hat sich bewährt. Es war daher richtig, deren Zuständigkeit auf das gesamte Land zu erweitern. Mittelfristig sollte auch die Spezialisierung nach Branchen auf den badischen Landesteil ausgeweitet werden. Wegen der festgestellten großen Vorteile der Zentralen Konzernprüfung sollte zudem deren sachliche Zuständigkeit ausgedehnt werden. Die Zentrale Konzernprüfung ist bisher für die Prüfung von Konzernen und Großbetrieben mit einem Umsatz von mindestens 500 Mio. Euro zuständig. Diese Grenze sollte mittelfristig auf 300 Mio. Euro herabgesetzt werden.
2.4 Behandlung von Einzelwertberichtigungen
Verschiedene Kreditinstitute nahmen Einzelwertberichtigungen nach Handelsrecht vor, die steuerrechtlich nicht anzuerkennen waren. Die Zentrale Konzernprüfung korrigierte die Steuerbilanzen entsprechend. Die Kreditinstitute passten ihre Bilanzierungspraxis bei den nachfolgenden Veranlagungen den Vorgaben der Betriebsprüfung nicht an. Dies darf nach Auffassung des Rechnungshofs nicht weiter hingenommen werden. Die Veranlagungsstellen der zuständigen Finanzämter haben dafür zu sorgen, dass die steuerlichen Bilanzen der Folgejahre an die Ergebnisse der Zentralen Konzernprüfung angepasst werden. Gegebenenfalls müssen die Kreditinstitute den Rechtsweg beschreiten.
2.5 Statistikaufzeichnungen
Bei der Analyse der Statistiken sind gravierende Eintragungsfehler zutage getreten. In einzelnen Jahren waren die Mehrergebnisse in dreistelliger Millionenhöhe zu hoch ausgewiesen. Die Steuerverwaltung hat inzwischen Maßnahmen ergriffen, um die Fehlerquelle abzustellen.
3 Zusammenfassende Bewertung
Zwischen der Zahl der zu prüfenden Betriebe und der Anzahl der Prüfer hat sich die Schere in den letzten Jahren immer weiter geöffnet. Die Steuerverwaltung kann den Mangel an Betriebsprüfern nicht dauerhaft durch „Hilfs“-Maßnahmen auffangen. Sie ist mit ihren bisherigen Maßnahmen an eine kritische Grenze gelangt. An diesen Stellschrauben kann nicht weiter gedreht werden, ohne dass hohe Steuerausfälle drohen und die Steuergerechtigkeit verletzt wird.
Die Betriebsprüfung ist ein weiteres Beispiel dafür, dass die Steuerverwaltung für die Komplexität des Steuerrechts nicht ausreichend gerüstet ist. Der Rechnungshof wiederholt seine Forderung, das Steuerrecht nachhaltig zu vereinfachen.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Finanzministerium hat mitgeteilt, die Feststellungen des Rechnungshofs deckten sich im Wesentlichen mit den Erfahrungen der Verwaltung. Die meisten Empfehlungen habe es bereits aufgegriffen. Lösungen würden gesucht, wie die offenen Stellen nachhaltig mit Personal besetzt und wie die Prüfungsintervalle angeglichen werden können.
Die Forderung des Landtags von 1993 zur Bemessung der Prüfungsintervalle gehe über die Richtwerte auf Bundesebene hinaus. Die Finanzministerkonferenz habe 1997 unverbindlich empfohlen, die Prüfungsintervalle für die Großbetriebe auf 4 Jahre, für die Mittelbetriebe auf 8,4 bis 10,5 Jahre und für die Kleinbetriebe auf 14,4 bis 20 Jahre zu bemessen. Bei den Kleinstbetrieben sei auf eine Festlegung verzichtet worden. Es sei daher nicht angezeigt, im Land strengere Vorgaben zu machen. Aufgrund der Personal- und Fallzahlen seien aber auch diese Turnusempfehlungen seit einigen Jahren nicht mehr erreicht worden. Das Finanzministerium teilt die Auffassung des Rechnungshofs, dass die Bandbreite bei den Prüfungsintervallen ein nicht mehr hinnehmbares Ausmaß erreicht hat.
Ob die Zuständigkeit der Zentralen Konzernprüfung erweitert wird, solle erst zu einem späteren Zeitpunkt geprüft werden. Zunächst solle die Stelle ihre Konsolidierungsphase abschließen und die Fälle zeitnäher prüfen können.
Das Finanzministerium möchte darauf hinwirken, dass die steuerlichen Bilanzen verschiedener Kreditinstitute hinsichtlich der Einzelwertberichtigungen an die Feststellungen der Zentralen Konzernprüfung angepasst werden.
5 Schlussbemerkung
Dem Beschluss des Landtags von 1993 zu den Prüfungsintervallen ist nach Auffassung des Rechnungshofs ein höherer Stellenwert beizumessen als den unverbindlichen Empfehlungen der Finanzministerkonferenz. Die Steuerverwaltung sollte sich daher an diesen Vorgaben orientieren.
Würde die Zuständigkeit der Zentralen Konzernprüfung auf die Konzerne und Großbetriebe mit einem Umsatz ab 300 Mio. Euro erweitert, könnte nicht nur die Prüfung dieser Unternehmen vereinheitlicht und verbessert werden. Auch die Betriebsprüfungs-Hauptstellen würden entlastet. Der Vorschlag des Rechnungshofs, die Zuständigkeitserweiterung mittelfristig umzusetzen, sollte daher nicht durch eine längere Beobachtungsphase verzögert werden.
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Jeder fünfte geprüfte Fall, bei dem höhere außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt wurden, war in diesem Punkt fehlerhaft. Landesweit entspricht dies Steuerausfällen von mehr als sieben Millionen Euro jährlich. Mit geringem Aufwand kann diese Fehlerquote erheblich gesenkt werden.
1 Ausgangslage
Aufwendungen, die wegen ihrer Außergewöhnlichkeit nicht in den allgemeinen Freibeträgen pauschal erfasst sind, können nach § 33 Einkommensteuergesetz steuermindernd abgezogen werden. Hierzu zählen unter anderem Aufwendungen, die durch Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Scheidung, Todesfall oder auch Unwetter entstehen. § 33 Einkommensteuergesetz ist abstrakt formuliert und wird daher durch viele Verwaltungsanweisungen und höchstrichterliche Urteile konkretisiert. Wie die Finanzämter mit dieser Vorschrift in der Praxis umgehen, hat die Finanzkontrolle untersucht.
Die Finanzkontrolle wertete zunächst die landesweiten Steuerdaten des Veranlagungszeitraums 2007 aus. Einbezogen wurden dabei alle Fälle, bei denen außergewöhnliche Belastungen von mehr als 2.000 Euro steuerwirksam abgezogen wurden. Vertieft geprüft wurden 794 Fälle aus acht repräsentativ ausgewählten Finanzämtern. Die Fälle wurden nach dem Zufallsprinzip ausgewählt.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Fiskalische Bedeutung der abgezogenen außergewöhnlichen Belastungen
Landesweit wurden bei 50.000 Einkommensteuerfällen außergewöhnliche Belastungen von 274 Mio. Euro abgezogen. Dadurch verringerte sich die festgesetzte Einkommensteuer um 62 Mio. Euro. Die durchschnittliche Steuerentlastung beträgt 1.243 Euro.
2.2 Bearbeitungsqualität
2.2.1 Gesamtergebnis
Die Bearbeitungsqualität ist nicht ausreichend.
Von den geprüften 794 Steuerfällen waren 149 zu beanstanden. Das entspricht einer Quote von 18,77 %. Die Bearbeitungsfehler führten zu einem Steuerausfall von 118.000 Euro. Das sind 790 Euro je beanstandetem Fall.
2.2.2 Ergebnis untergliedert nach der Höhe der abgezogenen Beträge
Die durchschnittliche Beanstandungsquote steigt mit zunehmender Höhe der abgezogenen außergewöhnlichen Belastungen deutlich an. Die hohe Anzahl der Fälle mit abgezogenen außergewöhnlichen Belastungen zwischen 2.000 Euro und 5.000 Euro senkt maßgeblich die durchschnittliche Beanstandungsquote.
Die durchschnittlichen Steuerausfälle je beanstandetem Fall steigen mit zunehmender Höhe der abgezogenen Belastungen von 705 Euro je Fall auf 957 Euro.
2.2.3 Fehlerschwerpunkte
Aus den Feststellungen sind vier Schwerpunkte abzuleiten, auf die zwei Drittel aller Fehler entfallen.
Dabei war am häufigsten zu beanstanden, dass die Finanzämter Fahrtkosten zu Unrecht anerkannten. In diesen Fällen machten behinderte Steuerpflichtige überwiegend Kosten für 15.000 Kilometer geltend. Eine entsprechende Fahrleistung wurde jedoch weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht.
Die nächstgrößere Fehlergruppe betrifft den Abzug von behinderungsbedingten Mehraufwendungen. Solche können nicht berücksichtigt werden, wenn ein Behinderten-Pauschbetrag gewährt wird. Dies wurde vielfach nicht beachtet.
Weitere wesentliche Steuerausfälle sind darauf zurückzuführen, dass die Finanzämter die Kosten für die Unterbringung in Pflegeheimen anerkannten, ohne die Haushaltsersparnis von 7.680 Euro abzuziehen.
Des Öfteren wurden auch freiwillige Leistungen anerkannt, die damit nicht „zwangsläufig“ im Sinne des § 33 Einkommensteuergesetz entstanden waren.
2.3 Landesweite finanzielle Auswirkung
Aufgrund der untersuchten Fälle ist davon auszugehen, dass landesweit allein im Veranlagungszeitraum 2007 mehr als sieben Millionen Euro Steuern ausgefallen sind. Auch in den Folgejahren könnten Steuerausfälle in ähnlicher Größenordnung entstehen.
2.4 Rolle des Risikomanagementsystems
Ab einer bestimmten Höhe weist das Risikomanagementsystem den Bearbeiter an, die von den Steuerpflichtigen geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen zu prüfen. Der entsprechende Prüfhinweis ist zu allgemein gehalten und weist nicht auf konkrete Problembereiche hin.
3 Empfehlungen
Die Finanzämter sollten in geeigneter Weise auf die Hauptfehlerursachen hingewiesen werden. Da die Fehler überwiegend auf wenigen Ursachen beruhen, sieht der Rechnungshof gute Chancen, die Bearbeitungsqualität zu optimieren.
Des Weiteren sollte das Risikomanagementsystem verfeinert werden. Zielgerichtete Hinweise werden jedoch erst dann möglich, wenn für bestimmte Arten der außergewöhnlichen Belastungen separate Kennzahlen im DV-System zur Verfügung stehen. Das sollte das Finanzministerium auf Bundesebene anregen. Als Sofortmaßnahme sollte der bestehende Risikohinweis um aussagekräftige Schlagworte zu möglichen Fehlerquellen ergänzt werden.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Finanzministerium erhebt keine Einwendungen. Es sei beabsichtigt, die Bediensteten gezielt auf die Hauptfehlerursachen hinzuweisen. Die angeregten DV-Verbesserungen seien wünschenswert, könnten jedoch nur bundeseinheitlich umgesetzt werden. Das Finanzministerium werde die Vorschläge in die entsprechenden Gremien einbringen.
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Aufwendungen zur Alterssicherung erkennen die Finanzämter häufig fehlerhaft an. Dadurch entstehen jährlich Steuerausfälle in Millionenhöhe. Durch Fortbildungen und verbesserte Bescheinigungen der berufsständischen Versorgungseinrichtungen können die Fehlerursachen abgestellt werden.
1 Ausgangslage
Die Finanzkontrolle prüfte 2009 landesweit, ob die Finanzämter Aufwendungen für die sogenannte Basisversorgung als Sonderausgaben korrekt berücksichtigt hatten.
Als Aufwendungen zur Basisversorgung gelten u. a. Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen und zu den berufsständischen Versorgungseinrichtungen, sofern diese vergleichbare Leistungen wie die gesetzlichen Rentenversicherungen erbringen. Dies ist beispielsweise der Fall bei den Versorgungswerken der Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater und Apotheker.
Beiträge zu diesen gesetzlichen Alterssicherungssystemen können seit 2005 bis zu 20.000 Euro (bei Ehegatten: 40.000 Euro) als Sonderausgaben anerkannt werden. Im Veranlagungszeitraum 2005 sind Aufwendungen bis zum Höchstbetrag zu 60 Prozent abzugsfähig. Dieser Prozentsatz steigt bis zum Veranlagungszeitraum 2025 um jährlich zwei Punkte auf dann 100 Prozent. Dies bildet den Ausgleich dafür, dass die Renten durch das Alterseinkünftegesetz schrittweise voll besteuert werden.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Ergebnisse aus den landesweiten Steuerdaten
Die landesweiten Steuerdaten wurden anhand von drei Risikoprofilen ausgewertet. Das sind Fallkonstellationen, bei denen die Fehleranfälligkeit hoch ist. Bei den so ermittelten 7.000 Steuerfällen der Veranlagungszeiträume 2005 bis 2008 belief sich das zu versteuernde Einkommen auf durchschnittlich 118.000 Euro. Neben den Arbeitnehmer- und Arbeitgeber-Anteilen zur gesetzlichen Rentenversicherung wurden dort weitere Aufwendungen zur Basisversorgung von durchschnittlich 11.800 Euro abgezogen.
Wie sich die untersuchten Fälle auf die Veranlagungszeiträume verteilen, zeigt die Tabelle.
Im Veranlagungszeitraum 2006 nahm die Anzahl der Fälle mit dem untersuchten Risikoprofil deutlich ab. 2007 verminderte sie sich weiter. Im Vergleich zum Ausgangsjahr betrug der Rückgang damit insgesamt 37 Prozent. Das zeigt, dass das Fehlerpotenzial im Untersuchungszeitraum abnimmt. Der Veranlagungszeitraum 2008 ist nicht aussagekräftig. Denn zum Prüfungszeitpunkt lagen viele Steuererklärungen den Finanzämtern noch nicht vor.
2.2 Bearbeitungsqualität
2.2.1 Gesamtergebnis
Bei fünf Finanzämtern wurden sämtliche Risikofälle untersucht. Von diesen 483 Fällen waren hinsichtlich der Basisversorgung 346 fehlerhaft. Das ergibt eine Beanstandungsquote von 72 Prozent. Der Steuerausfall beträgt insgesamt 746.000 Euro. Je beanstandeten Fall sind 2.160 Euro Steuern ausgefallen.
Trotz zurückgehender Risikofallzahlen blieb die Beanstandungsquote in den Veranlagungszeiträumen 2005 bis 2007 annähernd gleich.
2.2.2 Fehlerursachen
Die Fehler lassen sich auf drei Ursachen zurückführen.
Bei fast zwei Dritteln der Feststellungen wurden Beiträge zur gesetzlichen Alterssicherung doppelt berücksichtigt. Dabei handelte es sich regelmäßig um Aufwendungen von Arbeitnehmern - wie zum Beispiel von angestellten Ärzten, Rechtsanwälten, Steuerberatern und Apothekern - an ihre berufsständischen Versorgungseinrichtungen. Die Beträge waren überwiegend bereits falsch in die Steuererklärung eingetragen. Die der Erklärung beiliegenden Bescheinigungen der berufsständischen Versorgungseinrichtungen waren teilweise nicht eindeutig oder wurden von den Finanzämtern missverstanden. Sie umfassen neben den freiwilligen Beiträgen regelmäßig auch die Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Alterssicherung. Diese wurden jedoch - zutreffend - bereits an anderer Stelle der Erklärung erfasst und damit doppelt berücksichtigt. Bei dieser Fallkonstellation beträgt der Steuerausfall je Feststellung 2.580 Euro.
Bei einem knappen Drittel wurden Zahlungen an nicht begünstigte Versorgungswerke als Beiträge zu den begünstigten Versorgungseinrichtungen erklärt und vom Finanzamt entsprechend berücksichtigt. Das betraf überwiegend die Bezirksschornsteinfegermeister, in Einzelfällen auch Journalisten und Künstler. Der Steuerausfall je Feststellung beträgt hier 1.300 Euro.
In Einzelfällen wurden sonstige nicht begünstigte Vorsorgebeiträge als Aufwendungen zur Basisversorgung berücksichtigt.
2.3 Wirkung des Risikomanagementsystems
Das elektronische Risikomanagementsystem funktioniert bei der Basisversorgung zutreffend. Die riskanten und prüfungswürdigen Sachverhalte werden den Bearbeitern zur Überprüfung elektronisch angezeigt. Die Hinweise sind zwar eindeutig, werden von den Bearbeitern dennoch nicht immer verstanden.
2.4 Landesweite finanzielle Auswirkung
In den beanstandeten Fällen ergab sich ein durchschnittlicher Steuerausfall von 2.160 Euro. Landesweit drohen damit jährliche Steuerausfälle in Millionenhöhe.
3 Empfehlungen
Wegen der gleichbleibend hohen Beanstandungsquote besteht Handlungsbedarf.
3.1 Fortbildungen zur Basisversorgung erforderlich
Durch Fortbildungsmaßnahmen müsste es gelingen, die festgestellten Fehler künftig zu vermeiden. Die Bearbeiter sollten dazu für die fehleranfälligen Fallkonstellationen sensibilisiert werden.
3.2 Bescheinigungsverfahren der berufsständischen Versorgungseinrichtungen optimieren
Auslöser des häufigsten und finanziell bedeutendsten Fehlers (Doppelberücksichtigung) waren zumeist die Bescheinigungen der berufsständischen Versorgungseinrichtungen. Daher ist auch hier anzusetzen. Es sollten künftig nur noch freiwillige Beitragszahlungen ausgewiesen werden. In einem weiteren Schritt könnten diese dann elektronisch an die Finanzämter übermittelt werden.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Finanzministerium erhebt keine Einwendungen. Es sei beabsichtigt, die Bediensteten nochmals gezielt auf die Fehlerursachen hinzuweisen. Dies sei ausreichend, um die Bearbeitungsqualität weiter zu verbessern.
Das Bescheinigungsverfahren der berufsständischen Versorgungseinrichtungen könne ohne gesetzliche Grundlage nicht optimiert werden. Ob dies zielführend wäre, müsse erst geprüft werden. Es werde grundsätzlich befürwortet, dass die Bescheinigungen der Versorgungseinrichtungen elektronisch übermittelt werden. Allerdings sei ein entsprechendes DV-Verfahren bereits aus Kapazitätsgründen in nächster Zeit nicht realisierbar.
5 Schlussbemerkung
Das Ministerium geht davon aus, dass seine vorgesehenen Maßnahmen ausreichen, um die Bearbeitungsqualität zu verbessern. Ob diese Einschätzung zutrifft, sollte bis zum Jahresende verifiziert werden. Andernfalls sollte eine bundeseinheitliche Lösung für das Bescheinigungsverfahren der berufsständischen Versorgungseinrichtungen angestrebt werden.
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Der Neubau für die Kinderklinik in Heidelberg wurde deutlich anspruchsvoller gebaut als das vergleichbare Klinikum in Leipzig. Der Vergleich zeigt, dass die Anforderungen auch mit einem weniger aufwendigen Gebäude erreicht werden können. Die Kostenplanungsinstrumente der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung sind kritisch zu hinterfragen. Bauten, die wesentlich durch Spenden mitfinanziert wurden, sollten grundsätzlich nicht in das Rechenwerk der Richtlinien für die Baukostenplanung einfließen.
1 Ausgangslage
2008 ist die Kinderklinik Heidelberg in Betrieb gegangen. Auf der Grundlage eines Architektenwettbewerbs entstand ein architektonisch hochwertiges Gebäude. Es soll den kranken Kindern und ihren Angehörigen eine angenehme Umgebung schaffen.
An den Gesamtbaukosten von 47,5 Mio. Euro (ohne Erstausstattung) beteiligten sich der Bund über den Rahmenplan nach dem Hochschulbauförderungsgesetz mit 23,6 Mio. Euro, das Land mit 4,75 Mio. Euro sowie die Universitätsklinik mit einem erheblichen Anteil an Spendenbeiträgen Dritter mit 19,15 Mio. Euro.
Etwa gleichzeitig mit dem Heidelberger Projekt errichtete das Universitätsklinikum Leipzig ein Zentrum für Frauen- und Kindermedizin mit abgerechneten Kosten (ohne Erstausstattung) von 54 Mio. Euro. Dabei ist es dem Klinikum gelungen, den zulässigen Richtwert für Bauwerkskosten von Kinderkliniken nach dem Hochschulbauförderungsgesetz um 25 Prozent zu unterschreiten.
Der Rechnungshof hat die reinen Bauwerkskosten beider Projekte verglichen. Sie liegen, bezogen auf die Nutzfläche, in Leipzig bei 2.800 Euro je Quadratmeter, in Heidelberg hingegen bei 3.900 Euro je Quadratmeter. Werden die Gebäudeteile hinzugerechnet, die der allgemeinen Erschließung und Anbindung an die bauliche Umgebung dienen, ergeben sich in Heidelberg 4.600 Euro je Quadratmeter.
Der Rechnungshof ist der Ursache dieses deutlichen Unterschieds nachgegangen. Ergebnisse einer Prüfung des Sächsischen Rechnungshofs von 2007 wurden mit verwertet (siehe Jahresbericht des Sächsischen Rechnungshofs 2007, Beitrag Nr. 32, Neubau Zentrum für Frauen- und Kindermedizin).
2 Kostenentwicklung
Beide Projekte sind zunächst im Rahmen der zulässigen Richtwerte geplant worden. In Leipzig stiegen in der Planungsphase die ursprünglich veranschlagten Kosten von 44 Mio. Euro auf 54 Mio. Euro. Hinzu kamen 7 Mio. Euro für die Erstausstattung. Die Mehrkosten resultierten aus einer Vergrößerung der Nutzfläche auf 15.400 Quadratmeter, weil die zunächst nicht vorgesehene Frauenklinik integriert wurde.
Für das Heidelberger Projekt errechnete das Universitätsbauamt für die ursprünglich geplante Nutzfläche von 6.000 Quadratmeter nach den „Richtlinien für die Baukostenplanung“ und den Richtwerten des Rahmenplans für den Hochschulbau Gesamtbaukosten von 37 Mio. Euro. Im Laufe der Planung wurde das Gebäude vergrößert. Zur eigentlichen Kinderklinik kamen Flächen für drittmittelfinanzierte Bereiche, eine gemeinsame Eingangshalle für einen später anzuschließenden Klinikbereich und weitere Anforderungen der Klinik hinzu. Die Nutzfläche erhöhte sich auf 7.660 Quadratmeter und der Bruttorauminhalt von ursprünglich geplanten 51.600 auf 85.900 Kubikmeter. Mit der Vergrößerung des Gebäudes stiegen die Baukosten auf 47,5 Mio. Euro (ohne Erstausstattung).
3 Anreize zum wirtschaftlichen und sparsamen Bauen
In Leipzig war dem Universitätsklinikum die Bauherrenfunktion übertragen. Das Klinikum ist somit sowohl für Planung und Bau als auch für den späteren wirtschaftlichen Betrieb der Gebäude und Anlagen verantwortlich. Einsparungen gegenüber dem bewilligten Budget sollten beim Klinikum verbleiben. Mit diesem Anreiz ist es dem Klinikum gelungen, eine wirtschaftliche Planung umzusetzen. Im Planungsstadium wurden zusammen mit den beauftragten Architekten und Ingenieuren alle im Krankenhausbau üblichen Standards untersucht und bei unverändert hohen funktionalen Anforderungen optimiert. So wurde die ursprünglich geplante vorgehängte Natursteinfassade durch eine aus Putz- und Glaselementen bestehende Fassade ersetzt. Auf der Seite des Klinikums koordinierte ein einziger Ansprechpartner alle Anforderungen der medizinischen Abteilungen. Diese Vorgehensweise förderte es entscheidend, nachträgliche teure Änderungen zu vermeiden. Das Sächsische Finanzministerium hat allerdings geltend gemacht, dass die reduzierten Standards zu höheren Folgekosten führen können.
Die Kinderklinik Heidelberg wurde unter Regie der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung errichtet. Planung und Baudurchführung waren wie in Leipzig freiberuflich tätigen Architekten und Ingenieuren übertragen. Schon in der Planungsphase war das Projekt mit zahlreichen Planungsänderungen, unter anderem der Änderung des Standorts, belastet. Die Architekten sahen keinen Anlass, Mehrkosten durch Einsparungen an anderer Stelle auszugleichen. Die baulichen und technischen Details sind entsprechend aufwendig ausgefallen. Die Verantwortung für das Raumprogramm und die Verantwortung für die Baukosten lagen nicht in einer Hand. Die finanziellen Zuwendungen von dritter Seite trugen dazu bei, dass wenig Anreize zu einer sparsamen Ausführung gegeben waren.
Die Bilder lassen den höheren architektonischen Anspruch in Heidelberg erkennen, der sich in den Baukosten niederschlägt.
Auch dürfte das Klinikum Heidelberg stärker mit den Folgekosten belastet werden. Kurz nach Fertigstellung beider Gebäude können Energie-Verbrauchswerte zwar noch nicht miteinander verglichen werden. Die Merkmale der Heidelberger Klinik deuten aber auf höhere Betriebskosten hin:
- höherer Anteil an umbautem Raum im Verhältnis zur Nutzfläche,
- Glasfassade,
- Einbau von zusätzlichen Umluft-Klimageräten, um eine Überhitzung im Sommer zu vermeiden.
4 Bewertung und Empfehlung
Der Rechnungshof verkennt nicht, dass die Spendengelder für den Bau der Kinderklinik auch den Zweck hatten, mit einer entsprechenden architektonischen Ausgestaltung eine hohe Aufenthaltsqualität für die Patienten und ihre Angehörigen zu schaffen. Dennoch darf bei der Beurteilung nicht vergessen werden, dass die Baukosten weit überwiegend, nämlich zu 70 Prozent, aus öffentlichen Mitteln finanziert wurden.
Der Vergleich mit dem bescheideneren Leipziger Neubau soll aufzeigen, mit welch unterschiedlichen Konzepten eine im Grunde gleiche Bauaufgabe angegangen werden kann. In Leipzig standen die Kosten im Vordergrund. Der Bauherr hatte den besonderen Anreiz zur Kostenoptimierung, weil eingesparte Baukosten in seinem Budget verblieben. Das günstige Ergebnis wurde durch ein striktes Controlling und Hinterfragen von baulichen Standards erreicht. Es entstanden augenscheinlich dennoch Qualitäten, die weder erhöhte Energieverbräuche noch überhöhte Unterhaltskosten erwarten lassen.
In Heidelberg gab es durch einen von vorneherein großzügig berechneten Kostenrahmen ausreichend Mittel, um Planungsänderungen und auch hohe bauliche Standards umsetzen zu können. Zwänge zur Kostenoptimierung bestanden nicht. Die Mitfinanzierung von dritter Seite führte nicht zu besserer Kostendisziplin, sondern eher zu mehr Großzügigkeit.
Der Vergleich zeigt, dass die Kostenplanungsinstrumente im staatlichen Hochbau zu große finanzielle Spielräume eröffnen. Die dadurch ermöglichten Baustandards sind kritisch zu hinterfragen. In das Rechenwerk der Richtlinien für die Baukostenplanung sollten besonders aufwendige Projekte, wie die Kinderklinik Heidelberg, nicht einfließen. Sie führen sonst tendenziell zu einem immer höheren Niveau der Programm- und Objektkosten künftiger Planungen. Bauten, die durch Spenden wesentlich mitfinanziert werden, sollten grundsätzlich nicht in das Rechenwerk der Richtlinien für die Baukostenplanung einfließen.
5 Stellungnahme des Ministeriums
Das Finanzministerium wies in seiner Stellungnahme auf mehrere Sonderfaktoren hin, die zu den gegenüber dem Leipziger Projekt höheren Kosten beitrugen. Erhebliche Auswirkungen auf die Kosten habe die unterschiedliche Einbindung in den Gesamtkontext des jeweiligen Klinikums. Grundlegende strukturelle Vorgaben des Heidelberger Klinikrings, wie offene Bauweise, unterirdische Infrastrukturanbindung und die Bindung durch Geschosshöhen der Nachbargebäude, bewirkten Kosten, die bei einem Vergleich der Bauwerkskosten berücksichtigt werden müssten.
Kritisch wertete das Finanzministerium die Kosteneinsparungen in Leipzig durch Absenkung baulicher Standards. Es sieht hierdurch das Nachhaltigkeitsprinzip gefährdet zugunsten kurzfristiger, aus betriebswirtschaftlichen Gründen präferierter Nutzerinteressen. Das Heidelberger Projekt habe hingegen bauliche und technische Details qualitätvoll, aber nicht aufwendig umgesetzt. Für die Architekten und Ingenieure habe kein Anlass für
Planänderungen bestanden, da die veranschlagten Kosten nicht überschritten und die Wirtschaftlichkeitskriterien eingehalten seien.
In das Rechenwerk der Richtlinien für die Baukostenplanung flößen neben teuren Objekten auch kostengünstige Objekte ein, sodass sich durch die Aufnahme eines Objektes wie der Kinderklinik Heidelberg keine Auswirkungen im Sinne eines immer höheren Kostenniveaus im staatlichen Hochbau ergäben.
6 Schlussbemerkung
Der Rechnungshof bleibt bei seiner Bewertung und Empfehlung.
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Eingestürzte und sanierungsbedürftige Teile der denkmalgeschützten Klostermauer wurden mit hohem Aufwand wieder hergestellt. Kostengünstigere Alternativen wären möglich gewesen. Ein Konzept für die Sanierung der gesamten Klostermauer liegt bislang nicht vor. Denkmalbehörden und staatliche Bauverwaltung müssen sich besser abstimmen.
1 Ausgangslage
Das ehemalige Zisterzienserkloster in Bebenhausen steht als Gesamtanlage unter Denkmalschutz. 2003 sind durch ein Erdbeben Teile der östlichen Ringmauer beschädigt worden. 2007 musste ein einsturzgefährdeter Abschnitt des Wehrgangs abgetragen werden. 2008 stürzte ein weiterer Abschnitt an der nördlichen Mauer ein.
Diese Ereignisse führten dazu, ein Gutachten über den baulichen Zustand der insgesamt 1.200 m langen Natursteinmauern des Klosters einzuholen. Die Gutachter stellten erhebliche Schäden wie Ausbeulungen, Überhänge und fehlende Fugenfestigkeit durch Witterungseinflüsse und Pflanzenbewuchs fest.
Der Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg, vertreten durch sein Amt Tübingen (Bauamt), schätzte 2004 die Kosten für die Wiederherstellung eines zunächst 30 m langen Abschnitts der östlichen Ringmauer mit hölzernem Wehrgang auf 150.000 Euro.
Für die detaillierte Ausführungsplanung schaltete das Bauamt ein auf Tiefbau und Tunnelbau spezialisiertes Ingenieurbüro ein, das 2008 die Gesamtbaukosten für den Wiederaufbau und Sanierung der beiden eingestürzten beziehungsweise beschädigten Mauerabschnitte mit einer Länge von insgesamt rund 180 m auf 1,5 Mio. Euro (einschließlich Honorare) berechnete. Die Mittel wurden im Staatshaushaltsplan 2009 veranschlagt und bewilligt.
Die Unterschiede zwischen der Kostenschätzung von 2004 und der Kostenberechnung von 2008 sind auf den größeren Sanierungsumfang und auf das aufwendige Bauverfahren zurückzuführen.
Wegen des Eingriffs in die denkmalgeschützte Bausubstanz benötigte die Bauverwaltung von der unteren Denkmalschutzbehörde (Stadt Tübingen) eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung - jeweils für den östlichen und den nördlichen Mauerabschnitt. Das Referat Denkmalpflege des Regierungspräsidiums Tübingen war als Fachbehörde beteiligt.
2 Sanierungskonzeption und bauliche Umsetzung
Im östlichen Abschnitt mussten 80 m² Mauerfläche neu errichtet werden. Der hölzerne Wehrgang wurde in diesem Bereich abgetragen, eingelagert und später wieder neu aufgerichtet. Insgesamt rund 400 m² Mauerfläche wurden zur Sicherung und Stabilisierung saniert und neu verfugt. Für den Wiederaufbau waren die noch intakten Steine zu selektieren und wieder zu verwenden. Das beauftragte Ingenieurbüro plante die Konstruktion nach ingenieurtechnischen Normen und wendete die damals neu gefassten Vorschriften zur Erdbebensicherheit an. Die Erdbebensicherung erfolgte durch Injektionsverfahren und Verankerungen mittels Druck- und Zugstäben. Mit der Bauausführung wurde 2009 begonnen.
Auch die 2008 eingestürzten Teile der nördlichen, äußeren Ringmauer sollten nach den Planungen desselben Ingenieurbüros abgetragen und mit modernen Bautechniken als Stützmauer erdbebensicher wieder hergestellt werden. Die Arbeiten für diesen Mauerabschnitt mit 150 m Länge wurde Ende 2009 vergeben.
In der Planungsphase kam es zu Konflikten zwischen Denkmalschutz und Bauverwaltung. Während die Denkmalbehörde den möglichst historischen Wiederaufbau forderte und für Zurückhaltung beim Einsatz modernster Bautechniken plädierte, setzte das Ingenieurbüro eine aufwendige ingenieurtechnische Planung um. Diese Planung erfüllt nun zwar für 15 Prozent der Klostermauer höchste Standards der Tragwerksplanung und der Erdbebensicherheit. Sie ist aber eine Lösung, die wegen ihrer hohen Kosten kaum für die restlichen 85 Prozent der noch nicht sanierten Mauer in Betracht kommen kann. Für den Rechnungshof ist es nicht nachvollziehbar, weshalb alternative, kostengünstigere Ausführungen zwar in die Überlegungen einbezogen wurden, letztlich aber nicht zum Zuge kamen. Denkmalschutz und Bauverwaltung äußerten sich hierzu gegensätzlich.
Die Aufwendungen für den Erdbebenschutz hält der Rechnungshof nicht für zwingend.
3 Wertung und Empfehlungen
Die kulturhistorische Bedeutung der Klostermauer steht außer Zweifel. Gleichwohl muss die Frage gestellt werden, in welcher Weise, mit welchen Kosten und mit welchem Aufwand die Mauersanierung insgesamt durchgeführt wird. Das bisherige Vorgehen, den schlechten Gesamtzustand notdürftig aufrecht zu erhalten und auf Einsturzbereiche mit jeweils kleinen Sanierungsmaßnahmen zu reagieren, kann nicht zufriedenstellen und führt letztlich zu den vorgefundenen teuren Lösungen.
Der Rechnungshof schätzt, dass insbesondere der unkritische Umgang mit den Vorschriften zum Erdbebenschutz zu vermeidbaren Mehrkosten von 500.000 Euro geführt hat. Würde die bisherige Vorgehensweise bei der gesamten anstehenden Sanierung fortgesetzt, führte dies zu Baukosten in zweistelliger Millionenhöhe.
Das Bauamt muss daher im Einvernehmen mit der Denkmalschutzbehörde zunächst ein Schadensbild der gesamten Klostermauer erstellen und auf dieser Basis einen Masterplan für eine bedarfsgerechte und wirtschaftliche Sanierung der Gesamtanlage entwickeln.
Das Denkmalschutzgesetz sieht ein im Prinzip vernünftiges Verfahren vor, um bei landeseigenen denkmalgeschützten Gebäuden die Interessen von Bauverwaltung und Denkmalschutz zu koordinieren und zusammenzuführen (§ 3 Abs. 5 Denkmalschutzgesetz, Herstellung des Einvernehmens).
Der Rechnungshof hält nach Betrachtung dieser Einzelmaßnahme das Zusammenwirken von Denkmalschutzbehörde und Bauverwaltung für verbesserungsbedürftig. Zwischen den beiden Seiten fehlte es an eindeutigen Absprachen und der rechtzeitigen Herstellung des erforderlichen Einvernehmens.
Der Denkmalschutz muss schon in einer frühen Planungsphase an der Konzeption des Umbaus oder der Sanierung eines Baudenkmals beteiligt werden und die Gelegenheit erhalten, seinen Sachverstand in die Aufgabe einzubringen. Die Kosten und die verfügbaren Mittel sind dabei angemessen in Betracht zu ziehen. Planungs- und Kostensicherheit kann es nur dann geben, wenn vor der Ausschreibung und Baudurchführung die denkmalrechtlichen Auflagen im Einvernehmen mit der Bauverwaltung klar definiert wurden.
4 Stellungnahme der Ministerien
Das Finanzministerium hat in Abstimmung mit dem Wirtschaftsministerium Stellung genommen. Die Ministerien bezeichnen die gewählte Ausführungsvariante im Hinblick auf die Erdbebensicherheit als wirtschaftliche Lösung. Die Denkmalpflege habe ihre Anliegen in den Planungsprozess eingebracht. Bei dem „dynamischen Planungsprozess“ sei es aber nicht angezeigt gewesen, schon zu einem frühen Zeitpunkt abschließende Auflagen zu formulieren. Ein Masterplan solle erstellt werden. Als Grundlage hierzu sei inzwischen der Schädigungsgrad der gesamten Ring- und Klostermauer erhoben und in Bestandsplänen dokumentiert worden.
Die Anregungen des Rechnungshofs würden aufgegriffen. Die Ministerien werden auf eine bessere Zusammenarbeit von Denkmalschutzbehörde und Bauverwaltung hinwirken. Das Kostenbewusstsein bei denkmalpflegerischen Maßnahmen soll weiter gestärkt werden.
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Der Versuch, den Immobilienbestand des Landes mit privatrechtlichen Strukturen und Instrumenten sowie Know-how aus der privaten Wirtschaft besser zu vermarkten, ist gescheitert. Eine frühzeitige Auflösung der Landesimmobiliengesellschaft Baden-Württemberg hätte Kosten vermieden.
1 Ausgangslage
1.1 Allgemeines
Zu den Kernaufgaben des Landesbetriebs Vermögen und Bau Baden-Württemberg (Landesbetrieb) gehört die strategische Grundstückspolitik des Landes. Die Landesregierung hat 2005 die Vermögensverwaltung beauftragt, nicht betriebsnotwendige Landesimmobilien im Wert von insgesamt 310 Mio. Euro zu veräußern. Über eine weitere Verkaufsoffensive sollten zusätzliche Erlöse von 300 Mio. Euro erzielt werden. Diese sollten die Neuverschuldung 2006 absenken.
Der Ministerrat hat am 26.07.2005 das Finanzministerium beauftragt, für die weitere Verkaufsoffensive eine Landesgesellschaft zu gründen. Die vom Landesbetrieb Vermögen und Bau einerseits und von der Landesgesellschaft andererseits zu veräußernden Grundstücke wurden abgegrenzt, um parallel laufende Verkaufsaktivitäten zu vermeiden.
Ein erfahrener Asset-Manager sollte als Berater für diese Verkaufsoffensive die Immobilienbestände des Landes auf Bestandswürdigkeit, Entwicklungsfähigkeit und Verkaufswürdigkeit hin untersuchen und wirtschaftliche Verkaufsportfolien bilden. Er sollte mit Erfolgsbeteiligung selbstständig agieren, um potenzielle Verkaufschancen ausfindig zu machen und entsprechend zu nutzen. Hierzu hat das Land als Alleingesellschafter 2006 eine Projektgesellschaft, die Landesimmobiliengesellschaft Baden-Württemberg - Verwaltungs- und Beteiligungs-GmbH (LIG-BW), gegründet.
Die LIG-BW sollte über kein eigenes Personal verfügen. Die Geschäftsführung sollte dem Asset-Manager übertragen und sein Know-how und seine Erfahrungen im Immobilienmanagement zur optimalen Vermarktung der Landesimmobilien genutzt werden.
Im Einzelnen sollte das beauftragte private Unternehmen folgende Leistungen erbringen:
- die LIG-BW beraten,
- Immobilienverkäufe vorbereiten und durchführen,
- die Geschäftsführung der LIG-BW übernehmen.
Das Land sollte die Aktivitäten der Gesellschaft und somit des Dienstleisters über den Aufsichtsrat steuern und kontrollieren.
Nach einer europaweiten Ausschreibung hat das Land mit einem Konsortium einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit einer Laufzeit von vier Jahren abgeschlossen. Der Geschäftsbesorgungsvertrag endete im April 2010. Eine Kündigung durch das Land war mit einer sechswöchigen Frist zum Ende eines Kalendermonats jederzeit möglich.
1.2 Zielsetzungen
Neben der Beratung lag der Fokus der neu gegründeten Gesellschaft in der Vermarktung des abgegrenzten Immobilien-Portfolios.
Der Asset-Manager hat zunächst in zwei Pilotbezirken (Heilbronn und Freiburg) den Immobilienbestand des Landes abschließend untersucht. Er schlug vor, eine Vielzahl von Landesimmobilien mit einem Volumen von 210 Mio. Euro an einen Fonds zu verkaufen. Gleichzeitig mit dem Verkauf sollte das Land die Immobilien wieder zurückmieten (Sale-and-rent-back). Daneben sollten Erbbaurechte veräußert und im Zuge der Verwaltungsstrukturreform für das Land entbehrlich gewordene Objekte verkauft und so 40 Mio. Euro erlöst werden.
Nach umfangreichen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen unter Beteiligung des Rechnungshofs hat die Landesregierung von Sale-and-rent-back-Transaktionen Abstand genommen. Hierfür waren folgende Gründe ausschlaggebend:
- Die Bewertung der Immobilien durch die LIG-BW schien unangemessen niedrig. Einer Veräußerung unter Wert kam aus wirtschaftlichen und haushaltsrechtlichen Gründen nicht in Betracht.
- Der Großteil der Immobilien wird weiterhin für Landeszwecke benötigt. Der Verkauf mit dem Ziel, diese Objekte dann anzumieten, wurde als langfristig nicht unwirtschaftlich eingeschätzt.
Mit dem vom Rechnungshof mitgetragenen Verzicht auf Sale-and-rent-back-Modelle war klar, dass die ursprünglich angestrebten 300 Mio. Euro nicht mehr erlöst werden konnten. Die Strategie der LIG-BW für 2007 und 2008 musste deshalb neu ausgerichtet werden. Die LIG-BW bzw. das Konsortium sollte nunmehr einzelne Objekte, die insbesondere von den Landkreisen genutzt wurden, vermarkten (Landkreisobjekte). Das Konsortium sollte außerdem den Verkauf von Erbbaurechtsgrundstücken weiter vorantreiben. Diese wurden von der Vermögens- und Bauverwaltung bis dato lediglich an den Erbbaurechtsnehmer als Einzelobjekt verkauft. Die LIG-BW strebte den Verkauf an Dritte und ggf. Portfolioverkäufe an. Das Konsortium sollte zusätzlich landwirtschaftliche Grundstücke vermarkten. Die möglichen Erlöse aus dem Verkauf der Landkreisobjekte, der Erbbaugrundstücke und der landwirtschaftlichen Grundstücke wurden neu auf 200 Mio. Euro geschätzt.
Allerdings musste der Verkauf von Erbbaugrundstücken an Dritte bzw. an Anlagefonds schnell aufgegeben werden. Der Verkauf der Objekte an Dritte wäre politisch nur schwer durchsetzbar gewesen. Die Erbbaugrundstücke konnten daher wie bisher nur an den Erbbaurechtsnehmer verkauft werden.
Insgesamt befanden sich 1.990 Erbbaugrundstücke mit 2.550 Erbbaurechtsverträgen in der Vermarktung. Davon konnten lediglich 114 Grundstücke verkauft werden. Dies entspricht 4,47 Prozent des gesamten Vermarktungspotenzials.
Aus ähnlichen Gründen wurde von der Veräußerung der landwirtschaftlichen Grundstücke Abstand genommen. Hinzu kam, dass eine gezielte Vermarktung im großen Stil die ohnehin schon niedrigen Preise für landwirtschaftliche Grundstücke noch weiter unter Druck gebracht hätte. Bei Einzelverkäufen wären Aufwand und Ertrag in keinem angemessenen Verhältnis gestanden.
Damit war von den ursprünglich für das Konsortium vorgesehenen vier Verkaufsfeldern im Wesentlichen nur noch ein Baustein, der Verkauf der Landkreisobjekte, übrig geblieben.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Vermarktungserfolge der Landesimmobiliengesellschaft
Tabelle 1 illustriert die Verkaufsleistungen der LIG-BW bis zum 30.06.2009.
Die LIG-BW konnte lediglich 138 Objekte veräußern und einen Erlös von 21 Mio. Euro erzielen und blieb damit weit hinter den ursprünglichen Zielsetzungen zurück.
Parallel dazu hat der Landesbetrieb entbehrliche Immobilien aus seinem Zuständigkeitsbereich veräußert. 2007 wurden 540 Objekte für 90 Mio. Euro verkauft; 2008 waren es 166 Objekte für 50 Mio. Euro. Bis zum 30.06.2009 wurden weitere Immobilien für 39 Mio. Euro veräußert. In diesem Zeitraum hat der Landesbetrieb 179 Mio. Euro erlöst. Zusammen mit der LIG-BW wurden insgesamt 200 Mio. Euro erlöst. Der Anteil der LIG-BW an den Gesamterlösen betrug lediglich 11 Prozent.
2.2 Kosten und wirtschaftliches Ergebnis
Die konzeptionelle Betreuung des Projekts LIG-BW hat im Finanzministerium und im Landesbetrieb erheblich Personal gebunden. In der Vergangenheit konnten die internen Kosten für Privatisierungen nur eingeschränkt in die Wirtschaftlichkeitsberechnung einbezogen werden. Für dieses Projekt konnten die Daten der Kosten- und Leistungsrechnungen des Finanzministeriums und des Landesbetriebs ausgewertet werden. Die für Konzeption, Gründung und die Betreuung des Projekts LIG-BW angefallenen internen Personalkosten zeigt Tabelle 2.
Allein beim Finanzministerium und dem Landesbetrieb verursachte das Projekt im Zeitraum von 2005 bis 30.06.2009 Personalkosten von 3 Mio. Euro. Hierin enthalten sind nach Mitteilung des Finanzministeriums „Demokratiekosten“ von insgesamt 250.000 Euro, u. a. für die Beantwortung von Landtagsanfragen, Abgeordnetenschreiben und Petitionen. Selbst nach Abzug dieser Kosten ist der interne Personalaufwand hoch. Er entspricht dem Personaleinsatz von 30 Vollzeitäquivalenten.
Hinzu kamen Kosten für die externe Rechtsberatung von 51.279 Euro und Vergütungen an das Konsortium von 1.395.225 Euro. Hiervon entfielen 537.360 Euro auf Provisionen und 857.865 Euro auf Beratungsleistungen. In der Summe liegen die bislang beim Land angefallenen Kosten bei knapp 4,5 Mio. Euro. Dies sind 21 Prozent der von der Gesellschaft erzielten Erlöse.
Nach Abzug aller Kosten verblieben dem Land Erlöse von 17 Mio. Euro.
2.3 Bewertung
Die Überlegung des Finanzministeriums, privatwirtschaftliches Know-how bei der Veräußerung von Grundstücken zu nutzen, war im Ansatz durchaus schlüssig. Auch die Gründung einer Gesellschaft zu diesem Zweck war kein von vornherein falscher Weg. Die jetzt vorliegenden Ergebnisse zeigen jedoch ein ernüchterndes Bild. Das Ziel des Landes, mit privatwirtschaftlichen Strukturen und Instrumenten sowie dem Know-how der freien Wirtschaft den Immobilienbestand des Landes besser zu vermarkten und zusätzliche Erlöse zur Schuldentilgung zu generieren, wurde nicht erreicht. Die Erlöse blieben weit hinter den Erwartungen zurück.
Dafür gibt es mehrere Ursachen:
- Das Finanzministerium kam in Übereinstimmung mit dem Rechnungshof zur Einschätzung, dass Sale-and-rent-back-Modelle in der Regel für das Land kein wirtschaftliches Ergebnis erbringen können.
- Nach dem grundsätzlichen Verzicht auf Sale-and-rent-back-Modelle verblieb nur noch ein Vermögensbestand, der den aufwendigen Einsatz privater Berater nicht mehr rechtfertigte.
- Erhebliche Teile des Immobilienvermögens des Landes waren schon veräußert, als die LIG-BW ihre Tätigkeit aufnahm.
Nach den Entwicklungen der letzten Jahre am Kredit- und Immobilienmarkt bleibt die Erkenntnis, dass das Land mit seiner bereits 2006 getroffenen Grundsatzentscheidung, auf Sale-and-rent-back-Modelle zu verzichten, richtig lag. Andere Länder sind mit ihrem Immobilienbestand andere Wege gegangen. Das Finanzministerium hat es allerdings versäumt, auf der Grundlage dieser Grundsatzentscheidung zeitnah die notwendigen Konsequenzen für die LIG-BW zu ziehen. Mit dem Verzicht auf Sale-and-rent-back-Modelle hätte gleichzeitig geprüft werden müssen, ob sich der Einsatz Privater und die Beratung durch diese noch rechnen. Ab diesem Zeitpunkt war die LIG-BW nur noch Konkurrenz zum Landesbetrieb. Es stand fest, dass für die entstehenden Aufwendungen keine ausreichenden Erlöse generiert werden können. Das Vertragsverhältnis mit dem Konsortium hätte so schnell wie möglich beendet und die Gesellschaft wieder aufgelöst werden müssen. Ein Großteil der von 2007 bis 2009 angefallenen Personalkosten von 1,6 Mio. Euro hätte vermieden werden können.
Der Rechnungshof verkennt nicht den positiven Nebeneffekt des Wirkens der LIG-BW. Durch sie wurden erstmals die Gesamtbestände der Erbbaurechtsgrundstücke und der Landkreisobjekte bewertet. Wegen der ausbleibenden Verkaufserlöse hat sich das jedoch für das Land nicht ausgezahlt.
3 Empfehlungen
Der Rechnungshof hat als Ergebnis der Prüfung vorgeschlagen, die LIG-BW aufzulösen.
Die Erfahrungen mit der LIG-BW müssen bei zukünftigen Privatisierungsentscheidungen und der Inanspruchnahme umfänglicher Beratungsleistungen einbezogen werden. Folgende Aspekte sind künftig zu beachten:
- In eine ganzheitliche Betrachtung sind auch die voraussichtlich anfallenden internen Kosten der Verwaltung einzubeziehen.
- Ziele und Zielerreichung sind in regelmäßigen Zeitabständen zu evaluieren.
- Ändern sich grundlegende Rahmenbedingungen, müssen zeitnah die Ziele und die Wirtschaftlichkeit überprüft werden. Soweit nötig, ist zu entscheiden, ob das Projekt fortgeführt oder vorzeitig beendet werden soll.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Finanzministerium teilt die Auffassung des Rechnungshofs. Nachdem die Entscheidung gegen Sale-and-rent-back-Modelle gefallen war, habe es intensiv geprüft, ob und mit welcher Strategie die LIG-BW weitergeführt werden sollte. Ergebnis sei gewesen, dass bei Paketverkäufen, insbesondere im Bereich von Erbbaurechtsgrundstücken und landwirtschaftlichen Objekten, das Know-how eines Privaten erforderlich sei.
5 Schlussbemerkung
Das Land hat aus politischen Gründen auf Paketverkäufe von Erbbaurechtsgrundstücken sowie generell auf den Verkauf von landwirtschaftlichem Grundbesitz verzichtet. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte das Finanzministerium das Vertragsverhältnis mit dem Konsortium beenden müssen.
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Einzelplan 14: Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst
Die Vergütungen der hauptamtlichen Mitglieder der Vorstände der Universitätsklinika sollten nach oben begrenzt werden. Zwischen Aufsichtsrat und den Vorstandsmitgliedern sind an allen Klinika Zielvereinbarungen abzuschließen, die die Grundlage für die Bemessung variabler Vergütungsbestandteile sind. Die Anstellung als Chefarzt und Professor sollte künftig aufgrund eines einheitlichen privatrechtlichen Vertrages erfolgen. Die Vergütungen der Chefärzte sind dabei so zu bemessen, dass sie sich in das Gefüge der in öffentlichen Krankenhäusern gewährten Vergütungen einfügen und die Klinika ihrer marktprägenden Arbeitgeberstellung gerecht werden.
1 Entwicklung der Universitätsklinika seit 1998
Die vier baden-württembergischen Universitätsklinika in Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm wurden vom Gesetzgeber mit Wirkung zum 01.01.1998 in Anstalten des öffentlichen Rechts umgewandelt und mit einem hohen Maß an rechtlicher und wirtschaftlicher Selbstständigkeit ausgestattet.
Die Leitung jedes Klinikums obliegt seither einem Klinikumsvorstand, dem als hauptamtliche Mitglieder der Leitende Ärztliche Direktor, der Kaufmännische Direktor und der Pflegedirektor angehören. Nebenamtlich sind der Dekan der Medizinischen Fakultät und der stellvertretende Ärztliche Direktor im Vorstand tätig.
Der Vorstand des Klinikums wird vom Aufsichtsrat berufen und überwacht, dem neben Vertretern der Landesregierung externe Mitglieder aus Wirtschaft und Verwaltung angehören. Vorsitzender des Aufsichtsrats ist an allen vier Standorten ein leitender Beamter des Wissenschaftsministeriums.
Struktur und Höhe der Vergütung der Vorstandsmitglieder werden in privatrechtlichen Verträgen geregelt, die der Aufsichtsratsvorsitzende als Vertreter des Klinikums mit den Vorstandsmitgliedern abschließt.
Die vier Universitätsklinika gliedern sich in Fachkliniken und Abteilungen. Die Fachkliniken ohne Abteilungsgliederung und die Abteilungen der einzelnen Fachkliniken werden jeweils von einem Chefarzt geleitet. Dieser ist hauptamtlich als (zumeist beamteter) Professor an der Medizinischen Fakultät der Universität angestellt. Die Leitung der Klinik nimmt er als Nebentätigkeit wahr, für die er eine gesonderte Vergütung erhält, deren Struktur und Höhe in einem privatrechtlichen Vertrag geregelt sind. Dieser Vertrag wird zwischen dem Klinikumsvorstand und dem jeweiligen Chefarzt ausgehandelt.
Chefärzte, die vor dem Jahr 2002 eingestellt wurden, erhalten in der Regel keine gesonderte Vergütung für die Leitung ihrer Abteilung. Ihnen wurde stattdessen das Recht zugestanden, Privatpatienten auf eigene Rechnung zu behandeln und dafür auch die Einrichtungen und das Personal der Klinik in Anspruch zu nehmen (Recht der Privatliquidation). Diese vor 2002 abgeschlossenen Altverträge gelten bis heute fort. Auf ihrer Grundlage erzielen die Chefärzte jährliche Einnahmen, die je nach Fachgebiet und Zuschnitt der Abteilung stark differieren und in einzelnen Fällen die Millionengrenze überschreiten.
Für die nach 2002 berufenen Chefärzte wurden ausnahmslos Verträge nach neuem Muster (ohne das Recht der Privatliquidation) abgeschlossen, die ein festes Grundgehalt und erfolgsbezogene variable Bezüge vorsehen.
2 Prüfung des Rechnungshofs
Der Rechnungshof hat in den Jahren 2008 und 2009 die Höhe der Vergütungen der Vorstandsmitglieder und der Chefärzte geprüft. Gegenstand der Prüfung waren insbesondere die bis 2007 getroffenen Vereinbarungen und der Vollzug dieser Verträge. Im Einzelfall wurden auch spätere Entwicklungen in die Prüfung einbezogen.
Ausgangspunkt für die Prüfung der Angemessenheit der Vergütungen ist der Gedanke, dass es sich dabei um Leistungen einer Anstalt des öffentlichen Rechts handelt, die nicht zur völlig freien Disposition der Beteiligten stehen können. Vielmehr erfordert es das Interesse des Landes, dass die vereinbarten Vergütungen sachgerecht hergeleitet werden und in das Gesamtsystem der Vergütungen im öffentlichen Dienst und in den öffentlichen Krankenhäusern passen. Außerdem ist zu vermeiden, dass sich öffentliche Krankenhäuser durch unangemessen hohe Vergütungen gegenseitig unter zusätzlichen Kostendruck setzen.
3 Vergütung der Vorstandsmitglieder
3.1 Kaufmännische Direktoren
Die Gesamtvergütung der Kaufmännischen Direktoren einschließlich der variablen Gehaltsbestandteile und Versorgungsleistungen bewegt sich zwischen 200.000 und 316.000 Euro jährlich. Die unterschiedliche Höhe ist das Ergebnis von Verhandlungen, bei denen die Größe des Klinikums, die individuelle Qualifikation des jeweiligen Direktors und besondere persönliche Gegebenheiten maßgeblich waren.
Im Vergleich dazu beträgt der modellhaft errechnete Aufwand des Landes für einen Minister als Mitglied der Landesregierung unter Berücksichtigung des Barwertes seiner Altersversorgung rund 288.000 Euro jährlich.
Aus der Sicht des Rechnungshofs gibt es keine nachvollziehbaren Gründe, warum die Vergütung des Kaufmännischen Direktors eines Universitätsklinikums, das dem Ministerium nachgeordnet ist, die Vergütung eines Ministers (inklusive Altersversorgung) erreichen oder gar übersteigen sollte. Die Verantwortung als Führungskraft ist vergleichbar, der Minister hat sich über seine Ressortverantwortung hinaus auch parlamentarisch und öffentlich zu verantworten. Es gibt weitere Gründe, die einen angemessenen Abstand zwischen der Vergütung eines Ministers und derjenigen eines Kaufmännischen Direktors nahelegen.
Das Ministerium sollte für die Bemessung außertariflicher Vergütungen leitender Führungskräfte Richtlinien schaffen, die strategisch fundierte Kriterien für die Höhe der Vergütungen bestimmen und dabei das Gefüge der im Landesdienst für Aufgaben dieser Art gewährten Vergütungen beachten.
3.2 Leitende Ärztliche Direktoren
Die Spannweite der Vergütungen der Leitenden Ärztlichen Direktoren reichte an den vier Standorten von 200.000 bis maximal 630.000 Euro jährlich.
Als Rechtfertigung für die Höhe der Vergütungen wird einerseits die Marktlage, andererseits der Einkommensausfall genannt, der einem klinisch tätigen Chefarzt bei Übernahme der Leitungsfunktion entsteht. So können die leitenden Ärzte, die vor ihrer Berufung in den Vorstand als Chefärzte mit alten Verträgen tätig waren, bei hauptamtlicher Tätigkeit keine Privatpatienten behandeln und daher auch keine Privatliquidationserlöse erzielen.
Diese Herleitung der Höhe der Vergütungen ist grundsätzlich möglich und plausibel, allerdings muss sich die Vergütung an den im konkreten Einzelfall eintretenden Einnahmeausfällen orientieren. Eine abstrakte Bemessung der Vergütung des Leitenden Ärztlichen Direktors, die sich ausschließlich an den Spitzenverdienern unter den Chefärzten orientiert, ist nicht gerechtfertigt.
Vergütungen, die die Größenordnung der Vergütung Kaufmännischer Direktoren um mehr als 100 Prozent übersteigen, sind nur schwer zu rechtfertigen.
3.3 Pflegedirektoren
Die Vergütung der Pflegedirektoren bewegt sich in den vier Universitätsklinika in einer Größenordnung von 120.000 Euro jährlich und ist nicht zu beanstanden.
Die Anstellungsverträge der Pflegedirektoren, die Organstellung haben, unterliegen nach Auffassung des Rechnungshofs nicht dem allgemeinen Arbeitsrecht und sind damit auch nicht Gegenstand tariflicher Vereinbarungen.
3.4 Vergütung der nebenamtlichen Vorstandsmitglieder
Die Vergütung der nebenamtlichen Vorstandsmitglieder (Dekan der medizinischen Fakultät und stellvertretender Ärztlicher Direktor) ist an allen Standorten angemessen vereinbart und wird vom Rechnungshof nicht beanstandet.
3.5 Variable Gehaltsbestandteile und Zielvereinbarungen
Bei den hauptamtlichen Vorstandsmitgliedern setzen sich die oben genannten Vergütungen an allen vier Standorten aus einem fixen Bestandteil (Grundgehalt) und variablen Bestandteilen zusammen. An drei Standorten umfasst die Vergütung besondere Leistungen für die Altersversorgung.
Über die Auszahlung der variablen Bestandteile wird vom Vorsitzenden des Aufsichtsrats nach Ermessen entschieden. Im geprüften Zeitraum wurden regelmäßig die maximal möglichen variablen Bestandteile ausbezahlt.
Obwohl alle Verträge vorsehen, dass die Aufsichtsratsvorsitzenden mit den Vorstandsmitgliedern Zielvereinbarungen abschließen können, wurde von diesem Instrument im geprüften Zeitraum 2004 bis 2007 nur in wenigen Fällen Gebrauch gemacht.
Der Rechnungshof hält es für nicht akzeptabel, dass variable Gehaltsbestandteile ohne die Grundlage explizit formulierter, messbarer und für beide Seiten transparenter Leistungsziele ausgezahlt werden. Das bei der Prüfung überwiegend festgestellte Verfahren genügte diesen Maßstäben nicht und verzichtete auf die Möglichkeit, den Vorstand über die Zielvereinbarungen strategisch zu führen.
3.6 Weiterbeschäftigung eines ausgeschiedenen Vorstandsmitglieds
An einem der vier Standorte wird ein Vorstandsmitglied nach Beendigung seiner Amtszeit in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis weiterbeschäftigt, um sein bisheriges Einkommensniveau zu sichern. Der Rechnungshof hat dieses Beschäftigungsverhältnis beanstandet, weil es den Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit widerspricht. Da es sich bei dem Beschäftigten um einen beurlaubten Beamten des Landes handelt, ergeben sich auch beamtenrechtliche Bedenken gegen die privatrechtliche Weiterbeschäftigung.
Das Ministerium hat mittlerweile zugesagt, den erhobenen Bedenken Rechnung zu tragen und das Beschäftigungsverhältnis des ehemaligen Vorstandsmitglieds mit dem Klinikum zum 31.08.2010 zu beenden.
3.7 Empfehlungen
Der Rechnungshof empfiehlt den Aufsichtsräten der Universitätsklinika,
- die Gründe für die Art und Höhe der Vergütung der Vorstandsmitglieder nachvollziehbar zu dokumentieren;
- sich beim Abschluss der Verträge mit den Vorstandsmitgliedern an den unter Pkt. 3.1 und 3.2 genannten Kriterien zu orientieren und diese in allgemeinen Richtlinien näher zu definieren;
- variable Vergütungsbestandteile ausschließlich auf der Grundlage explizit abgeschlossener Zielvereinbarungen zwischen dem Aufsichtsratsvorsitzenden und dem jeweiligen Vorstandsmitglied auszuzahlen und das Instrument der Zielvereinbarung als Teil der strategischen Führung des Klinikums zu nutzen.
4 Vergütung der Chefärzte
4.1 Neue Chefarztverträge
Der Übergang von den alten Chefarztverträgen mit dem Recht der Privatliquidation zu neuen Chefarztverträgen mit variabler leistungsbezogener Vergütung erfolgt seit 2002 an allen vier Standorten konsequent. Neu berufene Chefärzte erhalten ausschließlich Verträge nach neuem Muster.
Noch immer halten das Land und seine Universitätsklinika allerdings an dem hergebrachten Modell fest, wonach Chefärzte im Hauptamt als beamtete Professoren an die Universitäten berufen werden und ihre leitende Tätigkeit im Klinikum als erlaubte vergütete Nebentätigkeit wahrnehmen (Kombinationsmodell).
Diese Kombination beamtenrechtlicher und dienstvertragsrechtlicher Regelungen führt in der Praxis vor allem in Konfliktfällen zu juristischen Problemen, die es dem Land, der Universität und dem Klinikum erschweren, ihre Interessen hinreichend durchzusetzen.
Es bietet sich stattdessen ein Einheitsmodell an, bei dem Klinikum und Universität mit dem Chefarzt einen einheitlichen Dienstvertrag abschließen, der ihm die Stellung eines Universitätsprofessors verschafft und seine Dienstaufgaben in Forschung, Lehre und Krankenversorgung definiert.
Die rechtlichen Voraussetzungen für ein solches Einheitsmodell kann der Landesgesetzgeber durch eine Änderung des Landeshochschulgesetzes schaffen.
Die Aufsichtsräte werden am Abschluss von Chefarztverträgen regelmäßig nicht beteiligt, obwohl die Person des Chefarztes und der Inhalt des mit ihm abgeschlossenen Vertrages für die künftige Entwicklung des Klinikums von strategischer Bedeutung sind.
4.2 Zusammensetzung der Chefarztvergütungen
Der Rechnungshof hat im Zuge seiner Prüfung die nach 2002 abgeschlossenen Chefarztverträge neuer Art betrachtet.
Sie sehen neben einem vergleichsweise niedrigen Grundgehalt (das im Hinblick auf die gleichzeitig bezogene Besoldung als Professor gerechtfertigt ist) hohe variable Gehaltsbestandteile vor, die den Chefarzt zur Erreichung von Leistungszielen motivieren sollen.
Zumeist bestehen die variablen Vergütungen aus einem prozentual bemessenen Anteil am Brutto- bzw. Nettoliquidationserlös der jeweiligen Fachklinik bzw. Abteilung und einem Bonus. Die Auszahlung des Bonus ist vom Erreichen vereinbarter Leistungsziele abhängig.
Diese Struktur der Chefarztvergütungen ist sachgerecht, schafft sie doch die Möglichkeit, die Vergütungen als Instrument der strategischen Unternehmensführung durch den Vorstand zu nutzen und ein vitales Interesse des Chefarztes am Erfolg der von ihm geleiteten Abteilung zu begründen.
Fragwürdig ist allerdings die an allen Standorten geübte Praxis, die Höhe der erzielbaren variablen Gehaltsbestandteile so zu bemessen, dass sie sich an den nach den alten Verträgen erzielbaren Privatliquidationserlösen orientiert.
Die neue Vergütungsstruktur bietet gerade die Möglichkeit, die im alten System historisch gewachsenen und sachlich häufig nicht zu rechtfertigenden Unterschiede zwischen den Fachdisziplinen auszugleichen und unangemessen hohe Einkommen einzelner Disziplinen zu vermeiden.
4.3 Höhe der Chefarztvergütungen
Die Prüfung des Rechnungshofs hat hinsichtlich der neuen Chefarztverträge ein sehr ausdifferenziertes Bild ergeben. Die im Prüfungszeitraum gewährten Chefarztbezüge (Grundgehalt und variable Bestandteile) bewegten sich landesweit zwischen 20.000 und 818.000 Euro.
Es handelt sich bei den einzelnen Verträgen um Verhandlungsergebnisse zwischen dem Klinikumsvorstand und den jeweiligen Chefärzten. Sie tragen der Struktur der jeweils geleiteten Fachklinik, der persönlichen Qualifikation, dem „Marktwert“ des einzelnen Chefarztes und der Strategie des jeweiligen Klinikumsvorstands Rechnung. Daher ist eine abschließende Beurteilung der Angemessenheit der vereinbarten Vergütung im Einzelfall nicht möglich.
Allerdings sind Chefarztvergütungen in besonderem Maße rechtfertigungsbedürftig, die zusammen mit der Professorenbesoldung ein jährliches Einkommen von mehr als 500.000 Euro (zuzüglich der Altersversorgung aus dem Beamtenverhältnis) ergeben und damit den Personalaufwand für andere Spitzenpositionen des öffentlichen Dienstes um mehr als 100 Prozent übersteigen.
Die Prüfung hat ergeben, dass diese Grenze 2007 bei 16 Prozent der an den einzelnen Standorten abgeschlossenen Chefarztverträge überschritten wurde. Durch eine stärker degressive Ausgestaltung oder die Vereinbarung einer Obergrenze der erfolgsbezogenen Vergütungen lassen sich unverhältnismäßig hohe Vergütungen vermeiden. Dies wird in einer Reihe von Chefarztverträgen mit Erfolg praktiziert.
4.4 Zielvereinbarungen
Die Klinikumsvorstände haben für die Bemessung der variablen Gehaltsbestandteile mit den Chefärzten regelmäßig explizit formulierte, transparente und messbare Ziele vereinbart und nützen dieses Instrument als Teil der strategischen Unternehmensführung.
Die 2006 und 2007 insbesondere an einzelnen Standorten festgestellten Defizite sind mittlerweile behoben.
Alle vier Klinika machen vom Instrument der Zielvereinbarung in professioneller Weise Gebrauch.
4.5 Empfehlungen
Der Rechnungshof empfiehlt,
- im Landeshochschulgesetz die Rechtsgrundlage dafür zu schaffen, dass bei der Berufung von Chefärzten künftig nur noch privatrechtliche Verträge abgeschlossen werden, die alle Aufgaben des Chefarztes in Forschung, Lehre und Krankenversorgung umfassen;
- an dem seit 2002 konsequent angewendeten System des Grundgehalts und der leistungsbezogenen variablen Vergütung festzuhalten;
- die Chefarztvergütungen von der Höhe der historisch gewachsenen Privatliquidationserlöse abzukoppeln und so zu bemessen, dass sie sich in das System der in den öffentlichen Krankenhäusern gewährten Vergütungen einpassen;
- die Anstellungsverträge mit Chefärzten regelmäßig der Zustimmung der Aufsichtsräte zu unterwerfen.
Das Wissenschaftsministerium sollte prüfen, ob es den Klinikumsvorständen und Aufsichtsräten Richtlinien an die Hand gibt, die eine sachgerechte und schlüssige Herleitung der Chefarztvergütungen ermöglichen und mit denen die Universitätsklinika ihrer besonderen marktprägenden Verantwortung gerecht werden.
5 Stellungnahme des Ministeriums
In seiner Stellungnahme erklärt sich das Wissenschaftsministerium bereit, sich bei der Vergütung der Kaufmännischen Direktoren grundsätzlich an der vom Rechnungshof vorgeschlagenen Vergleichsgröße zu orientieren. In Ausnahmefällen müsse jedoch eine davon abweichende Vergütung möglich sein.
Es sei weiterhin beabsichtigt, die Vergütung der Leitenden Ärztlichen Direktoren an den Einkommensverlusten durch Wegfall der Privatliquidation und an der Marktlage zu orientieren. Außerdem müssten diese Vergütungen auch in einem angemessenen Verhältnis zu den Vergütungen der örtlichen Chefärzte stehen.
Mittlerweise lägen an allen Standorten Zielvereinbarungen mit den hauptamtlichen Vorstandsmitgliedern vor.
Das Ministerium plane, in das neue Hochschulmedizingesetz eine Regelung aufzunehmen, die für Hochschullehrer mit Aufgaben in der Krankenversorgung einen einheitlichen privatrechtlichen Anstellungsvertrag vorsieht. Eine Beteiligung der Aufsichtsräte beim Abschluss jedes einzelnen Chefarztvertrages hält das Ministerium für nicht machbar. In Betracht kämen allerdings eine jährliche Unterrichtung des Aufsichtsrats und eine Beschlussfassung über die zu verwendenden Vertragsmuster.
Eine grundsätzliche Begrenzung der Höhe der Chefarztvergütungen halte das Ministerium nicht für zielführend. Die Entscheidung über die Höhe der Vergütung sei Teil der unternehmerischen Verantwortung des Klinikumsvorstands. Selbst in Krankenhäusern außerhalb der Maximalversorgung lägen einzelne Chefarztvergütungen bereits über 500.000 Euro, sodass das Prüfungsergebnis des Rechnungshofs nicht überraschend sei.
Allerdings werde das Ministerium der Anregung des Rechnungshofs folgen, die Erarbeitung von Richtlinien für die Vorstände zur Herleitung der Chefarztvergütung zu prüfen.
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Selbst neue Universitätsgebäude werden noch immer mit teilweise überdimensionierten gebäudetechnischen Anlagen geplant. Die für den Gebäudebetrieb verantwortlichen Universitäten können erheblich Energie einsparen, wenn sie diese Anlagen optimal betreiben.
1 Ausgangslage
Die Finanzkontrolle prüfte 2007 das technische Gebäudemanagement des Landesbetriebs Vermögen und Bau Baden-Württemberg (siehe Denkschrift 2008, Beitrag Nr. 21, Technisches Gebäudemanagement bei landeseigenen Immobilien). Gebäude der Universitäten waren nicht einbezogen, weil die Universitäten sie selbst bewirtschaften.
In einem weiteren Schritt wurden 2009 an acht Universitäten 17 neuere oder generalsanierte Objekte untersucht.
Universitätsgebäude verbrauchen je Quadratmeter durchschnittlich dreimal so viel Strom und zweimal so viel Wärme wie die anderen Landesgebäude. Aufgrund der in den letzten Jahren gewachsenen Anforderungen an den Wärme- und Klimaschutz sowie an das energieeffiziente Bauen sollte bei diesen Gebäuden ein besonders energieeffizienter Gebäudebetrieb erwartet werden können.
2008 belief sich der Stromverbrauch dieser Objekte auf 10,6 Mio. Kilowattstunden und der Wärmeverbrauch auf 10,5 Mio. Kilowattstunden. Für die Energieversorgung der Universitäten werden jährlich mehr als 100 Mio. Euro aufgewendet.
2 Energieverbrauch der untersuchten Gebäude
Es fehlten Vorausberechnungen des gebäudebezogenen Energieverbrauchs, die eine exaktere Bewertung dieses Verbrauchs und eine konkrete Ermittlung von Einsparpotenzialen ermöglicht hätten. Daher verglich der Rechnungshof den Energieverbrauch mit Kennwerten einer Arbeitshilfe der staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung. Diese Kennwerte sind nach Vorgaben des Finanzministeriums bei energetischen Sanierungen anzustreben und bei Neubaumaßnahmen zu unterschreiten.
Um die zunehmend intensivere Nutzung der Universitätsgebäude sowie Unterschiede im technischen Ausstattungsgrad zu berücksichtigen, legte der Rechnungshof seiner Untersuchung einen Zuschlag von 25 Prozent auf die optimalen Kennwerte zugrunde. Für Gebäude mit ausgeprägter Mischnutzung wurde ein noch höherer Zuschlag angesetzt. Je höher der Kennwert liegt, desto höher ist der zulässige Energieverbrauch.
Dennoch überstieg der Stromverbrauch der untersuchten Gebäude den gebäudespezifischen Kennwert um bis zu 225 Prozent, im arithmetischen Mittel um 78 Prozent. Dies entspricht einem Einsparpotenzial von 4,5 Mio. Kilowattstunden Strom je Jahr.
Beim Wärmeverbrauch betrug der Mehrbedarf bis zu 300 Prozent, im arithmetischen Mittel 24 Prozent. Das Wärme-Einsparpotenzial liegt bei 1,3 Mio. Kilowattstunden je Jahr. Damit könnten die Universitätshaushalte allein bei den geprüften Gebäuden jährlich um Energiekosten von 718.000 Euro (Strom- und Brennstoffkosten) entlastet werden.
3 Planerische und bauliche Aspekte
Alle untersuchten Gebäude waren mit gebäudetechnischen Anlagen ausgestattet, die grundsätzlich einen energieeffizienten Betrieb ermöglichen. Dazu gehören Wärmerückgewinnungsanlagen und Frequenzumrichter in raumlufttechnischen Anlagen und Kälteanlagen sowie drehzahlregelbare Pumpen in Heiz- und Kälteanlagen.
Teilweise war die Energieeffizienz durch Überdimensionierungen sowie ungünstige Anlagenkonzepte eingeschränkt. Das wärmephysikalische Verhalten neuerer Gebäude wird durch eine zu kleinteilige Heizgruppeneinteilung unzureichend berücksichtigt. Umwälzpumpen bewegen dann zu große Heizwassermengen, die dem Mehrfachen des tatsächlichen Heizbedarfs entsprechen. In einem untersuchten Gebäude sind Umwälzpumpen installiert, deren Gesamtförderkapazität einer Heizleistung von mehr als 500 Kilowatt entspricht. Der Bedarf liegt jedoch bei lediglich 100 Kilowatt.
Bei den raumlufttechnischen Anlagen entsprachen die Energieeffizienz (Verhältnis Stromverbrauch zu Luftleistung) sowie die Rückwärmzahlen nicht den gängigen Mindestanforderungen. Diese Anlagen sollten soweit möglich mit Umluft geplant werden. Eine Umluftnachrüstung ist auch in bestehenden Laborgebäuden sinnvoll, sofern die Luftmenge im Absenkbetrieb nicht wesentlich verringert werden kann.
Der maschinelle Lüftungsbedarf, die Luftmengen sowie die Zahl der thermodynamischen Luftbehandlungen hätten von der Bauverwaltung kritisch hinterfragt werden müssen. Gebäude mit überwiegender Fensterlüftung hatten einen geringeren Strom-, Kälte- und Wärmeverbrauch als Gebäude mit überwiegend mechanischer Be- und Entlüftung.
Bei den untersuchten Gebäuden bestand oft ein gleichzeitiger Kälte- und Wärmebedarf. In den Monaten April bis Oktober ist der Wärmebedarf zumeist geringer als der Kältebedarf und kann über Energieverschiebungssysteme komplett aus der Kälteerzeugung gedeckt werden.
Innovative Konzepte zur Energieeinsparung, wie z. B. Kühlung mit natürlicher Temperaturdifferenz, gab es lediglich bei zwei der untersuchten Gebäude.
Nahezu alle Gebäude hatten bodentiefe Fenster. Sie erhöhen die Kühllasten, ohne die Tageslichtnutzung effektiv zu verbessern.
Der Rechnungshof empfiehlt, dass die staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung ihre Planungen noch konsequenter auf einen energieeffizienten, wirtschaftlichen Gebäudebetrieb hin ausrichtet. Sie hat mit ihren beauftragten Ingenieuren Vorausberechnungen zum prognostizierten Energieverbrauch und Betrieb der technischen Anlagen zu erstellen. Nur so wird es den nutzenden Verwaltungen (Universitäten) möglich, im Hinblick auf künftig anfallende Kosten des Gebäudebetriebs gegebenenfalls noch korrigierend eingreifen zu können.
4 Verantwortungsbereich der Universitäten
Die Universitäten stellen schon mit der Nutzungsanforderung die wesentlichen Weichen für die Wirtschaftlichkeit des späteren Gebäudebetriebes. Der Flächenbedarf sowie die Standardanforderungen müssen daher präzise und nicht überhöht formuliert und geprüft werden.
Nach der Übergabe der fertiggestellten Baumaßnahmen übernehmen die Universitäten den Gebäude- und Anlagenbetrieb. Hierzu erhalten sie Revisionspläne und Betriebsanleitungen. Es folgt eine Phase, in der noch im Verantwortungsbereich der Bauverwaltung Mängel von den Installationsfirmen beseitigt werden.
Die erforderliche Nachjustierung der Anlagen zur Optimierung des Energieverbrauchs ist Aufgabe der Universitäten. Diese verfügen jedoch nicht immer über entsprechend qualifiziertes Fachpersonal oder vertreten die Meinung, dass die Optimierung Aufgabe der Bauverwaltung sei. Daher wird der Anlagenbetrieb lediglich in Teilbereichen qualifiziert optimiert.
Der Rechnungshof empfiehlt den Universitäten, die planenden Ingenieure für einen Zeitraum von drei Jahren nach Bauübergabe mit der Betreuung und Optimierung der Anlagen zu beauftragen. Durch Energieeinsparungen ist eine schnelle Amortisation der Betreuungs- und Optimierungskosten zu erwarten.
Neben den Nachjustierungen ermöglichen restriktivere Anlagenbetriebsstrategien ein hohes Einsparpotenzial.
Beispiel raumlufttechnische Anlagen: Diese sind Schwerpunkte des Energieverbrauchs. Einige Universitäten schalten diese Anlagen außerhalb der Nutzungszeiten ab, während andere lediglich die Luftmengen auf die Hälfte absenken oder - besonders im Laborbereich - die Anlagen im
24-Stundenbetrieb durchlaufen lassen. Generell sollte eine weitergehende Luftmengen-Absenkung außerhalb der Nutzungszeiten möglich sein. Im Einzelfall ließen sich mit einem restriktiveren Anlagenbetrieb mehr als 50 Prozent des Wärme- und Stromverbrauchs einsparen.
Die elektrische Grundlast ist bei den Universitätsgebäuden im Vergleich zu anderen Landesgebäuden auffällig hoch. Universitätsgebäude verbrauchen im „Leerlaufbetrieb“ bis zu 90 Prozent des Stromes, der beim Dienstbetrieb benötigt wird.
Schwerpunkte des Grundlastverbrauchs sind raumlufttechnische Anlagen, Kälteanlagen sowie IuK-Anlagen. Neben einem optimierten Betrieb der Raumlufttechnik bieten also energiesparende Konzepte und Betriebsstrategien für IuK überdurchschnittlich hohe Stromeinsparmöglichkeiten.
Die Universitätsinstitute sollten verstärkt in die Maßnahmen zum energieeffizienteren Betrieb eingebunden werden. Änderungen beim Nutzerverhalten können einen wichtigen Beitrag zum Energiesparen leisten. Wirksame Anreize können über eine Beteiligung der Institute an den eingesparten Energiekosten gegeben werden.
Die für das Energiemanagement und den Gebäudebetrieb zuständigen Mitarbeiter sollten weitergebildet werden, um die bereits zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Gebäudeleittechnik und zentralen Energieerfassung zu nutzen. Dabei muss bewusst gemacht werden, dass das Energiecontrolling eine dauerhafte Aufgabe ist, weil der Energieverbrauch nach einer Optimierungsphase ohne anschließende Überwachung sonst wieder zunimmt.
Der Rechnungshof sieht bei einer optimierten Einstellung und Steuerung der technischen Anlagen, einer auf Energieeinsparung gerichteten Betriebsführung der Universitätsgebäude sowie einer stärkeren Einbindung der Institute allein bei den untersuchten Gebäuden ein jährliches Einsparpotenzial von 15 Prozent.
Eine Hochrechnung auf den gesamten Gebäudebestand der Universitäten mit seiner Mischung aus neuen, älteren und alten Gebäuden ist kaum möglich, da unterschiedliche technische Voraussetzungen für eine Energieeinsparung vorliegen. Der Rechnungshof geht jedoch nach vorsichtiger Schätzung von einem möglichen Einsparvolumen von insgesamt 10 Prozent aus. Dies würde - bei derzeitigen Kosten von 100 Mio. Euro für die Energieversorgung der neun Universitäten - eine jährliche Kosteneinsparung für die Universitäten von 10 Mio. Euro bedeuten.
5 Stellungnahme der Ministerien
Das Finanz- und das Wissenschaftsministerium sehen es als Schwerpunktaufgabe, den Energieverbrauch in den Universitätsgebäuden zu optimieren. Umfangreiche Maßnahmen im Bereich des Planens und Bauens und im Gebäudebetrieb seien bereits umgesetzt. Die Empfehlungen des Rechnungshofs sollen aufgegriffen und der bereits eingeschlagene Weg zu einem optimierten Energiemanagement konsequent fortgesetzt werden.
Die beiden Ministerien teilen den methodischen Ansatz des Rechnungshofs nicht, das Einsparpotenzial ausschließlich auf der Grundlage eines Vergleichs der Ist-Energiewerte mit den unteren Kennwerten der jeweiligen Bauwerkszuordnung gemäß der Broschüre „Betriebskosten und Verbräuche“ (siehe Fußnote 1) zu ermitteln. Das aufgezeigte jährliche Einsparpotenzial von 10 Mio. Euro wird als deutlich zu hoch bewertet.
6 Schlussbemerkung
Der Rechnungshof hält an seinem Ansatz fest, den Ist-Verbrauch an den von der Verwaltung selbst herausgegebenen und vom Finanzministerium als Richtschnur vorgegebenen Richtwerten zu messen. Mögliche Unterschiede im technischen Ausstattungsgrad wurden mit einem Zuschlag von 25 Prozent und mehr berücksichtigt.
Die Untersuchung hat gezeigt, dass trotz aller bereits eingeleiteter Schritte Handlungsbedarf besteht. Die staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung muss ihre Planungen weiter optimieren, um die Voraussetzungen für einen optimierten Gebäudebetrieb zu schaffen. Die technischen Anlagen müssen nach Übergabe an die Universitäten überwacht und im Betrieb optimal eingestellt werden. Für die Daueraufgabe der wirtschaftlichen Betriebsführung müssen die Universitäten ein eigenes Energiemanagement einrichten. Einige Universitäten sind auf diesem Weg bereits vorangeschritten.
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Die Internationale Bodensee-Hochschule vernetzt die an ihr beteiligten Hochschulen und öffnet Wissenschaftlern und Studierenden neue Möglichkeiten. Allerdings könnte die Arbeit durch eine reduzierte Ausstattung und ein besseres Fördercontrolling noch effizienter werden. Die Finanzierungsbeiträge könnten um mindestens 25 Prozent gesenkt werden, ohne dass die Leistungsfähigkeit der Internationalen Bodensee-Hochschule litte.
1 Geschichte der Internationalen Bodensee-Hochschule
1.1 Internationale Bodensee-Konferenz
Die 1994 gegründete Internationale Bodensee-Konferenz (IBK) ist ein Zusammenschluss der an den Bodensee grenzenden und mit ihm verbundenen Länder und Kantone. Mitglieder sind sechs Schweizer Kantone, das österreichische Bundesland Vorarlberg, das Fürstentum Liechtenstein, der Freistaat Bayern und das Land Baden-Württemberg. Diese Länder und Kantone arbeiten in den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Forschung, Kultur, Umwelt, Verkehr, Wirtschaft sowie Gesundheit und Soziales zusammen. Die Geschäftsstelle der IBK und ihre Öffentlichkeitsarbeit werden von den Mitgliedern durch jährliche Beiträge finanziert.
Baden-Württemberg finanziert ein Drittel des Zuschussbedarfs. In den Gremien der IBK hat das Land jedoch dasselbe Stimmrecht wie die anderen Mitglieder, deren Finanzierungsanteile sich zwischen 2 und 11 Prozent bewegen.
1.2 Internationale Bodensee-Hochschule
Das aufwendigste Projekt der IBK ist die 1998 ins Leben gerufene Internationale Bodensee-Hochschule (IBH), ein nicht rechtsfähiger Verbund von heute 29 Universitäten und Hochschulen aus dem Hoheitsgebiet der Mitglieder der IBK.
Die IBH hat den Auftrag, grenzüberschreitende Studiengänge zu entwickeln, Forschung und Technologietransfer zu unterstützen, die Aus- und Weiterbildung sowie den Ausbau gemeinsamer Infrastrukturen zu verbessern. Sie verfügt über eine eigene Geschäftsstelle, die in Kreuzlingen (Schweiz) sitzt und teilweise von der IBK und vom Kanton Thurgau finanziert wird.
1.3 Leistungsperioden der Internationalen Bodensee-Hochschule
Die Entwicklung der IBH gliedert sich in vier Phasen.
1.3.1 Projektphase 1999 bis 2002
In der Projektphase von 1999 bis 2002 verfügte die IBH über kein eigenes Budget - damals wurden erste Grundlagen der Zusammenarbeit gelegt.
1.3.2 Erste Förderperiode 2003 bis 2005
Im Zeitraum 2003 bis 2005 wurde die IBH mit jährlich 500.000 Euro ausgestattet, die je zur Hälfte aus dem EU-Fonds INTERREG und aus Beiträgen der Mitglieder der IBK stammten.
1.3.3 Zweite Förderperiode 2006 bis 2008
In der Erwartung, ab 2006 keine EU-Mittel mehr in Anspruch nehmen zu können, schlossen die Mitglieder der IBK 2004 eine Zweite Leistungsvereinbarung. Nach dieser Leistungsvereinbarung wurde der Hochschule bis 2010 ein jährliches Budget von 500.000 Euro zur Verfügung gestellt, das unmittelbar von den Mitgliedern finanziert wurde. Weitere Mittel von 108.750 Euro stellte die IBK aus ihrem eigenen Budget zur Finanzierung der Geschäftsstelle der IBH bereit. Auf Baden-Württemberg entfiel mithin insgesamt ein Finanzierungsanteil von 202.714 Euro jährlich (ein Drittel des Zuschussbedarfs).
Die Universität Konstanz übernahm auf Vorschlag des Rechnungshofs die Abwicklung aller Ein- und Auszahlungen der zweiten Förderperiode. Dem Rechnungshof wurde in der Zweiten Leistungsvereinbarung ein Prüfungsrecht hinsichtlich aller Projekte der IBH eingeräumt, die Geschäftsstelle der IBH wird von den zuständigen Behörden des Kantons Thurgau geprüft.
Aus dem Budget der Internationalen Bodensee-Hochschule wurden in der zweiten Förderperiode insgesamt 30 Projekte der beteiligten Hochschulen gefördert. 18 Projektanträge wurden vom Kooperationsrat der IBH abgelehnt. Das zugesagte Fördervolumen betrug 1,9 Mio. Euro. Davon sind 1,0 Mio. Euro bis zum 31.10.2009 tatsächlich ausgezahlt worden.
Die Laufzeit der Zweiten Leistungsvereinbarung wurde von den Mitgliedern zum Ende des Jahres 2008 vorzeitig beendet, um in eine dritte, besser ausgestattete Förderperiode einzutreten.
1.3.4 Dritte Förderperiode 2009 bis 2013
Mittlerweile gilt die Dritte Leistungsvereinbarung aus dem Jahr 2008, die für den Förderzeitraum 2009 bis 2013 neben einem erhöhten Grundbetrag von jährlich 645.000 Euro weitere 250.000 Euro jährlich zur Kofinanzierung von EU-Fördermitteln in Aussicht stellt.
Der maximale jährliche Beitrag des Landes Baden-Württemberg für die aktuelle Förderperiode der IBH beträgt mithin 286.000 Euro.
Über die weitere Förderung ab 2014 wollen die Mitglieder der IBK im Jahr 2012 neu entscheiden.
2 Prüfung des Rechnungshofs
Aufgrund des von den Mitgliedern der IBK eingeräumten Prüfungsrechts hat der Rechnungshof 2009 die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Internationalen Bodensee-Hochschule geprüft. Gegenstand waren Projekte aus der zweiten Förderperiode, also 2006 bis 2008, mit einem Gesamtfördervolumen von 1,4 Mio. Euro.
Die örtlichen Erhebungen erstreckten sich auf die baden-württembergischen Hochschulen in Albstadt-Sigmaringen, Furtwangen, Konstanz und Weingarten sowie auf die Innerstaatliche Hochschule für Technik Buchs im Schweizer Kanton St. Gallen.
3 Allgemeine Feststellungen
Die Internationale Bodensee-Hochschule trägt zur Vernetzung der Arbeit der beteiligten Hochschulen in Forschung und Lehre bei, öffnet den Wissenschaftlern und Studierenden neue Möglichkeiten und lässt in ihrem Bereich das Zusammenwachsen der Bodenseeregion sichtbar werden.
Sie verfügt über explizit formulierte strategische Ziele, deren Realisierung von den Organen der IBH gemessen wird bzw. künftig gemessen werden soll. Das Fördercontrolling ist allerdings noch verbesserungsbedürftig.
Wenn die Internationale Bodensee-Hochschule über das Jahr 2012 hinaus weitergeführt wird, könnte das bisherige Leistungsniveau des Verbundes auch mit einer deutlich geringeren Finanzausstattung erreicht werden.
Einsparpotenziale ergeben sich insbesondere durch ein leistungsfähigeres Fördercontrolling und frühzeitige Maßnahmen zur Qualitätssicherung bei den geförderten Projekten. Auch ist der Verwaltungsbereich unangemessen gut ausgestattet und nimmt deshalb über 30 Prozent des Budgets der IBH in Anspruch.
Wider Erwarten erhielt die IBH für die Projekte der zweiten Förderperiode nachträglich EU-Mittel, wodurch in ihrem Haushalt ein ungeplanter Überschuss von 290.000 Euro entstanden ist. Diesen will der Vorstand der IBH mit Zustimmung der IBK für zusätzliche Projekte verwenden. Hätten die Mitglieder der IBK diese Entwicklung vorhergesehen, hätten sie das Budget der zweiten Förderperiode entsprechend geringer bemessen. Folglich müsste der Überschuss den Mitgliedern im Verhältnis ihrer Finanzierungsanteile gutgeschrieben werden.
4 Besondere Feststellungen zu den einzelnen Projekten
4.1 Unzulässige oder unwirtschaftliche Ausgaben
Insgesamt stellte der Rechnungshof bei den geprüften Projekten Ausgaben von 79.500 Euro fest, die nach den Regeln der IBH nicht hätten ausgezahlt werden dürfen oder die sich als unwirtschaftlich erwiesen haben.
Unzulässig war es, dass bei mehreren Projekten Personalkosten der hauptamtlichen Professoren bei der IBH abgerechnet oder aus ihren Mitteln zusätzliche Vergütungen an Mitarbeiter der Hochschulen für die Erledigung von Dienstaufgaben gewährt wurden. Ein möglicher Grund für die nicht korrekte Abrechnung könnte darin liegen, dass nach Schweizer Hochschulrecht die Refinanzierung hauptamtlicher Personalkosten über Projektfördermittel üblich ist, während die deutschen Förderregeln, denen auch die IBH in ihren Richtlinien folgt, eine solche Abrechnung ausschließen.
Bei zwei geprüften Projekten wurden offenkundig überhöhte Personalkosten in die Abrechnung gegenüber der IBH eingestellt.
In zwei weiteren Fällen wurde die nach den Regeln der IBH erforderliche Beteiligung von mindestens zwei Mitgliedshochschulen auf dem Papier dargestellt, war tatsächlich aber nicht gegeben.
In zwei Fällen haben baden-württembergische Hochschulen Projektmittel ohne Rechtfertigung an Drittempfänger weitergeleitet.
Als unangemessen hoch und deshalb unwirtschaftlich beurteilt der Rechnungshof die Förderung des Projekts „Netzwerk der Auslandsämter“ sowie die personelle Ausstattung der Geschäftsstelle der IBH. Die für die Jubiläumsveranstaltung im November 2010 geplanten Ausgaben sind ebenfalls unangemessen hoch.
Die Geschäftsstelle der IBH lässt sich seit einigen Jahren mehr Mittel vom Kooperationsrat bewilligen, als sie für ihre Zwecke tatsächlich benötigt. Dadurch konnte sie nicht vorgesehene Rücklagen bilden.
4.2 Projektausgaben ohne nachhaltigen Erfolg
Projekte mit einem Volumen von 306.000 Euro haben nicht zu nennenswerten Erfolgen geführt. Auf diese Projekte hätte verzichtet werden können, ohne dass die Ergebnisse der IBH darunter gelitten hätten.
Es handelt sich dabei um die Forschungsprojekte DAMINA (vorzeitig eingestellt), ELEAS-Autonomic computing (Ziele nicht erreicht), PORTFOLIO (war einer der „beteiligten“ Hochschulen gänzlich unbekannt) und High-Power-LED-Module (nach Pensionierung des Projektleiters nicht weitergeführt).
4.3 Falsche Angaben im Abschlussbericht
Der Abschlussbericht der zweiten Förderperiode listete zehn gemeinsame Studiengänge auf, die von den Mitgliedshochschulen im Rahmen der IBH angeboten werden. In mindestens vier Fällen ergaben sich bei der Prüfung deutliche Zweifel an der Validität der berichteten Zahlen und Fakten. Einige im Bericht erwähnte Studiengänge existieren nach Feststellung des Rechnungshofs überhaupt nicht.
5 Empfehlungen
Der Rechnungshof empfiehlt,
- das jährliche Budget der Internationalen Bodensee-Hochschule auf Dauer um mindestens 25 Prozent zu reduzieren und den ungeplanten Überschuss der zweiten Förderperiode anteilig mit den künftigen Beiträgen der Mitglieder der IBK zu verrechnen;
- durch ein wirksames Fördercontrolling und qualitätssichernde Maßnahmen darauf hinzuwirken, dass die Bedingungen für die Förderung der einzelnen Projekte eingehalten und die Projektziele erreicht werden, und Projekte, die ihre Ziele offenbar verfehlen, rechtzeitig abzubrechen;
- der Sicherung von Qualität und Nachhaltigkeit schon bewilligter Projekte Priorität vor der Ausweisung neuer Projekte einzuräumen;
- die bei der Prüfung des Rechnungshofs festgestellten unzulässig oder unwirtschaftlich ausgegebenen Projektmittel von den beteiligten Hochschulen zurückzufordern;
- die Personalausstattung der Geschäftsstelle der Internationalen Bodensee-Hochschule um eine Stelle zu reduzieren. Insbesondere die Bereiche Öffentlichkeitsarbeit und EU-Projekte könnten um jeweils eine halbe Stelle reduziert werden.
Im Falle der Weiterführung der Internationalen Bodensee-Hochschule sollten die handelnden Organe darauf achten, dass die eingesetzten Fördermittel tatsächlich einen Mehrwert im Sinne der für die IBH formulierten Ziele generieren und nicht der finanziellen Entlastung der beteiligten Hochschulen bei ohnehin geplanten Maßnahmen dienen.
6 Stellungnahme des Ministeriums
Das Wissenschaftsministerium akzeptiert die Feststellungen des Rechnungshofs zu Fragen des Fördercontrollings und der Qualitätssicherung der IBH. Die Basis für ein systematisches Fördercontrolling sei im Februar 2010 gelegt worden. Die konkrete Ausgestaltung des Fördercontrollings oder der verstärkten Qualitätssicherung würden derzeit durch eine Arbeitsgruppe ausgearbeitet.
Das Ministerium setze sich aktiv für die Umsetzung eines effektiven und effizienten Umgangs mit den Fördermitteln ein. Für die laufende Förderperiode sehe es jedoch keinen Spielraum, das Budget der IBH um 25 Prozent zu kürzen. Aufgrund der angespannten Haushaltslage müsse die Budgetkürzung für die vierte Förderperiode ernsthaft diskutiert werden.
Der Ertrag der IBH lasse sich nachdrücklich daran festmachen, dass ohne die Projektmittel die Kooperation innerhalb der IBH und ein europäischer Mehrwert nicht zustande gekommen wären. Nach Auffassung des Ministeriums sollte deshalb zum jetzigen Zeitpunkt nicht von einer finanziellen Entlastung der beteiligten Hochschulen gesprochen werden.
Das Ministerium werde auf die Prüfung eventueller Rückforderungsansprüche drängen, soweit Projektmittel unzulässig oder unwirtschaftlich verausgabt wurden.
Die Reduzierung der Personalausstattung der Geschäftsstelle um eine Stelle lasse sich nach Auffassung des Wissenschaftsministeriums nicht verwirklichen. Dies würde eine Schließung der Geschäftsstelle bedeuten.
7 Schlussbemerkung
Das Wissenschaftsministerium verkennt, dass die Geschäftsstelle der IBH aktuell über die planmäßige Ausstattung mit 1,5 Stellen hinaus über weitere 2,5 Vollzeitäquivalente verfügt, die aus Projektmitteln bezahlt werden. Dies steht eindeutig außer Verhältnis zum bewirtschafteten Gesamtvolumen.
Es liegt im Interesse des Landes, dass das Ministerium nicht einfach die Mehrheitsentscheidungen der IBK akzeptiert. Es sollte aktiv darauf hinwirken, dass die Ausstattung und Kosten der IBH und damit die Belastungen des Landeshaushalts auf das erforderliche Maß reduziert werden.
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Die Informations- und Kommunikationstechnik der Universität Hohenheim ist unwirtschaftlich. Der Rechnungshof empfiehlt, deren Strukturen stärker zu bündeln und zu optimieren.
1 Ausgangslage
Bei den Universitäten des Landes ist die Informations- und Kommunikationstechnik (IuK) wie in vielen anderen Bereichen in den letzten Jahren personell, organisatorisch und inhaltlich wesentlich bedeutender geworden. Die Finanzkontrolle hat exemplarisch die IuK der Universität Hohenheim untersucht.
2 Prüfungsergebnisse
Die IuK-Strukturen der Universität Hohenheim sind stark dezentral organisiert und streben weiter auseinander. Damit werden Abstimmungsprozesse bezüglich der komplexen System- und Netztechnik und zur wirtschaftlichen Standardisierung der Geräte immer schwieriger und damit auch zeit- und kostenaufwendiger. Bei einer Bündelung von Aufgaben und in allen Bereichen gestrafften Strukturen können nach Schätzung der Finanzkontrolle 10 bis 15 Prozent der Personal- und Sachkosten im IuK-Bereich eingespart werden.
2.1 Aufgabenverteilung
Die Universität Hohenheim hat den Regeltypus eines Informationszentrums gemäß § 28 Landeshochschulgesetz noch nicht eingerichtet. Es gibt neben der Universitätsbibliothek noch zwei getrennte IuK-Organisationseinheiten: eine Abteilung für die Verwaltungs-IuK und das wissenschaftliche Rechenzentrum. Außerdem hat sich in den wissenschaftlichen Fachinstituten ein IuK-Eigenleben entwickelt. Das IuK-Personal ist damit über die ganze Universität verteilt (Tabelle 1).
Sowohl die beiden IuK-Organisationseinheiten als auch die meisten wissenschaftlichen Institute nehmen parallel Querschnittsaufgaben wahr, die weitgehend zentralisiert werden könnten. Hierzu gehören der Netz- und Serverbetrieb, die Bürokommunikation, die Beschaffung von Hard- und Software sowie die Aus- und Fortbildung. IuK-Kompetenzen müssen deshalb an vielen Stellen vorgehalten werden. In den Fachinstituten ist hierfür häufig wissenschaftliches Personal gebunden.
Wie Querschnitts- und Fachaufgaben in den einzelnen Bereichen wahrgenommen werden, ergibt sich aus Tabelle 2.
Bei 37 Vollzeitäquivalenten sind damit fast zwei Drittel des gesamten IuK-Personals in der Universität mit Querschnittsaufgaben befasst. Diese bündelbaren Aufgaben werden in der IuK-Verwaltung von drei Vollzeitäquivalenten und in den Fachinstituten von 13 Vollzeitäquivalenten wahrgenommen und damit in der Summe zu 43 Prozent an dezentralen Stellen erledigt.
Die dezentralen IuK-Strukturen haben bislang ein übergreifendes Datenschutz- und Sicherheitskonzept für die gesamte Universität verhindert. Das Rechenzentrum gibt nur unverbindliche Hinweise, überwacht deren Einhaltung aber nicht. Beispielsweise versorgen sich die Fachinstitute mit eigenen Viren-Schutzprogrammen.
IuK-Aufgaben, die wirtschaftlich gebündelt wahrgenommen werden könnten, werden an zu vielen Stellen erledigt. Die kleinteilige Aufgabenverteilung bindet in der Summe mehr Personalkapazitäten als bei Zusammenführung an zentraler Stelle. Wissenschaftliches Personal ist durch sachfremde IuK-Aufgaben gebunden und steht nicht mehr für Forschung und Lehre zur Verfügung.
2.2 IuK-Beschaffungen
Die Universität hat 2008 für zwei Millionen Euro IuK-Gegenstände beschafft oder IuK-Dienstleistungen vergeben. Sie hat für den IuK-Bedarf die zentrale Beschaffung angeordnet, jedoch die Zuständigkeiten nicht einer Stelle zugewiesen, sondern auf die Zentrale Beschaffungsstelle und das Rechenzentrum aufgeteilt. Diese Zuordnung wurde nicht stringent eingehalten. So hat das Rechenzentrum Aufträge vergeben, für die die Zentrale Beschaffungsstelle zuständig gewesen wäre (20 Prozent des entsprechenden Auftragsvolumens).
Außerdem haben die Fachinstitute für 472.000 Euro viele Einzelaufträge an zahlreiche Lieferanten eigenständig vergeben und dabei oft zu teuer eingekauft. Beim IuK-Zubehör wurden Mehrkosten bis zu 40 Prozent festgestellt. Verbrauchsmaterial haben die Institute teilweise um 30 bis 100 Prozent über den Preisen der Zentralen Beschaffungsstelle eingekauft.
Diese Beschaffungspraxis hat zu einer heterogenen Geräte- und Softwarelandschaft mit den unterschiedlichsten Typen zahlreicher Hersteller geführt. Der dadurch entstandene Gerätewildwuchs verursacht Bedarf an unterschiedlichen Verbrauchsmaterialien, z. B. Tinten und Toner für 94 unterschiedliche Typen eines Druckerherstellers.
Die Bestellungen der Institute waren oft nicht ausreichend begründet und wurden von der Zentralen Beschaffungsstelle unter Hinweis auf § 7 Landeshaushalts¬ordnung zurückgewiesen. In einem Fall hat der Rektor schließlich aus Dringlichkeitsgründen den Kauf von Arbeitsplatzdruckern angeordnet, ohne dass die Nachweise der Wirtschaftlichkeit der Maßnahme vorlagen.
Die Zentrale Beschaffungsstelle ist nicht der Empfehlung zur Teilnahme an der gemeinsamen Beschaffung des Landes über das Logistikzentrum gefolgt (Nr. 4.5 Beschaffungsanordnung). Sie hat sich aber auch nicht aus sonstigen IuK-Rahmenverträgen des Landes bedient, z. B. aus der gemeinsamen Ausschreibung der Universität Freiburg. Vielmehr wurden zahlreiche eigene Rahmenverträge mit verschiedenen Lieferanten geschlossen, oft über dieselben Gerätetypen. Die Vergabevorschriften wurden nicht immer beachtet. Die vergaberechtlich notwendigen Begründungen zum Verzicht auf öffentliche Ausschreibungen waren regelmäßig nicht belegt oder nachvollziehbar. Selbst Standardgeräte wurden unter Hinweis auf die außergewöhnliche Fachkunde eines Lieferanten nicht öffentlich ausgeschrieben, beispielsweise zwei Rahmenverträge über 200 Personal Computer bzw. 125 Notebooks mit Auftragsvolumina von 100.000 Euro bzw. 75.000 Euro. Die Universität begründet dies damit, dass die öffentliche Ausschreibung zu aufwendig und unwirtschaftlich sei.
Bei Beschaffungen von IuK-Gegenständen wurden die internen Regeln nicht beachtet. Der Universitätsleitung tat auch zu wenig dafür, diese Regeln durchzusetzen. Damit kam es zu eigenmächtigem Handeln oder zu gegenseitiger Blockade, welcher der Rektor in einem Fall nur durch Inkaufnahme eines Wirtschaftlichkeitsverstoßes begegnen konnte. Es gab zu viele und teilweise zu teure Einzelbeschaffungen mit entsprechend hohem Verwaltungsaufwand in den Instituten. Die heterogene System- und Gerätelandschaft erzeugte unnötige Ausgaben für ihre Betreuung und Verbrauchsmittel. Im Übrigen zieht ein dezentrales Bestellwesen erhöhte Verfahrens- und Personalkosten nach sich. Diesem Umstand kann mit der Einrichtung von zentralen Beschaffungen begegnet werden.
Die Argumente, mit denen die Universität die Teilnahme an der gemeinsamen Beschaffung des Landes oder Bestellungen aus sonstigen Rahmenverträgen des Landes ablehnt, überzeugen nicht. Die mit eigenen Rahmenverträgen oder freihändigen Vergaben erzielten Konditionen waren häufig sogar ungünstiger und überdies nicht auf der Basis von rechtlich einwandfreien Vergabeverfahren abgesichert.
2.3 IuK-Ausstattung
In der Universität hat niemand einen zentralen Überblick, wo und von wem Server betrieben werden und für welche Geräte wann Ersatzbedarf ansteht. Die Institute haben zahlreiche eigene Server, welche aber nur teilweise im Maschinensaal des Rechenzentrums untergebracht sind. Ein zentraler Betrieb der Server findet nicht statt. Mit Konsolidierungsmaßnahmen, auch unter Berücksichtigung neuer Techniken wie Virtualisierung, wurde bislang nur in Ansätzen begonnen.
Ausweislich der Anlagenbuchhaltung verfügt die Universität über Personal Computer und Notebooks für 5.188 Bildschirmarbeitsplätze. Bei 2.055 Bediensteten sowie 120 studentischen IuK-Arbeitsplätzen ist der Buchbestand viel zu hoch. Eine gegenständliche Inventur, welche Geräte von wem auch tatsächlich noch verwendet werden, wurde nie durchgeführt. Die Institute haben 2006 bis 2008 lediglich zwischen neun und fünfzehn Aussonderungen gemeldet. Damit hat die Universität in jedem dieser Jahre weit über tausend Geräte mehr eingekauft als zumindest buchmäßig ausgesondert.
Die Anlagenbuchhaltung weist fast 1.300 Arbeitsplatzdrucker mit einer sehr großen Typenvielfalt in den Verwaltungsbereichen der Universitätseinrichtungen aus. Auch dieser Bestand ist nicht durch Inventuren verifiziert. Außerdem gibt es kein übergreifendes, nach Wirtschaftlichkeitsgrundsätzen erstelltes Konzept über die Standards, nach denen Drucker beschafft und aufgestellt werden. So werden teilweise teure Garantieerweiterungen eingekauft, die in einigen Fällen bis zu 46 Prozent des Gerätepreises kosten.
Ein vergleichbares Bild ergibt sich auch bei der Ausstattung mit Standard-Software. Das Rechenzentrum bestellt die Programme auf Anforderung der Institute, ohne den universitätsweiten Software-Einsatz zu steuern. Ein Überblick über die eingesetzten Programme fehlt ebenso wie über noch verfügbare, aber ungenutzte Lizenzen.
Es fehlt ein Bestandsmanagement, bei dem die einzelnen Einrichtungen der Universität verantwortungsvoll ihre Bestände nachweisen müssen. Der ausgewiesene Bestand an IuK-Geräten übersteigt den Ausstattungsbedarf deutlich. Neuer oder zu ersetzender Bedarf an IuK-Geräten muss bisher nicht damit begründet werden, dass Geräte nachweislich veraltet oder unbrauchbar geworden sind. Dadurch kommt es zu vorzeitigen Ersatzbeschaffungen, unnötigen Mehrfachausstattungen oder überhöhten Reservebeständen.
2.4 Haushaltsvollzug
Die Universität Hohenheim hat 2008 zusammen sechs Millionen Euro für ihre IuK ausgegeben, davon neben den Personalkosten zwei Millionen Euro Sachmittel. Eine Satzung über die Wirtschaftsführung und das Rechnungswesen gemäß § 13 Abs. 4 Landeshochschulgesetz liegt nicht vor. Die Universität hat eine dezentrale Budgetverantwortung eingeführt.
Sowohl die IuK-Abteilung der Verwaltung als auch das Rechenzentrum verfügten am Ende der Jahre 2006 bis 2008 jeweils noch über größere Beträge an nicht verwendeten Haushaltsmitteln. Diese summierten sich bis Ende 2008 auf die in Tabelle 3 dargestellten Beträge.
Die IuK-Budgets der IuK-Verwaltung und des Rechenzentrums überstiegen damit die notwendigen Ausgaben in den einzelnen Jahren deutlich. Im Zuge einer pauschalen Kürzung der Budgets für alle Einrichtungen um 28 Prozent 2009 waren jedoch auch diese beiden Einrichtungen betroffen.
Bei internen Weiterverkäufen von IuK-Gegenständen an die Institute kam es durch Sammelbuchungen zu zahlreichen falschen Kontenbelastungen und damit zu verfälschten Ergebnissen in der Kostenrechnung. Auch fehlte es teilweise an einer klaren Trennung zwischen IuK-bezogenen und anderen Kosten, zum Teil auch durch unklar bezeichnete Belege. Die Kostenrechnung war daher für eine Steuerung der IuK-Ausgaben nicht geeignet.
Die Übertragung von Mitteln auf die Einrichtungen setzt geeignete Informations- und Steuerungsinstrumente sowie eine einheitliche Kosten- und Leistungsrechnung voraus. Bei der Bewirtschaftung der IuK-Haushaltsmittel mangelte es jedoch an bedarfsorientierter jährlicher Budgetplanung sowie an einer aussagekräftigen Kostenrechnung. Es zeigt sich, dass die dezentrale Bewirtschaftung der Haushaltsmittel in den einzelnen Einrichtungen nicht nur Vorteile hat, wie beispielsweise Planungssicherheit für die Einrichtungen. Sie scheint auch dazu anzuregen, möglichst viele Mittel aus dem globalen Universitätshaushalt abzugreifen und als Vorsorge für spätere Ausgaben sicherzustellen. Eine zielorientierte Projekt- und Investitionsplanung war nicht zu erkennen.
Im Übrigen ist fraglich, ob das Ansparen von Studiengebühren für spätere IuK-Beschaffungen den Intentionen des Gesetzgebers zu § 4 Landeshochschulgebührengesetz entspricht.
3 Empfehlungen
Die IuK-Strukturen der Universität Hohenheim sind neu und verbindlicher als bislang zu organisieren. Der Rechnungshof empfiehlt, die Organisationseinheiten IuK-Verwaltung und Rechenzentrum unter einem Dach zu einem schlagkräftigen und in IuK-Fachfragen weisungsbefugten IuK-Zentrum zusammenzuführen. Die Position dieses Zentrums als verantwortlicher Dienstleister ist gegenüber den wissenschaftlichen Instituten zu stärken. Hierzu gehört die alleinige Zuständigkeit für die Standardisierung der Geräte und für die Basisdienstleistungen, wie den Netz- und Serverbetrieb, die Bürokommunikation sowie für die IuK-Aus- und Fortbildung. Hierfür sollte das IuK-Zentrum die notwendigen Haushaltsmittel erhalten, welche nach der Zentralisierung in den wissenschaftlichen Instituten nicht mehr gebraucht werden.
Zur wirtschaftlichen Beschaffung von IuK-Geräten sollte das IuK-Zentrum weitgehend von Vergabeaufgaben entlastet werden. Die Zentrale Beschaffungsstelle muss verstärkt gemeinsame Ausschreibungen von Landesdienststellen nutzen oder zumindest bei Vergabeentscheidungen mit berücksichtigen. Beim IuK-Zentrum verbliebe die fachliche Beurteilung der gemeldeten Bedarfe sowie ggf. die Bündelung standardisierter Anforderungen aus den wissenschaftlichen Einrichtungen. Die dementsprechend zu treffenden Regelungen müssen von der Universitätsleitung transparent gemacht und konsequent durchgesetzt werden.
Die Universität hat auf ein wirtschaftliches Bestandsmanagement hinzuarbeiten und von den Instituten eine sachgerechte und kennzahlengestützte Investitionsplanung für ihren IuK-Bedarf einzufordern. Sie muss außerdem dringend Maßnahmen ergreifen, um die Neu- und Ersatzbeschaffungen von IuK-Geräten auf das unabweisbar notwendige Maß zu beschränken. Hierzu ist es vordringlich, mittels einer gegenständlichen Inventur die eingesetzten Geräte im Einzelnen zu erfassen und ihren Einsatzort zu dokumentieren. Soweit unnötige Mehrfachausstattungen oder überhöhte Reservebestände festgestellt werden, sind diese zulasten neuer Beschaffungen abzubauen. Fehlbestände sind aufzuklären.
Die dezentrale Mittelbewirtschaftung ist verstärkt davon abhängig zu machen, ob die Einrichtungen auch ihren IuK-Bedarf konkret und verbindlich auf der Basis von Kennzahlen gemäß § 13 Abs. 3 Landeshochschulgesetz geplant und mit dem IuK-Zentrum abgestimmt haben. Die Kostenrechnung muss überarbeitet und zielorientiert weiterentwickelt werden, damit sie steuerungsrelevante Kennzahlen liefern kann. Das IuK-Zentrum wird hierdurch in die Lage versetzt, mittel- und langfristige Finanzplanungen für IuK-Ausgaben durchzuführen.
4 Stellungnahme der Universität Hohenheim und des Wissenschaftsministeriums
Den Empfehlungen zur organisatorischen Zusammenführung der Verwaltungs-IuK mit dem wissenschaftlichen Rechenzentrum und zur Neuordnung des Beschaffungswesens wird nicht widersprochen. Die Universität Hohenheim und das Wissenschaftsministerium sind jedoch der Auffassung, dass nicht alle Empfehlungen zur Bündelung der IuK-Aufgaben auf den wissenschaftlichen Forschungsbetrieb einer Universität umgesetzt werden können. Dies gelte beispielweise für die IuK-Ausstattung innovativer Forschungsvorhaben, bei denen andere Maßstäbe als die strengen Wirtschaftlichkeitsgrundsätze des Haushaltsrechts gelten würden. Auch lasse die Hochschulautonomie den Landeshochschulen gewisse Freiheiten bei der Mittelbewirtschaftung.
5 Schlussbemerkung
Die Freiheit von Forschung und Lehre stellt keinen Freibrief für die Universitäten dar. Deshalb ist die IuK nicht nur in der Verwaltung, sondern auch im Forschungsbetrieb wirtschaftlich zu gestalten. Die Einrichtungen einer Universität müssen prüfen, wie auch die IuK für innovative wissenschaftliche Projekte möglichst wirtschaftlich eingesetzt werden kann. Dies gilt auch für den Drittmittelbereich. Dabei sind Dienstleistungsangebote von internen IuK-Zentren ebenso zu berücksichtigen wie Kennzahlen zur Bedarfs- und Finanzplanung auf der Grundlage einer sachgerechten Kosten- und Leistungsrechnung. Hierfür muss die Universität Hohenheim ihre IuK-Strukturen wirtschaftlicher gestalten und die Kostenrechnung optimieren.
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Bei der Nachprüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Staatsgalerie haben sich neben etlichen Verbesserungen nach wie vor Defizite in der Ablauforganisation und der Personalverwaltung des Museums gezeigt. Durch eine organisatorische Straffung könnten jährliche Personalkosten von 500.000 Euro eingespart werden. Der Rechnungshof empfiehlt dem Wissenschaftsministerium, die Staatsgalerie mindestens vorübergehend enger zu führen.
1 Ausgangslage
Die Staatsgalerie Stuttgart ist das größte Kunstmuseum des Landes. Sie verfügt über eine Sammlung von 5.100 Gemälden und 400.000 Grafiken. Nachdem das alte Gebäude 2008 saniert wurde, beträgt die Ausstellungsfläche 8.350 m². Im Staatshaushaltsplan 2010/2011 stehen für 2010 den Gesamtaufwendungen von 8,72 Mio. Euro Erträge von 1,21 Mio. Euro gegenüber. Der geplante Landeszuschuss beträgt 6,95 Mio. Euro.
Seit 2008 ist die Staatsgalerie als Landesbetrieb (§ 26 Landeshaushaltsordnung) organisiert. Sie wird seither von einem wissenschaftlichen Direktor und einem kaufmännischen Geschäftsführer geleitet. Insgesamt beschäftigte die Staatsgalerie zum Zeitpunkt der Prüfung im Oktober 2009 240 Mitarbeiter mit 156 Vollzeitäquivalenten.
In den Jahren 2006 bis 2008 besuchten durchschnittlich 260.000 Menschen die Ausstellungen des Museums.
2 Prüfungen des Rechnungshofs
Der Rechnungshof prüfte in den Jahren 2004 und 2005 erstmals die Staatsgalerie (siehe Denkschrift 2006, Beitrag Nr. 22, Haushalts- und Wirtschaftsführung der Staatsgalerie Stuttgart).
Damals ergaben sich zahlreiche Beanstandungen:
- Der Rechnungshof rügte die unzureichende Verwaltung und Dokumentation der Sammlung - die wissenschaftliche Inventarisierung in einer Datenbank war erst begonnen worden und die Leihgaben des Museums wurden nur unzureichend überwacht. Neun Dauerleihgaben waren nicht mehr auffindbar.
- Der Personalwirtschaft der Staatsgalerie lag keine Personalbedarfsberechnung zugrunde, es wurden Personalüberhänge in manchen Bereichen festgestellt. Mehrere der geprüften Verträge erwiesen sich als arbeits- und sozialversicherungsrechtlich problematisch. Die Arbeitszeiterfassung war unprofessionell und fehlerhaft.
- Die Staatsgalerie beschäftigte ohne haushaltsrechtliche Ermächtigung unbefristet Personal außerhalb von Stellen.
- Der Rechnungshof regte an, den Aufsichts- und Wachdienst neu zu organisieren, um Kosten zu sparen.
Im Zuge der parlamentarischen Beratung sagte das Wissenschaftsministerium zu, die beanstandeten Mängel zu beheben. Der Vorschlag, den Aufsichts- und Wachdienst an ein privates Unternehmen zu vergeben, wurde allerdings unter Hinweis auf das fest angestellte Personal nicht übernommen.
Ziel der erneuten Prüfung des Rechnungshofs im zweiten Halbjahr 2009 war es, festzustellen, ob Ministerium und Museumsleitung die gegebenen Zusagen eingehalten und die seinerzeit festgestellten Mängel beseitigt haben.
Außerdem sollte festgestellt werden, wie sich die Staatsgalerie unter neuer Leitung weiterentwickelt hat.
3 Ergebnisse der Nachprüfung
Bei der Nachprüfung ergab sich ein differenziertes Bild: Einzelne Bereiche wurden in den letzten Jahren entsprechend den Empfehlungen des Rechnungshofs und den Beschlüssen des Landtags verbessert, in anderen Bereichen bestehen die Defizite fort.
Auch ist es bislang noch nicht gelungen, den seit mehreren Jahren beobachteten Abwärtstrend bei den Besucherzahlen zu beenden oder gar umzukehren.
3.1 Festgestellte Verbesserungen
Die Staatsgalerie hat den nach der letzten Prüfung eingeleiteten Veränderungsprozess fortgeführt und einen Teil der Defizite behoben.
Die wissenschaftliche Inventarisierung des Sammlungsgutes ist zielstrebig vorangetrieben worden. Die damals weitgehend ungenutzte Datenbank-Software wird inzwischen fruchtbringend eingesetzt.
Die Dauerleihgaben werden besser überwacht, sodass regelmäßige Rückmeldungen der Leihnehmer erfolgen.
Kurierreisen werden, soweit ersichtlich, nach dem geltenden Reisekostenrecht abgerechnet.
Bei Kunsttransporten hält die Staatsgalerie inzwischen die geltenden Vergabevorschriften akkurat ein. Allerdings ist der damit verbundene Aufwand für externe Rechtsberatung mit 113.000 Euro in den Jahren 2006 bis 2008 erheblich zu hoch.
Die Abrechnung von Dienstleistungen gegenüber Dritten (z. B. im Fotoatelier) ist verbessert und professionalisiert worden.
3.2 Weiter vorhandene Defizite
3.2.1 Umwandlung des Museums in einen Landesbetrieb
Die Umwandlung des Museums in einen Landesbetrieb ist noch nicht gelungen. Die dafür erforderlichen Wirtschaftspläne und Jahresabschlüsse wurden nicht fristgerecht erstellt, Quartalsberichte wurden gar nicht vorgelegt. Eine Steuerung des Museums anhand berichteter Kennzahlen war daher kaum möglich.
3.2.2 Personalbedarf
Die vom Rechnungshof geforderte und vom Ministerium zugesagte Personalbedarfsberechnung für die Staatsgalerie liegt bis heute nicht vor.
Die Zahl der in der Staatsgalerie beschäftigten Mitarbeiter hat sich 2008 und 2009 um insgesamt 57 erhöht - das entspricht einer zusätzlichen Kapazität von 23,07 Vollzeitäquivalenten.
Das mit dem Ministerium vereinbarte Personaleinsparkonzept wurde nicht umgesetzt. Das für 2009 angesetzte Personalbudget wurde nach eigenen Berechnungen der Staatsgalerie um 330.000 Euro überzogen. Beim wissenschaftlichen Dienst und in der Verwaltung sind Einsparmöglichkeiten von 120.000 Euro ungenutzt.
3.2.3 Arbeits- und Tarifrecht
Die Staatsgalerie verstößt weiterhin in einigen Fällen gegen arbeitsrechtliche Bestimmungen. So wurde bei mehreren Mitarbeitern die Arbeitszeitverordnung nicht eingehalten.
Es wurden befristete Arbeitsverhältnisse abgeschlossen, für die die arbeitsrechtlichen Voraussetzungen nicht vorliegen. Teilweise wurden wiederum Honorarverträge abgeschlossen, die eigentlich Arbeitsverträge sind.
Einzelne tarifliche Leistungen wurden falsch berechnet, wodurch es zu vermeidbaren Überzahlungen kam.
3.2.4 Aufsichtsdienst
Als Ergebnis der Nachprüfung hat die Staatsgalerie zugesagt, die Zahl der im Museum präsenten Aufsichtskräfte auf 26 zu reduzieren. Dadurch können künftig jährlich Personalkosten von 180.000 Euro eingespart werden. Weitere 195.000 Euro könnten eingespart werden, wenn der Aufsichtsdienst, wie bereits in anderen Landesmuseen erfolgreich praktiziert, an einen externen Dienstleister vergeben wird.
3.2.5 Wach- und Sicherheitsdienst
Die Staatsgalerie wird nach wie vor von eigenen Mitarbeitern bewacht.
Dem Vorschlag des Rechnungshofs, den Sicherheitsdienst am Tag auf das erforderliche Maß zu reduzieren, ist die Staatsgalerie nicht gefolgt. Auch der Nachtdienst wurde entgegen dem Vorschlag des Rechnungshofs nicht an Dritte vergeben. Dadurch bleibt ein Einsparpotenzial von 190.000 Euro ungenutzt.
4 Empfehlungen
Der Rechnungshof stellt fest, dass ein Teil der Zusagen, die das Ministerium dem Rechnungshof und dem Landtag gegeben hat, bis heute nicht eingehalten ist. Dies mag teilweise den besonderen Herausforderungen geschuldet sein, denen sich die Direktion 2008 und 2009 mit der Umwandlung des Museums in einen Landesbetrieb und dem Umbau der Staatsgalerie stellen musste, aber es besteht nach wie vor Handlungsbedarf.
Der Rechnungshof empfiehlt,
- endlich durch eine fundierte Personalbedarfsberechnung die Soll-Ausstattung der Staatsgalerie zu bestimmen und die gegebene Personalausstattung an den wirklichen Personalbedarf anzupassen,
- mittelfristig die aufgezeigten Einsparpotenziale zu realisieren,
- die Defizite in der Personalwirtschaft und der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Staatsgalerie zu beheben,
- die Finanzverwaltung des Museums an die geltenden Anforderungen für Landesbetriebe anzupassen, insbesondere Wirtschaftspläne und Jahresabschlüsse fristgerecht zu erstellen.
Die nach wie vor bestehenden Defizite in der Verwaltung des Museums erfordern eine engere Begleitung des Ministeriums durch Führung und Unterstützung auch im operativen Bereich.
5 Stellungnahme des Ministeriums
Das Wissenschaftsministerium räumt in seiner Stellungnahme ein, dass die Umwandlung der Staatsgalerie in einen Landesbetrieb mit großen organisatorischen Veränderungen und neuen Anforderungen verbunden gewesen sei, die vom Museum nicht auf Anhieb bewältigt werden konnten. Das Ministerium gehe jedoch davon aus, dass sich die Abläufe inzwischen ausreichend verfestigt hätten, sodass künftig die fristgerechte Erstellung von Jahresabschlüssen, Wirtschaftsplänen und Quartalsberichten erwartet werden könne.
Das Ministerium habe mit Schreiben vom 20.01.2010 angeordnet, die festgestellten Defizite in der Personalwirtschaft und der Haushalts- und Wirtschaftsführung rasch zu beheben. In monatlichen Berichtsgesprächen mit der Direktion der Staatsgalerie werde dieser Prozess begleitet und die vom Rechnungshof geforderte Hilfestellung im operativen Bereich gewährt.
Der vom Rechnungshof festgestellte hohe Personalbestand am 01.10.2009 sei überwiegend dem vorübergehend höheren Aufsichtsbedarf während der Umbauphase 2008/2009 geschuldet, mittlerweile sei das Personal um 18 auf 138 Vollzeitäquivalente reduziert worden. Weitere Personalreduzierungen seien Ende 2010 möglich, wenn der zusätzliche Restaurationsbedarf im Vorfeld der geplanten Holbein-Ausstellung entfalle.
Die vom Rechnungshof genannten Einsparmöglichkeiten von jährlich 120.000 Euro beim wissenschaftlichen Dienst und in der Verwaltung würden vom Ministerium nicht gesehen, da die zugrunde liegenden Stellen ablauforganisatorisch unverzichtbar seien.
Die weiteren vom Rechnungshof aufgezeigten Einsparpotenziale insbesondere im Aufsichtsdienst für Sonderausstellungen und beim Wach- und Sicherheitsdienst würden von der Staatsgalerie geprüft. Die Direktion werde dem Ministerium über das Ergebnis dieser Prüfung berichten.
Das Wissenschaftsministerium erarbeite gegenwärtig gemeinsam mit dem Finanzministerium eine Vorlage zur Darstellung des Personalbedarfs in Form eines strukturierten Personalbudgets. Damit sollten Entwicklungen transparent gemacht und im Bedarfsfalle steuernde Eingriffe möglich werden.
Die neun Bilder, die schon 2004 nicht mehr auffindbar waren, seien offenbar nicht wieder beschaffbar. Das Ministerium habe der Staatsgalerie daher empfohlen, die weitere aktive Suche einzustellen und die Objekte, die teilweise schon vor dem Zweiten Weltkrieg verliehen worden seien, aus dem Inventar zu streichen.
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Das Linden-Museum in Stuttgart weist zahlreiche Defizite im Museumsbetrieb und in der Aufbau- und Ablauforganisation auf. Der Rechnungshof schlägt eine neue Aufgabenverteilung zwischen dem Land und der Stadt Stuttgart und eine straffere Organisation vor. Notwendig sind eine neue, zeitgerechte Museumsstrategie und Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit.
1 Ausgangslage
Das Linden-Museum ist eines der bedeutendsten Völkerkundemuseen in Europa. Es wurde im Mai 1911 an seinem heutigen Standort am Stuttgarter Hegelplatz eröffnet. Träger war damals der Württembergische Verein für Handelsgeografie.
Seit 1973 ist das Land Rechtsträger des Museums, das Museumsgebäude steht im Miteigentum des Landes und der Stadt Stuttgart. Aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung aus dem Jahr 1973 übernimmt die Stadt Stuttgart jeweils die Hälfte des jährlichen Finanzbedarfs.
Nach der Übernahme der Trägerschaft durch das Land wurden umfangreiche Sanierungen des Museumsgebäudes durchgeführt, die 1986 abgeschlossen wurden.
Die Dauerausstellung des Linden-Museums stammt in ihren Grundzügen aus den Achtzigerjahren des 20. Jahrhunderts. Sie wird ergänzt durch jährlich wechselnde Sonderausstellungen, zum Beispiel 2009 zur Geschichte und Gegenwart der Schamanen in Sibirien.
Das Linden-Museum deckt nur einen kleinen Teil seiner Kosten durch eigene Einnahmen. Im Wirtschaftsplan 2010 stehen Aufwendungen von 4,62 Mio. Euro eigene Erträge von 0,45 Mio. Euro gegenüber. Hinzu kommen noch Ausgaben insbesondere für die Bewirtschaftung der Gebäude von 1 Mio. Euro. Den Zuschussbedarf von 5,2 Mio. Euro tragen Land und Stadt je zur Hälfte.
Der Rechnungshof hat 2009 die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Linden-Museums geprüft.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Stärken des Museums
Das Linden-Museum hat mit geschätzten 160.000 Objekten eine Sammlung von Weltruf, die nicht nur die kulturellen Unterschiede in der Welt des ausgehenden 20. Jahrhunderts erschließt, sondern auch historisch wertvolle Stücke aus dem 19. Jahrhundert und früheren Jahrhunderten umfasst.
Das Museum verfügt über einen Stab national und international ausgewiesener Wissenschaftler, deren völkerkundliche Expertise nahezu alle Regionen der Welt abdeckt und das Linden-Museum zu einem angesehenen Ort völkerkundlicher Forschung macht.
Das Linden-Museum hat in den letzten zwanzig Jahren durch zahlreiche Sonderausstellungen gezeigt, dass es wissenschaftlich anspruchsvolle und gleichwohl museumsdidaktisch ansprechende Ausstellungen konzipieren und inszenieren kann.
Das Linden-Museum ist einerseits Teil des nationalen und internationalen völkerkundlichen Netzwerks, andererseits auch im kommunalen Geschehen der Stadt Stuttgart etabliert und akzeptiert.
2.2 Defizite und Verbesserungspotenziale des Museums
Die Prüfung des Linden-Museums hat allerdings auch zahlreiche Defizite ergeben, die einen erfolgreichen Museumsbetrieb erschweren. Nicht alle Defizite können von heute auf morgen behoben werden.
Die Vielzahl der festgestellten Defizite legt den Schluss nahe, dass das Museum strategisch, organisatorisch und operativ einen Neuanfang braucht, um den Herausforderungen gerecht zu werden, die sich an eine so renommierte Einrichtung wie das Linden-Museum richten.
2.2.1 Strategie
Das Linden-Museum hat über das Leitbild hinaus keine explizit formulierte Strategie und keine Ziele, die es seiner künftigen Entwicklung zugrunde legt. Das Wissenschaftsministerium hat mit dem Museum bis heute keine Zielvereinbarungen getroffen und nimmt seine Aufgabe bei der strategischen Ausrichtung des Linden-Museums nur zurückhaltend wahr.
2.2.2 Äußere und innere Organisation
Die äußere und innere Organisation des Linden-Museums ist unnötig kompliziert.
Durch die gemeinsame Finanzverantwortung mit der Stadt Stuttgart ergibt sich ein vermeidbarer Abstimmungsbedarf. Sie erschwert und behindert eine strategische Führung des Museums durch das Ministerium und die Anpassung des Museums an gewandelte Anforderungen.
Die innere Aufbauorganisation ist auf personelle Besonderheiten zugeschnitten und mit drei Abteilungen und einer in sich gegliederten Verantwortung des Vorstands zu aufwendig. Das Betriebs- und Finanzstatut wird derzeit überarbeitet.
Der Betrieb der Außenstelle im Schloss Ettlingen und die Zusammenarbeit mit der Stadt Ettlingen weisen Schwächen auf. Die Außenstelle wird in der Öffentlichkeitsarbeit des Linden-Museums vernachlässigt.
2.2.3 Standort und Gebäude
Das Linden-Museum liegt entfernt von den großen Fußgängerachsen und der Kulturmeile der Stadt, sodass nur angesprochen wird, wer das Museum gezielt aufsucht.
Auch die innere Gestaltung des Museumsgebäudes weist zahlreiche Defizite auf: Der Eingangsbereich ist unübersichtlich und gibt dem Besucher wenig Orientierung, die Garderobe mutet nicht zeitgemäß an. Das Foyer lädt die Besucher nicht zur Kommunikation ein. Auch fehlt ein Raum für museumspädagogische Aktivitäten.
Die Klima- und Belüftungstechnik ist nicht zeitgemäß, ein barrierefreier Zugang zum Museum ist derzeit nicht möglich und auch auf mittlere Frist nicht zu realisieren.
2.2.4 Ausstellung und Besucherzahlen
Die Dauerausstellung ist größtenteils seit Jahren nicht mehr überarbeitet worden. Sie geht an den Rezeptionsgewohnheiten und den Erwartungen vorbei, die ein Besucher heute an eine Museumspräsentation haben darf. Viele Ausstellungsstücke sind in ihrer völkerkundlichen Bedeutung und ihrem Bezug zur eigenen Erfahrungswelt ohne Hilfe nicht zu erschließen.
Auch das museumspädagogische Potenzial des Linden-Museums ist noch nicht ausgeschöpft.
Der Mangel an Attraktivität der Dauerausstellung spiegelt sich in der Entwicklung der Besucherzahlen, die von 200.000 Besuchern jährlich Mitte der Achtzigerjahre auf heute 60.000 bis 70.000 Besucher jährlich zurückgegangen sind.
Der Zuschussbedarf je Besucher beträgt derzeit 44,52 Euro und liegt damit doppelt so hoch wie beim Landesmuseum Württemberg oder beim Badischen Landesmuseum Karlsruhe.
2.2.5 Sammlung und Magazin
Die vier Magazine, in denen das Linden-Museum seine Sammlungsobjekte lagert, sind weit verteilt; sie sind technisch und arbeitshygienisch nicht auf dem neuesten Stand.
Hier sind einige Verbesserungen zu erwarten, wenn dem Linden-Museum demnächst ein neues Magazin zur Verfügung gestellt wird, das es gemeinsam mit dem Museum für Naturkunde und dem Landesmuseum Württemberg nutzen kann.
2.2.6 Einnahmen des Museums
Proportional zu den sinkenden Besucherzahlen sind auch die Einnahmen des Linden-Museums aus Eintrittsgeldern zurückgegangen. Mit einem Eintrittspreis von 4 Euro je voll zahlendem Besucher liegt das Linden-Museum im unteren Drittel des Preisspektrums vergleichbarer Museen.
Auch die Einnahmen aus Veröffentlichungen und Vorträgen sind in den letzten fünf Jahren spürbar zurückgegangen. Der Wannersaal, der sich auch für externe Veranstaltungen eignet, wird nur selten an Dritte vermietet.
Die Einnahmen aus dem Museumsshop sind nicht zufriedenstellend.
Einnahmen aus Sponsoring sind ebenfalls nur in geringem Maße zu verzeichnen.
2.2.7 Personalausstattung und Personalwesen
Das Linden-Museum verfügt über Personal im Umfang von 47,5 Vollzeitäquivalenten. Davon entfallen 7 Vollzeitäquivalente auf den wissenschaftlichen Dienst.
Die Prüfung des Rechnungshofs hat ergeben, dass in den Bereichen
Zentrale Dienste, Betriebsdienste 15 Vollzeitäquivalente
Sammlungen, Ausstellungen 2 Vollzeitäquivalente
Vorstand mit Sekretariat 1 Vollzeitäquivalent
eingespart werden können, wenn die Personalausstattung an den wirklichen Bedarf angepasst wird und Dienstleistungen im Bereich Aufsicht und Reinigung konsequent an Dritte vergeben werden.
Für keinen der Bediensteten lag die vorgeschriebene und bei Arbeitnehmern für die tarifgerechte Eingruppierung unabdingbar notwendige Tätigkeitsbeschreibung vor. Die Arbeitszeiterfassung wies Defizite und Rechtsverstöße auf.
2.2.8 Haushaltswirtschaft und Beschaffung
Die Prüfung der Haushaltswirtschaft ergab eine Reihe von Verstößen gegen das Haushalts- und Kassenrecht.
Bei der Überprüfung der Betriebskostenabrechnung ergab sich eine Nachforderung gegenüber der Stadt Stuttgart in Höhe von 67.000 Euro.
Weiterhin wurden Fehler bei der Vergabe größerer Lieferungen und Leistungen festgestellt.
Die wissenschaftliche Inventarisierung der Ausstellungsstücke und die Anlagenbuchhaltung bleiben hinter den für die Landesmuseen geltenden Anforderungen zurück.
3 Empfehlungen
3.1 Strategische Neuorientierung
Das Linden-Museum braucht eine neue Museumsstrategie, die seine Leistungs- und Entwicklungsziele in der gewandelten Medienwelt neu definiert und zu für den Besucher sichtbaren Veränderungen führt. Eine neu gestaltete Dauerausstellung muss auch in Zukunft durch attraktive Sonderausstellungen ergänzt werden.
Notwendig ist ein für den Betrieb eines Völkerkundemuseums geeignetes und neuzeitlich ausgestattetes Museumsgebäude.
3.2 Straffung der inneren und äußeren Organisation
Die äußere Organisation des Linden-Museums sollte durch eine neue Aufgabenverteilung zwischen dem Land und der Stadt Stuttgart vereinfacht werden. Denkbar wäre die alleinige Verantwortung der Stadt Stuttgart für ein künftiges neues Museumsgebäude und die volle inhaltliche und finanzielle Verantwortung des Landes für den laufenden Museumsbetrieb.
Die innere Organisation kann durch eine Gliederung in nur zwei Abteilungen gestrafft werden. Bei konsequenter Vergabe von Dienstleistungen an Dritte kann die Personalausstattung des Museums um 18 Vollzeitäquivalente reduziert werden.
3.3 Verbesserung der Wirtschaftlichkeit
Nach einer grundlegenden Neugestaltung und Verbesserung der Dauerausstellung sollten die Eintrittspreise deutlich erhöht werden.
Die Aktivitäten zur Gewinnung von Sponsoren müssen professionalisiert, das Ergebnis des Museumsshops muss durch geeignete Maßnahmen verbessert werden.
3.4 Verbesserung der Haushalts- und Wirtschaftsführung
Die vom Rechnungshof festgestellten Defizite und Rechtsverstöße in der Haushalts- und Wirtschaftsführung sind zu beheben. Insbesondere sind die Vorschriften des Vergaberechts bei der Beschaffung von Sachen und Dienstleistungen künftig strikt zu beachten.
Die Tätigkeitsbeschreibungen für alle Beschäftigten sind zu erstellen.
Die wissenschaftliche Inventarisierung und die Anlagenbuchhaltung sind voranzutreiben und an die geltenden Anforderungen anzupassen.
3.5 Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit, Außenstellen
Das Linden-Museum sollte prüfen, ob nach dem Beispiel von Ettlingen weitere Teile seiner Sammlung auch an Orten außerhalb des eigentlichen Museums präsentiert werden können (Zweigmuseen, Außenstellen). Diese sollten dann allerdings in der Öffentlichkeitsarbeit des Museums auch angemessen präsentiert und beworben werden.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Wissenschaftsministerium schließt sich der grundsätzlich positiven Einschätzung des Linden-Museums durch den Rechnungshof an. Die vom Rechnungshof benannten strategischen Schwächen des Museums seien bekannt und in Verwaltungsrat und Beirat des Museums mehrfach thematisiert worden. Das Ministerium habe dazu die Einrichtung von Arbeitsgruppen forciert, in denen es auch selbst vertreten war.
Mit der neuen Direktorin, die ihr Amt am 01.02.2010 angetreten habe, sollen Zielvereinbarungen abgeschlossen werden. Die Gesamtsituation des Museums solle durch schrittweise Maßnahmen verbessert werden. Zwar sei ein Neubau aufgrund der schwierigen Haushaltslage von Land und Stadt nicht realisierbar, jedoch werde demnächst ein Besucherleitsystem eingerichtet und die äußere Wirkung des Museums verbessert.
Maßnahmen zur Verstärkung der Bereiche Sponsoring und Marketing sowie Kunstvermittlung seien vorgesehen, die innere Organisation werde bald geändert.
Die vom Rechnungshof benannten Einsparpotenziale werde das Museum im Auftrag des Ministeriums prüfen, allerdings sollen die dadurch freiwerdenden Ressourcen dem Museum verbleiben, um einzelne Kernbereiche zu stärken. Auch habe die Leitung des Linden-Museums bereits erste Schritte ergriffen, um die vom Rechnungshof festgestellten Defizite der Haushalts- und Wirtschaftsführung zu beheben. Die Einrichtung eines Verwaltungsverbundes mehrerer Stuttgarter Museen werde geprüft.
Eine neue Aufgabenteilung zwischen Land und Stadt beim Betrieb des Linden-Museums hält das Ministerium nicht für sinnvoll. Die gemeinsame Finanzierung sei Teil des zwischen Stadt und Land vereinbarten Kulturpakets. Diese Vereinbarung zu ändern, hätte Auswirkungen auf andere gemeinsam finanzierte Einrichtungen (Staatstheater, Stuttgarter Philharmoniker). Überdies sei nicht ersichtlich, welche finanziellen Vorteile die vom Rechnungshof vorgeschlagene Aufgabenteilung für das Land habe.
Das Ministerium werde das Linden-Museum auch auffordern, zusätzliche Einnahmen zu erzielen. Zugleich weist es aber darauf hin, dass das Linden-Museum wie alle Museen den Spagat zwischen wissenschaftlicher Fundierung und Publikumsorientierung bewältigen müsse. Eine breite Kommerzialisierung sei aus Sicht des Ministeriums nicht erstrebenswert.
5 Schlussbemerkung
Der Vorschlag, die Aufgaben zwischen Stadt und Land neu zu verteilen, soll nicht primär der Entlastung des Landeshaushalts dienen, sondern die Organisation des Museums so weit vereinfachen, dass die Modernisierung und strategische Steuerung des Museums nicht an schwerfälligen Abstimmungsprozessen scheitert.
Die Erfolge des Badischen Landesmuseums und des Landesmuseums Württemberg zeigen, dass sich wissenschaftlicher Anspruch und Publikumsorientierung nicht ausschließen und in gelungener Kombination zu einem guten wirtschaftlichen Ergebnis führen können.
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