Denkschrift 2002

Die Denkschrift stellt wesentliche Ergebnisse von Prüfungen des Rechnungshofs und der Staatlichen Rechnungsprüfungsämter dar. Sie enthält damit die Informationen, die für die Entlastung der Landesregierung von Bedeutung sind. In ihr werden zwar eine Vielzahl von Einzelfeststellungen aufgezeigt, dennoch soll sie kein abschließender Bericht der Finanzkontrolle über ihre Tätigkeit für das Jahr 2001/2002 sein. Darüber hinaus lassen sich aus diesen Einzeldarstellungen auch keine allgemeinen Schlüsse zur Qualität der Landesverwaltung herleiten. Die finanziellen Ergebnisse der Prüfungen wurden grundsätzlich in Euro dargestellt, auch wenn sie frühere Jahre betreffen. Die Zahlenangaben zur Landeshaushaltsrechnung, zum Haushaltsplan und Haushaltsvollzug sowie zu den Landesschulden sind entsprechend der Rechnungslegung in DM ausgewiesen. In diesem Jahr besteht der Rechnungshof als zentrales Element der Finanzkontrolle Baden-Württembergs seit 50 Jahren. Mit dem am 15. Mai 1952 beschlossenen Überleitungsgesetz wurde der Rechnungshof mit Sitz in Karlsruhe gebildet. In ihm wurden der Rechnungshof Württemberg-Baden mit seiner Außenstelle in Stuttgart, die badische Rechnungskammer in Freiburg sowie die Rechnungskammer für Württemberg-Hohenzollern in Tübingen vereinigt. Seither hat sich der Rechnungshof zu einer einheitlichen Kontrollbehörde für das gesamte Land entwickelt, der 1995 die vier Staatlichen Rechnungsprüfungsämter zugeordnet wurden. Über 50 Denkschriften hat der Rechnungshof seither herausgegeben. Seit Anfang der 80er Jahre veröffentlicht der Rechnungshof jährlich neben der Denkschrift auch Beratende Äußerungen, mit denen er Empfehlung gegenüber dem Landtag und der Landesregierung ausspricht. Damit ruht die heutige Tätigkeit des Rechnungshofs auf zwei Säulen: zum einen auf der Kontrolle und zum anderen auf der Beratung.


Anhänge

Nach einer kontinuierlichen Reduzierung der Neuverschuldung zur Finanzierung des regulären Haushalts in den vorangegangenen Jahren wurde die Nettokreditaufnahme im Jahr 2001 wieder deutlich angehoben. Die Schulden des Landes zum Ende des Jahres 2001 sind um rd. 4,7 Mrd. DM auf jetzt 65,7 Mrd. DM angewachsen. Zur angestrebten Netto-Nullverschuldung gibt es keine verantwortbare Alternative.


1 Schuldenentwicklung

1.1 Die Verschuldung des Landes ist im Hj. 2001 stark angestiegen. Die Landesschulden und verlagerten Verpflichtungen haben sich wie folgt verändert:

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Im Laufe des Jahres 2001 nahm das Land auf Grund der Ermächtigung im StHG Kassenverstärkungskredite an 46 Tagen (Vorjahr 73 Tage) in Anspruch. Mit 252,5 Mio. DM war am 16.07.2001 die höchste Kreditaufnahme zu verzeichnen. Am 31.12.2001 waren keine Kassenkredite aufgenommen.

1.2 Die Schulden einschließlich der verlagerten Verpflichtungen sind 2001 um 4.759,8 Mio. DM (2.952,3 Mio. DM mehr als im Vorjahr) gestiegen (Schaubild 1).

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Im Hj. 2001 sind am Kapitalmarkt 9.553,3 Mio. DM neue Darlehen aufgenommen worden. Gleichzeitig wurden 5.138,7 Mio. DM - davon 293,4 Mio. DM außerordentlich - getilgt. Die haushaltsmäßige Nettokreditaufnahme (Schaubild 2) war somit 2001 mit 4.414,6 Mio. DM um 609,8 Mio. DM höher als die haushaltsgesetzliche Kreditermächtigung des Jahres 2001 und um 3.021,1 Mio. DM höher als die Nettokreditaufnahme im Vorjahr (1.393,5 Mio. DM). Darin enthalten sind 1.974,8 Mio. DM zum Erwerb einer stillen Beteiligung an der LBBW (Vorjahr 592,5 Mio. DM).Ohne die zweckgebundene Kreditaufnahme für diesen Erwerb war der Kreditbedarf für den übrigen Haushalt mit 2.439,8 Mio. DM um 1.638,8 Mio. DM höher als im Vorjahr (801 Mio. DM). Die gegenüber der haushaltsgesetzlichen Kreditermächtigung um 609,8 Mio. DM höhere Nettokreditaufnahme wurde durch die Inanspruchnahme der in den Vorjahren nicht voll ausgeschöpften haushaltsgesetzlichen Kreditermächtigungen finanziert. Im Übrigen steht dem ein kassenmäßiger Überschuss in Höhe von 400,2 Mio. DM gegenüber.

Der gegenüber der Nettokreditaufnahme von 4.414,6 Mio. DM um 261,2 Mio. DM höhere Zuwachs der Kreditmarktschulden zum 31.12.2001 (4.675,8 Mio. DM) ist darauf zurückzuführen, dass von den im Jahre 2001 valutierten Krediten einerseits 730,5 Mio. DM in das Jahr 2002 verlagert und andererseits 68,4 Mio. DM im Jahr 2000 gebucht wurden. Gleichzeitig waren im Jahr 2001 haushaltsmäßig gebuchte Kredite in Höhe von 537,7 Mio. DM bereits im Jahr 2000 valutiert.

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Die im Jahr 2001 um 13,1 Mio. DM reduzierten Schulden gegenüber dem Bund und dem Lastenausgleichsfonds für den Wohnungsbau sind finanzwirtschaftlich nicht von Bedeutung, weil den Schuldendienstverpflichtungen entsprechende Einnahmen von den Darlehensnehmern gegenüberstehen.

Die Kreditfinanzierungsquote im Sinne des Anteils der Nettokreditaufnahme von 4.414,6 Mio. DM an den bereinigten Gesamtausgaben (ohne die besonderen Finanzierungsvorgänge) in Höhe von 61.721,9 Mio. DM hat sich gegenüber dem Vorjahr von 2,4 % um 4,8 Prozentpunkte auf 7,2 % erhöht. Ohne Berücksichtigung der Kreditaufnahme für den Erwerb der stillen Beteiligung an der LBBW ergibt sich eine Kreditfinanzierungsquote von 4,0 %.

1.3 Die auf die L-Bank, die LEG Landesentwicklungsgesellschaft Baden-Württemberg mbH und die Finanzierungsgesellschaft für öffentliche Vorhaben des Landes Baden-Württemberg mbH verlagerten Verpflichtungen, für die das Land den Schuldendienst oder den Finanzierungsaufwand erstattet, haben sich um 97,1 Mio. DM auf 975,2 Mio. DM erhöht. Dies ist in erster Linie auf die Finanzierung von Straßenbaumaßnahmen (+ 67,8 Mio. DM) und die Finanzierung der Kosten für die Einführung neuer Steuerungsinstrumente (+ 50,3 Mio. DM) zurückzuführen. Die verlagerten Verpflichtungen aus Vorhaben des Staatlichen Hochbaus wurden im Jahr 2001 um rd. 26 Mio. DM reduziert.

2 Pro-Kopf-Verschuldung

Die Verschuldung des Landes am Kreditmarkt (einschließlich öffentliche Sondermittel) erhöhte sich zum 31.12.2001 auf 62.385,0 Mio. DM. Die vorläufige Pro-Kopf-Verschuldung (Stand Einwohnerzahl zum 31.03.2001) betrug danach 5.921 DM (Vorjahr endgültig 5.497 DM) und ist gegenüber dem 31.12.2000 um 7,7 % gestiegen; in allen Flächenländern belief sie sich durchschnittlich - bei einer Steigerung um 6,5 % - auf vorläufig 7.485 DM (Vorjahr endgültig 7.027 DM). Zur Pro-Kopf-Verschuldung im Einzelnen siehe Schaubild 3 und Übersicht 1.

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Danach liegt Baden-Württemberg in der Pro-Kopf-Verschuldung auf dem dritten Platz aller Flächenländer und weiterhin auf dem zweitbesten Platz der acht alten Flächenländer. Der Abstand zu Bayern, das seit langem die günstigste Pro-Kopf-Verschuldung aufweist, ist gegenüber dem Vorjahr wiederum größer geworden. Gleichzeitig hat sich auch der Abstand zu den meisten der nachfolgenden Länder vergrößert.

3 Kreditaufnahme und Schuldendienst

Die Entwicklung der jährlichen (haushaltsmäßigen) Brutto- und Nettokreditaufnahme sowie der Aufwendungen für den Schuldendienst in den letzten zehn Jahren zeigt Übersicht 2.

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Die Ist-Ausgaben des Schuldendienstes für die Kreditmarktmittel (Zinsen und Tilgungsleistungen bei Kap. 1206 Ausgabe-Tit.Gr. 86 - ohne Tit. 563 86 Ausgleichsstock) waren im Hj. 2001 um 1.678,9 Mio. DM (16,9 %) geringer als im Vorjahr.

Die Zinsausgaben für die Kreditmarktschulden beliefen sich im Hj. 2001 auf 3.128,2 Mio. DM. Danach betrug die Zinsausgabenquote als Verhältniszahl der Zinsausgaben zu den bereinigten Gesamtausgaben 5,1 % (Vorjahr 5,3 %).

Der Schuldendienst an die L-Bank und die Erstattung des Finanzierungsaufwands an die Finanzierungsgesellschaft für öffentliche Vorhaben des Landes Baden-Württemberg mbH sowie an die LEG beliefen sich im Hj. 2001 auf 338,5 Mio. DM. Darin sind auch die Ersatzleistungen an die L-Bank für die Finanzierung des Darlehensanteils des Landes bei der Ausbildungsförderung für Studierende in Höhe von 53,5 Mio. DM enthalten, die aus systematischen Gründen dem gesamten Schuldendienst zuzurechnen sind.

Die Ausgaben des Schuldendienstes für die Kreditmarktmittel und der Aufwand für die verlagerten Verpflichtungen haben sich danach um 1.674 Mio. DM auf 8.605,4 Mio. DM verringert. Dementsprechend beträgt der Anteil des gesamten Schuldendienstes an den Gesamtausgaben (einschließlich der haushaltsmäßig nicht ausgewiesenen Tilgungsausgaben in Höhe von 5.138,7 Mio. DM) des Landes 12,8 % (Vorjahr 15,5 %).

Der Aufwand für den Schuldendienst entsprach somit rd. einem Achtel der Gesamtausgaben und war nach den Personalausgaben und den Ausgaben für Zuweisungen und Zuschüsse nach wie vor der drittgrößte Posten im Landesetat.

4 Kreditaufnahme - Investitionen - Steuereinnahmen

4.1 Nach Art. 84 LV dürfen die Einnahmen aus Krediten die Summe der im Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben für Investitionen nicht überschreiten. Im StHpl. waren für das Hj. 2001 Ausgaben für Investitionen (Hauptgruppen 7 und 8) in Höhe von 8.179,1 Mio. DM veranschlagt. Tatsächlich wurden im Hj. 2001 für Investitionen 8.036,8 Mio. DM einschließlich dem Erwerb der stillen Beteiligung an der LBBW (1.974,8 Mio. DM) verausgabt. Davon wurden 116,7 Mio. DM aus Privatisierungserlösen des Landes finanziert. Nach Abzug der Zuweisungen des Bundes und der Gemeinden (Obergruppe 33) und der sonstigen Beiträge Dritter (Obergruppe 34) für Investitionen des Landes in Höhe von insgesamt 1.024,3 Mio. DM beliefen sich die vom Land selbst finanzierten Investitionen im Hj. 2001 auf 7.012,5 Mio. DM. Demgegenüber betrug die Nettokreditaufnahme 4.414,6 Mio. DM. Das Land hat auch unter dieser einengenden Betrachtung des Investitionsbegriffs im Hj. 2001 die verfassungsmäßige Verschuldungsgrenze eingehalten. Dabei ist allerdings zu beachten, dass in dem bereinigten Investitionsvolumen auch Zuweisungen und Zuschüsse des Landes für Investitionen Dritter (Obergruppen 88 und 89) - insbesondere an Kommunen sowie öffentliche und private Unternehmen - enthalten sind.

4.2 Die Nettokreditaufnahmen und die Einnahmen aus Steuern haben sich in den letzten zehn Jahren wie in Übersicht 3 dargestellt entwickelt.

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Danach ist das Steueraufkommen im Hj. 2001 gegenüber dem Vorjahr um 1.807 Mio. DM (- 4 %) zurückgegangen und lag um 2.863,5 Mio. DM unter dem Haushaltsansatz. Zugleich sind die Ausgaben des Landes im Länderfinanzausgleich gegenüber dem Haushaltssoll um 752,5 Mio. DM gestiegen. Da sich andererseits die Ausgaben im kommunalen Finanzausgleich gegenüber dem Haushaltssoll um 993,3 Mio. DM reduziert haben, ergaben sich im Vergleich zum ursprünglichen Haushaltsansatz unter Berücksichtigung der veranschlagten globalen Steuermindereinnahmen in Höhe von 2.038 Mio. DM haushaltsmäßig letztlich Steuermindereinnahmen von netto 584,7 Mio. DM.

Die Steuerdeckungsquote, d.h. das Verhältnis der Steuereinnahmen zu den bereinigten Gesamtausgaben, belief sich im Hj. 2001 auf 69,9 % (Vorjahr 76 %).

4.3 Die Übersicht 4 zeigt die Entwicklung der wesentlichen Ausgabearten und die prozentualen Anteile an den bereinigten Gesamtausgaben des Landes in den letzten zehn Jahren.

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Der Anstieg der bereinigten Gesamtausgaben gegenüber dem Vorjahr um 2.530,6 Mio. DM ist im Wesentlichen auf den Erwerb der stillen Beteiligung an der LBBW zurückzuführen. Ohne Berücksichtigung dieser Ausgabenposition (1.974,8 Mio. DM) liegt die Personalausgabenquote bei 40,3 %. Auf der Basis der insoweit verminderten bereinigten Gesamtausgaben (59.747,1 Mio. DM) und Investitionsausgaben ergibt sich eine Investitionsquote von 10,1 %. Entsprechend erhöhen sich geringfügig der prozentuale Anteil der Zuweisungen und Zuschüsse einschließlich der Finanzausgleichsleistungen an Länder und Gemeinden auf 38,6 %, der Anteil der sächlichen Verwaltungsausgaben auf 5,6 % und die Zinsausgabenquote auf 5,2 %.

4.4 In der Übersicht 5 sind die Zinsausgaben für Kreditmarktschulden im Vergleich und im Verhältnis zu den Steuereinnahmen (Zins-Steuer-Quote) dargestellt. Danach musste im Hj. 2001 ein Anteil von 7,2 % des Steueraufkommens (Vorjahr 6,9 %) zur Deckung der Zinsverpflichtungen verwendet werden.

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5 Fazit und Ausblick

Auch ohne Berücksichtigung der Finanzierung des Erwerbs einer stillen Beteiligung an der LBBW war im Hj. 2001 zur Deckung der regulären Ausgaben eine Nettokreditaufnahme in Höhe von 2.439,8 Mio. DM erforderlich. Die Neuverschuldung ist somit nach einer gewissen Konsolidierungsphase in den vorangegangenen Jahren wieder beträchtlich angewachsen.

Dies war im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass einerseits auf Grund der Steuerreform und der zudem schwachen Konjunktur das Steueraufkommen stark zurückgegangen ist und andererseits die Leistungen für den Länderfinanzausgleich nicht unerheblich gestiegen sind.

Trotz der beträchtlichen Erhöhung des Schuldenstandes sind die Zinsausgaben wegen des weiterhin günstigen Zinsniveaus nahezu gleich geblieben. Da aber ungewiss ist, wie lange das äußerst niedrige Zinsniveau anhalten wird und auch deshalb in der Mittelfristigen Finanzplanung eine deutliche Erhöhung der Zinslast unterstellt ist, ist es zwingend geboten, die Nettokreditlinie der Finanzplanung einzuhalten, die auf das Ziel ausgerichtet ist, ab 2006 einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen.

Dies kann nur gelingen, wenn die Ausgaben dauerhaft prozentual deutlich geringer als die regulären Einnahmen des Landes steigen. Hierzu bedarf es äußerster Sparsamkeit und strenger Haushaltsdisziplin.

Angesichts des erreichten Schuldenstandes von rd. 66 Mrd. DM ist der finanzielle Handlungsspielraum des Landes durch den immensen Schuldendienst bereits jetzt nicht unerheblich eingeengt. Hinzu kommen weitere Einschränkungen durch jetzt schon absehbare künftige Steigerungen der Pensionsverpflichtungen. Von daher gibt es zur baldmöglichst angestrebten Netto-Nullverschuldung keine verantwortbare Alternative. Dies ist um so mehr geboten, weil über die Nettokreditaufnahme seit Jahren auf Grund der höheren Zinslast kein zusätzlicher Handlungsspielraum gewonnen wurde.

Im Übrigen muss die Rückführung der Neuverschuldung bzw. sogar die Erwirtschaftung von Überschüssen schon mit Blick auf die Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland im Europäischen Stabilitätspakt und die entsprechenden Zusagen der Länder gegenüber dem Bund zur Umsetzung vorrangiges Ziel der Haushaltspolitik des Landes sein.

6 Landesschuldbuch

Das Landesschuldbuch erbringt den ordnungsgemäßen Nachweis über die Buchschulden des Landes. Der RH hat die im Hj. 2001 in das Landesschuldbuch eingetragenen Schuldbuchforderungen geprüft. Die Prüfung hat keine Beanstandungen ergeben.


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1 Haushalts-Soll und Haushalts-Ist im Haushaltsjahr 2000

Der LHR 2000 liegen zu Grunde

  • das Gesetz über die Feststellung des StHpl. für die Hj. 2000 und 2001 vom 15.02.2000 (GBl. S. 89),
  • das Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum StHpl. für die Hj. 2000 und 2001 vom 27.07.2000 (GBl. S. 545).

Danach war der StHpl. 2000 in Einnahme und Ausgabe auf 59.351.134.900 DM (30.345.753.414 €) festgestellt. Auf Grund von § 5 LHO und § 16 StHG 2000/2001 hat das FM mit Rundschreiben vom 02.03.2000 (GABl. S. 81) die zur Ausführung des StHpl. 2000 erforderlichen Anordnungen erlassen.

Das rechnungsmäßige Jahresergebnis 2000 (Ist + Reste 2000) weist gegenüber dem Haushalts-Soll (Haushaltsansatz + Reste 1998)

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aus.

Wie sich die Mehreinnahmen und die Mehrausgaben aus den Teilergebnissen bei den Epl. zusammensetzen, ergibt sich aus Spalte 10 der Anlage 1 zur Gesamtrechnung auf den S. XXXVI/XXXVII und den Erläuterungen hierzu.

2 Jahresvergleich

Die Übersichten 1 und 2 geben einen auf die Hj. 1992 bis 2001 bezogenen Überblick über die Entwicklung der Gesamt-Ist-Ausgaben im Vergleich zu den Haushaltsansätzen sowie der Ist-Ausgaben je Hauptgruppe und je Epl. Die Gliederung nach Hauptgruppen entspricht dem für Bund und Länder einheitlichen Gruppierungsplan (§ 10 Abs. 2 HGrG und § 13 Abs. 2 LHO) mit der Abweichung, dass die Ausgaben für den Schuldendienst, für Zuweisungen und Zuschüsse mit Ausnahme für Investitionen, für Baumaßnahmen, für sonstige Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen sowie für die besonderen Finanzierungsausgaben unter der Bezeichnung „Übrige Ausgabegruppen“ zusammengefasst sind. Da die Rechnungslegung noch in DM erfolgt ist, sind auch die Übersichten in DM erstellt.

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3 Globale Minderausgabe bei Kapitel 1212 Titel 972 01

Für das Hj. 2000 waren globale Minderausgaben von 100 Mio. DM veranschlagt; sie verteilen sich auf die Epl., wie in der Übersicht 3 dargestellt.

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Über die Einsparungen wurden von den Ressorts Nachweise erbracht.

4 Haushaltsreste und Vorgriffe

4.1 Haushaltsjahr 2000

Beim Abschluss der LHR für das Hj. 2000 sind folgende Reste in das Hj. 2001 übertragen worden:

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Auf die Angaben in Nr. 1 Pkt. 2 dieser Denkschrift über die Zusammensetzung der Einnahmereste und auf die S. LIV - LVII der LHR über die Aufgliederung der Ausgabereste wird hingewiesen.

Das FM hat dem Finanzausschuss des Landtags mit Schreiben vom 29.08.2001 gemäß § 7 Abs. 5 StHG 2000/2001 die in das Hj. 2001 übertragenen Ausgabereste mitgeteilt. Der Finanzausschuss hat hiervon in seiner 2. Sitzung am 20.09.2001 Kenntnis genommen.

Wie in den Vorjahren war die Landesregierung nach § 9 Abs. 2 StHG 2000/2001 ermächtigt, unverbrauchte Mittel aus übertragbaren Bewilligungen (Ausgabereste) in Abgang zu stellen; sie hat diese Ermächtigung im Umfang von 229 Mio. DM ausgeschöpft.

4.2 Jahresvergleich

Die Übersichten 4 und 5 zeigen, wie sich die Haushaltsreste in den letzten Jahren entwickelt und wie sich die Ausgabereste auf die verschiedenen Ausgabearten verteilt haben. Bei den Einnahmeresten handelt es sich im Wesentlichen um die noch nicht verbrauchten Kreditermächtigungen.

Die Höhe der Haushaltsreste 2001 stand zum Zeitpunkt des Abschlusses der Denkschriftberatungen noch nicht fest.

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1 Vorlage und Gestaltung

Auf Grund von Art. 83 Abs. 1 LV und § 114 Abs. 1 LHO hat das FM die LHR für 2000 am 24.01.2002 dem Landtag vorgelegt (DS 13/676).

Die LHR ist den Vorschriften der §§ 81 - 86 LHO entsprechend gestaltet. Sie enthält alle in § 81 Abs. 1 und 2 LHO vorgeschriebenen Angaben für den Nachweis der bestimmungsgemäßen Ausführung des StHpl. Die finanziellen Gesamtergebnisse der Haushaltsführung sind in

  • einem kassenmäßigen Abschluss gemäß § 82 LHO (Ist-Ergebnisse ohne Haushaltsreste),
  • einem Haushaltsabschluss gemäß § 83 LHO (Ist-Ergebnisse zuzüglich Haushaltsreste),
  • einer Gesamtrechnung (Soll-Ist-Vergleich, Gesamtsummen der Epl.)

dargestellt.

Der kassenmäßige Abschluss, der Haushaltsabschluss und die Gesamtrechnung sind gemäß § 84 LHO auf S. X der LHR erläutert. Die in § 85 Abs. 1 LHO genannten Übersichten sind der LHR beigefügt (S. 1103 - 1124 und 1129 - 1133). Weitere Erläuterungen über den Haushaltsvollzug geben die der LHR beigefügten besonderen Übersichten auf den S. XLVI - LXXXVIII.

2 Ergebnisse (verkürzt dargestellt)

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Die nach Art. 84 Satz 1 LV hierfür erforderlichen Kreditermächtigungen ergeben sich aus § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 StHG 2000/2001 i.V.m. § 18 Abs. 3 Satz 1 LHO.

3 Feststellungen nach § 97 Abs. 2 Nr. 1 LHO

Die in der LHR aufgeführten Beträge der Einnahmen und Ausgaben stimmen mit den in den Rechnungslegungsbüchern nachgewiesenen Beträgen überein. In den geprüften Rechnungen sind keine Einnahmen oder Ausgaben festgestellt worden, die nicht belegt waren.

4 Druck- und Darstellungsfehler

Bei der Gesamtrechnungsprüfung hat der RH keine wesentlichen Druck- und Darstellungsfehler in der LHR feststellen können.

5 Haushaltsüberschreitungen

Über- und außerplanmäßige Ausgaben bedürfen der vorherigen Zustimmung des FM, die nur im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses erteilt werden darf. Die üpl. Ausgaben samt Vorgriffen sowie die apl. Ausgaben sind in der LHR einzeln nachgewiesen und in der Übersicht 1 (S. 1003 - 1124) zusammengestellt und begründet. Sie betragen insgesamt rd. 238 Mio. DM (122 Mio. €) - Vorjahr 776 Mio. DM (397 Mio. €), wovon rd. 84 Mio. DM (43 Mio. €) auf Haushaltsvorgriffe im Kommunalen Finanzausgleich entfallen. Der Anteil der Personalausgaben beträgt 36 Mio. DM (18,4 Mio. €).

Die üpl. und apl. Ausgaben über 200.000 DM im Einzelfall wurden dem Landtag mit Schreiben des FM vom 29.08.2001 (DS 13/208) gemäß § 7 Abs. 4 StHG 2000/2001 mitgeteilt. Der Finanzausschuss des Landtags hat in seiner 2. Sitzung am 20.09.2001 hiervon Kenntnis genommen.

Nach den Ergebnissen der Rechnungsprüfung fehlt es bei den üpl. und apl. Ausgaben von 1.000 DM und mehr im Hj. 2000 in 52 Fällen an der Einwilligung des FM. Die Summe dieser Überschreitungen beträgt 3.471.740,31 DM (Vorjahr 15.031.626,26 DM); hiervon sind 2,409 Mio. DM Vorgriffe. Auf Personalausgaben entfallen insgesamt 1.009.097,41 DM.

Die vom FM bewilligten Abweichungen von den Stellenübersichten sind in der Übersicht 1 A zur LHR dargestellt und begründet.

Die üpl. und apl. Ausgaben bedürfen nach Art. 81 Satz 3 LV der Genehmigung des Landtags. Sie wurde, zugleich für die Abweichungen von den Stellenübersichten, vom FM im Zusammenhang mit der Vorlage der LHR (s. Pkt. 1) beantragt.

6 Buchungen an unrichtiger Stelle

Der RH hat bei stichprobenweiser Prüfung Fälle von Buchungen an unrichtiger Haushaltsstelle - sog. Titelverwechslungen - (Verstöße gegen § 35 Abs. 1 LHO) festgestellt, die auf Versehen der Verwaltung beruhen. Sie sind von relativ geringer Auswirkung auf das Gesamtbild des Haushalts und in der Anlage 2 dargestellt, soweit hierdurch eine Überschreitung von mehr als 2.000 DM verursacht worden ist. Bei richtiger Buchung wären die in der LHR nachgewiesenen üpl. und apl. Ausgaben um 27.775,99 DM niedriger gewesen.


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Von den in den Jahren 1995 bis 2000 insgesamt 18.688 pensionierten Beamten des Landes sind 7.308 (39,1 %) wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden. Durch unsachgemäße Handhabung der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit entstehen dem Land vermeidbare Kosten. Der Rechnungshof empfiehlt, die Zurruhesetzungsverfahren unter strenger Beachtung der Voraussetzungen zügig durchzuführen, die Möglichkeiten der begrenzten Dienstfähigkeit, der anderweitigen Verwendung und der Reaktivierung besser zu nutzen und ein finanzielles Interesse der Ressorts an der Vermeidung von vorzeitigen Versetzungen in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit und an der Reaktivierung zu schaffen.


1 Ausgangslage

Nach dem LBG endet das Beamtenverhältnis eines Lebenszeitbeamten durch Tod, durch Entlassung oder durch Eintritt in den Ruhestand. Im Normalfall tritt der Beamte mit Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze von 65 Jahren in den Ruhestand; auf seinen Antrag kann der Eintritt in den Ruhestand bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres (bis 31.12.1997 bis zur Vollendung des 62. Lebensjahres), bei Schwerbehinderten bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres vorgezogen werden. Für einzelne Beamtengruppen gelten besondere gesetzliche Altersgrenzen (z.B. für Lehrer, Beamte des Polizeivollzugsdienstes und des Justizvollzugsdienstes).

Vor Erreichen der Altersgrenze ist der Beamte in den Ruhestand zu versetzen, wenn er infolge eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig, also dienstunfähig geworden ist.

Die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit erfolgt in der Mehrzahl der Fälle auf Antrag des betroffenen Beamten. Wenn die zuständige Dienststelle die Auffassung des Beamten teilt, dass er dienstunfähig ist, versetzt sie ihn in den Ruhestand. Dem geht in aller Regel eine Begutachtung durch einen Amtsarzt voraus. Verweigert die Dienstbehörde die Versetzung in den Ruhestand, kann der Beamte die Entscheidung durch die Verwaltungsgerichte überprüfen lassen.

In einer kleineren Zahl von Fällen geht die Initiative zur Versetzung in den Ruhestand vom Dienstvorgesetzten aus. Erhebt der Beamte gegen die beabsichtigte Versetzung in den Ruhestand keine Einwendungen, dann kann so verfahren werden. Werden Einwendungen erhoben, entscheidet die zuständige Behörde, ob das Verfahren einzustellen oder im Rahmen eines aufwändigen förmlichen Verwaltungsverfahrens durch einen unabhängigen Ermittlungsführer fortzusetzen ist.

Die Versetzung eines Beamten, der das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit bedarf des Einvernehmens des FM. Auf Antrag des Beamten wirkt die Personalvertretung mit; bei Schwerbehinderten sind die Schwerbehindertenvertretung und in bestimmten Fällen das Integrationsamt vorher zu hören.

Mit der Versetzung in den Ruhestand endet die Pflicht des Beamten zur Dienstleistung; an Stelle der Besoldung erhält der Ruhestandsbeamte Versorgungsbezüge, die je nach Dauer seiner ruhegehaltsfähigen Dienstzeiten derzeit noch bis zu 75 % seiner letzten Bezüge als aktiver Beamter betragen können. Bei Beamten, die nach dem 31.12.2000 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden, vermindert sich das Ruhegehalt um bis zu 3,6 % für jedes Jahr des vorgezogenen Ruhestandes, maximal um 10,8 %. Eine Beförderung oder ein Aufrücken in eine günstigere Dienstaltersstufe ist nach Eintritt in den Ruhestand nicht mehr möglich. Die Versorgungsbezüge werden lediglich im Rahmen der vom Gesetzgeber beschlossenen linearen Anpassung der Besoldungs- und Versorgungsbezüge erhöht.

Neben den Versorgungsbezügen erhalten der Ruhestandsbeamte und seine Angehörigen Beihilfe im Krankheits- und im Pflegefall; der regelmäßige Beihilfesatz erhöht sich mit Eintritt in den Ruhestand von 50 % auf 70 %.

Der Ruhestandsbeamte darf nach den gesetzlichen Bestimmungen einer anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgehen. Das dabei erzielte Einkommen wird unter bestimmten Voraussetzungen ganz oder teilweise auf die Versorgungsbezüge angerechnet.

Haushaltsrechtlich wird die vom Beamten eingenommene Planstelle mit der Versetzung in den Ruhestand frei und kann - ggf. nach Ablauf einer Besetzungssperre - neu besetzt werden. Die Versorgungsbezüge und Beihilfen gehen nicht zu Lasten des Ressorts, in dem der Beamte zuletzt tätig war, sondern werden für alle Ressorts im Epl. 12 - Allgemeine Finanzverwaltung - etatisiert.

Ein Beamter, der wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden ist, kann erneut in das aktive Beamtenverhältnis berufen werden, wenn er wieder dienstfähig geworden ist und das 63. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Um die Voraussetzungen einer Reaktivierung prüfen zu können, ordnen die Dienststellen regelmäßig amtsärztliche Nachuntersuchungen an, wenn sich anlässlich der Versetzung in den Ruhestand oder auf Grund des späteren Verhaltens des Beamten Hinweise darauf ergeben, dass die Dienstfähigkeit wiederhergestellt sein könnte.

2 Gegenstand und Ziel der Untersuchung des Rechnungshofs

Bereits in seiner Beratenden Äußerung vom Juli 1990 (DS 10/3853) befasste sich der RH mit der Entwicklung der Versorgungsausgaben sowie mit den finanziellen Aspekten der vorzeitigen Zurruhesetzung von Beamten wegen Dienstunfähigkeit. Der RH hat es damals u.a. für erforderlich gehalten,

  • den Amtsärzten hinsichtlich der Beurteilung der Dienstunfähigkeit klare Kriterien an die Hand zu geben und dafür Sorge zu tragen, dass die Gutachten unter Anlegung eines strengen Maßstabes erstattet werden,

 

  • die Voraussetzungen für eine anderweitige Verwendung insbesondere junger Beamter, die den speziellen Anforderungen ihres Amtes nicht mehr gewachsen sind, zur Vermeidung ihrer Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit zu verbessern,

 

  • Beamte, bei denen während der Probezeit die fehlende gesundheitliche Eignung erkennbar wird, aus dem Beamtenverhältnis zu entlassen und im Angestelltenverhältnis weiter zu beschäftigen,

 

  • die vorzeitigen Versetzungen in den Ruhestand, die auch mit Blick auf eine mehr oder weniger umfangreiche Beschäftigung im Ruhestand beantragt werden, finanziell uninteressant zu machen, indem private Einkommen in wesentlich stärkerem Umfang auf das Ruhegehalt angerechnet werden.

In seiner Beratenden Äußerung „Wirtschaftlichkeitsanalyse Beamte/Angestellte und Vorsorge für expandierende Pensionslasten“ vom November 1996 (DS 12/730) hat der RH empfohlen, den Grundsatz „Rehabilitation vor Versorgung“ stärker umzusetzen, um durch einen späteren Eintritt in den Ruhestand Einsparungen bei den Versorgungsausgaben zu erreichen. Außerdem wurde vorgeschlagen, die vorgezogenen Altersgrenzen für bestimmte Berufsgruppen zu überprüfen.

Gegenstand der aktuellen Untersuchung des RH waren jene 7.308 Fälle der Jahre 1995 bis 2000, in denen Beamte des Landes wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wurden. Diese 7.308 Fälle verteilen sich auf die in der Übersicht 1 genannten Bereiche:

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Aus dieser Gesamtzahl wurde eine Stichprobe von rd. 500 Fällen gezogen. Geprüft wurden Akten im Geschäftsbereich des IM, KM, JuM, FM, UVM und MWK.

Ziel der Untersuchung war es,

  • systematische und einmalige Fehler bei der Anwendung der gesetzlichen Regelungen und der Verwaltungsvorschriften aufzuzeigen,

 

  • Fallgruppen zu bilden, in denen durch eine veränderte Praxis vermeidbare Aufwendungen zu Lasten des Landes eingespart werden können und

 

  • Vorschläge zur Novellierung der einschlägigen Vorschriften und zur Verbesserung der Verwaltungspraxis zu erarbeiten.

Um Aussagen über das seit dem 01.05.2000 im Land eingeführte Rechtsinstitut der begrenzten Dienstfähigkeit machen zu können, wurden die Fälle vorzeitiger Zurruhesetzungen bis Januar 2002 in die Untersuchung einbezogen.

3 Entwicklung der Versetzungen in den Ruhestand

3.1 Vorbemerkung

Das Phänomen, dass in Deutschland berufstätige ältere Menschen früher als gesetzlich vorgesehen in den Ruhestand gehen, beschränkt sich nicht auf den öffentlichen Dienst.

So zeigt ein Vergleich der Zahlen des Jahres 1999 mit den Zahlen der Angestellten-Rentenversicherung, dass Beamte des Landes Baden-Württemberg (einschließlich der Polizei- und Vollzugsbeamten mit der besonderen Altersgrenze von 60 Jahren) im Schnitt mit 60,48 Jahren in den Ruhestand gehen, während das durchschnittliche Renteneintrittsalter der rentenversicherten Angestellten (bundesweit) 60,3 Jahre beträgt (Quelle: Rentenversicherung in Zeitreihen, Juli 2000; herausgegeben vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger).

Dabei berücksichtigt diese Berechnung des Renteneintrittsalters nicht einmal, dass der tatsächliche Eintritt in den Ruhestand im Bereich der privaten Wirtschaft in vielen Fällen durch Vorruhestandsregelungen um viele Monate vor den formellen Renteneintritt vorgezogen wurde.

3.2 Landesverwaltung insgesamt

In den Jahren 1995 bis 2000 traten insgesamt 18.688 Beamte des Landes in den Ruhestand, davon

4.522 (24,2 %) kraft Gesetzes wegen Erreichens der gesetzlichen Altersgrenze,

6.858 (36,7 %) auf ihren Antrag nach Vollendung des 62. bzw. 63. Lebensjahres, Schwerbehinderte nach Vollendung des 60. Lebensjahres,

7.308 (39,1 %) wegen Dienstunfähigkeit.

Der Eintritt in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit ist mithin die größte Fallgruppe.

Einzelheiten ergeben sich aus der Übersicht 2 und Schaubild 1.

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Von 1995 bis 2000 haben - mit Ausnahme des Jahres 1998 - die Ruhestandsfälle ständig zugenommen. Diese Entwicklung ist eine Folge der besonderen Altersstruktur in der Landesverwaltung. Mit der zunehmenden Zahl der über 55-jährigen Beamtinnen und Beamten steigt naturgemäß die Zahl der Ruhestandsfälle.

Nicht als Folge der Altersstruktur zu erklären ist dagegen die Verteilung der Ruhestandsfälle auf die einzelnen Fallgruppen. Bei steigendem Durchschnittsalter der Beamten müsste die Zahl der Ruhestandsfälle wegen Erreichens der Altersgrenze und wegen Dienstunfähigkeit eigentlich gleichmäßig ansteigen, sodass die Anteile der einzelnen Fallgruppen unverändert bleiben müssten. Die festgestellten Zahlen ergeben jedoch einen im Trend steigenden Anteil der Ruhestandsfälle wegen Dienstunfähigkeit.

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Die Fallzahlen beim Antragsruhestand sind im Jahr 1997 besonders stark angestiegen. Dies ist auf die damals bevorstehende Anhebung der Antragsaltersgrenze vom 62. auf das 63. Lebensjahr zum 01.01.1998 zurückzuführen. Neben den im Jahr 1997 vorgezogenen Zurruhesetzungen ist ein weiterer Grund für den Rückgang der Versetzungen in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit im Jahr 1998 darin zu sehen, dass in diesem Jahr alle Fälle dem FM zur Erteilung des Einvernehmens vorzulegen waren. Nach Wegfall dieser Vorlagepflicht für die über 55-jährigen Beamten stieg im Jahr 1999 die Zahl der Versetzungen in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit wieder an.

Der weitere Anstieg der Versetzungen in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit auf 2.401 Fälle im Jahr 2000 dürfte auf die ab 01.01.2001 erstmals greifenden Versorgungsabschläge zurückzuführen sein.

3.3 Schulbereich

Eine besondere Entwicklung ist im Bereich des Schuldienstes festzustellen. Hier traten in den Jahren 1995 bis 2000 insgesamt 10.573 Beamte in den Ruhestand, davon

984 (9,3 %) kraft Gesetzes wegen Erreichens der gesetzlichen Altersgrenze,

4.306 (40,7 %) auf ihren Antrag nach Vollendung des 62. bzw. 63. Lebensjahres, Schwerbehinderte nach Vollendung des 60. Lebensjahres,

5.283 (50 %) wegen Dienstunfähigkeit.

Einzelheiten ergeben sich aus der Übersicht 3 und Schaubild 2.

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Der Anteil der Zurruhesetzungen wegen Dienstunfähigkeit im Schuldienst stieg von 49,6 % in 1995 auf 57,1 % in 2000. Im Durchschnitt liegt die Quote bei 50 %. Somit beruht im Schuldienst jede zweite Versetzung in den Ruhestand auf Dienstunfähigkeit.

3.4 Entwicklung des Eintrittsalters in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit

Die Zahl der unter 50-jährigen, die in Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit versetzt wurden, hat sich von 113 im Jahr 1995 auf 162 im Jahr 2000 erhöht.

Die Versetzungen in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit zwischen dem 50. und 54. Lebensjahr haben von 120 im Jahr 1995 auf 362 im Jahr 2000 zugenommen; ab dem 55. Lebensjahr ist ein Anstieg von 573 auf 1.877 Fälle festzustellen.

Bei den unter 50-jährigen Beamten im Schuldienst erhöhte sich die Zahl der Versetzungen in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit von 69 im Jahr 1995 auf 79 Beamte im Jahr 2000. Bei den 50 bis 54-jährigen Lehrern ist die Zahl von 77 im Jahr 1995 auf 262 im Jahr 2000 gestiegen; ab dem 55. Lebensjahr ist eine Zunahme von 414 auf 1.473 Fälle zu verzeichnen.

3.5 Entwicklung des Durchschnittsalters

Die Entwicklung des Durchschnittsalters aller vorzeitig wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzten Beamten und des Schulbereichs ergibt sich aus Schaubild 3.

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Das Schaubild zeigt einen Anstieg des Durchschnittsalters aller vorzeitig wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzten Beamten von 55,72 Jahren im Jahr 1995 auf 57,16 Jahre im Jahr 2000.

Im Schulbereich stieg das Durchschnittsalter von 56,31 Jahren im Jahr 1995 auf 57,67 Jahre im Jahr 2000.

4 Feststellung der Dienstunfähigkeit

Nach § 53 Abs. 1 LBG liegt Dienstunfähigkeit vor, wenn der Beamte infolge eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist. Als dienstunfähig kann der Beamte auch angesehen werden, wenn er infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass er innerhalb weiterer sechs Monate wieder voll dienstfähig wird.

Der Polizeibeamte ist nach § 145 Abs. 1 LBG dienstunfähig, wenn er den besonderen gesundheitlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes nicht mehr genügt und nicht zu erwarten ist, dass er seine volle Verwendungsfähigkeit innerhalb zweier Jahre wiedererlangt, es sei denn, die auszuübende Funktion erfordert bei Beamten auf Lebenszeit diese besonderen gesundheitlichen Anforderungen auf Dauer nicht uneingeschränkt.

4.1 Mängel im Zusammenhang mit der Feststellung der Dienstunfähigkeit

Ob bei einem Beamten Dienstunfähigkeit vorliegt, wird in der Regel nach einer Untersuchung durch den Amtsarzt festgestellt. Mit den Methoden der Finanzkontrolle war es nicht möglich, im Einzelfall zu überprüfen, ob die medizinischen Voraussetzungen der Dienstunfähigkeit zu Recht festgestellt worden sind.

Bei der Überprüfung der Akten wurden jedoch folgende Feststellungen hinsichtlich der amtsärztlichen bzw. fachärztlichen Gutachten getroffen:

  • Die Gutachten waren in vielen Fällen formelhaft, ohne konkreten Bezug auf die dem Beamten übertragenen Aufgaben und somit nicht hinreichend aussagekräftig. Den personalverwaltenden Dienststellen fehlte damit eigentlich eine ausreichende Entscheidungsgrundlage.

 

  • Bei psychischen oder psychosomatischen Erkrankungen sind Fachgutachten als Beurteilungsgrundlage nicht selten erst vier bis sechs Monate nach Auftragserteilung erstellt worden.

 

  • Örtlich zuständig für die amtsärztliche Untersuchung eines Beamten ist allein das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk der Betroffene seinen Wohnsitz hat. Durch diese Zuständigkeitsregelung kann es sich ergeben, dass der Beamte von einem Arzt untersucht wird, der nicht über die spezielle Fachqualifikation verfügt, die zur Beurteilung der Krankheit des Beamten erforderlich ist.

 

  • Die im Untersuchungszeitraum geltende VwV des SM über amtsärztliche Untersuchungen im öffentlichen Dienst vom 10.11.1994 regelte u.a. die Erstellung von Gutachten bei der Versetzung von Beamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit. Die VwV wurde bislang noch nicht der geänderten Rechtslage, insbesondere zur begrenzten Dienstfähigkeit, angepasst. Dementsprechend fehlen oft Aussagen von Amtsärzten zur Beurteilung der seit 01.05.2000 bestehenden Möglichkeit der begrenzten Dienstfähigkeit; sie wurden erst nach Aufforderung durch die Dienststelle nachgeholt.

4.2 Verschweigen von Vorerkrankungen

Besonders eklatant sind vorzeitige Versetzungen in den Ruhestand dann, wenn dem betroffenen Beamten bei der Einstellung seine Erkrankung und die Wahrscheinlichkeit, dass er vorzeitig dienstunfähig werden könnte, bekannt waren, ohne dass er diese Umstände gegenüber dem Amtsarzt oder der anstellenden Behörde offenbart hätte. Dasselbe gilt auch bei der Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit und der Übernahme von Beamten anderer Dienstherren.

In einigen der geprüften Fälle wurden trotz solcher gesundheitlicher Beeinträchtigungen Beamtenverhältnisse auf Lebenszeit begründet. Die Betroffenen wurden dann bereits nach wenigen Jahren vorzeitig wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Die Frage einer möglichen Rücknahme der Ernennung wegen arglistiger Täuschung wurde von den personalverwaltenden Stellen dabei nicht immer geprüft.

4.3 Empfehlungen

Der RH empfiehlt:

  • Ärztliche Gutachten müssen der personalverwaltenden Dienststelle ein umfassendes Bild über den Gesundheitszustand des Erkrankten geben. Darin sind sowohl einzelfallbezogene Aussagen zur Dienstfähigkeit oder begrenzten Dienstfähigkeit als auch Aussagen darüber zu treffen, ob der Beamte anderweitig uneingeschränkt oder eingeschränkt verwendet werden kann.

 

  • Die VwV des SM über die amtsärztlichen Untersuchungen zur Feststellung der Dienstunfähigkeit ist der heute geltenden Rechtslage anzupassen.

 

  • Soweit zur Feststellung der Dienstunfähigkeit eine fachärztliche Beurteilung notwendig ist, ist diese unverzüglich zu veranlassen und durchzuführen. Durch die Bildung fachärztlicher Kompetenzzentren bei einzelnen Schwerpunktgesundheitsämtern, die von den jeweiligen Dienststellen ohne Rücksicht auf die örtliche Zuständigkeit der Gesundheitsämter unmittelbar beauftragt werden sollten, ließe sich die fachliche Qualität der amtsärztlichen Begutachtung weiter erhöhen.

 

  • In der Neufassung der Verwaltungsvorschriften zum LBG ist klarzustellen, dass die personalverwaltende Dienststelle an Stelle des Amtsarztes auch einen sonstigen Facharzt als Gutachter beauftragen kann, den Beamten auf seine Dienstfähigkeit zu untersuchen.

 

  • Bei Einstellungen und Übernahmen in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit sind die Gesundheitsuntersuchungen zu intensivieren. Vor der Übernahme von Beamten anderer Dienstherren ist grundsätzlich eine Gesundheitsuntersuchung durchzuführen. Sollte sich beim Zurruhesetzungsverfahren herausstellen, dass der Beamte Erkrankungen oder gesundheitliche Beeinträchtigungen verschwiegen hat, muss zunächst geprüft werden, ob an Stelle der Versetzung in den Ruhestand eine Rücknahme der Ernennung wegen arglistiger Täuschung möglich ist.

5 Verstöße gegen das Beschleunigungsgebot (insbesondere bei Langzeitkranken)

Im Unterschied zum Arbeitsrecht sieht das Besoldungsrecht für den Fall der Krankheit vor, dass der Beamte unbefristet die vollen Bezüge erhält. Deshalb sind die Verfahren über die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit zügig zu betreiben. Das bisweilen zurückhaltende Verhalten der Dienststellen bei Einleitung und Durchführung der Verfahren über die Versetzungen in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit wird teilweise damit gerechtfertigt, dass die Stelle des Beamten während der Dauer seiner Erkrankung nicht anderweitig besetzt wird und somit keine zusätzlichen Kosten entstehen. Dies trifft nur bedingt zu. So werden z.B. im Lehrerbereich zur Sicherstellung der Unterrichtsversorgung Ersatzkräfte eingesetzt, für die erhebliche Mittel aufzuwenden sind.

5.1 Verspätete Einleitung des Verfahrens

In zahlreichen vom RH untersuchten Fällen wurde festgestellt, dass die personalverwaltenden Dienststellen über einen längeren Zeitraum weder die Versetzung des Beamten in den Ruhestand veranlasst noch geprüft haben, ob begrenzte Dienstfähigkeit vorliegt. Dadurch wurden in dieser Zeit die vollen Bezüge weiterbezahlt, ohne dass eine Dienstleistung erfolgt wäre. Dies kann in Fällen längerer Erkrankungen außerdem zu einer Erhöhung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit führen und sich damit versorgungserhöhend auswirken.

Diese Praxis wurde von den personalverwaltenden Stellen u.a. mit der menschlichen Rücksichtnahme auf den erkrankten Beamten erklärt, dem nicht durch die beabsichtigte Versetzung in den Ruhestand signalisiert werden sollte, dass man die Hoffnung auf seine (schnelle) Genesung aufgegeben habe.

5.2 Grundsatz „Rehabilitation vor Versorgung“

Der an sich vernünftige materielle Grundsatz „Rehabilitation vor Versorgung“ führt in der Praxis häufig dazu, dass die Versetzung in den Ruhestand im Hinblick auf oft langwierige Therapien aufgeschoben wird, die dann doch ohne Erfolg bleiben. Während dieser Therapien bleibt der Beamte im Krankenstand und erhält ohne Dienstleistung seine vollen Bezüge. Eine Ursache für das Aufschieben liegt auch darin, dass nach heutiger Rechtslage in Baden-Württemberg von dem Beamten nach Eintritt in den Ruhestand keine Maßnahmen zur Wiederherstellung seiner Gesundheit mehr verlangt werden können.

5.3 Aufwändiges Verwaltungsverfahren

Ein erheblicher Verwaltungsaufwand wird nach derzeitiger Rechtslage im Land dann erforderlich, wenn der Beamte Einwendungen gegen die Feststellung des Dienstherrn über seine Dienstfähigkeit erhebt. In diesen Fällen muss regelmäßig ein aufwändiges förmliches Verfahren durchgeführt werden (§ 55 Abs. 4 LBG).

Im novellierten Beamtenrechtsrahmengesetz ist dieses Verfahren nicht mehr vorgesehen. Eine Umsetzung in Landesrecht steht noch aus.

5.4 Empfehlungen

Der RH empfiehlt zur Beschleunigung der Verfahren und zur Einsparung vermeidbarer Kosten:

  • Der Grundsatz „Rehabilitation vor Versorgung“ sollte in Zukunft auch nach dem vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand Geltung behalten. Deshalb sollte das Beamtenrecht um eine Regelung ergänzt werden, die den Beamten auch nach Eintritt in den vorzeitigen Ruhestand verpflichtet, seine Dienstfähigkeit durch geeignete Maßnahmen wiederherzustellen. Eine entsprechende Regelung des bayerischen Beamtenrechts könnte übernommen werden.

 

  • Der im Beamtenrechtsrahmengesetz vorgesehene Wegfall des förmlichen Verfahrens ist in Landesrecht umzusetzen.

 

  • Der Bundesgesetzgeber sollte prüfen, ob es bei langzeiterkrankten Beamten bei dem Prinzip der zeitlich unbefristeten vollen Alimentation bleiben kann. Denkbar wäre es, eine Regelung ins Beamtenrechtsrahmengesetz aufzunehmen, wonach ein wegen Krankheit vorübergehend dienstunfähiger Beamter ohne Verwaltungsverfahren oder amtsärztliche Untersuchung kraft Gesetzes nach drei Monaten Dienstunfähigkeit in einen einstweiligen Ruhestand tritt, der nach weiteren 3 Monaten zu einer Reduzierung seiner Bezüge auf 75 % führt.

6 Begrenzte Dienstfähigkeit (Teildienstfähigkeit)

6.1 Neue gesetzliche Regelung ab 01.05.2000

Mit dem Versorgungsreformgesetz 1998 wurde das Rechtsinstitut der begrenzten Dienstfähigkeit eingeführt, das zum 01.05.2000 in das LBG übernommen wurde. Ziel dieser Regelung ist es, bei Beamten, die das 50. Lebensjahr vollendet haben und ihre Dienstpflichten noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen können, die Arbeitszeit entsprechend der begrenzten Dienstfähigkeit herabzusetzen (§ 53a LBG). Mit seiner Zustimmung kann der Beamte auch in einer nicht seinem Amt entsprechenden Tätigkeit eingeschränkt verwendet werden. Nach § 72a BBesG erhält der Beamte entsprechend seiner Arbeitszeit verminderte Dienstbezüge, mindestens jedoch in Höhe des Ruhegehaltes, das er bei Versetzung in den Ruhestand erhalten würde. Diese Regelung gilt zunächst probeweise und ist bis zum 31.12.2004 befristet.

Das Instrument der begrenzten Dienstfähigkeit dient sowohl dem Interesse des Dienstherrn, eine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand zu vermeiden, als auch dem Interesse des Beamten, im noch möglichen Umfang weiterhin am Arbeitsleben teilzunehmen.

Nach dem Stand vom 12.03.2002 wurde diese neue Regelung bislang erst in 69 Fällen angewandt. Das Rechtsinstitut der begrenzten Dienstfähigkeit wird von der Verwaltung damit zu wenig offensiv genutzt. Dies ist umso erstaunlicher, als der Gesetzgeber bis Ende 2004 eine Erprobungsphase vorgesehen hat. Eine zuverlässige Beurteilung, ob sich die Regelung bewährt hat und die Befristung entfallen kann, ist nicht möglich, sofern bis dahin keine hinreichenden Erfahrungen vorliegen.

6.2 Rekonvaleszenzregelung

Im Schulbereich wird das Rechtsinstitut der begrenzten Dienstfähigkeit wegen einer dort geltenden, für den Lehrer günstigeren Rekonvaleszenzregelung häufig nicht angewandt. Nach dieser Regelung können die Oberschulämter während oder nach einer schweren Erkrankung das Regelstundenmaß auf Antrag des Lehrers bis zur Dauer eines Jahres abweichend festlegen. Eine Verlängerung um ein weiteres Jahr ist möglich. Der Beamte erhält während der Zeit dieser Deputatsermäßigung seine ungekürzten Bezüge. In den meisten untersuchten Fällen wurde unmittelbar vor der Versetzung in den Ruhestand von dieser Regelung Gebrauch gemacht. In Einzelfällen wurden Ermäßigungen von bis zu 15 Wochenstunden zugebilligt.

Seit Einführung der begrenzten Dienstfähigkeit darf diese Rekonvaleszenzregelung nur noch angewendet werden, wenn und soweit die Voraussetzungen der begrenzten Dienstfähigkeit nicht vorliegen.

6.3 Schwachstellen der begrenzten Dienstfähigkeit

Die heute geltende Regelung der begrenzten Dienstfähigkeit im LBG weist folgende Schwachstellen auf:

  • Die begrenzte Dienstfähigkeit ist lediglich auf Beamte beschränkt, die das 50. Lebensjahr vollendet haben. Lebensjüngere, aber noch begrenzt dienstfähige Beamte sind in Baden-Württemberg in den Ruhestand zu versetzen.

 

  • Soweit der Beamte Einwendungen gegen die Feststellung des Dienstherrn über die Teildienstfähigkeit erhebt, ist hierüber in einem aufwändigen förmlichen Verfahren zu entscheiden. Dies führt regelmäßig zu einer erheblichen Verlängerung des Verfahrens.

 

  • Eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis ist nach der derzeit geltenden Rechtslage des Landes nur in den Fällen der Wiederherstellung der vollen Dienstfähigkeit möglich, nicht dagegen bei begrenzter Dienstfähigkeit.

Durch eine Novellierung des Beamtenrechtsrahmengesetzes im Jahre 2001 wurden diese Schwachstellen korrigiert; das Bundesbeamtengesetz ist bereits entsprechend geändert worden, das LBG noch nicht.

6.4 Empfehlungen

Durch eine Novellierung des LBG ist vorzusehen, dass

  • das Rechtsinstitut der begrenzten Dienstfähigkeit auch für Beamte vor Vollendung des 50. Lebensjahres angewendet werden kann,

 

  • Einwendungen des Beamten gegen die beabsichtige Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit kein förmliches Verfahren erfordern und

 

  • wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzte Beamte auch in Fällen wieder erlangter begrenzter Dienstfähigkeit erneut in das Beamtenverhältnis berufen werden können.

Das neu geschaffene Rechtsinstitut der begrenzten Dienstfähigkeit ist von den personalverwaltenden Stellen in den in Betracht kommenden Fällen konsequent anzuwenden.

Die im Schulbereich geltende Rekonvaleszenzregelung ist auf die Fälle zu beschränken, in denen die Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit nicht in Betracht kommt.

7 Anderweitige Verwendung

Das LBG sieht vor, dass von einer Versetzung in den Ruhestand abgesehen werden soll, wenn der Beamte anderweitig verwendet werden kann. Dazu hat die interministerielle Arbeitsgruppe „Anderweitige Verwendung“ im Jahr 1997 Verfahrensvorschläge erarbeitet.

Nach Erhebungen des FM, die letztmals für das Jahr 1998 durchgeführt wurden, kam es in der Landesverwaltung 1998 nur in 28 Fällen zu einer anderweitigen Verwendung dienstunfähiger Beamter. Hiervon entfielen 3 Fälle auf den Schulbereich, 23 Fälle auf den Polizei- oder Justizvollzugsdienst und 2 Fälle auf sonstige Bereiche. In 10 dieser 28 Fälle wurde ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen, in 10 Fällen war die Übertragung einer geringerwertigen Tätigkeit möglich und in 8 Fällen wurden Polizeivollzugsbeamte in einer Funktion eingesetzt, für die eine eingeschränkte Polizeidienstfähigkeit ausreicht. Die Weiterverwendungen erfolgten überwiegend innerhalb des jeweiligen Ressorts.

Im Jahr 1999 wurde für dienstunfähige Beamte die Möglichkeit erweitert, die Voraussetzungen für eine andere Laufbahn zu erwerben. Dennoch haben die geprüften Dienststellen im Rahmen der Untersuchung darauf hingewiesen, dass einer anderweitigen Verwendung häufig die mangelnde persönliche oder gesundheitliche Eignung des betroffenen Beamten, die begrenzten haushaltsrechtlichen und beamtenrechtlichen Möglichkeiten und die geringe Anzahl der in Frage kommenden Dienstposten entgegen stünden. Außerdem trage jede Versetzung in den Ruhestand dazu bei, dass das betreffende Ressort seine Stelleneinsparverpflichtung schneller erfüllen könne.

Der RH empfiehlt:

  • Vor der Versetzung in den Ruhestand muss die personalverwaltende Stelle intensiver als bisher prüfen, ob zu erwarten ist, dass der betroffene Beamte die Befähigung für eine neue Laufbahn erwerben kann. Die erweiterten Stellenbesetzungsmöglichkeiten des § 3 Abs. 8 StHG 2002/2003 sind intensiver und im Übrigen ressortübergreifend zu nutzen.

 

  • Durch eine Änderung der haushaltsrechtlichen Rahmenbedingungen sollte ein Anreiz für die Ressorts geschaffen werden, in ihrer bisherigen Funktion dienstunfähige Beamte anderweitig zu verwenden. Denkbar wäre auch die Einrichtung eines zentralen Stellenpools beim FM für derartige Fälle.

8 Reaktivierung

8.1 Voraussetzungen der Reaktivierung

Nach § 56 LBG kann ein wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzter Beamter erneut in das Beamtenverhältnis berufen werden, wenn er wieder dienstfähig geworden ist und das 63. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

Die erneute Berufung in das Beamtenverhältnis setzt ferner voraus, dass dem Ruhestandsbeamten im Dienstbereich seines früheren Dienstherrn ein Amt seiner früheren oder einer anderen Laufbahn mit mindestens demselben Endgrundgehalt übertragen werden soll. Zudem muss zu erwarten sein, dass der Beamte den gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes genügt.

Zwischen 1998 und 2000 wurde nach Angaben des FM lediglich bei vier Beamten, die zwischen einem und vier Jahren im Ruhestand waren, und bei einem Beamten, der sich seit acht Jahren im Ruhestand befand, auf Initiative des Dienstherrn eine Reaktivierung durchgeführt. In lediglich vier Fällen beantragten Beamte selbst ihre Reaktivierung; in zwei Fällen konnte den Anträgen entsprochen werden, während in einem Fall weiterhin Dienstunfähigkeit vorlag. In einem Fall stand die Entscheidung zum Zeitpunkt der Prüfung noch aus.

Eine offensive Vorgehensweise bei der Reaktivierung konnte bei der Untersuchung nicht festgestellt werden, obwohl das geltende Haushaltsrecht in diesen Fällen erhebliche Erleichterungen bei der Stellenbesetzung zulässt. Einerseits befürchten die Dienststellen erneute Fehl- oder Krankheitszeiten, andererseits kollidieren Reaktivierungen mit vorgegebenen Stelleneinsparungen. Reaktivierungen wären nach Angaben einiger Dienststellen dann verstärkt denkbar, wenn zusätzliche Stellen geschaffen oder das Ressort nur mit dem Differenzbetrag zwischen den Versorgungsbezügen und den neuen Besoldungsbezügen belastet würde.

8.2 Nachuntersuchungen

In den meisten vom RH geprüften Fällen wurde eine Nachuntersuchung angeordnet und durchgeführt. Allerdings haben diese Nachuntersuchungen nur in wenigen Fällen zur Feststellung der Dienstfähigkeit geführt.

In einigen untersuchten Fällen wurden die Nachuntersuchungen gegenüber dem untersuchungspflichtigen Ruhestandsbeamten nicht mit der gebotenen Konsequenz durchgesetzt oder nicht mit der notwendigen Sorgfalt durchgeführt.

Im Falle eines Beamten, der noch vor Erreichen des 40. Lebensjahres in den Ruhestand versetzt worden war, gab sich das zuständige Gesundheitsamt an Stelle der angeordneten Nachuntersuchung mit der Übersendung schriftlicher Unterlagen und der Erklärung des Ehepartners zufrieden, dass sich der Ruhestandsbeamte im Ausland befinde und das bei der Erstuntersuchung festgestellte Krankheitsbild unverändert fortbestehe. Auf Grund dieser Auskunft wurde angeordnet, dass die nächste Vorstellung beim Amtsarzt erst nach zwei Jahren stattfinden solle.

8.3 Empfehlungen

Der RH empfiehlt:

  • Die Fälle der vorzeitigen Versetzungen in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit sind regelmäßig auf Reaktivierungsmöglichkeiten zu überprüfen.

 

  • Nachuntersuchungen sind mit der gebotenen Konsequenz durchzusetzen und mit der notwendigen Sorgfalt durchzuführen.

 

  • Durch eine Änderung der haushaltsrechtlichen Rahmenbedingungen sollte ein finanzieller Anreiz für die Ressorts geschaffen werden, dienstunfähige Beamte zu reaktivieren.

9 Anderweitige Erwerbstätigkeit der Ruhestandsbeamten

9.1 Mitteilung von Erwerbseinkommen

Den vor Vollendung des 65. Lebensjahres vorzeitig wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzten Beamten ist es gesetzlich nicht verwehrt, im Ruhestand einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Sie müssen den Bezug und jede Änderung ihres Erwerbseinkommens nach § 62 Abs. 2 des Beamtenversorgungsgesetzes unverzüglich dem LBV melden. Das anderweitig erzielte Einkommen ist unter bestimmten Voraussetzungen auf das Ruhegehalt anzurechnen.

Die Untersuchung des RH hat ergeben, dass von den 10.469 Versorgungsempfängern, die wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wurden und die das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, lediglich 61 den Bezug von Erwerbseinkommen mitgeteilt haben. Angesichts zahlreicher Hinweise während der Untersuchung auf die Ausübung von Erwerbstätigkeiten durch frühpensionierte Beamte erscheint diese Zahl unrealistisch niedrig.

9.2 Weiterbeschäftigung im Landesdienst

Außerdem wurde festgestellt, dass einige Beamte nach ihrer Versetzung in den Ruhestand über Jahre hinweg von ihrer früheren Behörde im Angestelltenverhältnis weiter beschäftigt worden sind. Diese Weiterbeschäftigung als Angestellter wird häufig ausgeübt, um die finanziellen Verhältnisse im Ruhestand zu verbessern. Mit einem geringen Arbeitseinsatz wird damit erreicht, dass die Gesamtbezüge nicht gravierend hinter den früheren Nettobezügen zurückbleiben.

Besonders eklatant sind dabei die in der Untersuchung festgestellten Fälle, in denen beamtete Lehrer im Ruhestand als Teilzeitangestellte weiterbeschäftigt wurden und dann in dieser Beschäftigung noch eine Altersermäßigung oder einen entsprechenden finanziellen Ausgleich erhalten haben.

Nach Auffassung des RH ist die Beschäftigung frühpensionierter Beamter im Landesdienst personalpolitisch nicht wünschenswert. Sie konterkariert die Bemühungen um eine restriktive Handhabung der Versetzung in den Ruhestand wegen vorzeitiger Dienstunfähigkeit.

9.3 Empfehlungen

Der RH empfiehlt:

  • Versorgungsempfänger, die das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind gesetzlich zu verpflichten, jährlich eine Erklärung gegenüber dem LBV abzugeben, ob und in welchem Umfang sie einer Erwerbstätigkeit nachgehen und welches Einkommen sie dabei erzielen.

 

  • Von der Weiterbeschäftigung wegen Dienstunfähigkeit frühpensionierter Beamter im Dienst des Landes ist grundsätzlich abzusehen.

10 Künftige Entwicklung

In den letzten Jahren wurden verschiedene gesetzliche Regelungen auf den Weg gebracht, die sich auf die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit und auf die Beamtenversorgung auswirken. Hierzu gehören im Wesentlichen das Dienstrechtsreformgesetz 1997, das Versorgungsreformgesetz 1998, das Gesetz zur Neuordnung der Versorgungsabschläge 2000 und das Versorgungsänderungsgesetz 2001. Diese Gesetze zielen auf eine Eindämmung der Versorgungslasten ab. Inwieweit sich diese Maßnahmen auf die Zahl der vorzeitigen Versetzungen in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit auswirken, bleibt abzuwarten.

Der Altersaufbau der Landesbeamten zeigt, dass in den kommenden Jahren mit einer weiteren Zunahme der Ruhestandsfälle und hierbei auch der Zahl der vorzeitigen Versetzungen in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit zu rechnen sein dürfte.

Flankierend zu den gesetzlichen Regelungen müssen die personalverwaltenden Dienststellen bei den Zurruhesetzungsverfahren stärker als bisher auch auf die Wirtschaftlichkeit ihrer Entscheidungen achten. Dazu können die vom RH vorgeschlagenen Empfehlungen beitragen.

Um die einzelnen Ressorts für die ansteigenden Versorgungslasten stärker zu sensibilisieren, sollten die Aufwendungen des Landes für die Versorgung dem einzelnen Ressort zugeordnet und nicht mehr zentral im Epl. 12 des Landeshaushalts etatisiert werden.

11 Stellungnahme der Ministerien

Der RH hat die im Beitrag angesprochenen Ministerien um eine Stellungnahme gebeten.

Das JuM und das UVM haben keine Einwendungen gegen die Vorschläge des RH erhoben.

Das IM weist in seiner Stellungnahme zunächst auf die ungünstige Altersstruktur in der Landesverwaltung hin, die auch in den nächsten Jahren zu einem weiteren Anstieg der Ruhestandsfälle führen wird.

Es stellt eine Novellierung des LBG in Aussicht, in der

  • eine Verpflichtung des Beamten geschaffen wird, nach Eintritt in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit durch geeignete Maßnahmen seine Dienstfähigkeit wiederherzustellen,

 

  • das förmliche Verfahren zur Versetzung in den Ruhestand bei Einwendungen des Beamten abgeschafft wird,

 

  • den Änderungen des Beamtenrechtsrahmengesetzes hinsichtlich der begrenzten Dienstfähigkeit Rechnung getragen werden wird.

Das IM unterstützt die Vorschläge des RH zur Bildung von fachärztlichen Kompetenzzentren bei den Gesundheitsämtern und sieht auch die Möglichkeit, in geeigneten Fällen ohne Vermittlung des Amtsarztes Fachärzte mit der Begutachtung der Beamten zu beauftragen, als Beitrag zur Verfahrensbeschleunigung an.

Nicht unterstützt wird der Vorschlag des RH, bei Übernahme von Beamten anderer Dienstherren grundsätzlich eine Gesundheitsuntersuchung durchzuführen. Die Einsichtnahme in die Personalakten des Versetzungsbewerbers bilde im Regelfall eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung der personalverwaltenden Stelle.

Verfassungsrechtliche Bedenken macht das IM gegen den Vorschlag geltend, bei langzeiterkrankten Beamten eine Absenkung der Bezüge vorzusehen. Der Realisierung dieses Vorschlags stehe das Alimentationsprinzip als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums entgegen.

Das SM teilt die Kritik an der Praxis der Gesundheitsämter bei der amtsärztlichen Begutachtung der Dienstfähigkeit nicht, kündigt aber den Erlass einer neuen, grundlegend überarbeiteten VwV an, die den Empfehlungen des RH in weiten Teilen Rechnung trage.

Skeptisch beurteilt das SM den Vorschlag, bei einigen Schwerpunkt-Gesundheitsämtern fachärztliche Kompetenzzentren einzurichten. Das Ministerium sei bemüht, die Qualität der amtsärztlichen Begutachtungen auf anderem Wege weiter zu verbessern.

Das KM weist auf den hohen Anteil an Lehrerinnen und Lehrern hin, die das 55. Lebensjahr bereits vollendet haben. Mit steigendem Anteil dieser Altersgruppe werde auch in Zukunft die Zahl der Ruhestandsfälle wachsen.

Der höhere Anteil an Ruhestandsfällen wegen Dienstunfähigkeit im Lehrerbereich beschränke sich nicht auf Baden-Württemberg und sei auf die höheren Anforderungen im Umgang mit Kindern und Jugendlichen zurückzuführen. Die schwieriger werdende Erziehungssituation verlange von Lehrerinnen und Lehrern ein hohes Maß an physischer und psychischer Stabilität. Diesen besonderen Belastungen trage das KM in vielfältiger Weise Rechnung, u.a. durch Deputatsermäßigungen für ältere Lehrer, durch spezielle Fortbildungsangebote und der Möglichkeiten zur Teilzeitbeschäftigung, zur Freistellung für ein Jahr und zur Altersteilzeit für Schwerbehinderte.

Die Feststellungen und Vorschläge des RH zum Wegfall des förmlichen Verfahrens, zur Rekonvaleszenzregelung und zur anderweitigen Verwendung von dienstunfähigen Beamten werden vom KM geteilt und unterstützt. Insbesondere habe es in der Vergangenheit an der Bereitschaft anderer Ressorts gefehlt, dienstunfähig gewordene Lehrer anderweitig zu verwenden.

Das MWK wendet sich vor allem gegen den Vorschlag des RH, begrenzt dienstfähige Beamte verstärkt zu reaktivieren. Die mit jeder Reaktivierung verbundenen Probleme stehen nach Auffassung des MWK in keinem günstigen Verhältnis zu der zu erwartenden Arbeitsleistung, zumal ein erhöhtes Fehlzeiten- und Rückfallrisiko zu erwarten sei.

Das FM hält die Argumentation des RH, bei der Feststellung der Dienstunfähigkeit werde möglicherweise zu großzügig verfahren, für nicht stichhaltig. Die steigenden Zahlen seien allein Folge der geänderten Altersstruktur und nicht Konsequenz einer weniger strengen Prüfung der Voraussetzungen der Dienstunfähigkeit. Das FM spricht sich dafür aus, das bisherige, bewährte System der amtsärztlichen Untersuchung beizubehalten.

Gegen die Kritik des RH, das Institut der begrenzten Dienstfähigkeit werde nicht aktiv genug genutzt, wendet das FM ein, dass die Voraussetzungen der begrenzten Dienstfähigkeit nach der geltenden Rechtslage erst geprüft werden können, wenn eine Versetzung in den Ruhestand aktuell im Raum steht. Vor dem Hintergrund dieser engen Voraussetzungen und der kurzen Geltungsdauer des neu eingeführten Rechtsinstituts sei die geringe Zahl von Fällen nicht überraschend.

Das FM teilt die Auffassung des RH, durch anderweitige Verwendung von dienstunfähigen Beamten und durch ihre Reaktivierung Versorgungszahlungen zu vermeiden. Die als Anreiz dafür notwendige Veränderung der haushaltsrechtlichen Rahmenbedingungen dürfe allerdings nicht zu einer Ausweitung des Stellen- und Beschäftigtenbestandes führen. Das FM sei bereit, auf lange Frist eine dezentrale Veranschlagung der Versorgungsausgaben in den Haushalten der einzelnen Ressorts in Betracht zu ziehen.

Die Motivation der Beamten, sich einer Reaktivierung zu stellen, werde dadurch gemindert, dass hinsichtlich der bis dahin erworbenen Versorgungsansprüche ein nur lückenhafter Bestandsschutz bestehe. Bemühungen des FM, beim Bundesgesetzgeber auf eine entsprechende Änderung des Beamtenversorgungsgesetzes hinzuwirken, seien in der Vergangenheit mehrfach gescheitert.

12 Schlussbemerkung

Es besteht bereits heute, vor allem wegen der damit verbundenen Haushaltsbelastungen des Landes durch die vorzeitige Dienstunfähigkeit, Handlungsbedarf. Mit den Vorschlägen des RH soll der unsachgemäßen Handhabung und Fällen des Missbrauchs der geltenden Vorschriften entgegengewirkt werden. Im Übrigen muss beobachtet werden, wie sich die Änderungen des Versorgungsrechts, insbesondere die Verminderung der Versorgungsbezüge in Fällen der vorzeitigen Dienstunfähigkeit, auswirken werden. Es gilt aber auch, den Ursachen der vorzeitigen Dienstunfähigkeit nachzugehen und Maßnahmen zu entwickeln, die geeignet sind, den Trend umzukehren.


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In der Landesverwaltung werden jährlich rd. 650 Mio. Kopien erstellt. Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen werden nur in geringem Umfang durchgeführt. Durch fundierte Ausschreibungen, optimale Vertragsgestaltungen, methodisch richtige Wirtschaftlichkeitsberechnungen und Pool-Bildungen lassen sich rechnerisch jährlich 2,7 Mio. € einsparen.


1 Ausgangslage

Im Jahr 2000 hat das StRPA Karlsruhe zunächst nur bei Dienststellen im Regierungsbezirk Karlsruhe Erhebungen zur Wirtschaftlichkeit des Kopierereinsatzes durchgeführt. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse, insbesondere Hinweise auf Möglichkeiten, die Kosten zu reduzieren, waren für den RH Anlass, landesweit ergänzende und modifizierte Erhebungen durchzuführen. Im August 2001 wurden mit Fragebogen bei 121 Verwaltungsdienststellen, Hochschulen und Berufsakademien, die einschließlich ihres nachgeordneten Bereichs die Beschaffung der Kopiergeräte für insgesamt 924 Landeseinrichtungen wahrnehmen, Angaben zur Vergabe, zur Vertragsart und zum Kopierverhalten im Jahr 2000 erhoben. Die Auswahl der Dienststellen erfolgte nach strukturellen (z.B. Landesoberbehörden und untere Sonderbehörden), quantitativen (Größe der Einrichtungen) und regionalen Gesichtspunkten mit dem Ziel, aus den Ergebnissen repräsentative Folgerungen ableiten zu können.

2 Allgemeine Feststellungen

Knapp die Hälfte der Dienststellen hat die angeforderten Unterlagen fristgerecht vorgelegt. Die Daten von 17 Dienststellen konnten für die Auswertung nicht berücksichtigt werden, da diese trotz mehrmaliger Aufforderung die notwendigen Unterlagen nicht vollständig vorgelegt hatten oder weil die Daten nicht plausibel und nachvollziehbar waren. Die Wirtschaftlichkeit des Kopierwesens bei diesen Dienststellen wurde inzwischen im Wege örtlicher Erhebungen überprüft.

Die Ausgangsdaten und die Aufteilung der Dienststellen auf den Verwaltungs- und Hochschulbereich zeigt die folgende Übersicht.

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Weitere Angaben zum Umfang der Analyse, nämlich die Zahl der Mitarbeiter (Stand 31.12.2000) und der Geräte, das Kopiervolumen (insgesamt und je Mitarbeiter) und die im Jahr 2000 angefallenen Kosten sind in der Übersicht 2 zusammengefasst. Die Übersicht enthält alle Geräte einschließlich der Farbkopiergeräte, die in den folgenden Analysen nicht weiter berücksichtigt wurden.

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Von den rd. 74.216 in den befragten Behörden tätigen Mitarbeitern (ohne Auszubildende und beurlaubte Mitarbeiter) wurden im Jahr 2000 auf den 3.428 eingesetzten Kopiergeräten rd. 342,5 Mio. Kopien gefertigt. Für die Nutzung der Geräte (ohne Ausgaben für Papier, Strom und Raumkosten) entstanden Kosten von rd. 6,6 Mio. €. 414 Geräte waren gekauft, 2.973 gemietet und lediglich 40 geleast. Ein einzelnes Gerät stand einer Behörde als Dauerleihgabe zur Verfügung. 19 Geräte sind Farbkopierer; sie blieben wegen der geringen Stückzahl und der völlig anderen Kostenstruktur bei der Kennzahlenbildung unberücksichtigt. Einzelne Prüfungsergebnisse zu den Farbkopierern sind unter Pkt. 5.4.1 ausgeführt.

3 Ausschreibung, Vergabe und Vertragsformen

3.1 Ausschreibung

Nach § 55 Abs. 1 LHO i.V.m. § 3 Nr. 2 Verdingungsordnung für Leistungen - Teil A (VOL/A) muss dem Abschluss von Verträgen über Lieferungen und Leistungen eine Öffentliche Ausschreibung vorausgehen, damit die verfügbaren Mittel im Rahmen des Wettbewerbs möglichst wirtschaftlich und sparsam verwendet werden. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind nur gerechtfertigt, wenn es mit der Natur des Geschäfts oder durch besondere Umstände begründet ist. Die Zulässigkeit von Beschränkten Ausschreibungen bzw. der Freihändigen Vergabe ist in § 3 Nrn. 3 und 4 VOL/A geregelt.

Nur in sechs Ressorts wurde für die Beschaffung von 1.045 Geräten (30 %) eine Öffentliche Ausschreibung gemäß den Vorschriften zur VOL/A durchgeführt. 1.553 Geräte (45 %) wurden im Rahmen einer Beschränkten Ausschreibung und 743 Geräte (22 %) im Wege der Freihändigen Vergabe beschafft. Für 87 Geräte konnten oder wollten die Dienststellen keine Angaben zur Ausschreibungs- bzw. Vergabeart machen. Auffallend war auch, dass lediglich bei zwei von 410 Kaufgeräten (ohne Farbkopierer) eine Öffentliche Ausschreibung vorausging.

Die Wechselbeziehungen hinsichtlich der finanziellen Folgen verdeutlicht Übersicht 3 (ohne 19 Farbkopiergeräte, ohne 208 bereits abgeschriebene Kaufgeräte).

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Bei den auf der Grundlage Öffentlicher Ausschreibungen beschafften Kopiergeräten sind die Kosten je Kopie mit 1,65 Cent am niedrigsten. Sie steigen bei der Freihändigen Vergabe auf durchschnittlich 2,36 Cent.

3.2 Vergabe

Nur für etwa die Hälfte der beschafften Geräte wurden überhaupt Vergabevermerke erstellt. Vollständige Vergabevermerke, die den Vorschriften der VOL/A entsprachen und alle Stufen des Verfahrens, die Maßnahmen, Feststellungen sowie die Entscheidungsbegründung enthielten, konnten nur in Ausnahmefällen vorgelegt werden. Für 281 Geräte konnten diesbezüglich keinerlei Angaben gemacht werden.

3.3 Vertragsformen

Für die notwendigen Vereinbarungen zum Einsatz der Kopiergeräte wurden verschiedene Vertragsformen gewählt; in einigen Fällen wurden mit dem gleichen Anbieter unterschiedlich ausgestaltete Verträge geschlossen. Die wesentlichen Vertragsformen werden nachstehend erläutert; in Ziffer 5 sind die hierfür jeweils entstandenen Kopienkosten beschrieben. In der Übersicht 4 sind die in den Verwaltungsdienststellen, den Hochschulen und Berufsakademien eingesetzten Kauf-, Miet- und Leasinggeräte dargestellt.

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3.3.1 Mietgeräte

2.961 Geräte waren gemietet; dies entspricht fast 87 % aller eingesetzten Kopierer. Hierfür wurden in den verschiedenen Geschäftsbereichen überwiegend Poolmietverträge abgeschlossen. Bei diesen Poolmietverträgen wurde für die Geräte der eigenen Behörde als auch gleichzeitig für die der nachgeordneten Dienststellen nur ein Mietvertrag geschlossen. Bis auf eine Ausnahme haben die Dienststellen dabei Wartungsverträge mit abgeschlossen. Die Vertragslaufzeiten schwankten zwischen 12 und 96 Monaten. Bei der Mehrzahl der Verträge wurden Standard-Vertragsformulare der Lieferanten übernommen. Über die allgemeinen Geschäftsbedingungen wurden so die Festlegungen zur Mietzahlung, Abrechnung der Mehr- und Minderkopien, Preisanpassung, Störbeseitigung und Reaktionszeit mit getroffen. In den Fällen, in denen die Dienststellen in ihren Leistungsbeschreibungen von den Standardformularen abweichende Regelungen vorsahen, waren diese Vertragsgegenstand. Im Gegensatz zu den Verwaltungsdienststellen haben die Hochschulen verbindlichere Regelungen u.a. über die Konsequenzen bei nicht vertragskonformem Handeln mit den Anbietern vereinbart.

3.3.2 Kaufgeräte

Lediglich 26 Geräte im Hochschulbereich und 384 Kopiergeräte in den Verwaltungsdienststellen waren gekauft. Standorte der Kaufgeräte waren meist kleine Dienststellen bzw. Außenstellen, Sekretariate und Rektorate. Für 159 Geräte war ein Wartungsvertrag geschlossen, der die Kosten für Wartung, Reparatur und Verbrauchsmaterialien mit beinhaltete. 251 Geräte wurden nur bei Bedarf gewartet und repariert. Auch hier gab es über Wartungsverträge Poollösungen insoweit, als die Wartungskosten insgesamt abgerechnet wurden. Damit wurden Kostenersparnisse erzielt, weil die unterschiedliche Nutzung der Freikopien je Gerät im Pool ausgeglichen werden konnte.

3.3.3 Leasingverträge

Nur für insgesamt 38 Geräte wurden Leasingverträge gemeldet. Eine genaue Analyse einiger dieser Verträge ergab, dass es sich im Grunde um Vollamortisationsverträge handelt, die ansonsten kaum Unterschiede zu den Mietverträgen mit langer Laufzeit aufwiesen.

4 Wirtschaftlichkeitsanalysen

4.1 Anwendungsbereich

Die Pflicht zu Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen ergibt sich aus den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gemäß § 7 LHO. Entsprechend dem Realisierungsablauf einzelner Maßnahmen sind Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchzuführen:

  • in der Planungs- und in der Entscheidungsphase, also zur Vorbereitung der Beschaffungsmaßnahme,

 

  • bei mehrjährigen Maßnahmen während der Durchführung im Sinne einer begleitenden Kontrolle (Plan/Ist-Vergleich) und ggf. bei Anpassung oder Optimierung der Maßnahme sowie

 

  • nach deren Abschluss als Erfolgskontrolle.

4.2 Grundsätze für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen

Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen sind notwendig, um die günstigste Relation zwischen dem verfolgten Zweck und den einzusetzenden Mitteln zu erzielen (vgl. hierzu VV Nr. 1 zu § 7 LHO). Für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen sind die nach den Erfordernissen des Einzelfalles einfachsten und am wenigsten aufwendigen Methoden anzuwenden (VV Nr. 1.4 zu § 7 LHO). Existieren zu einer Maßnahme alternative Finanzierungsarten (Kauf/Miete/Leasing), sind diese in die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung mit einzubeziehen und daher auch alternativ auszuschreiben. Gemäß VV Nr. 1.5 zu § 7 LHO ist die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung in ihren wesentlichsten Punkten schriftlich festzuhalten; ein prüfbarer Nachweis muss sichergestellt sein.

4.3 Durchgeführte Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen

Für lediglich 30 % der insgesamt 3.428 eingesetzten Geräte wurde nach eigenen Angaben der Dienststellen eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung bzw. eine Wirtschaftlichkeitsberechnung für die Alternativen Kauf, Miete und Leasing durchgeführt. Ohne jegliche Wirtschaftlichkeitsanalyse wurden 58 % der Geräte beschafft. In 12 % der Fälle konnten die Dienststellen keine Angaben darüber machen, ob eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung durchgeführt worden ist oder nicht. Einige Dienststellen gaben an, dass Wirtschaftlichkeitsberechnungen zwar durchgeführt worden seien, diese aber nicht mehr auffindbar seien oder nicht dokumentiert worden wären. Dadurch war ein prüfbarer Nachweis der Wirtschaftlichkeitsberechnungen nicht möglich.

Die Verhältnisse in den einzelnen Ressorts zeigt Übersicht 5.

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Die Dienststellen haben die Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen teils nach statischen, teils nach dynamischen Verfahren durchgeführt. In einigen Fällen wurden voraussichtliche Wiederverkaufserlöse mit berücksichtigt. Auffällig war, dass bei der dynamischen Berechnung die überwiegende Anzahl der Dienststellen den Zahlungsstrom der laufenden Ausgaben nicht richtig dargestellt hat. Die laufenden Ausgaben wie Wartung, Mietraten und Leasingraten wurden bis auf wenige Ausnahmen durchweg nachschüssig betrachtet. Aus Gründen der kaufmännischen Vorsicht sollten bei jährlicher Diskontierung die Ausgaben aber vorschüssig und nur evtl. die Einnahmen nachschüssig angesetzt werden; noch besser und daher empfehlenswert ist die monatliche Betrachtung und Diskontierung.

In den Wirtschaftlichkeitsanalysen, bei denen alle entscheidungsrelevanten Faktoren wie Anschaffungsausgaben, Nutzungsdauer, Restwert, Kopiervolumen, laufende Kosten, kalkulatorische Zinsen, Wartungs- und Mietkosten einbezogen wurden, kamen die Verwaltungsdienststellen überwiegend zum Ergebnis, dass die Miete die wirtschaftlichere Beschaffungsart darstellte. Bei den Hochschulen waren dagegen die Kaufgeräte günstiger.

4.4 Wertung

In einzelnen Bereichen der Landesverwaltung werden Wirtschaftlichkeitsberechnungen systematisch und erfolgreich durchgeführt. Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass bei der Mehrzahl der Dienststellen noch erhebliche methodische Defizite bestehen bzw. die Notwendigkeit von Wirtschaftlichkeitsanalysen überhaupt nicht gesehen wird. In der überwiegenden Zahl der befragten Dienststellen wurde die Entscheidung für den Kauf oder die Miete ihrer Geräte ohne jegliche Berechnung getroffen. In diesen Fällen wurden z.T. nur die Anschaffungsausgaben bzw. Mietzahlungen nach dem Nominalprinzip miteinander verglichen. Oftmals wurden die Angebote nur hinsichtlich Technik, Ausstattung und Preis bewertet bzw. Kaufentscheidungen allein damit begründet, dass Haushaltsmittel in notwendiger Höhe etatisiert waren.

5 Ergebnisse

5.1 Auswertung

Die nähere Betrachtung der Alternativen Miete, Kauf und Leasing auf Basis einer dynamischen Ausgabenvergleichsrechnung mit Annuitäten zeigt Folgendes: Bei den Miet- und Leasinggeräten wurden die von den Dienststellen mitgeteilten jährlichen Zahlungen als Annuität zu Grunde gelegt. Bei den Kaufgeräten wurden die Annuitäten auf Basis der Anschaffungsausgaben bei einer angenommenen Nutzungsdauer von fünf Jahren und einem Zinssatz von 7 % berechnet. Mögliche Resterlöse für Kaufgeräte blieben unberücksichtigt. Die Gesamtannuität bei den Kaufgeräten ergab sich aus den Annuitäten für die Anschaffungsausgaben und den mitgeteilten Wartungsausgaben. Da die amtliche AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter des Bundesministeriums für Finanzen für Kopiergeräte, die vor dem 01.01.2001 angeschafft wurden eine Nutzungsdauer von fünf Jahren und bei Anschaffung nach dem 31.12.2000 eine Nutzungsdauer von sieben Jahren vorgesehen hat, wurden in einigen Fällen die Kosten der 5-jährigen und der 7-jährigen Nutzungsdauer gegenübergestellt.

Wie das Schaubild 1 zeigt, erzielt der Hochschulbereich generell, mit Ausnahme eines einzigen Leasinggerätes, günstigere Kopierkosten als die Verwaltungsdienststellen. Hauptgrund hierfür ist das hohe Kopiervolumen in den Universitäten.

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5.2 Ergebnisse der Verwaltungsdienststellen (ohne Hochschulen und Berufsakademien)

Die insgesamt günstigsten Konditionen konnten dadurch erzielt werden, dass Behörden die Beschaffung der Kopiergeräte auch für die nachgeordneten Dienststellen zentral ausgeschrieben, vergeben und einen einheitlichen Vertrag geschlossen haben. Insgesamt entfielen auf diese Vertragsform Ausgaben von rd. 2,9 Mio. €. Berücksichtigt man noch die bei einzelnen Dienststellen gepoolten Geräte, ergeben sich bei den Pool-Mietverträgen Ausgaben von rd. 4,0 Mio. €.

Mit diesen sog. Pool-Mietverträgen konnten durchschnittliche Kosten von 1,88 Cent/Kopie erreicht werden; dies bei einer Spannweite in den einzelnen Ressorts von 1,76 Cent bis 2,63 Cent. Die besten vertraglichen Festlegungen konnte dabei die OFD Karlsruhe für sich und ihre nachgeordneten Dienststellen mit durchschnittlich 1,50 Cent/Kopie erzielen.

Die Preisspannen für die Einzelmietverträge differierten erheblich und lagen im Ressortdurchschnitt zwischen 1,54 Cent und 4,28 Cent: Landesweit ergab sich ein durchschnittlicher Kopienpreis von 2,11 Cent, dies aber bei einer Spannweite im Einzelfall von 1,16 Cent bis 39,25 Cent.

Bei den gekauften Geräten lagen die Kosten je Kopie in den Ressorts (bei einer Nutzungsdauer von fünf Jahren und einem Zinssatz von 7 %), zwischen 1,52 Cent und 18,24 Cent; landesweit ergab sich ein Durchschnitt von 2,64 Cent. Bei den bereits abgeschriebenen Geräten ergab sich ein Durchschnitt von 1,75 Cent/Kopie und bei den noch nicht abgeschriebenen Geräten von 3,92 Cent/Kopie.

Lediglich 37 Geräte wurden auf der Basis von Leasingverträgen betrieben. Die gefertigten Kopien kosteten in den Verwaltungsdienststellen durchschnittlich 3,84 Cent und waren damit zwar teurer als die Kopien auf den Miet- bzw. Kaufgeräten. Aber bei den noch nicht abgeschriebenen Kaufgeräten (also der eigentlichen Vergleichsgruppe) war der Durchschnittspreis mit 3,92 Cent/Kopie höher.

5.3 Ergebnisse der Hochschulen und Berufsakademien

Die Hochschulen und Berufsakademien wurden gesondert ausgewertet, da hier das Kopiervolumen höher war und dadurch günstigere Konditionen erzielt werden konnten.

Von den insgesamt eingesetzten 560 Mietgeräten wurden für 430 Geräte Einzelmietverträge geschlossen. Eine Kopie kostete durchschnittlich 1,84 Cent, dies bei einer Spannweite von 1,09 Cent bis 3,86 Cent.

Die über Pool-Verträge eingesetzten Mietgeräte waren auch hier deutlich kostengünstiger. Die durchschnittlichen Kopienkosten lagen bei nur 1,35 Cent; für Großkopiergeräte konnten die Kosten bis auf 0,92 Cent/Kopie gesenkt werden.

Mit durchschnittlich 1,22 Cent/Kopie wurde bei den Kaufgeräten auf Basis einer Nutzungsdauer von fünf Jahren die günstigsten Konditionen erreicht; die Spannweite lag hier zwischen 0,86 Cent und 5,23 Cent. Bei den bereits abgeschriebenen Geräten ergab sich ein Durchschnittspreis von 0,92 Cent/Kopie und bei den noch nicht abgeschriebenen Geräten von 2,98 Cent/Kopie.

5.4 Einzelfeststellungen

5.4.1 Farbkopiergeräte

Bei den insgesamt 19 untersuchten Farbkopierern ergaben sich erhebliche Kostenunterschiede. Die günstigste Farbkopie lag durchschnittlich bei 2,82 Cent, die teuerste Kopie kostete hier immerhin 1,33 €. Vielfach wurden schwarz-weiß Kopien zu diesen ungünstigen Konditionen auf den Farbkopierern gefertigt.

5.4.2 Privatkopien

Nicht alle Dienststellen konnten Angaben zur Anzahl der gefertigten Privatkopien machen. In vielen Dienststellen werden Privatkopien den Mitarbeitern nicht berechnet.

6 Kennzahlen

6.1 Allgemein

Ziel dieser landesweiten Erhebung war auch die Bildung von Kennzahlen als Orientierungs- und Vergleichsmaßstab. Die Kennzahlen sollen helfen, den Umfang und die Gewichtigkeit dieses Aufgabenbereiches besser erfassen, vergleichen und beurteilen zu können. Gleichzeitig werden Grundlagen für das Kostencontrolling innerhalb der Ressorts und für die im Zuge der weiteren technischen Entwicklung zu treffenden Entscheidungen geliefert.

Folgende Kennzahlen wurden getrennt für die Verwaltungsdienststellen einerseits sowie für Hochschulen und Berufsakademien andererseits gebildet:

  • Kopiervolumen in den Verwaltungsdienststellen bzw. Hochschulen und Berufsakademien insgesamt,
  • Kopiervolumen je eingesetztem Gerät,
  • Kopiervolumen je Mitarbeiter,
  • Zahl der Mitarbeiter je Gerät,
  • Kosten je Kopie.

Soweit möglich, wurden Kennzahlen auch für wichtige Teilgruppen (Cluster) getrennt ermittelt. Dabei wurde auch festgestellt, dass auf leistungsstarken Geräten z.T. eine geringe Anzahl bzw. auf leistungsschwächeren Geräten eine hohe Anzahl von Kopien erstellt wurden.

6.2 Kennzahlen für die gesamte Landesverwaltung

Die Kennzahlen im Untersuchungsbereich für die Verwaltungsdienststellen bzw. die Hochschulen und Berufsakademien sind in der Übersicht 6 dargestellt.

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In den untersuchten Verwaltungsdienststellen, Hochschulen und Berufsakademien werden jährlich rd. 342,1 Mio. Kopien gefertigt; hochgerechnet auf die gesamte Landesverwaltung einschließlich Hochschulbereich kann von insgesamt rd. 648 Mio. Kopien/Jahr ausgegangen werden. Ein Mitarbeiter in der Verwaltung fertigt jährlich durchschnittlich 4.220 Kopien; im Hochschulbereich 6.535 Kopien. Ein Kopiergerät wird durchschnittlich von 22 bzw. 21 Mitarbeitern genutzt. Auf einem Kopiergerät wurden in den Verwaltungsdienststellen im Durchschnitt 92.300 Kopien/Jahr, in den Hochschulen und Berufsakademien 139.000 Kopien/Jahr gefertigt. Die günstigste Kopie in den Verwaltungsdienststellen lag, bezogen auf einzelne Dienststellen, bei 1,24 Cent und im Hochschulbereich und den Berufsakademien bei 1,07 Cent.

6.3 Kennzahlen der Ressorts (ohne Hochschulen und Berufsakademien)

Die ressortbezogenen Kennzahlen, bei denen die Hochschulen und Berufsakademien unberücksichtigt blieben, zeigen erhebliche Spannweiten auf. Die Extremwerte bei den je Mitarbeiter gefertigten Kopien liegen zwischen 1.828 und 23.572. Gleiches gilt für die Anzahl der Mitarbeiter, die ein Gerät nutzen; hier liegen die Werte zwischen neun und 35 Mitarbeitern. Die Spitzenwerte im Kopiervolumen je Mitarbeiter und Gerät hängen ganz offensichtlich mit von den in diesen Einrichtungen wahrgenommenen Servicefunktionen ab. Einzelheiten verdeutlicht Übersicht 7.

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6.4 Kennzahlen der Verwaltungsdienststellen, Hochschulen und Berufsakademien

Auf der Ebene der einzelnen Dienststellen sind die Spannweiten der Kennzahlen noch erheblich höher. Die Anzahl der Kopien je Mitarbeiter schwankt im Verwaltungsbereich zwischen 783 und 23.572 Kopien, bei den Hochschulen und Berufsakademien zwischen 2.120 und 40.374 Kopien. Ein Kopiergerät wird von acht bis 138 Mitarbeitern, im Hochschulbereich von fünf bis 33 Mitarbeitern genutzt.

Gravierende Unterschiede zeigen sich auch hier bei den regionalen Auswertungen. So werden im Durchschnitt im Regierungsbezirk Tübingen im Verwaltungsbereich je Mitarbeiter rd. 2.000 Kopien, im Regierungsbezirk Stuttgart dagegen rd. 4.700 Kopien gefertigt. Die Kosten je Kopie der Miet-, Kauf- und Leasinggeräte liegen in den Regierungsbezirken zwischen 2,12 Cent und 4,00 Cent. Unterschiede gibt es beispielsweise auch in den OFD- und OLG-Bezirken.

Im Hochschulbereich schwankt das Kopiervolumen je Mitarbeiter innerhalb der Regierungsbezirke zwischen rd. 4.900 und 7.800 Kopien. Die Kosten je Kopie der Miet-, Kauf- und Leasinggeräte liegen zwischen 1,31 Cent und 2,11 Cent.

7 Einsparpotenziale

7.1 Gesamtübersicht

Die durch die Voruntersuchung des StRPA Karlsruhe zu erwartende Größenordnung an Einsparpotenzialen wurde bei der Querschnittsuntersuchung weit übertroffen. Auch geringe Kosten je Einzelkopie führen auf Grund des erheblichen jährlichen Kopiervolumens zu hohen Ausgaben für den Landeshaushalt. Allein im Untersuchungsbereich wurden rd. 342,5 Mio. Kopien gefertigt, die Ausgaben in Höhe von rd. 6,6 Mio. € verursacht haben.

Bei der Berechnung des Einsparpotenzials blieben die Farbkopierer unberücksichtigt. Hierdurch ergaben sich die in Übersicht 8 dargestellten Mengengerüste und Einsparpotenziale:

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Bei den in die Querschnittsuntersuchung einbezogenen Dienststellen des Landes lassen sich Einsparungen in Höhe von jährlich 1,4 Mio. €. erzielen. Davon entfallen rd. 1,05 Mio. € auf die Verwaltungsdienststellen (Ziffern 1 bis 3) und rd. 0,35 Mio. € auf die Hochschulen und Berufsakademien (Ziffern 4 und 5). Bei genereller Umstellung der Kauf- und Leasinggeräte auf Mietgeräte würde sich das Einsparpotenzial um rd. 100.000 € auf 1,5 Mio. € jährlich erhöhen.

7.2 Berechnung und Realisierung des Einsparpotenzials

Der Berechnung der Einsparpotenziale wurde der jeweilige Benchmark der einzelnen Beschaffungsarten Miete, Kauf bzw. Leasing zu Grunde gelegt. Beim Kauf wurde das Benchmarking nur auf Basis der laufenden Kosten (Wartungskosten) durchgeführt. Den Benchmark liegen realistische Werte zu Grunde, die von allen Dienststellen ohne qualitative Einbußen durch

  • eine fundierte Ausschreibung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften,
  • methodisch zutreffende Wirtschaftlichkeitsberechnungen zur Festlegung der Beschaffungsart,
  • optimale Vertragsgestaltungen und
  • ressortspezifische Pool-Bildungen

erreicht werden können. Ressortspezifische Gestaltungen bleiben weiterhin möglich.

7.3 Weitere Möglichkeiten zur Kostenreduzierung

Bei den untersuchten Verwaltungsdienststellen der Landesverwaltung hätten Ausgaben in Höhe von insgesamt rd. 165.000 € allein dadurch vermieden werden können, sofern das vertraglich vereinbarte monatliche Freikopiervolumen dem tatsächlichen Kopieraufkommen angepasst worden wäre. Dies basierend auf der Annahme, dass die Kosten je Kopie bei Unterschreitung der Sollkopien in gleicher Höhe wie bei Ausschöpfung des Freikopiervolumens angefallen wären. Bei den Hochschulen und Berufsakademien liegt dieser Einsparbetrag bei rd. 8.800 €.

7.4 Hochrechnung auf die gesamte Landesverwaltung

Eine Hochrechnung auf die nicht in die Untersuchung einbezogenen Dienststellen ergibt ein Einsparpotenzial von bis zu rd. 2,7 Mio. € je Jahr. Diese, auf Basis der Anzahl der Dienst- und Personalstellen des Landes getrennt für die Verwaltungsdienststellen und den Hochschulbereich durchgeführten Berechnungen, sind in Übersicht 9 dargestellt.

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8 Folgerungen und Gestaltungsempfehlungen

Die Erkenntnisse aus der obigen Auswertung lassen sich wie folgt zusammenfassen:

8.1 Für die Beschaffungsmaßnahmen sind vorab Mengengerüste über das voraussichtliche Kopiervolumen und die Zahl der Geräte zu erstellen, die geforderten Qualitätsmerkmale zu definieren und im Wege der Markterkundung die Gerätekategorien auszuwählen.

8.2 Der Grundsatz der Öffentlichen Ausschreibung nach § 55 LHO ist zu beachten, Angebote sind alternativ für Kauf, Miete und Leasing einzuholen.

8.3 Weiterhin sind die Vorschriften zur VOL/A bei der Vergabe in verstärktem Maße zu beachten. Über die Vergabe ist ein den Vorgaben der VOL/A gerecht werdender Vermerk zu fertigen.

8.4 Vor jeder Beschaffungsmaßnahme sind die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gemäß § 7 LHO in Zukunft stärker zu beachten und die vorgeschriebenen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen für alle sinnvollen Alternativen, d.h. für Kauf, Miete und Leasing durchzuführen. Diese sind schriftlich festzuhalten (VV Nr. 1.5 zu § 7 LHO). Die Beschaffung darf sich nicht an den verfügbaren Haushaltsmitteln orientieren, sondern ist nach Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten zu entscheiden und durchzuführen.

8.5 Im Zuge der fortschreitenden technologischen Entwicklung (u.a. Digitalisierung) und Konvergenz durch den Einsatz multifunktionaler Geräte (Computer, Drucker, Kopierer) müssen bei zukünftigen Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen alle entscheidungsrelevanten Faktoren auch unterschiedlicher Gerätetypen einbezogen werden.

8.6 Zur Realisierung der aufgezeigten Einsparpotenziale ist generell der Abschluss von Poolverträgen anzustreben. Dabei sind Pool-Bildungen wie bisher für den eigenen Geschäftsbereich (z.B. OFD- bzw. OLG-Bezirk) aber auch für Behördengruppen (z.B. Berufsakademien) oder für alle Dienststellen eines Stadt- bzw. Landkreises denkbar. Vorstellbar wäre, die Leistungen insgesamt auszuschreiben und auch im Hinblick auf die Einführung der dezentralen Budgetverantwortung Klickpreise ohne Mindestkopien bei direkter Abrechnung der einzelnen Dienststellen mit dem Anbieter zu vereinbaren.

8.7 Dem Logistikzentrum der Polizei (LzP) wurde mit der Beschaffungsanordnung vom 19.06.2001 die gemeinsame Beschaffung für die Landesdienststellen übertragen. Es ist derzeit damit befasst, die Beschaffungsvorgänge zu optimieren und ein verbessertes Serviceangebot aufzubauen. Es wäre denkbar, dass die Dienststellen, die schon bisher die Beschaffung der Kopiergeräte vorbildlich abwickeln, ihre Ausschreibungsunterlagen und Vertragsbedingungen dem LzP zur landesweiten Veröffentlichung im Intranet überlassen und damit allen Dienststellen zugänglich machen. Das LzP könnte somit eine virtuelle Informationsbörse für die Landesdienststellen darstellen. Die eigene Verantwortlichkeit der Dienststellen zur wirtschaftlichen Vergabe bleibt davon unberührt (§ 2 Nr. 3 VOL/A).

8.8 Unabhängig von der Ausschreibungs- und Vergabeart, sind zukünftig die notwendigen Leistungs- und Qualitätsmerkmale genauer zu definieren und angepasst auf die Bedürfnisse der jeweiligen Dienststellen in Ausschreibung und Vertrag (ggf. als Zusatzvereinbarungen) aufzunehmen.

8.9 Sofern besondere Gründe, wie z.B. die Unterbringung einer Dienststelle in mehreren Gebäuden, nicht entgegenstehen, ist der Bestand an kleineren Kopiergeräten zu verringern und dem leistungsstärkeren Kopiergerät der Vorzug zu geben.

8.10 Zählerstände sind mindestens vierteljährlich abzulesen und zu dokumentieren, auch wenn die Zählerstände vertraglich nur jährlich abzulesen sind. Dies dient der Übersicht über das Kopierverhalten einer Dienststelle, zur besseren Kontrolle und zur Abgabe einer zukünftigen Prognose über die Entwicklung des Kopiervolumens.

8.11 Die Untersuchung zeigte auf, dass einige Dienststellen mit einem gleichen Anbieter unterschiedlich ausgestaltete Verträge auch bezüglich der Kosten abgeschlossen haben. Die bestehenden Verträge sind auf Optimierungsmöglichkeiten zu untersuchen. Dazu gehören der Ausschluss von Preiserhöhungen während der Vertragslaufzeit, Abzugsmöglichkeiten, falls eine Störbeseitigung durch den Service-Dienst nicht innerhalb der vereinbarten Zeit erfolgt, und Regelungen über die Abrechnung von Technikerkopien.

8.12 Verträge sind rechtzeitig vor dem Kündigungstermin zu überprüfen. Nach Beendigung des Vertrages ist die Leistung erneut im Wettbewerb zu vergeben.

8.13 Generell sind von den Nutzern für die nicht zu Dienstzwecken gefertigten Kopien kostendeckende Sätze zu erheben. Die Abrechnung muss in wirtschaftlicher Weise erfolgen.

8.14 Mit den hier dargestellten Kennzahlen liegen den Dienststellen Anhaltspunkte für vertiefende Analysen zum Kopierverhalten vor. Diese sollten genutzt und entsprechende Optimierungsschritte kurzfristig eingeleitet werden.

8.15 Im Jahr 2002 laufen rd. 38 % der Mietverträge in den Verwaltungsdienststellen und rd. 29 % der Verträge in den Hochschulen und Berufsakademien aus. Im Zuge dieser Neuausschreibungen sollten die Hinweise und Vorschläge des RH umgesetzt und die Erfahrungen in den weiteren Optimierungsprozess zur Beschaffung von Wirtschaftsgütern eingebracht werden.

9 Stellungnahmen der Ministerien und des Landtags

Die Untersuchung des RH, insbesondere die Folgerungen und Gestaltungsempfehlungen, wurden von den Ministerien begrüßt; es wurden keine wesentlichen Einwendungen gegen die Sachdarstellung vorgebracht.

Abweichungen zu den Durchschnittswerten bei den Kennzahlen wurden mit dezentralen Unterbringungen und Besonderheiten in der Aufgabenstellung begründet.

Das vom RH beschriebene Einsparpotenzial wird angesichts der technischen Entwicklung und der damit verbundenen Umstellung auf digitale Technik, bei der zumindest kurzfristig höhere Ausgaben zu verzeichnen sind, mit Skepsis betrachtet.

Das IM weist darauf hin, dass zwar dem LzP die Beschaffung von Fotokopiergeräten übertragen wurde. Die dem LzP vom RH im Zusammenhang mit der Beschaffung von Kopiergeräten künftig zugedachten weitergehenden Aufgaben, wie Durchführung einer permanenten Markterkundung, zusätzliche und umfangreiche öffentliche Ausschreibungen mit diversen Vertragsgestaltungen sowie die Platzierung von elektronischen Dienstleistungen im LzP-BÜROSHOP oder auf einer LzP-Ausschreibungsplattform würden aber über den bisherigen Leistungsumfang einer gemeinsamen Beschaffungsstelle in quantitativer und qualitativer Hinsicht hinausgehen. Das LzP sei zwar grundsätzlich bereit, die erweiterten Aufgaben zu übernehmen, diese seien allerdings mit dem heutigen Personalbestand nicht zu realisieren.

Hinsichtlich der gelegentlich realisierten Verträge mit Öffnungsklauseln, womit andere Dienststellen sich diesen Verträgen und deren Konditionen anschließen können, weist das WM darauf hin, dass im Vergabeverfahren die benötigten Leistungen, insbesondere deren Umfang, eindeutig und erschöpfend zu beschreiben seien. Dem Auftragnehmer dürfe kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet werden für Umstände und Ereignisse, auf die er keinen Einfluss habe und deren Auswirkungen er nicht im voraus einschätzen könne (§ 8 Nr. 1 VOL/A). Bei erwogenen Öffnungsklauseln könne der Bieter für ihn kalkulationserhebliche Sachverhalte wie Zahl, Zeitpunkt und regionale Verteilung etwaiger weiterer angeforderter Kopiergeräte nicht erkennen. Im Übrigen verlange das Vergaberecht grundsätzlich, dass jede benötigte Leistung im Wettbewerb zu vergeben ist (§ 2 VOL/A). Die Ergebnisse anderer Ausschreibungsverfahren rechtfertigten keine Ausnahme von diesem Gebot. Eine Dienststelle, die von einer Öffnungsklausel ohne eigene Ausschreibung Gebrauch machen würde, verstieße gegen ihre vergaberechtlichen Pflichten.

10 Schlussbemerkung

Die dem LzP vom RH zugedachten Aufgaben sind nicht grundsätzlich neu. Die Einrichtung einer virtuellen Informationsbörse stellt vielmehr eine Dienstleistung im Rahmen der zugewiesenen Aufgaben dar und sollte mit dem vorhandenen Personal leistbar sein. Im Übrigen haben zwischenzeitlich verschiedene Dienststellen mit dem LzP Kontakt aufgenommen, um für anstehende Neuausstattungen die Ausschreibung und die Vergabe abzustimmen.


Anhänge

IuK-Ausstattung und -Betrieb sind mit durchschnittlich 220 € je Arbeitsplatz im Monat teurer als zunächst erwartet.Vom Rechnungshof entwickelte Kennziffern liefern den Ministerien Anhaltspunkte für vertiefende Untersuchungen der Alternativen Outsourcing und Eigenbesorgung, um die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen. Bei den hier untersuchten Behörden hat Outsourcing im Ergebnis keine finanziellen Vorteile gebracht. Gleichwohl sollten einzelne Leistungen, die Privatfirmen nachweislich besser und wirtschaftlicher erbringen können, auch künftig nicht selbst erbracht, sondern zugekauft werden.


1 Untersuchungsobjekt

Trotz des inzwischen erreichten hohen Durchdringungsgrades der Landesbehörden mit IuK-Ausstattung, liegen bisher kaum gesicherte Erkenntnisse über die durch IuK verursachten Kosten z.B. bezogen auf einen Bildschirmarbeitsplatz (BSA) oder hinsichtlich anderer Kennziffern vor. Bekannt ist lediglich, dass für Einrichtung und Betrieb der IuK Jahr für Jahr Mittel in beachtlichem Umfang notwendig sind. Der RH hat daher bei vier Ministerien mit deren Unterstützung alle IuK-Ausgaben erhoben und Kostenkennziffern entwickelt sowie sich in weiteren Verwaltungen durch Akteneinsicht und Gespräche informiert. Ziel der Untersuchung war, herauszufinden und zu dokumentieren, wie hoch die monatlichen IuK-Gesamtkosten in den Ministerien bezogen auf einen BSA sind, und Anhaltspunkte für die Auswahl der wirtschaftlicheren Betriebsform (Eigenbesorgung oder Outsourcing bzw. Mischformen hiervon) zu gewinnen. Zwei der untersuchten Ministerien lassen sich ihre DV-Geräte gegen Bezahlung monatlicher Gebühren je BSA von einer Firma zur Verfügung stellen und die zum Betrieb erforderlichen Dienstleistungen überwiegend durch diese erbringen („Outsourcing-Ministerien - JuM und MWK“). Die beiden anderen untersuchten Ministerien haben die DV-Geräte durch Kauf selbst beschafft bzw. gemietet und erbringen die Dienstleistungen mit eigenem Personal (SM und WM).

Alle vier Ministerien haben eine angemessene IuK-Vollausstattung mit vernetzten DV-Geräten und mit zur Aufgabenerfüllung geeigneter Software. Hinsichtlich der IuK-Technik sind ihre Ausstattung und Aufgaben vergleichbar. Strukturdaten und einige Kennzahlen zeigt Übersicht 1.

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2 Dienstleistungen Dritter

Den permanenten Kostenanstieg für IuK versuchen die Ministerien - koordiniert durch die Stabstelle Verwaltungsreform beim IM (StaV) - z.B. durch Erlass von Richtlinien und Vorgabe von Standards bezüglich einheitlicher Ausstattung oder auch durch Verlagerung von IuK-(Teil)-Leistungen auf private Anbieter (Outsourcing) zu bremsen.

2.1 Ziele und Chancen des Outsourcing

Ein wichtiger Grund für ein IuK-Outsourcing kann darin liegen, dass für eine kurzfristig notwendige Systemeinführung oder umstellung entsprechend qualifiziertes Personal des Landes nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung steht. Auch kann z.B. eine kurze Einführungsphase aus einem Guss für Outsourcing sprechen. In der Vergangenheit ließen knappe Investitionsmittel aus dem Haushalt oft nur Umstellungen in kleinen Etappen zu. Im Übrigen führt die dem Outsourcing immanente Leasing oder Mietkauffinanzierung zu einem transparenten Kostenausweis beim Nutzer. Die Buchung von Leasing- bzw. Outsourcingraten als konsumtive Ausgaben im Haushaltskapitel des Nutzers in der Hauptgruppe 5 macht gegenüber der Investitionsfinanzierung deutlich, dass es sich um typische Verbrauchsgüter ohne langfristigen Werterhalt handelt. Dies trägt zur Haushaltswahrheit und -klarheit bei und erhöht das Kostenbewusstsein. Die Selbsttäuschung, mit dem kreditfinanzierten Kauf eine dauerhafte Investition erworben zu haben, kann nicht erst aufkommen.

Ein weiterer Grund für das IuK-Outsourcing kann auch der Erwerb von aktuellem externen Know-how sein, welches den Landesbehörden insbesondere dann nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung steht, wenn am Markt Neuentwicklungen der Technologie oder im Software-Bereich eingeführt werden.

2.2 Outsourcing-Rahmenvertrag

Erste Erfahrungen in Outsourcing von IuK-Systemen hat der RH mit seinem Pilotprojekt gesammelt (s. Denkschrift 1998 Nr. 7).

Im Juli 1998 schloss das IM mit einem Unternehmen einen Rahmenvertrag zur Ausgliederung der Bürokommunikation (BK) und Übernahme dieser BK durch den Auftragnehmer. Dieser ist jeweils durch Einzelverträge je Behörde oder für einen ganzen Verwaltungszweig zu konkretisieren. Der Rahmenvertrag hat eine Laufzeit von fünf Jahren und verlängert sich bei Nichtkündigung jeweils um drei Jahre.

Ausgeschrieben war die sukzessive Vergabe der Beschaffung und des Betriebes der BK für 20.000 Arbeitsplätze. Das Land ist aber keine Abnahmeverpflichtung eingegangen und hat im Gegenzug dafür dem Auftragnehmer ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt, wenn bis zu einem bestimmten Termin nicht mindestens 3.000 Arbeitsplätze abgenommen sind. Vor dem Outsourcing der BK in Flächenverwaltungen mit Dienststellen an vielen Orten wollte das Land die Praktikabilität bei den räumlich überschaubaren Piloten JuM und MWK mit zusammen rd. 450 Arbeitsplätzen testen.

2.2.1 Aufgabenverteilung

Wesentliche Aufgaben des Auftragsnehmers sind die Planung des DV-Systems (sog. Distributed System Management Assessment ?DSMA?), Geräte- und Softwareüberlassung, System und -Netzbetrieb sowie Benutzerbetreuung bzgl. der Bürokommunikation. Bei der Landesverwaltung verbleiben die Aufgaben Planung und Steuerung des DV-Einsatzes, Entwicklung, Pflege und Betrieb der Fachanwendungen sowie die Benutzerbetreuung bzgl. der Fachanwendungen.

2.2.2 Geräteaustausch und Softwareanpassung

Der Auftragnehmer ist verpflichtet, die Systemkonfiguration stets auf dem Level zu halten, den der Berechtigte zur Erfüllung seiner Aufgaben benötigt. Er ersetzt die Hardware und Software nach vier Jahren durch neues Equipment, das dem aktuellen Stand der Technik entspricht, grundsätzlich ohne zusätzliche Kosten für den Auftraggeber (Technologie-Refreshment).

2.2.3 Vergütung

Für die Bereitstellung der IuK-Ausstattung und Erbringung der Dienstleistungen erhält der Auftragnehmer eine monatliche Vergütung je Bildschirm-Arbeitsplatz von 81,73 € zuzüglich MwSt. (= 94,80 €). Diese Pauschale setzt sich zusammen aus Teilbeträgen für Hardware, Software, Dienstleistungen, Hotline- und Help-Desk-Service sowie Netzadministration.

Für die Hardwarepauschale stellt der Auftragnehmer als Arbeitsplatzgrundausstattung einen marktgängigen PC, einen Monitor mit (damals) 15“-Bildschirmdiagonale und einen Arbeitsplatzdrucker sowie die zum Betrieb nötige Anzahl von Servern zur Verfügung. Eine qualitativ höherwertige Ausstattung, als im Rahmenvertrag vereinbart, ist mit zusätzlichen Kosten verbunden.

Altgeräte werden aus Gründen einer verlässlichen Funktionalität generell nicht in das neue BK-System integriert. Auf Verlangen übernimmt sie der Auftragnehmer gegen Bezahlung des Marktpreises, der jedoch regelmäßig unter dem Restbuchwert liegt.

Eine Bestandsaufnahme vor Vertragsbeginn (DSMA) sowie Schulungen und die Einbindung von Fachanwendungen in das BK-System werden zusätzlich vergütet, soweit sie nicht unter Beachtung der jeweils aktuellen Microsoft-Installationsregeln erstellt worden sind.

Mit dem Rahmenvertrag hat das IM für den öffentlichen Dienst in Baden-Württemberg - vom Pilotprojekt im RH abgesehen - Neuland betreten. Soweit bislang erkennbar, sind in dem Vertragswerk alle wesentlichen Sachverhalte geregelt; weiße Flecken sind insoweit nicht vorhanden. Der Vertrag enthält allerdings (notwendigerweise) einige unbestimmte Rechtsbegriffe, wie z.B. „auf zur Aufgabenerfüllung notwendigem Level“, „grundsätzlich ohne gesonderte Vergütung“, „aktueller Stand der Technik“. Daher überrascht nicht, dass bei seiner Durchführung häufig Auslegungsfragen aufgetreten sind.

Obwohl der Vertrag als solcher insgesamt nicht zu beanstanden ist, hatte der RH von Anfang an auf einige kritische Punkte hingewiesen:

  • Durch den Rahmenvertrag kann eine Abhängigkeit entstehen, weil sich die Gerätenutzungsdauer und die Vertragslaufzeit unterscheiden; denn die Geräte werden nach vier Jahren ausgetauscht, die Vertragslaufzeit beträgt demgegenüber fünf Jahre.

 

  • Das DSMA birgt die Gefahr der Bedarfsweckung in sich und ist teuer. JuM und MWK haben für Bestandsaufnahme und Konzepterarbeitung 33.234 bzw. 25.053 € bezahlt, eine größere Flächenverwaltung hätte 0,87 Mio. € zahlen sollen.

 

  • Behörden beginnen mit ihrer IuK-Ausstattung nicht beim Stand Null. Wenn 1998 auch noch keine einheitliche Vollausstattung erreicht war, so hatten sie doch schon vorher eine Teilausstattung mit zur Aufgabenerfüllung weiterhin geeigneten Geräten, die mit der Betriebsaufnahme durch den Outsourcing-Partner ausgesondert wurden.

Trotz Outsourcing fällt beim Auftraggeber auf Dauer ein gewisser Aufwand an. Für Planung und Steuerung, für die Abwicklung der finanziellen Angelegenheiten, für Beschaffung von Verbrauchsmaterial und insbesondere für Betrieb und Betreuung der wichtigsten Geschäftsprozesse (Fachanwendungen) sowie nicht zuletzt für das Vertragsmanagement und die datenschutzrechtliche Überwachung, d.h. Kontakte zum Personal des Auftragnehmers und dessen Betreuung, wird nach wie vor Landespersonal gebunden. Allerdings dürfte die vom Land nach dem Rahmenvertrag zu zahlende Monatspauschale je BSA im Vergleich zu den in der Fachpresse genannten Pauschalen günstiger sein.

2.3 Einzelverträge

Der Rahmenvertrag wird durch Einzelverträge mit konkretisierenden Regelungen, z.B. bezüglich der Arbeitsplatzausstattung, der garantierten Verfügbarkeit oder auch der Erreichbarkeit des User-Help-Desks, ergänzt.

Auf Basis des Rahmenvertrages wurden die in Übersicht 2 aufgeführten Einzelverträge geschlossen:

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Die Pilotanwender JuM und MWK haben von Anfang an eine höherwertige Ausstattung als im Rahmenvertrag vereinbart gewählt und bezahlen für größere Bildschirme, höherwertige Drucker und CD-ROM-Laufwerke auf vier Jahre berechnet einen Mehrpreis von 27.098 € bzw. 161.568 €. Man habe nicht hinter das bereits vorhandene Ausstattungsniveau zurückgehen können, um die notwendige Akzeptanz bei den Bediensteten zu schaffen. Die bessere Ausstattung sei Voraussetzung für den Abschluss einer Dienstvereinbarung mit dem Personalrat gewesen, argumentieren die Ministerien. Der Rahmenvertrag mit Preisangaben für einen demgegenüber geringeren Ausstattungsstandard ist offenbar in der Praxis nicht durchsetzbar, erweckt aber den Eindruck, damit könne eine günstige Neuausstattung erlangt werden. Dies wirft die Frage auf, wie praxisgerecht die Leistungsbeschreibung im Vertrag ist.

Die an den Outsourcing-Partner zu zahlenden Beträge allein lassen noch keine Aussage zum Gesamtaufwand und zur Wirtschaftlichkeit zu. Vielmehr fällt weiterer Aufwand an, wie z.B. für eigenes Personal, beigestellte, d.h. nicht dem Auftragnehmer gehörende Geräte, Verbrauchsmaterial und hausinternes Datennetz. Andererseits kaufen auch die Eigenbesorgungs-Ministerien SM und WM Leistungen ein, wenn auch in einem z.T. deutlich geringerem Umfang. Insofern handelt es sich bei allen vier Ministerien um unterschiedliche Ausprägungen eines IuK-Mischbetriebes.

Die Aufgabenverteilung zwischen Auftragnehmer und eigenem Personal zeigt Übersicht 3. JuM und MWK haben die Hauptpositionen vergeben, SM und WM erbringen die Aufgaben - in unterschiedlichem Umfang - überwiegend mit eigenem Personal.

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Die Mischform im SM mit überwiegender Eigenbesorgung, aber Gerätebeschaffung und deren Finanzierung durch Mietverträge, stellt eine besonders interessante Variante dar (s. auch Pkte. 4 und 5).

3 Kostenermittlung

Die mittleren jährlichen Kosten eines BSA wurden in Anlehnung an die TCO-Methode einer amerikanischen Unternehmensberatung (Gartner Group) ermittelt (TCO = Total Cost of Ownership; Gesamtkosten). Nach Aufnahme des vorhandenen Geräte- und Personalbestandes wurden an Hand der zahlungsbegründenden Unterlagen alle IuK-Personal- und Sachausgaben der vier Ministerien zusammengestellt und auf ein Jahr umgerechnet; jeder Betrag wurde sodann einer der in Übersicht 4 aufgeführten acht Kategorien zugeordnet.

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Bei der Frage, welche Kosten als IuK-Kosten zu betrachten, welcher TCO-Komponente diese zuzuordnen und wie einzelne Beträge zu ermitteln sind, gibt es teilweise Ermessensspielräume. Die zu Grunde gelegten Berechnungsmethoden und die Kostenbestandteile der einzelnen TCO-Komponenten wurden gemeinsam und einvernehmlich mit den Ministerien festgelegt.

Ausgaben für Investitionen wurden auf die übliche Nutzungsdauer des Wirtschaftsgutes verteilt. Um Ausgabenschwankungen auszugleichen, wurden (konsumtive) Ausgaben, die unregelmäßig in unterschiedlicher Höhe anfallen, für einen längeren Zeitraum ermittelt und als Jahresdurchschnittswerte gerechnet.

Nicht in die Berechnung wurden aufgenommen:

  • Ausgaben für passive Komponenten der Datennetze; diese differieren je nach baulicher Ausgangslage stark und könnten so das Ergebnis verzerren,

 

  • Ausgaben für den Internetauftritt (Öffentlichkeitsarbeit),

 

  • Overhead-Kosten; der auf das JuM und das MWK entfallende Anteil der beim IM zentral entstandenen Kosten für Vorbereitung, Abschluss und Betreuung des Rahmenvertrages ist nur schwer abgrenzbar,

 

  • Anteilige Personalkosten für Arbeitszeit der PC-Benutzer während der Schulungen, unproduktive, d.h. nichtdienstliche Beschäftigung mit dem PC sowie Beratung und Unterstützung von Kollegen, soweit diese nicht zu den dienstlichen Aufgaben gehören.

Die unterschiedliche Größe der Ministerien wurde durch Umrechnung der Summe der IuK-Gesamtkosten auf einen BSA berücksichtigt. Bei der Berechnung geht es im Übrigen nicht um buchhalterische Genauigkeit, sondern um das Aufzeigen von Größenordnungen und Tendenzen.

4 IuK-Gesamtkosten

Die Berechnung erbrachte die in Übersicht 5 dargestellten Beträge.

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Die niedrigsten Gesamtkosten je Arbeitsplatz fallen mit einem Betrag von rd. 180 € beim SM an, während das JuM mit rd. 247 € die höchsten Kosten aufzuweisen hat und damit um 37 % über den niedrigsten Kosten liegt. MWK und WM haben annähernd gleich hohe Gesamtkosten, allerdings bei unterschiedlicher Zusammensetzung bezüglich der Anteile Personal- und Sachkosten.

5 Kostenaufteilung

Jedes Ministerium setzt neben den Standard-BK-Programmen wie Word und Excel auch Fachanwendungen ein, so z.B. das Registraturprogramm DSV, ein Personalverwaltungsprogramm oder auch ein Programm zur Abwicklung von bestimmten Fördermaßnahmen. Der Betrieb und die Betreuung aller Fachanwendungen fallen nicht unter die Outsourcingverträge. Um die Wirtschaftlichkeit der Outsourcingverträge beurteilen und einen Vergleich der IuK-Betriebsarten „Eigenbesorgung“ und „Outsourcing“ vornehmen zu können, müssen die Gesamtkosten daher in Standard-BK-Kosten einerseits und Kosten der Fachanwendungen andererseits aufgeteilt werden.

Jeder einzelne der in den Gesamtkosten enthaltene Teilbetrag wurde hierzu in Abstimmung mit den Ministerien einem der beiden Blöcke „Standard-BK“ oder „Fachanwendungen“ zugeordnet.

Den unter die BK im engeren Sinne und damit unter die Outsourcingverträge fallenden Anteil zeigt Übersicht 6.

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Wie Übersicht 6 und Schaubild 2 zeigen, haben die beiden Eigenbesorgungs-Ministerien niedrigere monatliche Kosten für die Bürokommunikation als die beiden Outsourcing-Ministerien.

Die Zahlen des JuM und des MWK enthalten auch (anteilige) Ausgaben und Einnahmen, die zu Beginn des Outsourcing (Pilotphase) angefallen sind und die im Regelbetrieb bzw. bei einer Vertragsverlängerung voraussichtlich nicht mehr anfallen („Anlaufkosten“). Bereinigt um die Einmalkosten für das DSMA (33.234 € bzw. 25.053 €) und um die Erlöse aus Geräteverkauf (46.578 € bzw. 83.035 €) erhöhen sich die durchschnittlichen Monatskosten bei diesen Ministerien von 181 € auf 184 €.

Der an den Outsourcing-Partner zu zahlende Preis deckt im Übrigen nur einen Teil des tatsächlichen Aufwandes ab, wie Übersicht 7 zeigt.

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Um ihre BK betreiben zu können, wenden die beiden Outsourcing-Ministerien über den an den Vertragspartner zu zahlenden Monatsbetrag hinaus also noch einmal 41 % eigene Kosten auf. Möglicherweise liegt hier in Zukunft Rationalisierungspotential. Nach Beendigung der Pilotphase und sofern weiterhin Outsourcing-Lösungen realisiert werden, müssen die zusätzlichen „eigenproduzierten“ Personalkosten deutlich reduziert werden.

6 Nutzerzufriedenheit

Zur Gesamtbeurteilung der Wirtschaftlichkeit sind nicht nur finanzielle, sondern auch technische und sonstige Merkmale heranzuziehen. Die technische IuK-Ausstattung der vier Ministerien ist aus Nutzersicht vergleichbar. Die finanzielle Seite wurde in Pkt. 4 und 5 dargestellt. Als Qualitätsmerkmale wurden für diese Untersuchung die Zufriedenheit der IuK-Nutzer mit der DV-Ausstattung und mit der Betreuung definiert und ihr Erfüllungsgrad durch eine Umfrage erhoben.

Der Fragebogen umfasste rd. 20 strukturierte Einzelfragen. Je nach Fragestellung konnte die Meinung durch Ankreuzen von Schulnoten (1 - 6), einer Skala 1 - 5 oder durch Ankreuzen subjektiv empfundener Merkmale (meistens-häufig-selten; schnell-ausreichend-langsam) geäußert werden.

Das zusammengefasste Umfrageergebnis zeigt Übersicht 8.

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Die Bediensteten aller vier einbezogenen Häuser sind überwiegend mit der IuK-Ausstattung und mit der Betreuung sehr zufrieden. Sowohl der telefonische Support über ein Call-Center des Outsourcing-Partners als auch die Vor-Ort-Unterstützung durch Firmenpersonal bieten nach dem Ergebnis dieser Umfrage keine messbaren Vorteile gegenüber der Betreuung durch Landesbedienstete.

Dieses Ergebnis lässt sich erklären: SM und WM haben ein dem Outsourcing vergleichbares Betreuungsumfeld geschaffen, in dem sie geschultes Personal in ausreichender Anzahl bereitgestellt und den Support vergleichbar einem Call-Center organisiert haben. Möglicherweise ist aber auch die Bereitschaft zu offener Kritik gegenüber einem fremden Dienstleister größer als gegenüber den eigenen Kollegen.

7 Sonstige Erkenntnisse

7.1 Kultusverwaltung

Die Kultusverwaltung hat 1999 einen Einzelvertrag über das Outsourcing der BK für 1.800 Bildschirmarbeitsplätze geschlossen. Bisher wurden 41 Dienststellen an 35 Standorten ausgestattet.

Der RH hat sich durch Gespräche und Akteneinsicht über den Projektstand informiert. Durch die Akten zieht sich ein roter Faden der Unzufriedenheit. Das zuständige Ministerium bestätigt, dass es mit dem Projektverlauf insgesamt nicht vollständig zufrieden ist:

  • Über 30 % der Installationen konnten wegen unvollständig erbrachter Leistungen erst nach diversen Nachbesserungen abgenommen werden.

 

  • Alle Anforderungen, die über die einfache Installation von BK-Programmen hinausgehen, bereiten dem Auftragnehmer offenbar Schwierigkeiten. Die Rede ist von häufig wechselndem Personal, das sich mit den behördlichen Gegebenheiten nicht auskennt und das darüber hinaus mit unzulänglicher Dokumentation der Systemparameter durch seine Vorgänger zu kämpfen hat. Insbesondere wirft die Einbindung bzw. Wiederinbetriebnahme von Fachverfahren nach Systemstörungen immer noch massiv Probleme auf.

 

  • Das Ministerium beklagt auch einen hohen Aufwand für Kontrolltätigkeiten. Die Abrechnungen müssten aufwendig überprüft, häufig beanstandet und berichtigt werden.

Wegen der Unzufriedenheit mit den Leistungen der Firma hat die Kultusverwaltung bisher von der Ausstattung weiterer Dienststellen auf Basis des bestehenden Vertrages abgesehen, sondern sucht nach Alternativen.

Das vom RH als teuer und teilweise nicht notwendig eingestufte DSMA hat die Kultusverwaltung im Übrigen nur bei einem Teil ihrer Dienststellen durchführen lassen und damit die Richtigkeit der Ansicht des RH belegt, dass ein flächendeckendes und daher teures DSMA nicht generell erforderlich ist.

Dieses Ministerium beschäftigt weiterhin eigenes IuK-Personal im Umfang von 21,51 AKA (davon angabegemäß 5,7 AKA für BK). Auch sei sein IuK-Fachzentrum zunehmend gezwungen, Leistungen selbst zu erbringen.

7.2 Gerichte und Generalstaatsanwaltschaften

Das JuM hat einen Outsourcing-Einzelvertrag für rd. 7.000 Bildschirmarbeitsplätze an 154 Standorten geschlossen. Durch seine beratende Mitarbeit in den Gremien des Landessystemkonzeptes und durch vorliegende Schriftstücke ist dem RH bekannt, dass sich die Erwartungen an das IuK-Outsourcing auch in diesem Geschäftsbereich nicht vollständig erfüllt haben. Nach Aktenlage beklagt dieser Geschäftsbereich insbesondere, dass die Dokumentation der Systemparameter (Betriebskonzept und -handbuch) „absolut mangelhaft“ und der Aufwand für Vertragsmanagement und Überprüfung der Abrechnungsunterlagen unverändert hoch sei.

7.3 Polizei

Die Landespolizei beabsichtigte, ihre Dienststellen ebenfalls über den Outsourcingvertrag auszustatten. Inzwischen ist sie aus verschiedenen Gründen von den Plänen abgerückt (s. Beitrag Nr. 9).

8 Bewertung

Der Grundgedanke, Leistungen, die nicht zum behördlichen Kernauftrag gehören, nicht selbst zu erbringen, sondern einzukaufen, soweit die Wirtschaftlichkeit belegt ist, wird vom RH mitgetragen. Der Abschluss des Rahmenvertrages durch das IM mit Durchführung der Pilotvorhaben war insoweit eine richtige Entscheidung. Denn erst dadurch liegen vergleichbare Fakten vor. Das IM hat damit auch dem Prüfungsgebot der Entstaatlichung bzw. Privatisierung unter Marktbedingungen nach § 7 Abs. 1 LHO Rechnung getragen. Ob die Vergabe der Benutzerbetreuung und des Systembetriebes ein geeignetes Outsourcingfeld ist, bleibt nach den bisherigen Erfahrungen aber eher fraglich. Denn die Ministerien mit weitgehender Eigenbesorgung haben insgesamt geringere Kosten als die Ministerien mit überwiegendem Outsourcing bei vergleichbarer Qualität.

Bei Wirtschaftlichkeitsüberlegungen im Zusammenhang mit Outsourcing können Faktoren wie das unterschiedliche Gehaltsniveau der Firmenmitarbeiter im Vergleich zu jungen Staatsbediensteten, die Gewinnerzielungsabsicht des Auftragnehmers und dessen Steuerpflicht, insbesondere die auf die Personaldienstleistungen entfallende Umsatzsteuer, nicht außer acht bleiben.

Eines der Hauptargumente für den Outsourcingvertrag war, das Land habe zu wenig oder zu wenig geeignetes Personal um seinen Bediensteten kurzfristig qualitativ hochwertige BK-Systeme zur Verfügung stellen zu können. Obwohl es auch für den Auftragnehmer ebenfalls nicht leicht ist, bei der gegebenen Marktsituation geeignetes Personal zu finden, wäre ohne die Bereitstellung des Personals durch den Outsourcer eine Einführung und Neuausstattung - ein sog. Roll-Out - im stattgefundenen Umfang und Zeitrahmen in den Flächenverwaltungen möglicherweise nicht machbar gewesen. Die Mitarbeiter des Auftragnehmers haben aber in ihrem Werdegang in der Regel „nur“ mit dem Einsatz weitverbreiteter Software für Unternehmen Erfahrungen sammeln können („Standardsoftware“, wie z.B. Buchhaltung, Fakturierung, Lagerwirtschaft, Kosten- und Leistungsrechnung). Demgegenüber hat das Land in einem erheblichen Umfang von Verwaltungszweig zu Verwaltungszweig unterschiedliche und nicht standardisierbare Anwendungen im Einsatz, die höhere Anforderungen an Installation, Betrieb und Betreuung stellen („Spezialsoftware“ z.B. Schulverwaltung, Justiz, Steuer, Polizei, Förderwesen). Auf diese Vielfalt mit ihren gesetzlich vorgegebenen Rahmenbedingungen war das externe Firmenpersonal nicht ausreichend vorbereitet gewesen.

Nach dem Vertrag ist die Betreuung aufgeteilt auf Personal des Auftragnehmers (BK) und Landespersonal (Fachverfahren). Die Praxis berichtet hier über Schwierigkeiten und Abgrenzungsprobleme; die IuK-Anwender wenden sich mit allen Fragen in der Regel zunächst an ihre Landeskollegen.

9 Empfehlungen

9.1 IuK-Outsourcing, wie es der Rahmenvertrag regelt, ist zwar ein weiter Sammelbegriff für ein umfangreiches Leistungspaket, er deckt jedoch nicht alle zum BK-Betrieb notwendigen Leistungen ab. Rückblickend scheint es weniger empfehlenswert, Einmal- und Dauerleistungen in einen einzigen Rahmenvertrag mit langjährigen Bindungen zu packen. Denn in diesem Fall kann auf die unterschiedlichen Gegebenheiten und Anforderungen (z.B. üblicher Bürobetrieb gegenüber Rund-um-Betrieb bei der Polizei) und auf die Marktdynamik nur unzureichend eingegangen werden. Die notwendigerweise zu beziehenden Dienstleistungen sollten projektbezogen einzeln geplant und in den möglichen und sinnvollen Vertragsvarianten ausgeschrieben werden („Parallelausschreibung“). IuK-Geräte sollten die Behörden, die sich für Eigenbesorgung entscheiden, jedoch vermehrt über zentrale Ausschreibungen des FM beschaffen, sofern sich die dort erzielten Preise als wirtschaftlich erweisen.

9.2 Wenn für eine notwendige und in einem kurzen Zeitraum zu realisierende Systemeinführung oder -umstellung des Landes Personal quantitativ und qualitativ nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung steht, kann Outsourcing ein Weg sein, um die Behörden zügig mit der notwendigen IuK-Infrastruktur auszustatten. Jedoch wäre auch in diesem Fall die Wirtschaftlichkeit zu prüfen. Sofern Outsourcing sich dabei als teurere Lösung erweist, ist noch einmal sorgfältig abzuwägen und zu dokumentieren, ob die Dringlichkeit oder andere wichtige Aspekte des Projekts - wie z.B. gesetzliche Vorgaben - den Mehraufwand rechtfertigen.

9.3 Nicht in ausreichender Höhe veranschlagte Haushaltsmittel für den Kauf der DV-Ausstattung sind hingegen kein ausreichendes Argument für Outsourcing; stets muss die Wirtschaftlichkeit überprüft und nachgewiesen werden.

9.4 Die dem Outsourcing immanente Leasing- oder Mietkauffinanzierung führt zu einem transparenten Kostenausweis im Haushalt des Nutzers, weil Leasing- bzw. Outsourcingraten als konsumtive Ausgaben in der Hauptgruppe 5 des Landeshaushalts gebucht werden. Sie trägt zu einem erhöhten Kostenbewusstsein und zur Haushaltswahrheit und -klarheit bei.

9.5 Ob das Land seine IuK-Ausstattung unmittelbar oder durch Zwischenschaltung von Dienstleistungsfirmen finanzieren und ganz oder teilweise betreiben lassen soll, muss in der Entscheidungsphase zumindest durch statische Kostenvergleichsrechnungen oder besser durch dynamische Ausgabenvergleichsrechnungen (mit Barwerten oder Annuitäten) analysiert werden.

9.6 Basis für Wirtschaftlichkeitsrechnungen sollten die Ergebnisse von Parallelausschreibungen sein.

9.7 In Outsourcing-Verträgen sollten Planung (DSMA), Beschaffung, Einführung (Roll-Out) und Betrieb getrennt geregelt und bepreist werden. Mischkalkulationen mit Gesamtpreisen sind zwar einfacher, aber wenig transparent.

  • Derzeit erhält der Vertragspartner in der Planungsphase für die flächendeckende Erhebung des Ist-Zustandes und für Erarbeitung eines Sollkonzept bei einer Flächenverwaltung Millionenbeträge. Hier müsste eine repräsentative Erhebung mit Firmenunterstützung ausreichen. Das Land sollte mit seinem DV-Personal überwiegend selbst in der Lage sein, seine vorhandenen (und dokumentierten) Datennetze sowie die vorhandene IuK-Ausstattung zu erheben und die zukünftig erforderliche zu beschreiben, auch wenn in der Einführungsphase bei größeren Projekten eine zusätzliche externe Unterstützung nötig sein kann.

 

  • Für die Betriebsphase ist externe Unterstützung für die Benutzerbetreuung und den Systembetrieb nicht zwingend erforderlich. Die Anwender haben zunehmend eigene DV-Erfahrungen, der Charakter des Neuartigen geht mehr und mehr zurück. Geräte und Software sind betriebsicherer und Ausfälle damit seltener geworden. Die Möglichkeiten der Fernwartung und -betreuung haben sich erheblich verbessert, von einer Person können mehr Geräte betreut werden als früher. Für Betrieb und Betreuung der Fachverfahren und für weitere Aufgaben wird auch im Falle des Outsourcing Landespersonal benötigt. Diese Aspekte sind in Kostenvergleichsrechnungen mit zu berücksichtigen.

9.8 Der RH hat zusammen mit dem Bundesrechnungshof „Leitsätze für die Prüfung von IT-Outsourcing“ formuliert und dabei Kriterien für die erfolgreiche Konzeption und Durchführung von IuK-Outsourcingvorhaben erarbeitet. Diese enthalten Tabellen mit Pro- und Contra-Argumenten, welche jeweils durch eine Wirtschaftlichkeitsberechnung zu belegen sind. Die Leitsätze sind hilfreich für den Auswahl- und Entscheidungsprozess; sie sollten in Zukunft von den Behörden des Landes in ihre Beschaffungsentscheidungen einbezogen werden.

10 Stellungnahme des Innenministeriums

Die Feststellung, dass die einbezogenen Ministerien eine angemessene IuK-Ausstattung mit zur Aufgabenerfüllung geeigneter Software haben und insofern miteinander vergleichbar und als Benchmarkingobjekte geeignet sind, wird nicht bestritten. Die Untersuchung des RH habe wertvolle Hinweise für den Einsatz der BK und speziell für das Outsourcing geliefert. Seit Aufnahme des Regelbetriebes nach der Pilotphase sei allerdings der eigene Personalaufwand zurückgegangen, im MWK z.B. von 3,39 auf unter 3,0 Personalstellen.

Die finanziellen Ergebnisse mögen im Vergleich der untersuchten Ministerien durchaus zutreffen, gingen aber am Kern vorbei, schreibt das IM, weil gerade der Mangel an eigenem Betreuungspersonal ein maßgebendes Motiv für das Outsourcing gewesen sei.

Es sei im Falle des Outsourcing keineswegs zwingend, eigene IuK-Personalkosten des Landes zurückzuführen, wie der RH meint. Das freiwerdende Personal sollte vielmehr für die Betreuung von Grundverfahren (wie HMS und DSV) sowie für weitere Fachanwendungen eingesetzt werden.

Das IM sieht keine Gefahr der Bedarfsweckung durch das DSMA. Dieses sei insgesamt notwendig und auch jeweils angemessen honoriert worden. Auch seien die Kosten des DSMA in keinem Fall dafür verantwortlich, dass ein Ressort einen Outsourcing-Einzelvertrag abgelehnt habe. Der RH hat jedoch bereits in der Denkschrift 1999 (S. 94) Nr. 11 Pkt. 9 belegt, dass ein Outsourcing-Angebot wegen eines DSMA in Höhe von 0,87 Mio. € letztendlich nicht weiterverfolgt wurde. Das JuM weist zusätzlich darauf hin, dass Bestandsaufnahmen und Informationssammlungen für das DSMA in 140 Behörden weitgehend durch eigenes Personal vorgenommen wurden.

Der RH könne nicht davon ausgehen, dass beim Vorgehen nach seinen Empfehlungen günstigere Preise am Markt erzielt werden könnten. Letztlich sei der am Markt erzielte „äußerst günstige“ Preis Ursache für die notwendigen Zusatzleistungen von JuM und MWK. Es sei durchaus möglich, dass der Gesamtpreis von rd. 180 € (einschließlich der eigenen Personal- und Sachkosten) je Arbeitsplatz und Monat für die Standard-BK dem realistischen Marktpreis für Outsourcingleistungen entspreche. Der RH solle mit seinen Ausschreibungsempfehlungen keine unbelegbaren Hoffnungen wecken.

11 Schlussbemerkung

Festzuhalten bleibt, dass Behörden mit einem „Marktpreis“ von 180 € für das ausgeschriebene Leistungspaket nach dem Ergebnis dieser Untersuchung ohne weiteres konkurrieren können. Der RH warnt trotzdem davor, nach der ersten Ernüchterung eine gegenteilige Extremposition einzunehmen. Das Privatisierungsgebot gilt weiterhin. In jedem Einzelfall ist die Frage „make or buy“ erneut zu prüfen. Die den Ministerien vorliegenden Unterlagen aus dieser Untersuchung zeigen Möglichkeiten auf, wie sowohl bei Eigenbesorgung als auch bei Outsourcing verschiedene Teilaspekte zu optimieren sind und wie über die vorgeschlagenen Kostenkennziffern sowohl Ausschreibungsergebnisse als auch der laufende Betrieb sachgerecht beurteilt werden können. Ein systematischer und regelmäßiger Benchmarkingprozess bei allen Ministerien und nachgeordneten Behördengruppen nach der TCO-Methode sollte angestrebt und vom IM (StaV) initiiert und koordiniert werden.


Anhänge

Die beschlossene, aber nur teilweise vollzogene Auflösung von Behörden der unteren Verwaltungsebene hat sich bisher nur gering auf die Unterbringungskosten ausgewirkt.


1 Ausgangslage

Die Landesregierung verfolgt seit 1992 erklärtermaßen das Ziel, „eine schlanke, leistungsfähige und wirtschaftliche Verwaltung zu schaffen, die sich auf das Wesentliche konzentriert und fit für die Zukunft ist“. Ein Schwerpunkt dieser Politik ist die Neuordnung der Behördenlandschaft, mit der Synergieeffekte realisiert, größere und leistungsfähigere Einheiten mit einer stärkeren Bündelung geschaffen sowie die Zersplitterung auf der unteren Ebene bereinigt werden sollten.

Laut Erklärung der Landesregierung sollte die Neustrukturierung rasch umgesetzt werden, um die zu erwartenden Ressourceneinsparungen frühestmöglich realisieren zu können.

Durch Ministerratsbeschlüsse vom 04.12.1995 und 05.05.1997 wurden dazu folgende Maßnahmen festgelegt:

  • Die Reduzierung der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung von 28 Staatlichen Hochbauämtern und 10 Staatlichen Liegenschaftsämtern auf 21 Staatliche Vermögens- und Hochbauämter.

 

  • Die Auflösung von 27 Dienststellen der Staatlichen Vermessungsämter, die Einrichtung von drei technischen Vermessungsstellen und die Verlegung von vier Vermessungsämtern an den jeweiligen Sitz der bisherigen Außenstelle.

 

  • Die Aufhebung von 19 Ämtern für Landwirtschaft, Landschafts- und Bodenkultur, die Umwandlung von zwei Ämtern zu Außenstellen und die Einrichtung von drei neuen Ämtern sowie die

 

  • Reduzierung der Straßenbauverwaltung von 20 auf 16 Straßenbauämter und von 5 auf 4 Autobahnbetriebsämter.

2 Umsetzung der Ministerratsbeschlüsse

Die Vermögens- und Hochbauämter wurden inzwischen zusammengeführt und die bisherigen Außenstellen (mit Ausnahme des Amtes Rottweil) aufgelöst. Allerdings bestehen einige der formal aufgelösten Außenstellen als „Bauleitungen“ weiter. In solchen Fällen hat sich weder organisatorisch noch wirtschaftlich Wesentliches geändert oder verbessert.

Die Neuordnung der Vermessungsämter wurde zum 01.01.1998 formal umgesetzt. Verzögert hat sich die konkrete Auflösung der Dienststellen und deren Integration in die jeweiligen Hauptämter, da die Landesregierung mit Beschluss vom 06.10.1997 die Privatisierung des Vermessungswesens (s. Beitrag Nr. 18) prüfen ließ und eine Privatisierung möglicherweise Auswirkungen auf die Unterbringung gehabt hätte. Nach Abschluss dieser Prüfung Mitte 1999 wurde das WM beauftragt, die Auflösung von Ämtern im Benehmen mit dem FM und unter Berücksichtigung wirtschaftlicher und finanzieller Gesichtspunkte des Landesbetriebes Vermessung zu prüfen und für die 27 aufgelösten Dienststellen ein Unterbringungskonzept in Abstimmung mit dem FM und dem Landesvermessungsamt zu erarbeiten. Auf Grund dieser Verzögerung wurden bisher nur wenige Ämter integriert.

Die organisatorische Neuordnung der Landwirtschaftsverwaltung ist abgeschlossen. Bis auf wenige Ausnahmen, bei denen die vollständige Unterbringung zusammengelegter Ämter an einem neuen Standort ansteht, ist die Behördenintegration im Hinblick auf die räumliche Unterbringung der Ämter umgesetzt.

Die Neugliederung der Straßenbauverwaltung wurde zurückgestellt. Erst mit Beschluss des Ministerrats vom 16.10.2001 wurde Klarheit geschaffen. Der Beschluss vom 04.12.1995 war im Hinblick auf die Straßenbauverwaltung somit ohne nennenswerte Wirkung geblieben.

Die Ministerratsbeschlüsse sind somit bislang teilweise gar nicht, teilweise lediglich formal und nur zu einem relativ geringen Teil konsequent umgesetzt.

3 Folgen der Umsetzung im Hinblick auf die Unterbringung

3.1 Anzahl der Liegenschaften

Die in die Untersuchung des RH einbezogenen Behörden waren vor den Umstrukturierungsmaßnahmen in 262 Gebäuden (s. Übersicht 1) untergebracht.

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Ein Vergleich der Unterbringungssituation des Jahres 1996 mit der des Jahres 2000 zeigt, dass insgesamt 43 Gebäude (oder Teile davon) aufgegeben oder anderweitig genutzt wurden und 21 weitere Gebäude hinzu kamen. Die Zahl der ganz oder teilweise genutzten Gebäude ermäßigte sich somit um 22 auf nunmehr 240 Gebäude.

3.2 Kosten

Die Kosten für den dienstlich genutzten Bereich dieser Liegenschaften entwickelten sich im Vergleich der Jahre 1996 und 2000 insgesamt wie in Übersicht 2 dargestellt:

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Von der Vermögens- und Hochbauverwaltung und in geringem Umfang auch von der Vermessungsverwaltung wurden insgesamt 572.000 € Raumkosten eingespart. Ein nicht unerheblicher Teil davon - rd. 123.000 € - wird allerdings zur Deckung der gestiegenen Raumkosten anderer Behörden benötigt. Im Ergebnis ermäßigten sich die Raumkosten damit lediglich um rd. 449.000 € (2,3 %).

Wegen der im Vergleichszeitraum gestiegenen Bewirtschaftungskosten verminderten sich die gesamten Unterbringungskosten lediglich um 263.000 € auf 19.756.000 €. Eine nennenswerte Ersparnis ist demnach nicht zu verzeichnen.

Die unbefriedigende Entwicklung wird besonders bei Betrachtung der durchschnittlichen Kosten für die Unterbringung eines Mitarbeiters (unabhängig davon, ob voll- oder teilzeitbeschäftigt) in Übersicht 3 deutlich:

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Während die gesamten Unterbringungskosten um rd. 1,3 % abnahmen, stiegen die Unterbringungskosten je Mitarbeiter um rd. 6,5 %. Die jährliche Steigerungsrate liegt bei 1,6 %.

3.3 Flächen

Trotz rückläufiger Mitarbeiterzahl seit 1996 wurde nur in geringem Maß Nutzfläche aufgegeben.

Im Jahr 1996 standen den untersuchten Behörden 195.260 m² Nutzfläche zur Verfügung. Im Zuge der Umstrukturierungen wurden davon 5.240 m² oder 2,68 % abgegeben. Das Verhältnis zwischen landeseigenen und angemieteten Flächen hat sich geringfügig zu Gunsten der angemieteten Flächen verschoben. Das Schaubild verdeutlicht die geringen Veränderungen im Vergleich der Jahre 1996 und 2000.

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Zu der per Saldo um 5.240 m² reduzierten Nutzfläche trugen die untersuchten Verwaltungen wie folgt bei:

  • 5.128 m² Reduzierung der Nutzfläche bei den Vermögens- und Hochbauämtern,
  • 2.747 m² Reduzierung der Nutzfläche bei den Vermessungsämtern,
  • 36 m² Reduzierung der Nutzfläche bei den Autobahnbetriebsämtern,
  • 1.189 m² Zunahme der Nutzfläche bei den Ämtern für Landwirtschaft, Landschafts- und Bodenkultur,
  • 1.482 m² Zunahme der Nutzfläche bei den Straßenbauämtern.

Danach haben allein die Vermögens- und Hochbauämter mit 12,84 % einen nennenswerten Anteil ihrer bisherigen Nutzfläche abgebaut. Die Vermessungsverwaltung und die Autobahnbetriebsämter trugen - wenn auch nur in eingeschränktem Umfang - mit 3,27 % bzw. mit weniger als 1 % ihrer bisherigen Nutzfläche zum Flächenabbau bei. Die beiden anderen Verwaltungen haben demgegenüber sogar Flächenzugänge von 3,15 % bzw. 5,3 % zu verzeichnen.

Um die insgesamt zur Verfügung stehende Nutzfläche einordnen und bewerten zu können, wurden die Hauptnutzfläche und die Anzahl der Mitarbeiter - unabhängig, ob voll- oder teilzeitbeschäftigt - zueinander ins Verhältnis gesetzt. Die Hauptnutzfläche wurde als Bezugsgröße gewählt, da sie am ehesten Rückschlüsse auf die räumliche Unterbringungssituation der einzelnen Mitarbeiter zulässt. Eine zusätzliche Einbeziehung der Nebennutzflächen und Verkehrsflächen hätte dieses Bild insofern verfälscht, als gerade bei älteren landeseigenen Liegenschaften große Flächen vorzufinden sind, die sich nicht zur Nutzung als Diensträume eignen.

In den untersuchten Behörden stehen den Beschäftigten durchschnittlich die in Übersicht 4 dargestellten Hauptnutzflächen zur Verfügung:

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Die Übersicht zeigt, dass sich die bisherige Unterbringungssituation hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Fläche für die Landesbediensteten im Untersuchungszeitraum sogar - wenn auch nur geringfügig - verbessert hat. Frei gewordene Flächen sind damit gleichsam versickert.

Im Jahr 2000 verfügten die Mitarbeiter der

  • Vermögens- und Hochbauverwaltung über durchschnittlich 22,8 m²,
  • Vermessungsverwaltung über durchschnittlich 24,3 m²,
  • Landwirtschaftsverwaltung über durchschnittlich 24,2 m²,
  • Straßenbauverwaltung über durchschnittlich 22,3 m²,
  • Autobahnbetriebsämter über durchschnittlich 21,4 m² Hauptnutzfläche.

Bemerkenswert ist, dass gerade die kleineren Dienststellen mit bis zu zehn Mitarbeitern mit durchschnittlich 31,5 m² Hauptnutzfläche je Mitarbeiter verhältnismäßig großzügig untergebracht sind. Insgesamt stehen demnach weitaus größere Flächen zur Verfügung als die RL für Raumgrößen, die allerdings nur für Neubaumaßnahmen gelten, als ausreichend bezeichnen. Die Vorgaben dieser RL sind mit der Hauptnutzfläche je Mitarbeiter, die der RH ermittelt hat, zwar nicht direkt vergleichbar; gleichwohl ist festzustellen, dass die Mitarbeiter im Schnitt gesehen jedenfalls keineswegs beengt untergebracht sind.

3.4 Personalentwicklung

Im Rahmen der Untersuchung wurde nur die Anzahl derjenigen Mitarbeiter, die für die Ausübung ihrer Tätigkeit Diensträume benötigen, erfasst. Unberücksichtigt blieben daher Putzfrauen, Gärtner u.a., da für diese Mitarbeiter regelmäßig keine besonderen Diensträume bereit gestellt werden müssen.

Die Personalausstattung ist in Übersicht 5 dargestellt.

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Die Mitarbeiterzahl im Verwaltungsbereich der untersuchten Behörden nahm im Erhebungszeitraum kontinuierlich von 7.479 Personen auf 6.934 Personen ab; dies entspricht einem Personalabbau von 7,3 %. Bemerkenswert ist, dass sich die Zahl der Vollzeitbeschäftigten um knapp 10 % vermindert, die Zahl der Teilzeitbeschäftigten dagegen gleichzeitig um 12,3 % erhöht hat. Den größten Zuwachs an Teilzeitbeschäftigten haben die Ämter für Landwirtschaft-, Landschafts- und Bodenkultur zu verzeichnen. Im Jahr 2000 waren dort 109 Teilzeitbeschäftigte mehr als 1996 beschäftigt. Dies entspricht einem Zuwachs von immerhin 46 %. Die Entwicklung hin zu mehr Teilzeitbeschäftigten wirkt sich unmittelbar auf die für den Dienstbetrieb notwendigen Flächen aus. Die für diese Mitarbeiter vorgehaltenen Diensträume stehen immer dann zeitweise leer, wenn die Mitarbeiter gleiche Dienstzeiten (z.B. vormittags) haben. Teilzeitbeschäftigung in dieser Variante erhöht somit die Raumkosten.

3.5 Diensträume

Als Diensträume wurden diejenigen Räume eingestuft, die grundsätzlich als Büro nutzbar sind. Abstellräume, Kellerräume und Funktionsräume sind darin nicht enthalten. Die Anzahl der vorhandenen und der belegten Diensträume zeigt die Übersicht 6.

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Im Jahr 1996 standen den 7.479 Beschäftigten insgesamt 5.762 Diensträume zur Verfügung. Dies entspricht einer durchschnittlichen Belegungsdichte von 1,3 Bediensteten je Dienstraum. Bis zum Jahr 2000 nahm die durchschnittliche Belegungsdichte geringfügig auf 1,25 Bedienstete je Dienstraum ab.

Die kleineren Dienststellen haben die ungünstigsten Ergebnisse. Die Belegungsdichte dort liegt bei 0,96 (0,89) Bediensteten je Dienstraum. Die kleineren Dienststellen verfügen somit über mehr Diensträume als Beschäftigte und demnach über größere Flächenreserven. Die festgestellten Flächenreserven verursachen zusätzliche, vermeidbare Kosten.

4 Wertung

Die Bildung größerer Einheiten mit einer stärkeren Bündelung der Behörden auf der unteren Verwaltungsebene und die dadurch auch erwartete wirtschaftlichere Unterbringung wurde bisher nur eingeschränkt erreicht. Teilweise wurden die beschlossenen Maßnahmen aus verschiedenen Gründen (u.a. wegen fehlender Haushaltsmittel) nur zögernd, teilweise bisher nur formal umgesetzt. Die Entscheidungen über den Standort von Behörden mit ihren erheblichen Kostenfolgen wurden nach Auffassung des RH nicht immer hinreichend bedacht und berücksichtigt.

Mitursächlich hierfür ist, dass die von den Umstrukturierungen betroffenen Ressorts es s.Z. angesichts des gesamtwirtschaftlichen Nutzens für unverhältnismäßig hielten, die Wirtschaftlichkeit jeder einzelnen Umstrukturierungsmaßnahme zu untersuchen und im Einzelfall nachzuweisen. So hat der RH - wie im Grunde nicht anders zu erwarten war - die örtliche Lage der Behörden als wesentlichen Faktor für die Höhe der Unterbringungskosten identifiziert. Die deutlichen Unterschiede beim Mietzins in ländlich geprägten Gebieten gegenüber Ballungsräumen führen zu regional unterschiedlichen Kostenbelastungen.

Die Gegenüberstellung der Unterbringungskosten je Mitarbeiter (s. Übersicht 7) zeigt zudem, dass die Kosten - unabhängig von der örtlichen Lage - auch wesentlich von der Größe der Behörde abhängen.

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In sehr kleinen Dienststellen entstehen deutlich höhere Unterbringungskosten je Mitarbeiter. Die Unterbringungskosten der Dienststellen mit bis zu zehn Mitarbeitern liegen rd. 28 % über dem Durchschnittswert. Wie die Vergleichswerte aus dem Jahr 1996 zeigen, lagen die kleineren Dienststellen mit ihren Unterbringungskosten/Mitarbeiter auch schon damals weit über dem Durchschnitt. Allerdings verzeichneten sie im Untersuchungszeitraum prozentual höhere Kostensteigerungen als die übrigen Behörden.

Diese Feststellung bestärkt den RH in seiner Ansicht, dass die Bereinigung der Behördenlandschaft durch die Aufgabe von Außenstellen und die Auflösung kleinerer Einheiten - unabhängig von den zu erwartenden Synergieeffekten und verwaltungsorganisatorischen Vorteilen - schon allein unter dem Aspekt der wirtschaftlichen Unterbringung geboten ist.

Auf Grund der im Rahmen der Untersuchung gewonnenen Erkenntnissen empfiehlt der RH,

  • die weitere Zusammenführung der Behörden deutlich zu forcieren,

 

  • die noch vorhandenen Außenstellen aufzugeben, sofern nicht zwingende dienstliche Gründe einen Fortbestand rechtfertigen,

 

  • Kleinstdienststellen zu schließen und die Mitarbeiter am Sitz der jeweiligen Behörde unterzubringen,

 

  • zu prüfen, inwieweit bei Behörden mit einem relativ hohen Anteil von Teilzeitbeschäftigten durch entsprechende Gestaltung von Präsenz-Zeiten Raumkosten eingespart werden können,

 

  • die vorhandenen Flächen durch Mehrfachbelegung von Diensträumen wirtschaftlicher zu nutzen und

 

  • die anderweitige Verwendung leerstehender Diensträume (z.B. Vermietung) zu prüfen.

Dem RH ist bewusst, dass die Auflösung der Behörden nur im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel umgesetzt werden kann und deshalb gewisse zeitliche Verzögerungen in Kauf genommen werden müssen. Die für die Integration der Dienststellen aufzuwendenden zusätzlichen Kosten (z.B. Baukosten, Erwerbskosten, EDV-Verkabelungen, Telekommunikationsanlagen, Umzüge, Büromöbel usw.) dürften sich jedoch angesichts der möglichen jährlichen Einsparungen sowie der zu erwartenden Erlöse aus der Veräußerung entbehrlicher Liegenschaften, in absehbarer Zeit amortisieren.

5 Stellungnahme des Ministeriums

Angesichts der Rahmenbedingung, unter denen die Neuunterbringungen zu erfolgen hatten - keine zusätzliche Haushaltsmittel, Personalabbau auch bei der Vermögens- und Hochbauverwaltung -, erachtet das FM den erreichten Sachstand für durchaus zufriedenstellend. Im Übrigen sei es nicht originäres Ziel der Verwaltungsreform, die Behördenunterbringungskosten zu reduzieren.

Gleichwohl beabsichtigt das FM entsprechend der Empfehlung des RH die Umsetzung aufgelöster Dienststellen im Rahmen der verfügbaren Mittel zu forcieren und freiwerdende Flächen einer wirtschaftlichen Verwendung zuzuführen.

6 Schlussbemerkung

Der RH bestreitet nicht, dass die Verwaltungsreform primär andere Ziele hatte als die Reduktion der Unterbringungskosten. Gleichwohl muss die Auflösung von Behörden und die Rückführung der Zahl der Mitarbeiter auch diese Wirkung haben. Im Unterschied zum FM bleibt der RH bei seiner Auffassung, dass der erreichte Stand nicht zufriedenstellend ist.


Anhänge

Einzelplan 03: Innenministerium

Beim Polizeipräsidium Mannheim können durch die Schließung kleinerer Polizeiposten und dreier Kriminalaußenstellen Kosten reduziert und die Arbeit der Polizei vereinfacht werden. Die Personalverwaltung sollte konzentriert werden; durch den Einsatz elektronischer Zeiterfassungssysteme lässt sich Aufwand verringern. Die Beschäftigung von Polizeivollzugsbeamten mit vollzugsinadäquaten Aufgaben und die Entstehung von Überstundenbergen sollten künftig vermieden werden.


1 Vorbemerkung

Das Polizeipräsidium Mannheim ist mit sieben Polizeirevieren und 18 Polizeiposten die für den Stadtkreis Mannheim und fünf Gemeinden des Rhein-Neckar-Kreises zuständige Dienststelle des allgemeinen Polizeivollzugsdienstes. Seine verschiedenen Organisationseinheiten sind an 33 Standorten in Mannheim und im Rhein-Neckar-Kreis untergebracht.

Das Polizeipräsidium Mannheim verfügte im Hj. 2001 über 1.280,5 Personalstellen, von denen 1.096 für Polizeivollzugsbeamte, zehn für Verwaltungsbeamte, 148,5 für Angestellte und 26 für Arbeiter bestimmt sind.

Außerdem stehen dem Polizeipräsidium Mannheim zur eigenverantwortlichen Bewirtschaftung je Hj. Mittel in Höhe von etwa 3,1 Mio. € zur Verfügung.

Das Schaubild gibt einen Überblick über die Organisation des Polizeipräsidiums Mannheim.

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Der RH hat im Jahr 2001 die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Polizeipräsidiums Mannheim geprüft. Ziel der Prüfung war es insbesondere, Effizienzreserven beim Einsatz der Personal- und Sachmittel in Mannheim aufzudecken und Feststellungen zu treffen, die für die gesamte Polizei in Baden-Württemberg exemplarisch sind.

2 Polizeireviere, Polizeiposten und Kriminalaußenstellen

2.1 Ausgangslage und Feststellungen des Rechnungshofs

Das Polizeipräsidium Mannheim reduzierte bereits im Jahr 1994 im Rahmen einer Revierstrukturreform die Anzahl seiner Reviere von elf auf sieben. Die Reviere setzen sich aus dem Leiter, einer Führungsgruppe, fünf Dienstgruppen im Wechselschichtdienst (Streifendienst), dem Bezirksdienst (Ermittlungsdienst im Tagesdienst) und Polizeiposten zusammen. Gleichzeitig erhöhte es aber die Zahl der Polizeiposten von 13 auf 17 (inzwischen 18). Maßstab für die Personalausstattung der Reviere bildet seither in erster Linie die Arbeitsbelastung der bei den sieben Revieren beschäftigten Polizeivollzugsbeamten. Dieser von einer Arbeitsgruppe des Polizeipräsidiums entwickelte belastungsorientierte Ansatz hat sich nach Feststellungen des RH als Maßstab für die Personalverteilung zwischen den Revieren bewährt. Er zielt auf eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Arbeitsbelastung auf die einzelnen Organisationseinheiten.

Wirtschaftlich und organisatorisch unbefriedigend sind jedoch die Zahl und die Verteilung der 18 Polizeiposten. Zwar hat der Postendienst - vergleichbar dem Bezirksdienst beim Polizeirevier - den Vorteil der Ortsnähe, kennt die Bevölkerungsstrukturen und die örtlichen Kriminalitätsschwerpunkte und soll Anlaufstelle für Anzeigen sein. Auf Grund der geringen Größe der Posten, ihrer Lage sowie des geringen Arbeitsanfalls sind die dort eingesetzten Polizeibeamten jedoch nicht ausgelastet. Obwohl sie nur tagsüber besetzt sind, werden zwei bis drei Polizeibeamte benötigt, um den Betrieb in den Posten aufrecht zu erhalten. Die anfallende Arbeit lastet jedoch in der Regel nur einen Polizeibeamten aus. Hinzu kommen erhebliche Kosten für die Unterbringung und Ausstattung des Polizeipostens (bis hin zu schusssicheren Scheiben und alarmgesicherten Waffenschränken). Bei mehrstündigen Stichproben in kleineren Polizeiposten war kein Publikumsverkehr festzustellen.

Moderne Verkehrsinfrastruktur und neue Kommunikationsmedien ermöglichen dem Bürger auch ohne enge räumliche Nähe die schnelle Kontaktaufnahme mit der Polizei und dieser im Einsatzfalle die schnelle Anwesenheit vor Ort.

Außerdem unterhält die Kriminalpolizei in Mannheim noch vier Kriminalaußenstellen. Auch diese Struktur ist fragwürdig. Für die Zusammenarbeit innerhalb der Kriminalpolizei ist die räumliche Trennung eher hinderlich. Dem einzelnen Bürger, der ohnehin nur wenige Male im Leben mit der Kriminalpolizei in direkten Kontakt kommt, bringt die räumliche Dislozierung innerhalb des Stadtgebiets keine erkennbaren Vorteile.

Dies gilt insbesondere für jene drei Außenstellen, die innerhalb des Stadtgebietes von Mannheim (Außenstellen Mannheim Nord, Ost und Süd) liegen und mit jeweils fünf Kriminalbeamten besetzt sind. Weder im Stadtgebiet von Stuttgart, noch im Stadtgebiet von Karlsruhe existieren vergleichbare Kriminalaußenstellen, ohne dass sich dadurch Einbußen an Sicherheit oder unzumutbare Wege für die Bürgerinnen und Bürger ergeben.

Anders zu beurteilen ist allenfalls die vom Stadtzentrum weit entfernte Kriminalaußenstelle in Ladenburg, deren Unterbringung in Räumen mit unmittelbarer Anbindung zum dortigen Polizeirevier für die Arbeit als vorteilhaft angesehen wird.

2.2 Empfehlungen des Rechnungshofs

Der RH empfiehlt daher folgende Maßnahmen zur Straffung der Polizeiorganisation vor Ort:

  • Auflösung der drei Kriminalaußenstellen Mannheim Nord, Ost und Süd,

 

  • Zusammenlegung des Polizeipostens Neuostheim mit dem Polizeiposten Flughafen im selben Stadtteil,

 

  • Eingliederung des Polizeipostens Lindenhof in das Polizeirevier Neckarau,

 

  • Zusammenlegung des Polizeipostens Wallstadt mit dem Polizeiposten Feudenheim und

 

  • Zusammenlegung der Polizeiposten Friedrichsfeld und Ilvesheim mit dem Polizeiposten Seckenheim am Standort Seckenheim.

Auf diese Weise können die unwirtschaftlichen Zwei- und Drei-Mann-Posten aufgelöst und gleichzeitig bei den neuen größeren Posten die Aufgaben effizienter erledigt werden.

Bei der Neugliederung der Polizeiposten erweist sich eine Bestimmung in der geltenden Verwaltungsvorschrift über die Organisation des Polizeivollzugsdienstes des Landes Baden-Württemberg als sehr hinderlich. Danach ist vor der Einrichtung, Zusammenlegung und Auflösung von Polizeiposten das Einvernehmen mit den kommunalen Verantwortungsträgern herzustellen. Damit hat das IM seine Organisationshoheit selbst eingeschränkt. Die kommunalen Vertretungen können notwendige organisatorische Maßnahmen blockieren, ohne dafür die wirtschaftliche Verantwortung tragen zu müssen.

Der RH empfiehlt, in Zukunft auf das Erfordernis des Einvernehmens der kommunalen Vertretungen zu verzichten und stattdessen im Benehmen mit den Vertretungen zu entscheiden.

3 Personalverwaltung

3.1 Konzentration der Personalverwaltung in einem Sachgebiet

Die im Polizeipräsidium Mannheim anfallenden Aufgaben im Bereich der Personalverwaltung werden von mehreren Stellen wahrgenommen. Innerhalb des Polizeipräsidiums sind zwei Sachbereiche des Führungs- und Einsatzstabes sowie ein Sachgebiet der Verwaltungsabteilung mit Personalangelegenheiten beschäftigt. Darüber hinaus sind der übergeordneten Landespolizeidirektion Karlsruhe bestimmte Maßnahmen und Entscheidungen (z.B. die Stellenbewirtschaftung) vorbehalten. Diese Verteilung der Zuständigkeiten ist weder sachdienlich, noch ist sie in der jetzigen Form geboten. Sie verursacht vielmehr vermeidbaren Koordinierungsaufwand und erhöht die Zahl der Dienstposten für personalverwaltende Beamte und Angestellte und für Führungspositionen. Ferner müssen die notwendigen Kenntnisse im Beamten-, Arbeits- und Tarifrecht einschließlich der sonstigen für den Personalbereich einschlägigen Vorschriften in verschiedenen Organisationseinheiten vorgehalten werden.

Der RH empfiehlt, alle Personalangelegenheiten in einem Sachgebiet zu bündeln, das in der Verwaltungsabteilung angesiedelt werden sollte. In diesem Sachgebiet kann auch der Vollzugsdienst vertreten sein, überwiegend sollte aber auf Verwaltungsbeamte und Angestellte zurückgegriffen werden. Die Polizeivollzugsbeamten könnten als Verbindungsglied zum Vollzugsdienst fungieren, um mit den dortigen Führungskräften den Personalbedarf, die Personalentwicklung, interne Umsetzungen und Beförderungen abzustimmen.

Das bisher übliche Verfahren der Vorbereitung von Personalmaßnahmen für Polizeivollzugsbeamte im Führungs- und Einsatzstab und die anschließende Weiterleitung an die Verwaltung zur Umsetzung sind umständlich und zeitraubend; sie könnten in einem Sachgebiet von einem Sachbearbeiter abgewickelt werden. Auch die dringend erforderliche Spezialisierung im Beamten- und Tarifrecht ließe sich besser organisieren.

Der RH schlägt eine neue Struktur des Sachgebiets Personal beim Polizeipräsidium Mannheim vor (s. Übersicht 1):

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Durch diese Zusammenführung der Zuständigkeiten könnten die Personalverwaltung optimiert und allein beim Polizeipräsidium Mannheim vier bis fünf Stellen in die operative Polizeiarbeit umgeschichtet werden.

3.2 Einsatz von elektronischen Zeiterfassungssystemen

Das Polizeipräsidium Mannheim verfügt bis heute über kein elektronisches Zeiterfassungssystem. Die für die einzelnen Berufsgruppen differenzierten und häufig komplizierten Arbeitszeitregelungen zwingen dazu, eine Vielzahl von Daten manuell zu erfassen und zu verarbeiten. Durch ein elektronisches System, das neben der Aufzeichnung der geleisteten Arbeitszeit eine integrierte Bearbeitung der gehalts- und dienstrelevanten Sachverhalte (z.B. Dienst zu ungünstigen Zeiten, Mehrarbeit) ermöglicht, lassen sich beim Polizeipräsidium Mannheim personelle Kapazitäten in den Revieren und in der Verwaltung einsparen.

Außerdem könnte ein elektronisches Zeiterfassungssystem den Großteil der heutigen Zugangskontrolle ersetzen, die von eigens dafür beschäftigten Angestellten wahrgenommen wird.

4 Mehrarbeit

4.1 Ausgangslage und Feststellungen des Rechnungshofs

Von 1996 bis 2001 sind beim Polizeipräsidium Mannheim die in der Übersicht 2 aufgeführten Mehrarbeitsstunden angefallen.

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Unter Berücksichtigung der durch Dienstbefreiung ausgeglichenen oder durch Mehrarbeitsvergütung abgegoltenen Stunden hatte sich bis Ende 2001 ein Überstundenberg von 123.282 Stunden angehäuft. Dies entspricht rd. 75 Personenjahren. Bei Berücksichtigung der Tatsache, dass Ende 2001 landesweit 499.034 Mehrarbeitsstunden aufgelaufen waren, nimmt das Polizeipräsidium Mannheim im Vergleich der Polizeipräsidien und -direktionen damit eine Spitzenstellung ein.

Die Ursachen für diese Sondersituation liegen nach den Feststellungen des RH auch darin, dass das Polizeipräsidium Mannheim im Unterschied zu anderen Polizeidienststellen über keine hinreichende Strategie zur Vermeidung von Mehrarbeit und (falls doch erforderlich) zum Abbau von Überstunden verfügt.

4.2 Empfehlungen des Rechnungshofs

Der RH schlägt vor diesem Hintergrund ein Bündel von Maßnahmen zur Optimierung des Personaleinsatzes und zum Abbau von angefallenen Mehrarbeitsstunden vor, die ein weiteres Anwachsen von Mehrarbeitsstunden verhindern sollen:

  • Eine ständige kritische Überprüfung von Einsatzstärken bei Sondereinsätzen auch durch Erfahrungsaustausch mit anderen Polizeidienststellen,

 

  • den konsequenten Abbau von Mehrarbeitsstunden ab einer bestimmten Höhe durch Gewährung von Freizeit,

 

  • die Einführung von weiteren Arbeitszeitflexibilisierungsmodellen,

 

  • den zeitweiligen Verzicht auf Beamte mit sehr hohen Überstundenkonten bei Sondereinsätzen und

 

  • (falls unvermeidlich) eine gezielte Vergütung von Mehrarbeitsstunden bei besonders belasteten Beamten.

Die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung - insbesondere in Zeiten einer Spitzenbelastung - stellt eine kostensparende Alternative zur Schaffung von Neustellen dar. Die Beibehaltung von Überstundenbergen erzeugt dagegen immer politischen Druck gerade auf Bewilligung von neuen Planstellen.

5 Fachfremder Einsatz von Polizeivollzugsbeamten

5.1 Ausgangslage und Feststellungen des Rechnungshofs

Beim Polizeipräsidium Mannheim werden einige Aufgabengebiete von Polizeivollzugsbeamten wahrgenommen, obwohl sie von Verwaltungsbeamten oder Angestellten in gleicher Qualität erledigt werden könnten. Dies entspricht einer verbreiteten Praxis in der gesamten Landespolizei.

Zu diesen Aufgabengebieten zählen beispielsweise

  • das Waffen-, Geräte-, Kraftfahrzeug- und Fernmeldewesen sowie der Bereich IuK. In diesen technischen Arbeitsgebieten ist umfassendes Polizeiwissen nicht erforderlich;

 

  • die zahlreichen administrativen Tätigkeiten in den Führungsgruppen verschiedener Organisationseinheiten;

 

  • die Datenstation mit Prüfdienst, denn dort arbeiten schon heute sowohl Angestellte als auch Vollzugsbeamte.

Ein Polizeivollzugsbeamter verursacht allein auf Grund der ihm zustehenden Polizeizulage im Vergleich zu einem Verwaltungsbeamten jährliche Personalmehrkosten von rd. 1.533 €. Darüber hinaus wirkt sich kostensteigernd aus, dass der Polizeivollzugsbeamte in der Regel höher besoldet ist als der mit der gleichen Aufgabe betraute Verwaltungsbeamte. In einen Vollkostenvergleich müssten außerdem die durch die besondere Altersgrenze für Polizeibeamte (60 Jahre) und die freie Heilfürsorge verursachten Mehrkosten eingehen, ebenso die monatliche Freistellung für den polizeilichen Dienstsport. Ähnliches gilt bei einem Vergleich der Personalkosten eines Polizeibeamten mit einem Angestellten.

Der Einsatz von Polizeivollzugsbeamten in den genannten Aufgabenbereichen ist vor diesem Hintergrund in der Regel wirtschaftlich nicht zu vertreten. Ausnahmen gelten allenfalls dann, wenn die Übertragung einer solchen Aufgabe auf einen Polizeivollzugsbeamten der Abwendung des vorzeitigen Ruhestands wegen Dienstunfähigkeit dient.

Für das Polizeipräsidium Mannheim ergibt dies ein Einsparpotential in Höhe von mindestens 90.000 € jährlich. Dies setzt jedoch voraus, dass eine Änderung der Personalstruktur nicht von der Schaffung von Neustellen abhängig gemacht, sondern durch Stellenumwandlungen bewirkt, also aus dem Polizeihaushalt gegenfinanziert wird.

5.2 Empfehlungen des Rechnungshofs

Der RH empfiehlt,

  • von der Beschäftigung von Polizeivollzugsbeamten mit vollzugsinadäquaten Verwaltungstätigkeiten in der Regel abzusehen und

 

  • die Stellen jener Polizeivollzugsbeamten, die inadäquat mit Verwaltungsaufgaben beschäftigt sind, mittelfristig in kostengünstigere Stellen für Verwaltungsbeamte oder Angestellte umzuwandeln.

Außerdem hält es der RH für erforderlich, den vorhandenen Personalkörper des Nichtvollzugsbereichs einer umfassenden Untersuchung zu unterziehen. Ziel sollte es sein, eine aufgabenkritische Analyse der ausgeübten Tätigkeiten zu erstellen, die aktuellen Stellenverteilungen zu hinterfragen und Optimierungsreserven wie im Vollzugsbereich zu erschließen.

6 Kommunikationsbetriebsstelle und Dezernat 43

Eingehende Informationen werden beim Polizeipräsidium Mannheim von mehreren Stellen verarbeitet, was wirtschaftlich problematisch ist. Trotz rückläufigen Arbeitsanfalls wird rund um die Uhr eine Kommunikationsbetriebsstelle mit 14 Stellen betrieben, deren Aufgabe im Wesentlichen darin besteht, eingehende (Fernschreib-) Nachrichten, E-Mails und Faxe weiterzuleiten, Telefonate zu vermitteln und Einwohnermeldedaten abzufragen. Im Zuge des Ausbaus der IuK kann sie aufgelöst werden.

Sobald eine integrierte Vorgangsbearbeitung realisiert ist, sind auch beim Dezernat 43 (Datenstation, Prüfdienst, Aktenhaltung) weitere Personalreduzierungen möglich. Online-Abfragen im Datenbestand der Einwohnermeldebehörden sollen durch eine Änderung der Meldeverordnung erleichtert werden.

7 Stellungnahme des Ministeriums und Schlussbemerkung

Das IM hat mitgeteilt, dass es derzeit im Rahmen eines breit angelegten Aktionsprogramms den Personaleinsatz der Polizei weiter optimiere. Unabhängig davon hat das Polizeipräsidium Mannheim den Polizeiposten Friedrichsfeld zum 01.01.2002 geschlossen und wird im Laufe des Jahres 2003 die Polizeiposten Flughafen und Neuostheim sowie Wallstadt und Feudenheim jeweils zusammenlegen. Im Zuge der weiteren Optimierung sei die Auflösung zweier weiterer Polizeiposten vorgesehen, für die das Einvernehmen der zuständigen kommunalen Verantwortungsträger jedoch noch ausstehe.

Weiterhin sei eine landesweite Evaluation der Reorganisation der Polizei vorgesehen, in deren Rahmen

  • die Abgrenzung der personalrechtlichen Zuständigkeiten zwischen Landespolizeidirektion und Polizeipräsidium,

 

  • die Bündelung aller Personalentwicklungsmaßnahmen in einer Organisationseinheit der Polizeipräsidien/Polizeidirektionen und

 

  • die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der drei Kriminal-Außenstellen

geprüft werde. Darüber hinaus ist in diesem Rahmen vorgesehen, den Verzicht auf das Einvernehmen mit den kommunalen Verantwortungsträgern vor der Auflösung von Polizeiposten oder Polizeirevieren ergebnisoffen zu überprüfen. Das IM weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das gute Verhältnis zwischen Polizei und Kommunen eine wesentliche Stütze der erfolgreichen Sicherheitspolitik in Baden-Württemberg ist.

Die Einführung von Zeiterfassungsgeräten bewertet das IM positiv und prüft derzeit die entsprechenden Möglichkeiten einschließlich deren Finanzierung. Mit Ergebnissen ist voraussichtlich im Jahr 2002 zu rechnen. Die neuen Systeme sollen auch ein bedarfsorientiertes Schichtdienstmanagement unterstützen und Daten für die Kosten- und Leistungsrechnung liefern.

Durch ein bedarfsorientiertes Arbeitszeitmanagement mit lageorientierten Personalstärken soll in Zukunft Mehrarbeit verhindert werden. Zur Entwicklung von Sofortmaßnahmen zum Abbau bestehender Mehrarbeit wurde unter Leitung des Inspekteurs der Polizei eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Eine Projektgruppe „Geschlossene Einheiten“ soll außerdem Möglichkeiten zur Reduzierung des Kräfteansatzes prüfen. Zusätzlich stünden aus dem Anti-Terror-Programm der Landesregierung im Jahr 2002 Sondermittel in Höhe von 3,07 Mio. € zur Abgeltung von Mehrarbeitsstunden zur Verfügung.

Gegen die vorgeschlagene generelle Umwandlung inadäquat besetzter Vollzugsstellen in Verwaltungs- und Tarifstellen macht das IM folgende Einwände geltend:

  • Häufig bestehe das Tätigkeitsprofil einzelner Polizeibeamter darin, dass nur zu einem Teil der Arbeitszeit vollzugsinadäquate Tätigkeiten ausgeübt, ansonsten aber typische Polizeiarbeit geleistet werde.

 

  • Bei Sondereinsätzen könnten insbesondere Polizeibeamte, die normalerweise in Stäben administrative Aufgaben erledigten, ohne Probleme operativ eingesetzt werden.

 

  • Die wegfallenden Vollzugsstellen stünden für eine Besetzung mit nur noch eingeschränkt dienstfähigen Polizeibeamten, deren Zahl im Personalkörper der Polizei nach Auffassung des IM in Zukunft eher ansteigen dürfte, nicht mehr zur Verfügung. Folge davon wäre eine noch stärkere Belastung der übrigen Beamten.

Gleichwohl räumt das IM ein, dass die Bewirtschaftung der Stellen für Polizeibeamte, Verwaltungsbeamte und Tarifpersonal künftig flexibler zu gestalten sei. Außerdem prüft eine Arbeitsgruppe zur Optimierung der Umsetzung des sog. Nichtvollzugskonzepts u.a., inwieweit vermehrt Tarifpersonal mit vollzugsinadäquaten Aufgaben betraut werden kann, um Polizeivollzugsbeamte von solchen Tätigkeiten entbinden zu können.

Im Bereich der Kommunikationsbetriebsstelle des Polizeipräsidiums Mannheim wurde zum Jahresbeginn 2002 die Zahl der Stellen von 14 auf zehn reduziert. Weitere Verbesserungen der Ablauforganisation seien geplant.

Der RH bleibt bei seinen Empfehlungen und erwartet, dass das IM und das Polizeipräsidium Mannheim die vorgeschlagenen Verbesserungen der Aufbau- und Ablauforganisation zügig umsetzen.


Anhänge

Die polizeilichen Datenverarbeitungs-Verfahren sind veraltet und arbeiten nicht medienbruchfrei. Schon vor einigen Jahren begonnene Projekte auf Bundes- und Landesebene zur Entwicklung neuer IuK-Verfahren verzögern sich erheblich. Wegen nicht durchgängig IuK-unterstützter Ablaufprozesse sind bei den Datenstationen in den Kreisdienststellen der Polizei mehrere hundert Personen unnötig gebunden.


Der RH hat sich anlässlich einer Prüfung der Organisation und der Personalausstattung des Polizeipräsidiums (PP) Mannheim auch über die dortige IuK-Situation informiert und mit den Planungen des IM zur Neugestaltung der DV der Landespolizei befasst.

1 Überblick über die polizeiliche Datenverarbeitung

Die Landespolizei betreibt im Wesentlichen zwei IuK-Hauptfachanwendungen auf unterschiedlicher technischer Basis:

  • Inpol, das gemeinsame, arbeitsteilige, elektronische Informationssystem der Polizeien des Bundes und der Länder. Es läuft auf einer Großrechneranlage im Polizeirechenzentrum beim Landeskriminalamt (LKA) und führt zentrale Datenbanken, insbesondere die PAD (Personenauskunftsdatei) und die MOD (Modus-Operandi-Datei). Von dort gehen Daten-Verbindungen zum Bundeskriminalamt (BKA), z.B. zur Personensuche außerhalb Baden-Württembergs.

 

  • M-Text, ein PC-basiertes System in allen Dienststellen zur Textverarbeitung, mit einer Vielzahl von Formularvorlagen und ereignisgesteuerten Abläufen sowie Textbausteinen zur Vorgangsbearbeitung, z.B. zur Deliktaufnahme. Zunehmend werden die Bildschirmarbeitsplätze (BSA) zusätzlich auch mit dem MS-Office-Programmpaket ausgestattet.

Die Struktur dieser beiden nicht integrierten, sondern isoliert nebeneinander stehenden Systeme und ihre Kommunikationsbeziehungen zeigt das Schaubild 1.

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Obwohl beide Systeme aus den siebziger Jahren stammen und den heutigen Anforderungen insbesondere an Softwareergonomie, Bedienerfreundlichkeit, Integration und Work-Flow-Unterstützung nicht mehr entsprechen, erledigt damit die Polizei nach wie vor zwar ordnungsgemäß, aber aufwändig ihre Arbeit. Technisch bedingt binden sie jedoch mehr Personal als nötig, vor allem durch Medienbrüche:

  • Die Polizei gibt Deliktdaten im Polizeirevier, z.B. bei Diebstahl, zunächst in M-Text ein, druckt sie wieder aus, um sie dann auf der Kreisebene für die Speicherung in PAD/MOD noch einmal zu erfassen.

 

  • Mitarbeiter der Polizeireviere können nicht selbst in den Inpol-Datenbanken recherchieren. Bei einer Personen- oder Sachfahndung müssen sie die Kreisdienststelle anrufen oder „anfunken“; dort werden die gewünschten Informationen von einer rund um die Uhr personell besetzten Organisationseinheit im Zentralcomputer abgefragt und die Antworten auf dem selben Weg zurückgeleitet.

 

  • Informationen werden generell parallel in Datenspeichern und in Akten geführt.

 

  • Daten zwischen Polizeidienststellen des Landes untereinander und mit Justizdienststellen werden grundsätzlich per Papier ausgetauscht, lediglich die Großrechner der Landespolizei und des BKA kommunizieren elektronisch.

Folgende (vereinfacht dargestellten) Ablaufprozesse z.B. für die Aufnahme eines Einbruchdeliktes und einer Personenauskunft skizzieren die umständliche DV in der polizeilichen Tagesarbeit (s. Übersichten 1 und 2).

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Die Unzulänglichkeiten sind IM und Polizei bekannt und unbestritten. Seit Jahren bemüht man sich um Abhilfe, bisher indes ohne nennenswertes Ergebnis:

  • Der für Anfang 2001 vorgesehene Einsatz des Inpol Nachfolge Systems (Inpol-Neu) konnte nicht realisiert werden. Das Land ist insoweit vom Bund abhängig. Nach dem es diesem im Jahre 2001 nicht gelungen ist, praxisgerechte DV-Programme zur Verfügung zu stellen, beabsichtigt das Land jetzt Inpol-neu auf anderer Basis und mit weniger Funktionalitäten bis Ende 2003 einzuführen.

 

  • Das M-Text Nachfolgesystem POLIS wird derzeit bei einer Polizeidirektion und einer Abteilung des LKA pilotiert. Es ist ebenfalls noch nicht einsatzreif.

Neben den veralteten DV-Verfahren sind zwei weitere Problemkreise auffällig:

  • Die Polizeibeamten im Streifendienst und in den Revieren füllen die Belege für die zentralen Fahndungsdateien häufig nicht dv-gerecht aus. Beim PP Mannheim sind nach dortigen Angaben schätzungsweise 75 % der von den Polizeivollzugsbeamten gefertigten PAD- und MOD-Belege korrekturbedürftig, bevor sie eingegeben werden können.

 

  • Die einzelnen Polizeidienststellen wollten und konnten nicht auf die „große Lösung“ warten und haben zu verschiedenen Zeitpunkten neue Server und Arbeitsplatz-PC beschafft und in ihre Dienstgebäude Datennetze einbauen lassen mit dem Ergebnis einer heute unterschiedlich hohen und technisch differierenden Bildschirmausstattung der Polizeireviere und Polizeidirektionen. Auch sind drei verschiedene Mail-Systeme und unterschiedliche Netztopologien im Einsatz. Die Mehrzahl der Reviere und Polizeiposten verfügte lange Zeit über keinen Anschluss an das LVN, einzelne Dienststellen sind immer noch nicht elektronisch erreichbar.

2 Datenverarbeitung beim Polizeipräsidium Mannheim

Das PP Mannheim hat schon früh durch Fortbildung von Polizeivollzugsbeamten IuK-Sachverstand aufgebaut und mit Beschaffung und Aufbau eines Client-Server-Systems begonnen, auf welchem allerdings neben einem neuen Mail-System und Office-Programmen hauptsächlich noch die beschriebenen veralteten DV-Verfahren abgewickelt werden müssen.

2.1 Personalstellen und -kosten

Im Jahr 2000 wurden die zuvor getrennten Organisationseinheiten für DV sowie Telekommunikation (TK) im Sachgebiet IuK des Führungs- und Einsatzstabes zusammengeführt, das wie in Übersicht 3 dargestellt besetzt ist.

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Mit diesen elf Personalstellen verfügt das PP Mannheim jetzt über eine personell gut ausgestattete IuK-Gruppe. Ihr ist es in den letzten Jahren ohne wesentliche Unterstützung vorgesetzter Stellen gelungen, ein zeitgemäßes Client-Server-System zu entwickeln, zu beschaffen, einzuführen und zu betreuen.

2.2 Kennzahlen

Einen Überblick - auch als Vergleichsbasis mit anderen Polizeidienststellen - geben die IuK-Kennzahlen (s. Übersicht 4 und 5).

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Der allgemeine Hinweis des IM, wonach die Polizei in der Fläche generell zu wenig IuK-Personal habe, um zeitgemäße DV-Systeme betreiben zu können, trifft zumindest bezüglich des PP Mannheim nicht zu. Die oben genannte Bildschirmausstattungsquote von 30 % entspricht - bedingt durch den Schichtbetrieb im Polizeidienst und den Streifendienst - angabegemäß etwa 80 % einer Vollausstattung; nicht jeder Polizeibedienstete benötigt einen eigenen PC. Die IuK-Gruppe müsste bei einer PC-Betreuungsquote von 1 : 56 auch in der Lage sein, die neuen DV-Verfahren Inpol-neu und POLIS nach ihrer Einführung zu betreiben und zu betreuen.

Bezüglich des PP Mannheim teilt das IM die Bewertung des RH, weist indes darauf hin, dass keine Personalreduzierung vorgenommen werden könnte, ohne den erreichten Standard herabzusetzen.

2.3 Rationalisierungspotenzial

Schnittstelle zwischen der Ortsebene und den Inpol-Verfahren ist das zum Zeitpunkt der Erhebungen mit 37,75 Personalstellen ausgestattete Dezernat 43.

Dessen Aufgaben „Prüfung und Änderung von Erfassungsbelegen“, „Datenerfassung für PAD und MOD“, „Datenabfrage“ sowie „Aktensammlung“ können auf einen Bruchteil ihres heutigen Umfanges zurückgehen, wenn

  • die Vorsysteme mehr Plausibilitätsprüfungen durchführen und die Eingabe in der Ortsebene bildschirmgeführt unterstützt wird,

 

  • die Daten ohne Medienbruch maschinell „durchgereicht“ werden und

 

  • Streifenwagenbesatzungen und Revierbedienstete in den Datenbanken selbst recherchieren können.

Spätestens dann ist eine neue Personalbemessung im Dezernat 43 mit dem Ziel einer deutlichen Reduzierung notwendig. Der RH hat vorgeschlagen, hierzu schon Vorarbeiten einzuleiten und die durchschnittlichen Bearbeitungszeiten der heute anfallenden (Teil-)Arbeitsprozesse zu ermitteln.

Landesweit sind technikbedingt mehrere hundert Personalstellen unnötig gebunden. Beispielsweise beschäftigen die Landespolizeidirektion Stuttgart II und das PP Karlsruhe in ihren Datenstationen ausweislich der Stärkemeldungen zum 01.07.2001 jeweils über 40 Personen. Bei Planungen für neue DV-Systeme geht die Polizei von einer Ist-Besetzung in diesen Aufgabengebieten von landesweit rd. 700 Stellen aus. Der Großteil davon kann künftig freigesetzt werden.

3 Modernisierung der polizeilichen Datenverarbeitung

Die Polizei plant die flächendeckende (Neu-)Ausstattung ihrer Dienststellen mit IT-Infrastruktur als Basisplattform für den Betrieb der Fachanwendungen und der (allgemeinen) Bürokommunikation entsprechend den Richtlinien und Standards des Landessystemkonzeptes.

Hierzu wird angestrebt:

  • DV-Verfahren:
    Sowohl die Großrechnerverfahren beim BKA (Inpol-Bund), beim LKA (Inpol-Land) als auch die Vorgangsbearbeitung (M-Text) in Präsidien, Direktionen und Revieren sollen durch neue Software abgelöst und die neuen Verfahren miteinander verbunden werden (Inpol-neu und POLIS).

 

  • DV-Ausstattung:
    In allen Dienststellen sollen Client/Server-Systeme, teilweise Web-basierte Techniken und Terminal/Server-Systeme eingerichtet werden, um die neuen Verfahren betreiben zu können.

 

  • DV-Infrastruktur:
    Soweit noch nicht geschehen, sollen in den Dienstgebäuden Datennetze eingebaut (LAN) und diese an das LVN angeschlossen werden.

Alle diese großen IuK-Erneuerungsprojekte der Polizei konnten bislang noch nicht zum Erfolg geführt werden:

  • Das von Bund und Ländern gemeinsam mit sehr großem Aufwand entwickelte und finanzierte Polizeidatennetz Inpol-neu hat sich in der Erprobungsphase als allenfalls bedingt funktionsfähig erwiesen. Die zum April 2001 vorgesehene Ankoppelung der Datensysteme der Landespolizeien an das BKA wurde gestoppt. Die weitere Planung sieht vor, die begonnene Entwicklung nicht weiterzuführen, sondern als Basis für ein neues Bund-Länder-Polizeisystem das hessisch/hamburgische polizeiliche Auskunftssystem POLAS zu verwenden und anzupassen. Der Bund soll den Ländern die erforderliche Abfrage- und Pflegesoftware für die Datenhaltung im Lande zur Verfügung stellen. Die Länder sollen „zeitlich flexibel“ die Möglichkeit der Teilnahme an diesem System erhalten. Geplant sei ein stufenweises Vorgehen mit Einrichtung einer „operativen Datenbank“ für polizeiliche „Normalanwender“ und einer „dispositiven Datenbank“ für komplexe Recherche- und Analysezwecke als Expertensystem. Zur Risikominimierung sollen die weiteren Entwicklungsarbeiten jetzt laufend durch ein externes Controlling-Unternehmen überprüft und die fachlichen Anforderungen bundesweit „angemessen standardisiert“ werden.

 

  • Inpol-Land arbeitet noch auf einer Software-Basis, die eigentlich schon vom Markt verschwunden ist. Der Betrieb kann nur noch auf Grund von Sondervereinbarungen mit dem Lizenzgeber der Software aufrecht erhalten werden.

 

  • Das Vorgangsbearbeitungssystem M-Text arbeitet nicht mit den anderen DV-Systemen zusammen, sondern ist eine Insellösung. Das Nachfolgesystem POLIS gilt nach einem Piloteinsatz als gescheitert, eine für Polizeidienststellen in der Fläche einsatzfähige Software steht nicht zur Verfügung. Die Polizei prüft jetzt die Verfahrensübernahme von anderen Ländern, die bei der IuK-Unterstützung der Polizei vor Ort weiter voran gekommen sind als Baden-Württemberg.

 

  • Ein Outsourcing der DV-Ausstattung und des DV-Betriebes über den Rahmenvertrag (RV) des Landes ließ sich nicht realisieren und wäre jetzt auch nicht sinnvoll gewesen.

Nach überschlägigen Schätzungen des LKA ist für diese Projekte von dem in Übersicht 6 dargestellten Aufwand für Baden-Württemberg auszugehen.

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Die bisherigen (zurückhaltend geschätzten) Kosten für die Modernisierung der polizeilichen DV-Verfahren sind mit 8,8 Mio. € nicht gering. Der erhebliche Aufwand, der seit etwa einem Jahr für die IuK-Projektgruppe betrieben wird (4,5 Mio. €, 60 Personen) zeigt, dass die Polizei jetzt offenbar mit Nachdruck an der Verbesserung ihrer IuK-Ausstattung und -verfahren arbeitet.

Für die Neuausstattung wurden im vergangenen Jahr Vorbereitungen mit dem Ziel getroffen, die Lieferung und den Betrieb des Gesamtsystems dem Outsourcingpartner des Landes zu übertragen. Da die genaue Anzahl der auszustattenden BSA noch nicht bekannt ist und Zahlungen für über den RV hinaus gehende Leistungen noch nicht festgelegt sind, können zum finanziellen Umfang nur ungefähre Angaben gemacht werden. Die Zahl der BSA bewegt sich je nach Ausstattungsgrad zwischen 14.000 und 20.000. Unter Berücksichtigung der notwendigen Zusatzleistungen dürften die jährlichen Ausgaben für die IuK-Ausstattung der Polizei einschließlich der im RV vereinbarten Dienstleistungen zwischen 16 Mio. € und 36 Mio. € liegen.

Die Planungen für eine fortentwickelte IuK-Ausstattung haben schon vor längerer Zeit begonnen. Bereits im Sommer 1993 hat das IM eine Strategiestudie für 144.440 € erstellen lassen. Diese unterstellte einen Planungshorizont von sechs Jahren bis zur Einsatzreife neuer Bundes- und Landesverfahren.

Im Jahr 1995 hat das IM dann von einem anderen Berater im Rahmen einer insgesamt 1 Mio. € kostenden umfassenden Organisationsuntersuchung u.a. auch Empfehlungen zur IuK-Ausstattung sowie zur IuK Aufbau- und Ablauforganisation erarbeiten lassen. Dieser empfahl in weitgehender Übereinstimmung mit bereits vorliegenden Studien den Aufbau eines dreistufigen IuK-Konzeptes (Bundesebene, Landesebene, Regionalebene). Hierfür seien landesweit etwa 130 zusätzliche Personalstellen nötig. Als Nutzen prognostizierte der Berater einen Präsenzgewinn im Umfang von 1.900 Vollzugskräften.

Ende 2000 hat das IM schließlich den Outsourcingpartner des Landes beauftragt, auf Basis einer eingehenden Ist-Erhebung ein technisch und wirtschaftlich optimiertes Feinkonzept für die IuK-Infrastruktur sowie für den Rollout und Betrieb der neuen Technik und für die Integration und ggf. Migration von Fachanwendungen zu erstellen. Das Vertragsvolumen dieses Vorprojektes beträgt je nach abgerufener Leistung bis zu 3,5 Mio. €; bis Februar 2002 sind 1,46 Mio. € abgeflossen. Insgesamt belaufen sich die dem RH bekannt gewordenen Ausgaben für externe Beratung bislang auf 2,6 Mio. €.

Gestützt auf die Erkenntnisse der Erhebung beim PP Mannheim hat der RH Zweifel, ob der Zeitpunkt für die flächendeckende IuK-Neuausstattung der Landespolizei richtig gewählt wurde, bzw. ob diese vor dem Hintergrund unfertiger neuer DV-Verfahren momentan überhaupt notwendig ist. Die in den Gutachten festgehaltenen Grundannahmen treffen - jedenfalls bezogen auf das PP Mannheim - nicht vollständig zu. In Mannheim wird von einer gut ausgestatteten IuK-Gruppe ein zeitgemäßes C/S-System betrieben, dessen Komponenten durchweg nicht überaltert sind.

4 Empfehlungen

Wenn auch bei den laufenden IuK-Outsourcingprojekten noch vieles im Fluss ist, gilt eine Erkenntnis als gesichert: Trotz RV bindet der IuK-Betrieb nach wie vor eigenes Personal in nicht geringem Umfang. Die geplante Ausstattung ist deshalb unter funktionalen und unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten erneut zu prüfen:

  • Bei Austausch der Geräte durch die Outsourcingfirma würden dem Land nur sehr geringe Beträge für die vorhandene Ausstattung erstattet, deutlich weniger als der linear errechnete „Buchwert“. Soweit funktional vertretbar, sollten insbesondere Bildschirme und Drucker in die neuen Systeme integriert werden.

 

  • Eine neue DV-Ausstattung und die Einführung neuer DV-Verfahren sollten zeitlich abgestimmt werden. Die Aufstellung weiterer neuer PC und deren Vernetzung, bevor die neuen Großrechner- und Work-Flow-Verfahren einsatzbereit sind, wären möglicherweise öffentlichkeitswirksam, aber für die Polizeiarbeit allenfalls ein Scheinfortschritt.

 

  • Der RV umfasst zeitlich gesehen die Stufen Vorbereitung (DSMA), Einführung (Roll-out) und Dauerbetrieb sowie inhaltlich völlig unterschiedliche Leistungen, wie z.B. Gerätelieferung, Finanzierung, Netzbetrieb und Benutzerbetreuung. Als Gegenleistung dafür wurde im RV ein monatlicher Mischpreis je Bildschirmarbeitsplatz vereinbart. Der RH hat dem IM empfohlen, Vorbereitung, Einführung und Betrieb getrennt zu betrachten, getrennt auszuschreiben und zu bepreisen.

 

  • Ob haushaltsfinanzierter Gerätekauf oder alternative Finanzierungen (Leasing bzw. Miete oder Mietkauf) wirtschaftlicher ist, muss im Einzelfall am Markt abgefragt und auf Grund konkreter Angebote berechnet werden. Dies setzt aber eine Parallelausschreibung voraus. Dabei sollte das IM die Ausschreibung des Loses „Hardware“ mit dem FM abstimmen, das regelmäßig größere Mengen von DV-Geräten für die Landesverwaltung ausschreibt.

 

  • Auch Entscheidungen über die Betriebsform (Outsourcing oder Eigenbesorgung) in der Einführungs- und in der Betriebsphase dürfen angesichts des großen Projektumfanges und der langjährigen Finanzwirkung nur nach dem Ergebnis konkreter Ausschreibungen getroffen werden. Diese unterschiedlichen Möglichkeiten können mit Hilfe von Parallelausschreibungen ausgelotet werden (Lieferung, Finanzierung, Dienstleistungen).

 

  • Für die Benutzerbetreuung ist folgendes Modell prüfens- und berechnenswert: Die Kreisdienststellen der Polizei stellen den First-Level-Service für Fachverfahren und BK-Anwendungen zur Verfügung, d.h., die Ansprechpartner der IuK-Nutzer sind stets „eigene Leute“. Im Hintergrund arbeitet ein Second-Level-Service. Für Fachverfahren müsste dieser fast zwangsläufig bei der Polizei an zentraler Stelle angesiedelt sein. Allenfalls für technische Fragen und Fragen zu den BK-Programmen könnte er bei einer externen Firma angesiedelt werden; hierfür wäre dann eine Entgeltregelung mit geringer Grundpauschale und im Übrigen fallbezogener Abrechnung anzustreben.

 

  • Für die DV-Verfahren sollten nach Möglichkeit Lösungen anderer Länder portiert und ggf. gemeinsam weiter entwickelt werden, auch wenn diese zunächst noch nicht alle theoretisch machbaren oder wünschenswerten Funktionen abdecken.

5 Stellungnahme des Ministeriums

Das IM bestätigt im Wesentlichen die Zustandsbeschreibung des RH, sieht darin allerdings kein Eingeständnis, dass das Land bei der Polizei-DV gegenüber anderen Ländern ins Hintertreffen geraten sei.

Es sei offen, ob die für das PP Mannheim geltende Beschreibung des Ist-Zustandes repräsentativ für das Land sei. Auch sei die Aussage des RH, dass landesweit mehrere hundert Personalstellen technikbedingt unnötig gebunden seien, verfrüht, da noch nicht absehbar sei, in welchem Umfang zukünftig eine Verlagerung zusätzlicher Aufgaben auf die Datenstationen erfolgen werde.

Hierzu ist zu bemerken, dass der Aufgabenrückgang in den DASTA nicht durch die Suche nach neuen Aufgaben kompensiert werden sollte, sondern Personalfreisetzungen anzustreben sind. Selbst wenn 30 % Restaufgaben in den drei genannten DASTA blieben, könnte allein bei diesen Personal im Umfang von rd. 80 Stellen freigesetzt werden. Diese könnten zur Entlastung von Polizeivollzugsbeamten genutzt werden, die bisher in den verschiedensten Arbeitsbereichen mit vollzugsinadäquaten Aufgaben betraut sind. Dies unterstreicht einerseits die wirtschaftlich negativen Auswirkungen der bislang nicht sehr erfolgreichen Ansätze zur Erneuerung der DV-Verfahren und andererseits die Notwendigkeit, bald zu medienbruchfreien Ablaufprozessen in den Polizeidienststellen zu kommen.

POLIS sei nicht gescheitert obwohl eine über die Pilotdienststellen hinaus landesweit einsatzfähige Software nicht vorliege. Wichtigster Grund hierfür sei die Inaktualität der POLIS zu Grunde liegenden Technologie, die insbesondere durch eine Vertragskündigung zwischen der POLIS-Entwicklerfirma und dem Technologielieferanten verursacht worden sei. Trotz der technischen Probleme habe sich aber das zu Grunde liegende Fachkonzept als tragfähig erwiesen. Bundesweit setze sich die Erkenntnis durch, dass eine möglichst umfassende länderübergreifende arbeitsteilige Entwicklung zwischen mehreren Bundesländern schon aus wirtschaftlichen Gründen geboten sei. Die Überlegungen konzentrieren sich daher auf die Variante Übernahme einer Fremdlösung an Stelle einer Neuausschreibung vom Pilotsystem zum Massenbetrieb.

Diese Ausführungen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass POLIS bisher keines der Projektziele erreicht hat und damit das Rationalisierungspotenzial insbesondere in den DASTA der Kreisdienststellen nicht ausgeschöpft werden konnte. Auch nähert sich die Landespolizei dem Verbundgedanken bei der Softwareentwicklung erst, nachdem die eigenen Projekte nicht termingerecht abgeschlossen werden konnten.

Hinsichtlich der Geräteausstattung und des DV-Betriebes, werde - wie vom RH vorgeschlagen - geprüft, ob statt Outsourcing ein Systembetrieb durch die Polizei mit gezielter externer oder verwaltungsinterner Unterstützung möglich wäre.

Für einen Vertragsabschluss mit der Polizei stehe der Outsourcingpartner des Landes inzwischen nicht mehr zur Verfügung. Das habe zur Folge, dass notwendige Leistungen zur Gerätebeschaffung und zum Systembetrieb neu ausgeschrieben werden müssen. Dadurch bestehe zwar jetzt die Chance, den Leistungsumfang wesentlich gezielter auf die spezifischen Anforderungen der Polizei zuzuschneiden und dabei die Hinweise und Vorschläge des RH einfließen zu lassen. Andererseits ergäben sich weitere Zeitverzögerungen. Die Polizei müsse im Übrigen noch ihre eigenen relevanten Daten ermitteln und bewerten. Erst danach seien die vom RH geforderten Wirtschaftlichkeitsvergleiche möglich.

Das IM sieht - anders als der RH - die baldige flächendeckende Erneuerung der DV-Infrastruktur mit Einführung von Standardisierungen und Vereinheitlichungen im DV-Betrieb als sinnvoll an, auch bevor die neuen Anwendungen einsatzreif sind. Die Vereinheitlichung der Administration und der BK-Systeme sei unbedingt anzustreben - nicht zuletzt auch unter wirtschaftlichen Aspekten. Die Polizeidienststellen würden darin weit mehr als einen Scheinfortschritt sehen. Im Übrigen achte die Polizei bei Neu- oder Ersatzbeschaffungen auf Investitionssicherheit, es würden nur Geräte beschafft, die auch für die neue Software-Umgebung nutzbar sind.

Eine Prüfung der personellen Auswirkungen von Inpol-neu auf das Dezernat 43 sei gegenwärtig noch nicht möglich. Allerdings habe das IM eine Analyse der Fehlerursachen und intensive Schulung der Sachbearbeiter angeregt, um die unbefriedigend hohe Fehlerquote in den Erfassungsbelegen zu reduzieren.

6 Schlussbemerkung

Der RH spricht sich für eine sachgemäße, aber auch wirtschaftliche IuK-Ausstattung der Landespolizei aus.

Das Nichtzustandekommen des Outsourcingvertrages wird eher als vorteilhaft bewertet. Da die neuen Polizeiprogramme durchweg noch nicht einsatzfähig sind, wären bei deutlich höheren Ausgaben vornehmlich noch gut funktionierende Server, PC und Drucker durch neue ausgetauscht und der Ausstattungsgrad erhöht worden. An den Ablaufprozessen und der inhaltlichen Polizeiarbeit hätte sich kaum etwas geändert.

Jetzt besteht die Chance, eine nicht nur technisch, sondern auch organisatorisch auf die Polizei zugeschnittene Lösung zu entwickeln. Die Polizei sollte sie nutzen und durch geeignete Parallelausschreibungen versuchen, eine optimale und dennoch wirtschaftliche Lösung zu realisieren. Vor allem sollte die Chance der Personalfreisetzung in den DASTA zur Präsenzerhöhung bald wahrgenommen werden.


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Die Organisation der Akademie der Polizei kann optimiert und der vorhandene Personalkörper weiter reduziert werden. Am Standort Freiburg können landeseigene Grundstücke in einer Größe von insgesamt 167 Ar für rd. 5 Mio. € veräußert werden. Die Außenstelle der Akademie in Wertheim sollte spätestens im Jahre 2005 geschlossen werden.


1 Ausgangslage

Im Jahr 1953 errichtete das Land Baden-Württemberg die Landespolizeischule mit Sitz in Freiburg. Im Februar 1993 wurde eine Außenstelle der Landespolizeischule in Wertheim eingerichtet. Mit Wirkung zum 01.01.2000 wurde die Landespolizeischule in „Akademie der Polizei Baden-Württemberg“ (Akademie) umbenannt.

Die wichtigste Aufgabe der Landespolizeischule war bis 1998 die Durchführung der Laufbahnlehrgänge für den mittleren Dienst der Schutzpolizei und der Kriminalpolizei sowie der Lehrgänge für Polizeikommissaranwärter und für den Aufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst.

Im Jahr 1998 wurde die Aus- und Fortbildung der Polizeibeamten grundlegend reformiert. Für die Landespolizeischule bedeutet dies, dass sie sukzessive von Ausbildungsaufgaben entlastet und zur zentralen Fortbildungseinrichtung der Polizei ausgebaut wird. Sie soll in Zukunft die gesamte Fortbildung der Polizei in Baden-Württemberg koordinieren, Fortbildungsveranstaltungen planen und durchführen sowie über ihr Medienzentrum professionelle Lehr- und Lernmedien konzipieren, fertigen und vertreiben. Ab dem Jahr 2005 werden auch die Aufstiegslehrgänge entfallen, die bisher 14 % der Kapazität der Akademie binden.

Im Haushaltsplan 2000 waren für die Akademie Personal- und Sachausgaben in Höhe von 11,17 Mio. € veranschlagt.

Der RH hat die Organisation und die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Landespolizeischule/Akademie geprüft und sich dabei auf die Bereiche konzentriert, die auch nach der Neuorganisation noch von finanzieller Bedeutung sind.

2 Organisation der Akademie und Kosten der Fortbildung der Polizei

Grundlage der Neuorganisation der Akademie ist ein Beschluss des Ministerrats vom 04.10.1999. Er sieht vor, dass durch den Wegfall der Ausbildungsaufgaben die Zahl der Stellen an der Akademie der Polizei von 221 auf 199 reduziert werden soll.

Die Schaubilder 1 und 2 zeigen die ab 01.01.2000 geltenden Organisationsstrukturen der Akademie und ihrer Außenstelle in Wertheim.

Durch Erhebungen bei 59 Dienststellen der Polizei hat der RH den Gesamtaufwand für Fortbildungsveranstaltungen der Polizei ermittelt:

Im Jahr 2000 wandte das Land rd. 43 Mio. € für die Fortbildung der Polizeibeamten auf. Darin enthalten sind die auf Fortbildung entfallenden Ausgaben der Akademie mit rd. 9,5 Mio. € und die Personalkosten der Teilnehmer an den Veranstaltungen der Akademie mit rd. 12 Mio. €. Einbezogen sind auch die bei 59 Polizeidienststellen anfallenden Kosten für dezentrale Fortbildungsmaßnahmen einschließlich der Personalkosten für die dortigen Seminarteilnehmer in Höhe von rd. 21,5 Mio. €. Nicht enthalten sind die kalkulatorischen Kosten der genutzten Liegenschaften und die von den Dienststellen getragenen Reisekosten der Seminarteilnehmer.

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3 Standort und Unterbringung

3.1 Außenstelle Wertheim

Der Wegfall von Aufgaben als Folge der Reform der Akademie wirft die Frage auf, ob die Erhaltung der Außenstelle Wertheim noch geboten und wirtschaftlich vertretbar ist.

Für den vom RH ermittelten künftigen Bedarf an zentraler Fortbildung würde die in Freiburg gegenwärtig vorhandene Kapazität ausreichen.

Durch die Aufgabe des Standorts Wertheim lassen sich jährlich Einsparungen in Höhe von 1,77 Mio. € erzielen, und zwar durch Wegfall

  • von Gebäudeunterhaltungs- und –bewirtschaftungskosten 553.700 €,
  • der Stelle des Außenstellenleiters 62.100 €,
  • der Stabsstellen 273.500 €,
  • von Verwaltungspersonal 145.500 €,
  • von Verpflegungspersonal 406.300 €,
  • von Handwerker/Hausmeister/Hauswarte/Kraftfahrer/Pförtner 333.500 €.

Hinzu kommt, dass die in Wertheim vorgehaltenen landeseigenen Gebäude für andere Zwecke genutzt oder veräußert werden können. Auch könnte dann der in Wertheim geplante Neubau eines Wirtschaftsgebäudes (Baukosten rd. 1,5 Mio. €) entfallen.

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Gegenzurechnen sind höhere Reisekosten für die Lehrgangsteilnehmer aus den nördlichen Regionen des Landes.

Neben den (positiven) finanziellen Auswirkungen ergeben sich durch die Aufgabe des Standorts Wertheim auch Vereinfachungen in der Aufbau- und Ablauforganisation:

  • Der besondere Koordinierungs- und Planungsaufwand für die Steuerung und Überwachung von Fachbereichen mit weit auseinander liegenden Standorten entfällt.

 

  • Die Notwendigkeit, an beiden Standorten parallel Spezialisten für bestimmte Fragen vorzuhalten, entfällt.

 

  • Die kostenintensive technische Ausstattung für Speziallehrgänge an zwei Standorten kann reduziert werden.

 

  • Die Vertretung bei Abwesenheit von Lehrkräften ist einfacher sicherzustellen.

Schon heute werden bestimmte Teile der Akademie (Medienzentrum, Verwaltung, Schießanlage, Bücherei, Druckerei) nur oder überwiegend am Standort Freiburg vorgehalten und stehen deshalb in Wertheim nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung.

Hinzu kommt, dass etwa ein Drittel der Kapazität der Außenstelle Wertheim heute noch durch Ausbildungslehrgänge in Anspruch genommen wird, die spätestens im Jahr 2005 ersatzlos entfallen.

Der RH empfiehlt daher, die Außenstelle Wertheim spätestens im Jahr 2005 zu schließen und die dafür vorgehaltenen Gebäude und Grundstücke zu veräußern bzw. für andere Zwecke zu nutzen.

3.2 Veräußerung von Grundstücken am Standort Freiburg

Die Landesregierung hat die Absicht, die Unterkunftsgebäude der Akademie in Freiburg zu modernisieren und plant dafür Umbaumaßnahmen mit einem Aufwand von 1,3 Mio. €.

Der RH regt an, (auch zur Finanzierung dieser Baumaßnahme) in Freiburg Teile der 8 ha großen Grundfläche der Akademie zu veräußern:

  • die nordwestlich gelegene Grundstücksecke (Ecke Basler/Müllheimer Straße):

Auf diesem Teilgrundstück befinden sich eine nur wenig genutzte Tankstelle und Wartungshalle der Landespolizeidirektion (LPD) und weitere Parkplätze für Seminarteilnehmer. Nach Einschätzung des Staatlichen Vermögens- und Hochbauamtes Freiburg ist für diese Teilfläche (rd. 7.900 m²) ein Preis von mindestens 300 € je m² zu erzielen, sodass ein Gesamterlös von mindestens 2,37 Mio. € zu erwarten ist.

  • die Fläche des bisherigen Sportplatzes an der südöstlichen Ecke des Grundstückes:

Für diese Teilfläche von rd. 8.800 m² könnte bei einem Preis von 300 € je m² ein Gesamterlös von 2,64 Mio. € erzielt werden. Die Qualität der Fortbildungen in der Akademie wird durch die Aufgabe des Sportplatzes nicht wesentlich gemindert, zumal die Akademie über eine eigene Sporthalle verfügt, die sowohl für praktische Übungen als auch für Freizeitaktivitäten der Teilnehmer genutzt werden kann.

Alternativ ist zu prüfen, ob ein privater Erwerber auf dem bisherigen Sportplatzareal ein Hotel errichten und den gesamten Übernachtungs- und Verpflegungsbereich der Akademie für das Land kostengünstig übernehmen könnte. Die angrenzenden (vorhandenen) Internatsgebäude müssten ihm in diesem Falle pachtweise überlassen werden.

Als weitergehende Variante kommt ein vollständiges Outsourcing von Unterkunft und Verpflegung, also die Veräußerung von Internats- und Kantinengebäuden mit entsprechenden Belegungs- und Verpflegungsverträgen in Betracht.

4 Planung des Lehrerbedarfs

Die Akademie verfügte im Hj. 2000 über insgesamt 53 Stellen für Lehrer. Der RH hat im Zuge seiner Prüfung die Grundlagen der Lehrerbedarfsermittlung analysiert.

Vorgefunden wurde dabei eine Planung, die den Lehrerbedarf an Hand der vorhandenen bzw. geplanten Bettenkapazitäten an den beiden Standorten errechnet. Diese Anknüpfung ist aus der Sicht des RH nicht sachgerecht. Eine Bestandsaufnahme des landesweiten Fortbildungsbedarfs ist im Vorfeld der Reformentscheidungen nicht durchgeführt worden. Der RH hat im Zuge der vorliegenden Prüfung durch Befragung der Dienststellen den Umfang des bisherigen dezentralen Fortbildungsangebots und des Bedarfs an zentralen Fortbildungsveranstaltungen erhoben.

Nach den dabei getroffenen Feststellungen ergibt sich ein Bedarf an zentral durchgeführten Fortbildungsveranstaltungen in Höhe von 30.000 Unterrichtseinheiten (einschließlich der im Jahr 2005 wegfallenden Aufstiegslehrgänge). Dieser Unterrichtsbedarf liegt deutlich unter dem Ansatz des IM (37.940 Einheiten).

Außerdem muss auch in Zukunft bei allen Fortbildungsprojekten geprüft werden, ob an Stelle einer aufwändigen zentralen Fortbildungsveranstaltung kostengünstigere dezentrale Veranstaltungen in den einzelnen Polizeidienststellen in Betracht kommen.

Neben dem Fortbildungsbedarf spielt für eine korrekte Bemessung der Zahl der erforderlichen Lehrkräfte die Entscheidung über die Höhe des Lehrerdeputats (Anzahl der wöchentlich zu leistenden 45-minütigen Unterrichtsstunden einer Lehrkraft) eine wesentliche Rolle. Nach Auffassung des RH sind die Deputate der Lehrkräfte vergleichbar mit dem Deputat eines Gymnasiallehrers festzusetzen (24 Unterrichtsstunden je Woche). Das seit 01.01.2000 für die Lehrkräfte der Akademie geltende Deputat von 22 Unterrichtsstunden je Woche bleibt dahinter zurück.

Weitere Einsparungsmöglichkeiten ergeben sich, wenn der Anteil des „team-teaching“, bei dem mehrere Lehrer gemeinsam eine Unterrichtseinheit gestalten, oder der Anrechnungsfaktor hierfür reduziert wird. Bis heute wird Unterricht im Team voll auf das Deputat aller beteiligten Lehrkräfte angerechnet.

Der RH empfiehlt mithin, den Lehrerbedarf an der Akademie auf Grund einer sorgfältigen landesweiten Planung des (zentralen) Fortbildungsbedarfs der Polizei und unter Beachtung kostengünstigerer dezentraler Alternativen neu zu ermitteln und das Deputat der an der Akademie tätigen Lehrer auf 24 Unterrichtsstunden je Woche zu erhöhen. Die Zahl der Lehrerstellen kann dann entsprechend reduziert werden.

5 Medienzentrum

Das Medienzentrum der Akademie soll nach den Planungen der Landesregierung durch 18 interne Stellenumschichtungen sowie drei Neustellen von 22 auf 43 Stellen (25 Stellen des Polizeivollzugsdienstes, 18 Angestelltenstellen) aufgestockt werden.

Nach dem Ergebnis der Prüfung des RH verbleiben erhebliche Zweifel, dass diese Verdoppelung des Personalkörpers des Medienzentrums kurzfristig wirklich erforderlich ist. Da keine fundierten Bedarfsberechnungen und keine Erfahrungswerte vorliegen, sollten die personellen Kapazitäten des Medienzentrums auch im Rahmen vorhandener Stellen allenfalls schrittweise und vorsichtig ausgeweitet werden.

In Anbetracht der Tatsache, dass

  • z.Z. rd. 25 % der Stellen des Medienzentrums nicht besetzt sind,

 

  • die Berechtigung mehrerer Stellen und die Auslastung einiger Mitarbeiter nach dem Ergebnis der Prüfung zweifelhaft sind,

 

  • die Stellenverteilung auf die einzelnen Arbeitsbereiche bislang nicht zufriedenstellend gelöst wurde und

 

  • die bundesweite Zusammenarbeit bei der Produktion und Beschaffung mit Auswirkungen auf den Personalkörper des Medienzentrums erst am Anfang steht,

empfiehlt der RH, auf die Ausweisung neuer Stellen für das Medienzentrum auf absehbare Zeit zu verzichten.

6 Personalüberhang in den Stabsstellen und in der Verwaltung

6.1 Stabsstellen für Steuerung und Koordinierung

Für Stabsaufgaben sind dem Leiter der Akademie ein Sachbearbeiter für Öffentlichkeitsarbeit, ein Controller und eine Sekretärin zugeordnet. Daneben sind in den Stabsstellen Steuerung und Koordinierung und auf der Administrationsebene der Fachbereiche in Freiburg sowie in der Außenstelle Wertheim weitere insgesamt 25 Beamten- und acht Angestellten-Stellen für folgende Aufgaben eingerichtet:

  • Grundsatzangelegenheiten der Fortbildung der Polizei,
  • Fortbildungsadministration und Fortbildungsmarketing,
  • Zentrale Koordinierungsstelle Fortbildung,
  • Geschäftsstelle Bildungskommission,
  • Organisationsmanagement und Qualitätsmanagement,
  • Forschung.

Der Stabsstelle Steuerung und Koordinierung sind in Freiburg 13 Stellen zugewiesen. Zusätzlich sind den vier Fachbereichsleitern drei Sachbearbeiter- und fünf Sekretärinnenstellen mit Steuerungs- und Koordinierungsaufgaben zugeordnet. Die Sachbearbeiter sollen insbesondere bei der Planung des Fortbildungsprogramms, bei der administrativen Abwicklung von Veranstaltungen und bei der Seminarbetreuung mitwirken. Die Steuerungs- und Koordinierungsebene wird außerdem durch den Leiter der Außenstelle Wertheim verstärkt, dem neben der dezentralen Verwaltung fünf weitere Koordinierungssachbearbeiterstellen sowie zwei Sekretärinnenstellen zur Verfügung stehen.

Mithin sind insgesamt 37 Beschäftigte der Akademie mit Führungs- und Stabsaufgaben betraut. Das sind mehr als 15 % der Beschäftigten der Akademie. Dieser Anteil ist zu hoch. Nach den Feststellungen des RH überschneiden sich die Aufgaben des Managements unterhalb der Leitungsebene. So sind z.B. Fragen der Personalplanung in der Verwaltungsabteilung wie auch in den Bereichen Steuerung und Koordinierung angesiedelt. Fortbildungsangelegenheiten werden sowohl in der Administrationsebene der Fachbereiche als auch von Mitarbeitern der Organisationseinheit Steuerung und Koordinierung bearbeitet. Diese Doppelzuständigkeiten müssen bereinigt und der Stellenbedarf neu festgelegt werden. Personalintensiv ist überdies der Parallelbetrieb in Wertheim, wo gleichartige Aufgaben wie in Freiburg anfallen.

Die Relation Mitarbeiter in den Stabsstellen zu Lehrkräften (ohne Psychologen) hat sich auffällig verschlechtert (s. Übersicht 1 - ohne Sekretariatsmitarbeiter -).

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Das Verhältnis von Steuerung und Koordinierung zu den Lehrkräften verändert sich von bisher 1 : 4 auf künftig 1 : 1,9.

Die Verlagerung der Ausbildung zur Bereitschaftspolizei, die Neuausrichtung der Akademie auf die Fortbildung und die Reduzierung der Anzahl der Lehrkräfte erfordern Konsequenzen in den Bereichen Steuerung und Koordinierung. Die Stellenstärke mag zunächst während der Konzeptionsphase und in der Phase der Umstellung zur reinen Fortbildungseinrichtung in den Jahren 1996 bis 1998, bei der nach der Kosten- und Leistungsrechnung über 40.000 Arbeitsstunden in die Projektierung geflossen sind, gerechtfertigt gewesen sein. Jetzt, in der Betriebsphase, fallen jedoch zumindest diese Tätigkeiten nicht mehr an.

Beachtlich ist auch, dass die Fachbereiche mit insgesamt acht zusätzlichen Stellen (drei Sachbearbeiter und fünf Sekretärinnen) ausgestattet werden. Damit sind die Fachbereiche - bei einem insgesamt stark reduzierten Personalkörper - in der Lage, bisher von der Stabsstelle wahrgenommene Teilaufgaben selbst zu erledigen.

Der RH hat bei den Stabsstellen in Freiburg und Wertheim insgesamt einen Überhang von elf Stellen ermittelt. Diese Stellen können eingespart werden.

6.2 Verwaltung

Die Verwaltung der Akademie ist zuständig für Personal- und Haushaltsangelegenheiten und für das personalintensive Verpflegungs- und Unterbringungswesen sowie sonstige Serviceleistungen.

Der RH hat im Zuge seiner Prüfung festgestellt:

  • Je fünf Angestellte sind in Freiburg und Wertheim in der Fernsprechvermittlung/an der Pforte tätig (Personalkosten 330.000 € je Jahr). Durch organisatorische Verbesserungen kann der Dreischichtendienst reduziert und Personal eingespart werden.

 

  • Die bei der Akademie beschäftigten Handwerker verursachen jährliche Personalkosten von fast rd. 610.000 €. Es ist zu untersuchen, ob Erneuerungs-, Instandsetzungs- und Unterhaltungsmaßnahmen kostengünstiger an Fremdfirmen - falls notwendig im Rahmen eines Generalvertrags - vergeben werden können.

 

  • Für die stark defizitären Küchen (1999: - 800.000 €) müssen insbesondere nach Wegfall der Ausbildungslehrgänge andere Lösungen gefunden werden. Der RH empfiehlt eine Privatisierung der Küchen, wie sie in vielen anderen Einrichtungen des Landes mit Erfolg umgesetzt wurde.

 

  • Die Praxis der Reisekostenabrechnung ist kompliziert und führt zu Fehlern. Eine Neuregelung ist dringend erforderlich.

7 Stellungnahme des Ministeriums und Schlussbemerkung

Das IM macht geltend, dass zum Zeitpunkt der Prüfung noch keine verlässlichen Daten zur endgültigen Beurteilung der Fortbildungssituation vorgelegen hätten. Es will deshalb das aktuelle Fortbildungsangebot und dessen Nutzung zumindest punktuell analysieren und die dabei gewonnenen Ergebnisse unter Berücksichtigung der Hinweise des RH bewerten. Insgesamt beabsichtigt das IM, die Vorschläge des RH soweit möglich zügig umzusetzen. Hierzu wird eine Arbeitsgruppe unter Leitung des Landespolizeipräsidiums gebildet, die bis zum Jahresende 2002 eine Umsetzungskonzeption für die Vorschläge des RH erstellen soll.

Vorab hat das IM auf Folgendes hingewiesen:

  • Der Ministerrat habe sich 1997 für den Erhalt von Wertheim ausgesprochen; außerdem sei dort seit 1996 die Geschäftsstelle für polizeiliche Auslandseinsätze als neue Aufgabe hinzu gekommen.

 

  • Die Vorschläge zur Teilveräußerung von Liegenschaften in Freiburg würden geprüft; auf den Sportplatz solle jedoch nicht verzichtet werden, da Sport beispielsweise zur Einführungsfortbildung für Beamte der Mobilen Einsatzkommandos gehöre und die Sportanlage auch für die Vorbereitung baden-württembergischer Polizei-Auswahl-mannschaften genutzt werde.

 

  • In Wertheim würden Alternativen zu einem Neubau des Wirtschaftsgebäudes gesucht.

 

  • Die bisherigen Berechnungsgrundlagen seien in der Tat nicht geeignet, den Fortbildungsbedarf zu bestimmen. Künftig solle sich deshalb das Fortbildungsangebot mehr an aktuellen, dienstlichen Erfordernissen orientieren, dazu bedürfe es jedoch noch gesicherter Erfahrungswerte, die dann neu zu bewerten seien.

 

  • Die jährlich von den Lehrkräften abverlangten Unterrichtswochen könnten von 42 auf 44 erhöht werden. Damit ergebe sich bei 22 Wochenstunden ein Jahresdeputat von 968 Unterrichtsstunden, das mit dem Jahresdeputat eines Gymnasiallehrers vergleichbar sei. Zusätzlich werde man prüfen, ob der Anteil von Unterricht, der in Form von Teamteaching abgewickelt werde, von 30 % auf 20 % reduziert werden könne.

 

  • Die Stabsstellen würden einer kritischen Prüfung unterzogen.

 

  • Die Vorschläge des RH für den Verwaltungsbereich würden weitgehend aufgegriffen.

Der RH erwartet, dass das IM die Vorschläge zur Optimierung der Organisation der Akademie umsetzt und die vorgeschlagenen Personaleinsparungen auch über die vom Ministerrat beschlossene Zahl hinaus in den Stellenplänen berücksichtigt.

Über die Schließung der Außenstelle Wertheim und die Veräußerung der Grundstücke in Freiburg sollte zügig entschieden werden. In die Entscheidung über die Nachfolgenutzung in Wertheim werden die Auswirkungen auf die dortige Regionalstruktur einzubeziehen sein.


Anhänge

Bei der Erstattung der Kosten für die Aufnahme, Unterbringung und Betreuung von Asylbewerbern und Flüchtlingen hat das Land in der Vergangenheit auf Grund fehlerhafter Abrechnungen der Stadt- und Landkreise 72,3 Mio. € zuviel geleistet. Bis heute haben die Stadt- und Landkreise davon 64,8 Mio. € an das Land zurückgezahlt. Auch nach Inkrafttreten des Flüchtlingsaufnahmegesetzes im Jahr 1998 wurden Erstattungsleistungen von den Stadt- und Landkreisen fehlerhaft abgerechnet. Das System der Kostenerstattung nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz muss neu konzipiert und weiter vereinfacht werden.


1 Ausgangslage bis zum Inkrafttreten des Flüchtlingsaufnahmegesetzes

Bis zum Inkrafttreten des Flüchtlingsaufnahmegesetzes (FlüAG) am 01.04.1998 waren die baden-württembergischen Gemeinden verpflichtet, Asylbewerber entsprechend ihrer Einwohnerzahl nach einer vom IM festgelegten Aufnahmequote aufzunehmen und unterzubringen. Die Stadt- und Landkreise waren verpflichtet, diesen Asylbewerbern, soweit sie nicht über ein ausreichendes Einkommen oder Vermögen verfügten, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und dem Bundessozialhilfegesetz zu gewähren.

Für die Zeit, in der über den Asylantrag noch nicht unanfechtbar entschieden war, erstattete das Land die von den Stadt- und Landkreisen getragenen Kosten für Unterkunft, Krankheit und sonstige Sozialhilfe zu 100 %. Danach reduzierte sich die Kostenerstattung auf 50 %; wenn dem (ehemaligen) Asylbewerber eine Duldung oder Aufenthaltsgenehmigung erteilt wurde, entfiel die Kostenerstattung.

Außerdem leistete das Land Kostenpauschalen an die Stadt- und Landkreise für die Sozialberatung und Betreuung der Asylbewerber sowie für die Beschaffung von Kleidung an die Gemeinden für ihren persönlichen und sächlichen Verwaltungsaufwand. Berechnungsgrundlage für die pauschalen Erstattungen war die durchschnittliche Zahl der im Rechnungsjahr von den Gemeinden des Kreises untergebrachten Asylbewerber.

Für die vor dem 15.12.1995 aus Kroatien, Bosnien-Herzegowina und Jugoslawien eingereisten Bürgerkriegsflüchtlinge hatte das Land eine Sonderregelung getroffen: Hier wurden den Stadt- und Landkreisen zunächst 57 %, ab 1997 28,5 % des tatsächlich entstandenen und nachgewiesenen Aufwands für Unterbringung, Betreuung und Sozialhilfe aus dem Landeshaushalt erstattet. Weitere 22 % der Sozialhilfeaufwendungen wurden über eine Vorwegentnahme aus dem kommunalen Finanzausgleich erstattet.

Die Erstattungsleistungen des Landes für Asylbewerber können die Stadt- und Landkreise selbst durch einfache Auszahlungsanordnung an die LOK anordnen und vollziehen; die Kosten der Bürgerkriegsflüchtlinge wurden von den Regierungspräsidien auf Anforderung der Stadt- und Landkreise auf der Grundlage einer Abrechnung ausgezahlt.

2 Feststellungen für die Zeit bis zum Inkrafttreten des Flüchtlingsaufnahmegesetzes

Der RH hat im Jahre 1997 in einer beratenden Äußerung über die Kosten und die Organisation der Asylbewerberunterbringung berichtet und grundsätzliche Vorschläge zur Neukonzeption der Unterbringung und der Erstattungsregelungen vorgelegt (DS 12/1994). Diese Vorschläge sind in das noch im selben Jahr verabschiedete neue FlüAG eingeflossen.

Ergänzend haben die StRPÄ die Erstattungsleistungen des Landes für die Zeit vor dem 01.04.1998 bei allen 44 Stadt- und Landkreisen geprüft und dabei in allen Kreisen Fehlbuchungen und fehlerhafte Abrechnungen zu Lasten des Landes festgestellt.

Die Abrechnungen enthielten vor allem folgende Fehler:

  • Häufig wurde nicht berücksichtigt, dass das Asylverfahren eines Flüchtlings bestandskräftig abgeschlossen war und die Leistungen des Landes sich deshalb bis zur Erteilung einer Duldung oder einer Aufenthaltsgenehmigung auf 50 % reduzierten.

 

  • In zahlreichen Fällen wurden Leistungen abgerechnet, die nach Erteilung einer Duldung oder Aufenthaltsgenehmigung geleistet wurden.

 

  • In vielen Fällen wurden Aufwendungen für Kontingentflüchtlinge mit dem Land abgerechnet, obwohl die Voraussetzungen wegen Ablaufs des Erstattungszeitraums von zwei Jahren nicht mehr gegeben waren.

 

  • Leistungen an Flüchtlinge, für die keine Erstattungspflicht des Landes bestand, wurden als Leistungen an Bürgerkriegsflüchtlinge abgerechnet.

 

  • Aufwendungen für Folgeantragsteller wurden abgerechnet, obwohl es sich nur in wenigen Fällen um beachtliche Folgeanträge handelte.

 

  • Der von den Stadt- oder Landkreisen gemeldete Bestand an Asylbewerbern und die danach abgerechneten Pauschalen waren vielfach unzutreffend.

Insgesamt ergaben sich bei den bis heute abgeschlossenen Prüfungen Überzahlungen zu Lasten des Landes in einer Gesamthöhe von 72,3 Mio. €. Davon haben die Stadt- und Landkreise bis heute 64,8 Mio. € an das Land zurückgezahlt. Mit einigen Kreisen dauern die Verhandlungen noch an.

3 Unterbringung und Kostenerstattung nach Inkrafttreten des Flüchtlingsaufnahmegesetzes

Seit dem Inkrafttreten des neuen FlüAG am 01.04.1998 werden neu eingereiste Asylbewerber ausschließlich staatlich untergebracht. Diese Aufgabe wird von den Landratsämtern und den Bürgermeisterämtern der Stadtkreise als Pflichtaufgabe nach Weisung wahrgenommen.

Die Gemeinden sind seit dem 01.04.1998 nur noch zur Unterbringung der damals bereits untergebrachten Asylbewerber verpflichtet.

Die sächlichen Kosten der staatlichen Unterbringung (einschließlich der Kosten der Liegenschaften) werden vom Land getragen, die Stadt- und Landkreise haben jedoch das für die Errichtung, die Verwaltung und den Betrieb der Unterkünfte erforderliche Personal zu stellen.

Die 211 staatlichen Gemeinschaftsunterkünfte waren im Jahr 1999 durchschnittlich mit 18.398 Flüchtlingen belegt bei einer durchschnittlichen Kapazität von 22.008 Plätzen (Belegungsquote: 84 %). Im Jahr 2000 waren in den 214 staatlichen Gemeinschaftsunterkünfte durchschnittlich 17.060 Flüchtlinge bei einer durchschnittlichen Kapazität von 22.286 Plätzen untergebracht (Belegungsquote: 77 %).

Während der Unterbringung in den staatlichen Gemeinschaftsunterkünften erhalten die Asylbewerber lediglich Sachleistungen, soweit dies nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zulässig ist. Spätestens 12 Monate nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens haben die (ehemaligen) Asylbewerber die Gemeinschaftsunterkunft zu verlassen, es sei denn das RP stimmt im Einzelfall der Verlängerung des Nutzungsverhältnisses zu.

Bleibeberechtigte Flüchtlinge und Flüchtlinge, die in absehbarer Zeit nicht abgeschoben werden können, werden nach Beendigung des Nutzungsverhältnisses in der staatlichen Gemeinschaftsunterkunft den Stadt- und Landkreisen und von diesen den kreisangehörigen Gemeinden zur Anschlussunterbringung zugewiesen.

Das FlüAG hat das System der Kostenerstattung mit Wirkung vom 01.04.1998 neu gestaltet.

Die Stadt- und Landkreise erhalten als pauschalen Ersatz ihrer für Aufnahme und Unterbringung entstehenden Personal- und Sachkosten eine Verwaltungsausgabenpauschale in Höhe von 1.140 DM (ab 2002 631 €) jährlich je belegtem und vorgehaltenem Unterbringungsplatz. Mit der Betreuungsausgabenpauschale von 1.048 DM (ab 2002 580 €) jährlich je belegtem und vorgehaltenem Unterbringungsplatz werden die Ausgaben der Kreise für soziale Beratung und Betreuung abgegolten. Dabei dürfen als vorgehaltene Plätze höchstens 5 % der tatsächlich belegten Plätze abgerechnet werden.

Die Pauschalen erhöhen sich jährlich linear um 2 %.

Außerdem erhalten die Kreise eine Leistungsausgabenpauschale in Höhe von 4.920 DM (ab 2002 2.515 €) je Asylbewerber und Jahr, mit der die notwendigen Ausgaben der Stadt- und Landkreise für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bzw. dem Bundessozialhilfegesetz abgegolten werden. Nicht pauschal, sondern konkret abgerechnet werden die Ausgaben, die die Kreise bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt und bei Pflegebedürftigkeit leisten. Sie werden vom Land zu 100 % erstattet.

Schließlich erhalten die Stadt- und Landkreise für jeden in die Anschlussunterbringung zugeteilten und übernommenen Flüchtling einmalig 3.000 DM (ab 2002 1.534 €), die Gemeinden einmalig 250 DM (ab 2002 128 €).

4 Prüfungsfeststellungen für die Zeit nach dem 01.04.1998

Die Abrechnungen für die Zeit nach dem 01.04.1998 wurden bislang in fünf der 44 Stadt- und Landkreise geprüft.

Dabei hat sich gezeigt, dass das neue System der Unterbringung - wie vom Gesetzgeber beabsichtigt - zu Verbesserungen geführt hat. Die Umstellung auf ein einfacheres und ökonomisches Kostenerstattungssystem ist jedoch nur teilweise gelungen. Die Prüfung der Abrechnungen hat wiederum Überzahlungen zu Lasten des Landes ergeben, allerdings in geringerem Umfang als nach dem früheren Recht.

Im Einzelnen weist die seit 01.04.1998 geltende gesetzliche Regelung noch folgende Mängel auf:

4.1 Verwaltungsaufwändiges und fehleranfälliges Kostenerstattungsverfahren

Auch das heute praktizierte Abrechnungsverfahren knüpft die Erstattungsleistungen des Landes an den ausländerrechtlichen Status des untergebrachten Flüchtlings. Da die Kommunikation zwischen den beteiligten Ausländer- und Aufnahmebehörden der Stadt- und Landkreise, dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge und den Regierungspräsidien noch immer problembehaftet ist, haben die Kreise bei ihren Abrechnungen in vielen Fällen einen unzutreffenden ausländerrechtlichen Status zu Grunde gelegt, der regelmäßig zu überhöhten Erstattungen führt.

Eine weitere Fehlerquelle ergibt sich aus der unzureichenden Dokumentation der Belegung der Unterkünfte. In den einzelnen Regierungsbezirken werden unterschiedliche Verfahren zum Abgleich der Belegungslisten mit den ausländerrechtlichen Daten praktiziert. Die Stichproben der StRPÄ haben in den untersuchten Kreisen Abweichungen von der wirklichen Belegung zwischen 0,19 % und 39,33 % ergeben.

Weitere Ungenauigkeiten ergeben sich durch untergetauchte Flüchtlinge. Es fehlt an klaren Regelungen, wann und unter welchen Voraussetzungen sie aus den Belegungsstatistiken zu streichen sind.

Trotz der vorgenommenen Pauschalierungen ist das Abrechnungsverfahren noch immer zu kompliziert, da der Umfang der Erstattungen von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Flüchtlingsgruppe und vom Status der Personen abhängig ist.

4.2 Mängel bei der Anschlussunterbringung

Nach den Feststellungen der StRPÄ funktioniert die im FlüAG vorgesehene Anschlussunterbringung in vielen Fällen nicht. So waren bei einer landesweiten Stichtagserhebung etwa 5 % der Plätze in den staatlichen Gemeinschaftsunterkünften von Kontingentflüchtlingen über die Dauer von sechs Monaten hinaus oder ohne Genehmigung des RP von abgelehnten Asylbewerbern über die Dauer von 12 Monaten hinaus belegt. Die vorgeschriebene Zuweisung in die Anschlussunterbringung wurde in diesen Fällen weder angeordnet noch vollzogen.

Für das Land entstehen durch diese Belegung über den vorgesehenen Zeitpunkt hinaus Mehrkosten für platzbezogene Pauschalen in Höhe von hochgerechnet rd. 1,3 Mio. € jährlich.

4.3 Mängel bei der Bemessung der Pauschalen

Eine vom IM veranlasste Erhebung bei den Stadt- und Landkreisen ergab, dass die vom Land gewährten Pauschalen den Aufwand, den sie abgelten sollen, sowohl im Jahr 1999 als auch im Jahr 2000 deutlich überstiegen haben.

Der Kostendeckungsgrad der Leistungsausgabenpauschale lag 1999 bei 130 % und 2000 bei 127 %. Bei der Betreuungsausgabenpauschale ergab sich ein Kostendeckungsgrad von 119 % (1999) bzw. 104 % (2000). Der Anschlussunterbringungspauschale stehen in vielen Kreisen keine bezifferbaren Aufwendungen gegenüber. Lediglich im Bereich der Verwaltungsausgabenpauschale ergab sich mit 62 % (1999) bzw. 53 % (2000) Kostendeckung eine deutliche Unterdeckung.

4.4 Nutzungsgebühren für die staatlichen Unterkünfte

Die Landratsämter und Bürgermeisterämter der Stadtkreise haben von den Flüchtlingen, die in den Gemeinschaftsunterkünften leben und über eigenes Einkommen oder Vermögen verfügen, Nutzungsgebühren zu erheben, die dem Land zustehen.

Nach den Feststellungen der StRPÄ stößt die Durchsetzung dieser Forderungen in der Praxis auf erhebliche Schwierigkeiten. In einigen Fällen haben die Kreise die Gebühren gar nicht erhoben, in anderen Fällen wurden notwendige Beitreibungsmaßnahmen nur ungenügend vollzogen. Teilweise haben die Kreise auch die monatliche Ablieferungspflicht für diese Gebühren nicht beachtet.

Auch haben manche Leistungsberechtigte die Aufnahme einer Arbeit pflichtwidrig nicht bei der Ausländerbehörde angezeigt, sodass keine Nutzungsgebühren erhoben wurden.

5 Empfehlungen zur Optimierung des Erstattungsverfahrens

Das im FlüAG vorgesehene Erstattungsverfahren sollte im Einvernehmen mit den kommunalen Spitzenverbänden in wesentlichen Teilen neu konzipiert werden. Dabei sollten insbesondere die oben beschriebenen fehleranfälligen und verwaltungsaufwändigen Elemente des Abrechnungsverfahrens eliminiert werden.

Der RH empfiehlt, zu prüfen, ob an Stelle der bisherigen Pauschalen, die vom Status des Flüchtlings abhängig sind oder auf der Belegungsstatistik der Gemeinschaftsunterkünfte beruhen, eine einmalige Gesamtpauschale vorgesehen werden kann, die dem jeweiligen Stadt- und Landkreis mit der erstmaligen Zuweisung eines Asylbewerbers oder Kontingentflüchtlings überwiesen wird. Diese Pauschale verbliebe dem Kreis unabhängig von der weiteren Entwicklung des Falles. Sie würde die Verwaltungsausgabenpauschale, die Betreuungsausgabenpauschale, die Leistungsausgabenpauschale und die Pauschale für die Anschlussunterbringung ersetzen.

Im Interesse der Verwaltungsvereinfachung und der Fehlervermeidung wünschenswert wäre auch die Einbeziehung der Krankheits-, Schwangerschafts- und Pflegekosten in diese Gesamtpauschale. Für eklatante Einzelfälle, in denen ein Flüchtling mehr als 50.000 € Krankheitskosten in einem Jahr verursacht, könnte nach dem Vorbild des § 52 Abs. 2 Nr. 5 Landkreisordnung eine Sondererstattung vorgesehen werden, um auf diese Weise untragbare Sonderlasten von dem betroffenen Kreis abzuwenden.

6 Sonstige Bemerkungen

Zu den Schwierigkeiten bei der Abrechnung der Erstattungsleistungen, aber auch zu den Kommunikationsproblemen zwischen den beteiligten Behörden trägt der noch immer nicht zufriedenstellende Einsatz von DV-Systemen bei. Die vom RH schon im August 1997 monierten Schwächen des DV-Verfahrens ASYL bestehen fort.

Der RH empfiehlt eine Novellierung der bundesweit geltenden Ausländerdateiverordnung mit dem Ziel, bundesweit die Führung einheitlicher Dateien unter Verwendung einheitlicher Datensätze und kompatibler DV-Systeme vorzuschreiben und ein leistungsfähiges DV-Verfahren zu entwickeln. Sollte diese bundesweite Initiative keinen Erfolg haben, müsste das Land ein neues DV-Verfahren entwickeln, das allen Ausländerbehörden zur Verfügung steht und ihnen insbesondere die Weiterverarbeitung der im zentralen Register gespeicherten Daten erlaubt.

7 Stellungnahme des Ministeriums

Das IM erhebt keine grundsätzlichen Einwendungen gegen die Feststellungen und Vorschläge des RH.

Es stimmt mit dem RH überein, dass die Kostenerstattung des Landes für Asylbewerber und andere Flüchtlinge noch einfacher und ökonomischer gestaltet und die Fehleranfälligkeit des Abrechnungsverfahrens weiter verringert werden muss.

Auch nach Auffassung des IM trägt das FlüAG verschiedenen Fallkonstellationen nicht immer ausreichend Rechnung, sodass einzelne Regelungen noch angepasst und einige Gesetzeslücken geschlossen werden müssen.

Das IM verweist auf seine bisherigen Bemühungen, die Kommunikation zwischen den beteiligten Organisationseinheiten zu verbessern. Das vom RH in der Vergangenheit zu Recht kritisierte DV-Verfahren ASYL werde derzeit von Grund auf neu konzipiert.

Um der unzureichenden Dokumentation der Belegung der Unterkünfte entgegen zu wirken, werde das IM die Stadt- und Landkreise nochmals schriftlich darauf hinweisen, dass die Abbuchung von Erstattungsleistungen des Landes künftig so zu dokumentieren ist, dass die den Abrechnungen zu Grunde liegenden Zahlen später noch nachprüfbar sind.

Eine Reduzierung der einzelnen Pauschalen hält das IM derzeit nicht für geboten. Es beabsichtigt jedoch, der Empfehlung des RH zu folgen, die Kostenerstattung möglichst noch weiter zu pauschalieren und auch die Leistungen bei Krankheit mit einzubeziehen. Eine Arbeitsgruppe des IM werde noch im April 2002 die Arbeit aufnehmen, um Modelle zu einer weiteren Vereinfachung des Erstattungssystems zu entwickeln. Im Herbst 2002 sollen dann Gespräche mit den kommunalen Landesverbänden aufgenommen werden.


Anhänge

Einzelplan 04: Ministerium für Kultus, Jugend und Sport

Für die Unterrichtsversorgung an den Gymnasien können personelle Reserven verfügbar gemacht werden. Der Rechnungshof zeigt Möglichkeiten auf, einen effizienteren Personaleinsatz für den Unterricht zu erreichen.


1 Vorbemerkung

Der RH hat im Bereich der allgemein bildenden Gymnasien untersucht, ob zwischen dem von den Lehrkräften stundenplanmäßig zu erteilenden Unterricht (Unterrichts-Soll) und dem während des gesamten Schuljahres tatsächlich gehaltenen Unterricht (Unterrichts-Ist) eine relevante Differenz besteht und ggf. auf welchen Umständen diese beruht. Denn die von der einzelnen Lehrkraft tatsächlich gehaltenen Unterrichtsstunden werden bisher weder umfassend noch systematisch dokumentiert. Daher gibt es keine zuverlässige Information darüber, in welchem Umfang sowie aus welchen Gründen der tatsächlich erbrachte Unterricht von den Sollwerten abweicht. Mit der Untersuchung sollten also Erkenntnisse darüber gewonnen werden, inwieweit die verfügbaren Deputate erfüllt und somit die Personalressourcen für die Unterrichtserteilung tatsächlich genutzt werden; es ging nicht um Feststellungen zum Umfang des Unterrichtsausfalls aus Sicht der Schüler.

2 Ausgangslage

2.1 Soll und Ist der Unterrichtserteilung

Den Schulen werden für den Unterricht schuljahresweise Lehrerwochenstunden als Personalressource zugewiesen. Grundlage hierfür sind die Stundentafel sowie die Anzahl der zu bildenden Klassen und Kurse.

Ausgehend von dieser auf Basis einer Soll-Berechnung zugewiesenen Personalressource werden die für die Erteilung des stundenplanmäßig vorgesehenen Unterrichts erforderlichen Lehrerwochenstunden auf die einzelnen verfügbaren Lehrkräfte verteilt (Lehrauftragsverteilung). Die Verteilung richtet sich nach der individuellen Unterrichtsverpflichtung jeder Lehrerkraft, die sich nach dem Regelstundenmaß - ggf. vermindert um Ermäßigungen, Anrechnungen, Arbeitsbefreiungen und Freistellungen und ggf. nach dem Umfang einer Teilzeitbeschäftigung - bestimmt. Inwieweit der so festgelegte Lehrauftrag von der einzelnen Lehrkraft im Laufe des Schuljahres tatsächlich erfüllt wird, ist bisher grundsätzlich nicht von Bedeutung. Für die Beurteilung der Effizienz des Personaleinsatzes an Schulen ist jedoch nicht von dieser Soll-Größe des Lehrauftrags, sondern vom tatsächlich erteilten Unterricht auszugehen.

In Baden-Württemberg gibt es rd. 4.170 öffentliche Schulen, verteilt auf elf Schularten. Um in einem überschaubaren Zeitraum erste Ergebnisse zu erlangen, wurde die Untersuchung von vornherein auf eine hinreichend aussagekräftige Stichprobe im Bereich der allgemein bildenden Gymnasien und auf ein Schuljahr - das Schuljahr 1999/2000 - beschränkt. In die Erhebung wurden 18 Gymnasien einbezogen; dies entspricht etwa 5 % der insgesamt 370 Gymnasien.

Wesentliche Grundlage der Feststellungen waren die Klassen- und Kurstagebücher sowie Informationsgespräche mit den Schulleitungen, einem Oberschulamt und dem KM. Insgesamt hat der RH 1.314 Tagebücher mit rd. 600.000 Eintragungen ausgewertet.

Die Feststellungen sollten dazu dienen, Überlegungen für einen effizienteren Lehrkräfteeinsatz anzustoßen und Hinweise für mögliche Änderungen, insbesondere für eine bessere Steuerung zu geben. Es war keinesfalls angestrebt, einen Nachweis darüber zu führen, dass Lehrer „zu wenig arbeiten“; es ging auch nicht darum, etwa eine Erhöhung der Pflichtstunden zu fordern und hierfür die Begründung zu suchen. Ebenso wenig dient die Untersuchung der Ermittlung, Bewertung und Bemessung der gesamten Arbeitszeit von Lehrkräften an Schulen.

2.2 Rechtliche Aspekte der Lehrerarbeitszeit

Die Regelung der Arbeitszeit der beamteten Lehrkräfte an den staatlichen Schulen ist eingebettet in die allgemeine Regelung der Arbeitszeit der Beamten des Landes. Nach § 19 AZVO wird die Arbeitszeit der Lehrkräfte wegen der Besonderheiten ihrer Aufgabenstellung in Form einer Unterrichtsverpflichtung „im Rahmen der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit“ (von 40 Stunden oder rd. 1.750 Stunden im Jahr) konkretisiert.

Der Normgeber ist bisher davon ausgegangen, dass die Konkretisierung der Arbeitszeit bei Lehrkräften durch Festlegung in Unterrichtsstunden als Pflichtstundendeputat allein sachgerecht sei. Denn die mit dem Unterricht zusammenhängenden Arbeiten, wie Vor- und Nachbereitung, Korrekturen usw., sowie die sonstigen Aufgaben einer Lehrkraft, wie Dienstbesprechungen, Elternabende, Schulfestvorbereitungen würden je nach der subjektiven Leistungsfähigkeit und Bereitschaft der Lehrkraft einen völlig unterschiedlichen Zeitaufwand mit sich bringen. Dieser könne nicht einheitlich und verbindlich für alle standardisiert festgelegt werden. Da nur der Unterricht zeitlich wie inhaltlich hinreichend bestimmt ist, muss davon ausgegangen werden, dass die übrige zur Verfügung stehende Arbeitszeit eine variable Größe ist, die sich bis zur Höhe der regelmäßigen Arbeitszeit für Landesbeamte entsprechend dem Unterrichtsvolumen anpasst.

Ebenso wie auch sonst von den übrigen Beamten verlangt wird, dass sie das ihnen zugewiesene Arbeitspensum in der vorgegebenen Arbeitszeit erledigen, ist es grundsätzlich Sache der Lehrkraft, sich ihre nicht exakt messbare Arbeit außerhalb des Unterrichts so einzuteilen, dass die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 40 Stunden nicht überschritten wird.

Einen Ausgleich für konkrete Mehrbelastungen der Lehrkräfte sehen die Arbeitszeitregelungen für Lehrkräfte in einer Vielzahl von Fällen durch Minderungen des Unterrichtdeputats vor, die auf Grund objektiver Erfahrungswerte in pauschalierter Form festgelegt sind. Dabei geht es zum einen um die Wahrnehmung von Funktionen in der Schulleitung, in der Koordinierung von Fächern, in der Schulaufsicht, als Vertrauenslehrer usw. und zum anderen um bestimmte, einen besonderen Arbeitsaufwand mit sich bringende Sonderfaktoren (Stundenpool).

3 Feststellungen

3.1 Allgemeines

3.1.1 Vorlage der Tagebücher

Die 18 in die Untersuchung einbezogenen Gymnasien legten dem RH insgesamt 450 Klassen- und Sondertagebücher sowie 864 Kurstagebücher vor. Dies waren allerdings nicht alle im Schuljahr 1999/2000 von den Schulen geführten Tagebücher. So fehlten häufig Sondertagebücher für die Fächer Sport, Religion und Fremdsprachen. Auch wurden Kurstagebücher deshalb nicht vorgelegt, weil sie schuljahrübergreifend geführt wurden und deshalb nicht entbehrlich waren. Allerdings wurden Lücken beispielsweise auch damit begründet, dass die Tagebücher nicht auffindbar seien oder sich noch im Besitz der Kurslehrer befänden.

3.1.2 Führung der Klassen- und Kurstagebücher

Bei der Auswertung der Tagebücher zeigte sich, dass diese von Schule zu Schule, aber auch innerhalb derselben Schule auf sehr unterschiedliche Weise geführt werden. So wurde in den ausgewerteten Klassen- und Kurstagebüchern nicht gehaltener Unterricht in den folgenden Alternativformen dargestellt:

  • Kein Eintrag, obwohl planmäßiger Unterricht hätte stattfinden müssen.
  • Unspezifische Hinweise, wie „unterrichtsfrei, fehl, Ausfall“, dass planmäßiger Unterricht nicht erteilt wurde.
  • Eintrag mit Angabe des Grundes, weshalb Unterricht nicht stattgefunden hat.

Im Übrigen war in Einzelfällen nicht immer eindeutig das Unterrichtsfach, die unterrichtende Lehrkraft oder der Unterrichtsgegenstand zu erkennen, oder es ergaben sich Unsicherheiten, ob der gültige Klassenstundenplan - ggf. mit Änderungen - korrekt eingetragen war (Klassenunterrichts-Soll).

Außerunterrichtliche dienstliche Tätigkeiten als Grund für nicht gehaltenen Unterricht sind - wenn überhaupt - nur z.T. den Tagebucheintragungen zu entnehmen. Insbesondere bei außerunterrichtlichen Veranstaltungen ließ sich nicht erkennen, welche Lehrkräfte dort aktiv eingebunden waren.

Hierzu ist anzumerken, dass nach der VwV über die Führung der Klassen- und Kurstagebücher zwar das unterrichtliche Geschehen zu dokumentieren ist, allerdings ist nicht ausdrücklich vorgeschrieben, auch die Unterrichtsausfälle unter Angabe der Gründe einschließlich außerunterrichtlicher dienstlicher Tätigkeiten der Lehrkräfte festzuhalten.

3.1.3 Validität der Daten

Die Schulleitungen führen verschiedene Listen und Dateien über den Lehrereinsatz (z.B. Abwesenheitsblätter, Aufzeichnungen über den Vertretungseinsatz, die außerunterrichtlichen Aktivitäten und die sonstigen schulischen Veranstaltungen). Diese Datensammlungen sind indes nicht integriert und ermöglichen so nur eine punktuelle Informationsgewinnung. Außerdem werden sie - soweit überhaupt vorhanden - von Schule zu Schule unterschiedlich geführt. Insbesondere kann aus diesen Unterlagen nicht ohne Weiteres festgestellt werden, wie viele Unterrichtsstunden eine bestimmte Lehrkraft tatsächlich gehalten hat. Die Klassen- und Kurstagebücher sind deshalb die einzigen verfügbaren, bei allen Schulen grundsätzlich in gleicher Form vorliegenden Unterlagen, aus denen sich die tatsächliche Unterrichtserteilung insgesamt entnehmen lässt.

Ungeachtet gewisser Unzulänglichkeiten der Dokumentation und gewisser Auswertungsprobleme stellen die den vorgelegten Tagebüchern entnommenen Daten nach Überzeugung des RH eine hinreichend zuverlässige Grundlage für die Ermittlung des tatsächlich gehaltenen Unterrichts dar.

Die vorgefundenen Angaben über die Gründe der Nichterteilung des Unterrichts wurden vollständig nach Kategorien erfasst und quantifiziert. Von einer personenbezogenen Auswertung wurde grundsätzlich abgesehen. Der RH hat sich auch nicht inhaltlich mit den Gründen auseinandergesetzt.

3.2 Gründe für nicht erteilten Unterricht

3.2.1 Kategorien

Überwiegend sind in den vorgelegten Tagebüchern Gründe dafür angegeben, dass kein Unterricht stattfand. Die dokumentierten Gründe wurden vollständig in den nachfolgenden Kategorien zusammengefasst.

3.2.2 Die einzelnen Kategorien

Kategorie: Abitur

Im Schuljahr 1999/2000 wurden die schriftlichen Abiturprüfungen vom 03.04. bis 13.04.2000, die mündlichen Prüfungen zwischen dem 20.06. und 30.06.2000 durchgeführt. Zur Vorbereitung auf die schriftlichen Prüfungen hatten die Abiturienten in der Woche vom 27.03. bis 31.03.2000 keinen Pflichtunterricht. Der planmäßige Unterricht für die Abiturienten endete mit Beginn der Pfingstferien am 29.05.2000.

Häufig fiel wegen der Abiturprüfung auch Unterricht in anderen Klassenstufen aus. Beispielsweise wurden für die Prüfungen mehrere Klassenräume benötigt, in denen dann der reguläre Unterricht nicht stattfinden konnte, oder der Unterrichtsbetrieb wurde für die gesamte Schule ganztägig eingestellt. Nicht alle Lehrkräfte, die deshalb keinen Unterricht erteilen mussten, wurden im Rahmen der Abiturprüfung eingesetzt. Außerdem wurde einzelnen Lehrern für die Korrektur von Abiturarbeiten anderer Gymnasien ein zeitlicher Ausgleich in Form von Korrekturtagen oder Korrekturstunden gewährt.

Wegen der Abiturprüfung (einschließlich Vorbereitung) wurden in allen Klassenstufen 6.276 Unterrichtsstunden nicht gehalten. Außerdem hatten die Kurslehrer der Klassenstufe 13 wegen Beendigung des regulären Unterrichts für die Abiturienten ab den Pfingstferien 6.631 Unterrichtsstunden nicht zu leisten. Insgesamt ergab sich somit an den 18 untersuchten Schulen ein Umfang von 12.907 Unterrichtsstunden, die wegen des Abiturs nicht erteilt wurden.

Kategorie: Abi-Streich

Seit vielen Jahren gibt es an den Gymnasien den sog. Abi-Streich, der zum Ausfall von Unterrichtsstunden an einem regulären Schultag führt. An den Aktionen waren bisher die meisten Schüler und Lehrkräfte der Einrichtung beteiligt. Wegen des Abi-Streichs fielen an den untersuchten Schulen mindestens zwei Unterrichtsstunden je Klasse aus. Einige Gymnasien verwandten hierfür einen ganzen Unterrichtstag. An einer Schule, die selbst noch keine 13. Jahrgangsstufe hatte, wurden allen Schülern die ersten drei Unterrichtsstunden freigegeben, um am Abi-Streich einer benachbarten Schule teilzunehmen. Auf Grund des Abi-Streichs wurden an den untersuchten Gymnasien 1.226 Unterrichtsstunden nicht erteilt.

Kategorie: Wandertag, Studienfahrt, Schullandheim

In jedem Schuljahr sind ein bis zwei Wandertage für alle Jahrgangsstufen, ein einwöchiger Schullandheimaufenthalt in der Mittelstufe sowie eine Studienfahrt von einer Woche in der Oberstufe vorgesehen. Diese Veranstaltungen wurden in der Regel auch von den untersuchten Gymnasien durchgeführt. Die Aufenthalte im Schullandheim und die Studienfahrten wurden gewöhnlich von ein bis zwei Lehrkräften betreut bzw. durchgeführt; für die übrigen Lehrkräfte entfiel der Unterricht in den teilnehmenden Klassen während deren Abwesenheit. Auch während der Wandertage konnten nicht teilnehmende Lehrer den stundenplanmäßigen Unterricht nicht erteilen. Während der Veranstaltungen konnten an den untersuchten Gymnasien aus den hier genannten Gründen 10.701 Unterrichtsstunden nicht gehalten werden.

Kategorie: Lehrerausflug

Die Schulen dürfen einmal jährlich einen Lehrerausflug durchführen. Hierfür können sie nach der einschlägigen VwV ihre Lehrkräfte, die an diesem Tag Unterricht zu erteilen haben, ab der fünften Stunde freistellen. Wegen des Lehrerausflugs wurden an den 18 Gymnasien 721 Unterrichtsstunden nicht gehalten.

Kategorie: Vorzeitiger Schulschluss vor Ferienbeginn

Am letzten Unterrichtstag vor den Weihnachts- und Sommerferien endete der Unterricht an allen untersuchten Gymnasien einheitlich ab der fünften Unterrichtsstunde. Aus diesem Grund wurden insgesamt 1.856 Unterrichtsstunden von den entsprechenden Lehrkräften nicht gehalten.

Kategorie: Gottesdienst während der regulären Unterrichtszeit

Den Schulen wird empfohlen, zu Beginn und Ende eines Schuljahres, vor oder nach größeren Ferienabschnitten sowie am Buß- und Bettag Schulgottesdienste anzubieten. Die Teilnahme für Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler ist freiwillig. Die Schüler werden hierzu vom Unterricht beurlaubt. Wegen der Schulgottesdienste sind an den 18 Gymnasien 999 Unterrichtsstunden nicht erteilt worden.

Kategorie: Hitzefrei

„Hitzefrei“ bedeutet, dass die Schulleitung für die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 5 bis 11 bei belastenden sommerlichen Witterungsbedingungen (Hitze) ein früheres als das stundenplanmäßige Unterrichtsende anordnet und ggf. Nachmittagsunterricht ausfallen lässt; für die Jahrgangsstufen 12 und 13 wird grundsätzlich kein „Hitzefrei“ gegeben. Die untersuchten Gymnasien haben im Schuljahr 1999/2000 nur selten „Hitzefrei“ gewährt; an einem Gymnasium ist jedoch Unterricht wegen „nachgeholtem Hitzefrei“ ausgefallen. Insgesamt sind an den 18 Gymnasien 708 Stunden wegen „Hitzefrei“ nicht gehalten worden.

Kategorie: Klausur in einem anderen Fach

In der Klassenstufe 10 werden zentral gestellte Klassenarbeiten in den Fächern Mathematik, Deutsch und Englisch geschrieben. Hierfür werden z.T. auch Unterrichtsstunden verwendet, in denen planmäßig anderer Unterricht vorgesehen war. Mehrstündige Klassenarbeiten sind auch in den Jahrgangsstufen 12 und 13 zu leisten. Auch hier werden ggf. für andere Kurse vorgesehene Unterrichtsstunden beansprucht. An den untersuchten Schulen wurden 419 aus diesen Gründen nicht erbrachte Unterrichtsstunden dokumentiert.

Kategorie: Konferenz

Konferenzen an den untersuchten Gymnasien fanden zwar grundsätzlich nachmittags statt, und zwar vorrangig an Wochentagen mit möglichst wenig Nachmittagsunterricht; dennoch fielen einzelne Konferenzen auch in die Unterrichtszeit. Gelegentlich wechselten einzelne Gymnasien während des Schuljahres gezielt den Konferenz-Wochentag, um nicht stets die gleichen Unterrichtsstunden wegfallen zu lassen. Wegen dieser Veranstaltungen wurden an den untersuchten Schulen 1.502 Unterrichtsstunden nicht erteilt.

Kategorie: Schuljahresbeginn

Die 18 Gymnasien nutzten den ersten Schultag nach den Sommerferien weitestgehend zur Organisation und Vorbereitung des Unterrichts im bevorstehenden Schuljahr. Meistens begannen sie mit einer ein- bis zweistündigen Lehrerkonferenz, in der u.a. dem Kollegium die Lehrauftragsverteilung bekannt gegeben und weitere unterrichtsorganisatorische Fragen besprochen wurden. Danach begaben sich die Klassenlehrer in ihre Klassen und informierten die Schüler über die neuen Stundenpläne und besprachen andere schulische Angelegenheiten. Ab der fünften Stunde endete dann überwiegend der Unterricht. Schüler, die von der Grundschule auf das Gymnasium wechselten, wurden entweder am Nachmittag des ersten Schultages oder an den beiden folgenden Schultagen aufgenommen. Erst danach begann für diese Klassenstufe der planmäßige Unterricht. Im Zusammenhang mit dem Schuljahresbeginn wurden an den betrachteten Schulen 1.530 planmäßige Unterrichtsstunden nicht gegeben.

Kategorie: Berufserkundung

Die Schüler der Klassenstufe 10 oder 11 des Gymnasiums können an einer einwöchigen Berufserkundung teilnehmen. Dabei erkunden sie in Wirtschaftsunternehmen, Verwaltungsbehörden, Sozial- oder Bildungseinrichtungen sowie bei freiberuflich Tätigen deren Berufe und Umfeld. Während dieser Woche findet für diese Klassen kein Unterricht statt. Schüler, welche an der Berufserkundung nicht teilnehmen, werden entweder zu einer Klasse zusammengefasst oder anderen Klassen zugeordnet. Die teilnehmenden Schüler werden von Lehrkräften betreut, die dafür meist Anrechnungsstunden erhalten. Für die übrigen in diesen Klassen unterrichtenden Lehrer entfällt der Unterricht. An den 18 Gymnasien wurden im Schuljahr 1999/2000 wegen Berufserkundung insgesamt 1.139 Unterrichtsstunden nicht erteilt.

Kategorie: Sporttag

Die untersuchten Gymnasien gestalteten ihren Sporttag in unterschiedlicher Form. Manche hielten einen Wintersporttag ab, andere ein sommerliches Sportevent. Alle Sportlehrer der Schule sowie viele andere Lehrkräfte waren an der Planung und Durchführung dieser Veranstaltungen beteiligt. Wegen der Sporttage wurden an den untersuchten Gymnasien 1.773 Unterrichtsstunden nicht gehalten.

3.3 Nicht zuordenbare Unterrichtsstunden

Die Gründe für die Nichterteilung von stundenplanmäßig vorgesehenem Unterricht waren vielfach nicht konkret dokumentiert und wurden deshalb als „nicht zuordenbar“ erfasst. Insgesamt konnten 29.400 Unterrichtsstunden nicht zugeordnet werden, weil die entsprechenden Einträge fehlten oder der Unterricht wegen Krankheit bzw. Fortbildung der Lehrkräfte ausgefallen war.

3.4 Gesamtergebnis

Die Auswertung der 1.314 Klassen- und Kurstagebücher hat insgesamt 64.881 stundenplanmäßige Unterrichtsstunden ergeben, für die keine Unterrichtserteilung dokumentiert war; der RH geht davon aus, dass nicht unterrichtet wurde. Dass Eintragungen über gehaltenen Unterricht vergessen wurden, dürfte sich auf wenige Ausnahmefälle beschränken und ist deshalb zu vernachlässigen. Die 64.881 Unterrichtsstunden entsprechen einem Anteil von 13,2 % des erhobenen Unterrichts-Solls von 491.682 Unterrichtsstunden. Von den 64.881 Unterrichtsstunden konnten 35.481 den genannten Kategorien eindeutig zugeordnet werden, 29.400 Unterrichtsstunden nicht.

Aus in den Tagebüchern enthaltenen Hinweisen und Indizien sowie auf Grund der mit den Schulleitungen geführten Gespräche kann indes davon ausgegangen werden, dass ein gewichtiger Anteil der 29.400 nicht zuordenbaren Stunden ebenfalls unter die genannten Kategorien fallen dürfte und die verbleibenden durch Krankheit und Fortbildung bedingt sind.

Der Anteil für Krankheit und Fortbildung konnte zwar nicht für alle 18 Gymnasien exakt festgestellt werden. Um jedoch eine Größenordnung - wenn auch mit einer gewissen Unschärfe - bestimmen zu können, wurden exemplarisch bei einem größeren Gymnasium, welches die wegen Krankheit und Fortbildung nicht gehaltenen Stunden durchgängig dokumentiert hatte, eine diesbezügliche Auswertung vorgenommen und ein hierauf entfallender Anteil von 19,46 % des nicht gehaltenen Unterrichts festgestellt. Unterstellt man, dass dieser Anteil bei allen 18 Gymnasien ungefähr gleich groß ist, ergibt das bezogen auf 64.881 nicht gehaltene Unterrichtsstunden ein Volumen von 12.624 Unterrichtsstunden. Die verbleibenden 52.257 Unterrichtsstunden geben die Größenordnung wieder, die bei entsprechender Dokumentation insgesamt den spezifizierten Kategorien zuzurechnen wäre. Bezogen auf eine Vollzeitlehrkraft der untersuchten Gymnasien, bedeutet dies eine faktische Verringerung des Regelstundenmaßes um 1,76 Stunden je Woche .

Der den Kategorien zuzuordnende und der übrige nicht gehaltene Unterricht sowie die daraus berechneten Äquivalente an Lehrerstellen (rechnerisches Nutzungspotenzial) sind in der Übersicht 1 für die 18 untersuchten Gymnasien zusammengefasst; ebenso sind die auf alle 370 Gymnasien hochgerechneten Werte dargestellt.

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Das (rechnerische) Nutzungspotenzial ergibt sich auf Grund einer Division der Zahl der Unterrichtsstunden durch die Jahresdeputatstunden einer sog. statistischen Lehrkraft. Die zu Grunde gelegten Jahresdeputatstunden in Höhe von 842,08 sind das Ergebnis einer Multiplikation der sich aus der amtlichen Schulstatistik für das Schuljahr 1999/2000 ergebenden 21,59 Deputatwochenstunden (statistische Lehrkraft) mit den Schuljahreswochen (39); als Deputatwochenstunden wurde somit nicht das Regelstundenmaß (24) für Gymnasiallehrer (h.D.) angesetzt.

Für die Hochrechnung ergibt sich die Anzahl der nicht erteilten Unterrichtsstunden aller Gymnasien aus der Multiplikation der ermittelten nicht erteilten Unterrichtsstunden in der jeweiligen Kategorie je Lehrkraft mit der Zahl der statistischen Vollzeitlehrer an Gymnasien (17.190) des Schuljahres 1999/2000.

Landesweit hochgerechnet besteht also an den Gymnasien eine Differenz von rd. 1.463.000 Unterrichtsstunden zwischen tatsächlich erteiltem Unterricht (Unterrichts-Ist) und dem Umfang der Lehrverpflichtung (Unterrichts-Soll); das entspricht einem Durchschnitt von 13,2 %; lässt man die wegen Krankheit und Fortbildung nicht gehaltenen Stunden außer Betracht, so ergibt sich ein Wert von 10,6 %. Die dargestellte Größenordnung allein enthält indes keine Aussage darüber, ob dieses Defizit an Unterrichtsleistung in vollem Umfang als „vermeidbarer Ressourcenverbrauch“ anzusehen ist.

4 Bewertung

Für die Bewertung der Differenz von 1.463.000 Unterrichtsstunden ist zu beachten, dass ein Teil auf Gründen beruht, die zu einer Befreiung von der Pflicht zur planmäßigen Unterrichtserteilung führen. Zu diesen Gründen gehören Erkrankung der Lehrkraft, dienstliche Fortbildung und sonstige dienstliche Beanspruchungen, wie die Aufsicht bei Prüfungen, die Begleitung der Schüler bei Wanderungen, Schullandheimaufenthalten, Betriebserkundungen, die Teilnahme an Konferenzen usw.

Soweit die tatsächliche Unterrichtsleistung allerdings aus sonstigen Gründen hinter der Unterrichtsverpflichtung zurückbleibt, führt dies faktisch zu einer Entlastung der Lehrkräfte, die nicht im Einklang mit den normativen Vorgaben steht. Bisher wird die Auffassung vertreten, dass mit der Lehrauftragsverteilung die Unterrichtsverpflichtung der Lehrkräfte und somit ihre Dienstpflicht bestimmt sei; weiche die tatsächliche Deputaterfüllung von der Lehrauftragsverteilung ab, so berühre dies nicht die Dienstpflicht. Der RH hält es angesichts des nicht nur marginalen Umfangs an nicht erteiltem Unterricht unter verschiedenen Aspekten indes für problematisch, dass die für den Unterricht verfügbare Personalressource nicht vollständig eingesetzt wird.

Unter rechtlichem Aspekt ist gerade die Beliebigkeit fragwürdig, mit welcher sich derartige Unterschiede in der faktischen Unterrichtsbelastung für die einzelnen Lehrkräfte ergeben.

Unter allgemeinen dienstrechtlichen Aspekten ist geltend zu machen, dass der Dienstherr ein Recht auf Erfüllung der jeweils obliegenden Unterrichtsverpflichtung hat und es nicht hinnehmen muss, wenn der im Schuljahr tatsächlich gehaltene Unterricht ohne rechtlich beachtliche Gründe, wie Krankheit oder dienstliche Hinderungsgründe, hinter dem Soll-Deputat zurückbleibt. Er hat vielmehr die Erfüllung der vollen Unterrichtsverpflichtung einzufordern.

Das festgestellte Zurückbleiben der tatsächlichen Unterrichtsleistung hinter der normativ festgelegten (individuellen) Unterrichtsverpflichtung ist vor allem unter Haushaltsaspekten kritisch. Unterstellt man, dass etwa die Hälfte der hier beschriebenen Abweichung vom Unterrichts-Soll nicht dienstlich oder durch Krankheit bedingt ist, entspräche diese einem verfügbaren Nutzungspotenzial von 870 Vollzeitstellen an allgemein bildenden Gymnasien. Dieses Ergebnis wäre nicht nur aus haushaltsmäßiger Sicht beachtlich, sondern muss auch vor dem Hintergrund der ständigen Klagen über Unterrichtsausfälle und den in der Öffentlichkeit von Eltern und Lehrerverbänden immer wieder gestellten Forderungen nach mehr Lehrern - und damit staatlichen Mehrausgaben in mehrstelliger Millionenhöhe - gesehen werden.

5 Konsequenzen

In Anbetracht der hohen Bedeutung von Unterrichtsstunden für den Bildungsauftrag der Schule gilt es zu klären, ob

  • auf Unterrichtsstunden, die ohne dienstliches Äquivalent aus schulischen Gründen nicht gehalten werden, im Ergebnis weiterhin verzichtet werden kann und

 

  • unter dem Gesichtspunkt der gerechten Verteilung der Dienstpflichten, die Erfüllung der Unterrichtsverpflichtung am Unterrichts-Ist gemessen werden sollte bzw. muss.

Für die konkrete Feststellung des jeweiligen Unterrichts-Ist der einzelnen Lehrkraft wäre eine entsprechende Dokumentation zwingende Voraussetzung. Bei Nutzung der heute gegebenen Möglichkeiten, derartige Dokumentationen DV-gestützt vorzunehmen, dürfte der Aufwand für die Erfassung in vertretbarem Rahmen zu halten sein. Die bisher von den Schulleitungen geführten Listen und Dateien über den Lehrereinsatz sind keine geeignete Grundlage für eine korrekte Erfassung. Die Schulleitungen können bisher nicht einfach und zuverlässig feststellen, wie viele Unterrichtsstunden eine Lehrkraft im Schuljahr tatsächlich gehalten hat und aus welchen Gründen der Umfang des tatsächlich erbrachten Unterrichts ggf. von der Unterrichtsverpflichtung abweicht. Auch die Klassen- und Kurstagebücher bieten keine hinreichende Datenbasis für diese Feststellungen; die einschlägigen Vorschriften sehen eine entsprechende Dokumentation hier auch nicht vor. Die Schulleitung hat somit auch kein geeignetes Instrument für eine effiziente Steuerung des Personaleinsatzes.

Der RH hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass nicht nur die Qualität der Führung der Klassen- und Kurstagebücher höchst unterschiedlich ist. Vielmehr ergeben sich auf Grund der in den Tagebüchern vorgefundenen Eintragungen und von Aussagen der Schulleitungen Hinweise darauf, dass ihr Umgang mit diesen Dokumenten sehr unterschiedlich ist. Teilweise werten die Schulleiter die Klassen- und Kurstagebücher zeitnah und intensiv aus und beanstanden z.B. das Fehlen von Eintragungen. Andererseits zeigt die beschränkte Auswertbarkeit der dem RH vorgelegten Tagebücher oder das Fehlen von angeforderten Büchern, dass die Bedeutung dieser Unterlagen nicht sehr hoch veranschlagt wird. Alle Schulleitungen der untersuchten Gymnasien betonten zwar, dass die Tagebücher wichtige und unverzichtbare Dokumente seien. Der RH hat jedoch den Eindruck gewonnen, dass die Führung dieser Unterlagen eher eine langer Übung entsprechende Gewohnheit darstellt, als dass sich ein essenzieller Sinn und Nutzen konkret erschließt.

Es wäre also zu klären, welche Möglichkeiten für eine zuverlässige Dokumentation und damit für eine effizientere Steuerung des Personaleinsatzes geschaffen werden können und sicherzustellen, dass der erhebliche Aufwand für das Führen dieser Tagebücher in einem angemessenen Verhältnis zu dem konkreten und belegbaren Nutzen steht.

6 Empfehlungen

Die erkennbar gewordenen verfügbaren Personalpotenziale sollten für die Unterrichtserteilung nutzbar gemacht werden. Der RH gibt hierfür die folgenden Empfehlungen:

6.1 Dokumentation

Der RH empfiehlt eine Dokumentation des Personaleinsatzes, getrennt für jede Lehrkraft, die mindestens folgende Informationen enthält:

  • Zahl aller planmäßigen Unterrichtsstunden, die für alle Tage des Schuljahres zu halten sind (Unterrichts-Soll);

 

  • Anzahl aller gehaltenen planmäßigen Unterrichtsstunden (Unterrichts-Ist);

 

  • Zahl der Unterrichtsstunden, die über die maßgebende Lehrauftragsverteilung hinaus (z.B. als Vertretungsstunden) gehalten wurden;

 

  • Gründe für die Nichterteilung planmäßigen Unterrichts.

Die gehaltenen und anrechenbaren Unterrichtsstunden sind mit den planmäßigen am Schuljahresende abzugleichen; der daraus ermittelte Saldo ist verbindlich festzustellen. Mit DV-Unterstützung wird dieser Abgleich problemlos durchzuführen sein.

6.2 Neuregelung der Unterrichtsverpflichtung

Der RH empfiehlt, die persönliche Unterrichtsverpflichtung nicht wie bisher nach wochenbezogenen Deputatstunden zu bestimmen, sondern künftig nach einer für alle Lehrkräfte gleichen Unterrichtsstundenzahl für das gesamte Schuljahr festzulegen (Schuljahres-Deputat). Etwaige Anrechnungen und Ermäßigungen für die Wahrnehmung von Funktionen oder für sonstige besondere Belastungen sind ebenfalls als Minderung der Jahresstundenzahl zu bestimmen.

Wird die jährliche individuelle Pflichtstundenzahl unterschritten oder überschritten, sollte die Neuregelung vorsehen, dass die Mehr- oder Minderleistung - ganz oder in einem bestimmten Umfang - auf das nächste Schuljahr übertragen wird. Die Schulleitungen sollten in die Lage versetzt werden, übertragene Unterschreitungen organisatorisch flexibel einzusetzen. Hierfür kommt bei Übertragung von Unterschreitungen z.B. der Einsatz für Vertretungen ebenso wie ggf. eine stundenplanmäßige Berücksichtigung bei entsprechender Größenordnung in Betracht. Es sollte in einem gewissen Rahmen aus Gründen der jeweils gegebenen Bedürfnisse der Unterrichtsversorgung ausnahmsweise auch zugelassen werden, Überschreitungen oder Unterschreitungen in weitere Jahre zu übertragen.

Der RH empfiehlt, in einem Pilotversuch an einigen Schulen aller Schularten ein solches Verfahren zu testen. Hierbei könnten Erfahrungen gesammelt werden, die sowohl für die Ausgestaltung der rechtlichen Grundlagen als auch für die notwendigen organisatorischen Voraussetzungen und technischen Instrumente (DV-Verfahren und Hardware usw.) von Bedeutung sind. Außerdem könnten Erkenntnisse über die Auswirkungen auf die pädagogische und kollegiale Situation und die Akzeptanz bei den Lehrkräften (Gründe der Ablehnung oder Befürwortung) gewonnen werden.

6.3 Führung der Tagebücher

Der RH empfiehlt, die Vorschriften über die Führung von Klassen- und Kurstagebüchern mit dem Ziel zu überprüfen, den konkreten Nutzen der bisher geforderten Dokumentationen für die Schulleitungen, die Lehrer und die Schüler festzustellen. Es müsste ohne Vorbehalte überlegt werden, für welche Zwecke die Dokumentation des jeweils behandelten Unterrichtsstoffs tatsächlich verwertet wird und wie oft dies geschieht. Außerdem ist zu klären, ob das Fehlen oder das Fehlverhalten von Schülern auch auf einfachere Weise festgehalten werden kann. Dabei ist selbstverständlich auch eine etwaige rechtliche Relevanz der Eintragungen zu berücksichtigen; bisher dürften allerdings nur in wenigen Fällen Klassenbucheintragungen als Beweismittel in Klageverfahren eine Rolle gespielt haben, sodass die rechtliche Bedeutung nicht überbewertet werden darf (ggf. stehen auch andere Beweismittel zur Verfügung). Sofern für bisher geforderte oder übliche Eintragungen kein allgemeiner Nutzen feststellbar, allenfalls ausnahmsweise erkennbar ist, sollte darauf verzichtet werden.

Ob auf das Führen der Tagebücher generell verzichtet werden kann und notwendige Dokumentationen auf andere Weise erstellt werden können, kann der RH nicht ohne Weiteres beurteilen. Er empfiehlt, für den Fall einer Weiterführung der Tagebücher zu prüfen, ob die Dokumentationen künftig mit Hilfe der IuK-Technik erstellt werden können. Deren Einsatz wäre nicht nur zeitgemäß, sondern würde den bisher entstehenden erheblichen Aufwand deutlich minimieren und damit die Lehrkräfte und Schulleitungen entlasten. In diesem Fall könnte sogar die Dokumentation des tatsächlich geleisteten Unterrichts mit der Führung der Tagebücher verbunden werden.

7 Stellungnahme des Ministeriums

Das KM teilt mit, es sei bestrebt, die vorhandenen Lehrerdeputate an den Schulen möglichst effizient im Unterricht einzusetzen. Dabei ließe sich die Schulverwaltung von der größtmöglichen Eigenständigkeit der Schulleitungen zur Entwicklung besonderer Schulprofile, von Deregulierung und Poolregelungen leiten, ohne die notwendige Rahmengebung und Schulaufsicht zu vernachlässigen. Insoweit begrüße und unterstütze es die Ziele der Untersuchung des RH und die Beratung.

Das Ministerium sei an einer Zusammenarbeit mit dem RH bei der Weiterentwicklung von Instrumenten für die Verbesserung des wirkungsvollen Einsatzes der Lehrerdeputate interessiert und werde im Rahmen eines Pilotversuches innerhalb der rechtlichen Gegebenheiten, ggf. auf freiwilliger Basis, an einigen Schulen erproben, wie die tatsächlichen geleisteten Unterrichtsstunden der jeweiligen Lehrperson im Blick auf den übertragenen Lehrauftrag eines Schuljahres mit IuK-Methoden transparent und rationell erfasst werden könnten. Wenn auf diese Weise mehr Transparenz seitens der Schulleitungen und mehr Akzeptanz gegenüber der Arbeitsleistung der Lehrkräfte geleistet werden könne, wäre ein weiteres wichtiges Ziel erreicht. An der Zielbestimmung und Durchführung dieses Pilotversuches sollten alle interessierten Stellen (insbesondere Lehrerverbände, Hauptpersonalräte, Landeselternbeirat, Rechnungshof, Schulen und Schulverwaltung) beteiligt werden. Ob allerdings die vom RH erhoffte bessere Nutzung der Lehrerressourcen erreicht werden könne, sei fraglich.

Weiter weist das Ministerium darauf hin, dass auf Landesebene, elektronisch unterstützt über ein internetfähiges Verfahren, die Daten von 440 Stichprobenschulen in einzelnen Kalenderwochen (Schuljahr 1999/2000 waren es drei Kalenderwochen) erfasst würden; darunter befänden sich 45 Gymnasien. Nach dieser Erhebung habe an den Stichprobenschulen der Unterrichtsausfall im Schuljahr 1999/2000 während der Erhebungswochen durchschnittlich 4,8 % betragen.

Zu den einzelnen Kategorien nimmt das Ministerium umfassend Stellung und setzt sich inhaltlich mit den jeweiligen schulischen Ereignissen auseinander. Dabei wird mehrfach auf die außerunterrichtlichen Belastungen der Lehrkräfte hingewiesen, die im Zusammenhang mit diesen Ereignissen bestünden. Diese Belastungen werden vom Ministerium gegengerechnet, sodass sich im Ergebnis ein deutlich geringeres Nutzungspotenzial ergibt. Dieses beträgt nach den Berechnungen des KM für alle Gymnasien nur 472,2 Lehrerstellen. Daher erscheine das hier errechnete Ergebnis, bei aller Akzeptanz der Untersuchungsziele des RH, doch stark überhöht. Der vom RH ermittelte Anteil von über 13 % an nicht erteiltem Unterricht widerspräche dem aus Sicht des Ministeriums plausiblen Wert von nahezu 4 % Unterrichtsausfall. Denn über die vom Ministerium bisher durchgeführte Stichprobenerhebung zur Dokumentation der Unterrichtssituation könne lediglich ein Unterrichtsausfall von 4,8 % belegt werden. Bei der Beurteilung von Nutzungspotenzialen müsse berücksichtigt werden, dass diese Ressourcen, soweit sie realisiert werden können, nicht für die Grundversorgung, sondern nur zur Minderung von Ausfällen wegen Abwesenheit von Lehrkräften, also für Vertretungen eingesetzt werden könnten, was bereits in hohen Anteilen geschehe.

Wegen der besonderen Bedeutung einer transparenten Ressourcenverwendung schließe sich das Ministerium der grundsätzlichen Aussage hinsichtlich der Unterrichtsleistung durch die Lehrkräfte an. Allerdings müsse dabei beachtet werden, dass von den Lehrern nicht nur im Unterricht, sondern auch bei außerunterrichtlichen Maßnahmen ein hohes Maß an Engagement, also auch an Zeitansatz, erbracht werde. Zur Empfehlung des RH, für die Lehrkräfte ein Schuljahres-Deputat einzuführen, macht das KM geltend, dass die Umsetzung beträchtliche rechtliche Probleme im Hinblick auf das sog. Vorgriffsstundenmodell aufwerfen würde. Denn für rd. 35.000 Lehrkräfte, die am Vorgriffsstundenmodell teilnehmen, sei durch Verwaltungsakt verbindlich zugesichert, dass sich deren Arbeitszeit bis zum Jahr 2013 nicht verändern würde. Damit sei für diesen Personenkreis auch eine Änderung der Berechnung, wenn sie zu einer Ausdehnung der Unterrichtsverpflichtung führen würde, rechtlich definitiv ausgeschlossen. Da die Lehrerinnen und Lehrer an Grund-, Haupt-, Real- und Sonderschulen nur einheitlich behandelt werden könnten, müssten ggf. auf freiwilliger Basis Teilnehmer für den geplanten Pilotversuch gefunden werden.

Bezüglich der Feststellungen des RH zur Führung der Klassen- und Kurstagebücher sieht sich das KM veranlasst, in Empfehlungen an die Schulleitungen darauf hinzuweisen, dass diese verstärkt für die Einhaltung der einschlägigen Vorschriften und die Korrektheit der Eintragungen Sorge tragen sollten. Dennoch wolle es vor allem aus schulinternen und pädagogischen Gründen an der Führung der Tagebücher festhalten, werde aber in Abstimmung mit den Oberschulämtern eine Verbesserung und Präzisierung der VwV zur Führung der Tagebücher vorbereiten und dabei auch Art und Weise der Eintragungen im Blick auf die Anforderungen des RH kritisch hinterfragen. Eine Umstellung der Tagebücher auf IuK-Technik sei mit den derzeitigen und künftig absehbaren Ausstattungen der Schulen fraglich und erscheine unter pädagogischen wie auch administrativen Aspekten auch nicht nötig.

8 Schlussbemerkung

Ziel der Untersuchung des RH war es nicht, den tatsächlichen Unterrichtsausfall aus Sicht der Schüler zu ermitteln, sondern ausgehend von der Unterrichtsverpflichtung der Lehrkräfte festzustellen, in welchem Umfang diese tatsächlich erfüllt wird. Die Ergebnisse der vom Ministerium bislang durchgeführten Erhebungen des Unterrichtsausfalls in drei Kalenderwochen an Stichprobenschulen sind mit den Feststellungen des RH zum Umfang des als nicht erteilt dokumentierten Unterrichts während eines ganzen Schuljahres nicht vergleichbar.

Wenn das Ministerium von einem deutlich geringeren Nutzungspotenzial als dem vom RH angenommenen ausgeht, so beruht dies auf einer vom Prüfungsansatz des RH abweichenden Betrachtungsweise. Der RH hat auch von einer konkreten Verrechnung der als nicht erteilt dokumentierten Unterrichtsstunden mit Zeiten, die auf die Wahrnehmung von unterrichtsersetzenden Tätigkeiten (z.B. Begleitung einer Schulklasse auf einem Wandertag oder bei einem Schullandheimaufenthalt) oder auf außerunterrichtliche Verpflichtungen (z.B. Teilnahme an Konferenzen) entfallen, ausdrücklich abgesehen. Deren Umfang ist nicht dokumentiert; im Übrigen sind außerunterrichtliche Verpflichtungen von den Lehrkräften grundsätzlich neben der Unterrichtsverpflichtung wahrzunehmen. Der RH wollte lediglich die Größenordnung nicht erteilten Unterrichts feststellen und auf ein daraus ableitbares mögliches Nutzungspotenzial hinweisen. Zum Hinweis des Ministeriums, ein derartiges Nutzungspotenzial könne - soweit realisierbar - nur für Vertretungen eingesetzt werden, ist hervorzuheben, dass vertretungsweise wahrgenommener Unterricht vom RH als erteilt erfasst wurde; die hierfür eingesetzte Ressource ist also bereits beim festgestellten Unterrichts-Ist berücksichtigt.

Die Ergebnisse der Untersuchung belegen, dass für die Unterrichtsversorgung personelle Reserven in nicht unerheblichem Umfang verfügbar gemacht werden können. Dies erscheint angesichts der schwierigen Haushaltslage des Landes, insbesondere auch vor dem Hintergrund der angestrebten Zurückführung der Nettoneuverschuldung auf Null einerseits und dem wichtigen Anliegen einer ausreichenden Unterrichtsversorgung andererseits von Bedeutung. Die Vorschläge des RH sollen einen Anstoß dafür geben, diese Reserven durch einen effizienteren Personaleinsatz für den Unterricht zu mobilisieren.


Anhänge

Einzelplan 06: Finanzministerium

Der Personalstand im Statistischen Landesamt ist nicht ausreichend an die fortschreitende Technisierung der Arbeitsabläufe angepasst worden. Untersuchungen des Rechnungshofs in einzelnen Aufgabenbereichen zeigen allein im mittleren Dienst ein Personaleinsparpotenzial von kurzfristig 65 und mittelfristig weiteren 40 Stellen. Zusätzliche Einsparmöglichkeiten ergeben sich im gehobenen und höheren Dienst.


1 Ausgangslage

Die 16 Statistischen Landesämter und das Statistische Bundesamt nehmen wichtige öffentliche Aufgaben wahr, die im Bundes- bzw. Landesstatistikgesetz geregelt sind. Die amtliche Statistik ist entsprechend dem föderalen Staats- und Verwaltungsaufbau weitgehend dezentral organisiert. Von wenigen Ausnahmen abgesehen sind die Statistischen Landesämter für die Durchführung der Erhebungen und die Aufbereitung bis zum Landesergebnis zuständig. Das Statistische Landesamt Baden-Württemberg (StaLa) führt insgesamt 159 jährliche und unterjährige Erhebungen durch; dabei werden nahezu 21 Millionen Datensätze gewonnen. Für die amtliche Statistik sind bundesweit allein an Personalkosten über 500 Mio. € jährlich aufzubringen. Die bei den Berichtsstellen (Datenlieferanten) entstehenden Personalkosten und sämtliche Sachkosten sind noch nicht eingerechnet. Berichtsstellen sind z.B. Gemeinden, staatliche Behörden sowie private Unternehmen und Haushalte. Daneben erheben weitere öffentliche Einrichtungen Statistikdaten (z.B. die Arbeitsverwaltung). Vielfältige Initiativen und Bemühungen, das umfangreiche Aufgabenspektrum öffentlicher Statistiken zurückzuführen und damit die Kosten zu senken, zuletzt mit dem Entwurf zum Statistikbereinigungsgesetz im Jahr 1997, haben bislang kaum nennenswerte Erfolge erbracht. Isolierte Betrachtungen auf Länderebene waren im Hinblick auf die föderale Struktur und die im Wesentlichen auf europarechtlichen und bundesgesetzlichen Regelungen beruhenden Aufgaben ebenfalls nicht erfolgreich. Die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder haben vor diesem Hintergrund vereinbart, das öffentliche Statistikwesen in Deutschland parallel und abgestimmt zu prüfen. Das von den beteiligten Rechnungshöfen gemeinsam erarbeitete Prüfungskonzept mit der Zielsetzung, die Wirtschaftlichkeit des öffentlichen Statistikwesens zu verbessern und Vergleiche zwischen den Ländern zu ermöglichen, umfasst folgende Prüfungsschwerpunkte:

  • Organisation und Personalbedarf
  • IuK-Ausstattung und -Unterstützung bei der Statistikerstellung
  • Einsatz einer bedarfsgerechten Kosten- und Leistungsrechnung (KLR)
  • Notwendigkeit, Häufigkeit und Umfang von Statistiken
  • Zusammenarbeit der Statistischen Ämter.

Die einzelnen Rechnungshöfe des Bundes und der Länder hatten selbst über den Zeitpunkt der Erhebungen, die Intensität und die Prüfungsschwerpunkte zu befinden. Sie beabsichtigen, generelle Feststellungen, Erkenntnisse, Ländervergleiche und Empfehlungen in einen gemeinsamen Bericht aufzunehmen.

In Baden-Württemberg wurde mit den Erhebungen Ende 2000 begonnen und über die gemeinsamen Prüfungsfelder hinaus eine umfassende Organisations- und Wirtschaftlichkeitsanalyse beim StaLa durchgeführt. Im Interesse der Aktualität wird vorab über einzelne Feststellungen berichtet. Die gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen im Übrigen Personaleinsparungen und Optimierungen unabhängig vom Benchmarking mit den anderen Ländern. Die sich aus dem Ländervergleich ergebenden zusätzlichen Maßnahmen können darauf aufbauen.

2 Struktur des Statistischen Landesamts

2.1 Allgemeines

Das StaLa ist eine Landesoberbehörde im Geschäftsbereich des FM. Die Aufgaben werden in sechs Abteilungen mit insgesamt 23 Referaten wahrgenommen. Zusätzlich sind ein Grundsatzreferat (Grundsatzfragen, Öffentlichkeitsarbeit, Büro der Amtsleitung) sowie die Stabsstelle „Controlling“ eingerichtet und direkt der Präsidentin unterstellt.

2.2 Haushalt und Stellen

Die LHR weist für das Jahr 2000 Ausgaben in Höhe von 31,4 Mio. € aus. In 1995 betrugen die Ausgaben noch 33,1 Mio. €, sie sind um rd. 5 % zurückgegangen. Jedoch sind in diesem Zeitraum durch die Verlagerung des Großrechners in das ZfI Ausgaben im Umfang von 1,0 Mio. € in den Haushalt der OFD Stuttgart übergegangen. Dem StaLa standen im Jahr 2000 insgesamt 689 Stellen zur Verfügung . Zum 31.12.2000 waren 20 Stellen frei und besetzbar. Rund 61 % der Stellen entfallen auf den mittleren, 27 % auf den gehobenen und 12 % auf den höheren Dienst. Im Vergleich zum Jahr 1995 wurden rd. 12 % Stellen im mittleren und rd. 2 % im gehobenen Dienst abgebaut. Die Zahl der Stellen im höheren Dienst blieb im gleichen Zeitraum unverändert. In diesen Zahlen sind Aushilfskräfte, die nicht auf Stellen geführt, sondern über verschiedene Titel finanziert werden, nicht enthalten. Im Haushalt 2000 waren für die Beschäftigung solcher Aushilfskräfte rd. 3,08 Mio. € veranschlagt, verausgabt wurden 2,26 Mio. €. Weitere 1,27 Mio. € wurden als Aufwandsentschädigungen für Interviewer bzw. Zähler gezahlt.

Im Jahr 2000 wurden mit diesen Mitteln insgesamt 143 Aushilfskräfte, davon 11 im höheren, 14 im gehobenen und 118 im mittleren Dienst beschäftigt. Rechnerisch ergibt dies eine Kapazität von 67,7 Vollzeitmitarbeitern. Da entsprechende Vergleichszahlen für die zurückliegenden Jahre fehlen, ist die Darstellung der Personalentwicklung seit 1995 nur eingeschränkt möglich. Gegenüber 1995 sind die Ist-Ausgaben um rd. 0,66 Mio. € zurückgegangen. Dies lässt den Schluss zu, dass 1995 in deutlich höherem Umfang Aushilfskräfte zum Einsatz kamen. (s. Pkt. 4.1).

3 Kennzahlenvergleich der Statistischen Ämter

Im Schaubild 1 werden die Ausgaben einzelner Statistischer Landesämter je Einwohner dargestellt. Dieser erste, teilweise recht grobe Zahlenvergleich ist lediglich als Orientierungsgröße zu verstehen. Er bestätigt jedoch die allgemeine Erkenntnis, dass größere Einheiten relativ wirtschaftlicher arbeiten können. Die Zahlenangaben beruhen auf eigenen Erhebungen der Rechnungshöfe.

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4 Einzelbemerkungen zur Haushalts- und Wirtschaftsführung

4.1 Einsatz von Aushilfskräften

Übersicht 1 verdeutlicht den Umfang der eingesetzten Mittel für Aushilfskräfte. Danach sind die Ausgaben gegenüber 1995 um rd. 0,66 Mio. € zurückgegangen; sie liegen aber mit rd. 2,25 Mio. € immer noch hoch. Nachrichtlich sind auch die Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Mitarbeiter (Interviewer, Zähler) genannt.

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Mit Hilfe dieser Aushilfskräfte sollen personelle Engpässe überbrückt und saisonaler Spitzenbedarf abgedeckt werden. Der RH hat jedoch festgestellt, dass Mitarbeiter in Einzelfällen über den Einsatz im beantragten Rahmen (Mitteleinsatz für spezifizierte Erhebungen) hinaus mit anderen Tätigkeiten z.T. in anderen Referaten oder Abteilungen betraut waren.

Die Zahl der Aushilfskräfte sollte deutlich reduziert werden, ohne die Anzahl der Planstellen zu erhöhen. Die im Zusammenhang mit der Einstellung der Aushilfskräfte anfallenden Tätigkeiten verursachen in der Personalverwaltung, aber auch im Fachreferat einen hohen bürokratischen Aufwand.

Erfassungs- und Aufbereitungstätigkeiten für verschiedene Statistiken fallen oft nur saisonal an oder die Intensität ist im zeitlichen Ablauf stark schwankend. Ein stärkeres Augenmerk ist daher auf den flexiblen Einsatz des vorhandenen Personals zu legen. Seitens der Personalverwaltung werden hierzu bisher nur schwache Aktivitäten entfaltet. Nur in einzelnen Fällen findet ein flexibler Personalaustausch über Referats- oder Abteilungsgrenzen hinweg statt; der Austausch ist zu verstärken.

4.2 Pausenregelung

Allen Mitarbeitern des StaLa wurde in einer am 24.03.1994 zwischen der Amtsleitung und dem Personalrat geschlossenen Dienstvereinbarung über den Einsatz von automatisierten Zeiterfassungssystemen ermöglicht, ihre Arbeit unter Einrechnung in die Arbeitszeit sowohl vormittags als auch nachmittags zur Einnahme von Erfrischungsgetränken und kleinen Zwischenmahlzeiten für jeweils weniger als eine Viertelstunde zu unterbrechen. Die Inanspruchnahme der Mittagspause blieb davon unberührt ebenso wie die gesetzlichen Regelungen für die Bediensteten mit Bildschirmarbeitsplätzen. Nach Angaben des StaLa wird bereits seit 1974 entsprechend verfahren.

Für jeden Mitarbeiter ergeben sich hieraus arbeitstäglich zusätzlich mögliche Pausen von 28 Minuten entsprechend 96,6 Arbeitsstunden jährlich. Bei 624 im Jahr 2000 besetzten Stellen und voller Inanspruchnahme errechneten sich hieraus insgesamt 60.278 Jahresarbeitsstunden.

Die in der Dienstvereinbarung getroffene Regelung geht über die gesetzlichen und tarifrechtlichen Bestimmungen zur Arbeitszeit hinaus und ist unverzüglich aufzuheben. Der RH hat bereits in der Denkschrift 1991 Nr. 4 im Einvernehmen mit dem IM darauf hingewiesen, dass entsprechende Regelungen nicht zulässig sind. Das FM hat zugesagt, die Dienstvereinbarung zu prüfen.

4.3 Zentraler Auskunftsdienst

Der Zentrale Auskunftsdienst (ZAD) hat im Wesentlichen die Aufgaben, telefonische und schriftliche Anfragen zu bearbeiten sowie länder- und abteilungsübergreifende Fragestellungen zu koordinieren. Zusätzliche Aufgaben sind der Historische Dienst und die Besucherbetreuung. Nach der KLR 2000 ergeben sich allein für die Erteilung von Auskünften durch den ZAD direkt verursachte Kosten von rd. 202.000 €. Insgesamt sind elf Mitarbeiter anteilig mit insgesamt 5,5 Vollzeitstellen mit Aufgaben des ZAD befasst. Im Jahr 2000 sind nach Angaben des StaLa 8.600 telefonische und schriftliche Anfragen eingegangen.

Zur Feststellung der Arbeitsbelastung wurden durch Selbstaufschreibung der Mitarbeiter die Zahl der telefonischen und schriftlichen Anfragen, die erteilten Auskünfte und der erforderliche Zeitaufwand für die Bearbeitung erhoben. Im Erhebungszeitraum (10 Arbeitstage) sind 270 telefonische und 82 schriftliche Anfragen eingegangen. Rechnerisch hatte jeder Mitarbeiter täglich 5 telefonische Auskünfte mit einem durchschnittlichen zeitlichen Aufwand von 12 Minuten je Anfrage und deren Erledigung aufzuwenden. Die Bearbeitung der schriftlichen Anfragen beanspruchte jeden Mitarbeiter rechnerisch rd. 50 Minuten täglich. Die KLR weist für Erteilung von Auskünften im Referat für das Jahr 2000 insgesamt 8.674 Stunden aus. Bezogen auf einen Mitarbeiter sind dies 1.577 Jahresstunden oder 457 Minuten arbeitstäglich. Die in der KLR gebuchten Zeiten übersteigen den vom RH konkret erhobenen Aufwand von insgesamt 110 Minuten täglich um das Vierfache. Einwände des FM, das Ergebnis wäre nicht repräsentativ, können nicht geteilt werden, da die hochgerechneten Fallzahlen im Erhebungszeitraum den vom StaLa angegebenen jährlichen Fallzahlen entsprechen.

Das Erhebungsergebnis zeigt Indizien für eine personelle Überbesetzung. Auch unter Berücksichtigung, dass im Erhebungszeitraum keine koordinierenden Zusatzaufgaben oder parlamentarische Anfragen zu erledigen waren, ist die personelle Ausstattung des ZAD zu überprüfen.

4.4 Bibliothek

Die Bibliothek des StaLa ist eine Präsenzbibliothek mit geringem Leihverkehr. Insgesamt 6 Mitarbeiter, im Umfang von 4,15 Vollstellen, waren in Bibliotheksaufgaben eingebunden. 90 % der verwalteten Bestände sind statistische Publikationen. Weitere Bestände sind z.T. in großem Umfang an verschiedenen Stellen im StaLa vorhanden. Im Jahr 2000 wurden hausintern 279 und über Fernleihe 197 Monographien (Bücher, Zeitschriften) ausgeliehen. Im Jahr 2000 haben 1.216 interne und 227 externe Personen die Bibliothek besucht. Setzt man die Ausleihen und die Besucher in Bezug zu den 4,15 Mitarbeiterstellen, so entfallen auf einen Mitarbeiter nur an jedem zweiten Tag eine Ausleihe und deutlich weniger als zwei Besucher je Tag.

Selbst unter Berücksichtigung der bibliothekarischen Kernaufgaben (Pflege, Einkauf, usw.) und einer Sonderaufgabe (historischer Dienst) bestehen angesichts der dargestellten Faktoren erhebliche Zweifel an der Auslastung der Bibliotheksmitarbeiter. Auch im Hinblick auf die heutigen Möglichkeiten, Informationen über die an jedem Arbeitsplatz zur Verfügung stehenden Internetzugänge zu erhalten, ist der Personalaufwand für Bibliotheksaufgaben kritisch zu hinterfragen.

4.5 Innere Dienste

4.5.1 Zentraler Schreibdienst

Im Zentralen Schreibdienst sind fünf Mitarbeiterinnen (4,8 Stellen) eingesetzt. Diese Mitarbeiterinnen sind weniger als 50 % ihrer Arbeitszeit mit Schreibarbeiten ausgelastet. Sie nehmen daher verschiedene Hilfstätigkeiten, wie z.B. Registraturarbeiten und Hausmeisterdienste wahr. Da sich im Zuge der ganzheitlichen Sachbearbeitung das anfallende Schriftgut weiter reduzieren wird, sollte der zentrale Schreibdienst vollständig aufgelöst und die anfallenden Restarbeiten in den Abteilungssekretariaten mit erledigt werden. Das FM hat die Auflösung des Zentralen Schreibdienstes in den kommenden zwei Jahren zugesagt.

4.5.2 Telefonzentrale

Die Telefonzentrale ist gemeinsam mit dem Telefondienst der Universität Stuttgart in einem Nebengebäude untergebracht. Aktuell laufen Überlegungen der Universität, aus diesem „Verbund“ auszusteigen. In der Telefonzentrale sind drei Mitarbeiterinnen des StaLa in der Zeit von 07:30 bis 16:00 Uhr eingesetzt, wobei eine Mitarbeiterin als Vollzeitkraft, die beiden übrigen zu je 50 % beschäftigt sind. Aushilfsweise werden Mitarbeiter der Pforte oder des Schreibdienstes mit hinzugezogen. Insgesamt entfallen auf die Telekommunikationsstelle Mitarbeiterkapazitäten im Umfang von 2,7 Stellen.

Dieser Aufwand erscheint dem RH angesichts der heutigen Möglichkeiten der Kommunikationstechnik zu hoch. Da bereits jetzt die außerhalb der festen Dienstzeiten auflaufenden Gespräche über die Pforte abgewickelt werden, wird die Zusammenführung dieser Dienste empfohlen.

4.5.3 Pforte

Die Pforte ist täglich durchgehend von 06:30 bis 18:00 Uhr besetzt. Der Pfortendienst wird wechselseitig von drei Pfortenmitarbeitern wahrgenommen, die ihre Einsatzzeiten selbständig untereinander absprechen. Aushilfsweise werden zusätzlich Mitarbeiter eines „Service-Pools“ eingesetzt. Nach den schriftlichen Erhebungen zu den wahrgenommenen Tätigkeiten entfällt auf den Pfortendienst eine Mitarbeiterkapazität von 2,3 Stellen. Die Pfortenmitarbeiter sind letztlich nur für die Zugangskontrolle der Besucher eingesetzt. Telefonische Anfragen werden während der festen Dienstzeiten von der Telefonzentrale wahrgenommen. Für die Mitarbeiter des StaLa selbst ist der Zu- und Abgang zum Haupt- und den Nebengebäuden mit einer persönlichen Codekarte möglich.

Durch eine deutlich verkürzte Bereitschaftszeit ist der Personalbedarf der Pforte zu reduzieren. Die offizielle Kontaktzeit für Besucher ist Montags bis Donnerstags von 09:00 bis 15:30 Uhr und Freitags bis 12:00 Uhr. Eine Präsenzzeit von 07:30 bis 16:00 Uhr, freitags bis 13:00 Uhr wäre ausreichend. Andere Untersuchungen des RH haben gezeigt, dass sich gerade die Pfortendienste für das Outsourcing anbieten. Dabei können die für den Pfortendienst aufzuwendenden Kosten ohne qualitative Einbußen deutlich gesenkt werden. Alternativ bzw. zusätzlich wäre zu prüfen, ob nicht durch die Integration der Telefonzentrale Synergien gewonnen werden können.

Eine alle Faktoren berücksichtigende Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ist zwingend notwendig, sie sollte kurzfristig durchgeführt werden.

5 Veröffentlichungswesen

Aufgabe des StaLa ist gemäß dem Landesstatistikgesetz neben der Aufbereitung und Analyse auch die Darstellung von statistischen Daten. Eine rechtliche Verpflichtung, diese Informationen kostenlos bereitzustellen, besteht grundsätzlich nicht. Untersucht wurde im Rahmen der Prüfung die Aufbereitung und Gestaltung, die Form der Veröffentlichung und in welchem Umfang Publikationen nachgefragt werden. Aus dem Verkauf von Publikationen konnten im Jahr 2000 rd. 311.000 € Einnahmen erzielt werden. Im Jahr 2000 fielen für Veröffentlichungen, ohne die in den Fachreferaten für die Entwürfe der Berichte und Dokumentationen geleistete Zuarbeit, rd. 2,3 Mio. € Personal- und Sachkosten an. Hiervon entfielen 80 % auf Veröffentlichungen und 20 % auf Erhebungsunterlagen. Lediglich rd. 17 % dieser Veröffentlichungskosten waren damit durch Einnahmen gedeckt, obwohl diese im Jahr 2000 überproportional hoch waren. Im Durchschnitt der letzten drei Jahre lagen die jährlichen Einnahmen bei nur rd. 217.000 €. Die Schere zwischen Ausgaben und Einnahmen klafft weit auseinander.

Die nachfolgend beschriebenen Maßnahmen bieten sich für eine wirtschaftlichere Gestaltung dieses Aufgabenfeldes an.

5.1 Überprüfung der Verkaufspreise

Die Verkaufspreise für die Publikationen sind nach den Festlegungen des FM auf der Basis von Kalkulationen kostendeckend zu gestalten. Als Kostenfaktoren sind alle externen und hauseigenen Herstellungs- und Vertriebskosten (Personal- und Sachkosten des Veröffentlichungsreferats) einzubeziehen. Die letzte Kostenkalkulation datiert aus dem Jahr 1993, 1997 wurden die Preise letztmals angepasst. Seit diesem Zeitpunkt wurden keine Kostenkalkulationen und Preisanpassungen mehr durchgeführt. Kostendeckende Erlöse wären nur über eine Erhöhung der Verkaufspreise bei entsprechender Nachfrage zu realisieren. Wenn überhaupt, dürfte dies nur bei wenigen Produkten gelingen. Insgesamt schätzt der RH die Erfolgsaussichten einer signifikanten Erhöhung der Einnahmen als sehr gering ein.

5.2 Möglichkeiten der Kostenreduzierung

Um die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen, müssen die Publikationen kostenkritischer betrachtet und nachfrageorientierter erstellt werden.

5.2.1 Verstärkte Fremdvergabe der Druckerzeugnisse

Druckerzeugnisse (Veröffentlichungen und Erhebungsbogen) werden mit einem Personaleinsatz von sechs Stellen zu rd. 62 % hausintern hergestellt. Das StaLa verfügt über insgesamt sieben Offset-Druckmaschinen bzw. Großkopierer. Der Maschinenkapazität von jährlich rd. 27 Mio. Druckseiten steht nur eine tatsächliche Druckleistung von 6,57 Mio. Druckseiten gegenüber; dies entspricht einer Geräteauslastung von lediglich 24,3 %. Wegen fehlender technischer Möglichkeiten bzw. intern nicht umsetzbarer Anforderungen der Fachreferate wurden im Jahr 2000 29 Aufträge im Umfang von 4,06 Mio. Seiten extern vergeben. Das Auftragsvolumen betrug 77.393 €. Die durchschnittlichen Kosten je Druckseite lagen bei 0,019 €, dies bei einer Spannbreite zwischen 0,001 und 0,20 €. Allein der Personalkostenaufwand für die 6,57 Mio. intern erstellten Druckseiten betrug 363.000 €; dies entspricht 0,56 € je Seite. Ohne Berücksichtigung von Sach-, Material- und Finanzierungskosten ist der Eigendruck um das Dreifache teurer als die extern erstellten Druckerzeugnisse. Diese vereinfachte Wirtschaftlichkeitsrechnung zeigt die Notwendigkeit, den Eigendruck auf Kleinaufträge zu beschränken und die Druckleistungen insbesondere bei Großaufträgen extern zu vergeben. Die Personalkapazitäten in der Druckerei können damit deutlich, nämlich in der Größenordnung 4 von 6 Stellen, abgebaut werden. Das FM hat einen Personalabbau von 3 Stellen bis Ende 2003 zugesagt.

5.2.2 Nachfrageorientierte Erstellung von Publikationen

Auch der gesetzliche Auftrag, statistische Ergebnisse zu publizieren, entbindet das StaLa nicht, das Veröffentlichungswesen nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu gestalten. Es kann sich letztlich der Frage nicht entziehen, für wen und zu welchem Zweck es unter Einsatz erheblicher Personalressourcen und Haushaltsmittel Veröffentlichungen anbietet. Von der jeweiligen Gesamtauflage wurden zwischen 34 % und 100 % abgegeben. Die Anteile der verkauften Druckstücke lagen in Bezug zur jeweiligen Gesamtauflage zwischen 16 % und 67 %, im Durchschnitt bei nur etwa 21 %. Beispielsweise betrug der Lagerbestand bei den Statistischen Berichten zum Ende des Jahres 2000 noch rd. 43 % der ursprünglichen Auflage von 118.000 Exemplaren.

Obwohl bei vielen Produkten die notwendige Auflagenhöhe durch feststehende Abonnements kalkulierbar ist, ging die Druckauflage meist weit über den Bedarf hinaus. Hierdurch entstanden vermeidbare Herstell- und Lagerkosten. Die vom StaLa auf Grund der Aufgabenstellung anzubietenden Veröffentlichungen müssen sich stärker als bisher an der Nachfrage orientieren. Wenn diese erkennbar fehlt, ist davon auszugehen, dass über den amtlichen Verteiler hinaus keine Auflagenerhöhung notwendig ist.

Bislang wurde der Großteil der Publikationen über die gesetzliche Verpflichtung hinaus kostenfrei abgegeben. Zu den kostenfreien Beziehern zählen die Ministerien, Behörden, Verbände, Presseeinrichtungen und Bibliotheken. Die kostenlose Abgabe an weitere Institutionen ist unter Beachtung eines strengen Maßstabes festzulegen. Zwischenzeitlich lag der Anteil der kostenfrei abgegebenen Veröffentlichungen bei rd. 43 %. Dies war für das StaLa Anlass, den Freiverteiler zu überarbeiten. Die Gesamtauflagen konnten dadurch deutlich reduziert werden. Es ergab sich eine Sachkosteneinsparung im Vertrieb von etwa 40 %. Entsprechende personelle Einsparungen müssen folgen.

5.2.3 Verstärkte Veröffentlichungen über elektronische Medien

Eine weitere, bisher noch zu wenig genutzte Möglichkeit, bietet sich über das Internet an. Durch dieses Medium können statistische Informationen und Analysen insgesamt aktueller, interessanter und langfristig kostengünstiger gestaltet werden. Schon jetzt sollte bundesweit abgestimmt werden, ob diese Dienste und Informationen zumindest teilweise kostenpflichtig angeboten werden. Das Statistische Bundesamt setzt bereits ein Verfahren mit einer kommerziellen Shoppingsoftware ein. Letztlich werden sich auch über das Internet nur die Publikationen vermarkten lassen, die aktuell und für die Bürger oder die Wirtschaft von Interesse sind.

Das StaLa muss sein Veröffentlichungswesen weiter optimieren, nachfrageorientierter und damit insgesamt wirtschaftlicher gestalten.

6 Personaleinsatz

Der RH hat in einigen Bereichen des StaLa zur Ermittlung des angemessenen Personalbedarfs sowohl die analytische als auch die empirische Personalbedarfsanalyse eingesetzt. Ergänzend wurden Daten aus der KLR herangezogen. Nachfolgend werden Prüfungsergebnisse dieser Ansätze exemplarisch dargestellt. Das StaLa selbst hat bislang keine eigenen analytischen Personalbedarfsberechnungen durchgeführt.

6.1 Analytische Personalbedarfsanalyse

Zur Durchführung der Personalbedarfsanalyse wurden die am Arbeitsplatz anfallenden Tätigkeiten abschließend beschrieben. Mit Interviews, Beobachtungen am Arbeitsplatz sowie eigenen Arbeitszeitschätzungen der Mitarbeiter wurden mittlere Bearbeitungszeiten (MB 2) für die einzelnen Aufgabenschritte gebildet. An Hand der jeweiligen Fallzahlen konnte so der für die Erstellung der Statistiken notwendige Personalsollbedarf ermittelt und mit dem Ist-Bestand verglichen werden. Exemplarisch sind in der Übersicht 2 die Fallzahlen und Bearbeitungszeiten für die Sachbearbeiter - mittlerer Dienst - zur Erfassung und Aufbereitung der Statistiken im „Verarbeitenden Gewerbe“ dargestellt.

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Auf Basis der Jahresarbeitsminuten von Angestellten errechnet sich ein Personalsollbedarf von insgesamt 20 Mitarbeitern.

Für die Statistiken im Verarbeitenden Gewerbe ergibt sich danach im Sachbearbeiterbereich ein Personalüberhang von 4 Stellen (s. Übersicht 3).

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Entsprechende Analysen weiterer Statistiken in den Abteilungen 2 und 4 ergaben noch höhere Personalüberkapazitäten, je nach Statistik zwischen 22 und 63 %. Die Personalüberkapazitäten summieren sich in diesen beiden Abteilungen auf 16 Stellen im Sachbearbeiterbereich, wobei inzwischen 2,5 Stellen weggefallen sind.

6.2 Empirische Personalbedarfsanalyse

Die empirische Personalbedarfsanalyse beruht auf erfahrungsorientierten Schätzungen. Sie ist eine Methode, Informationen darüber zu gewinnen, mit welcher Stellenausstattung eine bestimmte Aufgabe in Zukunft erledigt werden kann. Insofern stellen die Ergebnisse empirischer Verfahren Anhaltspunkte und Orientierungen dar, die hilfreich sind, wenn z.B. durch geplanten IuK-Einsatz die Arbeitsabläufe vereinfacht und infolge von Synergie-Effekten beschleunigt werden können.

Für die Arbeit im StaLa ergeben sich durch technologische Entwicklungen neue Möglichkeiten der automatisierten Datenerhebung, die zu einem weitgehenden Wegfall des Zeitaufwandes für Plausibilisierungen und zur Vermeidung von Medienbrüchen führen können. Einzelne Projekte hierzu wurden z.B. im Bereich der Sozialhilfestatistiken, der Staatsanwaltschaftsstatistik sowie der Wanderungsbewegung erfolgreich umgesetzt.

Technische Optimierungsmöglichkeiten werden bisher nicht ausreichend genutzt. Dies ist u.a. darauf zurückzuführen, dass neben dem StaLa auch die berichtenden Stellen - vor allem aus dem öffentlichen Bereich - zu wenig eigene Initiativen zur optimierten Datenlieferung ergreifen. Diese Aktivitäten sollten verstärkt werden.

Am Beispiel der „Schulstatistiken“ können die möglichen Einsparpotenziale bei Einführung optimierter, d.h. Medienbrüche vermeidender Prozesse aufgezeigt werden. Die Potenziale berechnen sich durch Vergleich mit den derzeit gebuchten Tätigkeiten und Personalstunden auf die Kostenträger der KLR des StaLa. In der Schulverwaltung sind umfangreiche Projekte (Schulverwaltung online, Schulverwaltung am Netz) im Gange, aus denen sich mittelfristig erhebliche Veränderungen in den Prozessabläufen und damit auf den Personaleinsatz ergeben. Bereits in seinen Denkschriften 1994 Nr. 5 und 1997 Nr. 8 hat der RH Vorschläge zur Optimierung der Informationstechnik in der Schulverwaltung unterbreitet, die jetzt umgesetzt werden.

Nach Angaben des StaLa werden für die öffentlichen Schulen voraussichtlich bis zum Jahr 2005 schrittweise wesentliche Tätigkeiten im Fachreferat entfallen, wie z.B. der Versand der Erhebungsbogen, die Datenerfassung, die Eingangs- und Vollständigkeitskontrolle sowie große Teile der Plausibilitätsprüfungen. Im Sachgebiet Allgemeinbildende Schulen verbleiben lediglich noch

  • die Steuerung des technischen Ablaufs (soweit dezentral),
  • die Auswertungen und Veröffentlichungen sowie
  • in erheblich geringerem Umfang als bisher die Plausibilitäts- und Konsistenzprüfungen.

Auf Basis der gebuchten Stunden in der KLR schätzt der RH unter Berücksichtigung der künftig wegfallenden Tätigkeiten den mittelfristigen Personalbedarf für die Abwicklung der Statistik der Allgemeinbildenden Schulen auf maximal eine qualifizierte Sachbearbeiterstelle. Bis voraussichtlich 2005 können somit 4,5 Stellen der bisher 6,5 Stellen des mittleren Dienstes abgebaut werden. Wenn auch Schulen in nicht staatlicher Trägerschaft (8 % der Berichtsstellen) die Möglichkeiten einer elektronischen Datenanlieferung nutzen, kann eine weitere Stelle entfallen.

Den Sachgebieten Zentrale Aufgaben und Dateien im Bildungswesen waren im Erhebungszeitraum insgesamt 12 Stellen zugewiesen. Die bislang wahrgenommenen Aufgaben werden zukünftig größtenteils entfallen. Hinzu kommt, dass die Arbeitsprozesse in den Bereichen Berufsbildung, Lehrerseminare und kommunaler Finanzausgleich durch den weiteren Ausbau der elektronischen Datenanlieferung weiter optimiert werden können. Der im Referat verbleibende Aufwand ist gering und beansprucht bei optimierten Arbeitsprozessen Personalressourcen in geringem Umfang. Das StaLa hat inzwischen mit dem Personalabbau begonnen.

Die laufenden Projekte beziehen sich auch auf die Daten der beruflichen Schulen. Analog zu den Allgemeinbildenden Schulen ist auch hier davon auszugehen, dass künftig medienbruchfreie Datenübertragungen und Auswertungen möglich sein werden. Die beschriebenen Auswirkungen lassen sich auf das Sachgebiet Berufliche Schulen weitgehend übertragen. Nach Einbeziehung der privaten Schulen und der Schulen in den Geschäftsbereichen des SM und MLR können die Aufgaben von einem Sachbearbeiter erledigt und somit drei Sachbearbeiterstellen im mittleren Dienst abgebaut werden.

Als Konsequenz ergeben sich auch Einsparpotenziale im gehobenen und höheren Dienst, sowie im Bereich der Zentralen Datenerfassung (DV).

6.3 Mögliche Personaleinsparungen im Statistischen Landesamt

Die analytischen Personalbedarfsanalysen zeigten einen Personalüberhang von 33,8 % der dort eingesetzten Stellen im mittleren Dienst auf. Geht man zu Gunsten des StaLa davon aus, dass in den nicht analytisch untersuchten Fachbereichen der Personalüberhang nicht so deutlich ausfällt, so ist nach Meinung des RH eine Einsparquote von 20 % der Stellen des mittleren Dienstes in den Fachabteilungen (gegenüber 33,8 % im tatsächlich untersuchten Bereich) eine realistische Zielgröße. Auf die Fachabteilungen bezogen können sonach 50 Stellen abgebaut werden. Zusätzliche Einsparpotenziale ergeben sich im gehobenen und höheren Dienst.

In den Abteilungen 1 Zentrale Aufgaben, Allgemeine Verwaltung, Informationstechnik und 6 Informationsdienste ergibt sich durch die in den Punkten 4.3, 4.4, 4.5.1, 4.5.2, 4.5.3, 5.2.1 und 5.2.2 beschriebenen Maßnahmen ein Einsparpotenzial von mindestens 15 Stellen. Hinzu kommen Personaleinsparungen bei der zentralen Datenerfassung (s. Beitrag Nr. 14).

Insgesamt ergibt sich somit ein kurzfristig realisierbares Einsparpotenzial von 65 Stellen im Sachbearbeiterbereich.

Laufende Projekte zeigen, dass die technischen Entwicklungen und die Optimierung der Prozessabläufe noch längst nicht abgeschlossen sind. Mittelfristig lassen sich durch bereits projektierte IuK-Vorhaben (u.a. Schulverwaltung, Rechtspflege) weitere 40 Stellen im mittleren Dienst einsparen. Parallel dazu ergibt sich auch hier ein Stellenabbau im gehobenen und höheren Dienst.

Die mit der technischen Optimierung verbundenen Stelleneinsparungsmöglichkeiten müssen aufmerksamer als bislang verfolgt und zeitnaher und konsequenter umgesetzt werden.

7 Aufbauorganisatorische Konsequenzen

Der RH empfiehlt als weitere Konsequenz auch eine organisatorische Verschlankung des Amtes. In den Fachabteilungen kann die Zahl der Referate reduziert werden. Von den bislang sechs Abteilungen kann eine entfallen. Eine Möglichkeit wäre, die Abteilung 6 vollständig aufzulösen.

8 Controlling im Statistischen Landesamt

8.1 Sachstand

Das Amt hat beim Aufbau einer KLR sowie eines geeigneten Controlling nicht nur als Pilotbehörde des Landes, sondern auch über die Landesgrenzen hinweg Pionierarbeit geleistet. Der Controllingbereich ist als Stabsstelle direkt der Präsidentin unterstellt. Derzeit sind ein Mitarbeiter des höheren Dienstes sowie zwei Mitarbeiter des gehobenen Dienstes mit Controllingaufgaben betraut. Seit Januar 1996 ist die KLR im Einsatz (Kostenstellen-, Kostenträgerrechnung). Eine Kurzdarstellung der wesentlichen Merkmale zeigt Übersicht 4.

Das Berichtswesen wurde sukzessive ausgebaut. Neben vierteljährlichen Kostenträger- und Kostenstellenberichten werden ebenfalls vierteljährlich Übersichten der Herstellkosten auf Referats- und Statistikebene erstellt. Halbjährlich erscheint ein referatsbezogener Controllingreport mit einer Kurzanalyse der Kostensituation, monetären und nichtmonetären Kennzahlen und der Darstellung der Einnahmen. Derzeit wird erwogen, eine prozessorientierte Tätigkeitsanalyse aufzubauen.

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8.2 Feststellungen des Rechnungshofs

Das StaLa hat bei Einführung der KLR bzw. des Controlling fünf Ziele definiert. Eines der Ziele, nämlich eine verbesserte Transparenz zur Produktkostenermittlung, wurde weitgehend erreicht. Wie in kaum einer anderen Landesdienststelle wurden über einen längeren Zeitraum hinweg die Kosten der Produkte gut aufbereitet und transparent dargestellt. Inwieweit ein weiteres Ziel, die Erzeugung von Kostenbewusstsein erreicht wurde, lässt sich nur schwer evaluieren. Die weiteren drei definierten Ziele

  • outputorientierte Budgetierung,
  • Unterstützung von Managemententscheidungen und
  • Verbesserung der Effizienz

konnten dagegen nur teilweise erreicht werden.

Die Controllingberichte werden nach den von den Führungskräften des StaLa erteilten Auskünften zwar mit Interesse zur Kenntnis genommen; sie haben bislang aber noch zu wenig Einfluss auf Managemententscheidungen und konkrete Effizienzverbesserungen. Die im Zuge der Konzeptentwicklung als steuerungsrelevant betrachteten Kennzahlen „Herstellkosten“, „Deckungsquote“ und „Zahl der Veröffentlichungen“ seien weitgehend fremdbestimmt und von daher für die Führungskräfte wenig beeinflussbar; sie werden deshalb nicht als wirklich steuerungsrelevant angesehen.

Im Hinblick auf die flächendeckende Einführung der NSI in der Landesverwaltung erscheint dem RH der Hinweis auf die bisher eher marginale Relevanz der neuen Steuerung im StaLa notwendig. Der frühzeitigen Bildung konkreter, ressort- und aufgabenspezifischer steuerungsrelevanter Kennzahlen muss noch mehr als bisher Bedeutung zugemessen werden. Es wird vor dem Trugschluss gewarnt, dass die Kostenrechnung bereits zu entscheidenden Effizienzverbesserungen und zu einer bedarfsorientierten Personalausstattung führt; es ist offenkundig geworden, dass hierfür weitergehende Analysen z.B. der Personalkosten mit gängigen Methoden der Organisationsuntersuchung erforderlich sind.

9 Stellungnahme des Ministeriums

Das FM begrüßt die Untersuchungen des RH, da sie einen unterstützenden Beitrag zur Fortsetzung des vom FM eingeschlagenen Weges der Steigerung der Effizienz und Effektivität des Verwaltungshandelns beim StaLa darstellen.

Der Vorschlag des RH, den Einsatz von Aushilfskräften zu reduzieren und ein stärkeres Augenmerk auf einen flexiblen Einsatz des vorhandenen Personals zu legen, hat das FM aufgegriffen. Es prüft derzeit den Aufbau einer „Task Force“ aus gut qualifizierten und erfahrenen Mitarbeitern. In den Bereichen Bibliothek, Zentraler Schreibdienst und Telefonzentrale wurde inzwischen bereits Personal abgebaut bzw. ist ein weiterer Personalabbau zugesagt. Weiter wird die Möglichkeit des Outsourcing des Pfortendienstes geprüft.

Die Preise für Veröffentlichungen werden bis Ende 2002 neu kalkuliert. In der Hausdruckerei wurden inzwischen Vorkehrungen zur Einsparung von internen Druckkosten getroffen. Publikationen sollen künftig nachfrageorientierter erstellt werden.

Das FM führt in Bezug auf die analytische Personalbedarfsanalyse des RH an, dass die Zahl der Krankheitstage im StaLa beim mittleren Dienst für das Bezugsjahr 2000 bei 19,7 liege. Dagegen werde nach den Vorgaben der VwV-Kostenfestlegung lediglich von 11,2 Krankheitstagen je Mitarbeiter ausgegangen. Das FM macht geltend, dass dieser erhöhte Krankenstand entsprechende Folgen für die Kapazitätsberechnungen des RH haben müsste.

Der RH kann sich dieser Auffassung nicht anschließen. Zur Berechnung des Personalsollbedarfs ist es methodisch nicht zu rechtfertigen, dass ein aktuell höherer Krankheitsstand im StaLa als Berechnungsgrundlage für die künftige Personalausstattung herangezogen wird. Nach den anerkannten Methoden der Personalbedarfsanalyse ist zur Beurteilung des Personalbedarfs ein Mitarbeiter mit durchschnittlichem Leistungsvermögen als Maßstab heranzuziehen. Es stellt sich vielmehr die Frage, warum der Krankenstand im StaLa den Landesdurchschnitt um über 75 % übersteigt. Das StaLa sollte dringend den Ursachen nachgehen. Insoweit sind die Berechnungen des RH nicht zu ändern.

Im Weiteren führt das FM aus, dass die Ergebnisse der Personalbedarfsanalysen nicht auf das gesamt StaLa übertragen werden können, da der RH insbesondere Statistiken mit einem mittel- bis langfristig hohen Rationalisierungsgrad ausgewählt habe. 80 % der Datensätze würden bereits heute DV-gerecht geliefert, sodass die Einsparpotenziale dort zwangsläufig geringer wären als bei Statistiken mit aufwändiger manueller Aufbereitung.

Auch dieser Einlassung des FM kann nicht gefolgt werden. Der RH hat ausgeführt, dass er entgegen den in den Untersuchungsbereichen festgestellten Einsparmöglichkeiten von über 33 % des Personals im mittleren Dienst lediglich von einer Einsparquote in den Fachabteilungen von 20 % ausgegangen ist. Die Statistiken wurden nicht in Hinblick auf die Höhe des Rationalisierungsgrades sondern im Wesentlichen bundeseinheitlich von den Rechnungshöfen des Bundes und der Länder ausgewählt. Der RH hat festgestellt, dass Personaleinsparungen nicht konsequent mit der Einführung medienbruchfreier Datenübertragung einhergingen. Die Feststellung, dass bereits 80 % der Datensätze DV-gerecht geliefert werden lässt deshalb keinen Rückschluss auf evtl. noch vorhandene Personalüberkapazitäten zu.

Das FM ist der Auffassung, dass durch weitere Umorganisationen des StaLa (Referat 32 Familienwissenschaftliche Forschungsstelle in die Abteilung 6) eine hinreichende Basis für eine eigenständige Abteilung geschaffen werden kann. Insoweit will das FM derzeit dem Vorschlag des RH Auflösung einer Abteilung nicht folgen.

10 Schlussbemerkung

Beim StaLa hat die technologische Entwicklung erhebliche Optimierungspotenziale für die tägliche Arbeit ergeben. In den letzten Jahren wurde weder von externer noch interner Seite versucht, diese durch strukturierte Aufgabenanalysen und analytische Personalbedarfsberechnungen zu verifizieren. Konsequenzen aus den Ergebnissen der KLR wurden kaum gezogen. Vor diesem Hintergrund sind die Feststellungen dieser Untersuchung nicht überraschend.

Der RH hat Bereiche identifiziert, bei denen aktueller Handlungsbedarf besteht. Die vorgeschlagenen Maßnahmen verbessern Personaleinsatz und Organisation des StaLa. Ein Personalabbau von 65 Stellen im Sachbearbeiterbereich schon kurzfristig und von weiteren 40 Stellen nach Realisierung der anstehenden Projekte zur technischen Optimierung ist möglich. Daraus folgen weitere Einsparmöglichkeiten bei den Stellen des gehobenen und höheren Dienstes.

Das FM ist aufgefordert, im Interesse der Wirtschaftlichkeit die Vorschläge des RH umzusetzen und die Struktur und die Prozessabläufe des StaLa wie vorgeschlagen zu verbessern, damit das Amt den Anforderungen eines modernen und flexiblen Dienstleistungsunternehmens besser gerecht wird.


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Die parlamentarische Behandlung finden Sie hier


Anhänge

Das Statistische Landesamt hat eine zeitgemäße DV-Arbeitsplatzausstattung, aber teilweise veraltete DV-Verfahren, welche die Möglichkeiten der medienbruchfreien Dialogverarbeitung nur unzulänglich nutzen. Darüber hinaus spielt das Internet als Medium zur Datenerhebung und zum Datentransfer noch eine zu geringe Rolle. Die Integration des Rechners des Landesamtes in das Zentrum für Informationsverarbeitung ist noch nicht vollständig vollzogen. Die Zusammenarbeit mit anderen Ländern im Rahmen der föderalen Softwareentwicklung sollte effizienter gestaltet werden.


1 Überblick

Die IuK des Statistischen Landesamtes (StaLa) ist von bundesweiten Rahmenbedingungen abhängig, die der Wirtschaftlichkeit nicht immer förderlich sind. Eine Folge davon ist z.B., dass es zwei vollständig ausgebaute IuK-Systeme betreiben muss: Ein Großrechnersystem, das z.T. beim Zentrum für Information und Kommunikation bei der OFD Stuttgart (ZfI) und z.T. beim StaLa installiert ist, sowie ein Client-/Server-System im StaLa mit 46 Servern und 767 PC-Clients.

Der Hauptteil der Anwendungsentwicklung, der Rechnerbetrieb und weitere IuK-Aufgaben werden in zwei IuK-Referaten wahrgenommen. Darüber hinaus führen auch die Fachabteilungen IuK-Aufgaben aus, z.B. Benutzerbetreuung und in geringem Umfang Anwendungsentwicklung. Zusammen mit den Statistischen Ämtern der anderen Bundesländer und mit dem Statistischen Bundesamt wird die Software arbeitsteilig entwickelt (Verbund).

Die IuK-Sachausgaben im Jahr 2000 betrugen insgesamt rd. 2,5 Mio. €. Sie sind im Haushalt des StaLa (1,06 Mio. €), des ZfI (1,41 Mio. €) und des Zentrums für Kommunikation und Datenverarbeitung (ZKD - 0,04 Mio. €) angefallen. Das StaLa verwendet in den IuK-Referaten 95 Personalstellen für IuK-Aufgaben; hierfür fallen Personalausgaben von rd. 6,6 Mio. € an. Der jährliche IuK-Gesamtaufwand liegt somit bei knapp 9,2 Mio. €. Von den Gesamtausgaben des StaLa in Höhe von 32,7 Mio. € entfielen im Jahr 2000 rd. 28 % auf die IuK.

2 Feststellungen und Anregungen

2.1 Rechenzentrum

2.1.1 Rechnerverlegung

Das Land hat vor längerer Zeit eine „Flurbereinigung“ seiner Rechenzentren (RZ) begonnen. Das ZfI wurde mit der Wahrnehmung aller IBM-bezogenen Rechneraufgaben, das RZ beim Landeskriminalamt mit der Wahrnehmung der Siemens-bezogenen Rechneraufgaben betraut. Dem ZKD wurde insbesondere der Betrieb des LVN übertragen. In Ausführung dieser Grundsatzbeschlüsse hat der Ministerrat bereits 1997 das FM beauftragt, den IBM-Rechner des StaLa in das ZfI zu integrieren.

Alle Beteiligten haben diesen Auftrag nicht sehr zügig betrieben. Sowohl ZfI als auch StaLa hatten kein erkennbares Interesse an einem raschen Projektfortschritt. Das StaLa sah wohl in der Preisgabe seines RZ seinen Stellenwert beeinträchtigt, das ZfI war andererseits nicht bereit, weitere Aufgaben ohne nennenswerte Personalvermehrung zu übernehmen. Zwar wurde der Rechner vom StaLa in den Maschinenraum des ZfI verlagert. Dort wird er aber nicht integriert mit den anderen ZfI-Rechnern betrieben, sondern als separate Einheit. Da die im StaLa zurückgebliebenen Peripheriegeräte, wie z.B. Massendrucker und Kassettenstationen, über eine teure Datenleitung angeschlossen werden mussten, sind an Stelle der erhofften Einsparungen infolge von Synergieeffekten Mehrausgaben angefallen. Die überschlägig ermittelte Differenz zwischen den Kosten des Rechnerbetriebes im StaLa und denen im ZfI betragen rd. 0,5 Mio. € jährlich, wobei das FM die Mehrkosten allerdings auch auf eine Kapazitätserweiterung des Rechners anlässlich dessen Verlagerung zurückführt. Die neu geschaltete Datenleitung kostete 491.000 €.

Insgesamt gesehen ist der Projektverlauf ein Beispiel dafür, dass die Realisierung eines prinzipiell richtigen Ansatzes wegen Fehlens einer präzisen Zielformulierung und detaillierter Analysen einerseits und des Desinteresses und Beharrungsvermögens der Beteiligten andererseits sowie infolge mangelndem Projekt-Controlling verzögert wird.

Zu kritisieren ist in diesem Zusammenhang auch, dass vom FM ein Berater für 58.000 € ohne öffentliche Ausschreibung mit der Projektleitung (Schwerpunkt Moderation) beauftragt wurde, ohne dass dies dem Projektfortschritt und -ergebnis besonders förderlich gewesen wäre. Inzwischen hat das Ministerium einen Projektverantwortlichen aus seinem Hause benannt und neue Aufträge an StaLa und ZfI zur vollständigen Integration erteilt.

2.1.2 Datensicherung

Statistikdaten werden in großem Umfang und für lange Zeit gespeichert. Dafür hat das StaLa noch kein durchgängiges Speicher- und Löschkonzept.

Duplikate der auf dem Großrechner anfallenden Daten sollten grundsätzlich im Ausweichrechenzentrum des Landes in einem ehemaligen Regierungsbunker gesichert werden.

Für die auf dem Client-Server-System anfallenden Daten betreibt das StaLa ein eigenes Speichersystem, während das FM Überlegungen für ein zentrales Datenhaltungskonzept mit zentraler Ansiedelung von Applikationsservern anstellt („Serverfarm“).

Der RH fordert ein durchgängiges Konzept, das Mehrfacharbeit vermeidet und redundante Datenhaltung minimiert. Grundsätzlich sollte das ZfI die Großrechner-Daten ab sofort und mittelfristig alle Daten nach Weisung des StaLa archivieren.

2.1.3 Druckoutput

Einschneidende Änderungen hält der RH auch beim Druckoutput für nötig. Viele DV-Anwendungen und die dazu gehörenden Druck-Programme wurden zu einer Zeit konzipiert, als die Bearbeiter Ergebnisse noch nicht online am Bildschirm anschauen konnten. Statistiken und Tabellen werden seit damals in umfangreichen Listen nachgewiesen und für Auskunftszwecke aufbewahrt, häufig ohne dass dies heutzutage noch notwendig wäre. Erforderlich ist eine Output-Analyse mit dem Ziel, den großen Umfang an Papierausdrucken weitgehend zu reduzieren (ABC-Analyse). Die Verantwortung für das restliche Druckgeschäft sollte ungeachtet des räumlichen Standortes der Drucker dem bereits existierenden Druck- und Versandzentrum des FM übertragen werden. Das Druckzentrum hat bereits jetzt mehrere Betriebsstätten.

Generell sollte das StaLa den Rechnerbetrieb, die Datensicherung und das Druckgeschäft insgesamt an das ZfI auslagern. Für andere Lösungen hätte es jeweils einen Wirtschaftlichkeitsnachweis zu führen.

2.2 DV-Ausstattung und DV-Verfahren

Am 31.12.2000 hatte das StaLa in seinen Räumen für die Großrechner-orientierte DV 95 Bildschirmterminals, 11 Druckerterminals und 27 weitere Geräte wie Bandkassetteneinheiten und steuereinheiten, Drucker sowie Terminalsteuereinheiten betrieben. Der IBM-Rechner selbst war zu diesem Zeitpunkt bereits ins ZfI verlagert worden. Das Client/Server-System bestand aus 46 Servern, 810 PC (651 PC an Arbeitsplätzen und 159 weitere PC, z.B. in Schulungsräumen und Reservegeräte), Belegleser und 200 Druckern. Alle dafür in Frage kommenden Arbeitsplätze sind mit zeitgemäßen Bildschirmen und PC ausgestattet. Angesichts der Gebäudestruktur mit Großraumbüros sollte allerdings die Zahl der Arbeitsplatzdrucker reduziert werden, was das StaLa inzwischen zugesagt hat.

Die IuK im StaLa ist noch Großrechner-geprägt. Etwa 70 % der Statistiken werden teilweise oder vollständig nach wie vor im RZ produziert.

Die DV-Verfahrenslandschaft des StaLa ist heterogen. Zu bearbeiten sind 292 DV-Verfahren der amtlichen Statistik, 226 davon sind bzw. nutzen Großrechneranwendungen. 235 Verfahren (80 %) werden im Verbund entwickelt und gepflegt, für 33 von ihnen ist Baden-Württemberg federführend zuständig.

Zu monieren sind ein unvollständiger und nicht ausreichend für Steuerungszwecke ausgelegter Bestandsnachweis und das Fehlen eines umfassenden Störfallverzeichnisses für alle Geräte. Auch hat der RH gefordert, das Ausschreibungsgebot künftig vermehrt zu beachten, ein Großteil der Aufträge wurde bisher ohne ausreichende Begründung im Wege der freihändigen Vergabe erteilt.

2.3 IuK-Organisation

IuK-Aufgaben wurden bisher vorwiegend in drei Referaten der Abteilung 6 bearbeitet. Diese wurden inzwischen zu zwei Referaten zusammengefasst, neu strukturiert und in die Abteilung 1 (Verwaltung) eingegliedert. Durch die Neuorganisation wird das Ausscheiden eines Referatsleiters kompensiert und es werden im Wesentlichen aufbauorganisatorische Unzulänglichkeiten wie die organisatorische Trennung fachlich verwandter Aufgaben beseitigt. Die Stelle eines Referatsleiters soll nach Auskunft des FM gestrichen werden.

Die Gesamtverantwortung für die IuK sollte eindeutig bei den IuK-Referaten liegen; soweit Fachabteilungen weiterhin auch IuK-Aufgaben wie Softwareentwicklung wahrnehmen, darf dies nur in enger Abstimmung bzw. im Auftrag der IuK-Referate geschehen. Anzustreben ist eine stärker ausgeprägte Auftraggeber-Auftragnehmerbeziehung zwischen diesen und den Fachabteilungen.

2.4 Personal

Zu den 95 Personalstellen in den IuK-Referaten kommen noch Anteile im Gesamtumfang von 14 Personalstellen für IuK-Aufgaben hinzu, die in der Verwaltung und in den Fachabteilungen wahrgenommen wurden (z.B. Benutzerbetreuung, Anwendungsentwicklung, Datenarchivierung). Das IuK-Personal verteilt sich zu 28,5 % auf den mittleren, zu 60 % auf den gehobenen und zu 11,5 % auf den höheren Dienst. Die Fluktuation war gering. Von 77 Personen mit IuK-Aufgaben im engeren Sinne hatten lediglich 6 Personen eine abgeschlossene Informatik- bzw. DV-Ausbildung. Das StaLa stellt fest, dass der nicht mehr zeitgemäße DV-Tarifvertrag für die öffentliche Verwaltung die Quantität und auch die Qualität des IuK-Personals zunehmend negativ beeinflusse. Hilfreich wäre eine größere Flexibilität, die es erlaube, bessere Leistungen adäquat zu vergüten.

2.5 IuK-Kosten

Die Zusammensetzung der monatlichen IuK-Kosten (z.B. Abschreibungen) bzw. IuK-Ausgaben je Bildschirmarbeitsplatz zeigt Übersicht 1:

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Diese überschlägig ermittelten Kennzahlen enthalten auch anteilige Beträge für Aufgaben, die das StaLa über seinen Auftrag im engeren Sinne hinaus erbringt, wie z.B. den Firewallbetrieb für den Geschäftsbereich des FM. Andererseits sind Kosten des Datennetzes, der Softwareentwicklung, der zentralen Datenerfassung und Zinsen auf Investitionen hierin nicht enthalten. Trotz dieser Unschärfen liegen die Kosten relativ hoch; eine wesentliche Ursache dürfte der parallele Betrieb zweier DV-Systeme sein.

2.6 Benutzerbetreuung

In der Benutzerbetreuung ist sowohl Personal der Fachabteilungen als Referatsnutzerbetreuer und Vorortbetreuer auf Abteilungsebene als auch Personal der IuK-Referate tätig. Mit einem Betreuungsschlüssel von 1 Betreuer zu 80 Arbeitsplätzen erscheint die Benutzerbetreuung personell angemessen besetzt. Trotzdem lässt sich die Effizienz der IuK-Betreuung erhöhen.

Den Referatsnutzerbetreuern und den Vorortbetreuern sind auch die wichtigen Aufgaben „Ermittlung Bedarf und Verbesserungsmöglichkeiten in den Anwendungsbereichen“ und „Artikulieren von Anforderungen an die IuK-Abteilung“ zugewiesen, ohne dass diese ausreichend wahrgenommen werden. Das Vorort-Personal beschäftigt sich statt dessen weit überwiegend mit Installations- und Einrichtungsarbeiten sowie mit Fragen aus dem Umfeld der Bürokommunikation.

Im Blick auf die Aufsplitterung der Betreuungsverantwortung sollten in konsequenter Anwendung des Grundsatzes „Verantwortung in eine Hand“ alle Betreuungsfunktionen in den IuK-Referaten konzentriert und dort alle Anfragen nach den Regeln eines User-Help-Desk bearbeitet werden. Im Gegenzug sollte in den Fachabteilungen mehr Sachverstand zur Wahrnehmung der Auftraggeberfunktion gegenüber der IuK-Abteilung aufgebaut werden (z.B. Formulierung von Anforderungen an Fachanwendungen, Abnahme der Ergebnisse).

2.7 Softwareentwicklung

2.7.1 Entwicklungswerkzeuge

Wie die Verfahrenslandschaft so ist auch die Entwicklungsumgebung sehr heterogen. Im Einsatz sind zwei Entwicklungsbetriebssysteme, drei weitere Betriebssysteme, fünf Datenbanken, 12 Programmiersprachen und drei Auswertungsgeneratoren. Diese Heterogenität stellt hohe Anforderungen an das IuK-Personal, erfordert hohen Schulungsbedarf und ist einer wirtschaftlichen Anwendungsentwicklung nicht förderlich. Das FM sollte auf stringentere bundeseinheitliche Rahmenbedingungen hinwirken, die mittelfristig zu einer Reduzierung der Softwarevielfalt führen.

2.7.2 Ablauforganisation

Für Projektmanagement und Softwareentwicklung gibt es umfangreiche Regelwerke, in denen allerdings Anweisungen zur Durchführung von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und Erfolgskontrollen zu kurz kommen. Folglich wurden bisher keine vollständigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchgeführt. Unterlagen über Erfolgskontrollen konnte das StaLa nicht vorlegen. Eine methodische Aufwandsschätzung findet meist nicht statt, ein dokumentierter Vergleich des geschätzten zum tatsächlich erbrachten Aufwand wird nicht regelmäßig durchgeführt. Auch werden Aufträge nicht systematisch priorisiert. Weder der Abteilungsleiter noch die zuständigen Referatsleiter können z.B. ohne besondere Erhebungen darlegen, welcher Programmierer an welchen Aufträgen arbeitet und wie viele Tage er damit beschäftigt sein wird.

Die Ordnungsmäßigkeit der Softwareentwicklung und damit auch die Sicherheit der DV ist nicht vollständig gewährleistet (z.B. keine von der Produktionsumgebung getrennte Testumgebung, Mängel beim Freigabeverfahren und teilweise unvollständige Programmdokumentation).

Das StaLa hat die aufgezeigten Defizite erkannt und bemüht sich um mehr Professionalität beim Software-Engineering; so hat z.B. inzwischen ein neu formiertes Sachgebiet für Verfahrenseinführung und Qualitätssicherung seine Arbeit aufgenommen.

Außerdem arbeitet das StaLa an der Entwicklung einer Software für das Auftrags- und Ressourcenmanagement, mit der auch eine Projektverfolgung und bewertung möglich werden soll. Hierfür werden bis zur Einsatzreife mindestens 250.000 € für Personal und Sachkosten anfallen. Für derartige Software zur Projektsteuerung besteht generell auch Bedarf in anderen Landesdienststellen; das FM sollte daher für Portabilität sorgen.

2.7.3 Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern

Die Statistischen Ämter entwickeln die Software zur Statistikerstellung arbeitsteilig nach ihrer Leistungsfähigkeit, definiert in Anlehnung an den Königsteiner Schlüssel (Verbund). Mit diesen Programmen produziert dann jedes Land seine Statistiken in seinen landeseigenen Rechenzentren.

Ausgehend von einem angenommenen bundesweiten jährlichen Bedarf an Software-Entwicklungskapazität von 800 Personenmonaten hat Baden-Württemberg 60 Personenmonate zu erbringen.

In der Praxis erreichen die Statistischen Ämter jedoch nicht immer genau die vorgegebenen Arbeitsanteile bzw. erfüllen diese über. Vor allem die Länder Baden-Württemberg und Brandenburg haben zwischen 1997 und 1999 46 % bzw. 74 % Mehrleistungen erbracht. Im Fall Baden-Württembergs beträgt der Mehraufwand für die angegebenen drei Jahre 83,5 Personenmonate, d.h. rd. 7 Personalstellen insgesamt.

Das StaLa weist darauf hin, dass der betrachtete Zeitraum wegen spezieller Neuentwicklungen nicht repräsentativ sei, gesteht aber zu, dass Baden-Württemberg auch über einen Zehnjahreszeitraum betrachtet über die Verpflichtung hinausgehende Leistungen erbracht und somit andere Länder quasi subventioniert hat. Letztendlich zeigt die Diskussion eine Problematik des Softwareverbundes auf: Kleinere Länder sind infolge zunehmender Komplexität und Vielfalt der Anwendungssysteme teilweise nur begrenzt in der Lage, ihren Entwicklungsanteil zu erbringen. Größere Länder übernehmen im Interesse der Sache zusätzliche Lasten, so auch Baden-Württemberg.

Neben der Vielzahl sowie unterschiedlichen Größe und Leistungsfähigkeit der Bundesländer zwingen tatsächliche oder hausgemachte Landesspezifika zu einem hohen Abstimmungsaufwand und bergen systembedingt ein hohes Konfliktpotenzial in sich. Hinzu kommen unterschiedliche Landesvorgaben wie die Richtlinien und Standards des Landessystemkonzepts in Baden-Württemberg oder Vorgaben des FM. Der Software-Verbund arbeitet insgesamt nach dem Geleitzugprinzip, der Letzte bestimmt das Tempo. Hierin liegen die Ursachen für technisch veraltete und nicht medienbruchfreie DV-Verfahren.

Die Arbeitsteilung ist zwar generell ein vernünftiger Ansatz, ihre praktische Umsetzung wirft aber eine Reihe von Problemen auf, die im Ergebnis zu einer teilweise nicht immer zeitgemäßen und auch teuren DV geführt haben. 16 Softwareentwicklungsstellen in den Ländern und zusätzlich im Statistischen Bundesamt sowie 16 Rechenzentren für die amtliche Statistik sind nicht notwendig.

Die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder diskutieren z.Z. verschiedene Bündelungsmodelle für Software-Entwicklung und RZ-Betrieb und wollen einen abgestimmten Vorschlag erarbeiten. Die Überlegungen könnten auf ein „Outsourcing“ an ein oder wenige staatliche Kompetenzzentren hinauslaufen. Dabei wird der Föderalismus nicht in Frage gestellt. Softwareentwicklung und RZ-Betrieb sind Dienstleistungen ohne sachentscheidenden Charakter, die unter Berücksichtung von Datenschutz und sicherheit auch andere Stellen erbringen dürfen. Im Übrigen findet eine so gestaltete Zusammenarbeit bereits statt, wenn auch in zu geringem Umfang: Die Statistik zur Finanzgerichtsbarkeit lässt Baden-Württemberg von Nordrhein-Westfalen produzieren. Die Computerprogramme für die Statistiken nach dem Finanz und Personalstatistikgesetz hat Brandenburg auf neuer Softwaretechnologie für alle Länder entwickelt. Dieses Land ist insoweit auch bereit, die Produktion und die Datenhaltung für alle Länder zu übernehmen. Als Träger- und Verbindungsmedium verwendet es hierzu das moderne Testa-Daten-Netz des Bundes.

2.8 Statistische Informationssysteme

Das StaLa betreibt das Landesinformationssystem (LIS) als Online-Informationssystem und entwickelt zusammen mit anderen Bundesländern ein weiteres:

  • Das LIS wurde bereits 1980 als Online-Datenbank eingerichtet und später auch über das LVN zugänglich gemacht. Es erlaubt über Tabellen eine Vielzahl vordefinierter Abfragen. Seine Einrichtung war damals fortschrittlich, seine Umsetzung technisch zeitgemäß. Die technische Entwicklung ist allerdings über dieses System hinweggegangen, ohne dass es angepasst wurde. Als sog. Expertensystem ist es für einen breiten Einsatz weniger geeignet.

 

  • Deshalb bietet das StaLa einen Teil der Informationen aus dem LIS auch über das Internet für jedermann an. Im Jahr 2001 wurden monatlich 60.000 Recherchen registriert.

 

  • Außerdem wird schon seit über zehn Jahren mit sehr hohem Aufwand an einem weiteren Informationssystem mit dem Namen Genesis gearbeitet; allein in Baden-Württemberg sind bis Juni 2001 1,64 Mio. € Projektkosten aufgelaufen. Die Anschubfinanzierung für eine Machbarkeitsstudie hat Baden-Württemberg übernommen. Weitere Fremdleistungen wurden teilweise durch die EU finanziert. Die statistischen Ämter sahen nach der Wiedervereinigung die - wie sie schreiben - einmalige Chance ein gemeinsames neues Informationssystem zu schaffen. Dieses ist aber immer noch nicht einsatzfähig. Der enorme technische Fortschritt in den vergangenen zehn Jahren hat das Konzept längst überholt. Von Internetzugang und browserbasierten Zugriffen war damals noch nicht die Rede. Technisch gesehen ist das System ein Data-Ware-House, für dessen Funktionen es zwischenzeitlich längst Software am Markt zu kaufen gibt. Das Produkt ist also schon vor Fertigstellung technisch überholt, kein Projektziel ist bisher erreicht, kein Termin und kein Kostenrahmen sind eingehalten worden. Für dieses unbefriedigende Ergebnis muss letztlich niemand die Verantwortung übernehmen. Es erscheint nicht mehr zeitgemäß, Software zur Datenhaltung und -auswertung selbst zu entwickeln. Auch insoweit hat sich der Markt geändert. Deshalb sollte an Hand einer aktuellen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung über den Fortbestand dieses Vorhabens entschieden werden.

2.9 E-Statistik

Trotz verschiedener Aktivitäten hat das Internet bisher als Medium zur Datenerhebung und -übertragung nur geringe Bedeutung erlangt. Nur wenige Prozent der Daten werden über das Internet bzw. mit Hilfe von Browsertechnologien über das LVN angeliefert. Das StaLa teilte hierzu mit, dass „.. die Datenlieferung über Internet (jetzt) auf breiter Front vorbereitet und der Aufbau der hierfür erforderlichen Infrastruktur im Jahre 2002 angegangen werde“.

Fraglich scheint, ob das von den statistischen Ämtern als Einstieg definierte Ziel, Daten direkt aus den betrieblichen Systemen der Unternehmen zu gewinnen, in überschaubarer Zeit umsetzbar sein wird. Abgesehen davon, dass die Wirtschaft wohl kaum Interesse an einem unmittelbaren Zugriff des Staates auf ihre operativen DV-Systeme haben wird, weichen die statistische und die unternehmensinterne Begriffswelt deutlich voneinander ab.

Erfolgversprechender scheint zunächst schwerpunktmäßig die Datenerhebung über das LVN oder das Internet bei Einrichtungen des öffentlichen Dienstes zu sein. Durch medienbruchfreien Zugriff der Statistik auf qualitativ hochwertige statistiktaugliche Verwaltungsdaten können Rationalisierungspotentiale erschlossen werden, vor allem wenn in der Gestaltung neuer Verwaltungsverfahren die Interessen der Statistik eingebracht und die Daten automatisch weitergeleitet werden.

2.10 Nichtstatistische Aufgaben, Firewallbetrieb

Dem StaLa ist neben seinen eigentlichen Aufgaben auch der Firewallbetrieb zur Abschottung der Datennetze aller Dienststellen der Finanzverwaltung übertragen. Dessen ungeachtet betreibt auch das ZfI bei der OFD Stuttgart eine Firewall. Daneben bietet diese Dienstleistungen aber auch das ZKD landesweit an.

Da es sich hier um typische zentralisierbare Aufgaben handelt, hat der RH gefordert, die wirtschaftlichste Lösung durch eine Untersuchung zu ermitteln.

2.11 Zentrale Datenerfassungsstelle

Das StaLa vergibt Datenerfassungsarbeiten an private Auftragnehmer und unterhält auch noch eine zentrale Datenerfassungsstelle (DEST), in der zum Jahresende 2000 zwölf Personen im Umfang von 10,85 Personalstellen eingesetzt waren.

Ein Kostenvergleich zeigt, dass die privaten Servicebüros bezogen auf 1.000 Tastenanschläge erheblich günstiger arbeiten als das eigene Personal. Deshalb, und weil das zu erfassende Datenaufkommen mit Zunahme der Dialogsachbearbeitung und des elektronischen Datenaustausches weiter zurück geht, hat der RH die Auflösung der DEST empfohlen. Das Personal sollte sozialverträglich abgebaut werden, die Stellen sind zu streichen.

3 Zusammenfassung

Die DV ist insgesamt gekennzeichnet durch noch nicht vollständige Nutzung der heutigen technischen Möglichkeiten insbesondere bei der Datenerhebung (Online) und der Bearbeitung (medienbruchfreie Prozessketten). Daten werden von den Berichtsstellen immer noch mehr als nötig per Papier angeliefert. Aktivitäten des StaLa, diesen Zustand zu ändern, sind zwar feststellbar, sie müssen aber intensiviert werden. Sogar bei Statistiken, bei denen die Daten von Behörden kommen, die öffentliche Hand also vollständig Herr des Verfahrens ist, kommt ein elektronischer Datenaustausch nur langsam in Gang.

Der Ausschuss „Organisationsfragen“ der Statistischen Ämter hat in einer Analyse vom März 2001 die IuK-Situation zutreffend beschrieben: „Die nicht den qualitativen Anforderungen der Statistik entsprechenden Datenlieferungen haben u.a. ihre Ursache in der unzureichenden Integration von Statistikdaten in operative Systeme der Datenlieferanten. Die Verarbeitung der regelmäßig in die Statistischen Ämter einfließenden großen Datenmengen erfolgt heute noch überwiegend in nicht ganzheitlichen und medienbruchfreien Prozessketten. Die Verbreitung statistischer Informationen erfolgt noch überwiegend auf Print-Medien und auf Standard-Datenträgern. Die DV-Systeme bieten wenig Hilfe bei der Suche und Ablage von Dokumenten, Dokumenten- und Workflowmanagementsysteme sind wenig verbreitet.“

Dieser noch nicht befriedigenden Situation ist durch gemeinsame Anstrengungen des Bundes und der Länder entgegenzuwirken. Die Rechnungshöfe bieten dabei Unterstützung im Rahmen ihrer Möglichkeiten an.

In der Verbesserung der DV-technischen Möglichkeiten sehen die Rechnungshöfe generell einen Schlüssel zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit der staatlichen Statistik insgesamt und zur Verringerung des Aufwandes bei den Datenlieferanten. Um diesem Ziel bald näher zu kommen, ist die Projektarbeit noch methodischer anzugehen und muss einen höheren Stellenwert bekommen („Chefsache“).

4 Stellungnahmen

Das FM und das StaLa verstehen die Anregungen und Vorschläge des RH zur Verbesserung der DV-technischen Möglichkeiten vor allem als Unterstützung für die eigenen Vorhaben und Vorstellungen. Sie begrüßen das Angebot der Rechnungshöfe, die Statistischen Ämter bei den künftigen schwierigen Modernisierungsprozessen zu unterstützen. Denn der zügige Ausbau der IuK sei in der Tat ein wesentlicher Schlüssel zur weiteren Rationalisierung und Verbesserung der Wirtschaftlichkeit sowie der Steigerung der Dienstleistungsqualität gegenüber den Datenlieferanten und Kunden der Amtlichen Statistik.

Den Vorwurf, die Rechnerverlegung sei nur mit wenig Nachdruck betrieben worden und bisher unwirtschaftlich, versucht das Ministerium zu widerlegen. Ein stufenweises Vorgehen sei von Anfang an geplant und ein anderes Vorgehen wäre „ablauftechnisch fahrlässig“ gewesen. Auch seien die Kosten für die Datenleitung „durch die Umsetzung von etwa fünf Mitarbeitern in im StaLa neuhinzugekommene Aufgabengebiete kompensiert worden“.

Das StaLa sagt zu, die Datenleitung bis Ende des Jahres 2002 wieder abzubauen und eine Personalstelle einzusparen.

Sein Datenspeicher- und Löschkonzept will das StaLa wie vom RH verlangt überarbeiten. Auch strebe die Finanzverwaltung mittelfristig an, die Datenhaltung und die Anwendungen zu zentralisieren. Der „Verlagerung des Großdruckerbereiches in das ZfI steht das Ministerium positiv gegenüber“ und stimmt der Meinung zu, dass die Papierausdrucke weiter reduziert werden können.

Die organisatorischen Voraussetzungen zur Bündelung von Beschaffungsmaßnahmen und zur Schaffung einer stärker ausgeprägten Auftraggeber-Auftragnehmerbeziehung zwischen der IuK und den Fachabteilungen seien zwischenzeitlich geschaffen worden.

Die Auffassung des RH, wonach eine zentrale Ansiedelung der Betreuungsfunktionalität in einem sog. User-Help-Desk wirtschaftlicher ist, teilt das FM, sagt aber nicht, bis wann es die dazu nötigen Umsetzungsmaßnahmen anordnen wird.

Auch das StaLa beklage die Heterogenität der Softwarelandschaft. Es sei allerdings nicht möglich, mit der vorhandenen Personalkapazität alle Anwendungen zeitnah auf den aktuellen Stand der Technik zu bringen, zumal die Zuständigkeiten für die Weiterentwicklung auf 16 Landesämter und das Bundesamt verteilt seien. Durch die dem Amt vorgegebenen Rahmenbedingungen (z.B. Vorgaben aus dem Statistikverbund bzw. des Landessystemkonzepts) und die Notwendigkeit zur Pflege älterer Anwendungen seien die Chancen einer kurzfristigen Reduzierung der Softwarevielfalt gering. Das StaLa baue aber mit der Neuorganisation des IuK-Bereichs und dem Projekt „Auftrags- und Ressourcenmanagement“ verschiedene Defizite ab.

Die Ausführungen des RH zur Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern bezeichnet das FM als insgesamt zutreffend. Überlegungen zur Bildung von Kompetenzzentren würden derzeit im Statistischen Verbund verstärkt diskutiert.

Das Genesis-Projekt teile das Schicksal vieler Großprojekte mit zu langer Entwicklungszeit, sei aber im Gegensatz zu anderen nunmehr kurz vor dem Ziel. Die vom RH verlangte Wirtschaftlichkeitsuntersuchung kurz vor dem betrieblichen Einsatz von Genesis sei unrealistisch und unwirtschaftlich. Allerdings werde sich das Amt an der Weiterentwicklung nicht mehr beteiligen, sodass bis auf Restarbeiten für Baden-Württemberg keine weiteren Entwicklungskosten mehr entstünden.

Zwar habe das Internet als Erhebungsweg für statistische Daten bisher in Deutschland tatsächlich nur geringe Bedeutung erlangt, jedoch sei hier mit starken Wachstumsraten zu rechnen, sobald die Statistischen Ämter diese Meldemöglichkeit auf breiter Basis eingeführt haben. Schließlich handele es sich hier um einen auch politisch gewollten Prozess (e-Government im Bund, e-Bürgerdienste in BW).

Die Datenübermittlung durch Einrichtungen des öffentlichen Dienstes über das LVN erfolge bereits „auf breiter Front“, z.B. über die regionalen Rechenzentren. Die Qualität der Verwaltungsdaten lasse aber häufig zu wünschen übrig, da diese nicht primär für statistische Zwecke gedacht seien. Das StaLa werde sich weiterhin aktiv bemühen, die medienbruchfreie Datenübermittlung voranzubringen und die Berücksichtigung statistischer Belange bei Verwaltungsverfahren zu verstärken.

Seine zentrale Datenerfassungsstelle habe das StaLa von 23 Personen im Jahr 1993 auf inzwischen nur noch acht Personen abgebaut. Diesen Abbau wolle es durch Ausnutzung der natürlichen Fluktuation sozialverträglich fortführen.

Im Übrigen seien die Ursachen bekannt, dass Behörden generell große Probleme haben, mit den programmtechnischen Möglichkeiten Schritt zu halten: Entsprechend qualifiziertes Personal sei mit den Gehältern des öffentlichen Dienstes praktisch nicht zu gewinnen, und ein relativ hoher Anteil älterer IuK-Mitarbeiter könne aus bekannten Gründen für neue Techniken nur begrenzt eingesetzt werden.

5 Schlussbemerkung

Die Stellungnahme zeigt, dass das Ministerium und das Landesamt die IuK-Defizite richtig einschätzen und Anstrengungen zur Verbesserung der Situation unternehmen. Gegen die Lösungsansätze hat der RH keine grundsätzlichen Einwände. Allerdings ist die Umsetzung zu zähflüssig, wie hier an dem Landesprojekt RZ-Integration mit über fünf Jahren Laufzeit und dem Bundesprojekt Genesis mit sogar über 10 Jahren Laufzeit sichtbar gemacht wurde.

Eine Projektdauer von fünf Jahren für die Aufgabe „Rechnerintegration“ ist trotz aller verständlicher Sachzwänge unangemessen lang. Sie hat im Ergebnis nicht nur Mehraufwand verursacht, sondern auch - weil es sich um eine Teilintegration handelt - den Betriebsablauf in der IuK-Abteilung des StaLa erschwert. Mehrkosten wurden keineswegs kompensiert. Da kein Personal abgebaut wurde, hat der Mehrbetrag den Landeshaushalt zusätzlich belastet. Auch überrascht es, dass das Großrechenzentrum Zfl anlässlich der Verlagerung auch eine Rechnererweiterung für nötig hielt, es aber andererseits auch fünf Jahre später noch nicht geschafft hat, Softwarelizenzen durch Zusammenführung von Betriebssystemen und systemnaher Software zurückzuführen.

Das StaLa muss trotz mühsamer und langwieriger Abstimmprozesse mit den Datenlieferanten und trotz des komplexen föderativen Systems der Amtlichen Statistik in Deutschland seine Anstrengungen zur Effizienzsteigerung seiner IuK weiter erhöhen. Nicht nur die Statistikgenauigkeit darf als Führungsaufgabe verstanden werden, sondern auch die Wirtschaftlichkeit.

Eine Bündelung (zumindest der bundeseinheitlichen) Softwareentwicklung in einem oder wenigen Kompetenzzentren wäre ein Weg, die Abstimm- und Schnittstellenproblematik zu reduzieren und die Effizienz der IuK und damit der amtlichen Statistik insgesamt zu erhöhen. Das FM ist aufgerufen, die notwendigen Schritte in den entsprechenden Gremien auf Länder- und Bundesebene einzuleiten.


Anhänge

Das Land finanziert mit dem zoologisch-botanischen Garten Wilhelma eine weit überwiegend kommunale Aufgabe. In Teilbereichen könnte durch eine stärker an kaufmännischen Kriterien ausgerichtete Unternehmenspolitik die Wirtschaftlichkeit verbessert werden. Freier Eintritt sollte künftig nur gewährt werden, soweit damit nachvollziehbar Werbewirkung erzielt und so zum kaufmännischen Erfolg des Unternehmens beigetragen wird.


1 Allgemeines

1.1 Der Landesbetrieb

Die als Landesbetrieb nach § 26 LHO organisierte Wilhelma ist als zoologisch-botanischer Garten in einer historischen Parkanlage eine über die Landesgrenzen hinaus bekannte Attraktion, die mit jährlich fast 2 Mio. Besuchern den Spitzenplatz aller Tiergärten des deutschsprachigen Raums einnimmt und sich von daher selbst mit den größten Freizeitparks in Deutschland messen lassen kann.

Die Wilhelma ist auch für die Pflege und Unterhaltung von landeseigenen Grünanlagen in Stuttgart zuständig. Diese Geschäftssparte wird auf der Basis der Selbstkostenverrechnung betrieben und erbringt jährliche Umsatzerlöse in Höhe von mehreren Millionen €.

Der RH prüfte die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landesbetriebs in den Jahren 1995 bis 1999. Dabei ergaben sich Fragen zur Finanzierung und zum Betrieb der Wilhelma.

1.2 Ertragslage

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1.3 Zuschüsse des Landes

1.3.1 Das Land stellt der Wilhelma die für den Betrieb erforderlichen Mittel in Form von Zuschüssen zur Verfügung. Der tatsächliche Mittelbedarf weicht dabei von den Jahresfehlbeträgen (s. Pkt. 1.2) u.a. wegen der Auswirkung von Abschreibungen ab.

1.3.2 Die im StHpl. veranschlagten wie auch die tatsächlich gezahlten Zuschüsse waren fast durchweg höher als benötigt. Die nicht verbrauchten Zuschüsse wurden der Wilhelma als Rücklagen belassen.

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Die nahezu ständige Bildung von Rücklagen und deren oft jahrelange Beibehaltung ist problematisch, ebenso die häufige Diskrepanz zwischen den im StHpl. veranschlagten Zuschussbeträgen und dem tatsächlichen Zuschussbedarf.

1.3.3 Der tatsächliche Aufwand des Landes war indes wesentlich höher als die aus der Übersicht ersichtlichen Zuschüsse, da das Land für den Landesbetrieb Bauaufwendungen in Millionenhöhe trägt und die Wilhelma in großem Umfang wertvolle Grundstücke des Landes nutzt.

2 Grundsätzliche Frage des Landesengagements

Die Wilhelma ist der einzige von einem Bundesland betriebene zoologisch-botanische Garten Deutschlands. Namentlich wegen des hohen finanziellen Aufwands des Landes, aber auch angesichts der Tatsache, dass vergleichbare Einrichtungen durchweg kommunal oder privat betrieben werden, ist das Landesengagement zu hinterfragen.

Der Betrieb der Wilhelma ist weder hoheitlicher Art noch Ergebnis einer auf den Landesbereich ausgerichteten Zielsetzung, sondern Ergebnis der historischen Entwicklung einer vom württembergischen Königshaus stammenden, auf das Land übergegangenen Parkanlage hin zu deren Nutzung als zoologisch-botanischer Garten. Sofern das Betreiben eines solchen überhaupt als Aufgabe der öffentlichen Hand anzusehen ist, so handelt es sich nach allgemeiner Auffassung nicht um eine Aufgabe des Landes, sondern um eine - freiwillige - kommunale Aufgabe. Diese Sachlage sollte Anlass für das Land sein, ein deutlich sichtbares Engagement der Landeshauptstadt Stuttgart für den Betrieb der Wilhelma einzufordern.

Es ist offen, ob sich das Land jemals nachhaltig bemüht hat, die Stadt Stuttgart zu einer Übernahme zumindest eines Teils der Kosten für die Wilhelma zu bewegen. Nach Aktennotizen des FM aus dem Jahr 1981 soll dies in früheren Jahren angestrebt worden sein, doch sei dies von der Stadt mit Hinweis auf ihre vielfältigen finanziellen Verpflichtungen als Landeshauptstadt abgelehnt worden.

Der allgemeine Hinweis auf vielfältige Beziehungen zwischen Land und Landeshauptstadt und ein vielschichtiges Geben und Nehmen im Rahmen dieser Beziehungen schließt nicht aus, für die Aufgabe des Betriebs eines zoologisch-botanischen Gartens ein Engagement der Kommune einzufordern. Dies umso mehr, als die Wilhelma die meist besuchte Sehenswürdigkeit Stuttgarts ist, die in der Werbung der Stadt eine bedeutsame Rolle einnimmt und nahezu als eines der Wahrzeichen der Stadt gilt. Die Stadt profitiert von der Wilhelma aber nicht nur in Bezug auf das Stadtmarketing allgemein und den Städtetourismus im Besonderen, sondern auch in Bezug auf verschiedene Wirtschaftsfaktoren einschließlich dem sog. weichen Standortfaktor.

Eine finanzielle Einbindung der Stadt (und/oder des Verbands Region Stuttgart) wäre konsequent im Hinblick auf die Haltung des Landes in vergleichbaren Fällen. So hat es z.B. bei einem Zoo eine Landesförderung unter Hinweis darauf abgelehnt, dass der Betrieb eine kommunale Aufgabe sei, und bei einem dem Land gehörenden Schaugarten eine hälftige Kostenteilung mit der Kommune vereinbart.

3 Marketing und andere Aktivitäten

Die hohen Besucherzahlen sprechen dafür, dass das bisherige Marketing der Wilhelma insgesamt greift; zudem hat sich die Wilhelma in Teilbereichen modernen Marketingansätzen genähert. Gleichwohl gibt es Verbesserungsmöglichkeiten. Dazu könnten auch Aktivitäten gehören, denen die Wilhelma vor dem Hintergrund ihrer historischen, botanischen und tierpflegerischen Aufgabe und wegen vermeintlicher Kapazitätsauslastung bisher zurückhaltend bis ablehnend gegenüberstand.

Verbesserungsmöglichkeiten gibt es z.B. in folgenden Punkten:

  • Besucherfrequenz

Die Wilhelma sieht sich vom Besucheraufkommen her inzwischen an der Grenze ihrer Kapazitäten angelangt. Da die Besucherzahl aber nur an wenigen Wochenenden und Feiertagen an der Kapazitätsgrenze lag, könnte durch eine Entzerrung des Besucherandrangs wohl nicht nur die Kundenzufriedenheit, sondern möglicherweise sogar die Gesamtzahl der Besucher gesteigert werden. Schon bisher hat die Wilhelma ansatzweise auf eine Entzerrung hingewirkt.

Der RH hat weitere Möglichkeiten aufgezeigt, die zu einer Steigerung der Besucherzahlen an ansonsten weniger frequentierten Tagen führen könnten, z.B. die Zusammenarbeit mit Veranstaltern von Kurzreisen und die gezielte Ansprache der immer größer werdenden Gruppe der Senioren durch vorwiegend diesen Personenkreis ansprechende Veranstaltungen.

  • Werbung

Als überregional bekannte Einrichtung sollte sich die Wilhelma nicht auf die regionale Werbung beschränken. Kooperationen mit Marketingunternehmen der Touristikbranche sollten ebenso angestrebt werden wie mit der Medienbranche.

  • Vermietung von Räumen für Veranstaltungen

Die Wilhelma hat sich in jüngster Zeit sehr behutsam dem Trend geöffnet, private und geschäftliche Veranstaltungen in einem reizvollen Rahmen abzuhalten. Sie bietet einen bestimmten Bereich des Aquariums für maximal zwei Abendveranstaltungen monatlich an sowie zwei Räume in historischen Gebäuden für standesamtliche Trauungen an jeweils einem Samstag im Monat. Die Beschränkungen des Angebots erklärt die Wilhelma beim Aquarium mit der Schonung des dortigen Tierbestands, bei den Trauungsräumen mit dem beträchtlichen Organisationsaufwand an diesen Samstagen.

Bisher wurde das Aquarium jedoch nur für sehr wenige Veranstaltungen vermietet, auch die historischen Räume wurden nicht allzu oft für Trauungen genutzt. Ursächlich hierfür war neben den selbst auferlegten Nutzungsbeschränkungen die Tatsache, dass beide Bereiche nicht aktiv beworben wurden. Vielmehr verließ sich die Wilhelma beim Aquarium auf Mund-Propaganda und bei den historischen Räumen auf einen Hinweis an die Standesämter in Stuttgart und Umgebung. Selbst auf der Internetseite, in der das Land Räume in historischen Gebäuden zur Nutzung für Veranstaltungen anbietet, mangelt es an einem Hinweis auf das attraktive Angebot der Wilhelma.

Die Wilhelma sollte ihre Vermietungspotenziale stärker nutzen und auf eine Steigerung der Mieterträge hinwirken. Das Aquarium sollte grundsätzlich in dem Umfang, in dem Kundeninteresse besteht und die Rücksicht auf den Tierbestand dies zulässt, vermietet werden. Die Möglichkeit der standesamtlichen Trauung in den historischen Räumen sollte nicht auf einen Samstag im Monat beschränkt bleiben; die Nutzung dieser Räume für weitere Veranstaltungszwecke sollte angestrebt werden, z.B. für repräsentative Firmenveranstaltungen. Auch sollte geprüft werden, ob weitere Räumlichkeiten für Veranstaltungszwecke vermietbar sind. Für die Angebote sollte aktiv und zielgerichtet geworben werden. Dies lässt sich durchaus mit der historischen Bedeutung der Wilhelma vereinbaren und ebenso - wie offensive Vermarktungsaktivitäten anderer Tiergärten zeigen - mit der Schonung des Tierbestands.

  • Tierpatenschaften

Die Wilhelma vergibt gegen eine Mindestspende, die sie je nach Tierart festgelegt hat (z.B. 50 € für einen Laubfrosch, 5.000 € für einen Elefanten), für die Dauer eines Jahres sog. Tierpatenschaften. Bisher konnte sie nur weniger als 150 Tierpaten jährlich gewinnen. Dementsprechend gering ist das Spendenaufkommen.

Tierpatenschaften sind ein geeignetes Mittel zur Steigerung der Verbundenheit der Besucher/potenziellen Tierpaten mit der Wilhelma einerseits und der Einnahmenverbesserung andererseits. Die Wilhelma sollte sich aber mehr als bisher bemühen, die Übernahme einer Patenschaft interessant und attraktiv zu machen. Zudem sollten die Tierpatenschaften engagiert beworben werden.

  • Sponsorengewinnung

Die Wilhelma hat bisher nicht versucht, Sponsoren zu gewinnen. Dabei hat sich dieser Weg bei im Blickfeld der Öffentlichkeit stehenden Institutionen als probates Mittel erwiesen, welches sowohl für den Sponsor als auch die gesponserte Institution Vorteile bietet. Dem sollte sich auch die Wilhelma nicht verschließen.

  • Merchandising

Auch mit Merchandising könnte die Wilhelma aus ihrem Bekanntheitsgrad finanzielle Vorteile ziehen.

4 Personal

4.1 Personalbedarf

4.1.1 Der Personalbedarf wurde im Bereich des zoologisch-botanischen Gartens durch nicht nachprüfbare Schätzungen ermittelt. Im Bereich der Grünflächenpflege wurde eine mehr als 25 Jahre alte Personalbedarfsermittlung zu Grunde gelegt, die angesichts der technischen Entwicklungen und der damit verbundenen Arbeitsvereinfachung längst überholt ist. Für den gesamten Geschäftsbereich sollte daher eine zeitgemäße Personalbedarfsermittlung durchgeführt werden.

4.1.2 Im Stellenplan sind seit Jahren rd. 10 % mehr Personalstellen ausgewiesen als tatsächlich besetzt und betrieblich notwendig. Statt aber das Stellensoll den betrieblichen Verhältnissen anzupassen, nahm die Wilhelma eine Betriebsausweitung im Jahr 2000 zum Anlass, sich vom FM weitere Stellen genehmigen zu lassen und das Stellensoll weiter zu erhöhen.

Der Stellenplan sollte dem betrieblichen Bedarf entsprechen. Als Reserve vorgehaltene nicht besetzte Stellen sind zu streichen, soweit sie nicht zwingend zur Gewährleistung einer flexiblen Personalwirtschaft gebraucht werden.

4.1.3 Auch der Bestand der tatsächlich besetzten Stellen sollte kritisch hinterfragt werden. Der RH hat Einzelfälle aufgezeigt, in denen Personaleinsparungen möglich sein könnten, z.B. durch den Einsatz von Kassenautomaten oder durch die Fremdvergabe von Aufträgen statt des Einsatzes eigener Betriebshandwerker, soweit dies wirtschaftlicher ist.

4.2 Vergütung

4.2.1 Die betriebliche Regelarbeitszeit ist auf die Werktage von Montag bis Freitag festgelegt, während von den Betriebsabläufen her ein Teil der Mitarbeiter auch an Wochenenden und Feiertagen Dienst leisten muss. Hierzu hat die Wilhelma mit dem Personalrat eine Vereinbarung geschlossen, wonach der Dienst an diesen Tagen teils als Freizeit an Werktagen ausgeglichen und teils als Überstunden vergütet wird. Sowohl für die durch Freizeit ausgeglichenen als auch die vergüteten Arbeitsstunden wird ein Überstundenzuschlag von 25 % des Grundlohnes gezahlt. Als Folge dieser Regelung ergibt sich ein jährlicher Aufwand von rd. 153.000 €, der etwa je zur Hälfte auf die tatsächlichen Überstunden entfällt sowie auf den Überstundenzuschlag für alle Arbeitsstunden an Wochenenden und Feiertagen (also auch für die durch Freizeit ausgeglichenen Überstunden).

Nach den tarifvertraglichen Regelungen muss bei öffentlichen Betrieben, deren Aufgabe Sonntags- und Feiertagsdienst erfordert, dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich entsprechend gearbeitet werden. Hat der Dienstherr die Arbeitszeit auf Montag bis Sonntag festgelegt, so stellen die Wochenend- und Feiertagsarbeitsstunden keine Überstunden dar. Die Wilhelma sollte daher eine Änderung der Regelarbeitszeit herbeiführen, sodass beim Wochenend- und Feiertagsdienst grundsätzlich keine Überstunden mehr anfallen.

4.2.2 Ähnlich ist die Lage beim Spätdienst, bei dem durch eine andere Arbeitszeitgestaltung Einsparpotenziale von mehr als 66.000 € jährlich erschlossen werden können.

5 Organisation im Bereich der Grünflächenpflege

Rationalisierungsreserven stecken in den drei Betriebshöfen, die auf einer zusammenhängenden Grünfläche nur 1,5 bis maximal 3 km voneinander entfernt liegen und verkehrsmäßig auch untereinander gut erreichbar sind. In allen befinden sich Maschinenhallen, Werkstätten, Lager- sowie Sozialräume und sogar jeweils eine Tankstelle; die baulichen Investitionen hierfür sind beträchtlich. So hat allein das zuletzt (1994) errichtete Betriebshofsgebäude mehr als 6,6 Mio. € gekostet.

Jeder Betriebshof ist umfassend mit Betriebsvorrichtungen und Maschinen ausgestattet und agiert sowohl aufgabe- als auch personalmäßig unabhängig von den anderen, d. h. nahezu wie ein eigenständiger Betrieb. Erst in jüngerer Zeit wurden diese Strukturen etwas aufgeweicht und eine gewisse Zusammenarbeit der Betriebshöfe erkennbar. So wurde z.B. ein nur gelegentlich benötigtes Großgerät, das ausgefallen war, nicht mehr wie früher ersetzt, sondern von einem anderen Betriebshof „ausgeliehen“.

Wegen der räumlichen Nähe der Betriebshöfe verbunden mit der kostspieligen Vorhaltung jeweils eigener Gebäude und Betriebsausstattungen sollte zumindest einer der Standorte aufgegeben werden. Sofern es aus nachweisbaren Gründen nicht angezeigt sein sollte, sich auf einen einzigen Betriebshof zu konzentrieren, sollten Aufgaben so weit wie möglich konzentriert und die betriebliche Ausstattung daran ausgerichtet werden, z.B. Zusammenfassung von Reparaturwerkstätten.

6 Freier Eintritt

6.1 Mitglieder des Fördervereins

Ein seit Jahrzehnten bestehender Förderverein engagiert sich in bemerkenswertem Umfang zu Gunsten der Wilhelma, insbesondere durch finanzielle Zuwendungen für ihre bauliche Entwicklung. Die Wilhelma zeigt sich hierfür in der Weise erkenntlich, dass sie den zwischenzeitlich rd. 17.000 Vereinsmitgliedern freien Eintritt gewährt.

Auch wenn das Engagement des Fördervereins überaus anerkennenswert ist, so ist doch die Gewährung freien Eintritts für die Vereinsmitglieder problematisch. Angesichts der großen Mitgliederzahl kann davon ausgegangen werden, dass die Wilhelma zu Gunsten der Vereinsmitglieder wohl auf Eintrittsgelder in erheblichem Umfang verzichtet. Da das Besuchsverhalten der Vereinsmitglieder ohne Freikarte nicht verifizierbar ist - verlässlich auch nicht durch Befragen - kann der Umsatzverlust nur grob geschätzt werden. Unterstellt, dass die Hälfte der Freunde und Förderer eine Jahreskarte kaufen würden, ergäbe sich bei den Eintrittskarten ein Umsatzverlust in einer Größenordnung von 370.000 €. Dies relativiert das finanzielle Engagement des Vereins beträchtlich.

Die Vereinsmitglieder haben die Möglichkeit, den Vereinsbeitrag als Spende nach § 10b EStG steuermindernd geltend zu machen. Da zudem der Beitrag an den Förderverein nur unwesentlich höher ist als der Preis einer Jahreseintrittskarte, ist es finanziell für Viele interessanter, sich nicht eine Dauerkarte zu kaufen, sondern als Vereinsmitglied freien Eintritt zu erlangen. Dabei ist die Ersparnis umso größer, je höher der persönliche Steuersatz des Vereinsmitglieds ist. Das Land als Steuergläubiger begünstigt indirekt den freien Eintritt der Vereinsmitglieder und trägt so dazu bei, dass sie die Möglichkeit haben, kostengünstiger als andere Besucher Eintritt in die Wilhelma zu erlangen.

Der freie Eintritt für die Vereinsmitglieder sollte unter Beachtung der finanziellen Interessen des Landes auf den Prüfstand gestellt werden. Sofern es für sachgerecht gehalten werden sollte, von den Vereinsmitgliedern weiterhin nicht den allgemeinen Eintrittspreis zu erheben, könnten auch verbilligte Dauerkarten für die Vereinsmitglieder eine Lösungsmöglichkeit sein. Sichergestellt sein müsste indes, dass die Vereinsmitgliedschaft sich nicht weiterhin als kostengünstigere Alternative zum Kauf einer Dauerkarte anbietet. Eine andere Lösungsmöglichkeit - die aber nicht in der Hand des Landes liegt - wäre eine deutliche Erhöhung des Vereinsbeitrags.

6.2 Honoratioren

Die Wilhelma bedenkt jedes Jahr einen Kreis von rd. 850 Personen mit einer Ehrenkarte, die den Empfänger und eine Begleitperson zu ganzjährig freiem Eintritt berechtigen. Einem Teil der Empfänger wird die Ehrenkarte zusammen mit einer Blumenschale durch Boten nach Hause gebracht. In welchem Umfang der Wilhelma dadurch Umsatzerlöse entgangen sind, dass die Empfänger sonst Eintritt gezahlt hätten und wie sie von der Freikarte tatsächlich Gebrauch gemacht haben, lässt sich im Nachhinein nicht feststellen. Die Blumengaben oder die Zustellung durch Boten haben allemal das Ergebnis der Wilhelma belastet.

Da die Ausgabe der Ehrenkarten weder erforderlich noch werbewirksam oder in sonstiger Weise umsatzfördernd ist, sollten sie grundsätzlich abgeschafft werden. Dies gilt erst recht in den zahlreichen Fällen, in denen den Empfängern zusätzlich eine Blumenschale ins Haus gebracht wurde.

6.3 Weitere Begünstigte

Auch in anderen Fällen verzichtet die Wilhelma sehr großzügig auf mögliche Eintrittsgelder. So ist kein vernünftiger Grund erkennbar, weshalb z.B. zum Zeitpunkt der Erhebungen der Brauch bestand,

  • allen Bediensteten - die ohnehin freien Zugang haben und deren Familienangehörige auch keinen Eintritt bezahlen müssen - jährlich 5 Einzelfreikarten zur privaten Verwendung zur Verfügung zu stellen,

 

  • an verschiedene Dienststellen der Landesverwaltung in Stuttgart Hunderte von Einzelfreikarten zur privaten Verwendung durch die Bediensteten abzugeben und

 

  • jedem der mehreren tausend Mitarbeiter des Südwestrundfunks freien Eintritt zu gewähren, obwohl Journalisten mit Presseausweis im Hinblick auf die PR-Arbeit ohnehin keinen Eintritt zu bezahlen haben.

Die Wilhelma sollte freien Eintritt nur aus nachvollziehbaren betrieblichen Gründen gewähren.

7 Stellungnahme des Ministeriums

Das FM hat sich den Beurteilungen und Anregungen des RH weitgehend angeschlossen, ausgenommen die Einbindung der Stadt Stuttgart und/oder des Verbands Region Stuttgart in die Finanzierung der Wilhelma.

Auf eine finanzielle Beteiligung der Landeshauptstadt Stuttgart am Zuschussbedarf will das FM nicht hinwirken. Es sieht die Gefahr, dass die Stadt dann Teile der Finanzvereinbarungen Stadt - Land in Frage stellen und dies in der Summe zu finanziellen Einbußen des Landes führen könnte.

8 Schlussbemerkungen

Der von der Wilhelma inzwischen eingeschlagene Weg, sich neben ihrer historischen, botanischen und tierpflegerischen Aufgabe stärker zeitgemäßen betrieblichen Herausforderungen zu stellen und dadurch auf eine Verbesserung der Ertragssituation hinzuwirken, ist weiter zu verfolgen. Beim Abbau von Vergünstigungen sollte konsequent verfahren werden. Der Prüfungsschriftwechsel ist noch nicht abgeschlossen.

Der RH hält es weiterhin für erforderlich, dass das Land auf eine finanzielle Einbindung der Stadt Stuttgart und/oder des Verbands Region Stuttgart hinwirkt. Die vielfältigen Beziehungen zwischen Land und Landeshauptstadt und das vielschichtige Geben und Nehmen im Rahmen dieser Beziehungen rechtfertigen es nicht, dass das Land auf Dauer eine kommunale Aufgabe übernimmt und einseitig die finanziellen Defizite der Wilhelma trägt. Etwas Anderes könnte nur dann gelten, wenn die Finanzierung der Wilhelma dem Grunde und der Höhe nach verifizierbar in das Finanzgeflecht zwischen Stadt und Land eingefügt worden wäre, was nicht der Fall ist.


Anhänge

Einzelplan 07: Wirtschaftsministerium

Die Förderung von Entwicklungsvorhaben kleiner und mittlerer Unternehmen wurde mehrfach eingestellt und wieder aufgenommen. Eine Evaluation des Wirkungsgrades der Förderung oder der Folgen einer endgültigen Einstellung ging diesen Entscheidungen nicht voraus. Der Grundsatz der Subsidiarität wurde in der Praxis weitgehend ignoriert. Mitnahmeeffekte werden hingenommen. Wirtschaftsministerium, Finanzministerium und L-Bank sind gefordert, praktikable Lösungen zur Reduzierung der Förderungsmitnahmen zu finden.


1 Vorbemerkung

Das Land gewährt seit Jahren - mit mehrmaligen Unterbrechungen - kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) Zuwendungen zur Entwicklung neuer Produkte und Verfahren nach dem Innovationsförderungsprogramm des WM (C I Programm). Der RH hat die Umsetzung des Förderprogramms und seine Effektivität unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Unternehmen an Hand von Beispielsfällen untersucht.

2 Prüfungsfeststellungen

2.1 Mit der Förderung der KMU nach dem C I Programm wurde erstmals mit Wirkung vom 22.07.1977 begonnen. Wegen haushaltspolitischer Sachzwänge wurde die Förderung zum 30.11.1992 eingestellt. Am 14.07.1995 wurde sie mit veränderten Förderkonditionen wieder aufgenommen, aber bereits am 17.05.1996 wiederum wegen Sparmaßnahmen beendet. Auf Grund der Intervention verschiedener Interessengruppen wurde das Programm am 01.01.1998 erneut (mit weiteren Verschlechterungen der Förderkonditionen) aufgelegt, aber bereits am 27.09.2001 wegen Einsparungsmaßnahmen mit sofortiger Wirkung gestoppt. Nach einem Entscheidungsprozess zur Festlegung neuer Prioritäten bei den Einsparungsmaßnahmen wird das C I Programm seit November 2001 wieder fortgeführt.

Bei den Zuwendungen handelt es sich um eine Projektförderung in Form einer Anteilsfinanzierung. Ergänzende Regelungen enthalten die Allgemeinen Zuwendungsbestimmungen (AZB), die Bestandteil des Zuwendungsbescheides werden.

2.2 Für die im Untersuchungszeitraum 1998 bis 2000 geförderten Vorhaben gelten die Richtlinien für die Gewährung von Zuwendungen zur Entwicklung neuer Produkte und Verfahren nach dem Innovationsförderungsprogramm vom 14.07.1995 i.d.F. vom 01.01.1998. Die Anforderungen an den Zuwendungsempfänger wurden gegenüber den früheren Richtlinien insoweit verschärft, als das zu fördernde Vorhaben nunmehr ein „erhebliches technisches und finanzielles Risiko“ aufweisen muss. Weitere wesentliche Zuwendungsvoraussetzungen sind u.a., dass das Vorhaben

  • ein neues Produkt oder ein neues Produktionsverfahren zum Gegenstand hat,

 

  • volkswirtschaftlich wertvoll ist und mittelfristig einen wirtschaftlichen Erfolg verspricht,

 

  • bei Abwägung der finanziellen Situation und Perspektiven des Unternehmens sowie des Risikos des Vorhabens ohne staatliche Hilfe nicht oder nur mit unvertretbarer zeitlicher Verzögerung verwirklicht werden könnte.

Die zuwendungsfähigen Gesamtkosten waren auf rd. 307.000 € /Förderfall begrenzt und der Fördersatz in der Regel auf 25 %, maximal 30 % festgesetzt.

2.3 Das C I Programm wird von der L-Bank abgewickelt. Die Antragsunterlagen sind bei der L-Bank einzureichen. Im Antragsprüfverfahren ist zwingend ein Gutachten des Regierungsbeauftragten für den Technologietransfer (RBT) zum technischen Risiko und den wirtschaftlichen Erfolgsaussichten des Vorhabens einzuholen. Die L-Bank entscheidet über den Antrag unter Würdigung aller eingeholten Gutachten und ist für die Abwicklung des Fördervorhabens (Bewilligung, Auszahlung und Prüfung von Zwischen- und Schlussverwendungsnachweis sowie Durchsetzung evtl. Rückforderungen) allein verantwortlich.

2.4 Im Zeitraum von 1998 bis 2000 waren für das C I Programm im StHpl. bei Kap. 0702 Tit. 683 74 insgesamt rd. 11,2 Mio. € Haushaltsmittel veranschlagt. Im gleichen Zeitraum wurden für 121 Vorhaben 8,5 Mio. € bewilligt; davon wurden bis Ende 2000 6,9 Mio. € ausbezahlt (s. Schaubild 1).

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Das Schaubild 1 verdeutlicht, dass von den im Betrachtungszeitraum 1998 bis 2000 insgesamt bereitgestellten Haushaltsmitteln in Höhe von 11.216.500 € rd. 24 % oder 2.677.900 € nicht mit Fördervorhaben belegt waren, da nach Angaben des WM die nicht freigegebenen Haushaltsmittel im Wesentlichen zur Erwirtschaftung der Globalen Minderausgabe verwendet wurden.

2.5 Durch die mehrmalige Aussetzung des Förderprogramms ergeben sich im Grunde drei Förderzyklen (s. Übersicht 1).

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Die Übersicht 1 zeigt, dass sich der durchschnittliche Bewilligungsbetrag in den Jahren 1998 bis 2000 gegenüber dem Förderzyklus 1977 bis 1992 um über 44 % verringert hat und die Zahl der bewilligten Vorhaben um rd. 42 % zurückging. Der geringere durchschnittliche Bewilligungsbetrag ist auf die Reduzierung des Förderhöchstbetrags (förderfähige Gesamtkosten rd. 307.000 €, Fördersatz 25 %) zurückzuführen. Die rückläufige Zahl von geförderten Vorhaben ist durch das nur begrenzt zur Verfügung stehende Bewilligungsvolumen bedingt. Im Förderzyklus 1977 bis 1992 waren im Landeshaushalt 9,2 Mio. € je Jahr bereitgestellt, in den Jahren 1998 bis 2000 waren dies lediglich durchschnittlich 3,7 Mio. €.

Der Mittelwert aller Bewilligungen im Förderzyklus 1977 bis 1992 lag bei 129.000 € je Förderfall; im zweiten Förderzyklus 1995 bis 1997 bei 80.000 € und fiel im dritten Förderzyklus 1998 bis Ende 2000 auf 71.000 €.

2.6 Eine Zielrichtung des Förderprogramms ist, den KMU durch die Gewährung einer Zuwendung das mit der Entwicklung neuer Produkte und Produktionsverfahren vielfach verbundene überdurchschnittlich hohe Finanzrisiko zu mindern, sofern unter Abwägung der finanziellen Situation und der Perspektiven des Unternehmens das Vorhaben ohne staatliche Hilfe nicht oder nur mit unvertretbarer zeitlicher Verzögerung zu verwirklichen ist. Als zweites strategisches Ziel soll das Vorhaben gleichzeitig volkswirtschaftlich wertvoll sein. Wertvoll im Sinne der Richtlinien ist ein Vorhaben z.B. dann, wenn es einen Beitrag zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der Wirtschaft des Landes erwarten lässt oder wenn es einen gesamtwirtschaftlichen wichtigen Bedarf zu decken verspricht. Ferner soll es für den Unternehmer mittelfristig einen wirtschaftlichen Erfolg versprechen, d.h. Aussichten für eine wirtschaftliche Verwertbarkeit der Produkte oder Produktionsverfahren bieten.

Für die direkte Beurteilung des Zielerreichungsgrades fehlt es an geeigneten Parametern. Das Ziel „Minderung des überdurchschnittlich hohen Finanzrisikos“ könnte schon durch die Bewilligung von Zuschüssen in einigen wenigen Fällen erreicht werden. Die darüber hinausgehende Zielsetzung, einen Beitrag zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der Wirtschaft des Landes zu leisten oder einen gesamtwirtschaftlichen Bedarf zu decken; ist anspruchsvoll und nur mit hohem Aufwand zu erreichen. Kennzahlen oder Untersuchungen darüber, ob überhaupt oder in welchem Umfang sich die Fördermaßnahmen auf die Leistungskraft der Wirtschaft auswirken, sind dem RH nicht vorgelegt worden.

2.7 Die L-Bank hat nach den Richtlinien bei der Entscheidung über die Gewährung einer Zuwendung abzuwägen, inwieweit die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die Perspektiven des Unternehmens sowie die mit der Verwirklichung des Vorhabens verbundenen Risiken eine Selbstfinanzierung ermöglichen oder ob ohne staatliche Hilfe das Vorhaben nicht oder nur mit unvertretbarer zeitlicher Verzögerung verwirklicht werden könnte.

Dies erfordert eine Bewertung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Antrag stellenden Unternehmens unter Berücksichtigung des Mittelbedarfs für andere Forschungsaktivitäten sowie besondere finanzielle Belastungen durch Investitionen.

In einer besonderen Absprache zwischen WM und L-Bank wurde vereinbart, dass die nach den Richtlinien durchzuführende Prüfung der Zuwendungsvoraussetzungen zum technischen Risiko und den wirtschaftlichen Erfolgsaussichten durch den RBT erfolgt. Eine weitere umfangreiche Prüfung der Zuwendungsvoraussetzungen in Verbindung mit einem Firmenbesuch durch die L-Bank wurde als in der Regel entbehrlich angesehen.

Offensichtlich wird die Vereinbarung von der L-Bank dahingehend interpretiert, dass eine Bewertung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, wenn überhaupt, nur von nachrangiger Bedeutung ist. Auf jeden Fall war bei den vom RH eingesehenen Förderunterlagen nicht nachvollziehbar, inwieweit die Bewertung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Antrag stellenden Unternehmens in Form einer Bilanzanalyse oder betriebswirtschaftlichen Beurteilung tatsächlich durchgeführt wurde. Die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen vieler Vorhaben deuten eher darauf hin, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (Bedürftigkeit) nur in geringem Umfang bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt wurde und dass allein die positive Begutachtung durch den RBT in den geprüften Fällen zur Bewilligung geführt hat, obwohl viele Firmen auf Grund ihrer wirtschaftlichen Leistungsdaten auf diese Zuschüsse nicht angewiesen waren. In einer schriftlichen Äußerung der L-Bank vom 15.01.2002 wird diese Annahme im Grundsatz bestätigt. Danach hält die L-Bank die Ablehnung eines Zuschusses unter Berufung auf die Bedürftigkeit für problematisch, da die Bedürftigkeit nach ihrer seitherigen Bearbeitungspraxis nur ein nachgeordnetes Kriterium ist. Im Vordergrund soll lt. L-Bank die Initiierung bestimmter Entwicklungen stehen, die für das Unternehmen von Bedeutung sind und ein Risiko darstellen.

Die derzeitige Verfahrensweise führt jedenfalls in hohem Maße zu Mitnahmeeffekten. Dieser Eindruck wird durch die nach beispielhaften wirtschaftlichen Kriterien betrachteten Förderfälle unterstrichen:

  • Eigenfinanzierung der Projektkosten

In den Jahren 1998 bis 2000 wurden insgesamt 110 Vorhaben bewilligt. Bei 64 (= 58 %) der geförderten Unternehmen lag der Eigenfinanzierungsanteil der Projektkosten bei 75 % bzw. über 75 %.

  • Cash-flow der Unternehmen

Die Antragsunterlagen enthalten u.a. Angaben zum Cash-flow und damit zu einer Kennzahl, die Maßstab für die Selbstfinanzierungskraft eines Unternehmens ist. In den geprüften Fällen ist davon auszugehen, dass eine Kennzahl Cash-flow/Umsatz von 10 % oder mehr über einen längeren Zeitpunkt betrachtet eine hohe Selbstfinanzierungskraft erkennen lässt. In der Übersicht 2 sind die geförderten Vorhaben aus den Jahren 1998 bis 2000 der Unternehmen dargestellt, bei denen diese Kennzahl 10 % oder mehr beträgt. Dieser Kennzahl ist der bewilligte Zuschuss gegenübergestellt.

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Die Prüfung der Zuwendungsvoraussetzungen in den oben genannten Fällen durch die L-Bank hat nach Auffassung des RH im Ergebnis nicht dazu geführt, Mitnahme-Effekte zu vermeiden. Sowohl das finanzielle Risiko der Unternehmen als auch die zeitliche Verzögerung bei der Nichtförderung der Vorhaben hätten intensiver geprüft werden müssen.

Der RH hat ergänzend zu den Auswertungen der Unterlagen der L-Bank insgesamt vier in das Programm aufgenommene Unternehmen besucht und mit ihnen die Programmabwicklung erörtert. Dabei wurde die Vermutung von Mitnahmeeffekten deutlich untermauert. In diesem Zusammenhang ist zu sehen, dass diese Firmen ihre Anträge auf Fördermittel jeweils erst stellten, nachdem die Unternehmensberater ihnen dieses Programm „andienten“. Für die Erledigung des Antragsverfahrens einschließlich der Projektabwicklung mit der L-Bank wurden Honorare in der Größenordnung zwischen 10 % und 15 % des bewilligten Zuschusses gefordert und gezahlt. Der RH ist sich bewusst, dass die Verfahrensweise in diesen Fällen nicht verallgemeinert werden kann, sie lässt aber doch Schlüsse zu hinsichtlich der Bedeutung (Bekanntheit) des Programms und seiner wirtschaftlichen Notwendigkeit. Dies gilt erst recht, wenn man einen Zusammenhang herstellt zur Förderpriorität und zu der Tatsache, dass die ohnehin niedrigen Haushaltsmittel zur Erwirtschaftung der Globalen Minderausgaben herangezogen wurden.

3 Bewertung

3.1 Das C I Programm ist geprägt durch die bisherigen drei Förderzyklen (1977 bis 1992, 1995 bis 1996 und 1998 bis September 2001 bzw. der Fortführung seit Ende Oktober 2001) mit jeweils sich verschlechternden Förderkonditionen. Die Förderung der Entwicklung von Produkten und Produktionsverfahren nach dem C I Programm ist auf Grund der geringen Haushaltsmittel hinsichtlich des durchschnittlichen Bewilligungsvolumens je Förderfall kontinuierlich rückläufig, und die Anzahl der geförderten Vorhaben hat sich im Förderzyklus von 1998 bis 2000 auf relativ niedrigem Niveau eingependelt.

Bei der wechselhaften Entwicklung des Förderprogramms stellt sich allein schon auf Grund der mehrmaligen Einstellungen und der damit verbundenen Zeiträume ohne staatliche Förderung die Frage nach der Wirksamkeit des Programms. Förderpolitisch steht nach den Richtlinien zwar die Stärkung der Innovationskraft der KMU und die der wirtschaftlichen Leistungskraft des Landes im Vordergrund; es bestehen jedoch erhebliche Zweifel, ob dieses Ziel angesichts der geringen Fördermittel und der geringen Förderbeträge an wenige Unternehmen erreicht werden kann. Die Förderung hat damit eher den Charakter der Zufälligkeit und Beliebigkeit.

Nach Auffassung des RH sollte der Bestand einer Fördermaßnahme insbesondere nach der Wirksamkeit beurteilt werden. Der RH vermisst solche Überlegungen. Die jeweiligen Entscheidungen über die Fortführung bzw. Wiederaufnahme wurden durch andere Kriterien bestimmt:

  • Sparzwänge des Gesamthaushalts,
  • Drängen einzelner Interessenten oder Initiativen.

Solche Kriterien sind für eine objektive Beurteilung wenig sachgerecht. Die Durchführung einer Fördermaßnahme, die zudem den Anspruch erhebt, die gesamtwirtschaftliche Leistungskraft des Landes zu steigern, sollte sich vielmehr auf sachliche Daten und Fakten stützen, nach denen die förderpolitischen Prioritäten festgelegt werden können. Eine Evaluation, die auch die Folgen einer endgültigen Einstellung des Programms abschätzen müsste, fehlt bisher. Das Institut für Systemanalyse und Innovationsforschung (ISI) der Fraunhofer Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V. hatte in einem vom WM in Auftrag gegebenen Gutachten vom März 1990 u.a. vorgeschlagen, im Rahmen einer weiteren unabhängigen Kontrolle die Programme der einzelbetrieblichen Technologieförderung (dazu gehört auch das C I Programm) im Hinblick auf den Wirkungsgrad der Förderung sowie auf weitere Kontrollmöglichkeiten zur Eindämmung von Mitnahmeeffekten zu prüfen. Auch der RBT hält die Rückkopplung, was aus dem Projekt wurde, für richtig und wichtig; die Steinbeis-Stiftung für Wirtschaftsförderung (StW) selbst hatte früher solche Erfolgskontrollen durchgeführt.

3.2 Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers sind ein wesentliches Entscheidungskriterium. Eine Bewertung der finanziellen Leistungskraft ist in der Stellungnahme der L-Bank oft nicht erkennbar bzw. nachvollziehbar dokumentiert. Häufig wird nur einseitig auf die zeitliche Umsetzung der Entwicklungsvorhaben abgehoben, ohne weitere Ausführungen zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Unternehmen zu machen. Dies entspricht der Auffassung der L-Bank, das Kriterium der Bedürftigkeit sei von untergeordneter Bedeutung.

Der RH sieht die Problematik dieses Kriteriums in der Wirtschaftsförderung. Es kann aber nicht durch die Verwaltungspraxis faktisch ignoriert werden, ohne dass geklärt ist, wie in anderer Weise der nicht gerechtfertigte und nicht notwendige Verbrauch von öffentlichen Mitteln durch die Mitnahme von Förderungen vermieden werden kann. Wirtschaftsministerium, FM und L-Bank sind aufgefordert, insoweit praktikable Lösungen zu finden.

Soweit kein praktikabler Weg gefunden wird, die große Zahl der Förderungsmitnahmen zu reduzieren, sollte die dauerhafte Einstellung des Programms erwogen werden. Unternehmen, die durch die Entwicklung innovativer Produkte oder Verfahren ein existenzgefährdendes Risiko eingehen oder durch solche Produkte und Verfahren ohne staatliche Förderung aus dem Wettbewerb ausscheiden oder den Sprung in eine neue Größenordnung verpassen würden, könnte dann im Einzelfall geholfen werden; Wettbewerbsverzerrungen könnten so weitgehend vermieden werden.

Die in der Stellungnahme des WM zum Antrag der Fraktion der FDP/DVP (DS 12/1689) angekündigte Änderung, die Anforderungen an das technische Risiko bei den Zuwendungsvoraussetzungen anzuheben (künftig ein „erhebliches technisches Risiko“) hat nicht - wie dort erhofft - zu einer Verminderung der Mitnahmeeffekte beigetragen. Zumindest hat die Erörterung mit dem RBT ergeben, dass der Zusatz „erheblich“ auf das Begutachtungsverfahren keine besonderen Auswirkungen hatte, weil für ihn die schwierige technologische Umsetzung schon immer ein wesentliches Beurteilungskriterium war.

Solange die bisherige Rechtslage gilt und die finanzielle Leistungskraft der Antragsteller ein wichtiger Filter ist, sollte nach Auffassung des RH der Ablauf der Antragsbearbeitung insoweit verändert werden, dass Anträge erst dann zur Begutachtung dem RBT zugeleitet werden, wenn die L-Bank geprüft hat, ob die Fördervoraussetzungen nach §§ 23, 44 LHO vorliegen.

4 Stellungnahme des Ministeriums

Das WM teilt in seiner mit L-Bank und RBT abgestimmten Stellungnahme mit, dass künftig die Prüfung nach §§ 23, 44 LHO als „Prüfung des Angewiesenseins“ auf die Förderung im Hinblick auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Antrag stellenden Unternehmen nachvollziehbar dokumentiert wird. Zusätzlich sollen die Möglichkeiten zur Selbstfinanzierung vor dem Hintergrund der Perspektiven der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der technologisch und betriebwirtschaftlichen Risiken und Belastungen des gesamten Unternehmens auf der Basis einer Bilanzanalyse breiter dargestellt werden. Die Verwendungsnachweise sollen dies dokumentieren.

Mit dem RH ist das WM der Auffassung, dass die Mittel auf die „förderbedürftigen“ Unternehmen konzentriert und eine höhere Zielgenauigkeit des Programms erreicht werden müsse; es teilt allerdings nicht die Einschätzung der Höhe der Mitnahmeeffekte. Nach Auffassung des WM kommt es nicht allein darauf an, dass ein Unternehmen - insgesamt betrachtet - wirtschaftlich in der Lage gewesen wäre, das beantragte Projekt auch ohne Förderung durchzuführen. Vielmehr könne nur aus einer Gesamtbetrachtung des Unternehmens mit seinen gesamten Zielsetzungen der Schluss gezogen werden, ob eine Förderung des beantragten Projektes notwendige Voraussetzung für seine Durchführung sei. Dabei dürfe der Initialzündungseffekt durch die Förderung nicht unberücksichtigt bleiben.

Das WM hält die einzelbetriebliche Förderung für die kleineren Unternehmen für eine nicht verzichtbare Komponente in der Technologiepolitik. Dies gelte auch vor dem Hintergrund der zunehmend engeren Haushaltslage des Landes, die anderweitige direkte Projektförderungen von Unternehmen rein faktisch ausschließe. Eine höhere Zielgenauigkeit will das WM durch eine Verkleinerung des potentiellen Förderungsempfängerkreises erreichen. Es prüfe deshalb, inwieweit die derzeitigen Vorgaben (bis zu 250 Beschäftigte, Jahresumsatz maximal 40 Mio. € bzw. Jahresbilanzsumme maximal 27 Mio. €) weiter eingeschränkt werden können, um insbesondere die kleineren Unternehmen in den Mittelpunkt der einzelbetrieblichen Technologieförderung zu stellen. Die Zielgröße der antragsberechtigten Unternehmen könnte danach bei maximal 50 bis 100 Mitarbeitern liegen. Das WM wird diese Frage auf Grund von statistischen Erhebungen der L-Bank mit den Organisationen der Wirtschaft erörtern und danach die Förderrichtlinien entsprechend anpassen.

Die vom RH angeregte Erfolgskontrolle wird das WM aufgreifen. An Stelle einer umfassenden, eher wissenschaftlich orientierten Evaluation soll eine Fragebogenaktion bei den geförderten Unternehmen mit dem Ziel durchgeführt werden, Informationen darüber zu erhalten, was aus den einzelnen Fördervorhaben wurde, welche Umsatzzuwächse ggf. in diesem Zusammenhang möglich gewesen sind, und inwieweit sie zur Sicherung bestehender und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze beigetragen haben. In diese Untersuchung sollen die in den letzten zehn Jahren geförderten Unternehmen einbezogen werden.

5 Schlussbemerkung

Die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Zuschussempfängers sind ein wesentliches Entscheidungskriterium (§§ 23, 44 LHO). Der RH hält daher die vom WM gemeinsam mit der L-Bank vorgesehenen Verfahrensänderungen für einen Schritt in die richtige Richtung. Um Mitnahmeeffekte künftig möglichst gering zu halten, sollte zudem die beabsichtigte Einschränkung des Kreises potentieller Förderungsempfänger möglichst bald und möglichst weitgehend umgesetzt werden. Der RH hält eine maximale Beschäftigungszahl von unter 50 bei den Begünstigten für sachgerecht.

Die vom RH empfohlene und vom WM zugesagte Erfolgskontrolle sollte zeitnah durchgeführt werden. Die Ergebnisse dieser Wirksamkeitsanalyse sind eine wesentliche Entscheidungsgrundlage zur Frage der Fortführung des C I Programms.


Anhänge

Bei der Konzeption von Wirtschaftsförderprogrammen des Landes werden die Kosten für die Abwicklung bisher nicht angemessen berücksichtigt. Sie sind dem Wirtschaftsministerium in vielen Fällen nicht bekannt. Die Höhe der Vergütungen für die Durchführung von Förderprogrammen ist teilweise schwer nachvollziehbar.


1 Ausgangslage

1.1 Der RH hat unter dem Gesichtspunkt der Effizienz das Umweltschutz- und Energiesparprogramm, das Infrastrukturförderprogramm zur Erschließung von Industrie- und Gewerbegebieten, das Tourismusinfrastrukturprogramm und das Förderprogramm zur Solar-, Windkraft- und Wasserkraftnutzung untersucht und hierbei insbesondere die Kosten für die Programmabwicklung betrachtet. Im Rahmen der Prüfung haben sich z.T. aber auch punktuelle Feststellungen bei anderen Fördertatbeständen, wie der Förderung aus dem Konversionsstandortprogramm und der Förderung für das Festspielhaus Baden-Baden ergeben.

Die geprüften Förderprogramme stellen keine repräsentative Auswahl dar; gleichwohl handelt es sich um eine breite Palette von Programmtypen, sodass generelle Folgerungen in bestimmtem Umfang möglich sind. Die untersuchten Förderprogramme unterschieden sich in der Zuwendungsform (Darlehen oder Zuschuss), der Finanzierungsart (Anteils- oder Festbetragsfinanzierung), dem Umfang der Programmvolumina, der Höhe der Zuwendung je Förderfall, den Zuwendungsempfängern (Privatpersonen, Unternehmen oder öffentlich-rechtliche Körperschaften) und in den Förderverfahren, hier insbesondere hinsichtlich der zuständigen Bewilligungs- und Abwicklungsstellen.

1.2 Ein Teil der Prüfungsfeststellungen, Bewertungen und Empfehlungen des RH hat über die geprüften Einzelprogramme hinaus für die gesamte Wirtschaftsförderung Bedeutung. Sie werden im Folgenden vorrangig dargestellt.

Die systematisch geprüften Förderprogramme des WM sind in der Übersicht dargestellt.

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Die von der Landeskreditbank Baden-Württemberg - Förderbank - (L-Bank) und dem WM übermittelten statistischen Zahlen für den Untersuchungszeitraum 1997 bis 1999 waren nicht deckungsgleich. Um sie zu den von der L-Bank vorgelegten Zahlen über deren Kosten und Erträge bei der Durchführung von Förderprogrammen in Beziehung setzen zu können, wurden deshalb - soweit erforderlich - die von der L-Bank genannten Förderdaten verwendet.

Die untersuchten Förderprogramme werden nachfolgend kurz dargestellt.

1.2.1 Umweltschutz und Energiesparprogramm

Ziel des Programms war es, notwendige Umweltschutz- und betriebliche Energiesparmaßnahmen zu beschleunigen. Die Förderdarlehen wurden als zinsverbilligte Darlehen von der L-Bank im Rahmen einer Anteilsfinanzierung über die Hausbank des Zuwendungsempfängers ausgereicht. Diese gewährte das Darlehen dem Zuwendungsempfänger im eigenen Namen und mit eigenem Obligo. Die Darlehen mit einer Untergrenze von in der Regel 10.226 € wurden grundsätzlich nur mittelständischen Unternehmen mit bis zu 300 Beschäftigten gewährt. Die Zinsverbilligungen wurden aus dem jährlichen Bankbeitrag finanziert, den die L-Bank dem Land für den Bereich der Wirtschaftsförderung zur Verfügung stellt. Im Untersuchungszeitraum 1997 bis 1999 waren 118 Förderfälle mit einer Darlehenssumme von 39,6 Mio. € ausgereicht worden. Die Subventionsmittel hierfür betrugen insgesamt 3,9 Mio. €.

1.2.2 Infrastrukturförderprogramm

Ziel des Programms war die Förderung der Erschließung von Industrie- und Gewerbegebieten, also im Ergebnis eine indirekte einzelbetriebliche Wirtschaftsförderung über die Kommunen. Ursprünglich wurde die Zuwendung in der Regel als Zuschuss im Wege der Anteilsfinanzierung mit einem Förderanteil von 30 % - 45 % der zuwendungsfähigen Ausgaben gewährt. Zuwendungsempfänger waren Gemeinden oder Gemeindeverbände. Auf Grund der angespannten Mittelsituation wurden im Untersuchungszeitraum den Kommunen statt Zuschüssen ausschließlich zinsverbilligte Darlehen gewährt. Den Förderantrag reichte die Antrag stellende Kommune über das zuständige Landratsamt beim RP ein. Nach einem Koordinierungsgespräch zwischen WM und den Regierungspräsidien bewilligte das zuständige RP bzw. das WM (ab 500.000 € Zuschuss oder im Einzelfall) die Zuwendung an die antragstellende Kommune. Die finanztechnische Abwicklung einschließlich der Verwendungsnachweisprüfung oblag der ehemaligen Staatsschuldenverwaltung Baden-Württemberg (SSV), dann der L-Bank. Ab 1995 wurden zunehmend Darlehen bewilligt. Der Verfahrensweg bis zur Darlehensgewährung (durch die L-Bank) war der selbe wie beim Zuschussverfahren. Die Mittel für die Darlehensförderung stammten aus dem Bankbeitrag der L-Bank und wurden durch Umschichtung zu Lasten anderer Förderprogramme bereitgestellt. Im Untersuchungszeitraum 1997 bis 1999 wies die L-Bank Darlehen in Höhe von 11,8 Mio. € aus. Die Subventionsmittel hierfür betrugen insgesamt über 1,5 Mio. €.

1.2.3 Tourismusinfrastrukturprogramm

Förderziel war die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit baden-württembergischer Fremdenverkehrsgemeinden. Gefördert wurden Gemeinden und gemeindliche Zusammenschlüsse mit Gemeindeteilen, die nach dem Kurortegesetz anerkannt waren, aber auch sonstige Gemeinden in strukturschwachen Gebieten mit hoher arbeitsmarktpolitischer Bedeutung des Fremdenverkehrs. Der Förderantrag ging von der Antrag stellenden Kommune über das zuständige Landratsamt an das RP, das die gesammelten Anträge mit einer kurzen Beurteilung in einer Prioritätenliste dem WM zuleitete. Ab einer Landeszuwendung von 1,5 Mio. € war daneben auch die bautechnische Prüfstelle der zuständigen OFD eingeschaltet. Nach der Entscheidung des WM wurden entsprechende Haushaltsmittel zugewiesen, und das zuständige RP bzw. das WM (ab 500.000 € Zuschuss oder im Einzelfall) bewilligte den Zuschuss an die Kommune. Den finanztechnischen Verfahrensteil wickelte die L-Bank, früher die SSV, ab. In den Jahren 1998 und 1999 wurden für 45 kommunale Vorhaben Zuwendungen bewilligt. Insgesamt beliefen sich die in den zwei Jahren eingesetzten Landesmittel auf rd. 23,5 Mio. €.

1.2.4 Förderung von Anlagen zur Solar-, Windkraft- und Wasserkraftnutzung

Ziel des Programms war, die Anwendung von Techniken zur Solar-, Windkraft- und Wasserkraftnutzung zu fördern, um durch stärkere Verbreitung größere Produktionszahlen zu ermöglichen und dadurch Preissenkungen in diesem Bereich zu realisieren. Zuwendungsempfänger waren natürliche Personen und juristische Personen des privaten Rechts sowie kirchliche oder mildtätige Organisationen. Sie erhielten für förderfähige Projekte Darlehen mit einer Zinsverbilligung von 3 %. Die Darlehen wurden direkt zwischen der L-Bank und dem Zuwendungsempfänger vereinbart. Im Untersuchungszeitraum 1997 bis 1999 wurden insgesamt 6.936 Darlehen mit einer Gesamtsumme von über 54 Mio. € ausgereicht. Hierfür wurden Subventionsmittel von rd. 8,9 Mio. € eingesetzt.

2 Prüfungsfeststellungen

Die L-Bank hat in ihrer internen betriebswirtschaftlichen Erfolgsrechnung (Vollkostenrechnung) ihre Kosten für die vom RH untersuchten Förderprogramme ermittelt. Die Gesamtkosten wurden aus den Gruppen Stellenkosten (Personal- und Sachkosten, auch direkte Kosten genannt), den Servicekosten und den Overheadkosten (indirekte Kosten) gebildet. Auch die der L-Bank zufließenden Einnahmen für die Durchführung der Förderprogramme waren ohne weiteres festzustellen.

Bei den Bewilligungsstellen des Landes fand der RH im Bereich der Wirtschaftsförderung keine Kostennachweise, weder allgemein noch programmspezifisch, vor. Zeitaufschriebe gab es nicht. Der RH hat deshalb die zeitliche Auslastung der mit den untersuchten Förderprogrammen befassten Personen durch Befragungen ermittelt und durch Anwendung der VwV-Kostenfestlegung die Kosten für die Förderprogramme oder Verfahrensteile ermittelt. Eine gewisse Ungenauigkeit, die sich aus der Selbsteinschätzung ergibt, musste in Kauf genommen werden. Die Vergütungen und Kosten der L-Bank gingen teilweise zu Lasten der Fördermittel, teilweise zu Lasten des allgemeinen Haushalts. Auf dieser Basis ergaben sich für die untersuchten Förderprogramme folgende Feststellungen:

2.1 Umweltschutz- und Energiesparprogramm

Im Untersuchungszeitraum 1997 bis 1999 wurden Subventionsmittel in Höhe von insgesamt 3,9 Mio. € Barwert aus dem Bankbeitrag zur Verfügung gestellt. Nach Abzug der Vergütung an die L-Bank in Höhe von knapp 1,4 Mio. € Barwert verblieben als Subventionssumme insgesamt 2,5 Mio. €. Somit behielt die L-Bank mehr als 37 % der eingesetzten Mittel als Vergütung ein, lediglich knapp 63 % der eingesetzten Subventionsmittel standen für die Weiterleitung an die Zuwendungsempfänger über deren Hausbanken zur Verfügung, die ihrerseits hiervon noch die vereinbarte Marge abgezogen haben. Bei der überwiegend verwendeten Variante der Darlehen mit neunjähriger Laufzeit lag die Vergütung der L-Bank weit über ihren Kosten.

2.2 Infrastrukturförderprogramm

1997 bis 1999 stellte der RH insgesamt acht Darlehensvorgänge mit einer barwertigen Subventionssumme von rd. 1,5 Mio. € fest. Nach Abzug der Vergütung für die L-Bank in Höhe von 378.000 € - 24 % der Subventionsmittel - kamen bei den Kommunen noch Subventionsmittel in Höhe von 1,1 Mio. € an. Auch bei diesem Programm lag die Vergütung der L-Bank weit über ihren Kosten.

Nach den Richtlinien sollte die Förderung als Zuschuss bewilligt werden. Aus Haushaltsgründen wurden im geprüften Zeitraum jedoch Darlehen der L-Bank gewährt, die dieser eine deutlich über ihren Kosten liegende Vergütung eintrug.

Im Falle der Gewährung von Zuschüssen auf der Basis der Richtlinien wäre beim Empfänger jeweils ein weit höherer Betrag angekommen als bei der Darlehenvariante. Zumindest einen erheblichen Teil hiervon hätte er allerdings im Falle der Fremdfinanzierung wieder für Kreditkosten - ggf. an ein anderes Bankinstitut - einsetzen müssen. Die aus Haushaltsgründen veranlasste Umstellung von Zuschuss auf Darlehen hatte - jedenfalls zunächst - erhebliche Auswirkungen auf den Betrag, der beim Empfänger der Förderung ankam.

2.3 Tourismusinfrastrukturprogramm

Aus diesem Förderprogramm wurden im Zeitraum von 1998 und 1999 45 kommunale Tourismusprojekte mit einer Bewilligungssumme von insgesamt 23,5 Mio. € durch Zuschüsse gefördert. Die Kosten des Bewilligungsverfahrens, an dem RP und L-Bank beteiligt waren, gingen in diesem Programm nicht zu Lasten der zur Verfügung stehenden Fördermittel, sondern wurden aus dem allgemeinen Haushalt des Landes bestritten. Der RH ermittelte eine durchschnittliche Vergütung der L-Bank für die finanztechnische Abwicklung des Programms von rd. 2.350 € je Förderfall. Die durchschnittlichen Kosten für das Bewilligungsverfahren beim RP (s. Pkt. 2) wurden für dieses Förderprogramm mit rd. 1.630 € je Fall errechnet. Die Gesamtkosten für die Programmabwicklung beliefen sich somit für das Land auf rd. 3.980 € je Förderfall oder 179.460 € im Untersuchungszeitraum 1998 bis 1999. Der letztgenannte Betrag entspricht einem Anteil an der Gesamtbewilligungssumme von knapp 0,8 %. Gleichwohl erzielte die L-Bank bei diesem Programm eine deutliche Überdeckung.

2.4 Förderung von Anlagen zur Solar-, Windkraft- und Wasserkraftnutzung

Die Kennzahlen der L-Bank weisen für den Untersuchungszeitraum 1997 bis 1999 insgesamt barwertige Subventionsmittel in Höhe von 8,9 Mio. € aus. Nach Abzug der Vergütung für die L-Bank in Höhe von rd. 3,5 Mio. € - 40 % der Subventionsmittel - kamen bei den Zuwendungsempfängern 5,4 Mio. € (60 %) an. Die L-Bank erzielte bei diesem Programm eine deutliche Unterdeckung. Die Vergütung deckte nicht die Kosten.

2.5 Sonstige Förderungen

Für die finanztechnische Abwicklung der in früheren Jahren bewilligten Förderung des Festspielhauses Baden-Baden steht der L-Bank entsprechend der bestehenden Vereinbarung ein Verwaltungskostenbeitrag (0,45 % des Auszahlungsbetrags) zu. Nach dieser Vereinbarung erhielt sie 1998 für einen Auszahlungsvorgang 11.500 € und 1999 für einen weiteren 20.963 €. Im Blick auf den bewilligten Gesamtzuschuss von 63,9 Mio. € ergibt sich eine Gesamtvergütung der L-Bank für die finanztechnische Abwicklung dieser Einzelförderung von mehr als 287.000 €.

Aus dem Konversionsstandortprogramm wurden im Untersuchungszeitraum Landesdarlehen und Zinszuschüsse bewilligt. Im Jahr 1998 wurden lediglich zwei Landesdarlehen gewährt, wobei die L-Bank für die Bewilligung und Verwaltung dieser Darlehen eine Vergütung in Höhe von 25.560 € erhielt. Das liegt weit über ihren Kosten. Ebenfalls aus dem Konversionsstandortprogramm wurden im Untersuchungszeitraum Zinszuschüsse an elf Zuwendungsempfänger bewilligt und ausbezahlt. Hierfür erhielt die L-Bank ein Entgelt von 110.440 €, ebenfalls eine weit über den Kosten liegende Vergütung.

3 Bewertung

3.1 Die Kosten für die Abwicklung der untersuchten Förderprogramme waren dem WM nicht annährend bekannt. Sie wurden weder durch vorherige Schätzungen ermittelt noch in irgendeiner Weise hinterfragt. Sie spielten bei Entscheidungen über das Förderverfahren und die Programmkonzeption keine erkennbare Rolle. Die der L-Bank gewährten Vergütungen erscheinen vielfach nicht ausreichend fundiert und vor dem Hintergrund der ihr tatsächlich entstehenden Kosten teilweise schwer nachvollziehbar. Auch wenn ein Teil der Erträge der L-Bank über den Bankbeitrag wieder an das Land zurückfließen, sollten sich die Vergütungen im Ansatz an den voraussichtlichen Abwicklungskosten orientieren. Das WM hat nach Auffassung des RH seine Funktion als Auftraggeber der L-Bank im Hinblick auf die Vergütungsregelungen nicht ausreichend wahrgenommen.

3.2 Für einige Förderprogramme wurden zwischen WM und L-Bank keine Einzelvereinbarungen über die Durchführung und Abwicklung abgeschlossen. Für einen Teil der untersuchten Förderprogramme fehlen klare Vergütungsregelungen. In solchen Fällen orientierte man sich an Vergütungsregelungen für andere Programme mit teilweise schwer nachvollziehbaren Ergebnissen. Dies führte beim Umweltschutz- und Energiesparprogramm und bei der ausnahmsweise erfolgten Darlehensgewährung im Infrastrukturförderprogramm zu deutlichen Überdeckungen bei der L-Bank.

3.3 Die bei der Übernahme von bestimmten Aufgaben der ehemaligen SSV vereinbarten Vergütungen ergaben im Tourismusinfrastrukturprogramm eine deutliche Überdeckung bei der L-Bank. Der RH hält diese Vergütungsregelung für nicht angemessen.

3.4 Das Massenverfahren „Förderung von Anlagen zur Solar-, Windkraft- und Wasserkraftnutzung“ ergab bei der L-Bank eine Kostenunterdeckung, obwohl sie fast 40 % der gesamten Subventionsmittel als Vergütung abschöpfte. Bei der Erarbeitung der Förderkonzeption (Kleindarlehen) wurden die Kosten für Bewilligung und Abwicklung nicht oder nicht genügend gewichtet. Im Übrigen sind Kleindarlehen offensichtlich eine besonders ineffiziente Form der Förderung. Dieser Gesichtspunkt sollte bei der Konzeption von Förderprogrammen - neben anderen - gesehen und in die Entscheidung einbezogen werden.

3.5 Die Art der Förderung (Zuschuss oder zinsverbilligtes Darlehen) hat erhebliche Auswirkungen auf Kosten, Mitnahme-Effekte und anderes. Diese sollten künftig bei der Programmgestaltung gründlicher geprüft werden.

4 Empfehlungen

Die Kosten für die Abwicklung von Förderprogrammen sollten vor der Entscheidung über die Gestaltung der Förderung prognostiziert werden. Sie sind nach Meinung des RH eine wichtige Grundlage für die Frage, in welcher Weise ein Förderziel am günstigsten zu erreichen ist. Soweit ein Förderprogramm prinzipiell sowohl von einer Behörde wie auch von der L-Bank abgewickelt werden kann, sollten die Kosten beider Varianten gegenübergestellt werden. Der RH hält für die Verwaltung Kostenberechnungen auf der Basis von Zeitschätzungen und der VwV-Kostenfestlegung (s. Pkt. 2) als Grundlage für einen Vergleich prinzipiell für geeignet. Nach Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung in der Landesverwaltung werden insoweit sicher noch verlässlichere Aussagen möglich sein. Die L-Bank sollte verpflichtet werden, künftig für Förderprogramme, die sie abwickeln soll, einen Kostenvoranschlag vorzulegen. Dabei sollten sich die Vergütungsregelungen enger an den tatsächlichen Kosten für die zu erbringende Leistung orientieren. Sie sollten auch Anreize zu wirtschaftlicher Abwicklung geben. Soweit Vergütungen auf Grund bisheriger Vereinbarungen, z.B. diejenige für Aufgaben der ehemaligen SSV, deutlich höher sind als die der L-Bank entstehenden Kosten für die Programmabwicklung, sollte nach Auffassung des RH die pauschal festgelegte Vergütungsstruktur überprüft und ggf. angepasst werden.

Im Übrigen sollte die Verwendung der Subventionsmittel und des Bankbeitrags transparenter gestaltet und für Parlament und Ministerien nachprüfbar sein.

5 Stellungnahmen

5.1 Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums

Das WM räumt ein, bisher keine Kostenschätzungen oder -berechnungen vor der Entscheidung über die Gestaltung der Förderung gemacht oder eingeholt zu haben. Auch waren nicht für jedes der geprüften Förderprogramme Einzelvereinbarungen mit der L-Bank über die Abwicklung und Höhe der Vergütung getroffen worden. Die Anregungen des RH hierzu will das WM aufgreifen und künftig umsetzen.

Die Auswahl der untersuchten Förderprogramme hält das WM für den Förderbereich insgesamt nicht für repräsentativ. Außerdem dürfe bei der Darlehensförderung vor allem auch die Wirkung beim Adressatenkreis der Förderung, also die psychologischen Effekte der Förderung, nicht vernachlässigt werden; das WM stimmt dem RH jedoch zu, dass einmalige Zuschüsse in der Regel geringere Verwaltungs- und Verfahrenskosten verursachen und dadurch das zur Verfügung stehende Volumen weniger schmälern als die Darlehensförderung.

Das WM legt größten Wert auf die Erhaltung des sog. Bankbeitrags - der Teil des L-Bank-Gewinns, der für Förderungen zur Verfügung steht - als flexibles Instrument der einzelbetrieblichen Wirtschaftsförderung. Die Senkung der Vergütung der L-Bank für die Programmabwicklung oder die Ersetzung von Darlehen durch Zuschüsse würden zu einer sofortigen Gewinnverringerung bei der L-Bank führen. Dadurch sei letztendlich der Bankbeitrag gefährdet, fehlende Mittel für die Wirtschaftsförderung müssten aus dem Landeshaushalt zugeführt werden.

Hinsichtlich der Probleme beim Abgleich der Förderzahlen und -beträge werde sich das WM um eine transparente, nachprüfbare Darstellung in Abstimmung mit der L-Bank bemühen.

5.2 Stellungnahme des Finanzministeriums

Das FM wendet sich gegen den Eindruck, die L-Bank verdiene überwiegend gut bei der Abwicklung von Förderprogrammen. Es stellt fest, dass die dargestellten Programme insgesamt nicht kostendeckend abgewickelt werden konnten.

5.3 Stellungnahme der L-Bank

Die L-Bank weist darauf hin, dass sie in hohem Maße effizient arbeite. Sie habe auch eine deutlich geringere Marge als Geschäftsbanken insbesondere wegen der günstigeren Refinanzierung. Bei der Umstellung der Förderung auf Zuschüsse müsste der Subventionsempfänger - was die Regel sei - zusätzlich einen Kredit bei seiner Hausbank aufnehmen und dann einen Zinssatz bezahlen, in den eine weit über der Gebühr der L-Bank liegende Marge eingerechnet sei. Diese werde dann aber nicht vom Subventionswert abgezogen, da sie der Hausbank und nicht der L-Bank zufließe. Zudem könne die L-Bank dann die Bearbeitung des Zuschusses nicht mehr gebührenfrei leisten. Bei der Betrachtung der Fördereffizienz dürften nur solche Aufwendungen berücksichtigt werden, die dem Subventionsempfänger aus der Bearbeitung seines Antrags entstehen, nicht aber die auf jeden Fall und unabhängig vom finanzierenden Kreditinstitut entstehenden Kosten.

Zu den hohen Erträgen bei einzelnen Aufgaben insbesondere aus der Übernahme der Staatsschuldenverwaltung erklärt die L-Bank, dass dies einzelne Ausreißer nach oben seien. Insgesamt sei die Übernahme der Aufgaben der Staatsschuldenverwaltung ein Verlustgeschäft gewesen.

6 Schlussbemerkung

Nach Auffassung des RH muss die Instanz, die über die Gestaltung und Abwicklung von Förderprogrammen zu entscheiden hat, die Kosten kennen und darf nicht Faktoren, die sich auf die Kosten auswirken, dem Zufall überlassen. Sie muss auch bestrebt sein, die Kosten zu senken und Programme so zu gestalten, dass ein möglichst großer Teil der staatlichen Förderung beim Empfänger der Förderung ankommt.

Der RH behauptet nicht, dass die untersuchten Programme repräsentativ seien. Gleichwohl sind die Feststellungen geeignet, in gewissem Umfang Folgerungen zu Kosten- und Vergütungsstrukturen bei der Programmabwicklung zu ziehen und grundsätzliche Aussagen für das Fördergeschäft abzuleiten. Die vom RH exemplarisch dargestellten Ergebnisse verschiedener Förderkonstellationen sollten die Auftraggeber, die Ministerien, und den Auftragnehmer, die L-Bank, gleichermaßen sensibilisieren, die Kosten und Vergütungsstrukturen und die Förderprogramme in ihrer bisherigen Art zu überprüfen.

Der RH verkennt nicht den Zusammenhang zwischen dem Bankbeitrag der L-Bank und der Wirtschaftsförderung des Landes. Der Bankbeitrag taugt aber nicht als Begründung dafür, die Angemessenheit der Leistungen an die L-Bank für die Abwicklung von Förderprogrammen zu vernachlässigen.

Der RH bestreitet auch nicht, dass in die Kosten der L-Bank für Förderdarlehen in erheblichem Umfang solche Kosten einfließen, die im Falle der Förderung via Zuschussgewährung in vielen Fällen bei einer (anderen) Bank für die Darlehensgewährung anfallen würden. Insoweit sind diese Kosten zu relativieren. Im Falle der Förderung via Zuschuss bleibt dem Geförderten prinzipiell die Möglichkeit, die Darlehenkosten zu vermeiden oder zu minimieren. Die Vermeidung dieser Kosten dürfte vor allem im Bereich der Kleinstförderung für viele Förderungsempfänger eine realistische Alternative sein. Sie müssen jedenfalls nicht gleichsam automatisch die Fördermittel des Landes reduzieren.


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Anhänge

Bei der Umwandlung der Vermessungsverwaltung in einen Landesbetrieb haben Zuständigkeitsprobleme beim Aufgabenübergang zu Einnahmeverlusten von rd. 200.000 € geführt. Wesentliche organisatorische Maßnahmen, etwa die Auflösung von Dienststellen und die Einführung einer auftragsbezogenen Kosten- und Leistungsrechnung, haben sich zeitlich erheblich verzögert. Wie sich die beschlossene Erhöhung des Anteils der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure bei der Erledigung von Vermessungsaufträgen auf den Landesbetrieb auswirken wird, ist bisher zahlenmäßig nicht benannt. Es fehlen insoweit inhaltliche und zeitliche Zielvorgaben. Bei künftigen Umwandlungen sind für die Steuerung der Umwandlung und die Erfolgskontrolle geeignete Messgrößen des Ist- und Sollzustandes festzulegen.


1 Ausgangslage

Der Ministerrat hat eine Reform der Vermessungsverwaltung mit den Zielsetzungen

  • längerfristige Erhöhung des Anteils Öffentlich bestellter Vermessungsingenieure (ÖbV) auf 80 % (17.07.1995),
  • Umwandlung in einen Landesbetrieb nach § 26 LHO (04.12.1995),
  • Auflösung von insgesamt 27 Vermessungsamts-Dienststellen und ihre Integration in die jeweiligen Hauptämter (05.05.1997)

beschlossen.

Die Vermessungsverwaltung wurde entsprechend dem Ministerratsbeschluss vom 04.12.1995 durch Verwaltungsvorschrift zum 01.03.1996 in einen Landesbetrieb umgewandelt. Er ist inzwischen eine insgesamt funktionierende Einheit mit (lt. Jahresabschluss 1999) 2.761 Vollzeitkräften, Erträgen von 60,7 Mio. €, Aufwendungen von 152,0 Mio. € und einem Jahresfehlbetrag von 91,3 Mio. €.

Teilweise überlagert und verzögert wurde die Umsetzung dieser Beschlüsse durch einen Ministerratsauftrag vom 06.10.1997 an das FM, die weitere Privatisierung des Landesbetriebs Vermessung zu prüfen und eine Konzeption vorzulegen. Durch das im Mai 1999 vorgelegte Gutachten des FM, das der Ministerrat am 19.07.1999 gebilligt hat, sind weitergehende Privatisierungsüberlegungen schließlich zugunsten einer angestrebten Optimierung des Landesbetriebs zu einem (vorläufigen) Ende gekommen.

Der RH hat aus Anlass der Prüfung eines Vermessungsamts die zwischenzeitliche Umsetzung dieser Vorgaben näher untersucht und dazu die nachfolgenden Feststellungen getroffen.

2 Prüfungsfeststellungen und Bewertungen

2.1 Umwandlung in einen Landesbetrieb

Bei der Gründung des Landesbetriebs gab es Übergangsprobleme und Verzögerungen, die zumindest teilweise vermeidbar gewesen wären.

2.1.1 Mahnversäumnisse

Zum 01.01.1997 wurde das Rechnungswesen auf kaufmännische Buchführung umgestellt; die Zuständigkeit für das Rechnungswesen wechselte von der Landesoberkasse zum Landesbetrieb. Eine hohe Zahl von Mahn- und Vollstreckungsfällen wurde mit übernommen. Wegen anfänglicher Arbeitsüberlastung hat der Landesbetrieb in den Jahren 1997 und 1998 Mahnungen erst mit einer Verspätung von bis zu neun Monaten verschickt. Dadurch konnten für diesen Zeitraum keine Verzugszinsen mehr erhoben werden. Der durch den Zinsverlust entstandene Schaden kann nicht mehr genau beziffert werden, liegt aber nach überschlägiger Berechnung bei rd. 200.000 €.

2.1.2 Kosten- und Leistungsrechnung

Zwar wurde bereits in einer Kabinettsvorlage des WM vom 23.01.1997 die Absicht bekundet, „im Laufe des Jahres 1997 die Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) einzuführen“, tatsächlich erfolgte dies jedoch erst zum 01.01.2000. Die mehr als zweijährige Verzögerung steht nach Auskunft des Landesvermessungsamts in Zusammenhang mit dem Abschluss der Reorganisation der Vermessungsverwaltung. Da die Aufbauorganisation Grundlage für die Bildung von Kostenstellen ist, hätte eine frühere Einführung einen zusätzlichen Anpassungsaufwand erfordert.

Mit Ausnahme der Kartographie ermöglicht die KLR allerdings auch in ihrer jetzigen Form keine gesicherten Aussagen zur auftragsbezogenen Kostendeckung. Kostenträger sind nämlich nicht die einzelnen Aufträge bzw. Produkte, sondern deren Gesamtheit (z.B. Baulandumlegungen, Gebäudeaufnahmen, Straßenvermessungen, Grenzfeststellungen).

2.1.3 Synergieeffekte der Umwandlung

2.1.3.1 In den Entscheidungen des Ministerrats zur Umwandlung der Vermessungsverwaltung wurden keine auf Kennzahlen basierenden operationalen Ziele formuliert. Im Ministerratsbeschluss vom 17.07.1995 wurde zwar die Erwartung ausgesprochen, „dass der Kostendeckungsgrad in der gesamten Vermessungsverwaltung durch eine betriebswirtschaftlich orientierte Organisationsform des öffentlichen Rechts verbessert werden kann“. Diese Erwartung wurde jedoch nicht nachprüfbar durch messbare Größen konkretisiert, erst recht wurden keine zeitlichen Vorgaben für die Zielerreichung gemacht.

2.1.3.2 Die Änderung der Wirtschaftsform (von kameralistischem auf kaufmännisches Rechnungswesen) stellte eine Zäsur dar: Die (früheren) Ausgaben/Einnahmen sind mit den (jetzigen) Aufwendungen/Erträgen nicht vergleichbar. Verlässliche Aussagen, was die Umwandlung konkret bewirkt hat, sind folglich nicht ohne weiteres möglich. Die Vergleichbarkeit hätte z.B. durch eine Umrechnung (Überleitungsrechnung) ermöglicht werden können, die jedoch nicht gemacht wurde.

Um festzustellen, inwieweit sich die Umwandlung positiv auf das Betriebsergebnis auswirkte, hat der RH eine Überleitungsrechnung ex post erstellt. In Abstimmung mit dem Landesvermessungsamt wurde die Doppik auf die Kameralistik zurückgeführt. Dies war nur mit gewissen Unschärfen möglich, weil verschiedene Einflussfaktoren nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand oder nicht mehr zuverlässig zu ermitteln waren. In der Tendenz konnten - abweichend vom „unbereinigten“ Vergleich zwischen Haushaltsrechnung und Bilanz - folgende Ergebnisse abgeleitet werden:

Die Gesamtausgaben, insbesondere aber die Personalausgaben, sind von 1995 bis 1999 in etwa konstant geblieben, während sich die Einnahmen deutlich erhöht haben. Das Defizit hat sich hierdurch insgesamt verringert, wie Schaubild 1 zeigt.

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Wegen der nicht ausreichend tief gegliederten Erlöskonten bzw. fehlender KLR war eine genauere Analyse der Einnahmensteigerung nicht möglich. Ganz überwiegend ist sie nach übereinstimmender Einschätzung von RH und Landesvermessungsamt auf die in diesem Zeitraum erhöhte Zahl von Gebäudeaufnahmen zurückzuführen, die regelmäßig einen vergleichsweise hohen Kostendeckungsgrad aufweisen.

Der Gesamt-Kostendeckungsgrad hat sich nach der nachträglich erstellten und mit Unschärfen behafteten Überleitungsrechnung von 1995 bis 1999 von rd. 42 % auf rd. 47,3 % erhöht. Die Produktivität nahm entsprechend zu (s. Übersicht 1).

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Die Gründe für die (möglicherweise nur vorübergehende) Produktivitätserhöhung werden letztlich offen bleiben müssen, weil sie sich wegen des zeitlichen Abstands nicht mehr zweifelsfrei ermitteln lassen. Vieles spricht jedoch nach den Feststellungen des RH und den eigenen Aussagen der Vermessungsverwaltung dafür, dass die Erhöhung der Produktivität maßgeblich auf die zuvor genannte erhöhte Zahl von Gebäudeaufnahmen und die damit verbundene Einnahmensteigerung (Sonderfaktor) zurückzuführen war, die zeitlich mit dem vorgegebenen Personalabbau einherging. Beide Faktoren sind völlig unabhängig von der gewählten Unternehmens- und Wirtschaftsform.

2.2 Reduzierung der Zahl der Dienststellen

Nach dem Ministerratsbeschluss vom 05.05.1997 und der vom Ministerrat am 29.09.1997 beschlossenen Anordnung der Landesregierung über Sitze und Bezirke der staatlichen Vermessungsämter (GBl. S. 403) sollten 27 Dienststellen aufgelöst und in die Hauptämter integriert werden, allerdings nur „im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel“. Erhebliche zeitliche Verzögerungen entstanden durch die vom Ministerrat veranlasste weitergehende Privatisierungsdiskussion. Ein erst im August 2000 - also über drei Jahre nach dem Ministerratsbeschluss - vom FM aufgestellter Zeitplan für alle aufzulösenden Dienststellen sieht drei Stufen vor. Im Gegensatz zu den ersten beiden Stufen (mit insgesamt 13 sog. schnellen Fällen) ist in der dritten Phase („Lösungsmöglichkeiten einer evtl. dritten Umsetzungsstufe“) die Auflösung von insgesamt neun Dienststellen zeitlich nicht terminiert. Die Integration zweier weiterer Dienststellen aus der ersten und zweiten Phase ist erst für das Jahr 2006 geplant. Bis Dezember 2001 wurden nach Mitteilung des Landesvermessungsamts sieben Dienststellen aufgelöst und in die jeweiligen Hauptämter integriert. Die Reduzierung der Zahl der Dienststellen verläuft also zwar derzeit nach Plan, die endgültige Zielerreichung ist aber nicht absehbar. Auch unter Berücksichtigung der Erfahrungen aus der vorangegangenen Reform aus dem Jahr 1973 (Dauer: 23 Jahre bis zur Auflösung der letzten Dienststelle) erscheint es geboten, für alle aufzulösenden Dienststellen einen straffen und klaren Zeitplan zu fixieren.

Auch Einsparungseffekte, die durch die Reduzierung der Zahl der Dienststellen erreicht wurden und werden sollen, sind bisher allenfalls vage darstellbar. Zwar enthält das sog. Kienbaum-Gutachten vom März 1995 Hinweise auf Synergieeffekte bei Auflösungen in Höhe von rd. 2,1 Stellen je aufgelöster Dienststelle. Der Ministerratsbeschluss zur Auflösung von Dienststellen - nicht nur in der Vermessungsverwaltung - enthielt jedoch keine konkreten Erwartungen hinsichtlich sich daraus konkret ergebender Einsparpotenziale (Personal- und Sachkosten).

2.3 Stand der Privatisierung

2.3.1 Ausgangssituation und Verwirklichungsgrad

Nach dem Ministerratsbeschluss vom 17.07.1995 sollte der ÖbV-Anteil an den operativen Vermessungsaufgaben (d.h. Anteil der beantragten Katasterfortführungsvermessungen und Grenzfeststellungen) längerfristig von damals rd. 40 % auf 80 % verdoppelt werden.

Es gibt bislang keine Aussagen und erst recht keine Festlegungen, welche Auswirkungen dieser Beschluss für den Landesbetrieb haben wird, insbesondere welche Personal- und sonstige Kostenersparnis innerhalb welchen Zeitraums damit verbunden ist. Zudem besteht ein Zielkonflikt zu der im NeStUL Gutachten vom Mai 1999 vorgesehenen Erhöhung des Vermessungspersonals im operativen Bereich: Die NeStUL hat im Rahmen ihres Prüfauftrags zur weiteren Privatisierung der Vermessungsverwaltung aus wirtschaftlichen, verfassungs und personalrechtlichen Gründen ein sog. Optimierungsmodell vorgeschlagen, nach dem - zur Entlastung des Haushalts durch möglichst wirtschaftlichen Personaleinsatz - Vermessungspersonal aus dem nicht-operativen in den operativen Bereich (höhere Kostendeckung) umgesetzt und Personal nur im Rahmen der Fluktuation abgebaut werden soll.

Die vom Ministerrat beschlossene, wirtschaftlich richtige Umsetzung dieses Vorschlags wird aber nach der Hochrechnung des RH auf der Basis des NeStUL-Gutachtens dazu führen, dass der bisherige Arbeitsanteil der ÖbV an den operativen Vermessungsaufgaben kurzfristig (bis einschließlich 2003) eher sinken, jedoch auch weiterhin keineswegs die angestrebten 80 % erreichen wird. Er wird im Jahr 2008 voraussichtlich bei rd. 48 % bzw. 53 % (mit bzw. ohne Gebäudeaufnahmen) liegen.

Verschiedene Maßnahmen, die der Erhöhung des ÖbV-Anteils dienen sollten und bereits im Jahr 1995 vorgesehen waren, wurden gar nicht, lediglich sehr eingeschränkt oder mit erheblicher zeitlicher Verzögerung umgesetzt:

  • Ein beabsichtigtes Förderprogramm zur Unterstützung von Existenzgründungen kam bis heute nicht zustande.

 

  • Die vom WM in der Vergangenheit angeregte Aufgaben- einschließlich Personalübertragung an die ÖbV blieb erfolglos.

 

  • Die vorgesehenen Änderungen des Vermessungsgesetzes und der ÖbV-Berufsordnung mit dem Ziel der Liberalisierung des ÖbV-Berufsrechts traten erst zum 01.12.1999 bzw. zum 01.03.2000 in Kraft.

 

  • Die Anhebung der Gebührensätze erfolgte ebenfalls erst im Jahr 2000.

 

  • Wegen der nach Ansicht der Vermessungsverwaltung zwischenzeitlich nahezu abgebauten Arbeitsrückstände hat sich die Zahl und das finanzielle Volumen der mit ÖbV abgeschlossenen Werkverträge über Gebäudeaufnahmen inzwischen drastisch reduziert; ab 2002 sollen überhaupt keine Werkverträge mehr abgeschlossen werden.

2.3.2 Konsequenzen

Infolge der Umwandlung in einen Landesbetrieb ist - bei der derzeitigen Beschlusslage - vor dem Hintergrund zurückgehender Nachfrage nach Vermessungsleistungen nicht nur die Wettbewerbssituation zwischen Vermessungsverwaltung und den ÖbV (Beliehenen) verschärft worden, sondern der Landesbetrieb konkurriert inzwischen - aus Gründen der Personalauslastung im Rahmen der im Umwandlungserlass enthaltenen Öffnungsklausel - auch mit privaten (nicht beliehenen) Anbietern in Aufgabenbereichen (Führung und Betreuung von Geoinformationssystemen - GIS), die zuvor ausschließlich von diesen erbracht wurden. Die Aufgabendefinition des Landesbetriebs in der Konkurrenzsituation mit privaten Anbietern erscheint auch mit Blick auf die daraus resultierende ordnungspolitische Problematik klärungsbedürftig. Es ist zudem fraglich, ob das zusätzliche Angebot an nicht-hoheitlichen Dienstleistungen (GIS) durch die Vermessungsverwaltung auch kostendeckend und damit wirtschaftlich wahrgenommen werden kann.

Sollte die derzeitige Beschlusslage nicht konkretisiert werden, dürfte der angestrebte ÖbV-Anteil von 80 % auch längerfristig nicht annähernd erreicht werden. Der RH hält es für erforderlich festzulegen, bei welcher (personellen) Größe und zu welchen jährlichen Kosten des Landesbetriebs dieses Ziel zu erreichen wäre und zu welchem finanziellen Gesamtergebnis die Zielerreichung für das Land führen soll. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach den Feststellungen des RH auch der operative Vermessungsbereich nicht kostendeckend arbeitet. Ein klarer Zeitplan mit quantitativen Aussagen zum Personalstand des Landesbetriebs einerseits und zu den voraussichtlichen Einnahmen beim jeweils zu erreichenden Stand der Privatisierung andererseits ist nach Auffassung des RH notwendig.

3 Empfehlungen des Rechnungshofs

Der RH empfiehlt auf Grund seiner Feststellungen, dass das FM (NeStUL) in Abstimmung mit den jeweiligen Ressorts sicherstellt, dass

  • vor künftigen Umwandlungen von Landeseinrichtungen die Ausgangslage analysiert und festgehalten wird, die zu erreichenden Ziele formuliert und mit allen wichtigen und geeigneten Kennzahlen fixiert werden und die Widerspruchsfreiheit der Ziele gewährleistet ist. Dabei ist auch eine möglichst präzise zeitliche Abfolge festzulegen.

 

  • WM und FM im Hinblick auf die Integration der Vermessungsamts-Dienststellen einen stringenten Zeitplan aufstellen und den Beschluss so operationalisieren, dass die Umsetzungsdauer für alle aufzulösenden Dienststellen festgelegt wird,

 

  • eindeutig festgelegt wird, zu welchem Zeitpunkt welcher Privatisierungsanteil (ÖbV-Anteil am operativen Geschäft) erreicht sein soll und welche Auswirkungen dies auf den Landesbetrieb hat (Höhe der Einsparungen),

 

  • die KLR beim Landesbetrieb so optimiert wird, dass sie Aussagen zu einzelnen Aufträgen und einzelnen Auftragstypen erlaubt. Dies ist insbesondere wichtig für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Landesbetriebe angesichts der Vorgabe, künftig 80 % der Aufgaben durch ÖbV wahrnehmen zu lassen.

4 Stellungnahmen von Wirtschaftsministerium und Finanzministerium

Das WM vertritt die Auffassung, dass die Probleme gut bewältigt wurden und die Umwandlung insgesamt erfolgreich gewesen sei; der kritischen Bewertung durch den RH könne es nicht folgen.

Der Zinsverlust von rd. 200.000 € infolge verspäteter Mahnungen wird vom WM zwar eingeräumt, sei aber im Wesentlichen durch die Übernahme von rd. 5.000 Altfällen von den zuvor zuständigen LOK und den damit verbundenen erheblichen Arbeitsaufwand bei der Aufbereitung für die automationsgestützte Verarbeitung im Finanzbuchhaltungssystem des Landesbetriebs ohne gleichzeitige Personalumsetzung verursacht. Demgegenüber weist das FM darauf hin, dass durch die im Vorfeld eindeutig und einvernehmlich festgelegten Modalitäten des Zuständigkeitsübergangs zum 01.01.1997 die Abwicklung der am Jahresende 1996 noch nicht vollständig beglichenen Gebührenbescheide (Altfälle) nicht mehr durch die Landesoberkassen erfolgen konnte.

Die Aussagekraft einer „a priori Vergleichsrechnung zwischen Kameralistik und Doppik für eine Beurteilung des Erfolgs der Umwandlung“ ist nach Auffassung des WM nicht überzeugend. Es sei offensichtlich, dass die durch die Umwandlung in einen Landesbetrieb zur Verfügung stehenden betriebswirtschaftlichen Instrumente und Methoden für die Wirtschaftlichkeit nur förderlich sein könnten. Letztlich beruhe der Umwandlungserfolg auf einer Vielzahl zusammenhängender - auch sog. weicher - Faktoren.

Das FM sieht den Erfolg der Umwandlung durch die nach der Überleitungsrechnung des RH festgestellte Erhöhung des Kostendeckungsgrads als erwiesen an und widerspricht damit der Skepsis des RH. Es teilt andererseits aber die Forderung des RH, solche Erfolge - wenigstens mittelbar - kausal und plausibel auf organisatorische Grundentscheidungen zurückzuführen. Im Rahmen seiner Zuständigkeit werde das FM (NeStUL) geeignete Ist- und Zielgrößen, Zeitvorgaben und Kennzahlen bei künftigen Umwandlungsfällen festlegen.

Für die verzögerte Entwicklung eines Unterbringungskonzepts bei der Auflösung von Vermessungsdienststellen war nach Ansicht des FM der Prüfauftrag vom 06.10.1997 zur weiteren Privatisierung ursächlich. Nach Auskunft des WM soll nunmehr für alle aufzulösenden Dienststellen ein Zeitplan auf der Grundlage der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel erarbeitet werden (s. dazu Beitrag Nr. 7).

Das FM ist der Auffassung, dass zwischen dem Ministerratsbeschluss aus dem Jahr 1995 - längerfristige Erhöhung bzw. Verdoppelung des ÖbV-Anteils auf 80 % - und dem vom Ministerrat gebilligten NeStUL-Gutachten aus dem Jahr 1999 - aus wirtschaftlicher Sicht verstärktes Tätigwerden der Vermessungsverwaltung im operativen Bereich - kein Zielkonflikt bestehe.

Das WM teilt mit, dass es die beschlossene Erhöhung des ÖbV-Anteils durch eine Vielzahl von - z.T. nur langfristig wirksamen - Maßnahmen weiterhin zielgerichtet umsetze und legt ausführlich dar, warum die unter Nr. 2.3.1 genannten Maßnahmen bisher teilweise erfolglos blieben:

  • Der Prüfauftrag des Ministerrats vom 19.07.1999 an das FM zum Einsatz geltender Vorschriften zum Vorruhestand sei noch nicht abgeschlossen.

 

  • Zur Aufgabenübertragung bei gleichzeitiger Personalübernahme seien die ÖbV nicht bereit gewesen.

 

  • Ein für Mitarbeiter der Vermessungsverwaltung geplantes Existenzförderprogramm scheiterte schließlich aus rechtlichen, finanziellen und praktischen Gründen.

 

  • Rechtliche Änderungen (Vermessungsgesetz, ÖbV-Berufsordnung, Anhebung der Gebührensätze) hätten sich durch neue und intensive politische Diskussionen verzögert.

 

  • In vielen Fällen sei die Erhebung einer kostendeckenden Gebühr wegen des zu berücksichtigenden Äquivalenzprinzips rechtlich nicht möglich.

Die Führung und Betreuung kommunaler GIS gehe auf Anforderungen der Gemeinden zurück und sei von der Öffnungsklausel im Umwandlungserlass abgedeckt. Die Wirtschaftlichkeit der Aufgabenwahrnehmung werde künftig durch die KLR belegt werden. Auf einen Zeitplan mit quantitativen Aussagen zu Defizit und Personalstand des Landesbetriebs und zu den voraussichtlichen Einnahmen beim jeweils zu erreichenden Stand habe man im Rahmen der Privatisierungsuntersuchung wegen der erheblichen Unsicherheitsfaktoren bewusst verzichtet. Die Forderung des RH dazu sei nicht umsetzbar.

5 Schlussbemerkung

Die im Zusammenhang mit der Umwandlung der Vermessungsverwaltung aufgetretenen zumindest teilweise vermeidbaren Übergangsprobleme und Verzögerungen haben zu nicht unerheblichen Einnahmeverlusten für das Land geführt. Nach Einschätzung des RH hätten diese durch eine bessere Zusammenarbeit zwischen Finanz- und Vermessungsverwaltung verhindert werden können. Der RH hält es daher für um so wichtiger, die übrigen Maßnahmen nunmehr zügig umzusetzen. Die mit großer zeitlicher Verzögerung begonnene Auflösung von Dienststellen wird derzeit offenbar planmäßig verwirklicht. Insbesondere im Hinblick auf das bereits im Kienbaum-Gutachten ermittelte Einsparpotenzial sind diese Maßnahmen zu forcieren. Die angekündigte Erarbeitung eines konkreten Zeitplans für alle aufzulösenden Dienststellen ist überfällig. Die Einführung einer auftragsbezogenen KLR wertet der RH positiv.

Es mag letztlich dahinstehen, ob es wirklich erforderlich war, die Führung und Betreuung von GIS für Kommunen zu übernehmen, oder ob dies nicht genauso gut von privaten Anbietern hätte getan werden können. Die Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerledigung ist dagegen gerade in diesem privatrechtlichen Betätigungsfeld zwingend nachzuweisen.

Der Ministerrat knüpfte an die Umwandlung der Vermessungsverwaltung zum 01.03.1996 die Erwartung eines erhöhten Kostendeckungsgrads. Dass sich der Kostendeckungsgrad der Vermessungsverwaltung im Zeitraum von 1995 bis 1999 - also vor und nach der Umwandlung - tatsächlich erhöht hat, konnte wegen der Unterschiedlichkeit der Rechnungssysteme (Kameralistik und Doppik) indes erst durch eine Überleitungsrechnung des RH näherungsweise bestätigt werden. Ob hierfür jedoch die Umwandlung wesentliche Ursachen setzte, konnte und sollte dadurch - entgegen der Auffassung des WM - auch nicht geklärt werden. Die Gründe für die festgestellte (möglicherweise nur vorübergehende) Produktivitätserhöhung der Vermessungsverwaltung müssen letztlich offen bleiben, weil sie sich wegen des zeitlichen Abstands nicht mehr zweifelsfrei ermitteln lassen. Zur Erfolgsmessung wäre vielmehr die Festlegung von Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen nötig gewesen. Der RH bewertet deshalb die Bereitschaft des FM positiv, geeignete Ist- und Zielgrößen, Zeitvorgaben und Kennzahlen bei künftigen Umwandlungsfällen einzubringen.

Ziel des Ministerratsbeschlusses vom 17.07.1995 war die „längerfristige Erhöhung des ÖbV-Anteils auf 80 %“. Der RH ist zur Auffassung gelangt, dass das vom Ministerrat 1999 beschlossene „Optimierungskonzept“ mit vorübergehender, aus wirtschaftlichen Gründen durchaus gerechtfertigter Stärkung des operativen Vermessungsbereichs zur Folge haben wird, dass selbst auf längere Sicht wohl ein ÖbV-Anteil von 80 % auch nicht annähernd erreichbar sein wird. Zur Erfolgskontrolle dieses Beschlusses sollte das WM den geforderten Zeitplan - ggf. auf der Grundlage alternativer Szenarien - erstellen. Trotz möglicher Unsicherheiten, mit denen im Übrigen jede Prognose behaftet ist, wäre dies ein wichtiger Beitrag, um für alle Beteiligten - politische Entscheidungsträger, Vermessungsverwaltung, aber auch die ÖbV - Transparenz und zeitliche Orientierung zu schaffen. Letztendlich geht es darum, die Kapazitäten, die zur Erledigung der dem Landesbetrieb verbleibenden Kernaufgaben erforderlich sind, aufzuzeigen und den Abbau der darüber hinaus gehenden Überkapazitäten zeitlich sichtbar zu machen. Die Aufgabenübertragung auf ÖbV muss zu einer Reduzierung des Defizits des Landesbetriebs führen; nach Auffassung des RH ist hierfür eine Zielgröße festzulegen.


Anhänge

Einzelplan 08: Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum

Die Förderung landwirtschaftlicher Investitionen im Betriebszweig "Urlaub auf dem Bauernhof" führte bei der Mehrzahl der geförderten Betriebe nicht zu nennenswerten Einkommensverbesserungen, bei einigen Betrieben sogar zu Einkommensverschlechterungen. Die Voraussetzungen der Förderung wurden von den Bewilligungsbehörden vielfach nur unzureichend geprüft.


1 Ausgangslage

Das Land Baden-Württemberg fördert im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ einzelbetriebliche Investitionen landwirtschaftlicher Betriebe. Die Zuwendungen setzen sich zu 60 % aus Bundesmitteln und zu 40 % aus Landesmitteln zusammen. Der Betriebszweig „Urlaub auf dem Bauernhof“ ist dabei Teil der allgemeinen Investitionsförderung, mit der Baumaßnahmen von Haupt- und Nebenerwerbslandwirten finanziell unterstützt werden. Erklärtes Förderziel ist die Sicherung bzw. Verbesserung des im jeweiligen Betrieb erzielten Arbeitseinkommens durch das „zweite Standbein“ Fremdenverkehr. Die Zuwendungen werden teilweise als zinsverbilligte Darlehen, teilweise als Zuschüsse und teilweise als Kombination aus Zuschuss und Zinsverbilligung gewährt.

Grundlage der Förderung sind das einschlägige Bundesgesetz und die Richtlinien des MLR für die Förderung einzelbetrieblicher Investitionen in der Landwirtschaft und für die Förderung von Investitionen im Regionalprogramm des Landes.

2 Gegenstand und Ziel der Prüfung

Die StRPÄ Karlsruhe und Tübingen haben 191 Förderfälle aus den Jahren 1990 bis 1999 untersucht. Dies entspricht 57 % der in diesem Zeitraum geförderten Maßnahmen im Bereich Urlaub auf dem Bauernhof. Insgesamt wurden in den geprüften Fällen Zuschüsse in Höhe von 2,35 Mio. € und Zinsverbilligungen mit einem Subventionswert von 4,4 Mio. € gewährt. Damit wurde ein Investitionsvolumen von 19 Mio. € gefördert.

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Der räumliche Schwerpunkt der Förderung lag im untersuchten Zeitraum im südlichen Landesteil, insbesondere im Schwarzwald und in der Bodenseeregion. Auf den Regierungsbezirk Freiburg entfielen 50 %, auf den Regierungsbezirk Tübingen 32 % der Bewilligungen.

In 79 der untersuchten Fälle wurden Neubauten, in 112 Fällen Umbauten gefördert. Rund 90 % der geförderten Unterkünfte waren Ferienwohnungen, die übrigen Doppel- und Einzelzimmer.

Ziel der Prüfung war es festzustellen,

  • ob in den untersuchten Fällen die Voraussetzungen der Förderung jeweils erfüllt waren,
  • ob das erklärte Förderziel der nachhaltigen Einkommensverbesserung tatsächlich erreicht wurde und
  • welche Verbesserungen der Förderrichtlinien und des Bewilligungsverfahrens geboten sind.

3 Prüfungsfeststellungen

3.1 Wirtschaftlichkeit der geförderten Maßnahmen

Voraussetzung für die Bewilligung einer Förderung ist der (prognostische) Nachweis der Wirtschaftlichkeit der beabsichtigten Maßnahme.

Die Prüfung der vorgelegten Wirtschaftlichkeitsberechnungen ergab, dass diesen Prognoserechnungen regelmäßig recht niedrige Bauausgaben, aber relativ hohe Übernachtungszahlen und Übernachtungspreise zu Grunde gelegt wurden. Im Prüfungszeitraum 1990 bis 1999 ergaben sich durchschnittliche Baukosten für die geförderten Neubauten in Höhe von knapp 925 € je m2. Dieser Betrag ist - auch unter Berücksichtigung von Eigenleistungen - unrealistisch niedrig. Außerdem wurden in vielen Fällen einzelne Kostenpositionen gar nicht berücksichtigt.

Bei einigen Ferienwohnungen wurde festgestellt, dass die in der Wirtschaftlichkeitsrechnung zu Grunde gelegten Übernachtungserlöse höher waren als die in den Fremdenverkehrskatalogen ausgewiesenen Preise.

In den untersuchten 191 Fällen ergab sich ein durchschnittlicher Cash-flow für die geförderten Betriebe in Höhe von 1.193 € je Wohnung und Jahr.

Berücksichtigt man die kalkulatorischen Zinsen für das (durchschnittlich) eingebrachte Eigenkapital in Höhe von 752 € je Wohnung und Jahr, ergibt sich ein (durchschnittlicher) jährlicher Reingewinn je geförderter Wohnung in Höhe von 441 €. Diesem durchschnittlichen Reingewinn steht jedoch ein zusätzlicher Arbeitseinsatz von etwa 144 Arbeitsstunden je Wohnung für den Betriebsinhaber und seine Familie gegenüber. Dies entspricht einem Stundenlohn von 3,06 €.

In 74 untersuchten Fällen (= 38 %) ergab sich trotz des unentgeltlichen Arbeitseinsatzes des Betriebsinhabers und seiner Familie sogar ein kalkulatorischer Verlust. Eine Förderung hätte hier in jedem Falle unterbleiben müssen, da die geförderte Investition im Ergebnis zu einer Einkommensverschlechterung führte.

Umgekehrt ergab sich bei 9 % der geprüften Betriebe, dass diese auch ohne staatliche Förderung in der Lage gewesen wären, über eine angemessene Eigenkapitalverzinsung hinaus einen wirtschaftlich ausreichenden Ertrag zu erzielen. Hierbei handelte es sich überwiegend um Betriebe in der Region Bodensee, für die die staatliche Förderung mithin nur einen Mitnahmeeffekt brachte.

3.2 Arbeitskapazität

Mit der Einrichtung von zusätzlichen Ferienwohnungen oder Fremdenzimmern entsteht für den landwirtschaftlichen Betrieb Mehrarbeit. Wegen der engen wirtschaftlichen Verhältnisse muss diese Mehrarbeit in der Regel ohne Einsatz fremder Arbeitskräfte durch den Betriebsinhaber und/oder seine Familienangehörigen geleistet werden. Eine realistische und damit förderwürdige Planung liegt nur dann vor, wenn die dabei angesetzte Arbeitsleistung vom Betriebsinhaber und/oder seinen Familienangehörigen dauerhaft erbracht werden kann. Die Bewilligungsbehörden sind gehalten, die Frage der Arbeitskapazität im Betrieb vor der Entscheidung über den Zuschuss zu prüfen.

In mehr als 20 % der untersuchten Fälle hat eine solche Prüfung überhaupt nicht stattgefunden. In 31 Fällen wurde der Investitionsplanung die Arbeitsleistung von mehr als 70-jährigen oder von minderjährigen Familienangehörigen zu Grunde gelegt.

Da in diesen Fällen die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme nicht dauerhaft sicher gestellt ist, hätte auch hier keine Förderung bewilligt werden dürfen.

3.3 Förderfähigkeit des landwirtschaftlichen Betriebs

In einigen Fällen hat die Prüfung ergeben, dass es sich bei den geförderten Betrieben nicht wirklich um landwirtschaftliche Betriebe handelte. Der erklärte Förderzweck, landwirtschaftliche Betriebe durch eine Verbesserung der Einkommenssituation zu erhalten, wird in diesen Fällen offenkundig verfehlt.

So wurde z.B. einem Betrieb eine Förderung bewilligt, der als „Landwirtschaft“ lediglich zwei Gänse und ein Brennrecht aufweist und seine Einnahmen im Wesentlichen aus verpachteten Ferienwohnungen bezieht.

Wesentliche Ursache dieses Mangels war, dass die Richtlinien des MLR während des untersuchten Zeitraums keine sachgerechte Definition des „landwirtschaftlichen Betriebs“ enthielten.

3.4 Förderfähigkeit von Aufwendungen für einen Betreuer

Nach der Förderrichtlinie des MLR war im Untersuchungszeitraum bei Investitionen ab 300.000 DM auch die Einschaltung eines externen Betreuers förderfähig.

Während bei Baumaßnahmen im landwirtschaftlichen Kernbereich ein Betreuer häufig wegen der Besonderheiten landwirtschaftlicher Bauten (z.B. Ställe) eingeschaltet wird, gehört der Bau von Ferienwohnungen zum Standardrepertoire eines Architekten. Die Notwendigkeit, neben dem Architekten einen Betreuer einzuschalten, ergibt sich vor diesem Hintergrund nicht. Eine Förderung der Aufwendungen für einen Betreuer ist deshalb bei der Förderung von Ferienwohnungen nach Auffassung des RH nicht erforderlich.

3.5 Zweckbindung/Zielerreichung

Die hohen Investitions- und Fördersummen gehen mit langen Tilgungsfristen der subventionierten Kredite einher. Entsprechend lang ist die Amortisationszeit und die vorgesehene Nutzungsdauer der geförderten Wohnungen anzusetzen.

Vor diesem Hintergrund erscheint die in den Förderbescheiden festgesetzte 12-jährige Zweckbindungsfrist für die geförderten Investitionen unangemessen kurz. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Laufzeit der Zinsverbilligung 12 Jahre übersteigt.

Im Fall einer frühzeitigen Umwidmung in eigengenutzten oder dauervermieteten Wohnraum wird das Ziel der Förderung dauerhaft verfehlt.

Nach den Feststellungen der StRPÄ war eine effektive Kontrolle der Zweckbindung im Untersuchungszeitraum nicht gewährleistet. So wurde bei einem der geförderten Objekte erst anlässlich der Prüfung offenbar, dass die vorgebliche Ferienwohnung bereits fünf Jahre lang eigen genutzt wurde. In anderen Fällen wurde an Stelle der Beherbergung von Feriengästen die schlichte Vermietung der Wohnungen an Dauermieter festgestellt.

Als mindestens zweifelhaft ist die Zielerreichung auch in jenen Fällen zu beurteilen, in denen die StRPÄ feststellten, dass die geförderten neuen Ferienwohnungen an die Stelle bereits bestehender Ferienwohnungen traten, die jetzt für Eigenbedarf oder als Altenteil verwendet wurden.

Nicht gewährleistet ist bei der festgestellten Bewilligungs- und Kontrollpraxis der Verwaltung eine hinreichende Evaluation der Förderziele. Grundlage einer Evaluation müssen klar definierte, für beide Seiten verbindliche und messbare Ziele sein, die in den Förderbescheid aufgenommen werden.

4 Empfehlungen des Rechnungshofs

Angesichts des Umstandes, dass die Zahl der geförderten Maßnahmen in den letzten Jahren rückläufig ist, und angesichts der Feststellung, dass die Mehrzahl der geförderten Maßnahmen das erklärte Förderziel („zweites Standbein“) verfehlt hat, empfiehlt der RH zu prüfen, ob auf die Förderung von Baumaßnahmen im Betriebszweig „Urlaub auf dem Bauernhof“ künftig ganz verzichtet werden kann.

Sollte das MLR nach Prüfung dieser Frage gleichwohl an dieser Art der Förderung festhalten, empfiehlt der RH, bei der Bewilligung von Subventionen für den Betriebszweig „Urlaub auf dem Bauernhof“ künftig zumindest

  • die wirtschaftlichen und rechtlichen Voraussetzungen der Förderung sorgfältiger als in der Vergangenheit zu prüfen,

 

  • bei Vorhaben, die bei realistischer Wirtschaftlichkeitsberechnung keinen oder nur einen minimalen Ertrag erbringen, die Förderung zu versagen,

 

  • Kapazitäten, die auf dem dauerhaften Arbeitseinsatz bejahrter oder minderjähriger Familienangehöriger beruhen, nicht anzuerkennen und

 

  • die Einhaltung der mit der Förderung verbundenen Zweckbindung regelmäßig zu kontrollieren und bei schwerwiegenden Verstößen die Subvention zurückzufordern.

Die Dauer der Zweckbindung sollte deutlich erhöht werden, insbesondere in den Fällen, in denen die Laufzeit der Zinsverbilligung 12 Jahre übersteigt.

Im Übrigen empfiehlt der RH, dass die Erreichung der mit der Förderung verbundenen Ziele von den Bewilligungsbehörden regelmäßig an Hand messbarer, im Förderbescheid verbindlich definierter Zielvorgaben evaluiert wird.

5 Stellungnahme des Ministeriums

Das MLR erklärt, es werde die Förderung von Investitionen im Betriebszweig „Urlaub auf dem Bauernhof“ fortsetzen. Es macht geltend, eine Betrachtung der Förderung des Urlaubs auf dem Bauernhof allein unter fiskalischen Gesichtspunkten werde der Zielsetzung der Förderung nicht gerecht.

Das MLR betont, dass die Diversifizierung der unternehmerischen Tätigkeit in der Landwirtschaft ein zentraler Ansatzpunkt der Strukturpolitik der EU sei. Als Folge habe der Bund-Länder-Planungsausschuss für Agrarstruktur und Küstenschutz auf Vorschlag des Bundes eine verbesserte Förderung dieses Bereichs beschlossen. Außerdem würden durch die Beteiligung der EU an der Finanzierung (25 %) Bund und Land entlastet.

Zur Kritik an der mangelnden Wirtschaftlichkeit geförderter Maßnahmen führt das MLR aus, dass die Vorauskalkulation einer Investition in Urlaub auf dem Bauernhof mit Unsicherheiten behaftet sei, die der Antragsteller als unternehmerisches Risiko zu tragen habe. Die Unternehmer würden über ihre Investitionen eigenverantwortlich entscheiden. Zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit sei in den ab 2002 geltenden Förderrichtlinien eine Obergrenze für Investitionen von 1.500 €/m2 eingeführt worden.

Die Arbeitskapazität in bäuerlichen Familienbetrieben schwanke im Generationsintervall, ggf. werde das Arbeitsvolumen durch Mehrarbeit oder Fremdarbeitskräfte bewältigt. Die Förderung ergebe einen Beschäftigungsimpuls, der gesamtwirtschaftlich angestrebt und vom MLR positiv bewertet werde.

Die Zweckbindungsfristen seien seit Jahrzehnten im Rahmenplan für die Gemeinschaftsaufgabe festgelegt und sollten beibehalten werden. Ihre Einhaltung werde auch auf der Grundlage von EU-Vorschriften kontrolliert.

Eine Evaluierung sei auf Grund der EU-Kofinanzierung ohnehin zwingend vorgesehen.

6 Schlussbemerkung

Der RH bleibt auch angesichts der Stellungnahme des MLR bei seiner Auffassung. Nicht akzeptabel ist, dass das MLR trotz der Feststellungen des RH im Entwurf der neuen Richtlinie das Fördervolumen je geförderte Einheit sogar erhöht hat. Auch die neu eingeführte Obergrenze für Investitionen erscheint angesichts der festgestellten durchschnittlichen Baukosten zu hoch.

Die Tatsache, dass sich die EU und der Bund im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe an der Finanzierung einer Aufgabe beteiligen, beweist nicht, dass es sich um eine sinnvolle Verwendung von Steuergeldern handelt. Durch die Förderung von Investitionen, die schon bei Antragstellung erkennen lassen, dass sie entweder auch ohne Fördergeld rentierlich sind oder dass sie selbst mit Förderung keinen nennenswerten Einkommensbeitrag erwarten lassen, werden öffentliche Mittel des Landes, des Bundes und der EU ausgegeben, ohne dass sie die beabsichtigte Wirkung erzielen. Dies sollte in Zukunft vermieden werden.


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Einzelplan 09: Ministerium für Arbeit und Soziales

Die neun Zentren für Psychiatrie haben die Chancen aus der Neuorganisation unterschiedlich genutzt.  Der Rechnungshof zeigt in einzelnen Bereichen Verbesserungsmöglichkeiten auf. Er empfiehlt, lediglich drei Zentren rechtlich zusammenzuschließen.


1 Ausgangslage

Der RH hat in den Jahren 2000 und 2001 geprüft, welche Auswirkungen mit der Umwandlung der neun Psychiatrischen Landeskrankenhäuser (PLK) zum 01.01.1996 in neun Zentren für Psychiatrie (ZfP) verbunden sind. Über ein Teilergebnis dieser Prüfung wurde in der Denkschrift 2001 Nr. 16 berichtet. Weitere Ergebnisse werden im Folgenden dargestellt.

2 Finanz- und Leistungsentwicklung der Zentren für Psychiatrie

2.1 Die wesentlichen Finanzdaten der neun Zentren im Zeitraum von 1995 bis 2000: Erlöse, Aufwendungen, Jahresergebnisse, Betriebsmittel- und Investitionszuschüsse des Landes und vom Land zu tragende Betriebskosten des Maßregelvollzugs (MRV), sind in Übersicht 1 dargestellt.

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Die in der Übersicht 1 angegebenen Werte für 1995, dem letzten Jahr vor der Neuorganisation, sind mit denen der Folgejahre nicht vergleichbar, da die Landesmittel zur Finanzierung von Unterdeckungen, Investitionen und Abschreibungen ab 1996 anders als zuvor in die Jahresergebnisse eingegangen sind. So sind in den „Betriebsmitteln“ für das Jahr 1995 auch Investitionsmittel für kleinere Bauvorhaben enthalten, während die Investitionsmittel für größere Bauvorhaben bis 1995 aus dem Epl. der Allgemeinen Finanzverwaltung (Kap. 1208) bereitgestellt wurden; sie beliefen sich 1995 insgesamt auf nahezu 13,8 Mio. €.

Die Betriebsmittelzuschüsse des Landes sind in den Erlösen für das Jahr 1995 im Gegensatz zu den Folgejahren nicht enthalten. Andererseits sind in diesem Jahr in die Aufwendungen Abschreibungen auf immaterielle Wirtschaftsgüter und Sachanlagen in Höhe von insgesamt rd. 24,3 Mio. € eingeflossen, die in den Folgejahren durch die Auflösung der „Sonderposten/Verbindlichkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz und auf Grund sonstiger Zuwendungen zur Finanzierung des Anlagevermögens“ bilanzmäßig neutralisiert wurden, sodass sie in den Ergebnissen der Gewinn- und Verlustrechnung nicht mehr enthalten sind.

Berechnet man die Gesamterlöse und -aufwendungen für das Jahr 1995 in der gleichen Weise wie für das Jahr 1996, so ergibt sich, dass die Jahresergebnisse aller neun ZfP zusammen für beide Jahre in etwa gleich hoch sind (s. Übersicht 2).

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2.1.1 Ein Vergleich der Jahressummen 1996 und 2000 zeigt, dass die Zahlungen des Landes für den MRV in diesem Zeitraum um rd. 10,6 Mio. € und damit um rd. 30 % gestiegen sind. Die wesentlichen Steigerungen entfallen auf die ZfP G, I, F und C.

2.1.2 Die Erlöse in den übrigen Leistungsbereichen sind im Zeitraum von 1996 bis 2000 bei allen neun ZfP um rd. 8 % gestiegen. Deutlich über diesem Wert liegen die ZfP A, G, H und I vor allem wegen Mehrerlösen aus zusätzlichen Berechnungstagen oder aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben auch mit anderen ZfP. Während das ZfP E annähernd den Durchschnittswert erreicht, liegen die ZfP B, C, D und F deutlich darunter; sie konnten den Erlösrückgang nicht ausgleichen, der insbesondere durch den Abbau im Pflegebereich entstand (Übersicht 4 und 5).

2.2 Der Entwicklung der Erlöse steht eine ebenfalls unterschiedliche Entwicklung der Leistungen der ZfP in Form der Berechnungstage (BT) gegenüber. Diese in den Jahren 1996 und 2000 in den einzelnen Leistungsbereichen erbrachten Leistungen sind in Übersicht 3 dargestellt. Dabei sind die neun ZfP entsprechend der derzeitigen Leitung von je drei ZfP durch einen gemeinsamen Geschäftsführer in drei Geschäftsführerbereiche (GFB) gegliedert.

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Die Veränderungen der Berechnungstage im Jahr 2000 gegenüber denen im Jahr 1996 sind in Übersicht 4 dargestellt:

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Nach den Berechnungstagen in den Jahren 1996 und 2000 sind die Leistungen des MRV um rd. 24,4 % gestiegen. Dieser Zuwachs korrespondiert mit der Zunahme der Zahlungen des Landes für den MRV um rd. 30 %, sodass für die in den vier Jahren eingetretenen Lohn- und Preissteigerungen bei gleichem Personalbestand 5,6 % mehr Landesmittel zur Verfügung standen. Bezogen auf die einzelnen ZfP entsprechen die Zuwächse bei diesen Berechnungstagen jedoch nicht den Zunahmen der entsprechenden Landeszahlungen. Dies liegt im Wesentlichen daran, dass die im Jahr 1996 mit einer Spanne von bis zu rd. 31 % sehr weit auseinanderliegenden Pflegesätze im Jahr 2000 näher zusammengeführt worden sind, sodass die maximale Spanne nur noch rd. 13 % beträgt.

In allen anderen Leistungsbereichen sind die Berechnungstage aller neun ZfP um insgesamt 60.383 zurückgegangen; dies entspricht einem Rückgang von 3,64 %. Insgesamt wird dieser Rückgang von einer Erlössteigerung um 8 % begleitet, sodass sich in diesen Bereichen bis zum Jahr 2000 die Finanzausstattung im Vergleich zum MRV wesentlich besser entwickelt hat. Die nach Geschäftsführerbereichen gegliederten Veränderungen der Berechnungstage zeigt Übersicht 5.

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Danach ergibt sich für den GFB 1 ein Rückgang von rd. 58.000 BT und beim GFB 2 ein solcher von rd. 16.000 BT gegenüber einer Zunahme von rd. 13.500 BT beim GFB 3. Diese Veränderungen sind weitgehend auf die Entwicklung der BT im Pflegebereich zurückzuführen. Beim GFB 1 beläuft sich dieser Rückgang auf rd. 33.500 BT und beim GFB 2 auf rd. 8.600 BT, während beim GFB 3 eine Steigerung von rd. 29.200 BT das insgesamt positive Gesamtergebnis von rd. 13.500 BT bewirkt.

2.3 Das SM weist ergänzend darauf hin, dass seit 1996 zugleich die gemeindenahe stationäre, teilstationäre und ambulante Behandlung ausgebaut worden ist. Im MRV sieht es einen erheblichen zusätzlichen Bedarf an therapeutischem Personal.

3 Strukturelle Veränderungen

Durch das Gesetz zur Errichtung der Zentren für Psychiatrie (EZPsychG) wurden die bisher als Landesbetriebe nach § 26 LHO geführten PLK ab 01.01.1996 in rechtsfähige Anstalten des Öffentlichen Rechts umgewandelt und in Zentren für Psychiatrie umbenannt. Damit verbunden waren strukturelle Veränderungen.

3.1 Bis dahin hatten die PLK mit allen Geschäftsbereichen der Rechts- und Fachaufsicht des SM unterstanden. Mit der Neuorganisation hat das Land - außer beim „Vollzug der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung“ (Maßregelvollzug) - die Fachaufsicht aufgegeben und beschränkt sich auf die Rechtsaufsicht und eine Einflussnahme durch seine Vertreter im Aufsichtsrat.

3.2 Bei den PLK vertrat der Betriebsdirektor das Krankenhauses nach außen und war im Innenverhältnis für den Verwaltungsbereich zuständig; für den Krankenhausbereich und die zentralen medizinischen Einrichtungen war der Ärztliche Direktor zuständig, für den Pflegebereich einschließlich der Langzeitpflege der Pflegedirektor.

Die Geschäfte der ZfP führt ein Geschäftsführer, der vom Aufsichtsrat bestellt wird und der für alle Angelegenheiten zuständig ist, die nicht dem Aufsichtsrat zugewiesen sind.

Von Anfang an wurden mehrere ZfP von ein und demselben Geschäftsführer geleitet. Ursprünglich leiteten drei Geschäftsführer jeweils zwei ZfP und ein Geschäftsführer drei ZfP. Seit Ende 1999 sind nach dem Ausscheiden eines Geschäftsführers drei Geschäftsführer für jeweils drei ZfP zuständig. Für ihre Gehälter einschließlich Bonuszahlungen haben die neun ZfP z.Z. insgesamt rd. 540.000 € je Jahr aufzubringen.

Zur Unterstützung der Geschäftsführer wurde in einem GFB eine Unternehmensentwicklungsgruppe gebildet und dem Geschäftsführer als Stabstelle zugeordnet, in einem anderen GFB werden der Geschäftsführer und die Führungskräfte z.B. beim Controlling durch zwei Geschäftsführungsassistenten unterstützt, während beim dritten GFB keine zusätzlichen Stellen für derartige Aufgaben eingerichtet worden sind.

Für die Betriebsdirektoren hat die Neuorganisation zu einer Einschränkung ihrer Zuständigkeit geführt; sie erstreckt sich grundsätzlich nur noch auf den Geschäftsbereich Verwaltung. Sechs der früheren Betriebsdirektoren sind inzwischen im Alter zwischen dem 49. und 61. Lebensjahr krankheitsbedingt in den Ruhestand versetzt worden; ein weiterer soll nach seinem voraussichtlichen Ausscheiden im Jahr 2003 nicht mehr ersetzt werden. Die Ruhegehaltszahlungen sind entsprechend der im Errichtungsgesetz festgelegten Regelung zum weit überwiegenden Teil vom Land zu tragen.

Die weit gehende Konzentration der Führungsaufgaben auf eine Person hat die Handlungsfähigkeit der Einrichtungen wesentlich gestärkt. Im Inneren wurden die ZfP neu gegliedert. Der bisherige zweisäulige Aufbau mit den Bereichen Krankenhaus und Verwaltung wurde durch die drei Geschäftsbereiche Krankenhaus, Heim und Verwaltung ersetzt, die untereinander gleichwertig sind.

Der Geschäftsbereich Krankenhaus, der die akute Versorgung aller „nicht pflegebedürftigen“ Patienten umfasst, wird vom Ärztlichen Direktor und vom Pflegedirektor geleitet. Der alte dreistufige Aufbau in Stationen, Bereiche und Fachgebiete wurde durch eine zweistufige Struktur ersetzt, die nur noch Abteilungen und Stationen vorsieht. Während früher der Ärztliche Direktor und der Pflegedirektor jeweils nur für „ihren“ nachgeordneten Bereich zuständig waren, leiten sie nun gemeinsam den gesamten nachgeordneten Bereich. Dieses duale System gilt bis hin zur Stationsebene. Lediglich die zentralen medizinischen Einrichtungen wie Labore, Röntgen, Apotheken fallen - wie bisher - in die alleinige Zuständigkeit des Ärztlichen Direktors. Die bisher im Zuständigkeitsbereich des Pflegedirektors gelegene Langzeitpflege ist aus dem Krankenhausbereich ausgegliedert und einem Geschäftsbereich Heim zugeordnet worden. Seine Neubildung trägt zu einer klaren Aufgaben- und Kostenabgrenzung bei. Der Geschäftsbereich Verwaltung hat sich insofern verändert, als die Zuständigkeit für das gesamte Personal und für die Liegenschafts- und Bauaufgaben auf die einzelnen ZfP übergegangen ist.

3.3 Die neuerdings vom SM ins Auge gefasste Holdingstruktur für die ZfP würde einen wesentlichen Teil der bisherigen Reform zurücknehmen. Soweit das aus vier Personen bestehende Geschäftsführergremium der Holding für die zentrenübergreifende zentrale Steuerung und die Planung und Verwendung der Fördermittel zuständig sein sollte, würde dadurch die derzeitige Alleinentscheidungszuständigkeit der Geschäftsführer vor Ort durch eine übergeordnete Gremienentscheidung ersetzt. Die Holding erhielte gegenüber den einzelnen ZfP Zuständigkeiten, die vor 1996 bei dem fachaufsichtsführenden Ministerium lagen. Die Holdingstruktur käme im Ergebnis einer privatisierten Fachaufsicht gleich. Prüfungsrechte des RH bestünden gegenüber der Holding und den Betriebsgesellschaften nur, wenn sie vertraglich eingeräumt werden; soweit sie mit dem RH nicht nach § 104 LHO vereinbart würden, wären sie inhaltlich auf den Umfang einer Betätigungsprüfung im Sinne von § 92 LHO beschränkt.

Das SM führt dazu aus, mit der Schaffung einer Holding-Struktur sollten nicht die mit der Rechtsformänderung im operativen Geschäft vor Ort erreichten eindrucksvollen Fortschritte zurückgenommen oder gar abgeschafft werden, die insbesondere auch durch die Alleinentscheidungszuständigkeit der Geschäftsführer erreicht wurden. Eine Holding-Struktur habe Vorteile vor allem durch eine koordinierte Steuerung der weiteren Entwicklung der Zentren und deren einheitlichen Aufgaben sowie durch eine koordinierte Planung und Verwendung der Fördermittel. Aufgaben, die vor 1996 beim fachaufsichtsführenden Ministerium lagen, könnte eine Holding mit klaren Entscheidungsstrukturen schon deshalb flexibler als ein fachaufsichtsführendes Ministerium wahrnehmen, weil sie wieder die Alleinentscheidungszuständigkeit hätte und nicht in das Zuständigkeitsgeflecht z.B. verschiedener Ministerien eingebunden wäre.

4 Beteiligungen

Nach § 2 Abs. 8 EZPsychG können sich die ZfP zur Erfüllung ihrer Aufgaben Dritter bedienen, Unternehmen gründen und sich an fremden Unternehmen beteiligen. Die bis zum April 2001 eingegangenen Beteiligungen, der jeweilige Gesellschaftsanteil der ZfP und der Unternehmenszweck sind in Übersicht 6 dargestellt.

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Von den bisherigen sieben Unternehmensbeteiligungen beziehen sich fünf unmittelbar auf die Patientenversorgung; davon entfallen auf einen der drei GFB vier und auf einen anderen GFB eine Beteiligung.

Der RH ist zu unterrichten, wenn sich ein ZfP an einem Unternehmen beteiligt; bei einer Mehrheitsbeteiligung sind dem RH alle dem ZfP zugänglichen Unterlagen im Sinne des § 69 LHO zu übersenden. Beides ist bisher regelmäßig nicht erfolgt.

Ein Prüfungsrecht des RH bei Unternehmen, an denen ein ZfP beteiligt ist, ist - anders als z.B. gemäß § 3 Abs. 6 UG bei Beteiligungen der Universitäten - im Errichtungsgesetz nicht verankert. Der RH hatte dies im Rahmen seiner damaligen Anhörung gefordert. Das SM hatte dies abgelehnt, teilte aber die Auffassung, dass möglichst ein Prüfungsrecht vereinbart wird, worüber jedoch jeweils im Einzelfall entschieden werden soll.

Bisher sind dem RH Prüfungsrechte lediglich bei drei Beteiligungen eingeräumt worden; eine von diesen dient der unmittelbaren Patientenversorgung. Bei den anderen vier Beteiligungen ist bisher keine Prüfungsvereinbarung getroffen worden. Der RH hält eine umfassende Prüfungsmöglichkeit gerade auch bei Einrichtungen für wichtig, die im Kernbereich der ZfP tätig sind, da sonst im Laufe der Entwicklung eine vergleichende Kostenüberprüfung bei der Erfüllung der Hauptaufgaben nicht mehr uneingeschränkt möglich wäre. Er hat gegenüber dem SM gefordert, eine nachträgliche Entscheidung über die Einräumung eines Prüfungsrechts in diesen vier Beteiligungsfällen herbeizuführen und seine Unterrichtung sowie ein Prüfungsrecht bei künftigen Beteiligungen der ZfP sicherzustellen.

Die ZfP haben eine künftige Unterrichtung des RH zugesagt und wollen darauf drängen, dass die anderen Gesellschafter der Einräumung eines Prüfungsrechts des RH bei den Beteiligungsgesellschaften zustimmen. Das Ergebnis bleibt abzuwarten.

5 Grundvermögen

Mit dem Errichtungsgesetz sind zum 01.01.1996 sämtliche Rechte, Verbindlichkeiten, Pflichten und Zuständigkeiten der PLK auf die ZfP übergegangen. Das Eigentum an den zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücken wurde den ZfP entsprechend der in diesem Gesetz festgelegten Absicht größtenteils schenkungsweise übertragen. Nur einzelne Liegenschaften wie landwirtschaftlich genutzte Flächen der Gutshöfe oder Wohngebäude für ZfP-Bedienstete verblieben im Eigentum des Landes und dürfen von den ZfP nur unentgeltlich genutzt werden, solange dies betrieblich notwendig ist. Bei der späteren Neuorganisation der Universitätsklinika hat das Land von einer schenkungsweisen Eigentumsübertragung der maßgeblichen Grundstücke allgemein abgesehen und nur deren Nutzung unentgeltlich überlassen.

Soweit Grundstücke von den ZfP nicht mehr benötigt werden, können sie diese verkaufen und über die Erlöse frei verfügen. Eine Zweckbindung besteht rechtlich nicht. Seit ihrer Errichtung haben verschiedene ZfP Betriebsteile aufgegeben; die wohnortnahe Versorgung wurde ausgebaut. Dadurch sind auch Liegenschaften frei geworden, für deren Nutzung kein Eigenbedarf mehr bestand. In der Folge wurde Grundvermögen auch verkauft oder dessen Verkauf ins Auge gefasst. Die bisher erzielten Verkaufserlöse belaufen sich auf rd. 7,8 Mio. €, die zu erwartenden Erlöse aus beabsichtigten Verkäufen auf mehr als 9,5 Mio. €.

Die drei GFB sind daran unterschiedlich beteiligt. Zwei ZfP des GFB 1 haben aus Verkäufen und der Einräumung eines Erbbaurechts bisher insgesamt 2,7 Mio. € eingenommen. Davon wurden 1,5 Mio. € für den Kauf und Umbau einer Außenstelle des ZfP C verwendet, die restlichen 1,2 Mio. € sind für die Generalsanierung von Krankengebäuden vorgesehen. Geplant ist der weitere Verkauf von nahezu 10 ha Baugelände mit einem Wert von mindestens 8,5 Mio. €. Davon sind rd. 8,2 Mio. € für die Errichtung einer weiteren Außenstelle des ZfP C vorgesehen, der Restbetrag soll für Baumaßnahmen für den Heimbereich eingesetzt werden. Ein ZfP des GFB 2 hat aus Grundstücksverkäufen bisher rd. 0,7 Mio. € eingenommen, die für Baumaßnahmen im Bereich der Krankenversorgung eingesetzt werden sollen. Ein ZfP des GFB 3 erzielte aus einem Grundstücksverkauf einen Betrag von rd. 0,3 Mio. €. Ein anderes hat vor einem Grundstücksverkauf rd. 1,8 Mio. € in ein Gebäude investiert und das Anwesen dann für rd. 4 Mio. € an das Land verkauft, daraus aber nur buchmäßige und keine real verfügbaren Erlöse erzielt. Der Ablauf dieses Verkaufs stellt sich im einzelnen wie folgt dar: Ein ZfP hatte den Krankenhausbetrieb in einem Klostergebäude aufgegeben. Um Leerstandskosten von rd. 100.000 €/Jahr zu vermeiden, wurde unter wesentlicher Beteiligung dieses ZfP eine GmbH gegründet, die in dem Gebäude ein Dienstleistungs- und Tagungszentrum betreiben sollte. Zu diesem Zweck hat sie rd. 1,8 Mio. € in das Gebäude investiert, darunter 400.000 € für den Ausbau eines „Chorherrenkellers“, obwohl im Kloster mehrere Speisesäle vorhanden waren. Die Investitionen sollten sich durch den Tagungsbetrieb amortisieren. Nachdem die ursprüngliche Unternehmenskonzeption gescheitert war und die Insolvenz der Gesellschaft drohte, übernahmen die drei ZfP Investitionskosten der GmbH in Höhe von rd. 2,1 Mio. €; als Gegenleistung erhielten sie kostenlose Nutzungsrechte am Klostergebäude. Die GmbH ihrerseits wird einen Teil des Klosters bis 2023 kostenlos nutzen. Das Land kaufte dann das dem ZfP bei dessen Errichtung schenkungsweise übereignete Kloster in der Weise zurück, dass der Kaufpreis ebenfalls in Form eines kostenlosen Nutzungsrechts für rd. 14 Jahre bezahlt wurde. Diese Form des Rückkaufs durch das Land wurde gewählt, weil eine unentgeltliche Rückübertragung der den ZfP vom Land geschenkten Grundstücke mit der Gemeinnützigkeit der ZfP nicht in Einklang stünde.

Die den ZfP vom Land geschenkten Grundstücke unterliegen bei der Veräußerung nicht mehr den Bestimmungen der LHO; eine Zustimmung des FM oder des Landtags gemäß § 64 LHO ist dafür nicht erforderlich. Die Regelungen über die Verwaltung und Verwendung von Einnahmen aus der Veräußerung von Grundstücken gemäß § 113 LHO - Grundstock - gelten für sie nicht. Von Verkaufserlösen haben die drei GFB bisher unterschiedlich profitiert. Deren Verwendung entsprach § 113 Abs. 2 Satz 2 LHO, soweit andere Grundstücke gekauft worden sind; soweit sie für reine Baumaßnahmen verwendet wurden, hätte dies, wenn die Bestimmungen über den Grundstock anzuwenden gewesen wären, die Einwilligung des FM vorausgesetzt. Die ZfP werden auch künftig Grundstücke verkaufen. Bereits die ins Auge gefassten Verkäufe sind von einer nicht unbeträchtlichen Größenordnung. Der RH hält es für angezeigt, dass das Land künftig bei der Bewilligung der Investitionszuschüsse an die ZfP prüft und berücksichtigt, ob Erlöse aus dem Verkauf nicht mehr benötigter Grundstücke den Zuschussbedarf eines ZfP deutlich vermindert haben.

Das SM und das FM haben diesen Vorschlag aufgegriffen und wollen ihn - soweit möglich - im Rahmen der Aufstellung der künftigen StHpl. umsetzen.

6 Rückstellungen für Beihilfeaufwendungen

Die ZfP sind verpflichtet, neben der Besoldung der aktiven Beamten auch deren künftige Versorgungszahlungen zu übernehmen, wobei sie von den Kosten für Ansprüche aus Dienstzeiten vor dem 01.01.1996 vom Land freizustellen sind. In den Bilanzen wurden dafür Rückstellungen gebildet. Sie belaufen sich für das Jahr 2000 auf insgesamt rd. 100 Mio. €, der von den ZfP daran zu tragende Eigenanteil beträgt rd. 14,16 Mio. €. Dabei wurden regelmäßig die Beihilfeansprüche der künftigen Ruhestandsbeamten nicht mit einbezogen. Lediglich zwei ZfP haben auch dafür Rückstellungen - allerdings in nicht ausreichender Höhe - gebildet. Die Bilanzen der ZfP genügen insoweit den handelsrechtlichen Erfordernissen nicht.

In den Jahren 1997 bis 2000 machten in den Haushaltsrechnungen des Landes die Beihilfeaufwendungen für alle Versorgungsempfänger etwa 14 % der Pensionszahlungen aus. Dieser Prozentsatz stellt für die ZfP die Untergrenze der notwendigen Rückstellungen dar. Ihr Versorgungsbereich ist versicherungsmathematisch ein geschlossenes System, weil ausscheidende Beamte nur noch durch Angestellte ersetzt werden; mit dem deshalb zunehmenden durchschnittlichen Lebensalter der Versorgungsempfänger ist mit steigenden Beihilfeaufwendungen zu rechnen.

Die Realisierung der seit 1996 unterbliebenen Beihilferückstellungen für Versorgungsempfänger erhöht in den Abschlüssen für das Jahr 2000 die notwendigen Rückstellungen um insgesamt mindestens 14 Mio. €; davon entfallen rd. 12 Mio. € auf die Forderungen der ZfP gegenüber dem Land auf Freistellung von Versorgungslasten, rd. 2 Mio. € stellen den verbleibenden Eigenanteil der ZfP dar. Bisher wurden insoweit lediglich von zwei ZfP Rückstellungen in Höhe von zusammen rd. 194.000 € gebildet.

Das SM und die ZfP teilen die Auffassung des RH, dass von den ZfP in den Jahresabschlüssen 2002 die entsprechenden Rückstellungen gebildet werden. Zuvor sollen die auf die einzelnen ZfP entfallenden Beträge versicherungsmathematisch ermittelt und in den Jahresabschlüssen 2001 Teilrückstellungen ausgewiesen werden.

7 Vergleichbarkeit der Jahresabschlussberichte

Die ZfP haben ihre Jahresabschlüsse in entsprechender Anwendung des HGB und der ergänzenden Vorschriften der Krankenhausbuchführungsverordnung aufzustellen und prüfen zu lassen. Durch die anfänglich unterschiedliche Darstellung der Jahresabschlussberichte in verschiedenen Punkten war es zunächst nicht immer möglich, betriebliche Daten der einzelnen ZfP miteinander zu vergleichen, wodurch die Informationsmöglichkeiten der Adressaten der Jahresabschlussberichte, insbesondere der Aufsichtsräte und des SM, eingeschränkt waren.

Obwohl sich auf Veranlassung des SM die Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse verbessert hat, empfiehlt der RH, im Sinne einer weiteren Optimierung darauf hinzuwirken, dass die Abschlußberichte zum Zwecke eines größtmöglichen Informationsgewinns für alle Beteiligten noch einheitlicher gestaltet werden. Das SM ist hierzu grundsätzlich bereit, will jedoch Unterschiede dann tolerieren, wenn abweichende Darstellungen von Zahlenwerten im dazugehörigen Text ausreichend und differenziert erläutert werden.

8 Vergaberecht

Nach § 55 LHO muss dem Abschluss von Verträgen über Lieferungen und Leistungen eine öffentliche Ausschreibung vorausgehen. Für die bis zum 31.12.1995 als Landesbetriebe gemäß § 26 LHO geführten PLK galt § 55 LHO unmittelbar. Die VOL und VOB waren zu beachten.

Nach § 9 Abs. 4 des Errichtungsgesetzes ist § 55 LHO auf die ZfP nicht anzuwenden, jedoch waren bis zum Hj. 2000 die ANBest-I Bestandteil der Zuschussbescheide des SM mit der Folge, dass alle Lieferungen und Leistungen wie bisher auszuschreiben waren. Ab dem Hj. 2001 bewirtschaften die ZfP die Haushaltsmittel selbst; der Erlass des SM zur Bewirtschaftung dieser Mittel nimmt auf die ANBest-I nicht mehr Bezug.

Nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) i.d.F. vom 01.01.1999 sind die ZfP öffentliche Auftraggeber und haben eine öffentliche Ausschreibung vorzunehmen, wenn bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen ein Schwellenwert von 200.000 € zuzüglich Umsatzsteuer überschritten wird. Bei Daueraufträgen ist der Gesamtwert von maximal 4 Jahren maßgeblich. Nach dem 01.01.1999 unterlassene Ausschreibungen können zu Schadensersatzforderungen führen.

In drei von vier Fällen sind zwischen den Zentren z.B. im Geschäftsjahr 2000 Umsätze getätigt worden, bei denen bereits der Umfang eines Jahres über dem Schwellenwert lag, ohne dass der Auftragsvergabe s.Z. eine Ausschreibung vorausgegangen war.

Der RH hat die ZfP auf die Einhaltung des für sie geltenden Vergaberechts hingewiesen. Er hält darüber hinaus den Verzicht auf die Einhaltung der ANBest-I und damit auf die Einhaltung des Vergaberechts bei Verträgen unterhalb des Schwellenwertes für bedenklich. Dies vermindert die Transparenz der Entscheidungsfindung, ohne dass eine kostengünstigere Vergabe dadurch gesichert wäre. Die Universitätsklinika, die sich rechtlich in derselben Lage wie die ZfP befinden, haben sich freiwillig bereit erklärt, das öffentliche Vergaberecht grundsätzlich auch bei Auftragserteilungen unterhalb der Schwellenwerte zu beachten.

Das SM teilt hierzu mit, dass die ZfP die Regelungen des GWG künftig einhalten und die VOL und VOB grundsätzlich auch dann anwenden werden, wenn die Schwellenwerte nach § 2 der Vergabeverordnung nicht erreicht werden.

9 Veränderungen im Geschäftsführerbereich 3

Im GFB 3 wurde die Wahrnehmung einzelner Aufgaben bei einem ZfP konzentriert. Die Verwaltung der drei ZfP wurde beim ZfP G zentralisiert, die Wäscherei des ZfP H hat die Wäschereileistungen auch für die beiden anderen ZfP übernommen. Der RH hat die Auswirkungen dieser beiden Maßnahmen und die Personalausstattung der Abteilungen Technik bei den drei ZfP analysiert.

9.1 Zentralisierung der Verwaltung

Nach der Neuorganisation der ZfP wurde im GFB 3 die Zentralisierung der Verwaltung eingeleitet. Dazu wurde ein „Betriebsstättenmodell“ entwickelt, bei dem im Wesentlichen alle Mitarbeiter der Verwaltung zentral im ehemaligen Personalwohnheim des ZfP G arbeiten, die Büros von den Stammhäusern angemietet werden, die dort tätigen Sachbearbeiter weiterhin Mitarbeiter ihres ZfP bleiben und nur einige von ihnen, in beschränktem Umfang zu nicht mehr als 20 %, Tätigkeiten für die anderen ZfP erledigen. Nur diese für die anderen ZfP geleisteten Tätigkeiten werden dabei mit einem ermäßigten Satz von 7 % umsatzsteuerpflichtig. Das Vorhaben umfasste die Allgemeine Verwaltung einschließlich EDV, die Personalverwaltung, das Finanzwesen und die Leitung der Wirtschaftsabteilung einschließlich des zentralen Einkaufs. Die Zentralisierung war Mitte 1999 im Wesentlichen abgeschlossen.

Zur Feststellung der finanziellen Auswirkungen der damit verbundenen Personalveränderungen hat der RH die Zahl der Vollkräfte und die Personalaufwendungen in den Jahren 1995 und 1999 miteinander verglichen. Der Geschäftsführer und die Auszubildenden wurden in den Vergleich nicht einbezogen. Unberücksichtigt bleiben bei diesem Vergleich Vorteile der Zentralisierung, die außerhalb der Einsparung von Personalkosten liegen. So weist das ZfP z.B. darauf hin, dass nur durch die Zentralisierung der Verwaltung eine dezentrale Patienten- und Heimbewohnerstruktur aufgebaut werden kann, ohne dass dies zugleich mit einer Verteuerung der Verwaltungskosten verbunden sei.

Die Entwicklung der Personalausstattung der einzelnen Verwaltungsbereiche ist in Übersicht 7 dargestellt.

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Insgesamt wurden bei der Zentralverwaltung in der Zeit zwischen den Jahren 1995 und 1999 rd. 12,1 VK abgebaut. Die Sekretärinnen, die in der Übersicht 7 im Jahr 1999 für den Geschäftsführer ausgewiesen sind, sind 1995 in der Rubrik „Verw. allg.“ enthalten, da sie s.Z. für den Betriebsdirektor tätig waren.

In der selben Zeit kamen 3,5 neue Stellen für die „Unternehmensentwicklung“ (1,0 VK), für die „Öffentlichkeitsarbeit“ (rd. 1,5 VK) und für den „Datenschutz“ (1 VK) hinzu. Die entsprechenden Funktionen werden bei den anderen GFB vom Verwaltungspersonal wahrgenommen, wie es zu Vergleichszwecken in Übersicht 8 dargestellt ist.

Bezieht man auch diese neuen Stellen als Verwaltung im weiteren Sinne mit ein, ergibt sich per Saldo ein Stellenabbau von 8,6 Stellen. Dem stehen Höhergruppierungen, zusätzliche Überstunden, vereinbarte Fahrtkostenentschädigungen und Zusatzurlaub für Personal, das weitere Anfahrtswege zur Arbeit hat, und USt.-Zahlungen für Verwaltungsleistungen zwischen den drei ZfP gegenüber. Im Ergebnis ergeben sich daraus bis Ende 1999 Einsparungen von 127.900 € (s. Übersicht 8).

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Berücksichtigt man auch die Veränderungen in der Zeit nach 1999, wie die Einsparung der Stelle eines Ende 2000 ausgeschiedenen Betriebsdirektors, die beabsichtigte Einsparung der 0,8-Teilzeitstelle eines weiteren ausscheidenden Betriebsdirektors sowie einer 0,2-Stelle für dessen Sekretärin, einen künftigen Wegfall der Fahrtkosten und des Zusatzurlaubs sowie mehrere Höhergruppierungen, so erhöht sich das errechnete Einsparpotential um rd. 129.000 € auf letztlich rd. 257.000 €.

Der RH hat die drei GFB hinsichtlich ihrer Ausstattung mit Verwaltungspersonal verglichen. Berücksichtigt man dabei den unterschiedlichen Leistungsumfang der GFB und bezieht ihre jeweilige Personalausstattung der Einfachheit halber auf die Zahl ihrer Berechnungstage als Benchmark, so erhält man einen groben Vergleich, dessen Ergebnis in Übersicht 9 dargestellt ist.

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Auch nach der Zentralisierung der Verwaltung im GFB 3 ist deren Personalbestand, gemessen an den Berechnungstagen der ZfP, noch etwas höher als bei den anderen beiden GFB.

Die neun ZfP beabsichtigen nunmehr, diesen Weg der vergleichenden Bewertung im Rahmen eines übergreifenden Controlling zu verfeinern und zu präzisieren. Sie wollen für die verschiedenen Bereiche aussagefähigere Kriterien wie Fallzahlen oder die Anzahl der betreuten Mitarbeiter heranziehen.

9.2 Personalausstattung in den Abteilungen Technik

Jedes der drei ZfP unterhält eine Abteilung Technik. Auch in diesem Bereich wurde Personal abgebaut. Ein Vergleich der Personalausstattungen der drei Abteilungen in den Jahren 1995 und 1999 ist in Übersicht 10 dargestellt. Auszubildende wurden mit 0,2 VK berücksichtigt.

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Insgesamt wurden bei allen drei ZfP per Saldo 10,2 VK abgebaut. Dem entspricht im Jahr 1999 bei einem durchschnittlichen Aufwand von rd. 39.000 €/VK in diesem Bereich ein Einsparvolumen von rd. 396.000 €. Zugleich entstand ein Mehraufwand von rd. 17.000 € durch die Vergabe von Patienten- und Personentransporten an ein Taxiunternehmen, von rd. 9.000 € für USt.-Zahlungen für häuserübergreifende Tätigkeiten und von rd. 5.600 € für die Zahlung einer Überstundenpauschale. Das Einsparvolumen beträgt danach per Saldo rd. 363.000 €. Berücksichtigt man die Veränderungen nach 1999, so erhöht sich dieses auf rd. 414.000 € dadurch, dass im Jahr 2001 eine weitere Stelle auf der Leitungsebene weggefallen ist.

In den Abteilungen Technik wurden durch Personalabbau damit letztlich höhere Einsparungen erreicht, als sich aus der Zentralisierung der Verwaltung ergeben haben. Inwieweit die Personalreduzierung zu einen erhöhten Sachaufwand führt, konnte zuverlässig nicht veranschlagt werden.

9.3 Kosten für Wäschereileistungen

Bis September 1997 haben zwei ZfP eigene Wäschereien betrieben. Die Wäscherei des ZfP G arbeitete mit einer Waschleistung von rd. 600 Tonnen Wäsche im Wesentlichen für den Eigenbedarf und für das ZfP I. Als im Jahr 1997 im Zuge der zu erneuernden Heizzentrale Renovierungskosten in Höhe von rd. 307.000 € anstanden, wurde der Wäschereibetrieb aufgegeben. Seitdem wird die Wäsche aller drei ZfP in der Wäscherei des ZfP H gewaschen. Eine Ausschreibung ist dem nicht vorausgegangen. Die Waschleistung im ZfP H stieg von rd. 570 t auf rd. 1.000 t/Jahr.

Mit dieser Zentralisierung der Waschleistungen ist der Aufwand für die eigene Wäscheversorgung bei den drei ZfP deutlich zurückgegangen. Er sank von rd. 1,20 Mio. € im Jahr 1995 auf rd. 1 Mio. € im Jahr 1999. Im Aufwand des Jahres 1999 sind dabei rd. 75.000 € USt. enthalten. Die zusätzlichen Investitionskosten für die Wäscherei beim ZfP G wurden demnach erfolgreich vermieden.

Eine Analyse zeigt, dass die Reduzierung des errechneten Gesamtaufwands im Wesentlichen auf einen Mengenabbau zurückzuführen ist (s. Übersicht 11).

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Ein Preisvergleich hat ergeben, dass die Preise, die das ZfP H den beiden anderen ZfP in Rechnung stellt, über denen liegen, die andere ZfP für externe Waschleistungen zu bezahlen haben. Das ZfP weist darauf hin, dass bereits in den vorangegangenen Jahren die Wirtschaftlichkeit der eigenen Wäscherei u.a. von einem externen Sachverständigen überprüft worden sei, der zum Ergebnis kam, der Betrieb der eigenen Wäscherei für die drei ZfP sei für diese kostengünstiger als eine externe Wäschevergabe. Dies mag auf Grund der örtlichen Gegebenheiten zutreffen, auch dann bleibt im Ergebnis aber festzuhalten, dass auch nach der Zentralisierung die Wäschereikosten im GFB 3 jedenfalls nicht unter denen liegen, die in den anderen GFB anfallen.

10 Steuerpflichtige Leistungen und Zusammenschluss von Zentren für Psychiatrie

10.1 Steuerpflichtige Leistungen

Leistungen der ZfP an Dritte und somit auch an andere ZfP können steuerpflichtig, insbesondere umsatzsteuerpflichtig sein. Die Rechtslage zur Steuerpflicht stellt sich wie folgt dar:

Die Leistungen eines Krankenhauses sind nach § 4 Nr. 16 UStG von der Umsatzsteuer befreit. Dies gilt nicht für Umsätze an Dritte durch wirtschaftliche Geschäftsbetriebe und Zweckbetriebe der Krankenhäuser. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb eines ZfP liegt vor, wenn es durch eine selbständige nachhaltige Tätigkeit Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt. Als Zweckbetrieb betrachtet das Gesetz einen Betrieb, wenn er zu Anderen nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt. Dies ist der Fall, wenn der Umsatz mit Dritten weniger als 20 % des Gesamtumsatzes ausmacht. Für Leistungen im Rahmen eines solchen Zweckbetriebes beträgt der Steuersatz nur 7 %.

Der Umfang umsatzsteuerpflichtiger Leistungen zwischen den ZfP im Geschäftsjahr 2000 ist äußerst unterschiedlich. Innerhalb des GFB 1 wurden nennenswerte Umsätze nur durch Wäschereilieferungen vom ZfP C an das ZfP A getätigt. Sie kosteten rd. 205.000 € und führten zu einer Umsatzsteuer von rd. 33.000 €. Im GFB 2 sind bis zum Jahr 2000 keine umsatzsteuerlich relevanten Umsätze angefallen. Im GFB 3 wird demgegenüber ein intensiver Leistungsaustausch zwischen den drei betroffenen ZfP betrieben. Lieferungen und Leistungen zwischen den drei ZfP in Höhe von rd. 2.130.000 € führten im Jahr 2000 zu einer Umsatzsteuerbelastung von insgesamt 207.478 € (s. Übersicht 12).

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Bei der Apotheke wurde nur der Verwaltungskostenzuschlag berücksichtigt, da die Lieferungen im Übrigen zu Selbstkosten berechnet wurden und sich dabei Umsatzsteuer und Vorsteuer gegenseitig aufheben.

Die Versteuerung der umsatzsteuerpflichtigen Personalleistungen erfolgte bisher mit 7 %, da die Fremdumsatzanteile mit 20 % oder weniger angesetzt worden sind. Würde der 20 % Anteil am Gesamtumsatz überschritten, hätte dies eine Versteuerung der Leistungen mit 16 % zur Folge und bei einem Leistungsumfang wie im Jahr 2000 zu einen Mehraufwand von rd. 92.000 €/Jahr geführt.

10.2 Zusammenschluss von Zentren für Psychiatrie

Bei den Zentren des GFB 3 ist der Umfang gegenseitiger Leistungen verhältnismäßig groß. Die Umsatzsteuerpflicht beträgt derzeit mehr als 200.000 €/Jahr. Künftige größere Auftragsvergaben zwischen den drei ZfP setzen öffentliche Ausschreibungen voraus, wenn Schadensersatzforderungen nicht zum Zuge gekommener Unternehmen vermieden werden sollen. Der RH hat dem SM deshalb empfohlen, die drei ZfP zu einer Anstalt des öffentlichen Rechts zusammenzufassen; dadurch entfiele die Umsatzsteuerpflicht und die Pflicht zu Ausschreibungen für Leistungen, die ein ZfP für das andere erbringt. Das im Auftrag der ZfP erstellte Rechtsgutachten hält neben einer Holdingstruktur eine solche Gestaltung für rechtlich möglich; sie würde eine Gesetzesänderung voraussetzen und auch nach Ansicht der Gutachter zu einem „vergleichsweise übersichtlichen“ Ergebnis führen. Bedenken, dass daraus den einzelnen Teilen des neuen Unternehmens Nachteile entstehen könnten, kann durch gesellschaftsrechtliche Konstruktionen innerhalb eines gemeinsamen Unternehmens, z.B. durch Beiräte, begegnet werden.

Bei den ZfP der GFB 1 und 2 hat der RH aus deren Tätigkeit bis zum Jahr 2000 für einen Zusammenschluss bisher keine entsprechende Notwendigkeit gesehen. Vergleichbare steuerliche Belastungen bestanden in dieser Zeit nicht. Einspareffekte sind nicht zwingend mit der Zentralisierung von Leistungen oder dem Leistungsaustausch zwischen den ZfP verbunden. Er hat sich deshalb dafür ausgesprochen, über weitere Zusammenschlüsse nicht grundsätzlich, sondern abhängig von den jeweiligen Entwicklungen und Erfordernissen zu entscheiden.


Anhänge

Einzelplan 10: Umweltministerium

Bei der Förderung von Maßnahmen zur Beschleunigung des Busverkehrs wurden Verfahrensmängel festgestellt.  Die Verwaltungsvorschrift muss überarbeitet werden. Die Anträge sind sorgfältig zu prüfen, und Erfolgskontrollen müssen durchgeführt werden. Zur Verwaltungsvereinfachung sowie zur Begrenzung der Förderung empfiehlt der Rechnungshof die Festlegung von Pauschalen für einzelne Fördergegenstände.


1 Vorbemerkungen

Der RH hat zusammen mit den StRPÄ 22 Vorhaben zur Beschleunigung des Busverkehrs nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) geprüft. Das GVFG-Programm Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) 1999 bis 2003 enthielt 57 Busbeschleunigungsvorhaben, für die rd. 62,8 Mio. € an Zuwendungen veranschlagt waren. Die geprüften Maßnahmen wurden stichprobenhaft ausgewählt; die zuwendungsfähigen Ausgaben belaufen sich dort auf rd. 31,4 Mio. €. Drei der 22 Maßnahmen wurden dem GVFG-Programm Straßenbau 1999 bis 2003 entnommen, da sie in direktem Zusammenhang mit Busbeschleunigungen standen.

Die geprüften Maßnahmen wiesen in der Mehrzahl Bauausgaben bis zu rd. 2,5 Mio. € auf, für deren Bewilligung seit 1997 die Regierungspräsidien zuständig sind. Die Förderanträge sind beim RP einzureichen, das Anträge für Vorhaben mit Zuwendungen über rd. 1,5 Mio. € zur baufachtechnischen Prüfung an das zuständige Straßenbauamt weitergibt. Bei Maßnahmen über rd. 2,5 Mio. € ist das UVM zu beteiligen.

Die Untersuchung des RH und der StRPÄ sollte Aufschluss über die Vorgehensweise der Bewilligungsstellen bei der Prüfung und Abwicklung von Zuwendungsanträgen geben. Ziel war es, ein transparentes Zuwendungsverfahren und einen optimalen Mitteleinsatz zu erreichen.

2 Förderung von Maßnahmen zur Busbeschleunigung nach dem GVFG

Die Beschleunigung des Busverkehrs wurde im Juni 1998 als neuer Fördertatbestand in den Förderkatalog nach dem GVFG aufgenommen. Die Anteilsfinanzierung im Umfang von bis zu 85 % der zuwendungsfähigen Ausgaben bezieht sich insbesondere auf technische Maßnahmen zur Steuerung von Lichtsignalanlagen und den Bau von besonderen Fahrspuren für Omnibusse, soweit sie räumlich getrennt vom Fahrraum angelegt sind. Rechnergesteuerte Betriebsleitsysteme werden seit 1986 gefördert; sie berühren das eigentliche Busbeschleunigungsvorhaben aber nur am Rande.

3 Maßnahmen zur Beschleunigung des Busverkehrs

Die geförderten Busbeschleunigungsmaßnahmen sollen die Attraktivität des ÖPNV-Angebots erhöhen und einen Beitrag zu mehr Wirtschaftlichkeit leisten. Dies geschieht vor allem dadurch, dass Pünktlichkeit sowie Anschlüsse zu anderen Verkehrsmitteln gesichert, die Reisezeiten verkürzt und der Fahrkomfort insgesamt verbessert werden. In Abhängigkeit von den mit der Busbeschleunigung verfolgten Zielen können z.B. bei schnelleren/pünktlichen Umläufen Fahrer und Busse eingespart oder - bei bestehendem Bedarf - auch Linien mit den vorhandenen Ressourcen verlängert werden.

Busbeschleunigungen werden üblicherweise in einer Kombination der folgenden Bausteine durchgeführt:

  • Signaltechnische Maßnahmen

Bussen wird an Lichtsignalanlagen die Bevorrechtigung eingeräumt, um ein Durchfahren des Knotens ohne größeren Zeitverlust zu erreichen.

  • Bauliche Maßnahmen

Umbauten an Kreuzungen, Errichtung von Busbuchten oder Bau von räumlich getrennten Busspuren.

  • Verkehrliche Maßnahmen

Mit planerischen Maßnahmen können die Linienführungen sowie die Anzahl bzw. Lage der Haltestellen verändert, im Zuge verkehrsrechtlicher Anordnungen z.B. Abbiegeverbote/-gebote ausgesprochen werden.

Der wesentliche Teil der Zuwendungsanträge zur Beschleunigung des öffentlichen Personennahverkehrs sah schwerpunktmäßig signaltechnische Maßnahmen zur Bevorrechtigung des ÖPNV an Knotenpunkten in Verbindung mit verkehrlichen Regelungen vor. Daneben sollten in einigen Fällen separate Busspuren angelegt werden.

4 Feststellungen

Die Bewilligungsstellen führten häufig keine umfassende und sorgfältige Antragsprüfung durch. Insbesondere wurde die fachliche und wirtschaftliche Tragweite des Förderantrags - Notwendigkeit und Angemessenheit - nur unzureichend betrachtet. Eine Erfolgskontrolle, ob das Förderziel mit den eingesetzten Mitteln erreicht wurde, fand nur in wenigen Fällen statt. Die nachfolgenden Feststellungen werden jeweils exemplarisch durch eines der geprüften Vorhaben illustriert.

4.1 Unvollständige Förderanträge

Den Bewilligungsstellen wurden nicht selten unvollständige Förderanträge vorgelegt, die z.T. lückenhafte Verkehrsgutachten, nicht ausgereifte Planungen oder mit den politischen Gremien des Antragstellers nicht hinreichend abgestimmte Maßnahmen aufwiesen. Von den Bewilligungsstellen wurde dies so gut wie nie beanstandet. Es wurden auch keine weiteren Unterlagen eingefordert oder gar Anträge zurückgewiesen. Vielmehr wurden die Vorhaben trotz aller Unwägbarkeiten ausnahmslos in die Förderung aufgenommen.

Beispiel: Die Stadt A beantragte Zuwendungen für Busbeschleunigungsvorhaben, die mit rd. 2,1 Mio. € an zuwendungsfähigen Ausgaben veranschlagt wurden. Das RP bewilligte rd. 1,4 Mio. €. Dem Antrag sollte ein Verkehrsgutachten beigegeben sein, nach dem der begrenzt vorhandene Verkehrsraum die getrennte Führung von Individualverkehr (IV) und ÖPNV nicht zulässt. Zur Busbeschleunigung wären deshalb die Bevorrechtigung der Busse von zwei Linien an Lichtsignalanlagen, der Bau von Busspuren u.a. erforderlich. In den Akten des RP fehlte jedoch der Förderantrag; auch das Gutachten lag weder beim Straßenbauamt noch beim RP vor. Nach Ausführungen des RP konnten trotz intensiver Bemühungen weder die fehlenden Antragsunterlagen noch das Gutachten gefunden werden.

4.2 Fachtechnische und wirtschaftliche Prüfung

Förderanträge sind in fachtechnischer und wirtschaftlicher Hinsicht von den Regierungspräsidien bzw. den Straßenbauämtern zu prüfen. Die fachtechnische Prüfung bewertet den Bau und die dabei zum Einsatz kommende Verkehrstechnik. Im Zuge der Wirtschaftlichkeitsprüfung soll u.a. untersucht werden, ob die Dringlichkeit des Vorhabens gegeben und der Mittelbedarf angemessen sind.

Die fachlichen Notwendigkeiten der Maßnahmen wurden zumeist allenfalls ansatzweise geprüft. Die grundsätzliche Realisierbarkeit sowie das Zusammenwirken von einzelnen Bestandteilen der beantragten Vorhaben wurden ebenso wenig hinterfragt wie die Einbettung beantragter Teilmaßnahmen in das städtische Gesamtkonzept zur Verbesserung des ÖPNV. Mitunter waren Defizite bei der fachlichen Prüfung nicht nur auf mangelnde Sachkenntnis zurückzuführen, sondern sie stellen schlicht Versäumnisse der Bewilligungsstelle dar.

Unter Wirtschaftlichkeitsaspekten haben die Bewilligungsstellen auch auf die sonstigen Rahmenbedingungen zu achten, die das Förderziel ggf. beeinträchtigen. So konnten bei vielen Maßnahmen die Fahrzeiten durch verbesserte Lichtsignalsteuerungen reduziert werden; zugleich waren aber z.T. erhebliche Verlustzeiten an Haltestellen festzustellen, weil die Fahrer weiterhin Fahrkarten verkaufen mussten.

Beispiel: Die Stadt B stellte 1993 einen Förderantrag für „Maßnahmen zur Busbeschleunigung“ mit Gesamtausgaben von rd. 1,6 Mio. €. Als zuwendungsfähig anerkannt wurden 1996 rd. 1,2 Mio. €, u.a. für ein teilzentrales Verkehrssystem mit Erneuerung bzw. Ergänzung von 43 Lichtsignalanlagen einschließlich eines Zentralrechners. Das Zuschussverfahren nahm insgesamt 3½ Jahre in Anspruch. Von der Bewilligungsstelle wurde keine gesamtheitliche Betrachtung vorgenommen. Das zuständige Straßenbauamt wurde nur zu Einzelmaßnahmen gehört. Ausführungen zur Wirtschaftlichkeit der Maßnahme und deren Zweckmäßigkeit enthielten die Prüfungsunterlagen nicht.

4.3 Änderungs- und Erhöhungsanträge

Mitunter legten die Zuwendungsempfänger bereits kurz nach der Bewilligung Änderungs- und Erhöhungsanträge vor; z.T. wurden auch die im Förderantrag enthaltenen Planungen völlig revidiert oder neue Förderbestandteile hinzugenommen, um die ursprünglich bewilligten Fördermittel voll in Anspruch nehmen zu können. Die Art der Änderungsanträge zeigte, dass Förderanträgen häufig unausgereifte Planungen zu Grunde lagen.

Wird die der Bewilligung zu Grunde liegende Planung wesentlich verändert oder werden die zuwendungsfähigen Ausgaben überschritten, muss der Zuwendungsempfänger den Bewilligungsstellen unverzüglich einen entsprechenden Änderungsantrag vorlegen. Gegebenenfalls muss die ursprüngliche Bewilligung auch widerrufen und ein neues Bewilligungsverfahren eingeleitet werden.

Selbst wenn die Änderungsanträge vom Antragsteller unverzüglich der Bewilligungsstelle vorgelegt wurden, waren die Regierungspräsidien weder fachlich noch personell in der Lage, die Änderungen zeitnah auf ihre Förderfähigkeit hin zu beurteilen. Bei anderen Vorhaben wiederum wurden die Bewilligungsstellen vom Zuwendungsnehmer nicht unverzüglich über Änderungen gegenüber der genehmigten Planung oder „unvorhergesehene“ Abweichungen vom bewilligten Förderantrag unterrichtet.

Beispiel: Die Stadt C stellte über einen Zeitraum von zehn Jahren immer wieder Änderungs- und Erhöhungsanträge, die sich insgesamt auf zuwendungsfähige Ausgaben von rd. 5,6 Mio. € beliefen. Ausgehend von der Förderung eines rechnergesteuerten Betriebsleitsystems wurde die technische Ausstattung von Lichtsignalanlagen und Stadtbussen beantragt. Später sollten auch die Regionalbusse entsprechend ausgerüstet werden, damit sie in den Genuss der Beschleunigung im Stadtgebiet kommen konnten. Danach hielt die Stadt selbst Teile der beantragten Vorhaben für nicht mehr erforderlich und beantragte die Bezuschussung von Pförtnerampeln zur Bevorrechtigung von Bussen und von Busspuren. Die Pförtnerampeln wurden aber nicht realisiert, da hierfür im Gemeinderat keine Zustimmung gefunden werden konnte. Auch die Busspuren wurden nicht im vorgesehenen Umfang errichtet. Im letzten Änderungsantrag war die Umrüstung von weiteren Lichtsignalanlagen vorgesehen.

4.4 Erfolgskontrolle

Die seit Juli 2000 geltende VV zu § 44 LHO verlangt, dass im Bewilligungsbescheid im Hinblick auf eine begleitende und abschließende Erfolgskontrolle der Zuwendungszweck und die mit der Zuwendung beabsichtigten Ziele zweifelsfrei festgelegt werden. Vereinzelt forderten die Bewilligungsstellen auch früher von den Zuwendungsnehmern den Nachweis, dass die Förderziele mit den eingesetzten Zuwendungen erreicht wurden. So nahmen einige Regierungspräsidien in die Bewilligungsbescheide eine allgemeine Bestimmung auf, wonach dann, „wenn der Zuwendungsempfänger die Ziele der Busbeschleunigung nicht oder nur in eingeschränktem Umfang erreicht und die Maßnahme in der Folge eindeutig als unwirtschaftlich zu qualifizieren ist, die Fördermittel zurückzuzahlen sind“. Welche konkreten Ziele mit der Maßnahme erreicht werden sollen und wie der Nachweis zu führen ist, wurde dabei nicht festgelegt.

Beispiel: Die von der Stadt D beantragten und bewilligten Maßnahmen sind in Teilen umgesetzt. Obgleich sich der Bau von Busspuren nach Genehmigung des Zuschussantrags als politisch nicht durchsetzbar herausgestellt hatte, konnten die Ziele der Busbeschleunigung nach Angaben der Stadt auf andere Weise erreicht werden. Eine Untersuchung, die dies belegt, liegt nicht vor. Die Vorlage eines Abschlussgutachtens durch die Stadt war nicht Bestandteil der Bewilligung.

5 Bewertung und Empfehlungen

Die Probleme der Bewilligungsstellen bei der Antragsprüfung manifestierten sich sowohl in der eigentlichen Antragsbearbeitung als auch in der fachtechnischen und wirtschaftlichen Prüfung. Hinzu kommt, dass z.B. auch die Eingangsvoraussetzungen für eine Erfolgskontrolle, nämlich die angemessene Definition von Erfolgskriterien, fehlten. Es konnte also nicht überprüft werden, ob die Förderziele auch wirklich erreicht wurden. Im Hinblick auf eine solide Antragsprüfung sollte die nicht mehr zeitgemäße VwV-GVFG überarbeitet und durch Regelungen für den Fördertatbestand „Busbeschleunigungen/Busspuren“ ergänzt werden.

Angesichts der Schwachstellen im Zuwendungsverfahren sind den Bewilligungsstellen - auch unter Berücksichtigung ihrer personellen Engpässe und der Probleme mit dem fachlichen Know-how - weiter gehende Hilfen an die Hand zu geben. Diese sollten die transparente, nachvollziehbare und schlüssige Prüfung von Förderanträgen sowie eine begleitende und abschließende Erfolgskontrolle unterstützen.

5.1 Merkblatt „Busbeschleunigungen“

Das UVM hat 1994 als Unterstützung der Bewilligungsstellen bei der Antragsprüfung ein Merkblatt für „Rechnergesteuerte Betriebsleitsysteme“ erarbeitet. Darin sind dessen erforderliche Einrichtungen und Komponenten aufgelistet und als „zuwendungsfähig“, „nicht zuwendungsfähig“ und „z.T. zuwendungsfähig“ eingeordnet. Analog hierzu sollten Merkblätter auch für andere Bestandteile von Busbeschleunigungsvorhaben aufgestellt werden. Die Merkblätter sind als Anlage in die Förderrichtlinie aufzunehmen.

Sie sollten die technischen Entwicklungen widerspiegeln und kontinuierlich ergänzt werden. Beispielsweise sind wegen der nicht mehr zeitgemäßen VwV Komponenten wie der ÖPNV-Speicher nicht zuwendungsfähig. In den Merkblättern sollte ferner die Förderung von Lichtsignalanlagen im Zuge von Beschleunigungsvorhaben geregelt werden. Durch diese Förderung werden kommunale Lichtsignalanlagen häufig auf den neuesten Stand der Technik gebracht, wodurch u.U. ohnedies anstehende Erneuerungen vorgezogen und somit gefördert werden. Dies wurde bei der Festsetzung der Zuwendungen bislang nicht berücksichtigt. Hier wären z.B. pauschale Abschläge der Bemessungsgrundlage denkbar.

5.2 Leitfaden für die Antragsprüfung

Im Interesse einer praktikablen und zügigen Prüfung der Antragsunterlagen in baufachlicher und wirtschaftlicher Hinsicht wird empfohlen, den Bewilligungsstellen einen Leitfaden zur Verfügung zu stellen, in dem alle wesentlichen Gesichtspunkte aufgeführt sind, die es bei der Prüfung von Vorhaben der Busbeschleunigung zu beachten gilt. Der Leitfaden sollte Teil der Förderrichtlinie „Busbeschleunigung“ sein. Er kann von den Bewilligungsstellen nicht nur bei der Antragsprüfung des Fördervorhabens als Hilfsmittel herangezogen werden, sondern sollte gleichzeitig den Zuwendungsnehmern als Richtschnur bei der Ausarbeitung ihrer Förderanträge dienen. Von daher sollte der Leitfaden auch Aussagen zu Form und Inhalt der vorzulegenden Antragsunterlagen enthalten.

In Anbetracht des komplexen Fördergegenstands sollte der Förderantrag z.B. grundsätzlich eine Analyse der bestehenden Verkehrsverhältnisse und der vorhandenen Mängel sowie ein Maßnahmenpaket zur Beseitigung der Störquellen enthalten. Dabei ist zu beachten, dass mit GVFG-Mitteln für die Beschleunigung des Busverkehrs keine vorrangigen Interessen des Individualverkehrs finanziert werden dürfen.

Auf Grund der bisherigen Erfahrungen müssen die Bewilligungsstellen die Antragsprüfung konsequenter durchführen sowie verstärkt auf die Plausibilität der Antragsunterlagen achten und nicht nachvollziehbare Ansätze beim Antragsteller frühzeitig hinterfragen. Ein Förderantrag sollte erst dann bearbeitet und die Bewilligung erteilt werden, wenn das Vorhaben durchgeplant ist und detaillierte Ausgabenaufstellungen vorliegen. So ließen sich umfangreiche Neu- oder Nachberechnungen vermeiden sowie Änderungsanträge erheblich reduzieren. Ferner ist zur Risikominimierung darauf zu achten, dass die rechtliche Sicherung der Maßnahme (z.B. Vorliegen der Baugenehmigung) erfolgt ist und die Bauausführung zeitnah zur Festsetzung beginnt.

Eine Aufhebung des Zuwendungsbescheids müsste dann in Betracht gezogen werden, wenn eine Maßnahme - unabhängig von ihrer Förderfähigkeit - wesentlich abweichend von der der Bewilligung zu Grunde gelegten Planung durchgeführt worden ist.

5.3 Prüfung der Zielerreichung

Da die mit staatlichem Mitteleinsatz verfolgten Zielrichtungen der Förderung von der Verwaltung zu prüfen sind, müssen in den Bewilligungsbescheiden Messgrößen in Form von Erfolgskriterien oder Kennzahlen festgelegt werden, an Hand derer der Zuwendungserfolg nachgewiesen und beurteilt werden kann. Zur besseren Handhabung dieser Erfolgskontrolle durch die Bewilligungsstellen sind Anforderungen und Hinweise zur Prüfung der Zielerreichung in die Förderrichtlinie aufzunehmen.

In die Bewilligungsbescheide können z.B. Kriterien aufgenommen werden wie

  • Fahrzeitgewinn,
  • Pünktlichkeit,
  • Regelmäßigkeit,
  • Einsparung von Bussen und/oder Personal oder
  • mögliche Angebotsausweitung.

Den Nachweis über die Zielerreichung der geförderten Maßnahme müsste der Zuwendungsempfänger spätestens zwei Jahre nach der Inbetriebnahme einer Busbeschleunigung, also etwa zeitgleich mit der in der VwV-GVFG geforderten Vorlage des Verwendungsnachweises, erbringen.

5.4 Vereinfachung des Zuwendungsverfahrens

Eine Vereinfachung des Zuwendungsverfahrens könnte erreicht werden, wenn die Anteilsförderung auf der Basis festzulegender Pauschalen für die zuwendungsfähigen Ausgaben bestimmter Fördergegenstände festgesetzt würde. Bei Busbeschleunigungen handelt es sich zwar in den meisten Fällen um komplexe Vorhaben hinsichtlich der technischen und baulichen Komponenten; jedoch sind die Einzelbestandteile einer Maßnahme in der Regel ohne weiteres darstellbar, sodass für einzelne Fördergegenstände bestimmte Pauschalbeträge festgelegt werden können.

Die auf der Basis entsprechender Pauschalen ermittelte Förderung würde die Antragsprüfung erheblich vereinfachen und sowohl für das Land als auch für die Zuwendungsempfänger zu Planungs- bzw. Finanzierungssicherheit führen.

6 Stellungnahme des Ministeriums

Das UVM teilt die Feststellung des RH, die Förderrichtlinien seien nicht mehr zeitgemäß; daher strebe es eine Überarbeitung der Förderrichtlinien in dem vom RH angeregten Sinn an. Außerdem beabsichtige es, für die Fördergegenstände im Bereich Busbeschleunigung Pauschalen zu entwickeln und einzuführen. Dabei sehe es allerdings Schwierigkeiten bei Vorhaben, die ggf. Veränderungen durch externe Einflüsse unterlägen.

Das UVM betont die Notwendigkeit zur teilweise iterativen Umsetzung des Planungsprozesses, vor allem bei anspruchsvollen Beschleunigungsmaßnahmen, bei denen viele Betroffene die Auswirkungen erst an Hand realisierter Teilmaßnahmen erfahren und beurteilen könnten.

Den vom RH empfohlenen Nachweis zur Wirksamkeit der Beschleunigungsmaßnahmen hält das UVM für sehr zeit- und personalintensiv. Es sei daher zweckmäßig, sich auf wenige, aussagekräftige Kriterien zu beschränken. Beurteilungsmaßstab sollte vorwiegend die Attraktivitätsverbesserung des ÖPNV aus der Sicht des Fahrgastes sein. Soweit mit der Umsetzung eines Maßnahmenpakets noch anderweitige Synergieeffekte aufträten, seien diese im Sinne der Gesamteffizienz der Maßnahme zu begrüßen. Effekte wie „Einsparung von Bussen und/oder Personal“ müssten aber zuwendungsneutrale Nebenprodukte einer Busbeschleunigung bleiben. Bei einfachen Maßnahmen genüge es, die für den ÖPNV zu erwartenden Verbesserungseffekte qualitativ aufzuzeigen und dem Aufwand für die Realisierung gegenüberzustellen. Nur bei umfassenden Maßnahmen mit weit reichenden Wirkungen sollten die Bewertungskriterien quantifiziert und durch Messungen bzw. Berechnungen belegt werden (Fahrzeitgewinne, Pünktlichkeit, Regelmäßigkeit).

Der Nachweis darüber, ob mit der Zuwendungsmaßnahme das Förderziel erreicht werde, müsste sich aus rechtlicher Sicht auf die erreichten Beschleunigungseffekte, d.h. Fahrzeitverkürzungen beschränken.

7 Schlussbemerkung

Die Aufnahme neuer Fördertatbestände in den Katalog nach dem GVFG entspricht den Entwicklungen, die sich in den letzten Jahren im Bereich des ÖPNV ergeben haben. Mit der seit Jahren nahezu unveränderten Förderrichtlinie kann der heutigen technischen Entwicklung nicht mehr entsprochen werden. Die Förderrichtlinie sollte daher Hand in Hand mit einer Vereinfachung ergänzt und angepasst werden.

Zur Verfahrensvereinfachung und zur Reduzierung des Bearbeitungsaufwands spricht sich der RH für die Einführung von Pauschalierungen einzelner Fördergegenstände aus, von denen nur im begründeten Einzelfall abgewichen werden sollte.

Das vom UVM erwähnte iterative Vorgehen sollte - soweit irgend möglich - bereits während des Planungsprozesses, also im Vorfeld der Antragsprüfung erfolgen, damit dem Antrag ausgereifte Planungen zu Grunde liegen, die zudem rechtlich gesichert und durch einen Beschluss des Gemeinderats bestätigt sein sollten. Bewilligungsanträge hingegen, die bereits zum Zeitpunkt der Antragsprüfung mit großer Wahrscheinlichkeit Änderungs- oder Erhöhungsanträge erwarten lassen, sollten von den Bewilligungsstellen zurückgewiesen werden. Dadurch könnte nicht nur die Ausgabensicherheit auf Seiten des Zuwendungsgebers Land gesteigert werden; es ließen sich auch personalaufwändige Prüfungen von Änderungsanträgen erheblich reduzieren.

Der RH hält es ebenso für unverzichtbar, dass mit den Antragsunterlagen Nachweise (z.B. Verkehrsgutachten) für die Notwendigkeit der angestrebten Verbesserungen vorgelegt werden. Hieraus können die Bewilligungsbehörden ohne größeren Zeitaufwand die für die Beurteilung des beantragten Vorhabens erforderlichen Erkenntnisse gewinnen. Daneben dürfen allerdings auch wirtschaftliche Erfolgskriterien, die mit Einsparungen im ÖPNV verbunden sind, nicht vernachlässigt werden. Nach Ansicht des RH stellen diese keineswegs „Nebenprodukte“ dar, sondern sollten zusätzliche Bewertungsmaßstäbe für die beantragten Busbeschleunigungsvorhaben sein.

Der RH ist schließlich der Ansicht, dass ein vereinfachtes Antragsverfahren in Verbindung mit der Begrenzung der Förderung durch die Festlegung pauschalierter Förderbeträge und anschließender Erfolgskontrolle dazu beitragen kann, die Bewilligungsverfahren zu straffen und die im Zuwendungsbereich GVFG knapper werdenden Fördermittel künftig noch ausgewogener und effektiver einzusetzen.


Anhänge

Die Bewilligungsstellen haben eine neue Rheinbrücke für Fußgänger und Radfahrer mit zuwendungsfähigen Ausgaben von rd. 3,6 Mio. € in das Förderprogramm aufgenommen, obgleich die Fördervoraussetzungen bis heute nicht vorliegen.


1 Vorbemerkungen

Das Land fördert nach dem GVFG jährlich mit rd. 133 Mio. € Vorhaben des Kommunalen Straßenbaus, die zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden dringend notwendig sind. Die Zuwendung wird im Wege der Anteilsfinanzierung gewährt, der Fördersatz beträgt bis zu 70 % der zuwendungsfähigen Ausgaben.

Gefördert werden können u.a. der Bau und Ausbau innerörtlicher Hauptverkehrsstraßen, verkehrswichtige Zubringerstraßen zum überörtlichen Verkehrsnetz oder Kreuzungsmaßnahmen nach dem Bundeswasserstraßen- bzw. dem Eisenbahnkreuzungsgesetz.

Um die Mittel des Förderprogramms Kommunaler Straßenbau, deren Höhe seit einigen Jahren unverändert geblieben ist, konkurriert eine stetig wachsende Zahl an Förderanträgen der Gebietskörperschaften. Als Konsequenz daraus werden Vorhaben zeitlich gestreckt und z.T. umfangreiche Wartelisten förderfähiger Vorhaben gebildet. Um die knappen Fördermittel im Kommunalen Straßenbau optimal einsetzen zu können, hat der RH bereits in der Denkschrift 2001 Nr. 19 „Bewilligungsverfahren im Kommunalen Straßenbau“ Empfehlungen zur Antragsprüfung und -bearbeitung ausgesprochen.

2 Fördervoraussetzungen und Verfahren

Zuwendungen für ein Vorhaben werden u.a. unter der Voraussetzung gewährt, dass es in das GVFG-Förderprogramm aufgenommen ist. Das Programm umfasst fünf Jahre; es wird unter Berücksichtigung der verfügbaren Mittel aufgestellt und jährlich fortgeschrieben. Der Antrag zur Aufnahme in das Programm ist beim zuständigen Straßenbauamt einzureichen, das ihn mit seiner Stellungnahme dem RP zuleitet. Bei zuwendungsfähigen Ausgaben bis zu rd. 2,5 Mio. € entscheidet das RP über die Aufnahme in das Programm. Liegen die zuwendungsfähigen Ausgaben darüber, trifft das UVM die Entscheidung. Die Aufnahme in das Förderprogramm begründet allerdings keinen Rechtsanspruch auf Förderung.

Der Anmeldung sind u.a. folgende Unterlagen beizufügen:

  • Beschreibung des Vorhabens,
  • Darlegung, dass das Vorhaben
  • nach Art und Umfang zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse dringend erforderlich ist,
  • im Generalverkehrsplan oder einem gleichwertigen Plan vorgesehen ist,
  • vereinfachte Kostenberechnung und Übersicht über die beabsichtigte Finanzierung.

3 Neue Rheinbrücke für Fußgänger und Radfahrer

3.1 Vorgeschichte

Zur Vorbereitung der Landesgartenschau im Jahr 2004 schrieben die Städte Kehl und Straßburg 1998/1999 europaweit einen Wettbewerb zur Gestaltung der beiden Rheinufer aus, der als verbindendes Element eine Brücke als „Symbol für den Brückenschlag zwischen den Nachbarn“ vorsah. Im Zuge eines Gutachterverfahrens wurde 2000 für die Brücke ein Entwurf ausgewählt, der nach Ansicht der beiden Städte der Wettbewerbsaufgabe am besten gerecht wurde, das Brückensegment beiderseits des Rheins nahtlos in einen Fuß- und Radweg - Kreisring rund um das Gartenschaugelände einzubinden.

Die neue Brücke sollte zunächst rd. 1.050 m südlich der bestehenden Rheinbrücke („Europabrücke“) liegen. Ende 2001 kritisierte die Stadt Straßburg jedoch, dass die geplante Brücke auf ihrer Seite zu weit im Süden, inmitten eines Industriegebiets liege, wo nur wenige Menschen wohnten. Daraufhin wurde der Standort nach Norden verlegt, wo er sich nun 500 m südlich der Europabrücke befindet. Mit der Verlegung wurde das Konzept fallen gelassen, mit der Brücke das Gartenschaugelände in Form eines Kreises zu umfassen.

3.2 Bauliche Gestaltung

An den Entwurf und die Qualität des Brückenbauwerks wurden im Rahmen des Wettbewerbs besondere Ansprüche gestellt, da es nicht nur den „Zweck der bequemen Überquerung des Rheins sichern, sondern einen besonderen Akzent“ darstellen sollte. Der Siegerentwurf kam dem in der Form nach, dass eine Brücke im Kreisbogen mit einer geraden Brücke kombiniert wird. Die zwei Stege werden über der Rheinmitte verbunden. Der Steg in Bogenform ist etwa 450 m lang und relativ flach gehalten, der gerade Steg von rd. 250 m Länge weist hingegen eine größere Steilheit auf, die eine behindertengerechte Nutzung kaum zulässt. Baulich handelt es sich um eine Schrägseilbrücke mit zwei Pylonen auf Pfeilern im Rhein (s. Schaubilder 1 und 2).

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Im Verlauf der Entscheidung des Wettbewerbsgremiums hatte die deutsche Seite darauf hingewiesen, dass die auf den aufwändigen Entwurf zurückzuführenden hohen Bauausgaben nicht anteilig übernommen werden können. Aus diesem Grund wurde damals als Finanzierungsschlüssel ein Verhältnis von einem Drittel für die Stadt Kehl zu zwei Dritteln für die Stadt Straßburg vereinbart.

3.3 Antrag auf Förderung nach Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz

Am 30.11.2000 legte die Stadt Kehl einen Antrag zur Aufnahme der neuen Brücke für Fußgänger und Radfahrer in das GVFG-Programm vor. Die Ausgaben wurden auf rd. 11,3 Mio. € beziffert.

Nach Prüfung durch das RP und abschließender Bewertung durch das UVM, wurde der Anteil der Stadt Kehl (ein Drittel der Gesamtkosten) im Juni 2001 mit einem Ansatz von rd. 3,6 Mio. € an zuwendungsfähigen Ausgaben in das GVFG-Programm 2001 bis 2005 aufgenommen. Das UVM führte aus, dass noch offen sei, welcher Brückenentwurf zur Durchführung komme; von daher könne dieser Ansatz nur als vorläufig betrachtet werden. Außerdem hat das RP für die neue Brücke in der Zwischenzeit rd. 1 Mio. € nach dem Programm INTERREG III A „Oberrhein-Mitte-Süd“ zugesagt, mit dem die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Europa gefördert wird.

Das UVM bestätigte dem RH gegenüber im Dezember 2001 die Förderfähigkeit des Vorhabens nach GVFG im Sinne einer Kreuzungsmaßnahme nach dem Bundeswasserstraßengesetz. Das UVM merkte jedoch an, dass die zuwendungsfähigen Ausgaben unter Umständen zu hoch veranschlagt seien, da nur funktionale Bauwerke - bei Brücken z.B. rd. 2,0 bis 2,6 Mio. € für den Anteil Kehls - förderfähig seien. Die abschließende Entscheidung über den notwendigen und damit förderfähigen Umfang der Bauwerksausgaben könne erst bei Vorlage des endgültigen Förderantrags getroffen werden. Dieser müsse dann Nachweise enthalten, „dass das Vorhaben zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse dringend notwendig ist und welche Brückenpläne und -ausgaben zur Ausführung kommen werden“.

Im Januar 2002 wurde das Abkommen über die grenzüberschreitende Gartenschau unterzeichnet. Hierbei wurde der Schlüssel für die Verteilung der Bauausgaben derart geändert, dass nun auf die Stadt Kehl 41 % (vorher ein Drittel) und auf die Stadt Straßburg 59 % (vorher zwei Drittel) entfallen. Außerdem strich die Stadt Straßburg die auf einer Rheinsichel vorgesehene Wohnbebauung und den Weg, auf dem das Gartenschaugelände hätte umrundet werden können. Die Brücke rückt nunmehr in die Mitte der Gartenschau und wird zu deren zentralem Gestaltungselement.

3.4 Bedarf und Dringlichkeit der Brücke

Im Erläuterungsbericht zum Antrag auf Aufnahme in das GVFG-Programm führte die Stadt Kehl aus, dass der konkrete Nutzungsaspekt der Brücke darin besteht, „die Menschen von beiden Ufern, aus beiden Ländern zusammen zu führen“. Ferner sollen beiderseits des Rheins Freizeitnutzungen entstehen, die durch die Brücke verbunden werden.

Nicht eingegangen wird im Antrag hingegen auf den derzeitigen Umfang des Fußgänger- und Radfahrverkehrs zwischen den Städten Kehl und Straßburg und insbesondere dessen künftige Entwicklung nach der Landesgartenschau. Auch sind keine Angaben enthalten, wodurch sich - im Sinne der Fördervoraussetzung gemäß GVFG - die dringende Notwendigkeit der Brücke für die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Städten begründet.

4 Bewertung

4.1 Förderfähigkeit des Vorhabens nach Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz

4.1.1 Nachweis zu Bedarf und Dringlichkeit

Es fehlt der Nachweis, dass das Vorhaben nach Art und Umfang zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in der Stadt Kehl und ggf. der Stadt Straßburg dringend erforderlich ist. Der Bedarf wird allein durch die geplante Ausrichtung der Landesgartenschau und die Symbolik des Brückenschlages begründet.

So liegen z.B. keine quantitativen Aussagen zur heutigen und künftigen Nutzung der neuen Rheinbrücke durch Fußgänger und Radfahrer insbesondere nach der Landesgartenschau vor. Diesem Nachweis kommt im Hinblick auf einen sparsamen Mitteleinsatz zur Erreichung des Förderziels „Verbesserung der Verkehrsverhältnisse für nicht-motorisierte Verkehrsteilnehmer“ große Bedeutung zu, dies besonders vor dem Hintergrund, dass nach dem neuen Standort die nur 500 m entfernte Europabrücke mit gut markierten 2 m breiten Fuß-/Radwegen entlang beider Fahrtrichtungen ausgestattet ist. Diese Wege sind in das Verkehrswegenetz der Städte Kehl und Straßburg und den europäischen Radweg eingebunden.

Die Europabrücke wird im Übrigen durch die Inbetriebnahme einer rd. 12 km südlich liegenden weiteren Rheinbrücke Ende des Jahres 2002 vor allem vom überregionalen Schwerlastverkehr erheblich entlastet werden. Befürchtungen, dass durch Sogwirkungen des Schwerlastverkehrs die Verkehrssicherheit der nicht-motorisierten Verkehrsteilnehmer beeinträchtigt ist, sind damit kaum mehr gegeben.

Die Stadt Kehl hätte den Bedarf der neuen Rheinbrücke für Fußgänger und Radfahrer über das auf der Europabrücke vorhandene Wegeangebot hinaus daher nachweisen müssen, auch in Anbetracht der sich in wenigen Monaten durch die neue, südlich gelegene Brücke ergebenden Verkehrsverlagerungen.

4.1.2 Einbindung in das städtische Verkehrswegenetz

Vom Antragsteller wurden keine Nachweise vorgelegt, dass die neue Rheinbrücke Bestandteil des Generalverkehrsplans oder eines anderen gleichwertigen städtischen Plans ist. So ergibt sich, dass die Brücke sowohl in der Stadt Kehl als auch der Stadt Straßburg in Bereichen endet, die derzeit kaum an das städtische Wegenetz angeschlossen sind. Auf beiden Uferseiten ist z.T. mit erheblichem finanziellen Aufwand eine Anbindung an das bestehende Straßen- und Wegenetz erst zu schaffen. In jedem Fall hätte konkret ausgeführt werden müssen, in welcher Form, mit welchem finanziellen Umfang und mit welchem Zeithorizont eine Erschließung der städtischen Wegenetze stattfinden soll und mit welchem Fußgänger- bzw. Radfahreraufkommen in künftigen Jahren gerechnet wird.

4.2 Prüfung des Antrags zur Aufnahme in das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz-Programm

4.2.1 Vollständigkeit der Unterlagen

Obwohl die Unterlagen unvollständig und nicht ausreichend waren, stellte die Bewilligungsbehörde die Förderfähigkeit des Vorhabens fest. Nach Ansicht des RH wird das Prüfverfahren zur Aufnahme von Vorhaben in das Programm auf den Kopf gestellt, wenn das UVM ohne Nachweis einer dringend notwendigen Verbesserung der Verkehrsverhältnisse die grundsätzliche Förderfähigkeit einer Brücke feststellt.

Formal betrachtet, mag zwar eine derartige Zusage der Förderfähigkeit bei späterer unzureichender Erfüllung der Fördervoraussetzungen widerrufen werden können, zumal da die Aufnahme in das GVFG-Programm keine rechtsverbindliche Förderzusage darstellt. Dennoch wiegen sich die Träger des Vorhabens in der Regel in Sicherheit, dass die beantragte Förderung später auch wirklich bewilligt wird, und treiben ihre Ausführungsplanungen u.ä. voran. Dies trifft auch bei diesem Vorhaben zu, wobei hier neben der Antrag stellenden Stadt auch hochrangige Vertreter des RP in der Öffentlichkeit bereits davon gesprochen haben, dass Mittel nach GVFG zur Verfügung gestellt werden.

4.2.2 Beabsichtigte Finanzierung

In Anbetracht der zahlreichen Unbekannten bei der Festsetzung der zuwendungsfähigen Ausgaben bemerkte das UVM bei der Aufnahme des Vorhabens in das Programm, dass dies nur ein vorläufiger Kostenrahmen sei, der sich noch verändern könne. Bei einer soliden und qualifizierten Antragsprüfung sollte die Förderung jedoch grundsätzlich ohne Andeutung eines „Spielraums“ in Aussicht gestellt werden, vor allem weil sich Umschichtungen und/oder Erhöhungen ggf. negativ auf die Förderung anderer Maßnahmen auswirken.

Darüber hinaus fehlten Angaben zu Folge- und Betriebskosten des Brückenbaus, die zwar zu Lasten der Städte gehen dürften, im vorliegenden Fall aber bei einer Alternativenabwägung von Interesse gewesen wären.

4.2.3 Sparsamer und wirtschaftlicher Mitteleinsatz

Die wegen der Vorgaben der Landesgartenschau-Veranstalter außerordentlich aufwändige Gestaltung der Brücke führte zu Mehrkosten, die von der Bewilligungsstelle bei der Festsetzung der zuwendungsfähigen Ausgaben jedoch nicht abgesetzt wurden. Dabei hätten einfache Plausibilitätsüberlegungen gezeigt, dass unter Heranziehung vergleichbarer, ebenfalls anspruchsvoller Bauwerke für einen hälftigen Anteil der Stadt Kehl an den Bauausgaben allenfalls eine Größenordnung zwischen rd. 2 und 2,6 Mio. € förderfähig wäre. Nachdem der Standort der Brücke verlegt und damit das Konzept des Kreises aufgegeben wurde, bräuchte es bei der Brücke ohnehin nicht mehr der aufwändigen Planungsidee des Kreisbogens. Eine funktional gestaltete Brücke mit entsprechend geringeren zuwendungsfähigen Ausgaben wäre daher angemessen.

In internen Vermerken hatte das UVM zwar ausgeführt, dass „nur eine im Rahmen bleibende Brücke gefördert wird, also die Stadt Kehl Fördermittel für ihren Anteil von rd. 2,3 bis 2,6 Mio. € erwarten kann“. Ungeachtet dessen wurde das Vorhaben dann aber mit rd. 3,6 Mio. € an zuwendungsfähigen Ausgaben für den Anteil der Stadt Kehl in das GVFG-Programm aufgenommen.

5 Stellungnahme des Ministeriums

Das UVM räumt ein, dass die Stadt Kehl das Vorhaben mit vereinfachten Unterlagen für die Aufnahme in das GVFG-Programm angemeldet habe, die noch nicht den für eine Förderung erforderlichen Nachweis zu Bedarf und Dringlichkeit enthalten hätten. Das Ministerium hält dies aber nicht für zwingend, da es nach der VwV-GVFG auch genüge, wenn diese Voraussetzungen voraussichtlich zum Zeitpunkt der Förderung vorlägen. Das UVM hält auf Grund der ihm bekannten Gegebenheiten die Prognose für möglich, dass diese Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Förderung tatsächlich vorliegen werden, da zwischen den beiden Städten nur die durch PKW- und LKW-Verkehr stark belastete Europabrücke zur Verfügung stehe, die von allen Verkehrsarten genutzt werde. Gerade der hohe Schwerkraftanteil an der Verkehrsbelastung und die durch Lkw’s erzeugten Luftdruckstöße stelle aber eine latente Unfallgefahr für Fußgänger und Radfahrer dar.

Im Übrigen werde nach Fertigstellung der südlich gelegenen neuen Rheinbrücke für den motorisierten Verkehr keine wesentliche Entlastung und damit keine spürbare Verbesserung der Bedingungen für Fußgänger und Radfahrer auf der Europabrücke zu erwarten sein.

Darüber hinaus würde ein fußgänger- und radfahrergerechterer Umbau der Europabrücke zu hohen Ausgaben führen. Diese seien aber nicht gerechtfertigt, da auch das vorhandene Geh- und Radwegnetz beidseits des Rheins nicht optimal an die Europabrücke angebunden werden könne. Durch die jetzige Lage der Brücke seien für Fußgänger und Radfahrer große Umwege erforderlich. Die Nutzung der Europabrücke durch Radfahrer ist nach Angaben des UVM jahreszeitlich unterschiedlich; sie beträgt im Sommer an Spitzentagen ca. 1.000 Radfahrer. Das Potenzial sei aber weit höher.

Weiterhin hält das UVM entgegen der VwV-GVFG bei der Förderung einer den Rhein überspannenden Geh- und Radwegbrücke die Vorlage eines Generalverkehrsplans oder eines für die Beurteilung gleichwertigen Plans für verzichtbar, da in der Regel ein Generalverkehrsplan lediglich das Hauptstraßennetz einer Kommune aufzeige.

Zu der Finanzierung der Brücke führt das UVM aus, dass von Beginn an vorausgesetzt worden sei, dass die Stadt Kehl - unter der Bedingung von Bedarfs- und Dringlichkeitsnachweisen - einen Zuschuss für die Hälfte einer „normalen“ Brücke über den Rhein erhalten könne. Grundlage für die Berechnung der zuwendungsfähigen Ausgaben von rd. 3,6 Mio. € sei dabei zum einen die Bauausgabe für den günstigeren Entwurf des Wettbewerbs sowie der Kostenteilungsschlüssel 1/3 Kehl - 2/3 Straßburg gewesen. Der Anfang des Jahres vereinbarte neue Kostenteilungsschlüssel zwischen den beiden Städten (Kehl 41 %, Straßburg 59 %) habe seinen Grund offenbar in der Verlegung des Standorts. Der Nachweis, ob diese neue Kostenteilung unter Zuwendungsgesichtspunkten vertretbar sei, stehe aber noch aus und müsse Bestandteil des von der Stadt vorzulegenden Förderantrags sein. Unabdingbarer Ausgangspunkt bleibe aber in jedem Fall, dass nur Ausgaben für eine „normale“ Brücke gefördert werden können.

6 Schlussbemerkung

Der RH spricht sich nicht gegen die Verbesserung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit aus. In diesem Zusammenhang wird der Schaffung von Verkehrsverbindungen, sei es im motorisierten oder nicht-motorisierten Verkehr, große Bedeutung zugemessen. Grenzüberschreitende Verkehrsverbindungen sollten jedoch nur dann eine Förderung erhalten, wenn sie die Voraussetzungen der anzuwendenden Förderrichtlinie erfüllen.

Bei dem vorliegenden Vorhaben trifft dies jedoch nicht zu. Die neue Brücke erhält allein Bedeutung als verbindendes Element im Rahmen der geplanten Landesgartenschau. Über diesen Sachverhalt kann auch die Argumentation der Verwaltung hinsichtlich der saisonal bedingten, kurzfristig starken Nutzung der Europabrücke durch Radfahrer und eines ggf. bestehenden Potenzials nicht hinweg täuschen. Fundierte Prognosen stellen diese Ausführungen nicht dar, zumal da ausgeführt wird, dass die Europabrücke nicht optimal an das vorhandene Geh- und Radwegnetz eingebunden werden kann. Dies würde sich bei einer nur 500 m entfernt gelegenen neuen Brücke kaum anders verhalten.

Des Weiteren hält der RH die Prüfung des Antrags zur Aufnahme in das Programm nach wie vor für unzureichend. In Anbetracht des finanziellen Umfangs des Vorhabens kann es nicht ausreichen, den Bedarfs- und Dringlichkeitsnachweis auf eine voraussichtliche Gegebenheit zum Zeitpunkt der Förderung zu verschieben. Weiterhin ist die Vorlage eines Generalverkehrsplans oder gleichwertigen Plans notwendig, um die Einbindung des geplanten Vorhabens in das bestehende und geplante Geh- und Radwegenetz unter dem Gesichtspunkt „Verbesserung der Verkehrsverhältnisse“ beurteilen zu können. Im Übrigen enthalten Generalverkehrspläne durchaus Aussagen zum Fußgänger- und Fahrradverkehr - der Generalverkehrsplan des Landes von 1995 ist hierfür ein Beispiel.

Obwohl formal der Fördertatbestand einer Kreuzungsmaßnahme nach dem Bundeswasserstraßengesetz besteht, sollte nach heutigem Stand von einer Förderung der neuen Fußgänger- und Radfahrerbrücke abgesehen werden, weil weder die Dringlichkeit noch der längerfristige Bedarf nachgewiesen werden und der Umfang der Bauausgaben keinem sparsamen Mitteleinsatz entspricht. Die knappen Mittel des Kommunalen Straßenbaus sollten für vorrangigere Vorhaben eingesetzt werden.

Sollten die erforderlichen Voraussetzungen für eine Förderung noch nachgewiesen werden, wären die auf Kehl entfallenden zuwendungsfähigen Kosten auf der Grundlage des günstigeren Brückenentwurfs aus dem Wettbewerb neu zu ermitteln.


Anhänge

Einzelplan 12: Allgemeine Finanzverwaltung

Die gesetzliche Neuregelung der sog. 630-DM-Arbeitsverhältnisse traf die Verwaltung unvorbereitet und führte dort anfangs zu chaotischen Verhältnissen. Die Umsetzung des neuen Rechts bindet landesweit mindestens 30 Arbeitskräfte auf Dauer, die nicht mehr für die Bearbeitung von Steuererklärungen zur Verfügung stehen.


1 Ausgangslage

Mit Wirkung vom 01.04.1999 ist das „Gesetz zur Neuregelung geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse“ vom 24.03.1999 in Kraft getreten. Mit diesem Gesetz sollen u.a. die Einnahmen der beitragsfinanzierten Sozialversicherungen erhöht, die Ausweitung von Beschäftigungsverhältnissen so genannter Aushilfen eingeschränkt, sowie Ausweichreaktionen in den Bereich der Schwarzarbeit oder ein weiteres Aufteilen der normalen Beschäftigungsverhältnisse verhindert werden.

Nach der bisherigen Rechtslage konnten die Einnahmen aus geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen nur nach der Lohnsteuerkarte oder im Wege der Pauschalierung besteuert werden. Nach der Neuregelung besteht daneben noch die Möglichkeit der Steuerfreistellung dieser Einnahmen. Voraussetzung hierfür ist, dass für das Arbeitsentgelt aus der geringfügigen Beschäftigung für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum die pauschalen Rentenversicherungsbeiträge von 12 % vom Arbeitgeber entrichtet werden und die Summe der anderen Einkünfte des Arbeitnehmers im laufenden Kalenderjahr nicht positiv ist. Für die Frage, ob ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis in diesem Sinne vorliegt, knüpft das Steuerrecht zwingend an das Sozialversicherungsrecht an. Der Arbeitgeber darf das Arbeitsentgelt aus geringfügiger Beschäftigung allerdings nur dann steuerfrei ausbezahlen, wenn ihm vom Arbeitnehmer eine sog. Freistellungsbescheinigung des Finanzamtes vorgelegt wird. Diese Bescheinigung kann vom Arbeitnehmer auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck bei dessen Wohnsitzfinanzamt beantragt werden. Im Rahmen einer Veranlagung ist eine nachträgliche Freistellung des Arbeitslohns ebenfalls möglich.

Sofern für den geringfügig Beschäftigten eine Freistellungsbescheinigung ausgestellt wurde und die Summe der anderen Einkünfte dennoch positiv ist, ist eine Pflichtveranlagung durchzuführen. In diesem Fall ist der Arbeitnehmer verpflichtet, eine Steuererklärung beim Finanzamt abzugeben.

2 Prüfungsanlass, Prüfungsumfang

Das innerhalb weniger Tage in Kraft getretene Gesetz, das ausschließlich außersteuerliche Ziele verfolgt, hat die Verwaltung unvorbereitet getroffen. Um die konkreten Auswirkungen dieser Neuregelung zu untersuchen, wurden vom RH bei vier Finanzämtern örtliche Erhebungen durchgeführt.

3 Feststellungen

3.1 Schwierigkeiten bei Inkrafttreten der Neuregelung

3.1.1 Da weder die Finanzverwaltung noch die Steuerbürger auf die Umsetzung dieses Gesetzes vorbereitet waren, kam es zu erheblichen Anlaufschwierigkeiten. So standen den Finanzämtern anfangs lediglich Muster der Antragsformulare zur Verfügung, die in den ersten Wochen tausendfach kopiert werden mussten. Auf Grund der zahllosen Anfragen und Anträge kam es gerade in der Anfangszeit zu teilweise chaotischen Verhältnissen in den Finanzämtern.

3.1.2 Des Weiteren führte die verspätete Einführung der DV-Unterstützung für die Bearbeitung der Freistellungsanträge zu erheblichen Schwierigkeiten. Obwohl gerade solche einfach gelagerten Massenverfahren für den Einsatz einer DV-Unterstützung besonders geeignet sind, mussten bis zum 30.09.1999 landesweit mindestens 470.000 Anträge manuell bearbeitet werden. Danach mussten die gesamten Fälle per Hand im DV-System nacherfasst werden, um bei späteren ESt-Veranlagungen entsprechende Abgleiche durchführen zu können.

3.2 Anhaltende Arbeitsbelastung

3.2.1 Die meisten geringfügig Beschäftigten machen von der Neuregelung der Steuerbefreiungsvorschrift Gebrauch. Im Gegensatz zu der Pauschalbesteuerung durch den Arbeitgeber verursacht die Umsetzung der Neuregelung einen erheblichen Arbeitsaufwand, den die Finanzämter zusätzlich zu bewältigen haben.

3.2.2 Die Anzahl der von den Finanzämtern zu bearbeitenden Freistellungsanträge ist im Zeitraum von 1999 bis 2000 um 57.000 auf rd. 527.000 angestiegen. Auf der Basis der Fallzahlen des Jahres 2000 beläuft sich der dauerhafte Personalbedarf für diese Tätigkeit auf rd. 22 Stellen.

3.2.3 Im Rahmen der ESt-Veranlagungen haben die Finanzämter zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Steuerfreistellung auch tatsächlich bestanden haben oder ob ggf. eine Nachversteuerung durchzuführen ist. Bis August 2001 wurden auf diese Weise rd. 191.000 ESt-Fälle des Veranlagungszeitraums 1999 überprüft und davon bei rd. 32.000 Fällen Nachversteuerungen durchgeführt. Der dauerhafte Personalbedarf für diese „Veranlagungsprüfungen“ beträgt rd. 7 Personalstellen.

3.2.4 Die nachträgliche Freistellung des Arbeitslohns aus einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis im Veranlagungsverfahren führt ebenfalls zu einer nicht unerheblichen zusätzlichen Arbeitsbelastung der Finanzämter, die aber betragsmäßig nicht ermittelt werden konnte.

3.2.5 Wie ausgeführt (s. Pkt. 3.2.1), ist für die geringfügig Beschäftigten, denen eine Freistellungsbescheinigung ausgestellt wurde, und deren andere Einkünfte nach Ablauf des Kalenderjahres dennoch positiv sind, eine Pflichtveranlagung durchzuführen. Zur Überwachung der Freistellungsanträge wegen des Pflichtveranlagungs-Tatbestands wurde ein besonderes Überwachungsverfahren eingerichtet (FM-Erlass vom 07.10.1999). Auf Grund mangelnder DV-Unterstützung sind bei der Fallüberwachung personalintensive Arbeiten zu bewältigen (s. Pkt. 3.3.2).

3.2.6 Von dem Freistellungsverfahren sind auch solche Personen ausgeschlossen, die andere positive Einkünfte erzielen, bei denen aber wegen des Grundfreibetrages sowie anderer Steuerfreibeträge keine ESt-Schuld entsteht (z.B. Rentner, Schüler, Studenten). Die Betroffenen zeigten für diese Regelung - trotz zeitaufwendiger Informationen durch die Finanzämter - regelmäßig kein Verständnis.

3.2.7 Nach § 3 Nr. 39 EStG sind für die Beurteilung, ob ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, sozialversicherungsrechtliche Vorschriften maßgebend. Diese Vorschriften des Sozialversicherungsrechts mussten sich insbesondere die Lohnsteueraußenprüfer zunächst einmal selbst aneignen.

3.2.8 Der Prüfungsaufwand der Lohnsteueraußenprüfung kann je nach Anzahl der freigestellten Beschäftigungsverhältnisse doppelt so hoch sein wie nach der bisherigen Rechtslage. Ursache hierfür sind die häufig unvollständig geführten Lohnkonten, aus denen nicht eindeutig hervorgeht, ob die Voraussetzungen für eine Freistellung vorliegen. In solchen Fällen sind von den Prüfern oftmals aufwändige Ermittlungen bei den Wohnsitzfinanzämtern der Arbeitnehmer durchzuführen. Die diesbezüglich getroffenen Feststellungen führen jedoch größtenteils zu keinen Mehrsteuern.

3.2.9 Über die höhere Arbeitsbelastung der Finanzämter auf Grund von Anfragen der betroffenen Arbeitnehmer sowie insbesondere der „kleineren“ Arbeitgeber gibt es zwar keine statistischen Nachweise; gleichwohl darf auch diese zusätzliche Belastung nicht verkannt werden.

3.3 DV-Unterstützung

3.3.1 Die DV-Unterstützung für die Erteilung der Freistellungsbescheinigungen wurde erst Ende des Jahres 1999 eingeführt (s. 3.1.2). Die Bearbeitung der Freistellungsanträge erfolgt im Rahmen des ESt-Dialogverfahrens „EVA 2.0“ (sog. 630-DM-Verfahren). Mittlerweile besteht auch die Möglichkeit das „630-DM-Verfahren“ unabhängig vom Einsatz des ESt-Dialogverfahrens „EVA 2.0“ finanzamtsintern einzusetzen. Von dieser Möglichkeit wurde zum Zeitpunkt der örtlichen Erhebungen aber nur von einem der untersuchten Finanzämter Gebrauch gemacht.

3.3.2 Soweit in bestimmten Fällen, wie z.B. bei Arbeitnehmern keine automatische Überwachung des Erklärungseingangs erfolgt, wurde zur Überwachung der Freistellungsanträge ein besonderes Verfahren eingeführt. Dabei sind nach Zufallskriterien ausgewählte Antragsteller zur Abgabe einer ESt-Erklärung aufzufordern. Für diese Fallauswahl existiert keine DV-Unterstützung; die notwendigen Überwachungsvermerke können nicht maschinell überwacht werden.

3.3.3 Fehlerhafte Erfassungen von Freistellungsbescheinigungen führen insbesondere bei der Ausstellung von Zweitbescheinigungen dazu, dass wichtige Informationen für spätere ESt-Veranlagungen nicht mehr zur Verfügung stehen. Gleichwohl ist ein entsprechender Hinweis auf typische DV-Bedienungsfehler gegenüber den Bediensteten bisher nicht erfolgt.

4 Bewertung und Empfehlungen

4.1 Die Prüfungsfeststellungen verdeutlichen die negativen Auswirkungen der sowohl für die Verwaltung, als auch für die Steuerbürger völlig unvorbereiteten Umsetzung der gesetzlichen Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse.

4.2 Das Verfahren der Steuerfreistellung sowie der nachgelagerten materiell-rechtlichen Überprüfung hat zu einer bezifferbaren zusätzlichen Arbeitsbelastung der Finanzämter geführt, die landesweit dauerhaft rd. 30 Stellen beansprucht. Die erhebliche und ebenfalls dauerhafte Mehrbelastung durch Anfragen Betroffener, die bisher statistisch nicht erfasst wurde, aber nicht unterschätzt werden darf, ist hierin nicht enthalten.

4.3 Die DV-Unterstützung sollte optimiert werden. Sämtliche Überwachungsfälle (s. 3.3.2) sollten in das System der maschinellen Überwachung des Erklärungseingangs („MÜST-Verfahren“) automatisch eingebunden werden. Des Weiteren sollte die Auswahl dieser Fälle DV-technisch unterstützt werden, um die Arbeitsabläufe zu rationalisieren.

4.4 Die Bediensteten sollten allgemein auf typische Bedienungsfehler des „630-DM-Verfahrens“ hingewiesen sowie umfassend geschult werden.

5 Stellungnahme des Ministeriums

Das FM hat keine Einwendungen gegen den Beitrag erhoben. Es beabsichtigt, der Empfehlung des RH zu folgen und die Bediensteten bei künftigen Schulungen auf typische DV-Bedienungsfehler hinzuweisen.


Anhänge

Durch verspätete oder unzureichende Bearbeitung von Prüfungsfeststellungen der Finanzkontrolle und durch den Verzicht auf die Durchsetzung von Rückzahlungen gehen dem Land alljährlich Gelder in erheblicher Größenordnung verloren. Die Prüfungsfeststellungen müssen zeitnäher bearbeitet, Rückforderungen konsequenter verfolgt werden.


1 Ausgangslage

Der RH und die StRPÄ führen regelmäßig umfangreiche Prüfungen bei verschiedenen Baumaßnahmen durch. Die hieraus resultierenden Prüfungsfeststellungen sind von der Verwaltung innerhalb einer angemessenen Frist zu klären und zu beantworten. Ergeben sich aus der Rechnungsprüfung finanzielle Rückforderungen gegenüber ausführenden Firmen oder eingeschalteten freiberuflich Tätigen, muss das zuständige Bauamt diese geltend machen und möglichst auf gütlichem Wege durchsetzen. Im Streitfall ist die OFD zeitnah zur Durchsetzung der Ansprüche auf dem Rechtsweg einzuschalten.

Gelegentlich werden die Feststellungen der Finanzkontrolle nicht rechtzeitig bearbeitet und die Auseinandersetzungen mit den betroffenen Firmen bzw. freiberuflich Tätigen nicht konsequent betrieben. Überlastungen und die Einschätzung eines vermeintlich hohen Prozessrisikos fördern die Tendenz, im Weg des geringsten Widerstandes auf die Rückführung zuviel gezahlter Beträge zu verzichten.

Ein weiteres Problem tritt auf, wenn wegen des Verdachts strafrechtlicher Gesichtspunkte die Strafermittlungsbehörden eingeschaltet werden und durch Verzögerungen bei der Bearbeitung die Gefahr der Verjährung von Rückzahlungsansprüchen eintritt.

2 Verzicht auf die Geltendmachung von Rückforderungen

Ein StRPA stellte 1997 bei der Prüfung von Instandsetzungs-, Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen erhebliche Abrechnungsfehler und Ungereimtheiten bei den Aufmaßen fest. Mit Planung und Bauleitung der Baumaßnahme war ein freiberuflich tätiger Architekt beauftragt.

Laut Ausschreibung des Architekten sollten Rohrgräben mit Kiessand verfüllt werden. Tatsächlich stellte sich heraus, dass die Verfüllung mit vorhandenem, überwiegend bindigem Aushubmaterial erfolgt war. Abgerechnet und bezahlt wurde aber die ausgeschriebene und auch in Auftrag gegebene Kiesverfüllung. Die Differenz (nur Materialkosten) zwischen beiden Materialien liegt bei rd. 21,50 €/m³; dies ergibt eine Schadenssumme für das Land von über 61.000 €. Nachdem ein vom Bauamt bestellter Gutachter den bei der Prüfung festgestellten Sachverhalt bestätigt hatte, forderte das Bauamt die Überzahlung erfolglos bei Unternehmer und Architekt zurück. Die daraufhin eingeschaltete OFD kam in ihrer rechtlichen Würdigung zu dem Schluss, dass „wegen nicht eindeutiger Ausschreibung“ ein Rechtsstreit nicht zum Erfolg führen könne. Dort war jedoch eindeutig eine Verfüllung mit „Kiessand der Korngröße 0/32“ gefordert. Wenn statt dessen - möglicherweise aus Gründen der Wirtschaftlichkeit - vorhandenes Aushubmaterial verwendet wurde, hätten auch nur die hierfür entstehenden Kosten abgerechnet werden dürfen. Der Verzicht auf die Rückforderung der zuviel gezahlten Gelder ist in keiner Weise nachvollziehbar.

Bei der selben Baumaßnahme waren neue Fenster einzubauen. Die Prüfung ergab, dass zum einen mehr Fenster berechnet wurden als tatsächlich eingebaut, zum anderen der ausgeschriebene und in Auftrag gegebene Fensteranstrich nicht vollständig erbracht wurde. Auch hier belegte ein vom Bauamt bestelltes Gutachten die Feststellungen zu den Anstrichen. Nachdem die ausführende Firma und der freiberuflich tätige Architekt Rückzahlungen verweigerten, schaltete das Bauamt die OFD ein. Diese entschied: „Die Rückforderung ist aus Gründen der Offensichtlichkeit sowie des Anerkenntnisses durch die erfolgte Zahlung nicht durchsetzbar. Die Anzahl der Fenster ist augenscheinlich unrichtig und hätte bereits bei der Abnahme, spätestens bei der Prüfung der Rechnungen erkannt werden müssen. Eine Zahlung in Kenntnis der Nichtschuld schließt eine anschließende Rückforderung aus.“ Auch der Mangel des Anstriches könne aus heutiger Sicht nicht mehr bewiesen werden. Eine Rückforderung gegenüber dem freiberuflich tätigen Architekten scheide ebenfalls aus, da eine mangelhafte Leistung nicht nachweisbar sei.

Das Bauamt teilte daraufhin dem StRPA im November 2001 (fast fünf Jahre nach Erhalt der Prüfungsmitteilung) mit, dass auf Grund der rechtlichen Würdigung durch die OFD in beiden Fällen von einer Weiterverfolgung der Rückforderungen abgesehen werden solle.

In beiden dargestellten Fällen erfolgten die Abnahme sowie die Anerkennung der Aufmaße und Rechnungen durch einen freiberuflich tätigen Architekten. Auch dessen Heranziehung zum Schadensausgleich sah die OFD als rechtlich nicht durchsetzbar an. Mit dieser Entscheidung, die im Übrigen entgegen § 96 LHO ohne vorherige Anhörung der Finanzkontrolle getroffen wurde, verzichtet die Verwaltung darauf, erheblich überzahlte Beträge wieder der Landeskasse zuzuführen. Die Verwaltung sah auch keinen Anlass, einem bei näherer Betrachtung der Vorgänge möglich erscheinenden strafrechtlichen Hintergrund nachzugehen.

Bei einer anderen Baumaßnahme war in der Ausschreibung eine Fensterverglasung mit 6 mm Glasdicke gefordert; die Leistungen wurden auch entsprechend abgerechnet. Bei der Prüfung stellte das StRPA fest, dass nur Glas in der Stärke von 4 mm eingebaut worden war. Der Unternehmer lehnte eine Rückzahlung mit der Begründung ab, aus einer (unvermaßten) Skizze hätte er die Glasstärke von 4 mm entnommen. Die OFD kam in ihrer rechtlichen Würdigung zu dem Schluss, dass eine Klage auf Rückforderung zuviel gezahlten Werklohnes nicht erfolgversprechend sei. Die in der Skizze dargestellte Glasdicke entspreche der ausgeführten Leistung, es bestehe daher ein Widerspruch zwischen dem Ausschreibungstext und den Planunterlagen; dieser Widerspruch gehe zu Lasten des Auftraggebers. Hierbei hat die OFD übersehen, dass bei Widersprüchen im Vertrag nach § 1 VOB/B die Leistungsbeschreibung Vorrang vor allen sonstigen Vereinbarungen hat. Auch in diesem Fall ist der Verzicht auf Rückzahlung der zu Unrecht gezahlten Gelder nicht nachvollziehbar.

3 Vertragliche Regelungen

Auch nach erfolgter Schlusszahlung muss ein Auftragnehmer mit dem Verlangen nach Richtigstellung der Schlussrechnung und Schlusszahlung wegen nachträglich festgestellter Aufmaß-, Rechen- und Übertragungsfehler rechnen. Das gemeinsame Aufmaß bedeutet nicht, dass spätere, auf die staatliche Rechnungsprüfung zurückzuführende vertragliche Rückforderungsansprüche oder Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung nicht mehr geltend gemacht werden können.

Dem mit der Bauüberwachung und Abrechnung beauftragten freiberuflich tätigen Architekten/Ingenieur ist vertraglich die Befugnis und Verpflichtung übertragen, die Unternehmerrechnungen und die sie ergänzenden Unterlagen in fachtechnischer und rechnerischer Hinsicht zu prüfen sowie deren Richtigkeit zu bescheinigen. Er trägt gegenüber dem Land die Verantwortung für die Richtigkeit des festgestellten Rechnungsbetrages sowie aller Angaben in den begründenden Unterlagen.

Kommt es infolge fehlerhafter Rechnungsprüfung durch diesen Architekten zu einer Überzahlung und lassen sich die Rückzahlungsansprüche des Bauherrn wegen Insolvenz des Bauunternehmers nicht mehr realisieren, so haftet der freiberuflich Tätige auf Schadensersatz.

Nach der geltenden Rechtslage ist die Entscheidung der OFD, in den unter 2. dargestellten Fällen auf Rückforderungen zu verzichten, nicht nachvollziehbar. So hätten entweder die beauftragten Unternehmen oder aber der eingeschaltete freiberuflich tätige Architekt zum Schadenersatz herangezogen werden müssen.

4 Nicht-Beantwortung von Prüfungsfeststellungen

Ein StRPA unterrichtete den RH über die ausstehende Erledigung verschiedener Prüfungsfeststellungen, die teilweise bis in das Jahr 1996 zurückreichen. Das StRPA prüfte z.B. Sanierungs- und Instandsetzungsarbeiten an zwei Pfarrhäusern in staatlicher Baulast (Prüfungsmitteilungen von 1996 und 1997), Sanierungsarbeiten an einem Schloss (Prüfungsmitteilung von 1997) und an einer Fachhochschule (Prüfungsmitteilung von 2000) sowie den Neubau einer Tiefgarage (Prüfungsmitteilung von 1998).

Aus den Prüfungsfeststellungen resultieren erhebliche Rückzahlungsansprüche. In einem Fall wurden Teilbereiche der Prüfungsfeststellungen bearbeitet, in den anderen Fällen unterblieb die Bearbeitung trotz mehrfacher Mahnungen. Die betroffenen Bauämter führten aus, dass sie wegen Ausscheidens der zuständigen Mitarbeiter und personeller Engpässe nicht in der Lage waren, die Feststellungen zu bearbeiten.

Wenn Prüfungsmitteilungen unbearbeitet bleiben, besteht die Gefahr, dass das Land zu Unrecht gezahlte Gelder nicht zurück erhält.

5 Gefahr der Verjährung wegen langer Ermittlungen

Eine Prüfung von Bauunterhaltungsarbeiten in einem Bauamt (der RH berichtete darüber in seiner Denkschrift 1999 Nr. 20) ergab hohe Rückforderungen gegenüber mehreren beauftragten Firmen. Festgestellt wurde u.a., dass

  • das Bauamt in großem Umfang auf Ausschreibungen verzichtet und den Großteil der Aufträge freihändig an einen bestimmten Firmenkreis vergeben hatte,

 

  • diese Firmen in vielen Fällen überhöhte Arbeitsstunden und Materialmengen abgerechnet hatten,

 

  • bei Bodenbelagsarbeiten in einem Finanzamt an Stelle der bestellten und bezahlten Materialstärke von 3,2 mm nur 2,5 mm verlegt worden waren (Schadenssumme rd. 8.180 €),

 

  • bei einer Flachdachsanierung 220 m² Dachfläche zu viel aufgemessen und bezahlt worden waren (Schadenssumme rd. 13.290 €),

 

  • bei Wandputzarbeiten rd. 174 m² abgerechnet, aber nur rd. 37 m² tatsächlich erbracht worden waren (vergütet wurden rd. 6.950 €, der tatsächliche Wert der Leistung lag bei rd. 1.480 €),

 

  • bei Dachdeckungsarbeiten zu hohe Mengen abgerechnet und hierdurch rd. 11.760 € zuviel bezahlt worden waren,

 

  • für Rohrisolierungsarbeiten wegen falscher Mengen und überzogener Preise anstatt gerechtfertigter rd. 15.000 € rd. 49.000 € bezahlt worden waren.

Auf Grund der Prüfungsmitteilung erstattete die OFD 1999 wegen strafrechtlicher Verdachtsmomente Anzeige. Anschließend sah sich die Verwaltung über einen Zeitraum von rd. drei Jahren durch die Arbeit der Ermittlungsbehörden daran gehindert, die Prüfungsfeststellungen - auch in den strafrechtlich nicht relevanten Fällen - aufzuarbeiten und zu erledigen. Die Verwaltung hatte es versäumt, vor Übergabe der Unterlagen an die Staatsanwaltschaft Kopien zu fertigen, um die zivilrechtlichen Ansprüche zu bearbeiten.

Durch die Nichtbearbeitung drohte die Gefahr, dass Rückforderungsansprüche verjähren. Erst auf Betreiben des RH wurden verjährungsunterbrechende Maßnahmen eingeleitet.

6 Stellungnahme des Ministeriums

Das FM hat bei einer Erörterung der Thematik zugesagt, seine nachgeordneten Dienststellen nochmals auf die Rechtsgrundlagen und die Bedeutung eines angemessenen Umgangs mit den Prüfungsfeststellungen der Finanzkontrolle hinzuweisen. Die OFD hat inzwischen begonnen, ihre Entscheidungen in den oben beschriebenen Fällen zu überprüfen, die Prüfungsfeststellungen aufzuarbeiten und Rückforderungen in die Wege zu leiten.

7 Schlussbemerkung

Die verspätete oder unzureichende Bearbeitung der Prüfungsfeststellungen durch die betroffene Verwaltung und der Verzicht auf die Durchsetzung von Rückzahlungen führen beim Land zu erheblichen Verlusten.

Der RH hält es für erforderlich, dass die Verwaltung einer fachgerechten und zeitnahen Bearbeitung seiner Prüfungsfeststellungen und der Durchsetzung der Rückforderungen hohe Priorität einräumt und für eine effektive Erledigung dieser Bauherrenaufgabe qualifiziertes Personal in den Bauämtern und OFD’en bereit hält. Muss in einzelnen Fällen Strafanzeige gestellt werden, sollte künftig durch eine engere Kooperation zwischen Ermittlungsbehörden und Bauverwaltung eine zeitnahe Aufarbeitung ermöglicht werden.

Wenn, wie bei fast allen großen Baumaßnahmen, freiberuflich tätige Architekten/Ingenieure mit der Bauüberwachung und Abrechnung beauftragt sind, sollten diese in ihrer treuhänderischen Funktion stärker als bisher in die Verantwortung für die Richtigkeit der Aufmaße und Abrechnungen der Firmen genommen und ggf. zur Wiedergutmachung des Schadens herangezogen werden.

Sollten sich - nach Abwägung aller Gesichtspunkte - Gründe für einen Vergleich oder für einen Verzicht auf die Durchsetzung von Ansprüchen gegenüber Firmen und/oder freiberuflich Tätigen ergeben, darf gemäß § 96 LHO eine Niederschlagung nur nach Anhörung des RH erfolgen.


Anhänge

Für die Errichtung eines Glashauses von rd. 36 m² für den Botanischen Garten einer Universität wurden rd. 310.000 € aufgewendet. Die Kosten von rd. 8.600 €/m² sprengen jeden vernünftigen Rahmen.


1 Vorbemerkung

Im Jahr 2001 feierte die Universität Tübingen den 500. Geburtstag des Botanikers Leonard Fuchs; ihm zu Ehren wurde im 18. Jahrhundert eine in Mittelamerika entdeckte Pflanzengattung benannt - die heutige Fuchsia.

Um dieses Jubiläum angemessen zu begehen, hat das Botanische Institut der Universität Tübingen das zuständige Vermögens- und Hochbauamt (VBA) gebeten, im Botanischen Garten der Universität ein Gewächshaus mit Pavillon-Charakter zu bauen, um dort die verschiedenen Fuchsienarten präsentieren zu können.

2 Nutzungsanforderung

In seinem Anforderungsschreiben schilderte das Botanische Institut seine Vorstellungen wie folgt:

„Um das Fuchsienjahr 2001 für den Tübinger Garten so repräsentativ wie möglich zu machen, ist die Präsentation von Fuchsien in einem Gewächshaus von Pavillon-Charakter unverzichtbar. Das Haus sollte eine maximale Grundfläche von 30 - 40 m² haben, die Stehglaswände müssten mindestens 2 m Höhe besitzen. Das Haus sollte auf einem Fundament stehen und so konstruiert sein, dass die Exponate von außen und innen besichtigt werden können. Es wäre äußerst zweckmäßig, wenn dieser Pavillon im Winter temperiert werden könnte, um als Überwinterungs- bzw. auch als Schauhaus für frostempfindliche Gewächse verwendet werden zu können“.

Das VBA nahm den Wunsch des Botanischen Instituts auf (obwohl eine ordnungsgemäße Nutzungsanforderung von der Universitätsverwaltung zu stellen gewesen wäre) und übertrug die Planung und Bauleitung unter Hinweis auf personelle Engpässe einem freiberuflich tätigen Architekten. Dieser plante einen etwa 36 m² großen, spitzwinkligen Glasbaukörper mit einseitigem Fassadenknick und einem Volumen von etwa 100 m³. Die Gesamtkosten wurden zunächst auf rd. 235.000 € veranschlagt; das sind rd. 6.530 €/m² Nutzfläche bzw. rd. 2.350 €/m³ umbauten Raumes.

3 Kostenprüfung

In der Staatlichen Hochbauverwaltung besteht grundsätzlich die Verpflichtung, die auf Grund einer Nutzungsanforderung zu erwartenden Baukosten zunächst nach dem Verfahren der Richtlinien für Baukostenplanung (RBK) zu ermitteln; die so ermittelten Baukosten stellen den verbindlichen Kostenrahmen dar, der nicht überschritten werden darf. Wäre das VBA dieser Verpflichtung nachgekommen, hätte sich für ein Gewächshaus mit besonderen, erhöhten Qualitäten bei einer entsprechenden Einstufung ein Kostenrahmen von lediglich rd. 72.900 € ergeben (s. Übersicht 1). Die vom Architekten vorgelegten und vom Bauamt genehmigten Kosten in Höhe von rd. 235.000 € waren demnach entschieden zu hoch; dies hätte dem VBA spätestens bei der Prüfung der HU-Bau auffallen müssen.

Im weiteren Projektverlauf wurden die genehmigten Kosten nach dem derzeitigen Abrechnungsstand um weitere voraussichtlich etwa rd. 75.000 € überschritten; das entspricht einer Steigerung um etwa 32 %. Die eklatanten Kostenunterschiede werden in der Übersicht 1 dargestellt.

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Die mehr als dreifache Überschreitung des Kostenrahmens nach RBK bei der voraussichtlichen Abrechnung ist vor allem auf eine äußerst komplexe Architektur- und Detailplanung zurück zu führen. Es wurde ein anspruchsvoller Solitär errichtet, der keinerlei Bezug zu irgendwelchen Marktprodukten hat (s. Abbildung 1). Details wurden individuell geplant und zusammen mit der beauftragten Metallbaufirma eigens für dieses Vorhaben baureif entwickelt. Sämtliche Glaselemente sind rahmenlos und werden durch innen liegende Edelstahlkonstruktionen gehalten. Bei entsprechender Temperaturentwicklung öffnen sie automatisch und schließen auch entsprechend wieder. Kontaktschleifen unterbrechen den Schließvorgang, sobald z.B. ein Arm von außen in das Gewächshaus reicht.

Neben den Kosten für die Baukonstruktion von rd. 215.000 € und die Technischen Anlagen von rd. 43.000 € sowie für die Außenanlagen von rd. 10.000 € mussten allein für die Baunebenkosten (vor allem für Honorare) rd. 43.000 € aufgewendet werden.

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4 Einordnung

Ausgehend von den zu erwartenden Abrechnungskosten in Höhe von rd. 310.000 € errechnen sich Gesamtbaukosten/m² Nutzfläche (GBK/m² NF) von rd. 8.600 €/m2. Dieser Wert liegt weit über den Kosten selbst hoch technisch ausgestatteter Gewächshäuser für Forschungszwecke; er übersteigt auch bei weitem die Kostenrichtwerte aufwändiger Institutsgebäude. Die Planung hätte in dieser Form nicht genehmigt werden dürfen. Ein funktionierendes Controlling im VBA hätte zudem den weiteren Kostenanstieg im Laufe der Baudurchführung verhindern müssen.

Hohe Kosten hat die individuelle Detailplanung und Ausschreibung, sowohl im Bereich der Baukonstruktion als auch für die technische Ausstattung, nach sich gezogen. Eine funktionale Ausschreibung auf der Grundlage einer Rahmenplanung, die den Firmen Raum für eigene marktgängige Produkte gelassen hätte, hätte zu erheblichen Kostenreduzierungen geführt.

Darüber hinaus wäre ein Großteil der Baunebenkosten nicht angefallen, wenn die Planung und Realisierung in Eigenbesorgung des Bauamtes erfolgt wäre. Derartige kleinere Baumaßnahmen sollten, von begründeten Ausnahmen abgesehen, von den qualifizierten Planern und Bauleitern der Bauämter in sachgerechter und kostengünstiger Form geplant und durchgeführt werden können, ohne damit den Anspruch auf qualitätsvolle Architektur aufzugeben. Im vorliegenden Fall wäre auch das Einholen von Komplettangeboten spezialisierter Fachunternehmen naheliegend gewesen. Auch in Anbetracht des schlechten Zustands benachbarter Gewächshäuser, die wegen angeblich fehlender Mittel nicht saniert werden konnten, ist der erhebliche finanzielle Aufwand für den Bau des neuen Gewächshauses nicht nachvollziehbar.

5 Stellungnahme des Ministeriums

Das FM führt aus, ein Kostenvergleich mit Werten von Gewächshäusern auf der Grundlage der RBK sei nicht sinnvoll, da es sich bei dem Tübinger Projekt um einen Ausstellungspavillon für seltene, alte Pflanzen handele, vergleichbar mit hochwertigen Ausstellungsobjekten in Museen. Es räumt ein, dass nicht alle Möglichkeiten eines effizienten Kostencontrollings wahrgenommen wurden, und teilt die Auffassung des RH, dass Vereinfachungen während des Planungsprozesses unter Einbeziehung marktgängiger Standardprodukte zu einer Kostenreduzierung geführt hätten. Eine Kostenentwicklung wie bei dieser kleinen Baumaßnahme sei ein „Ausreißer“. Im Übrigen habe auch der RH die Bemühung zur wirtschaftlichen Optimierung der Standards und Kosten bei Baumaßnahmen der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung anerkannt.

6 Schlussbemerkung

Der RH bleibt bei seiner Auffassung, dass der Fuchsienpavillon zu aufwändig geplant und weit überteuert realisiert wurde. Einfachere und vor allem wirtschaftlichere Lösungen unter Einbeziehung von Industrieprodukten hätten zu wesentlich geringeren Kosten beigetragen und dabei den gleichen Zweck erfüllt.

Auch wenn der vorliegende Fall nicht symptomatisch ist, ist dennoch bei manchen Prüfungen erkennbar, dass vor allem bei den kleinen Baumaßnahmen und im Bereich der Bauunterhaltung eine weniger kritische Einstellung zu den Kosten besteht. Dabei ist gerade hier ein äußerst kostenbewusstes Handeln unverzichtbar, da die für diesen Bereich zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel ohnehin sehr knapp bemessen sind und erforderliche Maßnahmen im Rahmen der Instandhaltung und Instandsetzung von der Bauverwaltung unter Hinweis auf fehlende Mittel häufig zurückgestellt werden müssen.

Dass im vorliegenden Fall dennoch Baumittel für ein aufwändiges Glashaus zur Verfügung gestellt werden konnten, zeigt Defizite in der Prioritätenabwägung auf.


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Die parlamentarische Behandlung finden Sie hier


Anhänge

Einzelplan 14: Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst

In Baden-Württemberg bieten fünf Universitäten Studiengänge für Slavistik an. Die Studienplätze sind durchschnittlich nur zu knapp 30 % ausgelastet. Die Kosten je Absolvent betrugen bis zu 258.000 €. Der Rechnungshof empfiehlt, die Personalkapazität und damit die Zahl der Studienplätze so zu reduzieren, dass eine Auslastung von mindestens 75 % entsteht. Diese sollten an einem Zentrum für Slavistik mit besserer fachlicher Breite, maximal jedoch an zwei Standorten zusammen geführt werden.


1 Ausgangslage

In Baden-Württemberg werden an fünf Universitäten Studiengänge für Slavistik, an einer dieser Universitäten außerdem Dolmetschen Russisch angeboten. Die Institute, Seminare, Abteilungen oder Teile von Fachbereichen, die diese Studiengänge durchführen, werden als Lehreinheiten bezeichnet. Übersicht 1 gibt die Universitäten sowie die Organisationseinheiten, die die Studiengänge durchführen, und die Bezeichnung der Lehreinheiten wieder.

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Der RH hat im Rahmen einer Querschnittsuntersuchung der Lehre an allen Universitäten für die Lehreinheiten Slavistik bzw. Dolmetschen Russisch den Personaleinsatz und die Zahl der Studierenden überprüft. Zur Beurteilung der Auslastung der Lehreinheiten an Hand der Zahl der betreuten Studierenden wurden die Kapazitätsberechnungen der Universitäten herangezogen. Dabei wurde festgestellt, dass alle Lehreinheiten bei Weitem nicht ausgelastet sind.

Die Hochschulstrukturkommission hat in ihrem Bericht im Jahr 1998 die Geisteswissenschaftlichen Fächer nur übergreifend betrachtet . Sie hat eine Unterauslastung für das Fach Slavistik ausgewiesen , ohne dabei den Umfang und die Auslastungen der Lehreinheiten bei den einzelnen Universitäten anzugeben. Bei ihren Vorschlägen zum Fächerspektrum in den Magisterfächern hat sie zur Slavistik die Aufrechterhaltung entsprechend der Strukturplanung bei allen fünf Universitäten empfohlen . Ohne Spezifizierung auf einzelne Fächer hat sie sich bei den Magisterstudiengängen für eine Reduzierung der Lehrkapazität durch Personalabbau im Umfang von bis zu 25 % ausgesprochen. Die Universitäten sahen zu diesem Zeitpunkt eine Verminderung der Lehrkapazität in den Magisterstudiengängen von 20 % vor . Für das gesamte Institut für Übersetzen und Dolmetschen der Universität Heidelberg hat die Hochschulstrukturkommission eine Verlagerung in den Fachhochschulbereich vorgeschlagen .

Bei der Umsetzung der Empfehlungen haben die Universitäten für den Bereich der Slavistik durchweg auf einen Erhalt des Faches gesetzt und nur eine gewisse Reduzierung von Stellen durchgeführt. Die Verlagerung des Instituts für Übersetzen und Dolmetschen der Universität Heidelberg in den Fachhochschulbereich wurde abgelehnt.

2 Personaleinsatz und Personalkosten der Lehreinheiten

2.1 Stand zum 01.01.2002

Den sechs Lehreinheiten standen zum 01.01.2002 insgesamt 51,5 Stellen zur Verfügung. Die Personalkosten für diese Stellen betragen rd. 4,4 Mio. €. In Übersicht 2 sind die Anzahl der Stellen und die Personalkosten für die einzelnen Lehreinheiten aufgeführt.

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Auf den Wissenschaftlichen Dienst, der die Professoren und den sog. Mittelbau umfasst, entfielen 47,0 Stellen. Auf den Stellen des Mittelbaus werden z.B. Lektoren, Wissenschaftliche Mitarbeiter, Akademische Räte, Wissenschaftliche Assistenten und Hochschuldozenten geführt. Die Lehreinheiten Slavistik haben zwei bis drei Stellen für Professoren, drei bis neun Stellen des Mittelbaus und eine halbe bis eine Stelle des Verwaltungsdienstes. Die Lehreinheit Dolmetschen Russisch an der Universität Heidelberg bietet im Gegensatz zu den anderen Lehreinheiten keine Studiengänge mehrerer slavischer Sprachen an, sondern bildet ausschließlich Dolmetscher und Übersetzer für Russisch aus. Ihre Personalausstattung ist daher etwas anders strukturiert.

Die Personalkosten betragen bei den einzelnen Lehreinheiten für Slavistik zwischen rd. 0,5 Mio. € und 1,1 Mio. €, bei der Lehreinheit Dolmetschen Russisch rd. 0,5 Mio. €.

2.2 Entwicklung der Stellen seit 1995 und weitere Planungen

Die Lehreinheiten haben mit Ausnahme der Lehreinheit HD-Slavistik seit 1995 in gewissem Umfang Stellen des Wissenschaftlichen Dienstes abgebaut. Insgesamt wurde die Stellenzahl von 52,0 Stellen auf 47,0 Stellen und damit um knapp 10 %, reduziert. Übersicht 3 zeigt die Stellenentwicklung der einzelnen Lehreinheiten.

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Die Lehreinheit HD-Slavistik plant den Abbau einer Stelle. Bei der Universität Konstanz bestehen zwar Überlegungen, Stellen einzusparen, Gremienbeschlüsse über Umfang und Zeit der Stelleneinsparungen liegen jedoch nicht vor. Der von der Hochschulstrukturkommission vorgeschlagene Personalabbau von bis zu 25 % in geisteswissenschaftlichen Fächern wird aber auch dann in der Slavistik nicht umgesetzt sein, obwohl die Slavistik zu Gunsten der ausgelasteten Magisterfächer einen höheren Prozentsatz hätte einsparen müssen, um das durchschnittliche Einsparvolumen zu erreichen.

3 Studierenden- und Absolventenzahlen

3.1 Studierendenzahlen

Die Zahl der Studierenden ist bei den meisten Lehreinheiten vom Studienjahr 1995/1996 bis zum Studienjahr 2000/2001 zurückgegangen. Der Rückgang beträgt insgesamt 28 %. Bei einer Lehreinheit blieb die Zahl der Studierenden gleich, bei den übrigen Lehreinheiten der Slavistik sank die Zahl der Studierenden um rd. 10 % bis rd. 38 %. Bei der Lehreinheit HD-Dolmetschen verminderte sich die Zahl der Studierenden, auch beeinflusst durch die Einführung einer Zulassungsbeschränkung, um rd. 41 %. In Übersicht 4 ist die Entwicklung der eingeschriebenen Studierenden an Hand der Fallzahlen dargestellt.

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Die Fallzahl umfasst Einschreibungen mit den Abschlusszielen Diplom, Lehramt Haupt- oder Nebenfach, Magister Haupt- oder Nebenfach und ggf. Bachelor. Soweit ein Studiengang den Abschluss in mehreren Hauptfächern oder Haupt- und Nebenfächern vorsieht, wird jeder Studierende mehrfach gezählt, nämlich in jedem gewählten Haupt- und Nebenfach. Daraus folgt auch, dass die Studierendenzahlen der einzelnen Lehreinheiten untereinander nicht verglichen werden können, da sie unterschiedliche Abschlussziele anbieten.

Bei der Interpretation der Entwicklung der Studierendenzahlen ist auch zu beachten, dass es etwa ab 1990 bis 1995 einen vorübergehenden Anstieg gab. Dies beruhte auf einer allgemeinen Zunahme der Studierendenzahlen und einem Sondereffekt in der Slavistik, der in einem gestiegenen Interesse an Slavistischen Studiengängen auf Grund der Öffnung Osteuropas begründet lag. Die Studierendenzahlen des Studienjahrs 1995/1996 sind davon beeinflusst. Der folgende Rückgang der Studierendenzahlen hängt mit dem Nachlassen dieses Interesses und mit den allgemein zurückgehenden Studierendenzahlen zusammen.

Für die Beurteilung der weiteren Entwicklung wird daher der jetzige Stand als realistische Ausgangsgröße angesehen. Innerhalb des Zeitraums bis 2015 werden folgende Prognosen zur Entwicklung der Zahl der Studierenden gegenüber dem Jahr 2000 getroffen: Die Zahl der Studierenden bundesweit steigt um bis zu 2,2 %, die der Studienanfänger in Baden-Württemberg steigt um bis zu 11 %, die Zahl der Studienanfänger an Universitäten steigt um bis zu 4 %. Danach sind sinkende Zahlen der Studienanfänger und der Studierenden zu erwarten.

3.2 Absolventenzahlen

Die Zahl der Absolventen ist mit einer Ausnahme bei allen Lehreinheiten vom Studienjahr 1995/1996 bis zum Studienjahr 2000/2001 ebenfalls zurückgegangen und zwar landesweit von 135 auf 53 Absolventen und damit etwa um 61 %. In Übersicht 5 ist die Entwicklung der Absolventen an Hand der Fallzahl dargestellt.

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Die Absolventenzahlen sind bei allen Lehreinheiten erheblich niedriger, als die Zahlen der Studierenden erwarten ließen . Dies beruht darauf, dass viele der Studierenden der Slavistik ihr Studium nicht beenden.

4 Betreuungsrelation und Kosten je Studierenden bzw. Absolventen

4.1 Betreuungsrelation

Aus dem Verhältnis von Studierenden zu den vorhandenen Stellen für wissenschaftliches Personal ergibt sich die Betreuungsrelation in den Lehreinheiten, die in Übersicht 6 dargestellt ist. Dabei ist allerdings zu beachten, dass in der Zahl der Studierenden sowohl Haupt- als auch Nebenfachstudierende als auch solche, bei denen nur ein Fach studiert wird, enthalten sind. Diese Studierenden fragen in unterschiedlichem Umfang Lehre nach. Für die Beurteilung der Betreuungsrelation unter Belastungsgesichtspunkten und für den Vergleich der Betreuungsrelation der Lehreinheiten untereinander ist es erforderlich, die Fächer nach dem Umfang des Betreuungsaufwands zu gewichten. Der Gewichtungsfaktor für die einzelne Lehreinheit wurde an Hand der in der jeweiligen Kapazitätsberechnung ausgewiesenen Studierendenzahlen in Haupt-, Nebenfächern und in Vollstudiengängen ermittelt. Die Gewichtung der Studierendenzahl mit diesem Faktor ergibt die Vergleichszahl in Studierenden von Vollstudiengängen (Vollstudenten-Äquivalent).

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Die ungewichtete Betreuungsrelation beträgt bei den einzelnen Lehreinheiten von 9 bis 42 Studierende je Stelle des wissenschaftlichen Personals. Dagegen stellt sich der Betreuungsaufwand bei der Betrachtung der Betreuungsrelation bezogen auf Vollstudenten-Äquivalente erheblicher niedriger dar. Danach hat die Lehreinheit KN-Slavistik ein Betreuungsrelation-Äquivalent von 4 Vollstudenten je Stelle des wissenschaftlichen Personals, HD-Slavistik 6, HD-Dolmetschen 9, TÜ-Slavistik 11, FR-Slavistik 15 und MA-Slavistik 17.

4.2 Kosten je Studierenden und je Absolventen

Bei der Betrachtung der Kosten, die je Studierenden je Jahr oder je Absolvent für sein ganzes Studium anfallen, sind fachbedingt vor allem die Personalkosten der Lehreinheiten von Bedeutung. Die hinzukommenden Sachkosten wurden deshalb nicht ermittelt.

Wie bei der Betreuungsrelation ist zu beachten, dass bei Studiengängen mit Haupt- und Nebenfächern jeder Studierende bzw. Absolvent in einem Fach nur anteilig zu berücksichtigen ist und die Anzahl der Studierenden bzw. Absolventen deshalb in Vollstudenten-Äquivalente bzw. Vollabsolventen-Äquivalente umzurechnen ist. Die Personalkosten je Studierenden je Studienjahr und die Kosten je Absolventen für das ganze Studium sind in Übersicht 7 dargestellt. Sie betragen durchschnittlich 10.000 € je Vollstudent-Äquivalent bzw. 111.000 € je Vollabsolvent-Äquivalent. Dabei werden die Kosten auf volle 1.000 €-Beträge gerundet.

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Eine besonders hohe Abweichung von den durchschnittlichen Kosten weist die Lehreinheit KN-Slavistik mit 26.000 € je Vollstudent-Äquivalent bzw. 258.000 € je Vollabsolvent-Äquivalent auf. Die hohen Durchschnittskosten je Studierenden und die Unterschiede zwischen den Lehreinheiten sind in erster Linie durch die schwache Auslastung der vorhandenen Studienplätze bestimmt, wobei zwischen den Lehreinheiten noch erhebliche Unterschiede bestehen. Bei den Kosten je Absolventen ist außerdem ausschlaggebend, dass eine große Anzahl Studierender das Studium nicht abschließt.

5 Auslastung der Studienplätze der Lehreinheiten

5.1 Im Folgenden wird die Auslastung der Studienplätze der Lehreinheiten dargestellt. Diese lässt naturgemäß keine Aussage über die Arbeitsbelastung der Lehreinheiten insgesamt zu, weil lediglich die Lehre betrachtet wird, nicht jedoch z.B. die Forschung. Sie trifft außerdem keine Aussage zur Qualität der Lehre.

5.2 Die Auslastung der in den Lehreinheiten zur Verfügung stehenden Plätze für Studienanfänger ergibt sich aus den Kapazitätsberechnungen der Universitäten. Diese ermitteln die Zahl der Studierenden, die in einem bestimmten Fach jährlich aufgenommen werden können (Studienanfängerplätze), an Hand der in der Lehreinheit zur Verfügung stehenden Summe aller Lehrdeputate. Das Verhältnis der Studienanfängerplätze zur tatsächlichen Studienanfängerzahl ergibt die Auslastungsquote, die in Übersicht 8 dargestellt ist.

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Die Auslastung liegt bei keiner Lehreinheit über 50 %. Die beiden niedrigsten Auslastungsergebnisse betreffen die Lehreinheit KN-Slavistik mit 10 % und die Lehreinheit HD-Slavistik mit 20 %.

5.3 Gruppengröße der Veranstaltungen und Teilnahmeverhalten der Studierenden

Die Unterauslastung nach der Kapazitätsberechnung spiegelt sich auch in der Zahl der Teilnehmer in den einzelnen Veranstaltungen der Lehreinheiten (Gruppengröße) wider. Der RH hat bei einigen Lehreinheiten die Gruppengröße der Veranstaltungen und die Teilnahme der Studierenden an den Veranstaltungen erhoben.

Die durchschnittliche Gruppengröße betrug bei zwei Lehreinheiten je 15 Teilnehmer , bei zwei weiteren Lehreinheiten 8 bzw. 6 Teilnehmer. Der Anteil der Veranstaltungen mit fünf und weniger Teilnehmern lag bei diesen vier Lehreinheiten bei 6 %, 13 %, 34 % und 51 %. Der Anteil der Veranstaltungen mit zehn und weniger Teilnehmern lag bei 48 %, 50 %, 70 % und 88 %.

Der Anteil der Teilnehmer, die keine eingeschriebenen Studierenden der Slavistik sind, ist unterschiedlich hoch. Er wurde bei zwei Lehreinheiten überprüft und betrug bei einer Lehreinheit etwa 6 %, bei der anderen Lehreinheit etwa 22 % aller Teilnehmer.

Die geringen Gruppengrößen und die äußerst geringen Teilnehmerzahlen beruhen nicht allein auf den niedrigen Studierendenzahlen, sondern auch darauf, dass ein erheblicher Teil der eingeschriebenen Studierenden die Veranstaltungen nicht besucht . So wurde bei einer Lehreinheit festgestellt, dass 47 % an keiner Veranstaltung und 20 % an nur einer Veranstaltung im Semester teilgenommen haben, bei einer anderen Lehreinheit haben 42 % an keiner Veranstaltung und 18 % an nur einer Veranstaltung teilgenommen, bei einer dritten Lehreinheit haben 42 % an keiner Veranstaltung und 15 % an nur einer Veranstaltung teilgenommen.

6 Rahmenbedingungen effizienter Organisation

Die effiziente Organisation einer Lehreinheit ist nur möglich, wenn so viele Studienanfänger vorhanden sind, dass unter den geltenden Rahmenbedingungen auch in den Veranstaltungen für die Studierenden kurz vor dem Abschluss noch eine ausreichende Gruppengröße erreicht wird. Zu den Rahmenbedingungen, die darauf einen Einfluss haben, können die Verschiedenartigkeit der Abschlussziele, die Spezialisierung innerhalb des Studiengangs und die Zahl der Studierenden, die das Studium nicht zu Ende führen, gehören. Alle Slavistik-Lehreinheiten weisen unter diesen Gesichtspunkten ungünstige Rahmenbedingungen auf; die Größe der Lehreinheit ist daher von besonderer Bedeutung.

6.1 Von den Lehreinheiten angebotene Abschlussziele

Die Studierenden der Slavistik sind in Studiengängen mit den Abschlusszielen Bachelor, Lehramt, Magister oder Diplom-Philologe eingeschrieben. Sie können jedoch weitgehend die selben Veranstaltungen besuchen. Dies gilt indes nicht für die Lehreinheit HD-Dolmetschen; diese bildet nur Studierende mit dem Abschlussziel Diplom-Dolmetscher aus. Hierfür gelten andere Anforderungen, sodass diese Studierenden nur eine Anzahl sprachpraktischer Veranstaltungen und wenige weitere Veranstaltungen, insbesondere im sprachwissenschaftlichen Bereich, zusammen mit den Studierenden der anderen Studiengänge besuchen könnten. Derzeit gibt es keine gemeinsamen Veranstaltungen der Lehreinheit HD-Slavistik und der Lehreinheit HD-Dolmetschen.

6.2 Ausdifferenzierung innerhalb der Slavistik-Lehreinheiten

Das philologische Sprachstudium enthält sowohl sprachwissenschaftliche als auch literaturwissenschaftliche Teile, die in verschiedenen Veranstaltungen und von unterschiedlichen Lehrkräften angeboten werden. Je nach dem Schwerpunkt des Studierenden nimmt er mehr sprach- oder mehr literaturwissenschaftliche Veranstaltungen ab. Lediglich bei der Lehreinheit KN-Slavistik kann nur Sprach- oder nur Literaturwissenschaft belegt werden.

Zur Slavistik gehören die Sprachen Russisch, Polnisch, Tschechisch, Serbisch/Kroatisch, Bulgarisch und Slowenisch. Die Prüfungsordnungen sehen vor, dass mehrere dieser Sprachen studiert werden müssen. Die Lehreinheiten bieten jeweils zwei bis fünf dieser Sprachen an. Die Slavistik ist deshalb dadurch gekennzeichnet, dass - obwohl der Schwerpunkt bei Russisch liegt - zu einer Vielzahl slavischer Sprachen Veranstaltungen angeboten werden müssen und sich die Zahl der Studierenden darauf verteilt.

Die dritte Ausdifferenzierung der anzubietenden Veranstaltungen wird durch die zunehmende Zahl der Studierenden mit einer slavischen Sprache als Muttersprache erforderlich. Diese Gruppe stellt vor allem in den sprachpraktischen Veranstaltungen so unterschiedliche Anforderungen an den Lehrinhalt, dass die Lehreinheiten dazu übergehen mussten, einige getrennte Veranstaltungen anzubieten.

6.3 Hohe Schwundquoten

Alle Slavistik-Lehreinheiten weisen hohe sog. Schwundquoten auf. Die Schwundquote drückt aus, wie viele Studierende die Lehreinheit im Laufe der Regelstudienzeit verliert. Diese Quote ist damit ein Indikator dafür, wie stark die Zahl der Studierenden in den höheren Semestern gegenüber der Zahl der Studienanfänger abnimmt. Bei einer hohen Schwundquote müssen deshalb erheblich mehr Studienanfänger vorhanden sein, um in höheren Semestern ausreichende Gruppengrößen in den Veranstaltungen zu erreichen als bei niedrigen Schwundquoten. Die Schwundquoten in den Lehreinheiten liegen zwischen 32 % und 77 % der Studienanfänger. Dies wird durch das Teilnahmeverhalten der in höheren Semestern eingeschriebenen Studierenden bestätigt. Nach unserer Erhebung haben bei einer Lehreinheit über 80 % der im 10. Semester und höher eingeschriebenen Studierenden an keiner Veranstaltung teilgenommen, bei zwei anderen über 70 %. Lediglich die Lehreinheit HD-Dolmetschen weist erheblich günstigere Schwundquoten auf, zeitweise sogar einen Überschuss.

Da bei allen Lehreinheiten der Slavistik in Baden-Württemberg hohe Schwundquoten zu verzeichnen sind, handelt es sich bei dem „Verlust“ an Studierenden nicht lediglich um Studienortwechsler innerhalb des Landes. Dieser Schwund ist deshalb auch ein Indikator dafür, dass Aufwendungen für die Ausbildung der Studierenden erbracht werden, ohne dass diese zu einem Abschluss kommen.

6.4 Maßnahmen der Slavistik-Lehreinheiten

Der Notwendigkeit, Veranstaltungen für sehr kleine Teilnehmerzahlen anzubieten, versuchen die Lehreinheiten auf verschiedene Weise entgegen zu wirken. Eine Lehreinheit bietet verschiedene Veranstaltungsarten als eine Veranstaltung an (wissenschaftliche Übung und Hauptseminar oder Vorlesung, wissenschaftliche Übung und Hauptseminar); eine andere Lehreinheit sieht einzelne Veranstaltungen vor, an denen Studierende mit unterschiedlichen Sprachen als Studienschwerpunkt teilnehmen können. Als weitere Maßnahme bieten die Lehreinheiten manche Veranstaltungen nicht jedes Semester an. Die Lehreinheiten decken darüber hinaus Sprachunterricht in den weniger nachgefragten Sprachen mit Lehraufträgen ab, weil es nicht möglich ist, dafür dauerbeschäftigtes Personal einzustellen. Da die Vergütung für Lehraufträge nicht ausreicht, um eine dauerhafte Erwerbsgrundlage darzustellen, ist hier mit häufigerem Personalwechsel zu rechnen. Die Studierenden können sich nicht darauf verlassen, dass die Kurse auch wie geplant fortgesetzt werden. Alle Lehreinheiten führen Veranstaltungen mit Studierenden mit weit auseinanderliegender Fachsemesterzahl und daraus resultierendem unterschiedlichen Ausbildungsstand durch. Außerdem nehmen Studierende an den Veranstaltungen lediglich als „Zuhörer“ teil, ohne die zur Veranstaltung gehörende Prüfungsleistung zu erbringen.

Solche Maßnahmen sind jedoch auch aus der Sicht der Lehreinheiten nicht befriedigend, weil sie für den Lehrinhalt, den Lehrablauf, die Organisation des Studiums durch die Studierenden und damit die Studiendauer und die Attraktivität des Studienstandorts Nachteile haben. Es stellt sich auch die Frage, ob unter diesen Umständen eine im Hinblick auf die Qualität optimale Lehre angeboten werden kann.

7 Leistungen für andere Bereiche

7.1 Verflechtungen mit anderen Lehreinheiten und Studiengängen

Eine Lehreinheit führt einen Diplom-Studiengang durch, bei dem Slavische Philologie mit Betriebswirtschaftslehre oder Volkswirtschaftslehre und einzelnen Veranstaltungen aus weiteren Fächern kombiniert werden. Von den sechs Lehreinheiten bieten zwei Lehreinheiten Veranstaltungen an, die für andere Studiengänge studienplanrelevant sind. Es handelt sich um drei Studiengänge, bei denen Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft bzw. Pädagogik mit Russisch-Sprachkenntnissen sowie Kenntnissen über Kultur und Region kombiniert werden. Magisterstudiengänge werden bei allen Lehreinheiten mit Ausnahme HD-Dolmetschen angeboten. Bei ihnen sind durch die vom Studierenden zu belegenden weiteren Haupt- oder Nebenfächer Kombinationen mit fast allen übrigen Magisterfächern der jeweiligen Universität möglich. Die Auswertung einer Lehreinheit für 110 Studierende ergab insgesamt 46 verschiedene Kombinationen mit nichtslavistischen Magisterfächern.

7.2 Angebote für Hörer aller Fakultäten

Alle Slavistik Lehreinheiten ermöglichen Studierenden anderer Fächer die Teilnahme an ihren Veranstaltungen, insbesondere den Sprachkursen. Dies gilt auch für Slavistik-Lehreinheiten der Universitäten, die in einer gesonderten Sprachlehreinrichtung sprachpraktische Veranstaltungen für Nichtslavisten anbieten.

8 Berufsziele und -aussichten der Studierenden

Die Slavisten bilden keine eigene Berufsgruppe: Absolventen der Slavistik besetzen zum einen Stellen in den „klassischen“ Bereichen Lehramt, an der Universität selbst sowie als Dolmetscher bzw. Übersetzer, als Verlagsmitarbeiter und in der Erwachsenenbildung; zum anderen sind sie auf Arbeitsplätzen beschäftigt, bei denen Osteuropakompetenz als Zusatzqualifikation gefragt ist. Dabei handelt es sich um Arbeitplätze im Tourismus, bei international tätigen Firmen, im Journalismus, bei Computerfirmen und als freie Berater u.a.

Der Bedarf an Lehrern für Russisch ist sehr gering, weil Russisch nur an ganz wenigen Schulen als Unterrichtsfach angeboten wird. An den Universitäten ist der Bedarf ebenfalls gering, weil die Slavistik zu den kleinen Fächern gehört. Bei den Arbeitsplätzen, bei denen die Zusatzqualifikation Osteuropa gebraucht wird, handelt es sich jeweils nur um Einzelne. Insgesamt ist daher die Summe der möglichen Arbeitsplätze derzeit nicht so groß, dass mehr Absolventen benötigt würden. Der Bedarf an Mitarbeitern mit Osteuropa-Kompetenz wird z.T. auch durch zugewanderte slavische Muttersprachler aus den jeweiligen Berufen gedeckt.

Die Lehreinheiten halten in gewissem Umfang einen Anstieg des Bedarfs für möglich, wenn die Bedeutung des osteuropäischen Marktes zunimmt. Lediglich zwei Universitäten haben darauf bisher reagiert; die Universität Mannheim hat einen Studiengang eingeführt, bei dem Sprachkompetenz und regionale Kenntnisse für Russland als Zusatzqualifikation des Betriebswirtschaftsstudiums vermittelt werden. Die Universität Tübingen bietet diese in Kombination mit Volkswirtschaft an. Dies betrifft jedoch nur einen kleinen Teil der vorgehaltenen Studienplätze. Bei den Magisterstudiengängen und dem Studiengang Diplom-Philologie ist die Ausbildung in der Slavistik dagegen auf die Literatur- und Sprachwissenschaft ausgerichtet, auch wenn der Studierende sie mit einem z.B. betriebswirtschaftlichen Studiengang kombiniert.

9 Bewertung und Empfehlungen

9.1 Bewertung

Der RH hält die dargestellten Strukturen der Slavistik für problematisch. Die bestehenden Lehreinheiten an den fünf Universitäten befinden sich nach Auffassung des RH unter Aspekten der Lehre in einer Situation, die sowohl von den Wissenschaftlern als auch von den Studierenden als nicht befriedigend angesehen werden kann. Sämtliche Slavistik-Lehreinheiten sind von ungünstigen Rahmenbedingungen für eine effiziente Organisation der Lehre geprägt. Daraus ergeben sich mehr oder weniger große Nachteile für die Attraktivität der Lehrangebote und die Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Standorte. Die hohe Schwundquote bei den Studierenden, der äußerst geringe Anteil der Studierenden in den höheren Semestern, die an den Veranstaltungen teilnehmen, und die niedrige Zahl der Absolventen können als Indiz hierfür gewertet werden.

Nach Auffassung des RH ist es jedenfalls unter Effizienzaspekten nicht zu rechtfertigen, auf Dauer Lehreinheiten mit stark unterausgelasteten Studienplätzen zu betreiben. Die Ergebnisse der Kostenermittlung sowohl für die durchschnittlichen Kosten je Studierenden als auch je Absolventen, vor allem aber die Unterschiede in den Kosten an den einzelnen Standorten zeigen deutlich, dass hier erhebliche Effizienzdefizite bestehen.

9.2 Empfehlungen

Der RH empfiehlt, die Zahl der vorgehaltenen Studienplätze an den Bedarf anzupassen.

Nach dem Ergebnis der Kapazitätsberechnungen für die Lehreinheiten stehen insgesamt 1.070 Studienplätze für rd. 260 Studienanfänger je Jahr zur Verfügung. Für die Berechnung des künftigen Bedarfs an Studienplätzen hat der RH einen Stand von 1.000 Studienplätzen und 300 Studienanfängern zu Grunde gelegt. Zur Berücksichtigung der Entwicklung der Zahl der Studienanfänger an Hand der Prognose bis 2015 wird eine zusätzliche Steigerung der Studienanfänger von 10 % angenommen. Die Steigerung liegt höher als die Prognose der allgemeinen Steigerung für die Studienanfängerzahlen bei den Universitäten. Die Zahl der zu berücksichtigenden Studienanfänger erhöht sich damit auf 330.

Um weitere mögliche Schwankungen des Bedarfs hinreichend berücksichtigen zu können, empfiehlt der RH, die Zahl der vorgehaltenen Studienplätze so zu bemessen, dass bei 330 Studienanfängern eine Auslastung der Studienplätze von etwa mindestens 75 % erreicht wird. Somit ist eine Kapazität für 440 Studienanfänger vorzuhalten.

Dies bedeutet, dass die Zahl der Studienplätze von derzeit 1.000 auf 440 zu reduzieren ist. Zum Abbau der vorhandenen Zahl von Studienplätzen ist die Reduzierung des Personals im wissenschaftlichen Dienst unter Beibehaltung der derzeitigen Personalstruktur um 23,5 Stellen erforderlich; dies ist in Übersicht 9 dargestellt. Die Personalkosten würden dadurch um 2,1 Mio. € jährlich verringert.

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Die Umsetzung der Stellenreduzierung durch Stellenstreichungen bei den vorhandenen Lehreinheiten würde dazu führen, dass die einzelnen Lehreinheiten unter das Minimum der in der Slavistik notwendigen Stellenausstattung fielen. Die Zahl der Stellen für Professoren würde nicht ausreichen, um jede Slavistik-Lehreinheit mit jeweils einer Professorenstelle für Sprachwissenschaft und für Literaturwissenschaft und die Lehreinheit HD-Dolmetschen mit einer Professorenstelle auszustatten. Darüber hinaus blieben für den Mittelbau nicht genügend Stellen, um in allen Lehreinheiten sowohl die Hauptsprachen durch Mitarbeiter auf Stellen abdecken und eine ausreichende Zahl von Stellen für die Qualifikation des wissenschaftlichen Nachwuchses bereithalten zu können.

Der RH empfiehlt deshalb, die Zahl der Lehreinheiten zu reduzieren. Dabei ist von Folgendem auszugehen: Die Lehreinheit HD-Dolmetschen muss als eigene Lehreinheit erhalten bleiben, weil auf Grund der Anforderungen des Studiengangs eine durchgängig gemeinsame Ausbildung mit den Studierenden der Slavistik unmöglich ist und die Verbindung mit den anderen Dolmetsch-Lehreinheiten stärker ist als mit der Lehreinheit HD-Slavistik. In dieser Lehreinheit ist trotz der nicht zureichenden Auslastung eine weitere Reduzierung des Personals nur geringfügig möglich, da sonst die Mindestausstattung in Frage steht. Der RH empfiehlt die Reduzierung um eine halbe Stelle. Die Lehreinheit als solche wird also nicht in Frage gestellt, zumal da sie die einzige in Baden-Württemberg ist. Der daraus folgende Mehrbedarf an Stellen ist bei der Empfehlung zur Stellenausstattung bereits berücksichtigt. Für die Ausbildung in der Slavistik stehen damit noch 18,0 Stellen zur Verfügung.

Der RH ist der Auffassung, dass es konsequenter wäre, diese Stellen auf ein Zentrum der Slavistik (Modell 1) in Baden-Württemberg zu konzentrieren, als mehrere Lehreinheiten beizubehalten. Diesem Zentrum stünden damit mehr Stellen für Professoren und für den Mittelbau zur Verfügung als bisher in der am besten ausgestatteten Lehreinheit. Dadurch würde es ermöglicht, nicht nur Professuren für Sprach- und Literaturwissenschaft vorzusehen, sondern auch andere Differenzierungen vorzunehmen und ein breiter gefächertes Studienangebot an der selben Lehreinheit anzubieten. Die Größe der Lehreinheit böte für die Bewältigung der organisatorischen Probleme, wie die Aufteilung der Studierenden in die verschiedenen Sprachen, den großen Unterschied der Anzahl von Studierenden im Anfangssemester und in höheren Semestern, die Regelmäßigkeit und die Vielfalt des Lehrangebots usw., günstigere Rahmenbedingungen. Nach Auffassung des RH erhöhte eine große Lehreinheit vor allem die Attraktivität der Studiengänge, da am Studienort eine größere Vielfalt und gleichzeitig eine verlässliche Ausbildung auch in den kleineren Sprachen angeboten werden könnte. Die Zusammenfassung der Forschungskapazität hätte ebenfalls einige Vorteile.

Wird das Konzept eines Zentrums der Slavistik nicht verfolgt, können neben der Lehreinheit HD-Dolmetschen maximal zwei Lehreinheiten (Modell 2) beibehalten werden, weil die verbleibende Stellenausstattung mehr Lehreinheiten in angemessener Größe nicht gestattet. Die Bildung von Lehreinheiten, die eine angemessene Vertretung des Fachs Slavistik ermöglichen, setzt aus Sicht des RH voraus, dass in der Lehreinheit sowohl die Sprach- als auch die Literaturwissenschaft mit je einer C 4-Professur vertreten sind. In jeder Lehreinheit sollte eine Stelle für Habilitanden und eine Stelle für Doktoranden zur Verfügung stehen. Außerdem sollten in den Lehreinheiten eine Stelle für einen dauerbeschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeiter und Stellen für vier Lektoren oder Sprachlehrkräfte zur Verfügung stehen. Das bedeutete, dass im Modell 2 die beiden Lehreinheiten für Slavistik über je 9 Stellen verfügten. Allerdings müsste hier im Vergleich zu der Einrichtung eines Zentrums der Slavistik die Stellenstruktur verändert werden. Um die notwendige Personalausstattung mit C 4 - und Mittelbaustellen zu erreichen und die Sprachausbildung abzudecken, wäre hier der Verzicht auf zwei C 3-Stellen zugunsten von mehr C 4- Stellen und Stellen für Lehrkräfte im Sprachbereich erforderlich. Die Kosten lägen dann für beide Modelle etwa gleich hoch.

Der Verlust für die jeweils von einer Aufhebung des Angebots betroffenen Universitäten kann im Rahmen einer landesweiten Schwerpunkt- und Profilbildung in der anstehenden Strukturplanung ausgeglichen werden. Im Bereich der Slavistik eingesparte Stellen gehen den Universitäten insgesamt nicht verloren, da sie unter der Geltung des Solidarpakts z.B. für die Stärkung der von den Universitäten zu bildenden Schwerpunktbereiche verwendet werden können.

9.3 Maßnahmen der Universitäten

Die von den Universitäten beabsichtigten weiteren Stellenstreichungen (s. Pkt. 2.2) in den Lehreinheiten für Slavistik würden die Auslastung der Kapazitäten nur unwesentlich verbessern. Auch die geplanten Kooperationen, wie sie bereits von den Universitäten Heidelberg und Mannheim verhandelt und von den Universitäten Tübingen und Konstanz in Aussicht genommen werden, führen im Ergebnis nicht dazu, die Auslastung der Lehreinheiten wesentlich zu verbessern und die Kosten je Studierenden oder Absolventen ausreichend zu senken. Das zeigt sich z.B. am Kooperationsmodell der Universitäten Mannheim und Heidelberg. An beiden Universitäten soll ein gemeinsames Institut für Slavistik gegründet werden, das die Studiengänge an beiden Universitäten anbietet. Das bedeutet, dass nicht Studienplätze an einem Standort konzentriert werden, sondern dass die Lehrveranstaltungen gleicher Art wie bisher an mehreren Standorten durchzuführen sind. Soweit das Lehrangebot an einer Universität nicht abgedeckt ist, sollen im Rahmen der Kooperation die Lehrenden jeweils Veranstaltungen auch an der jeweils anderen Universität abhalten. Auf Grund der Aufrechterhaltung des Studienangebots an zwei Standorten kann die Lehrkapazität somit nicht wesentlich vermindert werden; geplant ist deshalb auch nur eine Reduzierung um je eine Professorenstelle an den beiden Universitäten. Somit wird im Ergebnis die Auslastung der Studienplätze beider Universitäten nur wenig verbessert und eine angemessene Reduzierung nicht erreicht. Der RH empfiehlt für eine Kooperation zwischen den Universitäten Heidelberg und Mannheim, dass die Universität Mannheim die Slavistik aufgibt und die Universität Heidelberg künftig nur die für die Ausbildung der Mannheimer Studierenden des Studiengangs „Betriebswirtschaftslehre Kulturwissenschaft Russisch“ notwendigen Veranstaltungen mit ihren Lehrkräften dort anbietet. Da in beiden Universitäten Lehrstühle der Sprach- bzw. Literaturwissenschaft in der Slavistik zur Besetzung frei sind, die von der jeweils anderen personell abgedeckt werden können, wäre die Personalfrage in diesem Bereich derzeit leicht lösbar.

9.4 Nachteile der Reduzierung von Lehreinheiten bzw. Personal

Mit einer Reduzierung der Zahl der Standorte ergeben sich naturgemäß auch gewisse Nachteile. Diese liegen im Bereich der Lehre im Wesentlichen darin, dass die Studierenden an den Standorten, die keine Slavistik mehr haben, ihre Studienfächer nicht mehr mit Slavistik kombinieren können. Für solche Kombinationen müsste künftig ein anderer Standort gewählt werden. Die wesentlichen bisherigen Kombinationen sind jedenfalls an den Universitäten Freiburg, Heidelberg und Tübingen möglich. Außerdem entfällt an diesen Standorten die Möglichkeit der Studierenden aus Staaten Osteuropas, ein Fach des Magisterstudiengangs durch die Muttersprache abzudecken.

Bei Wegfall der Slavistik entfällt die Möglichkeit zur Teilnahme an den Veranstaltungen für Studierende anderer Studiengänge. Dies betrifft fast ausschließlich die Sprachkurse. Diese sollten, soweit es genügend Interessenten gibt, durch ein Angebot der zentralen Universitätseinrichtung „Sprachlehrzentrum“ angeboten werden. Allerdings ist zu beachten, dass ein solches Angebot nur gemacht werden sollte, wenn festgestellt würde, dass bei den Universitäten, die bereits jetzt keine Slavistik haben, solche Sprachkurse in den Sprachlehrzentren hinreichend besucht werden.

Im Bereich der Forschung entfiele für die jeweiligen Universitäten ebenfalls der gesamte Bereich der Slavistik und damit auch der von der Slavistik gehaltene Kontakt mit osteuropäischen Staaten. Die Forschung ist außerdem mit anderen Fachgebieten u.a. durch die Arbeit in Sonderforschungsbereichen oder Graduiertenkollegs verflochten. Dies sind z.Z. an den Universitäten Freiburg und Tübingen die Sonderforschungsbereiche „Identitäten und Alteritäten“ bzw. „Linguistische Datenstrukturen“ und an den Universitäten Heidelberg und Tübingen z.B. die Graduiertenkollegs „Dynamik von Substandardvarietäten“ bzw. „Pragmatisierung/Entpragmatisierung von Literatur“, an der Universität Konstanz z.B. die Sonderforschungsbereiche „Norm und Symbole“ und „Entwicklung und Variation im Lexikon“.

Die einer Lehreinheit zugewiesene Kapazität für wissenschaftliches Personal steht stets in gleichem Umfang für Lehre und Forschung zur Verfügung, weil diese eine Einheit bilden. Eine Reduzierung von Personal bei in der Lehre nicht ausgelasteten Einheiten führt somit notwendigerweise auch zu einer Verminderung von Forschungskapazität. Umgekehrt wird aber auch dann gleichermaßen Forschungskapazität aufgebaut, wenn, um das Lehrangebot für neue Studienplätze zu erhöhen, vom Haushaltsgesetzgeber neue Personalstellen bewilligt werden. Der Bedarf an Lehrkapazität ist und war wesentlicher Maßstab für den personellen Ausbau der Hochschulen; für die Forschung gibt es keinen Bedarfsmaßstab. Den Personalbedarf nicht vorrangig am Lehrbedarf zu orientieren, würde auch dazu führen, dass den in der Lehre ausgelasteten Einheiten anteilig von vornherein weniger Kapazität für Forschung zur Verfügung stünde als den in der Lehre erheblich unterausgelasteten Einheiten.

Darüber hinaus entfalten die Universitäten und ihre Mitglieder Aktivitäten mit Wirkung in die Region. Viele Mitarbeiter sind Teil oder Initiator von - ganz allgemein gesprochen - slavischen Kreisen, die in der räumlichen Umgebung der Universität die Interessierten zusammen bringen; sie haben vielfältige Kontakte in die verschiedenen Organisationen und politischen Institutionen, die sich mit Integrationsfragen befassen. Dies ist allerdings nicht als originäre Aufgabe der Universitäten anzusehen.

Der RH ist im Ergebnis der Auffassung, dass nach Abwägung der Vor- und Nachteile es nicht gerechtfertigt erscheint, die bisherigen Strukturen mit Lehreinheiten an fünf Standorten aufrecht zu erhalten. Mit dem empfohlenen Modell 1 gelänge es, für die Slavistik im Lande eine attraktive und leistungsfähige Einheit zu schaffen, die nicht nur eine hohe Qualität und einen effizienten Ressourceneinsatz gewährleistet, sondern auch gegenüber anderen ähnlich großen Standorten in Deutschland wettbewerbsfähig wäre.

10 Stellungnahme des Ministeriums und der Universitäten

Das Ministerium betont den Aspekt der Einheit von Forschung und Lehre, die als Aufgabenfelder gleichberechtigt nebeneinander stünden. Eine einseitige Gewichtung des einen oder anderen Tätigkeitsbereiches widerspreche dem universitären Auftrag; der RH konzentriere demgegenüber seine Betrachtung auf die Lehre. Welche Fächer für das wissenschaftliche Netzwerk innerhalb einer Universität und für seine Bedeutung als zentraler Ort kultureller Begegnung erforderlich seien, könne nicht einseitig an der Auslastung von Studienplätzen festgemacht werden.

Der RH bemängele zu Recht die extrem hohen Schwundquoten in der Slavistik. In dem hohen, kapazitätsrechtlich zu berücksichtigenden Schwund zeigten sich die Strukturprobleme kleiner Lehreinheiten und die Auswirkungen schmaler fachlicher Basis auf die Attraktivität eines Studiengangs. Das Ministerium betont, dass diese Probleme nicht dadurch gelöst werden könnten, dass man fünf kleine Einheiten durch zwei ebenfalls kleine Einheiten ersetze; vielmehr müsse eine Verminderung der Zahl der Lehreinheiten einhergehen mit dem Ausbau der verbleibenden Einheiten. Das Ministerium lehnt allerdings die vom RH vorgeschlagene Zentralisierung aller Ausbildungseinheiten ab; es sei zu bedenken, dass die Slavistik sinnvoller Bestandteil zahlreicher Fächerkombinationen sei und es auch gälte, bestehende Vielfalt zu erhalten. Zudem solle es in Zukunft durch eine stärkere Ausrichtung der Slavistik auf cultural bzw. area studies ermöglicht werden, die Länder Ost- und Südosteuropas in größeren Fächerverbünden umfassend studieren und erforschen zu können.

Nach Auffassung des Ministeriums müsse Schwerpunkt künftiger Bemühungen vielmehr die Verringerung der Schwundquote sein, wozu eine ausreichende fachliche Breite wie auch die attraktive Gestaltung der Studienangebote (z.B. in Form von Bachelor-/Masterstudiengängen) beitragen könne; Möglichkeiten der Intensivierung der Kooperationen müssten ausgelotet werden. Das Ministerium werde sich im Rahmen der Prüfung und Umsetzung der von den Universitäten vorgelegten Struktur- und Entwicklungspläne an diesen Grundsätzen orientieren und im Dialogverfahren mit den Universitäten dem Aspekt der standortübergreifenden landesweiten Gesamtbetrachtung maßgebliche Bedeutung zumessen. Es sieht diese auch langfristige Landesinteressen bedenkenden Strukturüberlegungen als seinen ureigensten Aufgabenbereich an.

Die Universitäten sind der Auffassung, dass es zur verfassungsrechtlich garantierten Freiheit der Universität als Institution gehöre, ihr individuelles Fächerprofil festzulegen. Sie weisen darauf hin, dass in der Forschung der klassischen und geisteswissenschaftlich orientierten Universitäten die Slavistik ein unverzichtbarer Bestandteil im Zusammenspiel der Kultur- und Sozialwissenschaften sei. Die Vernetzung der Slavistik in zahlreichen Graduiertenkollegs und Sonderforschungsbereichen sei ein eindrucksvoller Beleg hierfür. Dies werde vom RH durch den einseitigen Bezug auf die Lehre und die verengende Ausrichtung an der Auslastung von Studienplätzen nicht berücksichtigt. Die Reduzierung von Professuren in der Slavistik habe eine drastische Verarmung der Forschungslandschaft zur Folge. Die Universitäten lehnten indes die Darlegungen des RH nicht insgesamt ab, sondern entnähmen ihnen eine Reihe von nützlichen Hinweisen. Sie betonen, dass hohe Studienabbrecherquoten, lange Studienzeiten und eine geringe Zahl von Absolventen deutliche Indizien dafür seien, dass die Studienorganisation in der Slavistik verbesserungsbedürftig sei. Effizienz- und Kostengesichtspunkte seien auch für die Selbstorganisation der Wissenschaft notwendig. Dennoch könne der Argumentation nicht gefolgt werden, dass nicht ausgelastete Studienplätze ein hinreichender Grund seien, auf die Realisierung langfristiger wissenschaftspolitischer Ziele zu verzichten, wie sie jetzt geplant würden.

11 Schlussbemerkung

Der RH ist trotz der Tatsache, dass Forschung und Lehre eine Einheit bilden und gleichrangig sind, der Auffassung, dass die Lehre einen so bedeutenden Umfang innerhalb der Aufgaben der Lehreinheit hat, dass eine erhebliche Unterauslastung in diesem Bereich Anlass zu Maßnahmen sein muss. Die in der Slavistik bestehenden Strukturprobleme, insbesondere die erhebliche Unterauslastung in der Lehre und zudem die festgestellte Nichtteilnahme der Studierenden an den Veranstaltungen, lassen sich nach Auffassung des RH nicht allein durch allgemeine Bemühungen zur Verringerung der hohen Schwundquote, durch Kooperationen zwischen den Universitäten oder die Einrichtung von Bachelor-/Masterstudiengängen beheben. Die gebotene wirtschaftliche Organisation der Lehrkapazität die auch zu einer Reduzierung der Ausbildungskosten je Studierenden und Absolventen auf ein vertretbares Maß führt, lässt sich im Ergebnis nur durch eine Verringerung des Personals und der Standorte erreichen. Dabei stimmt der RH mit dem Ministerium überein, dass die Schaffung zweier kleiner Lehreinheiten an Stelle der bestehenden fünf Lehreinheiten keine fachliche Stärkung der Slavistik bedeuten würde. Die Beibehaltung von nur zwei Lehreinheiten bedeutete aber auch keine Schwächung der Slavistik und ermöglichte trotzdem eine Realisierung der Effizienzreserven. Der RH hat dies deshalb als - wenn auch nachrangige - Alternative gesehen. Eine Konzentration auf ein Slavistikzentrum wäre aus Sicht des RH indes fachlich die bessere Lösung.

Der RH stimmt mit dem Ministerium uneingeschränkt darin überein, dass für die anstehenden Strukturüberlegungen einer landesweiten Gesamtbetrachtung maßgebliche Bedeutung zukommt. Derartige hochschulübergreifende strategische Strukturentscheidungen gehören weder zur Autonomie noch zur Wissenschaftsfreiheit der Universitäten, sondern müssen wichtiger Bestandteil der Wissenschaftspolitik des Landes auch in der Zukunft bleiben. Der RH sähe in einer auf Konzentration an einem Standort ausgerichteten Strukturentscheidung - insbesondere auch unter dem Aspekt der Bildung von Schwerpunkten, die eine fachliche Stärke entwickeln können - eine große Chance für die Slavistik in Baden-Württemberg.


Anhänge

Die Landeszuschüsse zur Deckung der laufenden Aufwendungen nichtstaatlicher Fachhochschulen sollten bei allen geförderten Studiengängen pauschaliert werden. Die in einigen Fällen fehlerhaften Förderbescheide sollten zumindest für die Zukunft korrigiert werden. Eine notwendige zahlenmäßige Begrenzung der geförderten Studienplätze ist jeweils rechtzeitig vorzunehmen.


1 Vorbemerkung

1.1 Ausgangslage

Im Land Baden-Württemberg gibt es eine Vielzahl privater Studienangebote. Neben sieben privaten Hochschulen auf universitärem Niveau bieten elf private FH Studienmöglichkeiten an. Diese FH wurden nach Maßgabe des Fachhochschulgesetzes (FHG) durch Beschluss der Landesregierung staatlich anerkannt. Die von ihnen erteilten Zeugnisse können dadurch die gleichen Berechtigungen verleihen wie die der staatlichen FH.

Die staatliche Anerkennung kann erteilt werden, wenn die Hochschule eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt. So muss z.B. die Einrichtung staatlichen FH gleichwertig sein; im Regelfall muss eine Mehrzahl von nebeneinander bestehenden oder aufeinander folgenden Studiengängen bei der Hochschule allein oder im Verbund mit anderen Einrichtungen des Bildungswesens vorhanden sein. Der Umfang der Lehrverpflichtungen und die Vergütung des Lehrpersonals dürfen von den Regelungen im öffentlichen Bereich nicht wesentlich abweichen. Die finanziellen Verhältnisse des Trägers der Einrichtung müssen erwarten lassen, dass die notwendigen Mittel zum Betrieb der FH bereitgestellt werden.

Das Studienangebot der privaten Fachhochschulen war vormals vorrangig auf den Bereich des Sozialwesens konzentriert. Inzwischen bieten die derzeit 48 Studiengänge vermehrt auch Fächer aus den Bereichen Betriebswirtschaft, Informatik und Wirtschaftsingenieurwesen an.

1.2 Grundlagen der Förderung

Das Land gewährt staatlich anerkannten FH nach Maßgabe des FHG ggf. eine staatliche Finanzhilfe. Das Gesetz sieht dabei eine Förderung nach „altem“ und nach „neuem“ Recht vor.

Nach „altem Recht“ wird im Wege der Besitzstandswahrung Trägern der bereits vor Oktober 1987 staatlich anerkannten Fachhochschulen für die in diesem Zeitpunkt eingerichteten Studiengänge ein gesetzlicher Anspruch auf Gewährung einer Finanzhilfe eingeräumt (§ 101a FHG), wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. So muss die FH auf gemeinnütziger Grundlage arbeiten und geeignet sein, unter Zugrundelegung der staatlichen Ausbaupläne für den Hochschulbau das staatliche Hochschulwesen auf Dauer zu entlasten.

Bis zum Jahr 1997 setzte sich die vom MWK festgelegte Finanzhilfe aus einem Anteil von 60 % der laufenden Personal- und Sachaufwendungen sowie von 30 % der Mietaufwendungen der FH zusammen (§ 92 FHG i.d.F. vom 04.06.1982). Ab dem Jahr 1998 wurde die Finanzhilfe grundlegend umgestaltet. Auf der Basis des Abrechnungsbescheids für das Jahr 1996 ermittelt das MWK bei jeder Hochschule eine jährliche Pauschale je Studierenden, die - jährlich fortgeschrieben - mit der Zahl der Studierenden des jeweiligen Abrechnungsjahres vervielfacht wird. Die Einführung dieses pauschalierten Förderverfahrens sollte eine Verwaltungsvereinfachung sowie eine höhere Planungssicherheit bei den nichtstaatlichen FH bewirken.

Für die nach Oktober 1987 staatlich anerkannten Studiengänge bzw. FH wird ggf. staatliche Finanzhilfe nur nach Maßgabe des StHpl. gewährt (§ 92 FHG - „neues Recht“); somit besteht danach kein Rechtsanspruch auf Finanzhilfe. Seit dem Jahr 1994 erhalten Einrichtungen, denen seither die staatliche Anerkennung als FH erteilt wurde, überhaupt keine Finanzhilfe des Landes mehr. Die Landesregierung hatte damals beschlossen - und diesen Beschluss seither zum wiederholten Mal bestätigt -, bei der Einrichtung neuer nichtstaatlicher FH keine Finanzhilfe zu gewähren. Das gilt grundsätzlich auch bei der Erweiterung des Studienangebots in FH, die bereits vor 1994 staatlich anerkannt worden waren.

1.3 Umfang der Förderung

Für die Förderung der nichtstaatlichen FH wurden allein im Kap. 1465 Tit. 684 92 im Zeitraum von 1996 bis 2000 folgende Beträge veranschlagt bzw. verausgabt:

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Neben der jährlichen anteiligen Förderung der Personal- und Sachaufwendungen erhielten einzelne FH auch gezielt eine Sonderförderung des Landes. Diese Förderungen wurden für Umbaumaßnahmen der Hochschulen oder zur Behebung von finanziellen Problemen geleistet. Die hierfür verausgabten Mittel stammten z.T. aus Investitionstiteln des StHpl. oder aus dem Etat der ehemaligen (landeseigenen) Gesellschaft für Kultur- und Wissenschaftsförderung Baden-Württemberg (GKW).

Mit der Finanzhilfe des Landes bestreiten die geförderten nichtstaatlichen FH einen erheblichen Teil ihrer laufenden Aufwendungen. Daneben tragen die von der Mehrzahl der FH in unterschiedlicher Höhe erhobenen Studiengebühren zur Deckung ihrer Kosten bei. Nach einer Umfrage des MWK aus dem Jahr 1998 unter allen geförderten nichtstaatlichen FH reichten diese von 28 bis 307 €/Monat.

2 Prüfungsfeststellungen

2.1 Bemessung der Förderung

Die bis 1997 gültigen gesetzlichen Vorgaben für die Förderfähigkeit der den nichtstaatlichen FH entstandenen Aufwendungen waren stringent. So konnten neben 30 % der gezahlten Mieten die Personal- und Sachaufwendungen der FH höchstens in Höhe der entsprechenden Ausgaben für die vergleichbaren Studiengänge staatlicher FH mit 60 % gefördert werden. Gleichwohl wurden die gesetzlichen Vorgaben bei den Personalkosten relativ großzügig ausgelegt und bessere als die tatsächlichen Verhältnisse im staatlichen Hochschulbereich zu Grunde gelegt. So wurde bei der Bemessung des Verhältnisses von hauptamtlich lehrenden Professoren zu Lehrbeauftragten von 90 : 10 ausgegangen und ggf. auch bezuschusst; demgegenüber ermittelte das Ministerium im Jahre 1997 im staatlichen Bereich ein tatsächliches Verhältnis von 70 : 30. Ebenso wurden bei einzelnen FH bessere Stellenverhältnisse als nach den für staatliche FH geltenden Stellenobergrenzen toleriert; auch dies führte zu einer weiteren Erhöhung der an die nichtstaatlichen FH ausgezahlten Fördermittel.

Da die Abrechnungsbescheide 1996 als Basis für die im Jahr 1998 eingeführte Pauschale je Studierenden zu Grunde gelegt wurden, haben diese zu Gunsten der nichtstaatlichen FH vorgenommenen Berechnungen auch Auswirkungen für die zukünftige Förderung der nichtstaatlichen Fachhochschulen.

Bei der Einführung der Pauschale wurden Regelungen getroffen, die eine weitere Erhöhung der Finanzhilfe zur Folge hatten. So konnten nun unbesetzte Stellen des Jahres 1996 in die Förderung einbezogen werden. Gleichzeitig wurde der Basisbetrag der Pauschale für jede FH um 40 % ihrer laufenden Sachaufwendungen des Jahres 1996 erhöht. Diese zusätzliche Förderung bewirkt nach Berechnungen des MWK seit 1998 jährliche Mehrkosten in Höhe von insgesamt über 0,5 Mio. €. Durch diese Erhöhung der Landesförderung sollte zum einen ein Ausgleich dafür geschaffen werden, dass bestimmte Kosten der nichtstaatlichen Einrichtungen nicht in die Förderung einbezogen werden konnten, wenn sie bei staatlichen FH nicht anfielen (z.B. Versicherungskosten). Ebenfalls sollte nach Auffassung des MWK berücksichtigt werden, dass die privaten Einrichtungen an den z.T. umfangreichen Sonderprogrammen des Landes für die staatlichen Hochschulen nicht partizipieren.

Die Hochschulen, die im Rahmen der Förderung nach altem Recht bereits mit der Pauschalierung vertraut sind, beurteilten gegenüber dem RH dieses Fördersystem ausnahmslos positiv. Insbesondere hat sich die Verfahrensdauer erheblich verkürzt; dauerte es bis zum Förderjahr 1997 mitunter mehrere Jahre, bis das MWK auf Grund der Vielzahl zu bearbeitender Unterlagen einen (rückwirkenden) Förderbescheid erlassen konnte, werden seit Einführung der Pauschalierung die Förderbescheide zeitnah erlassen.

Vier nichtstaatliche FH erhalten für einzelne Studiengänge Finanzhilfen des Landes lediglich nach Maßgabe des StHpl. (neues Recht), d. h. im Rahmen der jeweils verfügbaren Haushaltsmittel. Sie haben damit keinen Anspruch auf die dauerhafte Gewährung eines Zuschusses. Die Finanzhilfe wird für die einzelnen Studiengänge z.Z. in unterschiedlicher Form berechnet. Auch hier beabsichtigt das MWK mittelfristig die Einführung des pauschalierten Abrechnungsmodells.

2.2 Fehlerhafte Ermittlung der Finanzhilfe

Der RH hat die Förderung von drei nichtstaatlichen FH geprüft, die nach unterschiedlichem Recht gefördert werden. Im Jahr 1999 standen den Einrichtungen folgende Fördermittel zur Verfügung:

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Der RH stellte bei der Überprüfung der Berechnungen, die das MWK der Förderung zu Grunde legte, eine z.T. fehlerhafte Ermittlung der den drei Einrichtungen gewährten Finanzhilfen fest.

Bei einer FH wurden im Vorjahr noch erkennbar getrennt ausgewiesene Personalkosten, die vom MWK explizit als nicht förderfähig bewertet wurden, im Folgejahr bezuschusst, weil die FH sie als Position unter den allgemeinen Personal- und Sachkosten verbucht hatte. Außerdem wurden über mehrere Jahre sämtliche geltend gemachten Mietkosten der FH gefördert, obwohl diese einen - von der FH nicht ausgegliederten - Anteil nicht förderfähiger Kosten enthielten. Die FH erhielt hierdurch rd. 29.000 € zu viel an Fördermitteln.

Bei einer anderen FH wurden beispielsweise die gesamten Honorare von Mitarbeitern, die neben ihrer Tätigkeit für die FH mit einem Teil ihrer Arbeitszeit auch bei einem auf dem Gelände der FH befindlichen eigenständigen Unternehmen tätig waren, in die Landesförderung einbezogen. Dabei ergaben sich Personalkosten in Höhe von fast 21.000 €, die aus der Berechnung der Landesförderung 1996 für die FH hätten ausgegliedert werden müssen. Da diese Kosten auch der Berechnung der pauschalierten Förderung ab 1998 zu Grunde lagen, wirkt sich die überhöhte Förderung der FH im Jahr 1996 auf alle zukünftigen Landeszuschüsse aus.

Wiederum bei einer anderen FH wurden z.B. für die Festsetzung der Pauschale ab 1998 nachträglich zusätzliche Personalstellen bei der Zuschussberechnung zu Grunde gelegt, obwohl dies bei strikter Beachtung der Vorschriften nicht möglich gewesen wäre. Im Übrigen wich das MWK bei der Ermittlung des förderfähigen Lehrbedarfs von den bis zur Einführung der Pauschalierung zu Grunde zu legenden Vorgaben (Berechnung nach der Kapazitätsverordnung) ebenfalls zu Gunsten der FH ab. Es berücksichtigte nicht die sog. Schwundquote und legte pauschal Deputatsermäßigungen des hauptamtlichen Lehrpersonals zu Grunde, obwohl tatsächlich keine Ermäßigungen eingeräumt waren. Dies führte zu einer höheren Zahl förderfähiger Lehrstellen. Diese Berechnungsweise wirkt sich auch nach Umstellung auf die Pauschale weiterhin aus und führt zu einer jährlichen Mehrförderung von über 76.000 €. Dass die der Förderung zu Grunde gelegte Kapazität an Lehrkräften überhöht ist, wird dadurch bestätigt, dass von dem geförderten Lehrpersonal rd. 1 Personenjahr für die Durchführung eines nicht geförderten Studiengangs eingesetzt wird; im Übrigen ergab sich zwischen SS 1998 und WS 2001/2002 eine Unterschreitung des Lehrdeputats der Professoren, die im Durchschnitt etwa dem Deputat einer ganzen Lehrkraft pro Semester entspricht.

2.3 Einführung internationaler Studiengänge

An den staatlichen FH des Landes werden in vermehrtem Umfang Bachelor- und Master-Studiengänge eingerichtet. Auch im nichtstaatlichen FH-Bereich wird eine solche Erweiterung des Studienangebots in Betracht gezogen. Die Einführung derartiger neuer Studiengänge bedarf einer eigenständigen staatlichen Anerkennung nach § 89 Abs. 1 Satz 2 FHG. Das gilt auch dann, wenn diese Studiengänge durch Umstrukturierung bestehender Diplomstudiengänge geschaffen werden. Eine mögliche Förderung käme dann nur gemäß § 92 FHG - nach Maßgabe des StHpl. - in Betracht. Allerdings ist die Gewährung von Finanzhilfe bei der Einrichtung neuer als auch bei der Erweiterung bestehender Studiengänge derzeit auf Grund der erwähnten Beschlussfassung der Landesregierung faktisch ausgeschlossen.

Wegen dieser Situation richten sich die Bemühungen der nichtstaatlichen FH um internationale Ausrichtung von Studiengängen auf Kooperationen mit ausländischen Einrichtungen. Die nichtstaatlichen FH müssen im Rahmen derartiger Kooperationen Studieninhalte und strukturen auf das Programm des Partners abstimmen, der den jeweiligen Abschlussgrad verleiht. Dadurch wiederum werden tendenziell die Standards nicht erfüllt, die für eine staatliche Anerkennung dem Grunde nach gefordert werden. Und zwar müssen die bei staatlichen FH für die Durchführung eigenständiger Bachelor oder Masterstudiengänge geltenden „Eckwerte des MWK für die Genehmigung von BA- und MA-Studiengängen an den baden-württembergischen Hochschulen“ aus dem Jahr 1999 erfüllt sein. Diese beruhen auf Strukturvorgaben der Kultusministerkonferenz; sie enthalten Bestimmungen zu Voraussetzungen, Ausgestaltung und Umfang der Studienprogramme.

2.4 Sonderförderungen

Im Gegensatz zu den übrigen nichtstaatlichen FH erhielt eine FH neben dem Zuschuss zu den laufenden Aufwendungen mehrere Male zusätzliche Mittel durch das Land. Als Zuwendung des Landes zu den Umbau- und Erstausstattungskosten erhielt diese FH im Jahr 1990 einen Betrag von über 1,5 Mio. €. Daran anschließend erhielt die FH im Jahr 1993 vom Land zwei Sonderzahlungen in Höhe von rd. 1,1 Mio. € und rd. 306.000 €. Mit den Zahlungen sollte eine Konsolidierung der sich damals in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindenden Einrichtung erreicht werden. Im Jahr 1998 erhielt die FH neben ihrer laufenden Förderung eine weitere Zahlung des Landes in Höhe von rd. 204.000 €. Diese war das Ergebnis eines außergerichtlichen Vergleichs zwischen der Einrichtung und dem Land.

2.5 Evaluation der FH

Bei Neuerteilung einer staatlichen Anerkennung hat das MWK ab dem Jahr 2001 sein bisheriges Verfahren verändert. Die Anerkennung wird der Einrichtung zunächst befristet erteilt. Die Dauer der Befristung ist abhängig von den angebotenen Studiengängen. Nach Ablauf dieser ersten Phase muss sich die FH einer Evaluation unterziehen.

Die Möglichkeit zur Evaluation einer staatlich anerkannten FH ist in § 91 Abs. 6 FHG geregelt. Danach sind die von den nichtstaatlichen FH im Rahmen ihrer Aufgaben erbrachten Leistungen auf Verlangen des Ministeriums entsprechend den Vorgaben des § 4a FHG durch Eigen- und Fremdevaluation zu bewerten. Die Kosten hierfür muss der Träger der Einrichtung übernehmen. Bisher hat das MWK noch bei keiner der geförderten FH eine Evaluation verlangt; nach Auskunft des Ministeriums soll dies zu einem noch unbestimmten Zeitpunkt geschehen.

2.6 Festsetzung einer Höchstzahl an geförderten Studienplätzen

Im Dezember 2000 wurde dem MWK bekannt, dass die Anzahl der Studierenden an einer nichtstaatlichen FH im Vergleich zum Vorjahr um rd. 12 % gestiegen war. Die Landesförderung an die FH erhöhte sich dadurch für das Jahr 2000 um rd. 322.000 €. Darüber hinaus planten zwei weitere nichtstaatliche Einrichtungen einen weiteren Ausbau ihrer Studienplätze, was eine erneute Steigerung der staatlichen Finanzhilfen zur Folge gehabt hätte. Das MWK machte deshalb von der in § 101a Abs. 5 Satz 2 FHG vorgesehenen Möglichkeit einer „Deckelung“ Gebrauch und setzte, nach einer im März 2001 erfolgten Anhörung der jeweiligen Träger, für jeden nach altem Recht geförderten Studiengang im Juni 2001 eine Höchstzahl von zu bezuschussenden Studienplätzen bis zum Jahr 2002 fest. Die Deckelung erfasste auch das bereits laufende Jahr 2001. Nach Auffassung des MWK wäre es den FH dennoch möglich gewesen, ihre Planungen für das hinsichtlich der Aufnahme von Studierenden bedeutsamere WS 2001/2002 darauf noch in vollem Umfang einzustellen.

3 Bewertung

3.1 Nach Auffassung des RH können die nichtstaatlichen FH im Lande derzeit eine sinnvolle Ergänzung zum staatlichen Hochschulbereich darstellen. Die dort angebotenen Studiengänge bereichern das Fächerspektrum und werden in der Regel von Studierenden gut nachgefragt.

Bei der Finanzierung der nichtstaatlichen FH soll die Finanzhilfe des Landes allenfalls eine Komplementärförderung darstellen. Die privaten Hochschulen sollten ihren Haushalt soweit wie möglich mit sonstigen Einnahmen bestreiten. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der vor Einführung der Pauschalierung maßgeblichen Vorschrift des § 92 FHG (Fassung 1982), in der lediglich in bestimmtem Umfang Förderungen von Aufwendungen der nichtstaatlichen Einrichtungen vorgesehen und nach der z.B. keine Förderungen von Investitionen möglich waren. Auch die Landesregierung vertritt heute die Auffassung, dass private Hochschulen prinzipiell privat zu finanzieren sind.

Vor diesem Hintergrund kann die Förderung der nach altem Recht bezuschussten FH für diese als durchaus vorteilhaft bezeichnet werden. Sowohl die im Rahmen der Förderberechnung vorgenommene Festlegung des Professorenanteils im Verhältnis zu Lehrauftragsstunden von 90 : 10 als auch die Nichtberücksichtigung von Stellenobergrenzen staatlicher Vergleichsfachhochschulen sind auch nach Auffassung von MWK bzw. FM eine großzügige Rechtsauslegung. Die im Rahmen der Umgestaltung der Finanzhilfe ab 1989 eingeführten Regelungen über die Einbeziehung unbesetzter Stellen und die nochmalige Erhöhung des Basisbetrags um 40 % der Sachkosten des Jahres 1996 stellten eine weitere Begünstigung im Umfang von mehr als 0,5 Mio. €/Jahr dar. Die Handhabung, Sonderausgaben der nichtstaatlichen FH und die Nichteinbeziehung der Einrichtungen in die staatlichen Förderprogramme durch eine Erhöhung der staatlichen Finanzhilfe zu kompensieren, erscheint nicht zwingend.

3.2 Wegen der vom RH festgestellten Fehler bei der Ermittlung der Finanzhilfe für die untersuchten FH wird das MWK insbesondere die Möglichkeit der (ggf. auch rückwirkenden) Änderung der jeweiligen Bescheide über die Gewährung staatlicher Finanzhilfe gemäß § 101a FHG zu prüfen haben. Zumindest sollte die Bemessung der zutreffenden Pauschale je Studierenden und damit die rechtmäßige Höhe der Finanzhilfe für zukünftige Jahre erreicht werden.

3.3 Die Umstellung der Landesförderung nach altem Recht in ein pauschaliertes Förderverfahren hat sich bewährt und zu höherer Planungssicherheit für die nichtstaatlichen FH wie auch zu einer effizienteren Durchführung des Förderverfahrens geführt. Die Absicht des MWK, die Förderung mittelfristig auch für nach neuem Recht geförderte Studiengänge in pauschalierter Form abzuwickeln, erscheint daher prinzipiell ein sachgerechter Ansatz. Die Besonderheiten der einzelnen FH konnten und können durch die spezifische Pauschale weitgehend berücksichtigt werden. Überförderungen oder Mitnahmeeffekte sind bei sorgfältiger Festlegung der Pauschale derzeit nicht zu befürchten.

3.4 Das derzeitige Förderverfahren für nichtstaatliche FH erweist sich bei den Rahmenbedingungen für die Einführung neuer Studiengänge als „unflexibel“. Den Hochschulen ist eine Umstrukturierung ihres bestehenden Studienangebots ohne finanzielle Nachteile nicht möglich. Wenn die Hochschulpolitik des Landes die Einführung neuer Studiengänge nach dem Bachelor-Master-Modell anstrebt und dies wegen ihrer Reformimpulse für den gesamten Hochschulbereich des Landes auch im nichtstaatlichen Hochschulbereich befürwortet, müssten Überlegungen für eine entsprechende Änderung oder Ergänzung der Förderkautelen angestellt werden. Für die Möglichkeit, die bestehende Finanzhilfe auf einen neuen BA/MA-Studiengang umzuschichten, sollten eindeutige Regelungen getroffen werden. Ein verdecktes, mehr oder weniger unkontrollierbares Umschichten von Fördermitteln bisher anerkannter und geförderter Studiengänge auf derartige neue Studiengänge muss vermieden werden.

Dabei ist auch zu beachten, dass die im Rahmen von Kooperationen mit ausländischen Hochschulen eingerichteten internationalen Studiengänge sich in ihrer Ausgestaltung wesentlich von den Programmen an staatlichen Hochschulen unterscheiden können, die nach den Regularien von KMK bzw. MWK durchgeführt werden.

3.5 Die Evaluation neu anerkannter nichtstaatlicher FH kann ein geeignetes Instrument zur Qualitätssicherung der dort angebotenen Lehrinhalte darstellen. Das MWK sollte gerade für die mit Landesmitteln geförderten Hochschulen baldmöglichst eine Evaluation veranlassen. Dabei ließe sich zugleich - wie es § 91 Abs. 1 FHG vorsieht - prüfen, ob die Voraussetzungen, die bei der staatlichen Anerkennung vorliegen mussten, auch heute noch gegeben sind. Weiterhin könnten in diesem Zusammenhang auch die Auswirkungen des geringeren Bestandes an hauptamtlichen Lehrkräften oder der bei einigen FH anzutreffenden seltenen Präsenz der Dozenten auf die Qualität der jeweiligen Lehrangebote bewertet werden.

3.6 Bei der gewährten Finanzhilfe je Studierenden liegt eine der untersuchten FH deutlich über dem Niveau der beiden anderen FH. Diese weist auch den höchsten Kostendeckungsgrad durch die Landesförderung auf. Darüber hinaus hat die Einrichtung im Vergleich zu den übrigen geförderten nichtstaatlichen Fachhochschulen die meisten Sonderzuwendungen des Landes erhalten. Für manche dieser Zahlungen erscheint eine Verpflichtung des Landes bzw. ihre Angemessenheit (auch unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten) zumindest zweifelhaft. Demgegenüber geht diese FH davon aus, in der Vergangenheit stets benachteiligt worden zu sein.

3.7 Die (nach § 101a Abs. 5 FHG mögliche) Festsetzung einer Höchstzahl an geförderten Studienplätzen sollte nicht erst in einem laufenden Studienjahr - und damit z.T. rückwirkend - vorgenommen werden. Die Vorgehensweise des MWK im Jahr 2001 stellte sich für einige FH als problematisch und unter Dispositionsgesichtspunkten nachteilig dar. Einzelne FH haben im Herbst 2000 für das WS 2000/2001 bereits mehr Studenten zugelassen als nunmehr für die Jahre 2001 und 2002 bezuschusst werden. Auch ein Absenken im SS 2001 ff. war bzw. ist aus Gründen einer möglichst konstanten Jahrgangsstärke nur eingeschränkt möglich.

Eine derartige Vorgehensweise ließe sich vermeiden, wenn das MWK vor Beginn eines Semesters bzw. der endgültigen Zulassung der Studenten eine regelmäßige Abfrage über die beabsichtigte Zahl der Neuzulassungen vornimmt.

4 Empfehlungen

Für die künftige Förderung der nichtstaatlichen FH empfiehlt der RH folgende Maßnahmen:

  • Auch für alle nach neuem Recht geförderten Studiengänge sollte ein pauschaliertes Förderverfahren eingerichtet werden. Es ist zu prüfen, ob bei der Pauschalierung bezüglich einer Dynamisierung ein einheitliches Verfahren in Betracht kommt.

 

  • Die vom RH festgestellten fehlerhaften Förderbescheide sollten - soweit möglich - korrigiert werden; bei Förderungen nach altem Recht sind die hierauf aufbauenden Pauschalen zu ändern. Etwaige Rückforderungsansprüche des Landes sind vom MWK zu prüfen. Im Falle der Feststellung künftiger Pauschalen sollte ein Zusatz erwogen werden, der die Pauschale unter „den Vorbehalt der Nachprüfung nach Festsetzung“ (analog § 164 Abs. 1 Abgabenordnung) stellt. In den darauf folgenden jährlichen Bescheiden sollte ein Zusatz Verwendung finden, wonach „ein Förderbescheid geändert werden kann, soweit die Bemessung einer Pauschale, die der Berechnung des Zuschusses zu Grunde liegt, geändert wird“ (analog § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO).

 

  • Im Fall einer künftigen Förderung neu eingerichteter Bachelor-/Master-Studiengänge an den nichtstaatlichen FH ist auf Grundlage der laufenden Finanzhilfe eine kostenneutrale Lösung anzustreben.

 

  • Das MWK sollte die geförderten nichtstaatlichen FH evaluieren lassen.

 

  • Bei zukünftigen Entscheidungen über Sonderförderungen (z.B. für Investitionen oder in finanziellen Notlagen) oder die Ausnahme von getroffenen Regelungen (z.B. Festsetzung der Höchstzahl der zu bezuschussenden Studienplätze) sollte eine (wiederholte) Bevorzugung einzelner FH unterbleiben.

 

  • Das MWK sollte nach Ablauf der Festsetzung der Höchstzahl an geförderten Studienplätzen im Jahr 2003 eine ggf. erforderliche „Deckelung“ rechtzeitig - vor Beginn des jeweiligen Semesters - auf der Basis der Zahl der von den nichtstaatlichen FH beabsichtigten Neuzulassungen und der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel vornehmen.

5 Stellungnahme des Ministeriums

Das MWK hat mitgeteilt, dass es die Bezuschussung „nichtförderfähiger Kosten“ aufklären und ggf. überzahlte Zuschussbeträge zurückfordern wird. Bezüglich der Ermittlung der Grundlagen für die Förderung der einen FH weist es darauf hin, dass es in den langen und schwierigen Verhandlungen bei der Umstellung auf die pauschale Bezuschussung bewusst auf „spitze“ Abrechnungen verzichtet habe.

Zur Durchführung von Evaluationen bemerkt das Ministerium, dass im Jahr 2002 eine der geförderten FH im Zusammenhang mit dem Antrag auf Einrichtung sechs zusätzlicher Studiengänge aufgefordert worden sei, eine Begutachtung durch den Wissenschaftsrat durchführen zu lassen. Auch bei den anderen nichtstaatlichen FH werde künftig vor der Anerkennung neuer Studiengänge eine solche Begutachtung von außen Voraussetzung sein.

Die Festsetzung von Höchstzahlen an geförderten Studienplätzen werde das Ministerium in Zukunft jeweils rechtzeitig vornehmen.

6 Schlussbemerkung

Der RH verkennt nicht den Stellenwert der bisherigen Förderung nichtstaatlicher Fachhochschulen und die Schwierigkeiten des Ministeriums in der Handhabung der Förderung einzelner Fachhochschulen. Er hält aber nach wie vor die Ermittlung der Fördergrundlagen - auch bereits vor der Umstellung auf die pauschale Bezuschussung -teilweise für unzutreffend. Im Übrigen sollte nach Auffassung des RH nicht nur bei neu anerkannten, sondern auch bei allen bestehenden geförderten Studiengängen eine Evaluation - sukzessive - durchgeführt werden. Nur hierdurch könnte auch nachträglich erforderlicher Korrekturbedarf bei eingerichteten Studiengängen erkannt werden.


Anhänge

Bei der Beschäftigung von Professurvertretern und anderen außertariflich angestellten Lehrkräften haben die Staatlichen Hochschulen für Musik in mehreren Fällen gegen Rechtsvorschriften und gegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstoßen.


1 Vorbemerkung

An den fünf Staatlichen Hochschulen für Musik sind in größerem Umfang außertarifliche Angestellte als Professoren, Professurvertreter und als Lehrkräfte für besondere Aufgaben eingesetzt.

Der RH hatte 1995/1996 die Arbeitsverhältnisse dieser außertariflich angestellten Lehrkräfte geprüft und dabei zahlreiche Rechtsverstöße und Verstöße gegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit festgestellt (Denkschrift 1996 Nr. 32). Im Wege der Nachprüfung hat der RH nun untersucht, ob sich die Verhältnisse verbessert haben. Die Nachprüfung ergab wiederum Beanstandungen.

2 Professurvertreter

Solange eine Professorenstelle nicht besetzt ist, können die Musikhochschulen Professurvertreter beschäftigen, die übergangsweise die Aufgaben des Professors wahrnehmen. Grundlage für die Beschäftigung von Professurvertretern sind befristete außertarifliche Arbeitsverträge.

Bei der Prüfung der Arbeitsverhältnisse der Professurvertreter haben sich folgende Feststellungen ergeben:

2.1 Unzulässige Beschäftigung als Professurvertreter

Als Professurvertreter darf nur beschäftigt werden, wer die Einstellungsvoraussetzungen für Professoren erfüllt. Die Beschäftigung als Professurvertreter zum Zweck des Erwerbs dieser Einstellungsvoraussetzungen ist unzulässig. Zum Erwerb der Promotion und der Habilitation ist die Beschäftigung als wissenschaftlicher Mitarbeiter (Bes.Gr. A 13/Verg.Gr. IIa BAT) bzw. als wissenschaftlicher Assistent (Bes.Gr. C 1) vorgesehen.

Trotz dieser klaren gesetzlichen Regelung hat eine Musikhochschule mit einem nicht promovierten und nicht habilitierten Lehrer für die Dauer des Erwerbs der Promotion ein Angestelltenverhältnis als Vertreter einer wissenschaftlichen Professur begründet. Der Beschäftigungsumfang der Professurvertretung wurde zunächst auf 60 %, zuletzt auf 90 % festgesetzt. Gleichzeitig war der Angestellte während eines ganzen Schuljahres noch als Studienrat im Schuldienst des Landes mit 14/24 eines vollen Deputats beschäftigt.

Als weiterer Rechtsverstoß kommt hinzu, dass der Senat der Musikhochschule entgegen dem Hausberufungsverbot bereits im Jahr 2000 beschlossen hat, den Angestellten nach Erwerb der Berufungsvoraussetzungen zur Berufung zum Professor vorzuschlagen.

Das zum 01.10.1999 begründete Angestelltenverhältnis als Professurvertreter besteht trotz Beanstandung durch den RH bis heute fort. Die Voraussetzungen für die Berufung zum Professor hat der Angestellte bis heute nicht erworben.

Das Ministerium wendet ein, dass dieser Professurvertreter schon zuvor als Lehrbeauftragter im Arbeitsverhältnis an der Hochschule wissenschaftlichen Unterricht erteilt und damit seine Befähigung zu wissenschaftlicher Arbeit nachgewiesen habe. Auf das Erfordernis einer Promotion habe man im vorliegenden Fall verzichtet, da der Professurvertreter ein Mangelfach vertrete und die vakante Professur eine rasche Vertretungslösung erfordert habe.

Im Übrigen sei die Berufung eines Mitglieds der eigenen Hochschule zum Professor in begründeten Ausnahmefällen zulässig. Im konkreten Fall sei das Berufungsverfahren noch nicht abgeschlossen.

Der RH bleibt bei seiner Auffassung, dass bei diesem Beschäftigungsverhältnis eine Häufung von Rechtsverstößen festzustellen ist.

2.2 Umfang der Professurvertretung

Die Einstellung eines voll beschäftigten Professurvertreters ist nur geboten, wenn der Vertreter für die Dauer der Vertretung alle Aufgaben eines Professors wahrnimmt. Beschränkt sich die Vertretung auf die Wahrnehmung einzelner Aufgaben (z.B. von Lehraufgaben), ist die (in der Regel kostengünstigere) Beschäftigung als Lehrbeauftragter oder die Vereinbarung einer Teilvertretung ausreichend, die wie ein Lehrauftrag vergütet wird.

In den geprüften Fällen wurde festgestellt, dass Professurvertreter gleichwohl nur mit Lehraufgaben betraut waren und überdies in einigen Fällen den vertraglich übernommenen Beschäftigungsumfang offenkundig nicht wahrgenommen haben. Trotzdem erhielten sie die für die Wahrnehmung aller Aufgaben der Professur vereinbarte Vergütung.

So übte der oben genannte Professurvertreter, der eine wissenschaftliche Professur an einer Musikhochschule mit einem Beschäftigungsumfang von 60 % vertrat, neben der Vertretung eine weitere berufliche Tätigkeit als Beamter im Landesdienst aus. In seinem Nebentätigkeitsantrag führte er aus, dass ihn die Professurvertretung lediglich mit 12 Stunden je Woche in Anspruch nehme, obwohl eigentlich ein Beschäftigungsumfang von 60 % von 40 Stunden, d.h. 24 Wochenstunden mit der Hochschule vereinbart war.

Ein anderer Angestellter, mit dem für die Zeit vom 01.10.2000 bis zur Rufannahme eine Professurvertretung im Umfang von zunächst 80 %, später 50 % einer Vollbeschäftigung vereinbart war, nahm seine Aufgaben im Wesentlichen nicht wahr. Ihm waren in den beiden ersten Semestern seiner Vertretungstätigkeit kein Student und im dritten Semester nur zwei Studenten zum Unterricht zugewiesen. Außerdem war der Professurvertreter infolge seiner anderweitig ausgeübten, ebenfalls hauptberuflichen Tätigkeit während jedes Semesters nur wenige Tage an der Hochschule anwesend. Der Vertrag über den Beschäftigungsumfang von 80 % wurde geschlossen, obwohl im Laufe der Verhandlungen bereits absehbar war, dass der Angestellte während des Semesters allenfalls für ein sechstägiges Projekt und für zwei Orchesteraufführungen an die Hochschule kommen werde.

Allein für die Beschäftigung im Wintersemester (WS) 2000/2001 und im Sommersemester (SS) 2001 (keine zugewiesenen Studenten) erhielt der Professurvertreter Bruttobezüge in Höhe von insgesamt rd. 51.000 €.

Das Ministerium erklärt, es teile die Auffassung des RH, dass ein vollbeschäftigter Professurvertreter für die Dauer der Vertretung alle Aufgaben eines Professors wahrzunehmen habe. Es macht geltend, im ersten Fall sei der Nebentätigkeitsantrag des Professurvertreters offenkundig fehlerhaft gewesen. Im zweiten Fall räumt das Ministerium ein, dass die Unterrichtsverpflichtung bis zum SS 2001 unzureichend erfüllt worden sei.

2.3 Beschäftigung von Professurvertretern in der vorlesungsfreien Zeit

Professurvertreter werden häufig nicht nur in der Vorlesungszeit, sondern auch in der vorlesungsfreien Zeit beschäftigt, obwohl der Landtag auf Vorschlag des RH am 31.01.1980 beschlossen hat, dass Professurvertreter in der Regel nur noch für die Dauer der Vorlesungszeit bestellt werden sollen. Die ausnahmsweise Beschäftigung in der vorlesungsfreien Zeit setzt voraus, dass die in diesem Zeitraum mit der Professur verbundenen Aufgaben auch tatsächlich durch den Professurvertreter wahrzunehmen sind und diese einen hauptberuflichen Umfang haben. Diese Voraussetzungen liegen nach den Feststellungen des RH in der Regel nicht vor. Die Beschäftigung der Angestellten in der vorlesungsfreien Zeit über den Erholungsurlaub hinaus erfolgte deshalb in diesen Fällen zu Unrecht.

Ein Professurvertreter mit zuletzt zwei weiteren hauptberuflichen Beschäftigungen wurde vom 01.10.1991 bis zu seiner Einstellung als Professor an einer Musikhochschule am 01.08.1997 auch in der vorlesungsfreien Zeit als Professurvertreter mit 14 Semesterwochenstunden (SWS) beschäftigt, obwohl ihm nach dem Dienstvertrag nur Dienstaufgaben in der Lehre oblagen. Vertraglich war bestimmt, dass der Vertreter für die unterrichtsfreie Zeit, die den Erholungsurlaub übersteigt, als unter Fortzahlung der Bezüge beurlaubt gilt.

Das Ministerium stimmt dem RH darin zu, dass Professurvertreter in der unterrichtsfreien Zeit nur dann vergütet werden sollen, wenn sie Aufgaben eines Professors zu erfüllen haben. In dem vom RH kritisierten Fall habe der Professurvertreter während der Semesterferien an dem Theater, an dem er hauptberuflich beschäftigt war, Studierende unter Praxisbedingungen „unterrichtet“, indem er sie unter Anleitung mit den Sängern und den Orchestern des Theaters habe arbeiten lassen.

Der RH ist der Ansicht, dass es sich dabei um einen Teil seiner hauptberuflichen Tätigkeit am Theater handelte, die eine Vergütung als Professurvertreter nicht rechtfertigte.

2.4 Rückwirkende Bestellung zum Professurvertreter

Nicht nachvollziehbar ist die gelegentlich festgestellte Praxis, Verträge mit Professurvertretern rückwirkend abzuschließen.

So hat eine Musikhochschule im April 1999 die Ehefrau des Hochschulrektors, die bis dahin als „freie Mitarbeiterin“ geführt worden war, rückwirkend zum 01.10.1998 zur Vertretung seiner Professur im Umfang seines Hauptfachunterrichts (80 %) für die Dauer seiner Amtsperiode und damit auch für die vorlesungsfreien Zeiten eingestellt.

Das Ministerium macht geltend, der Abschluss eines entsprechenden Arbeitsvertrages zum 01.10.1998 sei von vorneherein vorgesehen gewesen, lediglich der Abschluss des schriftlichen Vertrages habe sich verzögert.

Diese Einlassung des Ministeriums wird dadurch widerlegt, dass die Hochschule die LOK im Dezember 1998 angewiesen hat, der Lehrkraft eine Abschlagszahlung „für ihre Tätigkeit als freie Mitarbeiterin“ zu überweisen.

2.5 Zu hohe Vergütung für Professurvertreter

Nach Auffassung des RH, die vom FM geteilt wird, sollen Professurvertreter nicht wie Professoren, sondern lediglich mit einer geringeren Vergütung beschäftigt werden. Auch die vom MWK im Jahr 2001 erlassenen Hinweise zur VwV-Professurvertretung sehen vor, dass die Vergütung nach Möglichkeit mindestens eine Besoldungsgruppe niedriger als die zu vertretende Professur vereinbart wird, im Falle der Musikhochschulen höchstens die Vergütungsgruppe II.

Gleichwohl wurden bei einer Vielzahl von Professurvertretungen an einer Musikhochschule zu hohe Vergütungen (insbesondere in Anlehnung an die höchste Bes.Gr. für Professoren C 4) vereinbart. Selbst mit dem oben genannten Angestellten, der während seiner Beschäftigung als Professurvertreter die für die Übernahme als Professor erforderliche Promotion erwerben sollte, wurde mit Kenntnis des Ministeriums zunächst die zu hohe Vergütung entsprechend der Bes.Gr. C 4 vereinbart. Ein anderweitig hauptberuflich beschäftigter Professurvertreter erhielt zunächst eine Vergütung entsprechend der höchsten Bes.Gr. C 4; im nächsten Semester gab er sich als Lehrbeauftragter mit den üblichen geringeren Stundensätzen zufrieden.

Das Ministerium macht geltend, in beiden Fällen sei aus sachlichen Gründen die Gewährung einer Vergütung entsprechend der Bes.Gr. C 4 geboten gewesen.

Der RH bleibt bei seiner Auffassung, dass die gewährten Vergütungen für eine Professurvertretung unangemessen hoch sind. Im Übrigen fehlt bei jeder dieser Vergütungsvereinbarungen die nach § 40 LHO erforderliche Einwilligung des FM.

3 Weitere Verstöße

Neben den genannten Verstößen im Zusammenhang mit der Beschäftigung von Professurvertretern ergab die Nachprüfung weitere problematische Einzelfälle.

3.1 Doppelbeschäftigung eines Professors im Landesdienst

Ein Professurvertreter einer Musikhochschule sollte nach der Berufungsvereinbarung vom 12.01.2000 mit Wirkung vom 01.08.2000 zum Professor ernannt werden. Die Berufung in das Beamtenverhältnis erfolgte auf Wunsch des Berufenen bereits zum 01.07.2000, obwohl der Umfang seiner Lehrtätigkeit im SS 2000 nur 14 SWS (70 %) betrug.

Durch die um einen Monat vorgezogene Ernennung erhielt der Professor, der zuvor als Orchestermusiker tätig und bei einer berufsständischen Versorgungseinrichtung versichert war, seine früher gezahlten Beiträge von der Versorgungseinrichtung zurückerstattet. Wäre er erst zum 01.08.2000 zum Professor ernannt worden, hätte er eine Anwartschaft auf Versorgung bei der Versorgungseinrichtung erworben. Eine Rückerstattung der Beiträge wäre unterblieben.

Das Vorziehen der Ernennung ist für das Land Baden-Württemberg wirtschaftlich nachteilig, da die von der Versorgungseinrichtung zu gewährende Altersversorgung auf die beamtenrechtliche Versorgung des Professors angerechnet worden wäre und damit zu einer Minderung der Versorgungslast des Landes geführt hätte.

Nach seiner Verbeamtung zum 01.07.2000 übte der Berufene gleichwohl seine bisherige weitere hauptberufliche Tätigkeit als Orchestermusiker im Land auch noch in den Monaten Juli und August 2000 aus. Er erhielt für diese Monate eine Angestelltenvergütung von insgesamt über 9.000 € neben seinen monatlichen Besoldungsbezügen als Professor nach Bes.Gr. C 4. Die Hochschule hat erst im September 2001 auf Hinweis des RH die andere Dienststelle von der Ernennung zum Beamten unterrichtet.

Die Weiterbeschäftigung bei der bisherigen Stelle in den Monaten Juli und August 2000 erfolgte zu Unrecht, weil durch die Verbeamtung zum 01.07.2000 das Angestelltenverhältnis zum Land kraft Gesetzes erloschen ist (§ 12 Abs. 4 LBG). Eine Angestelltenvergütung für diese Monate stand deshalb dem früheren Angestellten nicht zu. Da das LBV von dem Sachverhalt erst mit Schreiben vom 17.09.2001 unterrichtet worden ist, konnte es die zuviel gezahlte Angestelltenvergütung wegen des Ablaufs der sechsmonatigen Ausschlussfrist nicht mehr zurückfordern.

Die Stellungnahme des Ministeriums, dass die Vorverlegung des Dienstantritts von der Hochschule mit ihren eigenen Interessen begründet worden sei, wird durch den Inhalt der Akten klar widerlegt. Im Übrigen sagt das Ministerium zu, dass Überschneidungen dieser Art in Zukunft vermieden werden.

3.2 Unzureichende Erfüllung der Lehrverpflichtung durch einen Professor

Im Fall eines angestellten Professors war die Erfüllung der Lehrverpflichtung besonders unbefriedigend. Sein zum SS 1999 begründetes Dienstverhältnis mit einer Vergütung von rd. 7.670 € monatlich wurde bis zum 31.03.2000 befristet, um dem Angestellten „das Kennen lernen des neuen Aufgabengebiets zu ermöglichen und die künstlerische und pädagogische Eignung und Leistung für die Aufgabe zu erproben“. Die Ausübung einer Nebentätigkeit in Übersee wurde genehmigt. Der Professor verpflichtete sich, seinen Wohnsitz am Ort der Musikhochschule oder in der Umgebung zu nehmen.

Die Lehrtätigkeit des Professors betrug im SS 1999 und WS 1999/2000 lediglich 4,5 SWS bzw. 8,5 SWS. Trotz dieses eher nebenberuflichen Umfangs der bisherigen Lehrtätigkeit wurde die Vollbeschäftigung und damit volle Vergütung auch für das SS 2000 vereinbart. Der Umfang dieser Lehrtätigkeit war mit 9,5 SWS nur unwesentlich höher als im vorausgegangenen Semester. Im Oktober 2000 erfolgte die Ernennung zum Professor im Beamtenverhältnis.

Nach der Stellungnahme des Ministeriums entwickelte sich die Nachfrage der Studierenden deshalb zögerlich, weil der Dienstantritt des Professors noch nicht bekannt gewesen sei und vor Abschluss der Berufungsverhandlungen auch hätte nicht bekannt gegeben werden können.

Diese Begründung trifft für das erste, nicht aber für die folgenden Semester zu. Die Nichterfüllung des Deputats im SS 1999, WS 1999/2000 und SS 2000 ist nach den Feststellungen des RH vor allem darauf zurückführen, dass der Professor nicht an der Hochschule präsent war und anderweitig arbeitete. Dies ist gerade im Hinblick auf die vereinbarte sehr hohe Vergütung nicht hinnehmbar. So steht beispielsweise der Vergütung für das SS 1999 von über 46.000 € lediglich eine Lehrtätigkeit von 54 Lehrveranstaltungsstunden gegenüber.

4 Schlussbemerkung

Die Einlassungen des MWK vermögen die Beanstandungen des RH nicht zu entkräften. Das Ministerium bleibt aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass auch die Staatlichen Hochschulen für Musik das geltende Recht einhalten und sich sparsam und wirtschaftlich verhalten.


Anhänge

Der RH berichtet hier über Auswirkungen der Tätigkeit der Finanzkontrolle. Der Bericht gibt die Umsetzung einiger bedeutsamer Vorschläge aus früheren Denkschriftbeiträgen, Beratenden Äußerungen und aus einer prüfungsorientierten Beratung wieder und stellt, soweit dies möglich ist, auch dar, welche finanziellen Auswirkungen hiermit verbunden waren.


Die Darstellung soll dem Parlament zeitgleich mit der Vorstellung der Denkschrift einen Überblick über wesentliche Ergebnisse aus früheren Prüfungen und über die Umsetzung seiner Beschlüsse vermitteln. Die nachstehend aufgeführten Sachverhalte sind nicht mehr Gegenstand des laufenden Verfahrens zur Entlastung der Landesregierung im Sinne von § 97 Abs. 1 LHO. [Der gesamte Text einschließlich Einzelergebnisse und Querschnittprüfungen bei den Zentralen Universitätsverwaltungen ist in der nachfolgenden PDF-Datei enthalten]


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