Denkschrift 2014

Ausgeglichene Haushalte sichern den Ländern Handlungsfähigkeit

1. Die finanzielle Lage der Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen ist in den vergangenen Jahren verstärkt in den Mittelpunkt der öffentlichen Debatte gerückt. In erster Linie die 2009 beschlossene und ab 2020 geltende Schuldenbremse hat dabei für den notwendigen Handlungsdruck in den Ländern gesorgt. An die Stelle bisweilen nur allgemeiner Bekenntnisse zu einem ausgeglichenen Haushalt sind seither spürbare Sparanstrengungen und der Wille, nachhaltig zu wirtschaften getreten. Der Rechnungshof hat dies stets angemahnt und begrüßt ausdrücklich diesen Wandel.

2. Dauerhaft durchsetzen werden sich die auf Konsolidierung gerichteten Anstrengungen jedoch nur dann können, wenn der richtungsweisende verfassungsrechtliche Auftrag ergänzt wird um die Einsicht in den Mehrwert ausgeglichener Haushalte. Aus rechtlich verankertem Sparzwang muss der Wille zum Sparen aus Überzeugung erwachsen. Dies gilt für Landtag und Landesregierung ebenso wie für die baden-württembergischen Bürgerinnen und Bürger. Wer die Nullverschuldung fordert, muss deshalb auch erklären, warum gespart werden soll.

3. Ein ausgeglichener Haushalt ohne neue Kredite schafft Gestaltungsmöglichkeiten. Erst der Verzicht auf Schulden und damit der Verzicht auf immer weiter steigende Zinslasten sorgt für wachsende finanzielle Handlungsspielräume. Spielräume, die es der Politik ermöglichen, im Sinne der Wählerinnen und Wähler Schwerpunkte zu setzen und das Miteinander in Baden-Württemberg zu gestalten. Anders gewendet gilt es also zu vermitteln, dass der Verzicht auf wünschenswerte aber vielleicht nicht notwendige Ausgaben heute die finanziellen Ressourcen für unabweisbare Ausgaben morgen sichert.

4. Gesichert wird zudem die Eigenstaatlichkeit Baden-Württembergs. Nur ein finanziell gesundes Land ist in der Lage, selbstbewusst eigene politische Akzente zu setzen. Nur ein starkes Land sorgt dafür, dass Entscheidungen vor Ort und damit näher an den Problemen der Menschen und Unternehmen fallen. Und nur die Kenntnis der spezifischen regionalen Besonderheiten erlaubt individuelle und passgenaue Lösungskonzepte.

5. Baden-Württembergs Finanzlage hängt jedoch nicht allein von den Entscheidungen des Landtags und der Landesregierung ab. So haben auf der Ausgabenseite mit 2,9 Mrd. Euro die Zahlungen des Landes für den Länderfinanzausgleich im Jahr 2013 einen Rekordwert erreicht. Sie übertreffen das Niveau vor der Wirtschafts- und Finanzmarktkrise um 10 Prozent. Bis 2017 ist mit einem weiteren Anstieg auf dann 3,1 Mrd. Euro zu rechnen.

6. Darüber hinaus wird in den nächsten zwei Jahren die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen insgesamt in den Mittelpunkt der politischen Agenda rücken müssen. Anstatt wieder mehr auf Mischfinanzierungskonzepte zu setzen, gilt es, das Konzept der zurückliegenden Föderalismusreformen konsequent weiterzuentwickeln. Jede staatliche Ebene muss dabei finanziell so ausgestattet werden, dass sie ihre Aufgaben selbstständig erfüllen kann. An die Stelle des Rufes nach immer wieder neuen Mitteln aus Bundesprogrammen muss eine sachgerechte Verteilung des Steueraufkommens treten. Auf diesem Wege könnten die Länder in eigener Verantwortung inhaltliche Schwerpunkte setzen und müssten nicht durch Kofinanzierungen ihre eigene Ausgabenpolitik an den Vorgaben des Bundes oder der Europäischen Union orientieren. Der Rechnungshof unterstützt daher die Landesregierung, wenn sie den Kurs früherer Föderalismuskommissionen fortsetzen möchte.

7. Für eine dauerhafte Stärkung der finanziellen Eigenverantwortung Baden-Württembergs braucht es jedoch zwei grundlegende Reformen. Auf der Ausgabenseite kann nur eine durchgreifende Veränderung des Länderfinanzausgleichs den unangemessenen Abfluss von baden-württembergi¬schen Steuereinnahmen begrenzen. Auf der Einnahmenseite sollte die aufkommende Diskussion über die Berechtigung bzw. die Verwendung des Solidaritätszuschlags dazu genutzt werden, diesen zumindest teilweise in eine in die Finanzhoheit und Gesetzgebungskompetenz der Länder gestellte Ergänzungsabgabe mit eigenem Hebesatzrecht umzuwandeln. Der so entstehende direkte Zusammenhang zwischen Länderaufgaben und Ländersteuern könnte die Bürgerinnen und Bürgern zudem für die Kosten staatlichen Handelns sensibilisieren.

8. Auch im vergangenen Jahr stießen die Empfehlungen und Anmerkungen des Rechnungshofs sowohl beim Landtag, seinen Fraktionen und der Landesregierung als auch in der Öffentlichkeit auf reges Interesse. Insbesondere im Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft erfahren sie regelmäßig eine sachkundige und intensive Behandlung. Die direkte und vertrauensvolle Zusammenarbeit der staatlichen Finanzkontrolle Baden-Württemberg mit den Behörden des Landes zeigte sich im vergangenen Jahr unter anderem daran, dass manche unserer Anregungen seitens der Ministerien bereits aufgenommen und umgesetzt worden sind. Diesen Weg des konstruktiven Miteinanders wollen der Rechnungshof, die staatlichen Rechnungsprüfungsämter und unsere Prüferinnen und Prüfer auch in der Zukunft fortsetzen.

Wichtig ist uns auch die Feststellung, dass wir bei unseren Prüfungen auf engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesverwaltung treffen, die verantwortungsbewusst handeln und sich die Ziele der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur eigenen Sache machen.

Karlsruhe, im Mai 2014

Max Munding
Präsident des Rechnungshofs
Baden-Württemberg


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Die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes war 2012 geordnet. Sie folgte im Wesentlichen den Vorgaben des Staatshaushaltsplans.

Die Haushaltsrechnung 2012 schließt mit einem rechnungsmäßigen Überschuss von 1,2 Mrd. Euro ab. Die in der Haushaltsrechnung 2012 aufgeführten Beträge stimmen mit den in den Büchern nachgewiesenen Beträgen überein. Die Einnahmen und Ausgaben sind im Wesentlichen ordnungsgemäß belegt.


1 Haushalts-Soll und Haushalts-Ist 2012

Der Haushaltsrechnung des Landes für das Haushaltsjahr 2012 liegt das Gesetz über die Feststellung des Staatshaushaltsplans von Baden-Württemberg für das Haushaltsjahr 2012 (Staatshaushaltsgesetz 2012) vom 15.02.2012 zugrunde. Danach wurde der Staatshaushaltsplan 2012 in Einnahme und Ausgabe mit 38.847.173.800 Euro festgestellt. Im Vergleich zum Vorjahr nahm das Haushaltsvolumen im Soll um 5,7 Prozent zu.

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Das Haushalts-Soll (Haushaltsansätze einschließlich Haushaltsreste aus dem Vorjahr) betrug 40,4 Mrd. Euro bei den Einnahmen und 40,5 Mrd. Euro bei den Ausgaben. Tatsächlich wurden 2012 40,8 Mrd. Euro eingenommen und 39,4 Mrd. Euro ausgegeben. Einschließlich der Haushaltsreste/Vorgriffe beträgt das Rechnungsergebnis 42,4 Mrd. Euro Einnahmen und 41,3 Mrd. Euro Ausgaben. Aus den Salden ergab sich ein Überschuss von 1,2 Mrd. Euro (rechnungsmäßiges Jahresergebnis 2012). Per Saldo hat sich die Haushaltssituation gegenüber der Planung damit deutlich verbessert. Dies ist im Wesentlichen auf die höheren Steuereinnahmen sowie Einnahmen aus Zuweisungen und Zuschüssen zurückzuführen.

Wie sich die Mehreinnahmen und die Mehrausgaben aus den Teilergebnissen der Einzelpläne errechnen, ist in der Landeshaushaltsrechnung 2012 dargestellt.

2 Haushaltsrechnung 2012

Der Minister für Finanzen und Wirtschaft legte dem Landtag am 10.12.2013 (Landtagsdrucksache 15/4513) die Haushaltsrechnung des Landes Baden-Württemberg für das Haushaltsjahr 2012 vor. Diese dient gemäß Art. 83 Abs. 1 der Landesverfassung und § 114 Abs. 1 Satz 1 der Landeshaushaltsordnung als Grundlage, um die Landesregierung zu entlasten.

2.1 Gestaltung

Die Haushaltsrechnung ist entsprechend den Vorgaben (§§ 81 bis 85 Landeshaushaltsordnung) gestaltet und enthält alle vorgeschriebenen Abschlüsse, Erläuterungen und Übersichten, um die bestimmungsgemäße Ausführung des Staatshaushaltsplans nachzuweisen.

Der kassenmäßige Abschluss und der Haushaltsabschluss sind entsprechend § 84 Landeshaushaltsordnung in einem Abschlussbericht mit verschiedenen Zusammenstellungen in der Haushaltsrechnung erläutert. Die in § 85 Abs. 1 Landeshaushaltsordnung genannten Übersichten sind beigefügt.

2.2 Ergebnisse der Haushaltsrechnung

Der rechnungsmäßige Abschluss ist für die Bewertung der Haushaltsrechnung von maßgeblicher Bedeutung. Er ergibt sich aus dem kassenmäßigen Jahresergebnis (Ist-Einnahmen und Ist-Ausgaben), den übernommenen Haushaltsresten des Vorjahres und den Haushaltsresten, die in das Folgejahr übertragen werden.

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Das kassenmäßige Jahresergebnis ergibt sich aus dem Saldo der tatsächlich eingegangenen Einnahmen und der tatsächlich geleisteten Ausgaben. Der Landeshaushalt 2012 hat mit einem kassenmäßigen Jahresergebnis von 1.402.748.282,41 Euro abgeschlossen.

Das Land hat auch 2012 nicht alle vorgesehenen Einnahmen und Ausgaben realisiert. Es hat in großem Umfang Einnahmereste und Ausgabereste gebildet.

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Das rechnungsmäßige Jahresergebnis ergibt sich aus dem kassenmäßigen Jahresergebnis ergänzt um den Unterschiedsbetrag der Salden der Reste.

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Unter Berücksichtigung der Haushaltsreste des Vorjahres und der Haushaltsreste, die in das Folgejahr übertragen wurden, ergibt sich ein rechnungsmäßiges Jahresergebnis von 1.151.141.910,12 Euro.

2.3 Bereinigte Einnahmen und Ausgaben, Finanzierungssaldo

Aus der Differenz der bereinigten Einnahmen und der bereinigten Ausgaben ergibt sich der Finanzierungssaldo. Die Ist-Einnahmen werden dabei um die Schuldenaufnahme am Kreditmarkt, die Entnahmen aus Rücklagen, Fonds und Stöcken sowie um die Einnahmen aus Überschüssen der Vorjahre und haushaltstechnische Verrechnungen verringert. Demgegenüber werden die Ist-Ausgaben um Tilgungen am Kreditmarkt, Zuführungen an Rücklagen, Fonds und Stöcken sowie um etwaige Fehlbeträge aus Vorjahren und haushaltstechnische Verrechnungen vermindert.

Die Abbildung zeigt die Entwicklung des Finanzierungssaldos seit 2003.

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Erstmals seit 2008 war der Finanzierungssaldo 2012 wieder geringfügig positiv. Im Haushaltsjahr 2012 betrug der Finanzierungssaldo 65,7 Mio. Euro. Eine Nettokreditaufnahme konnte 2012 vermieden werden, da das Land per Saldo 1,3 Mrd. Euro an Rücklagen und kassenmäßigen Überschüssen aus Vorjahren als Einnahmen verwendet hat.

3 Feststellungen des Rechnungshofs nach § 97 Absatz 2 Nr. 1 und 2 Landeshaushaltsordnung

3.1 Prüfungen des Rechnungshofs

Der Rechnungshof prüfte die Ordnungsmäßigkeit der Haushaltsrechnung des Landes. Dabei hat er mittels Stichproben geprüft, ob

  • die Vorgaben des Staatshaushaltsplans eingehalten wurden,
  • die gebuchten Einnahmen und Ausgaben belegt waren und
  • die Haushaltssystematik eingehalten wurde.

Die Prüfung der nach einem Zufallsverfahren ausgewählten Stichproben lässt den Schluss zu, dass die Einnahmen und Ausgaben weit überwiegend ordnungsgemäß bewirtschaftet wurden.

Im Geschäftsjahr 2012 schloss die Finanzkontrolle zudem 131 Prüfungen ab und hat in ihren Prüfungsmitteilungen zahlreiche Hinweise zur Haushalts- und Wirtschaftsführung gegeben. Bei einer Prüfung wurde festgestellt, dass die saldierten Ausgaben für Wohngeld (Kapitel 0711 Titel 681 77) seit Jahren wegen fehlerhafter Buchungen zu niedrig dargestellt wurden. Das Land hat beim Erlass von Rückforderungsbescheiden deutlich vor dem tatsächlichen Zahlungseingang Einnahmen gebucht. Wegen dieser Fehler wurden mit dem Bund, der die Hälfte des Wohngelds trägt, zu niedrige Ausgaben abgerechnet. Ende 2012 waren 3,4 Mio. Euro Einnahmen gebucht, obwohl die Zahlungen noch nicht eingegangen waren. Im Ergebnis sind dem Land dadurch Zinsnachteile entstanden.

Beim Landesamt für Besoldung und Versorgung hat die Finanzkontrolle in den Bereichen Entgelt für Arbeitnehmer, Beamtenbesoldung und -versorgung risikoorientiert 11.285 Zahlfälle untersucht. Durch diese Prüfungen konnten 1,3 Mio. Euro unberechtigte Zahlungen zurückgefordert und künftige Fehlzahlungen vermieden werden. Im Gegenzug wurden berechtigte Ansprüche von 0,3 Mio. Euro erfüllt. Zudem wurden 5.476 Beihilfebescheide überprüft. Dies führte zu Beihilfekürzungen von 1,4 Mio. Euro und zu 0,5 Mio. Euro zusätzlich zu gewährender Beihilfe. Die Fehler bewegen sich summarisch im langjährigen Mittel.

3.2 Einnahmen und Ausgaben

Die in der Haushaltsrechnung 2012 aufgeführten Einnahmen und Ausgaben stimmen im Wesentlichen mit den in den Rechnungslegungsbüchern nachgewiesenen Beträgen überein. In den geprüften Rechnungen wurden nur wenige Einnahmen oder Ausgaben festgestellt, die nicht ordnungsgemäß belegt waren.

3.3 Überplanmäßige und außerplanmäßige Ausgaben

Über- und außerplanmäßige Ausgaben bedürfen der Einwilligung des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft. Sie darf nur im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses erteilt werden. Die Haushaltsüberschreitungen sind in der Haushaltsrechnung einzeln nachgewiesen. Die vom Ministerium bewilligten Abweichungen von den Stellenübersichten sind ebenfalls dargestellt. Geleistete über- und außerplanmäßige Ausgaben sind dem Landtag ab einem Betrag von 100.000 Euro im Einzelfall mitzuteilen (§ 7 Abs. 5 Staatshaushaltsgesetz 2012). Das Ministerium hat dem Landtag hierüber mit Schreiben vom 27.08.2013 berichtet (Landtagsdrucksache 15/3982). Der Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft hat hiervon am 14.11.2013 Kenntnis genommen.

Das Volumen der über- und außerplanmäßigen Ausgaben betrug 47,2 Mio. Euro. Sie betrafen zu 86 Prozent Sachausgaben und Investitionen und zu 14 Prozent Personalausgaben.

Mehrausgaben in größerem Umfang sind für folgende Zwecke angefallen:

  • 9,2 Mio. Euro für Förderleistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (Kapitel 1408 Titel 681 02 und 863 01),

 

  • 4,4 Mio. Euro für Leistungen in Zusammenhang mit aufgenommenen Flüchtlingen (Kapitel 1503 Titelgruppe 75),

 

  • 3,3 Mio. Euro Personalkosten wegen hoher Einsatzintensität bei der Landespolizei (Kapitel 0314 Titel 422 01),

 

  • 1,9 Mio. Euro für die Durchführung von Brücken- und Tunneluntersuchungen (Kapitel 1304 Titel 534 01).

In 64 Prozent der 143 Fälle wurden die über- und außerplanmäßigen Ausgaben sowie Haushaltsvorgriffe vom Ministerium für Finanzen und Wirtschaft bewilligt. In 52 Fällen (36 Prozent) lag die vorgeschriebene Einwilligung nicht vor. Die Summe dieser Haushaltsüberschreitungen beträgt 15 Mio. Euro.

3.4 Globale Minderausgaben

Globale Minderausgaben sind im Haushaltsplan negativ veranschlagte Ausgaben, die im Haushaltsvollzug auszugleichen sind. Sie stellen eine Ausnahme vom Einzelveranschlagungsprinzip dar.

Im Staatshaushaltsplan 2012 waren bei Kapitel 1212 Titel 972 01 globale Minderausgaben von 83,3 Mio. Euro veranschlagt. Die Einsparungen bei den Sachausgaben - Haushaltsgruppen 5 bis 8 - wurden von den Ressorts nachgewiesen. Einschließlich der einzelplanspezifischen globalen Minderausgaben mussten die Ressorts Sachausgabeneinsparungen von 404,8 Mio. Euro erwirtschaften.

Die gesamten Sachausgaben des Landes 2012 ohne die Einzelpläne 01 und 11 betrugen 24,1 Mrd. Euro. Der prozentuale Anteil der globalen Minderausgaben an den Sachausgaben lag im Durchschnitt bei 2,8 Prozent.

3.5 Druck- und Darstellungsfehler

Bei der Gesamtrechnungsprüfung stellte der Rechnungshof keine wesentlichen Druck- und Darstellungsfehler in der Haushaltsrechnung des Landes fest.


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Die Einnahmen des Landes stiegen im Haushaltsjahr 2013 um 4,8 Prozent, die Ausgaben um 4,5 Prozent. Im Zehnjahresvergleich seit 2004 lagen die Einnahmen um durchschnittlich jährlich 0,4 Prozent über den Ausgaben. Das Land nahm in diesem Zeitraum allerdings 9,7 Mrd. Euro neue Kredite auf. Die Steuerdeckungsquote lag 2013 bei 74 Prozent.

Die Ausgaben für den Länderfinanzausgleich erreichten 2013 mit 2,9 Mrd. Euro ihren Höchststand.


1 Einnahmen

1.1 Entwicklung der Einnahmen 2004 bis 2013

In Tabelle 1 sind für 2004 sowie 2009 bis 2013 die veranschlagten Einnahmen jeweils den Ist-Einnahmen gegenübergestellt.

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Die Entwicklung der Ist- und Soll-Einnahmen ist aus Abbildung 1 ersichtlich.

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In den vergangenen zehn Jahren lagen die Ist-Einnahmen nur 2009 um 1,1 Mrd. Euro unter den Einnahmeansätzen. In den übrigen Jahren wurden zwischen 0,8 Mrd. Euro (2004) und 2,6 Mrd. Euro (2011) höhere Einnahmen erzielt als geplant. Ebenso verhält es sich bei den Steuereinnahmen. Auch diese lagen 2009 um 0,8 Mrd. Euro unter den Ansätzen, während in den übrigen Jahren zwischen 0,1 Mrd. Euro (2004) und 1,4 Mrd. Euro (2010) mehr Steuern eingenommen wurden als geplant.

Im zehnjährigen Betrachtungszeitraum stiegen die Gesamt-Ist-Einnahmen sowie die Steuereinnahmen jeweils durchschnittlich um 3,4 Prozent jährlich. Das Land hat in diesem Zeitraum 9,7 Mrd. Euro neue Kredite aufgenommen.

Im Staatshaushaltsplan sind für 2014 Gesamteinnahmen von 41,8 Mrd. Euro geplant. Darin sind 31,0 Mrd. Euro Steuereinnahmen enthalten. Nach der Mittelfristigen Finanzplanung sollen die Gesamteinnahmen bis 2017 auf 44,2 Mrd. Euro steigen. Der bis dahin prognostizierte Anstieg der Steuereinnahmen auf 34,2 Mrd. Euro entspricht einer jährlichen Steigerung um durchschnittlich 3,3 Prozent.

1.2 Einnahmen im Einzelnen

Die Einnahmen des Landes stiegen von 31,6 Mrd. Euro (2004) auf 42,8 Mrd. Euro (2013). Sie werden insbesondere durch Steuern und steuerähnliche Abgaben (30,2 Mrd. Euro, 71 Prozent) und Zuweisungen und Zuschüsse (8,5 Mrd. Euro, 20 Prozent) erzielt. Erstmals seit 2010 hat das Land 2013 wieder neue Kredite im Umfang von 1,78 Mrd. Euro aufgenommen (siehe Beitrag Nr. 3, Punkt 1). Ohne Berücksichtigung dieser Kreditaufnahme lagen die Ist-Einnahmen 2013 lediglich um 0,4 Prozent höher als im Vorjahr.

Die Einnahmen aus Zuweisungen und Zuschüssen sind 2013 gegenüber dem Vorjahr um 796 Mio. Euro gestiegen. Diesen Einnahmen stehen jedoch größtenteils entsprechende Ausgaben gegenüber (siehe Punkt 2.2).

1.3 Steuereinnahmen

Die Steuern und steuerähnlichen Abgaben sind abhängig von der konjunkturellen Entwicklung. Nach dem Einbruch 2009 infolge der Wirtschafts- und Finanzmarktkrise stiegen die Steuereinnahmen seit 2011 wieder deutlich an. 2012 stieg das Steueraufkommen gegenüber dem Vorjahr um 2,4 Mrd. Euro (+8,7 Prozent). 2013 erhöhte es sich nur noch um 415 Mio. Euro (+1,4 Prozent) gegenüber 2012.

Die Steuereinnahmen lagen 2013 mit 30,1 Mrd. Euro um 8,9 Mrd. Euro (+41,8 Prozent) höher als 2004. Bei dieser Betrachtung ist die bis 2009 dem Land zustehende Kraftfahrzeugsteuer nicht enthalten. Seit 01.07.2009 steht diese Steuer nicht mehr den Ländern, sondern dem Bund zu. Zur Kompensation erhalten die Länder seither vom Bund Ausgleichszahlungen, die in etwa den bisherigen Einnahmen aus der Kraftfahrzeugsteuer entsprechen. 2013 betrug die Zuweisung des Bundes an das Land 1,3 Mrd. Euro.

Tabelle 2 zeigt, wie sich die Steuereinnahmen von 2009 bis 2013 sowie im Zehnjahreszeitraum (Basisjahr 2004) im Einzelnen entwickelt haben.

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Die Steuereinnahmen des Landes bestehen aus Gemeinschaft- und Landessteuern. Die Einnahmen aus Gemeinschaftsteuern haben sich seit 2004 von 19,6 Mrd. Euro um 41 Prozent auf 27,7 Mrd. Euro 2013 erhöht. Ihr Anteil an den gesamten Steuereinnahmen des Landes lag 2013 bei 92 Prozent. Der Landesanteil an der Lohnsteuer überschritt 2013 erstmals den Betrag von 10 Mrd. Euro.

Das Land ist in erheblichem Maße von den Einnahmen aus Gemeinschaftsteuern und damit auch von der Gesetzgebung auf Bundesebene abhängig. Im Finanzplan 2020 (Stand Januar 2014) geht die Landesregierung davon aus, dass in den kommenden Jahren die voraussichtlichen Einnahmen die erwarteten Ausgaben nicht decken werden. Sie hält daher eine strukturelle Reduzierung des hauswirtschaftlichen Handlungsbedarfs sowie eine nachhaltige Konsolidierung des Landeshaushalts im Hinblick auf die Erreichung der Vorgabe der Schuldenbremse ab 01.01.2020 für erforderlich. Im Finanzplan 2020 sind hierfür ab 2015 jährliche Mehreinnahmen von 400 Mio. Euro aufgrund von Steuerrechtsänderungen bzw. veränderter Bund-/Länder-Finanzbeziehungen eingeplant. Ob es zu diesen Mehreinnahmen kommen wird, bleibt abzuwarten.

Die Landessteuern (ohne Kraftfahrzeugsteuer) haben sich seit 2004 von 1,6 Mrd. Euro um 51,6 Prozent auf 2,4 Mrd. Euro 2013 erhöht. Sie hatten 2013 einen Anteil an den gesamten Steuereinnahmen des Landes von 8 Prozent. Die Grunderwerbsteuer wurde im November 2011 von 3,5 Prozent auf 5 Prozent erhöht. Auch deshalb hat das Land 2013 gegenüber 2011 mit 1,3 Mrd. Euro um 374 Mio. Euro (+39,7 Prozent) höhere Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer erzielt.

Im Haushaltsjahr 2013 stieg das Steueraufkommen des Landes gegenüber dem Vorjahr um 415 Mio. Euro auf 30,1 Mrd. Euro. Die um 303 Mio. Euro höheren Ausgaben im Länderfinanzausgleich sind im Wesentlichen Auswirkungen des Zensus 2013 sowie die im Länderfinanzausgleich zu berücksichtigende Realsteuerkraft zurückzuführen. Unter Berücksichtigung dieser gestiegenen Ausgaben sowie der Kraftfahrzeugsteuerersatzleistung des Bundes ergaben sich gegenüber dem Vorjahr Netto-Steuermindereinnahmen von 145 Mio. Euro.

2 Ausgaben

2.1 Entwicklung der Ausgaben 2004 bis 2013

In Tabelle 3 sind für 2004 sowie 2009 bis 2013 die veranschlagten Ausgaben jeweils den Ist-Ausgaben gegenübergestellt.

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Seit 2010 lagen die tatsächlichen Ausgaben stets über den Ausgabeansätzen. 2013 waren die Ist-Ausgaben mit 41,2 Mrd. Euro um 459 Mio. Euro (1,1 Prozent) höher als die Ausgabeansätze. Obwohl die Ist-Einnahmen 2013 ohne Berücksichtigung der Kreditaufnahme lediglich um 0,4 Prozent stiegen, nahmen die tatsächlichen Ausgaben um 4,5 Prozent und die Personalausgaben um 2,3 Prozent gegenüber 2012 zu. Die Personalausgaben lagen 2013 mit 15,2 Mrd. Euro um 776 Mio. Euro (4,9 Prozent) unter den Ansätzen. Ursachen hierfür liegen in der zeitlich verzögerten Übertragung des Tarifabschlusses im öffentlichen Dienst auf den Besoldungs- und Versorgungsbereich. Zudem fielen in vergangenen Jahren beschlossene strukturelle Einsparungen in Besoldung, Versorgung und Beihilfe höher als erwartet aus. Hierzu gehören unter anderem die verlängerte Lebensarbeitszeit, die abgesenkte Eingangsbesoldung und die erhöhte Kostendämpfungspauschale.

Die Entwicklung der Ist- und Soll-Ausgaben ist aus Abbildung 2 ersichtlich.

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Von 2004 bis 2013 stiegen die Ist-Ausgaben durchschnittlich um 3 Prozent je Jahr und damit 0,4 Prozent geringer als die Ist-Einnahmen.

Für 2014 sind im Staatshaushaltsplan 41,8 Mrd. Euro Gesamtausgaben geplant. Die Personalausgaben sind mit 16,2 Mrd. Euro veranschlagt. In der Mittelfristigen Finanzplanung 2013 - 2017 geht die Landesregierung bis 2017 von einem weiteren Anstieg der Gesamtausgaben auf dann 44,2 Mrd. Euro aus. Die Personalausgaben sollen in diesem Zeitraum um weitere 2,4 Mrd. Euro (+15,7 Prozent) gegenüber den Ist-Ausgaben 2013 auf dann 17,6 Mrd. Euro steigen.

2.2 Ausgaben im Einzelnen

Tabelle 4 zeigt, wie sich die Ausgaben von 2009 bis 2013 sowie im Zehnjahreszeitraum (Basisjahr 2004) im Einzelnen entwickelt haben.

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Die Personalausgaben stiegen in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich an. Sie lagen 2013 um 16,1 Prozent über den Personalausgaben des Jahres 2004. Allein in den vergangenen fünf Jahren haben sich die Personalausgaben um 1,6 Mrd. Euro erhöht (+11,7 Prozent). Die sächlichen Verwaltungsausgaben blieben im Zehnjahreszeitraum hingegen bei jährlich 1,6 bis 1,9 Mrd. Euro.

Die Ausgaben für Zuweisungen und Zuschüsse erhöhten sich in den vergangenen zehn Jahren deutlich. Sie erreichten 2013 mit 11,1 Mrd. Euro einen Höchststand. Diese Ausgaben sowie diejenigen für Baumaßnahmen wurden in den letzten Jahren durch die Konjunkturprogramme des Bundes und des Landes (Zukunftsinvestitionsprogramm, Landesinfrastrukturprogamm) beeinflusst. Die Ausgaben für Baumaßnahmen gingen 2012 allerdings um ein Drittel gegenüber dem Vorjahr zurück und sanken 2013 erneut.

Auch die Ausgaben für den allgemeinen kommunalen Finanzausgleich sind in den vergangenen zehn Jahren beträchtlich gestiegen. Sie lagen 2013 mit 7,0 Mrd. Euro um 2,4 Mrd. Euro (+51,2 Prozent) höher als 2004.

Bei den Ausgaben für den Schuldendienst handelt es sich im Wesentlichen um Kreditmarktzinsen. Diese blieben aufgrund des günstigen Zinsniveaus in den letzten Jahren stabil. Allerdings haben sie sich durch die erneute Kreditaufnahme 2013 um 55 Mio. Euro gegenüber 2012 erhöht. Da die Landesregierung nach dem Finanzplan 2020 in 2014 bis 2019 mit einer weiteren Kreditaufnahme von 4,3 Mrd. Euro plant, werden die Zinsausgaben weiter steigen. In der Mittelfristigen Finanzplanung 2013 bis 2017 sieht die Landesregierung für 2017 vor, dass sich die Ausgaben für Kreditmarktzinsen auf 1,9 Mrd. Euro erhöhen werden.

Die Ausgaben für den Länderfinanzausgleich sind 2009 und 2010 infolge gesunkener Steuereinnahmen zwar zurückgegangen, stiegen jedoch ab 2011 wieder erheblich an. Sie erreichten 2013 mit 2,9 Mrd. Euro einen Höchststand und übertrafen das Niveau vor der Wirtschafts- und Finanzmarktkrise um 10 Prozent. Bis 2017 ist mit einem weiteren Anstieg auf dann 3,1 Mrd. Euro zu rechnen.

In Abbildung 3 ist dargestellt, auf welche Bereiche sich die Ausgaben des Landes verteilen.

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Der größte Ausgabenblock mit 15,2 Mrd. Euro (ohne Landesbetriebe) bilden die Personalausgaben.

3 Steuerdeckungsquote

Die Steuerdeckungsquote drückt das Verhältnis der Brutto-Steuereinnahmen in Bezug auf die bereinigten Gesamtausgaben aus. Sie ist ein Indikator für den Finanzierungsspielraum aus eigenen Finanzierungsquellen. Je niedriger die Quote ist, umso höher ist die Abhängigkeit von anderen Einnahmen, wie z. B. Entnahmen aus Rücklagen, Zuweisungen vom Bund oder Kreditaufnahmen.

Nachdem die Steuerdeckungsquote 2010 auf unter 70 Prozent gesunken war, stieg sie ab 2011 wieder an und lag 2013 bei 74 Prozent.

Im Bundesvergleich lag die Steuerdeckungsquote in den vergangenen Jahren in allen westlichen Flächenländern zwischen 70 und 80 Prozent.


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Das Land hat im Haushaltsjahr 2013 1,8 Mrd. Euro neue Kredite aufgenommen, obwohl dies aufgrund von Kassenüberschüssen nicht erforderlich gewesen wäre. Nach dem Finanzplan 2013 bis 2020 plant das Land, bis einschließlich 2019 weitere Kredite von bis zu 4,3 Mrd. Euro aufzunehmen. Dadurch würde sich die Verschuldung des Landes auf mehr als 50 Mrd. Euro erhöhen.


1 Verschuldungslage

1.1 Schuldenentwicklung

Die Schulden des Landes einschließlich der auf Dritte verlagerten Verpflichtungen betrugen zum 31.12.2013 46,8 Mrd. Euro.

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Die Kreditmarktschulden, die Verpflichtungen beim Bund und bei anderen Ländern und die verlagerten Verpflichtungen stiegen um insgesamt 1.593 Mio. Euro. Die Kreditmarktschulden erhöhten sich trotz anhaltend guter konjunktureller Lage sowie hoher Steuereinnahmen und kassenmäßiger Überschüsse aus Vorjahren um 1,8 Mrd. Euro auf 45,1 Mrd. Euro.

2013 nahm das Land aufgrund der Ermächtigung im Staatshaushaltsgesetz an drei Kalendertagen Kassenverstärkungskredite von maximal 79 Mio. Euro auf. Am 31.12.2013 bestanden keine Kassenkredite mehr.

1.2 Entwicklung der Nettokreditaufnahme

Die Nettokreditaufnahme des Landes stellt den Saldo aus der Bruttokreditaufnahme und der Bruttotilgung von Schulden am Kreditmarkt dar. Das Land hat 2013 neue Schulden von 1,78 Mrd. Euro aufgenommen.

Abbildung 1 zeigt die Entwicklung der Neuverschuldung von 2004 bis 2013.

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In der Zehnjahresbetrachtung hat Baden-Württemberg im Haushaltsjahr 2013 die zweithöchste Neuverschuldung vollzogen. Im Haushaltsplan für 2014 (Zweiter Nachtrag) sind neue Schulden von 1,23 Mrd. Euro vorgesehen. Der Finanzplan 2013 bis 2020 (Stand Januar 2014) weist in den Folgejahren bis einschließlich 2019 weitere Kreditaufnahmen von 3,1 Mrd. Euro aus. Der Schuldenstand des Landes würde sich dadurch insgesamt auf mehr als 50 Mrd. Euro erhöhen.

1.3 Kreditmarktschulden und Zinsen

Die Entwicklung der Kreditmarktschulden und -zinsen in den vergangenen zehn Jahren ist aus Tabelle 2 ersichtlich.

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Trotz der beträchtlichen Zunahme der Kreditmarktschulden um 7,5 Mrd. Euro (+20 Prozent) in den vergangenen zehn Jahren waren die Zinsen 2013 um 141 Mio. Euro geringer als 2004. Dies liegt an dem nach wie vor niedrigen Zinsniveau. Dennoch hatte Baden-Württemberg 2013 täglich eine Zinslast von rechnerisch 4,7 Mio. Euro zu schultern. Zu berücksichtigen ist, dass nach dem Haushaltsvermerk bei Kapitel 1206, Titelgruppe 86, abweichend vom Bruttoprinzip seit 2009 die Zinsen aus der Anlage von liquiden Mitteln von den Zinsausgaben abgesetzt werden.

Seit 2008 wird die Zins-Steuer-Quote nach der Berechnungsmethode des Stabilitätsrats ermittelt. Sie drückt das Verhältnis der Zinsausgaben für Kreditmarktschulden zu den Steuereinnahmen aus. Die Quote zeigt, in welchem Umfang die Steuereinnahmen nicht mehr zur Finanzierung von anderen Ausgaben beziehungsweise Aufgaben des Landes zur Verfügung stehen.

Die Zins-Steuer-Quote ist neben dem strukturellen Finanzierungssaldo, der Kreditfinanzierungsquote und dem Schuldenstand je Einwohner eine der vier Kennziffern des Stabilitätsrats, die Haushaltslage zu beurteilen. Der Stabilitätsrat hat einen Schwellenwert festgelegt, ab dem die Zins-Steuer-Quote kritisch zu sehen ist. Er liegt 2012 für die Flächenländer bei 11,4 Prozent. Die Zins-Steuer-Quote des Landes entwickelte sich von 2010 bis 2012 wie folgt: 7,4 Prozent (2010), 6,7 Prozent (2011) und 5,7 Prozent (2012). Für 2013 ist nach den vorläufigen Werten mit einer Quote von 5,8 Prozent zu rechnen.

1.4 Pro-Kopf-Verschuldung

Die Verschuldung des Landes am Kreditmarkt belief sich zum 31.12.2013 auf 45,1 Mrd. Euro. Die Pro-Kopf-Verschuldung beträgt damit rechnerisch 4.256 Euro.

Das Bundesministerium der Finanzen weist quartalsweise die Schuldenstände des Bundes und der Länder aus. Weiter errechnet es die Schulden je Einwohner. Seit 2011 hat es hierbei die Schulden gegenüber den Sondervermögen des Bundes nicht berücksichtigt. Dadurch ergibt sich für Baden-Württemberg eine Pro-Kopf-Verschuldung von 4.174 Euro in 2013. In Tabelle 3 wird die Pro-Kopf-Verschuldung, wie vom Bundesministerium der Finanzen ermittelt, im Vergleich zum Vorjahr dargestellt.

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Die Pro-Kopf-Verschuldung des Landes stieg von 3.901 Euro (2012) um 273 Euro auf 4.174 Euro (2013). Baden-Württemberg liegt zwar weiterhin auf dem drittbesten Platz aller Flächenländer, hat im Ländervergleich gegenüber dem Vorjahr jedoch nach dem Saarland und Nordrhein-Westfalen die dritthöchste Zunahme bei der Pro-Kopf-Verschuldung zu verzeichnen.

1.5 Schuldenaufnahme in den Ländern 2013

Die Länder haben 2013 in unterschiedlichem Umfang Schulden gemacht bzw. getilgt. Abbildung 2 zeigt die Veränderung der fundierten Schulden in den Flächenländern 2013 gegenüber dem Vorjahr.

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Während in Baden-Württemberg die fundierten Schulden um 1,7 Mrd. Euro bzw. 3,8 Prozent deutlich überdurchschnittlich stiegen, konnten acht Flächenländer ihre Schulden verringern. Baden-Württemberg hätte im Hinblick auf die kassenmäßigen Überschüsse ebenfalls auf eine Schuldenaufnahme verzichten können (siehe Punkt 2), wodurch sich der Schuldenstand leicht verringert hätte.

2 Rücklagen und Haushaltsüberschüsse

Das Land hat allerdings auch Geldvermögen. Es hat Rücklagen und Sondervermögen gebildet. In Tabelle 4 sind diese aufgelistet.

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Ende 2012 betrugen die Rücklagen des Landes 292,7 Mio. Euro. Im Haushaltsjahr 2013 wurden davon 151,9 Mio. Euro entnommen. Somit waren Ende 2013 noch 140,8 Mio. Euro Rücklagen für Sanierungs- und Erhaltungsmaßnahmen vorhanden. Im Haushaltsjahr 2014 ist die Entnahme der übrigen 140,8 Mio. Euro vorgesehen. Damit wären die Rücklagen des Landes vollständig aufgelöst.

Der Bestand der Sondervermögen des Landes nahm 2013 gegenüber dem Vorjahr um 798,3 Mio. Euro beziehungsweise 20,7 Prozent zu. Die größten Sondervermögen bilden weiterhin die Versorgungsrücklage und der Versorgungsfonds des Landes. 2013 wurden diesen Sondervermögen 464 Mio. Euro zugeführt. Der Wert dieser beiden Spezialfondsanteile stieg im Vorjahresvergleich um 656 Mio. Euro.

Das Land schloss das Haushaltsjahr 2013 erneut mit einem hohen kassenmäßigen Überschuss von 1,6 Mrd. Euro ab. Das noch nicht verwendete Guthaben des Landes aus seinen kassenmäßigen Überschüssen betrug zum 31.12.2013 insgesamt 3,2 Mrd. Euro. Gemäß Zweiter Nachtrag 2014 sind für das Haushaltsjahr 2014 Einnahmen (Entnahmen) aus dem rechnungsmäßigen Überschuss 2012 von 228,5 Mio. Euro veranschlagt. Danach verbleiben dem Land noch 3 Mrd. Euro Guthaben aus kassenmäßigen Überschüssen.

Abbildung 3 zeigt den Bestand der nicht als Einnahmen verwendeten kassenmäßigen Überschüsse von 2009 bis 2013 sowie die Nettokreditaufnahme in den jeweiligen Haushaltsjahren. Die Überschüsse haben sich seit 2009 von 0,6 Mrd. Euro auf zuletzt 3,2 Mrd. Euro (Stand: 31.12.2013) mehr als verfünffacht. Das Land nahm trotzdem in den Haushaltsjahren 2010 1,6 Mrd. Euro und 2013 1,8 Mrd. Euro neue Kredite auf.

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Der Rechnungshof beanstandet die Bildung von Rücklagen und Sondervermögen zur Absicherung von Haushaltsrisiken und zur Vorsorge künftiger Zahlungsverpflichtungen des Landes nicht grundsätzlich. Die Aufnahme neuer Kredite bei gleichzeitig hohen kassenmäßigen Überschüssen ist jedoch nicht nachvollziehbar. Der stetige und zuletzt sprunghafte Anstieg der kassenmäßigen Überschüsse im vergangenen Haushaltsjahr zeigt, dass die Nettokreditaufnahme verzichtbar war.

3 Haushaltsrisiken durch Bürgschaften, Garantien und Gewährleistungen

Tabelle 5 zeigt den Stand und die Entwicklung der vom Land aufgrund der Ermächtigung im jeweiligen Staatshaushaltsgesetz übernommenen Gewährleistungen.

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Das Land hat 2009 seine Bürgschafts- und Garantieverpflichtungen erheblich ausgeweitet. Im Wesentlichen war dies durch eine Erhöhung des Garantievolumens um 12,7 Mrd. Euro für die LBBW bedingt. Seither liegt das Garantievolumen zwischen 24,2 Mrd. Euro und 25,9 Mrd. Euro.

Über diese Bürgschaften hinaus haftet das Land als Gewährträger für die Verbindlichkeiten der LBBW, der L-Bank, der Universitätsklinika sowie der Zentren für Psychiatrie und weiterer Anstalten des öffentlichen Rechts. Die Höhe dieser Eventualverbindlichkeiten kann ihrem Wesen nach betragsmäßig nicht beziffert werden. Das Land haftet grundsätzlich unbeschränkt. Es kann jedoch erst in Anspruch genommen werden, wenn die Gläubiger aus dem Vermögen dieser Einrichtungen nicht befriedigt werden können.

4 Empfehlungen

In der Verschuldungssituation des Landes spiegelt sich grundsätzlich, ob die Einnahmen - ohne Einnahmen aus Nettokrediten - ausgereicht haben, alle Ausgaben zu decken. Auf Schulden zu verzichten, bedeutet regelmäßig, Einnahmen zu erhöhen oder Ausgaben zu senken. Vor dem Hintergrund der angehäuften Schuldenberge ist dies nach wie vor dringend geboten.

Unabhängig davon empfiehlt der Rechnungshof angesichts der kassenmäßigen Überschüsse von 3,2 Mrd. Euro (Stand 31.12.2013), auf die geplante Nettokreditaufnahme von 1,2 Mrd. Euro im Haushaltsjahr 2014 vollständig zu verzichten. Die zur Absicherung von Haushaltsrisiken benötigten Mittel aus Kassenüberschüssen sollten - wie bisher - zweckgebunden einer Rücklage zugeführt werden.

5 Stellungnahme des Ministeriums

Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft weist darauf hin, dass es dem Gesetzgeber vorbehalten bleibt, die nach dem Finanzplan 2020 vorgesehene Nettokreditaufnahme festzulegen. Bei der dargestellten Pro-Kopf-Verschuldung der Flächenländer 2013 sei zu berücksichtigen, dass hierin auch rechnerische Effekte durch den neu ermittelten Zensus enthalten sind. Schließlich sei die Darstellung des kassenmäßigen Überschusses nur eine Momentaufnahme. Haushaltswirtschaftlich entscheidend sei der rechnungsmäßige Überschuss.

6 Schlussbemerkung

Der Rechnungshof bleibt bei seiner Empfehlung, das Land solle angesichts der Kassenlage 2014 auf die geplante Nettokreditaufnahme verzichten. Darüber hinaus sind die Haushalte ab 2015 so zu planen, dass das Ziel eines strukturell ausgeglichenen Haushalts schon vor 2020 erreicht wird.


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Nach dem Finanzplan 2020 soll die Neuverschuldung stufenweise von 1.068 Mio. Euro 2015 bis auf 180 Mio. Euro 2019 zurückgeführt werden. Ab 2020 sollen keine neuen Schulden mehr gemacht werden. Hierzu müssen die jährlichen Ausgaben dauerhaft um mehr als 1 Mrd. Euro gesenkt werden.

Der Rechnungshof sieht Risiken im Hinblick auf die Realisierung des Finanzplans 2020. Ein Teil der im Finanzplan vorgesehenen Maßnahmen wirkt punktuell und trägt nicht nachhaltig zur Konsolidierung bei.


1 Ausgangslage

Durch Art. 109 Abs. 3, 143d Abs. 1 Grundgesetz ist das Ziel, den Landeshaushalt spätestens ab 2020 dauerhaft ohne Kredite auszugleichen, verfassungsrechtlich vorgegeben. Dieses Ziel zu erreichen, ist auch finanzpolitisch notwendig. Nur so kann der Haushalt konsolidiert werden, damit sich finanzielle Spielräume für neue Aufgaben und Investitionen ergeben.

Die Landesregierung hat hierfür den Finanzplan 2020 beschlossen. Dieser war nach § 18 Abs. 10 Landeshaushaltsordnung erstmals zum 01.07.2013 vorzulegen. In der Fassung vom Januar 2014 ist vorgesehen, dass sich die Einnahmen und Ausgaben wie folgt entwickeln:

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Tatsächlich betrugen 2013 die Einnahmen 41 Mrd. Euro und die Ausgaben 41,2 Mrd. Euro.

Trotz der im Planungszeitraum angenommenen Einnahmesteigerungen von jährlich durchschnittlich 1,2 Mrd. Euro würde der negative Saldo nur gering von 1,78 Mrd. Euro (2013) auf 1,47 Mrd. Euro (2020) sinken.

Der negative Finanzierungssaldo soll bis 2019 zur Hälfte durch neue Kredite gedeckt werden. Bis 2020 würde sich das Land um weitere 6,1 Mrd. Euro auf dann insgesamt über 50 Mrd. Euro verschulden.

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Das Land muss demnach ab 2020 dauerhaft jährlich 1,07 Mrd. Euro gegenüber den Ausgaben einsparen, die sich bei einer üblichen Fortschreibung der Ausgaben 2013 ergeben würden. Erst dann wäre der Haushalt strukturell ausgeglichen.

2 Haushaltsrisiken

Die dem Finanzplan 2020 zugrunde liegenden Annahmen blenden Risiken aus und erscheinen zu optimistisch.

2.1 Steuermehreinnahmen durch Rechtsänderungen sind nicht absehbar

Die Landesregierung geht davon aus, dass ab 2015 durch geändertes Steuerrecht oder eine Neuordnung der Bund-/Länder-Finanzbeziehungen jährlich 400 Mio. Euro zusätzliche Einnahmen erzielt werden. Grundlage für die erwarteten Steuermehreinnahmen war die Erwartung, dass der Deutsche Bundestag die entsprechenden Steuererhöhungen beschließen werde. Im Koalitionsvertrag vom Dezember 2013 sind diese jedoch nicht vorgesehen.

Realistischerweise kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass sich die erwarteten Steuermehreinnahmen durch Steuerrechtsänderungen in den im Finanzplan genannten Zeiträumen realisieren lassen.

Ebenso bleiben die Verhandlungen über die Neuordnung der Bund-/Länder-Finanzbeziehungen abzuwarten. Es ist fraglich, ob vor Ablauf der bis 2019 geltenden Regelungen den Ländern Mehreinnahmen in der erwarteten Höhe zufließen.

Bei den Einnahmen besteht aus heutiger Sicht ab 2015 eine jährliche Deckungslücke von 400 Mio. Euro.

2.2 Vorgesehene Konsolidierungsvorgaben formulieren ehrgeizige Ziele

Nach dem Abbaupfad müssen die Ressorts ab 2015 ihre Ausgaben erheblich senken. Die Landesregierung hat hierzu einen verbindlichen Orientierungsplan erstellt, der die jährlichen Konsolidierungsvorgaben auf die Geschäftsbereiche verteilt. Fünf Ministerien müssen Konsolidierungsvorgaben in zweistelliger Millionenhöhe erbringen.

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Es erscheint unrealistisch, dass die Ministerien Konsolidierungen in dieser Größenordnung erbringen können, ohne grundsätzliche, ausgabenmindernde Entscheidungen zu treffen. Dies können unter Berücksichtigung der Größenordnungen nur Personalabbau, möglichst mit Aufgabenabbau und Reduzieren von Förderungen und Zuwendungen sein. Über die notwendigen Einschnitte muss aus Sicht des Rechnungshofs sehr zeitnah entschieden werden. Der Rechnungshof hat hierzu jeweils Vorschläge gemacht.

Der mit Abstand größte Konsolidierungsbeitrag soll beim Einzelplan 12 Allgemeine Finanzverwaltung mit 296,4 Mio. Euro (2015) beziehungsweise 404,1 Mio. Euro (2016) erbracht werden. Die Entscheidungen zur Erfüllung der Konsolidierungsvorgaben sollen im Rahmen der Planaufstellung des Doppelhaushalts 2015/2016 getroffen werden. Aus Sicht des Rechnungshofs kommen dafür die nachfolgend aufgeführten Ausgabepositionen in Betracht:

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Um die finanziellen Dimensionen kenntlich zu machen, sind in der obigen Aufstellung die Beträge für das Haushaltsjahr 2014 in der Fassung des 2. Nachtrags angeführt. In den Ausgabeansätzen sind teilweise Bundes-, Dritt- oder Transfermittel enthalten.

Einsparungen beim Staatlichen Hochbau, Staatsvermögen und bei der Zukunftsoffensive III würden zu geringeren Investitionen führen. Die Ausgaben für Versorgung können nur gesenkt werden, wenn gesetzlich festgelegte Leistungen vermindert werden.

Die Ausgaben für Schulden und Forderungen betreffen insbesondere Zinszahlungen. Der Rechnungshof hält es für durchaus realistisch, dass diese Ausgaben für einige Jahre deutlich geringer sein werden als seither angenommen, weil sich in den nächsten Jahren die neueren Kreditverträge mit deutlich geringeren Zinsen (historisches Zinstief) auswirken werden. Allerdings handelt es sich dabei nicht um strukturelle Einsparungen.

Wesentliche Ausgabepositionen bei Kapitel 1212 Sammelansätze sind die „globalen Mehrausgaben für Personalausgaben“. Hieraus werden insbesondere die zu erwartenden linearen Gehalts- und Entgeltsteigerungen finanziert.

2.3 Bereits beschlossene Stellenstreichungen müssen realisiert werden

Im Staatshaushaltsplan 2014 in der Fassung des 2. Nachtrags sind mehr als 17.000 Stellen mit dem Vermerk als „künftig wegfallend“ (kw-Stellen) ausgebracht. Davon sind 1.300 Wegfallvermerke nur für verwaltungstechnische Zwecke im Staatshaushaltsplan enthalten. Sie werden benötigt, weil bei Personalverschiebungen während des Haushaltsjahres Stellen doppelt vorhanden sein müssen. Dies ist insbesondere im Schulbereich der Fall, da dort Personal regelmäßig zum Schuljahresbeginn wechselt. Von den verbleibenden 15.700 Stellen sind von 2014 bis 2019 mehr als 11.300 Stellen zu streichen. Dies stellt die Landesverwaltung vor eine enorme Herausforderung.

Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft berücksichtigt kw-Stellen ausgabemindernd bei seinen Finanzplanungen. Für jede kw-Stelle wurden ab dem Jahr nach dem Wegfall grundsätzlich pauschal 50.000 Euro geringere Personalausgaben angenommen. Falls nur 1.000 Stellen nicht gestrichen werden, erhöht sich die jährliche Deckungslücke um mehr als 50 Mio. Euro.

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Die bereits beschlossenen Stellenstreichungen sollen den Haushalt von 2014 bis 2019 um 570 Mio. Euro entlasten. Dies entspricht rechnerisch einer strukturell wirkenden Ausgabenkürzung von durchschnittlich 95 Mio. Euro je Jahr. Das bedeutet aber auch, dass für jede kw-Stelle, deren kw-Vermerk vom Haushaltsgesetzgeber hinausgeschoben wird, jährlich rechnerisch 50.000 Euro Mehrausgaben anfallen, die in der Finanzplanung nicht enthalten sind. Die 2020 zu streichenden 1.294 kw-Stellen sind hierbei nicht berücksichtigt, da diese Stellen erst ab 2021 zu Haushaltseinsparungen führen.

Ob es gelingen wird, alle im Haushaltsgesetz vorgesehenen kw-Stellen planmäßig zu streichen, erscheint dem Rechnungshof aufgrund bisheriger Erfahrungen und der anhaltenden politischen Diskussion fraglich. In der Vergangenheit wurden viele kw-Stellen nicht rechtzeitig, teilweise überhaupt nicht gestrichen. Auch jetzt argumentieren einige der betroffenen Ministerien, dass die Stellen nicht im geplanten Umfang gestrichen werden können.

Nach dem geltenden Haushaltsplan sind die meisten Stellen bis 2019 bei folgenden Ministerien zu streichen:

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Das Wissenschaftsministerium hat erklärt, dass es die kw-Stellen wie geplant streichen kann. Ein großer Teil der kw-Stellen (350) wurde durch das sogenannte Überlastprogramm (doppelter Abiturjahrgang und Umstellung auf Master-Studiengänge) geschaffen. Diese Stellen sollen zum 30.09.2017 wegfallen. Allerdings soll darüber im Rahmen des neu auszuhandelnden Hochschul-Solidarpakts entschieden werden. Mit Blick auf die bis auf Weiteres steigenden Studentenzahlen ist nach allen Erfahrungen davon auszugehen, dass dies auf erhebliche Widerstände stoßen wird.

Das Innenministerium geht davon aus, dass es die hauptsächlich auf den Polizeibereich entfallenden kw-Stellen streichen kann. Diese kw-Stellen wurden für eine Einstellungsoffensive zur Abmilderung der Pensionswelle der kommenden Jahre und wegen des doppelten Abiturjahrgangs geschaffen. Jedoch sieht das Ministerium in seiner Bedarfsprognose einen weiteren Stellenbedarf für die Polizei vor. Ab 2015 würden nach Angaben des Ministeriums vom November 2013 zusätzliche 590 kw-Stellen benötigt, die ab 2018 bis Ende 2020 im Zuge von Pensionierungen wieder schrittweise gestrichen werden sollen. Falls diese Stellen beschlossen werden sollten, fallen hierfür bisher nicht kalkulierte und ungedeckte Mehrausgaben an.

Das Kultusministerium muss die mit Abstand meisten kw-Stellen streichen. Hiervon sind fast alle Schularten betroffen.

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Die 10.600 Stellen sollen gestrichen werden, weil die seit 2004 rückläufigen Schülerzahlen Einsparungen ermöglichen. Trotz des seit acht Jahren anhaltenden, gut prognostizierbaren Trends wurden bisher jedoch erstmalig 2013 Stellen aus diesem Grund gestrichen. Zusätzlich zu der Entlastung aus dem Schülerrückgang können noch Ressourcengewinne über sogenannte Kompensationsmaßnahmen, wie z. B. die spätere Gewährung der Altersermäßigung oder Regionale Schulentwicklung, für Maßnahmen des „Bildungsaufbruchs“ generiert werden.

Das Kultusministerium weist allerdings darauf hin, dass der Landtag politische Entscheidungen getroffen hat, die zu einem höheren Stellenbedarf führen. Hier seien insbesondere Regelungen zu einer besseren Inklusion an Schulen, der Ausbau der Gemeinschaftsschulen und der Ausbau der Ganztagsschulen vor allem an Grundschulen und den Grundstufen der Förderschulen zu nennen. Hinzu kämen bildungspolitische Notwendigkeiten, wie z. B. die Bereitstellung zusätzlicher Sprachförderangebote für die stark angestiegene Zahl an Kindern und Jugendlichen aus Zuwanderer- und Flüchtlingsfamilien. Auch das neue Landespersonalvertretungsgesetz werde zu einem Mehrbedarf von voraussichtlich 200 Deputaten führen. Nicht zuletzt weist das Ministerium darauf hin, dass der nach der aktuellen Schülerzahlvorausrechnung des Statistischen Landesamts aus 2010 prognostizierte Schülerrückgang an öffentlichen Schulen im Geschäftsbereich des Kultusministeriums nicht im erwarteten Umfang eingetreten sei: Konkret liege z. B. die Ist-Schülerzahl im Schuljahr 2013/14 um mehr als 30.000 höher als erwartet. Da mehr Schülerinnen und Schüler zu beschulen seien, müssten die entsprechenden Lehrerkapazitäten vorgehalten werden. Das Ministerium sieht sich angesichts des geringeren Schülerrückgangs und der gegebenen zusätzlichen Anforderungen nicht in der Lage, die fachlichen Anforderungen der Politik zu erfüllen und gleichzeitig die geplanten kw-Stellen zu streichen.

3 Budgetierungsansatz tragfähig?

Mit ihren Orientierungsplänen zur Reduzierung des strukturellen Defizits geht die Landesregierung einen Weg, der letztlich die Verantwortlichkeit jedes Ressortministers in hohem Maße fordert. Im Unterschied zu früheren Versuchen zur Haushaltskonsolidierung werden nicht zentral (vom damaligen Finanzministerium) konzipierte Stellenkürzungsprogramme beschlossen. Stattdessen sind die Orientierungspläne in Geldbeträgen ausgedrückte Sparauflagen, die aber bei den gegebenen Größenordnungen nicht ohne deutlich spürbare Personalreduzierungen eingehalten werden können. Der Rechnungshof steht diesem Ansatz aufgeschlossen gegenüber. Seine praktische Tragfähigkeit muss sich aber erst noch erweisen. Insbesondere muss der Gefahr begegnet werden, dass in den einzelnen Verantwortungsbereichen - auch durch Aktivitäten von Interessengruppen - so stark politischer Druck erzeugt wird, dass die Orientierungspläne aus politischen Gründen am Ende nicht eingehalten werden.

4 Hoffnung auf konjunkturbedingte Mehreinnahmen und Realisierung von Haushaltsreserven

Wie oben unter Punkt 2.2 dargestellt, will die Landesregierung den größten Teil des Betrags, der bis 2020 eingespart werden muss, aus dem Einzelplan 12 erwirtschaften. Dieser Einzelplan, dessen Inanspruchnahme für Konsolidierungszwecke erfahrungsgemäß zu keinen größeren politischen Auseinandersetzungen führt, ist in gewisser Weise (auch) traditionell die Haushaltsreserve des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft. Hier können sich Spielräume ergeben, durch

  • konjunkturell bedingte Steuermehreinnahmen,

 

  • geringere Zinszahlungen als prognostiziert wegen weiter anhaltendem niedrigen Zinsniveaus,

 

  • geringere Lohn- und Gehaltszahlungen als erwartet oder prognostiziert,

 

  • Veränderungen im Vermögen des Landes (beispielsweise Grundstücks- oder Beteiligungsveräußerungen),

 

  • hohe Überschüsse aus früheren Haushaltsjahren und

 

  • offene Kreditermächtigungen aus früheren Haushaltsjahren.

Nach derzeitiger Einschätzung dieser Reserven durch den Rechnungshof ist es keineswegs ausgeschlossen, dass das Land die dem Einzelplan 12 zugewiesene „Hauptlast“ der Einsparungen tatsächlich erbringen kann. Durch das einmalige Ausnützen dieser Spielräume wird allerdings keine dauerhaft tragfähige Konsolidierung des Landeshaushalts erreicht.

5 Gesamtwertung und Empfehlung

Die Verlagerung eines großen Teils des nötigen Einsparvolumens auf den Einzelplan 12 erleichtert es politisch und tatsächlich, das Einsparziel punktuell zu erreichen, weil dadurch deutlich weniger Aufgaben definiert werden müssen, die nicht mehr finanzierbar sind. Für eine dauerhafte Konsolidierung des Landeshaushalts sind jedoch darüber hinaus strukturelle Entscheidungen erforderlich, die die Ausgaben dauerhaft mindern. Dazu hat der Rechnungshof in der Vergangenheit zahlreiche Vorschläge gemacht und wird dies weiter tun.

6 Stellungnahme des Ministeriums

Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft weist darauf hin, dass sich die Landesregierung mit einer Selbstbindung verpflichtet hat, von 2013 bis 2019 die Neuverschuldung auf 6,4 Mrd. Euro zu begrenzen. Da der beschlossene Finanzplan eine aktuelle Momentaufnahme ist, würde es nicht zutreffen, dass die Regierung Risiken ausblende. Insbesondere geht die Regierung immer noch von strukturell höheren Steuereinnahmen für das Land aus. Dies ergäbe sich aus dem Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD auf Bundesebene.

Kw-Stellen werden stets konsequent so vollzogen, wie dies vom Haushaltsgesetzgeber beschlossen ist. Er ist dafür verantwortlich, wie viele Stellen wann gestrichen werden.

Das Ministerium ist nicht der Auffassung, dass die Orientierungspläne nur durch Personalreduzierungen eingehalten werden können. Hierfür kommen auch strukturell höhere Einnahmen in Betracht.


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Das Land hat in mehr als 60 Fällen frühere Dienstherren nicht an den Pensionsausgaben beteiligt. Eine Korrektur der überprüften Zahlfälle führt zu Einnahmen von mehr als 13 Mio. Euro. Mindestens weitere 2 Mio. Euro können nicht geltend gemacht werden, da die Zustimmung vom abgebenden Dienstherrn vor dem Wechsel nicht eingeholt wurde.


1 Ausgangslage

1.1 Rechtliche Grundlagen

Beamte im Ruhestand erhalten ihre vollen Versorgungsbezüge von ihrem letzten Dienstherrn. Dies gilt auch, wenn sie ihre Dienstzeit bei unterschiedlichen Dienstherren verbrachten.

1.1.1 Länderübergreifende Dienstherrenwechsel

Nach den bis Ende 2010 geltenden Regelungen (§ 107b Beamtenversorgungsgesetz) erhielt der letzte Dienstherr für die bei früheren Dienstherren verbrachten Dienstzeiten einen Teil der laufenden Versorgungsbezüge erstattet. Die Höhe der finanziellen Beteiligung wurde erst festgesetzt, nachdem der Beamte in den Ruhestand getreten war.

Im Zuge der Föderalismusreform I ist ein finanzielles Abgeltungsmodell entwickelt worden, welches bereits beim Wechsel des Dienstherrn wirksam wird.

Seit 01.01.2011 gilt für Dienstherrenwechsel zwischen Bund, Ländern oder sonstigen öffentlichen Körperschaften der Versorgungslastenteilungs-Staatsvertrag. Danach zahlt der abgebende Dienstherr für die bei ihm erdiente Versorgungsanwartschaft dem aufnehmenden Dienstherrn sofort eine einmalige, pauschalierte Abfindung. Dafür trägt dieser im späteren Ruhestand die gesamten Versorgungsausgaben.

1.1.2 Landesinterne Dienstherrenwechsel

Die Regelungen für landesinterne Dienstherrenwechsel (etwa Kommune zum Land) im Landesbeamtenversorgungsgesetz (§§ 78 ff.) entsprechen denen des Versorgungslastenteilungs-Staatsvertrags.

1.2 Zustimmungserfordernis des abgebenden Dienstherrn zur Versorgungslastenteilung

Eine Verteilung der Versorgungslasten findet grundsätzlich statt, wenn der abgebende Dienstherr dem Dienstherrenwechsel ausdrücklich zugestimmt hat. Die personalverwaltende Stelle hat die Zustimmung vor dem Wechsel beim abgebenden Dienstherrn einzuholen.

Die Erklärung kann sich auch konkludent aus der dienstlichen Maßnahme wie der Versetzungsverfügung ergeben, mit der der Dienstherrenwechsel vollzogen wird.

1.2.1 Länderübergreifende Dienstherrenwechsel

Der Versorgungslastenteilungs-Staatsvertrag sieht in § 3 Abs. 3 zudem für einzelne Fallgestaltungen eine Zustimmungsfiktion vor. Danach gilt die Zustimmung als erteilt, „wenn Professorinnen und Professoren beim abgebenden Dienstherrn eine Dienstzeit von drei Jahren abgeleistet haben“. Sollten noch keine drei Jahre bei dem abgebenden Dienstherrn geleistet worden sein, bedarf es weiter der ausdrücklichen Zustimmung.

Die zweite Zustimmungsfiktion betrifft Beamtinnen und Beamte auf Zeit oder Soldatinnen und Soldaten auf Zeit, die mit Ablauf ihrer Dienst- oder Amtszeit bei einem neuen Dienstherrn eintreten.

Schließlich gilt die Zustimmung als erteilt, „wenn eine Wahl Voraussetzung für die Begründung des Beamtenverhältnisses ist“.

Für den Wechsel von Wissenschaftlern bestand in der Vergangenheit eine pragmatische Vorgehensweise. Die Zustimmung zur Teilung der Versorgungslasten im Sinne des Beamtenversorgungsgesetzes sollte als erteilt gelten, wenn sich das zuständige Ministerium nicht ausdrücklich gegen die Berufung aussprach.

1.2.2 Landesinterne Dienstherrenwechsel

Wie der Versorgungslastenteilungs-Staatsvertrag sieht auch das Landesrecht für bestimmte Fälle eine gesetzliche Zustimmungsfiktion vor. Diese gilt beispielsweise für kommunale Wahlbeamte, die vor ihrer Wahl im Landesdienst waren. Auch für ihre unmittelbare Rückkehr in den Landesdienst nach Ablauf ihrer kommunalen Amtszeit gilt die Zustimmung als erteilt.

1.3 Geltendmachung der Versorgungslastenteilung

Wechselt ein Beamter von einem anderen Dienstherrn zum Land, müssen die personalverwaltenden Dienststellen dem Landesamt für Besoldung und Versorgung entsprechende Informationen über die Versorgungslastenteilung übermitteln. Dies geschieht elektronisch über das landeseinheitliche Personalverwaltungssystem DIPSY oder in Papierform. Aufgrund dieser Informationen macht das Landesamt die Ansprüche gegenüber früheren Dienstherren geltend.

1.4 Prüfungen der Finanzkontrolle

Die Finanzkontrolle hatte bei Prüfungen im Landesamt für Besoldung und Versorgung mehrere Sachverhalte festgestellt, in denen die Versorgungslastenteilung fehlerhaft war. Daraufhin wurden typische Fallgruppen beim Landesamt überprüft. Untersucht wurden insgesamt 1.765 Fälle. Betroffen waren sowohl Fälle nach der früheren bundesrechtlichen Regelung als auch nach dem Versorgungslastenteilungs-Staatsvertrag. Beleuchtet wurde ebenfalls, wie die personalverwaltenden Dienststellen ihre Aufgabe in diesem Bereich wahrgenommen haben.

Derzeit wechseln mehr Beamte vom Land Baden-Württemberg zu anderen Dienstherren als umgekehrt. Bezogen auf 2011 und 2012 beträgt der „Abwanderungs-Saldo“ 111 Landesbeamte. 50 davon betreffen Dienstherrenwechsel zu Kommunen im Land.

Der Bundesrechnungshof und mehrere Landesrechnungshöfe prüfen ebenfalls diese Thematik. Daraus könnten sich auch Forderungen gegen Baden-Württemberg ergeben.

2 Prüfungsergebnisse

2.1 Versäumnisse von personalverwaltenden Dienststellen

2.1.1 Einverständnis nicht eingeholt

Bei der Prüfung hat die Finanzkontrolle festgestellt, dass in sieben Fällen die personalverwaltenden Stellen das erforderliche Einverständnis des abgebenden Dienstherrn nicht eingeholt haben. Diese Versäumnisse haben zu einem Einnahmeausfall von 1,5 Mio. Euro geführt.

2.1.2 Zustimmung des abgebenden Dienstherrn nicht weitergeleitet

In 15 Fällen wurde versäumt, die Zustimmung dem Landesamt für Besoldung und Versorgung mitzuteilen. Ein solches Versäumnis entstand vor allem dadurch, dass die Personaldaten unvollständig oder fehlerhaft im landeseinheitlichen Personalverwaltungssystem DIPSY erfasst wurden. In diesen Fällen hätte das Land im Versorgungsfall die gesamten Versorgungsausgaben allein tragen müssen.

2.1.3 Falsche Angaben an das Landesamt für Besoldung und Versorgung mitgeteilt

Beim Wissenschaftsministerium stellte sich in 17 Fällen heraus, dass die dem Landesamt für Besoldung und Versorgung mitgeteilten Angaben zur Versorgungslastenteilung teilweise falsch waren. Auf Anfrage des Landesamts teilte die personalverwaltende Stelle des Ministeriums für einige Personalfälle zunächst mit, dass mit den früheren Dienstherren keine Vereinbarungen über die Teilung der Versorgungslasten getroffen worden seien. Bei der Prüfung durch die Finanzkontrolle stellte sich heraus, dass in einigen der fraglichen Fälle eine ausdrückliche Zustimmung in den Akten der Fachabteilung des Ministeriums vorlag. In anderen Fällen hätte das Ministerium die Zustimmung nach der im Wissenschaftsbereich geltenden Festlegung unterstellen können.

Das Landesamt hat inzwischen in diesen Fällen die Teilung der Versorgungslasten veranlasst. Hierdurch fließen dem Land Einnahmen von 4,5 Mio. Euro zu.

2.2 Versäumnisse beim Landesamt für Besoldung und Versorgung

2.2.1 Ansprüche gegen frühere Dienstherren nicht geltend gemacht

Trotz der vorliegenden Zustimmung des jeweils abgebenden Dienstherrn hat das Landesamt in 46 Fällen die Teilung der Versorgungslasten nicht geltend gemacht. Die Aufarbeitung der festgestellten Sachverhalte führt zu Einnahmen von 8,9 Mio. Euro.

2.2.2 Ansprüche verspätet geltend gemacht und Zahlungseingang nicht überwacht

Außerdem waren Mängel in der Bearbeitung von 63 Personalfällen festzustellen, in denen es um die Teilung von Versorgungslasten geht. Zu beanstanden war insbesondere, dass

  • wegen fehlerhafter Dateneingaben und wegen mangelhafter Vorgangsbearbeitung Ansprüche aus der Teilung von Versorgungslasten nicht geltend gemacht wurden;

 

  • Erstattungsansprüche aus der Versorgungslastenteilung wegen verspäteter Geltendmachung teilweise verjährt waren;

 

  • die Bearbeitung der geltend zu machenden Abfindungszahlungen nach dem Versorgungslastenteilungs-Staatsvertrag in Einzelfällen bis zu 30 Monaten dauerte;

 

  • der fristgerechte Zahlungseingang von geltend gemachten Abfindungen teilweise nicht überwacht wurde und deshalb Verjährung drohte.

2.3 Zustimmung von kommunalen Dienstherren beim Wechsel in eine politische Beamtenstellung im Land nicht eingeholt

Bei ihrer Prüfung ist die Finanzkontrolle auch auf drei Fälle gestoßen, in denen kommunale Wahlbeamte innerhalb ihrer Amtszeit zu politischen Beamten des Landes ernannt wurden. Durch die Ernennung zu politischen Beamten endete das bestehende Beamtenverhältnis zur Kommune kraft Gesetzes.

In den genannten Fällen waren keine Zustimmungen zur Versorgungslastenteilung eingeholt worden. Deshalb konnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung mögliche Ansprüche gegenüber früheren Dienstherren von 1,1 Mio. Euro nicht geltend machen. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus der Summe der drei Abfindungen. Die Höhe der jeweiligen Abfindung berechnet sich aus den Bezügen, der Dienstzeit in Monaten und einem Bemessungssatz, der vom jeweiligen Lebensalter abhängig ist. Die zuständigen Ministerien erklärten, wegen Besonderheiten aus dem Status und der Berufung von politischen Beamten hätten sie die Zustimmung des abgebenden Dienstherrn nicht eingeholt.

Es sind keine nachvollziehbaren Gründe ersichtlich, bei politischen Beamten auf eine mögliche Teilung der Versorgungslasten aus politischen Erwägungen zu verzichten. Vor allem bei langjähriger Dauer des früheren Dienstverhältnisses ist es nicht sachgerecht, dass der letzte Dienstherr die volle Versorgung allein trägt.

Eine den kommunalen Wahlbeamten vergleichbare Interessenlage könnte bei politischen Beamten vorliegen. Daher ist naheliegend, eine entsprechende Zustimmungsfiktion für diesen Personenkreis sowohl im Versorgungslastenteilungs-Staatsvertrag für länderübergreifende als auch im Landesrecht für landesinterne Dienstherrenwechsel vorzusehen.

Das Versorgungslastenverteilungsgesetz Nordrhein-Westfalen sieht bei landesinternen Dienstherrenwechseln in allen Fällen eine Versorgungslastenteilung vor. Ein hierzu ergangener Runderlass des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen zur Durchführung des Versorgungslastenverteilungsgesetzes regelt zu landesinternen Dienstherrnwechseln: Eine Versorgungslastenteilung findet auch dann statt, wenn der abgebende Dienstherr ausdrücklich seine Zustimmung zur Übernahme verweigert.

3 Empfehlungen

3.1 Zustimmung des abgebenden Dienstherrn konsequent einholen

Die personalverwaltenden Dienststellen müssen die landesrechtlichen Vorschriften sowie den Versorgungslastenteilungs-Staatsvertrag bei Dienstherrnwechseln besser beachten. Sie müssen sich konsequent um die Zustimmung des abgebenden Dienstherrn zur Teilung der Versorgungslast bemühen. Vorgänge mit Versorgungslastenteilung müssen sorgfältig bearbeitet und der sachgerechte Datenfluss zum Landesamt für Besoldung und Versorgung sichergestellt werden.

Aufgrund der Prüfung hat das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft die Ressorts mit Schreiben vom Februar 2014 hierzu bereits aufgefordert.

3.2 Bearbeitung beim Landesamt für Besoldung und Versorgung optimieren

Das Landesamt für Besoldung und Versorgung muss Sachverhalte, bei denen eine Teilung der Versorgungslast möglich ist, vollständig und zeitnah bearbeiten. Hierzu ist sicherzustellen, dass die interne Datenübermittlung zur Geltendmachung finanzieller Ansprüche reibungslos funktioniert. Mit Blick auf die Größenordnung der Ansprüche aus der Teilung von Versorgungslasten muss die Bearbeitung beschleunigt werden. Außerdem müssen geltend gemachte Ansprüche konsequent eingefordert und die Überwachung des Zahlungseingangs deutlich verbessert werden. Das Landesamt muss hierzu die Möglichkeiten einer weiteren informationstechnischen Unterstützung besser nutzen.

3.3 Weitere Zustimmungsfiktionen zur Verteilung von Versorgungslasten einführen

3.3.1 Zustimmungsfiktion im Versorgungslastenteilungs-Staatsvertrag erweitern

Für politische Beamte sollte eine Zustimmungsfiktion in § 3 Abs. 3 des Versorgungslastenteilungs-Staatsvertrags für länderübergreifende Dienstherrenwechsel eingeführt werden.

3.3.2 Versorgungslasten bei landesinternen Dienstherrenwechseln generell teilen

Bei landesinternen Dienstherrenwechseln sollten die Versorgungslasten generell geteilt werden.

Zumindest sollte geprüft werden, in § 79 Abs. 2 des Landesbeamtenversorgungsgesetzes bei landesinternen Dienstherrenwechseln für politische Beamte eine Zustimmungsfiktion einzuführen.

4 Stellungnahme des Ministeriums

Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft hat in Abstimmung mit dem Staatsministerium, dem Kultusministerium und dem Sozialministerium Stellung genommen. Das Wissenschaftsministerium hat keine Einwendungen geltend gemacht.

4.1 Aufarbeiten der Rückstände

Das Ministerium teilt mit, von den zum Zeitpunkt der Prüfung noch offenen Erstattungsansprüchen von 8,9 Mio. Euro seien im April 2014 lediglich noch 2,7 Mio. Euro offen. Es seien also mittlerweile Forderungen von 6,2 Mio. Euro realisiert worden. Bei einem weiteren bereits geltend gemachten Erstattungsbetrag von 0,9 Mio. Euro stehe der Zahlungseingang noch aus. Da die restlichen Erstattungsansprüche ebenfalls noch geltend gemacht werden könnten, werde dem Land Baden-Württemberg diesbezüglich kein Schaden entstehen.

Im Raum könnte lediglich eine eventuell verjährte Forderung von 35.659,80 Euro stehen. In dem betroffenen Fall gehe es um einen Erstattungsanspruch nach § 107b des Beamtenversorgungsgesetzes (alte Fassung), bei dem die Bearbeiter bislang von einer dreijährigen Verjährungsfrist ausgingen. Jedoch werde in einem derzeit anhängigen Verfahren zwischen zwei anderen Ländern darüber gestritten, ob in solchen Fällen die dreijährige oder vielmehr die dreißigjährige Verjährungsfrist Anwendung findet. Diese Entscheidung bleibe abzuwarten.

Das Landesamt für Besoldung und Versorgung arbeite die Rückstände momentan auf. Da bei der Neuorganisation des Landesamts ein neues Versorgungsfestsetzungsreferat eingerichtet und die personelle Situation im Bereich der Versorgungslastenteilung verbessert worden sei, würden Rückstände in Zukunft vermieden.

Bei zwei der genannten drei Einzelfälle, in denen Beamte in eine politische Beamtenstellung im Land gewechselt sind, werde zwischenzeitlich mit den abgebenden Dienstherren zu klären versucht, ob möglicherweise eine konkludente Zustimmung zur Versorgungslastenteilung vorliegt. Sollte dies der Fall sein, könnte eine Versorgungslastenteilung zugunsten des Landes eventuell noch nachgeholt werden.

4.2 Weitere Zustimmungsfiktionen zur Teilung von Versorgungslasten

Zur Empfehlung des Rechnungshofs, weitere Zustimmungsfiktionen einzuführen, bedürfe es einer entsprechenden politischen Willensbildung bei den Ländern und dem Bund (hinsichtlich des Versorgungslastenteilungs-Staatsvertrags) und im Land (hinsichtlich des Landesbeamtenversorgungsgesetzes).

Für eine Zustimmungsfiktion für politische Beamte spreche, dass damit das Land Baden-Württemberg als aufnehmender Dienstherr keine Versorgungslasten für Zeiten tragen müsse, die den abgebenden Dienstherren zugutekommen. Auch würde dadurch das Verfahren vereinfacht.

Dagegen spreche, dass die abgebenden Dienstherren dann keine sachlichen Gründe mehr anbringen könnten, die einer Übernahme entgegenstehen (z. B. die Unabkömmlichkeit des Beamten oder eine Mangelsituation beim bisherigen Dienstherrn in der Laufbahn oder dem Aufgabengebiet des Beamten). Zudem würde dadurch der “Geist des Versorgungslastenteilungs-Staatsvertrags“ tangiert. Er habe zum Ziel, dem abgebenden Dienstherrn einen gewissen Handlungsspielraum einzuräumen. Letztlich solle dieser vor „feindlichen Übernahmen“ geschützt werden. Diese Rechte stünden dem abgebenden Dienstherrn nicht uneingeschränkt zu, da die Verweigerung der Zustimmung nur aus dienstlichen Gründen möglich ist. Der abgebende Dienstherr müsse den Abgabezeitpunkt jedoch mit beeinflussen können. Ziel des Staatsvertrags sei, eine einvernehmliche Einigung über den Dienstherrenwechsel zu erreichen.

Das Ministerium weist darauf hin, dass Nordrhein-Westfalen die Regelungen zur Versorgungslastenteilung bei landesinternen Dienstherrenwechseln überprüfen wolle und im Rahmen der Modernisierung des Dienstrechts eine verwaltungsökonomische Lösung anstrebe (siehe Landtag Nordrhein-Westfalen, Drucksache 16/4103).

Die Landesregierung Baden-Württemberg werde unter Abwägung der oben genannten Argumente prüfen, ob eine rein landesrechtliche Lösung in Betracht kommt.

Hinsichtlich einer möglichen Bund-Länder-übergreifenden Regelung habe Anfang April 2014 bereits ein erster Meinungsaustausch bei der Sitzung des Arbeitskreises für Versorgungsfragen in Bonn stattgefunden.


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Einzelplan 02: Staatsministerium

Das Staatsministerium hat 2009 bis 2012 fünf Meinungsumfragen in Auftrag gegeben. Diese Umfragen sind zulässig, soweit deren Inhalte zum Aufgabenbereich der Landesregierung gehören und im staatlichen Interesse liegen. Vier Umfragen enthielten neben zulässigen Themen auch problematische Fragestellungen.


1 Ausgangslage

Das Staatsministerium hat 2009 bis 2012 fünf Meinungsumfragen in Auftrag gegeben. Die Gesamtausgaben für die Umfragen betrugen 214.000 Euro. Im Prüfungszeitraum waren drei Ministerpräsidenten im Amt.

Nach § 6 Landeshaushaltsordnung dürfen Ausgaben nur dann getätigt werden, wenn sie zur Erfüllung der Aufgaben des Landes notwendig sind. Für Meinungsumfragen von Regierungen kann dabei nicht auf eine spezifische höchstrichterliche Rechtsprechung zurückgegriffen werden. Zu Meinungsumfragen parteinaher Stiftungen entschied das Bundesverfassungsgericht 1986, dass sich „die Fragestellungen in ihren Wahluntersuchungen in dem durch die Zielsetzung ihrer wahlsoziologischen Forschung gezogenen Rahmen halten und sich nicht an einem aktuellen Informationsbedürfnis der Parteien vor Wahlen orientieren“ dürfen (BVerfGE 73,1 [32, 33]).

Der Rechnungshof befasste sich in seinen Prüfungen der Fraktionen im Landtag wiederholt mit Meinungsumfragen, zuletzt in der Beratenden Äußerung 2008 (Landtagsdrucksache 14/3531).

Der Bayerische Oberste Rechnungshof nahm in einer Beratenden Äußerung vom Januar 2011 zu den sogenannten Resonanzstudien der Bayerischen Staatsregierung Stellung. Die Resonanzstudien in Bayern und eine Repräsentativbefragung im Auftrag der Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern veranlassten den Bundestagspräsidenten 2011, die Staatskanzleien aufzufordern, bei künftigen Repräsentativbefragungen den Anschein einer Verquickung staatlichen Regierungshandelns mit Aufgaben und Tätigkeiten einer politischen Partei zu vermeiden. Da die fraglichen Umfragen entweder veröffentlicht wurden oder eine exklusive Überlassung an eine Partei nicht festgestellt werden konnte, kam der Bundestagspräsident in seiner Würdigung der Sach- und Rechtslage zu dem Ergebnis, dass ein Verstoß gegen das Parteiengesetz nicht vorlag.

Ob eine Meinungsumfrage des Staatsministeriums zulässig ist, muss der Rechnungshof anhand der ausgewählten Themen und der konkreten Fragestellungen im Einzelfall bewerten.

2 Prüfungsergebnisse

2.1 Inhalte der Meinungsumfragen

Die Meinungsumfragen befassten sich insbesondere mit der allgemeinen wirtschaftlichen Situation im Land, der Situation in bestimmten Politikbereichen, Zufriedenheit mit der Arbeit der Landesregierung, Zufriedenheit mit einer Partei in der Landesregierung, Lösungskompetenzen von Parteien, Beurteilung der Bundesregierung, Politikerbewertungen, Bewertung von Bundes-/Landesparteien, Parteisympathien und Koalitionspräferenzen.

Das Staatsministerium hat im Untersuchungszeitraum das Ergebnis der Sonntagsfrage einer Umfrage an die Fraktionsvorsitzenden weitergegeben. Es wurde auch in einer Pressemitteilung veröffentlicht. Eine spätere Umfrage hat das Staatsministerium in Auszügen der Öffentlichkeit vorgestellt.

Alle fünf Meinungsumfragen enthielten Fragen zu landespolitischen Themen, die einen aktuellen Bezug zur Arbeit der Landesregierung aufweisen. Der Rechnungshof hält Meinungsumfragen des Staatsministeriums zu solchen Themen für zulässig, soweit der Aufgabenbereich der Regierung nicht überschritten wird.

Vier Meinungsumfragen enthielten aber auch problematische Fragestellungen. Hierbei ging es insbesondere um:

  • Fragen nach Parteipräferenz und Wahlabsichten

 

    In drei Umfragen waren die Antworten auf alle oder einzelne Fragen nach der Parteipräferenz der Befragten gegliedert.

    In zwei Umfragen wurden die Befragten nach ihren Wahlabsichten im Falle einer am kommenden Sonntag stattfindenden Landtagswahl gefragt (sogenannte Sonntagsfrage).

    Beide Fragen sind nicht dem Funktionskreis der Regierung zuzurechnen.

 

  • Fragen nach der Koalitionspräferenz

 

    In einer Umfrage wurde nach den Koalitionspräferenzen der Befragten gefragt. Dabei wurden verschiedene denkbare Koalitionen abgefragt.

    Die Bildung von Koalitionen ist Aufgabe der Parteien, die von den Bürgern bei den nächsten Wahlen gewählt werden. Sie ist keine Aufgabe der Landesregierung.

 

  • Fragen nach Lösungskompetenzen der Parteien

 

    In zwei Umfragen wurden die Befragten nach der Kompetenz der Parteien gefragt. In einer Umfrage lautete die Frage: „Ich nenne Ihnen nun einige politische Probleme, die Baden-Württemberg betreffen. Bitte sagen Sie mir jeweils, welcher Partei Sie am ehesten zutrauen, dieses Problem in Baden-Württemberg zu lösen“. Dabei wurden alle im Landtag vertretenen Parteien und eine nicht im Landtag vertretene Partei abgefragt. In der anderen Umfrage wurde gefragt: „Wenn Sie einmal an die Zukunft von Baden-Württemberg denken: Was meinen Sie, wer hat die besseren Ideen, die … [regierende Partei] oder die … [Oppositionspartei]?“.

    Ein Bezug zur Aufgabenstellung der Regierung ist bei diesen Fragen nicht ersichtlich.

 

  • Fragen nach der Zufriedenheit mit der Bundesregierung, der Landesregierung und den Parteien

 

    In vier Umfragen wurde nach der Zufriedenheit der Befragten mit der Landesregierung gefragt. In zwei Umfragen wurde weiter die Zufriedenheit mit der Bundesregierung abgefragt.

    In einer Umfrage wurde die Zufriedenheit der Befragten mit den einzelnen Regierungsparteien in verschiedenen Politikbereichen erfragt. In einer anderen Umfrage wurde nur nach der Zufriedenheit mit der Landes- und Bundespartei des im Zeitpunkt der Umfrage amtierenden Ministerpräsidenten gefragt. In einer Umfrage wurden Aussagen über die Zufriedenheit mit den Oppositionsparteien eingeholt.

    Nach Auffassung des Rechnungshofs kann die Landesregierung die Zufriedenheit der Bürger mit ihrer Arbeit im Allgemeinen sowie in einzelnen Sachfragen oder Politikfeldern eruieren. Fragen nach der Zufriedenheit mit einzelnen Regierungsparteien oder Oppositionsparteien sind nicht zulässig, da kein sachlich zulässiger Zusammenhang mit der Arbeit der Landesregierung besteht. Fragen nach Bundesparteien haben keinen Bezug zum Land. Solche Fragen sind in Meinungsumfragen des Staatsministeriums unzulässig.

    Fragen nach der Zufriedenheit mit der Bundesregierung können im Einzelfall hingenommen werden, jedoch nur wenn sie eine Art Benchmark für die Zufriedenheit mit der Landesregierung darstellen.

 

  • Fragen nach dem Bekanntheitsgrad, der Zufriedenheit, der Beliebtheit und dem Profil einzelner Politiker

 

    Umfragen enthielten mehrfach Fragen nach dem Bekanntheitsgrad, der Zufriedenheit, der Beliebtheit und dem Profil einzelner Politiker. Die Bewertung solcher Fragen ist dabei differenziert zu beurteilen.

 

    o Personenkreis

    Eine Umfrage beinhaltete mehrere Fragen zu einzelnen Politikern. Darunter waren amtierende und frühere Ministerpräsidenten, Minister, Fraktionsvorsitzende aller Fraktionen, ehemalige Fraktionsvorsitzende, Landesvorsitzende der Oppositionsparteien und einer nicht im Landtag vertretenen Partei. Daneben wurde nach dem Einverständnis mit der Politik früherer Ministerpräsidenten gefragt. Weiter wurde im Hinblick auf den neuen Ministerpräsidenten gefragt, ob die Befragten den Wechsel begrüßen. In einer späteren Umfrage wurden die Befragten gebeten, die Arbeit des Ministerpräsidenten zu bewerten.

    Die pauschale Bewertung der Arbeit von Politikern hat nach Ansicht des Rechnungshofs regelmäßig keinen konkreten Sachbezug zu den Aufgaben der Landesregierung. Fragen zu Mitgliedern der Landesregierung sind jedoch grundsätzlich zulässig.

    Die Einbeziehung von Politikern außerhalb der Landesregierung hält der Rechnungshof in Meinungsumfragen des Staatsministeriums generell für unzulässig.

    o Profilvergleich

 

    In einer Umfrage wurde nach dem Profil des Ministerpräsidenten und seines Vorgängers gefragt. Die Ergebnisse wurden in einer Auswertung miteinander verglichen. Außerdem wollten die Interviewer wissen, ob die Befragten glauben, dass der neue Ministerpräsident einen anderen Kurs einschlägt oder nicht. In der folgenden Umfrage wurde das Profil des Ministerpräsidenten nochmals abgefragt und mit den Werten aus der vorhergehenden Umfrage verglichen.

    Fragen zum Profil des Ministerpräsidenten sind zulässig, nicht jedoch Fragen zu Profilvergleichen mit Amtsvorgängern.

2.2 Abstand der Meinungsumfragen zu Wahlen

Eine Umfrage lag zeitlich in der Vorwahlzeit von sechs Monaten vor der Landtagswahl.

Der Rechnungshof hat bei seinen bisherigen Prüfungen der Fraktionen schon mehrmals - zuletzt in der Beratenden Äußerung 2008 - den mangelnden Abstand von Meinungsumfragen zu Wahlen kritisiert. In der Wahlkampfphase sind das verfassungsrechtliche Neutralitätsgebot und die Verpflichtung zur Chancengleichheit im Wettbewerb der Parteien besonders zu beachten. Nach Auffassung des Rechnungshofs kommt diesen Verfassungsgeboten gerade auch bei Meinungsumfragen des Staatsministeriums besondere Bedeutung zu.

3 Empfehlungen

3.1 Meinungsumfragen auf Regierungsaufgaben begrenzen

Entscheidend für die Zulässigkeit von Meinungsumfragen der Landesregierung ist ihre Aufgabenstellung. Weiter ist auf eine klare Abgrenzung zur Parteiarbeit zu achten. Unzulässig sind daher Fragen nach:

  • der Parteipräferenz der Befragten und die Gliederung der Antworten nach deren Parteipräferenz,

 

  • Wahlabsichten und -aussichten,

 

  • Koalitionspräferenzen,

 

  • der Lösungskompetenz der Parteien,

 

  • der Zufriedenheit mit einzelnen Regierungsparteien und mit Oppositionsparteien,

 

  • der Zufriedenheit mit Bundesparteien,

 

  • Bekanntheit, Beliebtheit, Kompetenz und Profil von Politikern, die nicht der Landesregierung angehören.

Zulässig sind hingegen insbesondere Fragen zu Sachthemen der Landespolitik und zur Einschätzung der Landesregierung und ihrer Arbeit, desgleichen Fragen zum Profil, der Kompetenz, der Leistung, dem Bekanntheitsgrad von Mitgliedern der Landesregierung.

Die erforderliche strikte Trennung der Interessen von Landesregierung und Partei verbietet es, dass das Staatsministerium in Meinungsumfragen parteipolitische Interessen verfolgt.

3.2 Meinungsumfragen nur außerhalb eines Sechs-Monats-Zeitraums vor Wahlen durchführen

Meinungsumfragen des Staatsministeriums dürfen nicht in engem zeitlichem Zusammenhang zu Wahlen durchgeführt werden. Sie dürfen auch nicht im Hinblick auf Wahlen erfolgen. In Anlehnung an die Rechtsprechung zur regierungsamtlichen Öffentlichkeitsarbeit hat sich in der Praxis ein Zeitraum von sechs Monaten vor einer Wahl verfestigt. Diese Beschränkung gilt nicht nur in Bezug auf Landtagswahlen, sondern auch im Hinblick auf Kommunal- und Bundestagswahlen und Wahlen zum Europäischen Parlament, soweit die Fragen konkrete Bezüge zu kommunal-, bundes- oder europapolitischen Themen haben.

4 Stellungnahme des Ministeriums

Das Staatsministerium hat gegen die Prüfungsfeststellungen keine Einwendungen erhoben. Soweit der Rechnungshof Empfehlungen bezüglich der inhaltlichen Ausgestaltung von Meinungsumfragen ausspreche, werde das Ministerium diese bei künftigen Vorhaben berücksichtigen.


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Einzelplan 03: Innenministerium

Das Informatikzentrum Landesverwaltung Baden-Württemberg (IZLBW) schnitt bei einem Benchmark einer Unternehmensberatung mit anderen öffentlich-rechtlichen IT-Dienstleistern vergleichsweise gut ab. Es sollte aber vor Überführung in den geplanten Landesbetrieb IT seine Aufbau- und Ablauf-Organisation optimieren, alle Leistungen kostendeckend abrechnen und weitgehend ohne Zuschuss wirtschaften. Das Service Center Schulverwaltung sollte mit seinen Stellen vollständig in das IZLBW integriert werden. Lehrkräfte und Polizeivollzugsbeamte sollten nicht dauerhaft beim IZLBW eingesetzt werden.


1 Ausgangslage

1.1 Ziel der Prüfung

Der Rechnungshof hat 2009 in seiner Beratenden Äußerung zur „Neuausrichtung der Organisation der Informations- und Kommunikationstechnik in der Landesverwaltung“ ein Gesamtkonzept zur Konsolidierung der Informations- und Kommunikationstechnik (IT) des Landes vorgeschlagen, das in seinem Endausbau in ein Landessystemhaus münden soll. „Dach“ des Systemhauses sollte ein IT-Gesamtverantwortlicher mit einer strategischen Einheit sein. Im Systemhaus sollten IT-Diensteanbieter des Landes zusammengeführt werden und ihre Dienstleistungen in drei Säulen „IT-Betrieb“, „Verfahrensentwicklung“ und „Beratung, Beschaffung, Lizenzmanagement“ anbieten. Vorgeschlagen wurde, den Weg zum Systemhaus in mehreren Schritten zu vollziehen. Im ersten Schritt müssten das Innenministerium und das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft ihre Rechenzentren konsolidieren und weitere Aufgaben aus ihren Geschäftsbereichen auf die Rechenzentren übertragen. In der nächsten Stufe oder parallel sollten Rechner- und Speichersysteme anderer IT-Einheiten überführt und IT-Basisdienste integriert werden.

Die Landesregierung hat am 18.06.2013 ein IT-Grobkonzept zur IT-Neuordnung in der Landesverwaltung Baden-Württemberg beschlossen, mit dem Vorschläge des Rechnungshofs aufgegriffen werden. Danach soll die IT der Landesverwaltung unter die Verantwortung eines „IT-Beauftragten der Landesregierung Baden-Württemberg“ (CIO) gestellt und gebündelt sowie ein Landesbetrieb IT aufgebaut werden.

Um die Neuordnung der IT des Landes weiter zu unterstützen, prüft der Rechnungshof nach einer Reihe von vertiefenden Querschnittsuntersuchungen nunmehr die Rechen- und Fachzentren des Landes. Nach der Prüfung der Gemeinsamen DV-Stelle der Justiz (Denkschrift 2012, Beitrag Nr. 15) ist die Untersuchung des IZLBW eine sachlich notwendige Vertiefungsprüfung. Sie hat das Ziel, Organisation, Personaleinsatz und Haushalts- und Wirtschaftsführung so zu gestalten, dass die Aufgaben des IZLBW konsolidiert und optimiert in der neuen Organisationsstruktur wahrgenommen werden können.

1.2 Das Informatikzentrum Landesverwaltung Baden-Württemberg - nicht rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts

Das IZLBW wurde zum 01.01.2005 als nicht rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts errichtet und ist dem Innenministerium unmittelbar nachgeordnet. Wegen der beabsichtigten Ausrichtung auf eine marktwirtschaftliche Bedarfsdeckung sollte es in der Wirtschaftsform Landesbetrieb geführt werden. Es war Rechtsnachfolger des Zentrums für Kommunikationstechnik und Datenverarbeitung und nahm weitere IT-Einheiten der Kultus-, Sozial- und Landwirtschaftsverwaltung auf.

2014-B007-Abb1.jpg

Bereits 2010 wurde die aus der Landwirtschaftsverwaltung aufgenommene Einheit im Wesentlichen wieder ausgegliedert und in das Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung umgesetzt.

2 Prüfungsergebnisse

2.1 Die Organisation des Informatikzentrums Landesverwaltung Baden-Württemberg

Der Organisationsplan des IZLBW in der Fassung vom 01.05.2013 weist vier Abteilungen aus:

2014-B007-Abb2.jpg

Abteilung 1 erbringt im Wesentlichen verwaltungsinterne Dienstleistungen.

Die Abteilungen 2 und 3 nehmen in nennenswertem Umfang gleiche Aufgaben wahr, allerdings für unterschiedliche Kunden.

Abteilung 2 versorgt insbesondere die allgemeine Innen- und Kultusverwaltung, das Sozialministerium, das Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung sowie demnächst auch den Rechnungshof mit ähnlichen, aber uneinheitlichen IT-Diensten. Darüber hinaus betreibt und steuert sie das Landesverwaltungsnetz und zentrale Einrichtungen der IT-Infrastruktur des Landes.

Abteilung 3 ist die Einheit, welche die Polizei des Landes als größten Kunden des IZLBW mit einheitlichen IT-Diensten versorgt.

Es gibt erste fachliche Bündelungen von IT-Diensten in jeweils einer der beiden Abteilungen.

In Abteilung 4 sind unterschiedliche Organisationseinheiten angesiedelt. Das sind:

  • Der „Zentrale Service“ im Referat 41 für die Kunden des IZLBW, welche ihre IT durch Abteilung 2 betreiben lassen.

 

  • Ein weiterer zentraler Service im Referat 42 betreut als Service Center Schulverwaltung (SCS) Schulverwaltungen und Lehrer, soweit sie schulverwaltungsnahe Tätigkeiten ausführen.

 

    Das Referat 42 ist im IZLBW faktisch nur untergebracht. Die fachliche und dienstrechtliche Weisung nimmt allein das Kultusministerium wahr. Das Personal dieses Referats besteht ausnahmslos aus abgeordneten Lehrkräften.

 

  • Weitere Einheiten, welche IT-fachliche Aufgaben als IT-Fachzentrum für die Kultus-, Sozial- und allgemeine Innenverwaltung im IZLBW wahrnehmen.

2.2 Das Informatikzentrum Landesverwaltung Baden-Württemberg und seine Arbeitsprozesse

Die IT-fachlichen Arbeitsfelder des IZLBW sind zum Einen ein laufender und möglichst störungsfreier Betrieb von IT-Infrastrukturen und zum Anderen Projekte oder projektartige Vorhaben. Zu Letzteren zählen z. B. die Anpassung neuer Technologien auf Landesanforderungen, die Übernahme des Betriebs von IT-Diensten aus Kundenhand oder der Austausch von IT-Infrastrukturen. Prozesse in Projekten unterscheiden sich grundsätzlich von denen des laufenden Betriebs. Gemeinsam ist beiden, dass der Ausführende einen Überblick über den Arbeitsanfall, den Stand der Arbeiten und die eingesetzten Ressourcen haben muss. Andernfalls ist es nicht möglich, die gesteckten Ziele hinsichtlich der Qualität der IT-Dienste oder des Projektfortschritts zu erkennen. Das IZLBW hat in diesem Bereich noch Verbesserungsbedarf und sollte seine Prozesse vereinheitlichen und standardisieren. Dies betrifft sowohl interne Abläufe als auch solche mit anderen IT-Zentren beziehungsweise -Fachzentren und Kunden.

Für Prozesse des laufenden Betriebs hat das IZLBW in seinem IT-Servicekatalog Reaktions- und Eskalationszeiten festgelegt. Diese formulieren jedoch kein Service-Versprechen, weil nur der Beginn einer qualifizierten Bearbeitung in Aussicht gestellt wird. Für den Kunden zählt jedoch auch die Zeit, bis ein Fehler behoben oder ein Auftrag erledigt ist. Zeitkritische Prozesse sollten deshalb ausnahmslos automatisch und nicht wie heute teilweise nur manuell eskaliert werden.

Eine Ursache für unterschiedliche Prozesse ist, dass das IZLBW Standardisierungen, welche sich auf seine Kunden unmittelbar auswirken, nicht eigenständig durchsetzen kann. Dies belegen unterschiedliche Umgebungen für Bürokommunikation oder Fachanwendungen.

Erstere resultieren daraus, dass die E-Government-Standards keine stringenten Vorgaben dazu machen, welche Version des Betriebssystems sowie der Office-Software für welche Zeit auf den Arbeitsplatzrechnern im Land eingesetzt wird. Bisher konnte so nahezu jeder Kunde seine Vorlieben durchsetzen. Unterschiedliche Versionen von Betriebssystemen und Office-Software generieren beim Betreiber jedoch laufend höheren Aufwand und separate Prozesse, weil fällige, teilweise versionsabhängige Anpassungen bei Aktualisierungen der Betriebsumgebungen zusätzlich anfallen. Ein wirtschaftlicher und effektiver IT-Betrieb basiert auf der Vorgabe und Einhaltung stringenter Standards. Standardisierte, automatisierte Prozesse würden zu einem geringeren Personaleinsatz und Kosteneinsparungen führen, die Durchlaufzeiten verkürzen und gleichzeitig die Qualität steigern.

2.3 IT-Fachkräfte im Informatikzentrum Landesverwaltung Baden-Württemberg

Das IZLBW verfügte im Dezember 2012 über 269,5 Stellen für Beamte und Tarifbeschäftigte. Davon waren zu diesem Zeitpunkt 40,75 Stellen und Stellenanteile unbesetzt. Auch Ende 2010 und 2011 hatte das IZLBW je 30 Stellen nicht besetzt. Über Jahre nicht besetzte Stellen lassen normalerweise den Schluss zu, dass diese entbehrlich sind.

Die vielen unbesetzten Stellen sowie die Bemühungen des Innenministeriums, eine eigene IT-Laufbahn zu schaffen, zeigen aber auch, dass die Gewinnung von IT-Fachkräften gerade an Technologiestandorten wie Stuttgart schwierig ist. Die Regelungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder lassen keine großen Spielräume bei der Entgeltgestaltung zu, um mit Unternehmen der privaten Wirtschaft zu konkurrieren. Hier gibt es in den nächsten Jahren Handlungsbedarf, um zukünftig qualifiziertes IT-Personal gewinnen zu können.

Das Landeskriminalamt hat das IZLBW mit verschiedenen IT-Dienstleistun-gen beauftragt und entsprechendes IT-Personal zur Verfügung gestellt. Am 01.01.2013 gehörten bereits neun Polizeivollzugsbeamte zum Stammpersonal des IZLBW. Sie wurden unter Beibehaltung des beamtenrechtlichen Status des Polizeivollzugsbeamten versetzt. Ob polizeiliche IT-Fachaufgaben unter vollzugspolizeiliche Aufgaben subsumiert werden können, die u. a. die Zahlung der Polizeizulage rechtfertigen, ist fraglich. Wenn überhaupt dürften die Polizeivollzugsbeamten ausschließlich in der Abteilung 3 eingesetzt werden.

Im SCS sind ausnahmslos voll- oder teilabgeordnete Lehrer tägig. Die Abordnungen werden ohne Versetzungsabsicht ausgesprochen. Durch die dauerhaft nur befristete Besetzung des SCS entstanden seit 2005 320.000 Euro Trennungsgelder. Diese Zahlungen belasten den Landeshaushalt und wären vermeidbar gewesen, wenn das Kultusministerium für die dauerhaften IT-Aufgaben qualifiziertes Personal zum IZLBW versetzt oder Stellen zur Verfügung gestellt hätte.

2.4 Die Finanzierung des Informatikzentrums Landesverwaltung Baden-Württemberg

Das IZLBW deckte 2012 seine Kosten zu zwei Dritteln aus unmittelbaren Erlösen und zu einem Drittel über einen im Kapitel 0308 des Landeshaushalts etatisierten Zuschuss. Dieser bestand zu mehr als 75 Prozent aus Kundenanteilen.

Grundlage für die Abrechnung von Leistungen sind häufig Verwaltungsvereinbarungen aus der Zeit vor 2012. Seit 01.01.2012 basieren neue Auftragsverhältnisse auf den Allgemeinen Nutzungsbedingungen und dem IT-Servicekatalog, in welchem Standard-Leistungen und Preise beschrieben sind.

Die Abrechnung von Leistungen ist für das IZLBW aufwendig. Für jeden Kunden müssen die erbrachten Leistungsmengen ermittelt und teilweise mit ihm abgestimmt werden. Bei den meisten Beauftragungen sind Sach- und Personalmittel in unterschiedlichem Umfang in den Zuschuss des IZLBW eingeflossen, sodass 2012 16,1 von 20,8 Mio. Euro Kundenanteile waren. Diese müssen wie eine Vorauszahlung bei den Abrechnungen behandelt und vom tatsächlichen Leistungsentgelt abgezogen werden. Im Ergebnis bildet der Haushalt die Kosten der IT jedes einzelnen Kunden nicht verursachergerecht ab. Der Grundsatz der Haushaltswahrheit und -klarheit wird nicht eingehalten.

2.5 Ressourceneinsatz und Benchmarking für die Aufgaben¬erledigung

In einer web-basierten Selbsteinschätzung durch die Bediensteten hat der Rechnungshof den Ressourceneinsatz beim IZLBW auf Grundlage eines abgestimmten Aufgabenkatalogs erhoben.

Im IZLBW werden für die verwaltungsinternen Dienstleistungen (Organisation, Personal, Finanzen, Innerer Dienst, Zentrale Steuerung, IT-Eigen¬betrieb, Beschaffung) 18 Prozent der vorhandenen Vollzeitäquivalente eingesetzt. Dieser Wert ist im Vergleich mit anderen Landesdienststellen grundsätzlich angemessen, in einzelnen Aufgabenfeldern kann er aber weiter optimiert werden. In den Bereichen Personal und Organisation besteht ein Optimierungspotenzial von 3,4 Vollzeitäquivalenten. Bei Wegfall dieser Stellen könnten die Personalkosten um 319.000 Euro gesenkt werden.

80 Prozent der vorhandenen Vollzeitäquivalente erledigen Fachaufgaben. 2 Prozent des Ressourceneinsatzes entfallen auf die Teilnahme an Fortbildungen.

Für einzelne IT-Aufgaben wurden die Ergebnisse der Selbsteinschätzung mit den Werten eines Public-Sector IT-Benchmarks einer namhaften Unternehmensberatungsgesellschaft verglichen. Im Vergleich ergaben sich für das IZLBW überwiegend gute Werte. Die Kosten je Serviceticket im Bereich des User Help Desk liegen über den durchschnittlichen Vergleichswerten. Wenn das IZLBW den Zielwert des IT-Benchmarks erreicht, ergibt sich ein Optimierungspotenzial von 300.000 Euro.

3 Empfehlungen

3.1 Empfehlungen an das Informatikzentrum Landesverwaltung Baden-Württemberg

Das IZLBW sollte

  • seine Kundenorientierung verbessern.

 

  • Doppelstrukturen in seinen Abteilungen 2 und 3 auflösen und den eingeschlagenen Weg der internen fachlichen Bündelung fortsetzen.

 

  • seine Prozesse für den laufenden Betrieb und für Projekte jeweils identifizieren, analysieren, standardisieren und vereinheitlichen. Dazu braucht es weitergehende Werkzeuge, welche zu jeder Zeit eine hinreichende Aussage über Bearbeitungsstatus und Abweichungen von Planwerten erlauben. Dabei sollten Planwerte zwar angepasst, nicht aber überschrieben werden können. Vereinheitlichte und standardisierte Prozesse insbesondere für den laufenden Betrieb sollten mittels vorgegebener Workflows danach automatisiert werden.

 

  • ein Service-Versprechen mit Bearbeitungs- und Lösungszeiten für den laufenden Betrieb in den IT-Servicekatalog aufnehmen.

 

  • durch marktgerechte Preise und Abrechnung aller Leistungen, welche nicht originäre Aufgaben sind, kostendeckend und insofern ohne Zuschuss wirtschaften.

 

  • seinen IT-Servicekatalog zusammen mit der Dienst- und Fachaufsicht weiterentwickeln. In diesem Prozess sollten alle Beteiligten festlegen, welche Leistungen für das Land notwendig sind. Nicht alles, was die Landesverwaltung wünscht, ist auch notwendig.

    Jede Leistung sollte regelmäßig dahin gehend geprüft werden, ob sie vom IZLBW selbst oder von Dritten wirtschaftlicher erbracht werden kann.

 

  • seinen Ressourceneinsatz für verwaltungsinterne Dienstleistungen bei unverändertem Aufgabenbestand um 3,4 Vollzeitäquivalente zurückführen.

 

  • die Kosten je Serviceticket überprüfen und das sich daraus ergebende Optimierungspotenzial generieren.

3.2 Empfehlungen an das Innenministerium und das Kultusministerium

Die beiden Ressorts sollten die Doppelstrukturen in den Referaten 41 und 42 für Anlaufstellen von Kunden auflösen. Dazu sollten die für das heutige SCS eingesetzten Stellen und Planstellen an das IZLBW übertragen und dauerhaft besetzt werden. In der Folge verbliebe nur die Fachaufsicht beim Kultusministerium. Dies entspräche Punkt 2.2.4 der E-Government-Richtlinien.

3.3 Empfehlungen an das Innenministerium und das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft

Das Innenministerium und das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft sollten dafür sorgen, dass

  • vorhandene Kundenanteile des Zuschusses in die Ursprungshaushalte (der Kunden) rückübertragen werden, sofern diese nicht originäre Aufgaben des IZLBW betreffen,

 

  • ein hinreichendes Budget für die Einführung neuer Technologien, beispielsweise aus Preisaufschlägen, gebildet werden kann,

 

  • beim IZLBW Mittel aus Kundenentgelten und Eigenmitteln, für die zyklisch anfallende Erneuerung der eingesetzten Technik „angespart“ werden können, z. B. als zweckgebundene Rücklagen und

 

  • die Dienststellen des Landes ihre IT-Dienste beim IZLBW beziehen. Damit hätte das IZLBW unter Beachtung vorstehender Empfehlungen Planungssicherheit bei der Preiskalkulation und das Land könnte seine IT-Bedarfe zentral steuern und vergabekonform bündeln.

3.4 Empfehlung an das Informatikzentrum Landesverwaltung Baden-Württemberg und das Innenministerium

Das IZLBW sollte zusammen mit dem Innenministerium dafür sorgen, dass Polizeivollzugsbeamte nicht dauerhaft und nur insofern eingesetzt werden, als dies Folge einer Aufgabenübertragung ist. Die betreffenden Planstellen dürfen nicht mehr mit Polizeivollzugsbeamten nachbesetzt werden.

3.5 Empfehlungen an die Landesregierung

Die Landesregierung sollte in den E-Government-Standards stringente Vorgaben für die Infrastruktur der Bürokommunikation machen. Dabei sollten für einen zu definierenden Zeitraum mindestens das Betriebssystem und die Office-Software hinsichtlich der eingesetzten Version eindeutig vorgegeben werden.

3.6 Empfehlungen für den geplanten Landesbetrieb IT

Die vorstehenden Empfehlungen gelten gleichermaßen für den geplanten Landesbetrieb IT, welcher auf Basis des Beschlusses der Landesregierung vom 18.06.2013 zum IT-Grobkonzept etabliert werden soll.

4 Stellungnahmen der Ministerien

Das Innenministerium führt aus, dass es grundsätzlich die Empfehlungen des Rechnungshofs begrüße, welche wertvolle Hinweise auch für den künftigen Landesbetrieb IT gäben.

Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft weist darauf hin, dass originäre Aufgaben des IZLBW nach den Haushaltsgrundsätzen zuschussfinanziert werden müssten. Daraus leite sich auch ab, dass vorhandene Kundenanteile am Zuschuss nur insoweit in die jeweiligen Ressorthaushalte rückübertragen werden könnten, als sie sich auf nicht-originäre Aufgaben des IZLBW bezögen.

Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft trägt weiter vor, dass es der Bildung eines Budgets zur Einführung neuer Technologien aus Preisaufschlägen zurückhaltend gegenüberstehe, eine Bildung zweckgebundener Rücklagen zur Finanzierung von Bedarfsspitzen jedoch als ein geeignetes Instrument ansehe.

Das Sozialministerium befürchtet, dass eine Rückübertragung von Kundenanteilen am Zuschuss zu insgesamt höheren Preisen des IZLBW führen würde. Diese könnte es im Rahmen des bei Titelgruppe 69 für IT-Ausgaben vorhandenen Budgets nicht decken und müsste deshalb Mehrbedarf anmelden. Wegen der begrenzten verfügbaren Haushaltsmittel und im Sinne der Wirtschaftlichkeit müsse es sich deshalb im Ergebnis auf dem Markt um einen anderen, günstigeren Dienstleister bemühen dürfen.

Das Kultusministerium sieht in seiner Stellungnahme für das SCS keine Aufgaben, welche durch angelernte IT-Kräfte effizient wahrgenommen werden könnten. Es fehle dann am schul- und schulverwaltungsfachlichen Wissen. Für das SCS ergäben sich bei einer Zusammenlegung mit dem Zentralen Service des IZLBW keine Synergien, weil hauptsächlich vielfältige Fachverfahren der Kultusverwaltung unterstützt würden. Darüber hinaus werde das SCS politisch bedeutsame, hochaktuelle Veränderungsprozesse der Kultusverwaltung begleiten. Die Abordnung von Lehrkräften an das SCS stelle dabei eine flexible Lösung für die Kultusverwaltung dar. Voll- oder teilabgeordnete Lehrkräfte würden aktuelles Praxiswissen aus dem Schul- und Schulverwaltungsbetrieb einbringen. Die Kultusverwaltung überlege deshalb, das SCS an eine andere Organisationseinheit, z. B. das Landesmedienzentrum, anzugliedern.

5 Schlussbemerkung

Das für die IT-Steuerung des Landes zuständige Innenministerium und das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft haben keine wesentlichen Änderungsvorschläge zu den Feststellungen und Empfehlungen des Rechnungshofs vorgetragen.

Der Rechnungshof bleibt hinsichtlich des SCS bei seiner Einschätzung. Die vom Kultusministerium vorgetragenen vielfältigen anderen Aufgaben lassen sich durch keine der vorhandenen Dokumentationen zum SCS belegen. Die Überlegungen, das SCS einer anderen Organisationseinheit zuzuordnen, widersprechen zudem sowohl der bestehenden Verwaltungsvereinbarung zur Eingliederung des informationstechnischen Fachzentrums der Kultusverwaltung in das heutige IZLBW vom 30.12.2004 als auch dem Beschluss des Ministerrats vom 18.06.2013 zur IT-Neuordnung.


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Einzelplan 04: Ministerium für Kultus, Jugend und Sport

Der Bedarf an Plätzen in der ein- und zweijährigen Berufsfachschule wird auf Dauer zurückgehen.

Jugendliche, die primär einen mittleren Bildungsabschluss anstreben, sollten auch zu anderen Bildungswegen als der zweijährigen Berufsfachschule hingeführt werden.


1 Ausgangslage

Die Berufsbiografie vieler Fachkräfte beginnt mit der dualen Ausbildung im Ausbildungsbetrieb und in der Berufsschule. Immer noch gelingt zu wenig Jugendlichen ein reibungsloser Übergang von der allgemeinbildenden Schule in eine berufliche Ausbildung. Folgende Herausforderungen kennzeichnen die Situation:

  • Jugendliche, die noch nicht die notwendige Ausbildungsreife haben,

 

  • Ausbildungsreife junge Menschen, die aber noch keinen Ausbildungsplatz gefunden haben,

 

  • Jugendliche, die auf dem Weg über eine berufliche Ausbildung höhere Schulabschlüsse erwerben wollen.

Zu berücksichtigen ist ferner der Trend zu höheren Qualifikationsanforderungen für die berufliche Ausbildung. Rund zwei Drittel der Jugendlichen, die einen Ausbildungsplatz erwerben, haben mindestens einen mittleren Bildungsabschluss oder Hochschulreife.

Die Anforderungen an den Übergangsbereich sind heterogen. Das „Bündnis zur Stärkung der beruflichen Ausbildung und des Fachkräftenachwuchses in Baden-Württemberg 2010 - 2014“ hat am 09.11.2013 das Ziel für den Übergangsbereich wie folgt formuliert: „Vorrang hat der unmittelbare Einstieg der Schülerinnen und Schüler in das duale Ausbildungssystem vor schulischen und anderen Übergangsmaßnahmen. Es bietet die besten Voraussetzungen, sowohl den Qualifizierungsbedürfnissen der Wirtschaft als auch einer gelingenden Integration Jugendlicher in Arbeit und Gesellschaft gerecht zu werden.“

Mehr als 40 Prozent der Auszubildenden absolviert zwischen dem Abschluss der allgemeinbildenden Schule und der dualen Ausbildung einen Vollzeitbildungsgang an einer beruflichen Schule. Diese berufsorientierten Vorqualifikationen rechnen die Ausbildungsbetriebe nicht in allen Fällen auf die duale Ausbildung an. Dadurch sind diese Jugendlichen länger im schulischen System.

Im Schuljahr 2012/13 besuchten 55.020 Schüler solche vorgeschalteten beruflichen Vollzeitbildungsgänge. Dies sind vor allem einjährige gewerbliche Berufsfachschulen (1BFS), zweijährige zur Fachschulreife führende Berufsfachschulen (2BFS) und bestimmte Berufskollegs (BK), die nach zwei Jahren zur Fachhochschulreife führen.

Wir untersuchten, inwieweit diese vorgeschalteten beruflichen Vollzeitbildungsgänge noch erforderlich sind und ob Kosten eingespart werden können. Dazu haben wir eine Umfrage zu ausgewählten 21 Berufen durchgeführt. Es wurden alle 230 beruflichen Schulen einbezogen, die mindestens einen der ausgewählten Berufe dual beschulen. Dabei haben wir Angaben zu den Berufsschülern abgefragt, die 2013 ihre Abschlussprüfung ablegten.

2 Prüfungsergebnisse

2.1 Duale Ausbildung nach Abschluss der einjährigen gewerblichen Berufsfachschule

Die 1BFS deckt inhaltlich das erste Ausbildungsjahr der dualen Ausbildung ab. Seit dem Wegfall der Anrechnungsverordnung 2009 werden Ausbildungsverkürzungen nur noch freiwillig gewährt. Abbildung 1 zeigt bei vier relevanten Berufen (Friseur, Anlagenmechaniker, Elektroniker Energie- und Gebäudetechnik, Tischler), wie viele Prüflinge unmittelbar vor ihrer dualen Ausbildung die 1BFS absolviert hatten und wie häufig die Ausbildungszeit vorab um 12 Monate verkürzt wurde.

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Die 1BFS wird von Friseuren mit 29 Prozent weit weniger besucht als von den Tischlern mit 81 Prozent. Obwohl eine Vorab-Verkürzung von 12 Monaten möglich wäre, wurde diese nicht durchgängig gewährt.

Dem Vergleich in Abbildung 2 haben wir die vier oben genannten Berufe zugrunde gelegt.

2014-B008-Abb2.jpg

Der Vergleich zwischen den Handwerkskammerbezirken zeigt deutlich, dass der vorgeschaltete Besuch der 1BFS bei den ausgewerteten Berufen große Unterschiede aufweist. Im Bezirk Heilbronn-Franken absolvierten 77 Prozent der Prüflinge im Vorfeld ihrer dualen Ausbildung eine 1BFS, im Bezirk Freiburg waren es nur 19 Prozent.

2.2 Duale Ausbildung nach Abschluss der zweijährigen Berufsfachschule

Bei der 2BFS steht nach Einschätzung der Schulen nicht die Ausbildungsverkürzung im Vordergrund. Es gehe um den mittleren Bildungsabschluss und um die berufliche Grundbildung. Damit sollen die Chancen auf einen Ausbildungsplatz erhöht werden. Mit dem Schuljahr 2012/13 wurden die Aufnahmebedingungen für die 2BFS herabgesetzt. Zum Beispiel ist anstelle des Notendurchschnitts von 3,0 in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik beim Hauptschulabschluss nur noch der „Hauptschulabschluss“ erforderlich.

Nach Besuch der 2BFS könnten bei der dualen Ausbildung 12 Monate als erstes Ausbildungsjahr angerechnet werden. Deshalb fragten wir, wie viele Prüflinge überhaupt eine Ausbildungsverkürzung erhielten und welchen zeitlichen Umfang die Ausbildungsverkürzung hatte. Wir beschränkten die Auswertung auf die vier Berufe (Industriekaufmann, Industriemechaniker, Kaufmann für Bürokommunikation, Elektroniker Energie- und Gebäudetechnik), bei denen die 2BFS am häufigsten als vorgeschalteter Vollzeitbildungsgang auftritt. Das Ergebnis ist in Tabelle 1 dargestellt.

2014-B008-Tab1.jpg

Bei keinem Beruf wurde die mögliche 12-monatige Verkürzung je Prüfling ausgeschöpft. Die tatsächlichen Verkürzungen liegen zwischen 13,6 und 61,0 Prozent. Nur beim Beruf Elektroniker Energie- und Gebäudetechnik ist die Ausbildungsverkürzung quantitativ von Bedeutung.

2.3 Kostenvergleich

Die Schüler der BFS werden in Vollzeit unterrichtet. In der 1BFS werden für eine Klasse durchschnittlich 50 Lehrerwochenstunden, in der 2BFS 38 Lehrerwochenstunden verwendet. Die Schüler der Berufsschulen werden in Teilzeit unterrichtet. Für eine Klasse werden durchschnittlich 15 Lehrerwochenstunden eingesetzt. Dieser Sachverhalt führt zu unterschiedlichen Kosten je Schüler. In Tabelle 2 ist die Berechnung der durchschnittlichen Kosten der Lehrkräfte je Schüler und Jahr dargestellt.

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2.4 Wertung

Die Ausbildungsplatzsituation hat sich ungeachtet von Passungsproblemen/Matching in den letzten Jahren tendenziell verbessert. Daher werden vorgeschaltete Vollzeitbildungsgänge immer weniger benötigt, um die Ausbildungsplatzchancen zu erhöhen und um Leerzeiten zwischen Schule und Ausbildung zu überbrücken.

Das allgemeinbildende Schulwesen sollte grundsätzlich dazu führen, dass eine duale Ausbildung ohne vorgeschalteten Vollzeitbildungsgang erfolgreich abgeschlossen werden kann.

Die Vermittlung einer systematischen, breit angelegten beruflichen Grundbildung ist insbesondere für kleinere Ausbildungsbetriebe kaum zu leisten. Sie kann oft nur durch eine überbetriebliche Ausbildung oder durch den Besuch einer Berufsfachschule vermittelt werden. Wird ein solcher Bildungsgang durchlaufen, sollte der Mehrwert dieser Beschulung dessen Mehrausgaben rechtfertigen.

3 Empfehlungen

3.1 Anzahl der einjährigen gewerblichen Berufsfachschulen reduzieren, Anrechnungspflicht wieder einführen

Nur für Berufe, bei denen weder die Ausbildungsbetriebe noch die überbetriebliche Ausbildung die praktischen und berufsfachlichen Ausbildungsinhalte vermitteln können, sollte die 1BFS fortgeführt werden. Entsprechend sollte die Kapazität reduziert werden.

Das Kultusministerium sollte prüfen, die naheliegende durchgängige volle Anrechnung dieses Bildungsgangs zukünftig wieder einzuführen.

3.2 Alternativen zur zweijährigen Berufsfachschule verstärkt nutzen, berufliche Grundbildung anrechnen

Auf dem Weg zu einem mittleren Bildungsabschluss, den die 2BFS vermittelt, gibt es allerdings gleichwertige und teilweise kostengünstigere Alternativen.

Dabei wird unterstellt, dass der mittlere Bildungsabschluss nicht zwingend für die angestrebte duale Ausbildung vorausgesetzt wird.

Mit der sogenannten 9+3-Regelung wird mit Abschluss der dualen Ausbildung und einem erforderlichen Notenschnitt ein dem Realschulabschluss gleichwertiger Bildungsstand zuerkannt. Dieser Weg ist wirtschaftlicher als über die 2BFS.

Daneben könnte - analog zum Schulversuch „Berufsschule mit Zusatzqualifikation Fachhochschulreife“ - ein Schulversuch „Berufsschule mit Zusatzqualifikation mittlerer Bildungsabschluss“ oder eine vergleichbare Maßnahme gegebenenfalls mit einer verlängerten Ausbildung eingeführt werden.

Nicht zuletzt führt auch die Werkrealschule mehr praktisch orientierte Jugendliche zu einem mittleren Bildungsabschluss.

Jugendliche, die primär einen mittleren Bildungsabschluss anstreben, sollten ihren Fähigkeiten entsprechend auch zu anderen Bildungswegen als der 2BFS hingeführt werden.

Die bereits in der 2BFS vermittelte berufliche Grundbildung sollte von den Ausbildungsbetrieben anerkannt werden.

4 Stellungnahme des Ministeriums

Das Kultusministerium weist darauf hin, dass vor allem spezialisierte Handwerksbetriebe ohne die 1BFS als Ausbildungsbetriebe wegfallen würden. Diese könnten die im ersten Jahr erforderliche Ausbildungsbreite nicht gewährleisten. Eine Aufhebung des Bildungsgangs sei deshalb im Einzelfall wie bisher sorgfältig zu prüfen. Sie erfordere als regionaler Schulentwicklungsprozess einen Beschluss des Schulträgers, der möglichst im Einvernehmen mit der Wirtschaft erfolgen sollte.

Aufgrund der Anrechnungspraxis sehe auch der Landesausschuss für Berufsbildung derzeit keinen Handlungsbedarf, eine Anrechnungspflicht für die 1BFS wieder einzuführen. Grundsätzlich sei eine Anrechnung vorgeschalteter beruflicher Vollzeitbildungsgänge auf die duale Ausbildung nur auf freiwilliger Basis möglich.

Die 2BFS biete gerade denjenigen Schülern eine Chance zur Erlangung eines mittleren Bildungsabschlusses, die zunächst keinen Ausbildungsplatz in dem angestrebten Ausbildungsberuf erhalten. Der erfolgreiche Abschluss der 2BFS erhöhe die Wettbewerbsfähigkeit der Schüler beim Weg in die duale Ausbildung.


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Einzelplan 05: Justizministerium

Bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften besteht derzeit ein Personalüberhang von mindestens 241 Servicekräften. Die Notariats- und Grundbuchamtsreform führt ab 2018 zu einem weiteren Personalüberhang von 946 Servicekräften. Das Justizministerium muss sofort beginnen, die Überkapazitäten abzubauen.


1 Ausgangslage

Im Staatshaushaltsplan 2013 waren im Einzelplan 05 des Justizministeriums 14.766 Stellen ohne Auszubildende ausgewiesen. Die Stellen können in die drei Bereiche Gerichte und Staatsanwaltschaften, Notariate und Grundbuchämter sowie Justizvollzug/Sonstige unterteilt werden. Abbildung 1 zeigt die Aufteilung der Stellen auf diese Bereiche.

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Das Land führt bis 2017 eine Strukturreform der Grundbuchämter durch. Die Aufgaben werden im Zuge der Reform von 650 Grundbuchämtern auf 13 Amtsgerichte und ein Grundbuchzentralarchiv konzentriert. Parallel setzt die Landesregierung eine Reform des Notariatswesens um. Notarielle Tätigkeiten werden ab 2018 flächendeckend von freiberuflichen Notaren erledigt. Die weiteren Aufgaben der Notariate im Nachlass- und Vormundschaftsbereich werden auf Amtsgerichte übertragen.

Die Notariats- und Grundbuchamtsreform ist die größte Strukturreform in der Justiz der letzten Jahrzehnte. Sie wird zu einem erheblichen Aufgaben- und Personalabbau führen. Der Personalüberhang kann teilweise durch Fluktuation oder anderweitige Verwendungen, z. B. bei freiberuflichen Notaren, abgebaut werden. Die in der Justiz verbleibenden Bediensteten sind primär in die Gerichte und Staatsanwaltschaften zu integrieren. Der Rechnungshof hat daher die Personalplanungen des Justizministeriums für die Notariate, Grundbuchämter, Gerichte und Staatsanwaltschaften untersucht.

Die Notariatsreform führt zu jährlichen Einnahmeausfällen im Landeshaushalt von 120 Mio. Euro. Nur wenn der durch die Reform entstehende Personalüberhang vollständig abgebaut wird, kann das jährliche Defizit auf 60 Mio. Euro reduziert werden. Bei Umsetzung der Notariatsreform können noch weitere Kosten entstehen.

2 Prüfungsergebnisse

2.1 Notariate und Grundbuchämter

2.1.1 Reformbedingte Personalüberhänge

Durch die Notariats- und Grundbuchamtsreform ergibt sich 2018 gegenüber dem Personalbestand 2013 ein erheblicher Personalüberhang. Die Personalentwicklung ergibt sich aus Tabelle 1.

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Die Notariats- und Grundbuchamtsreform führt zu einem Personalüberhang von 1.131 Vollzeitäquivalenten. Auf die Servicekräfte entfallen mit 946 Vollzeitäquivalenten 80 Prozent des entstehenden Überhangs.

Das Justizministerium hat zugesagt, 500 Stellen zum 01.01.2018 abzubauen. Zudem bestehe längerfristig ein Abbaupotenzial von weiteren 500 Stellen (insgesamt also 1.000 Stellen).

Der Abbau des Überhangs im höheren und gehobenen Dienst mit zusammen 185 Vollzeitäquivalenten erscheint möglich, weil aus diesem Personenkreis 246 Stellen für freiberufliche Notare zu besetzen sind.

Für den Abbau der 946 Stellen bei den Servicekräften hat das Justizministerium eine Grobplanung erstellt. Danach sollen 178 Vollzeitäquivalente auf freiwerdende Stellen in der ordentlichen Gerichtsbarkeit überwechseln. Durch Laufbahnwechsel, Ruhestand, vorzeitige Pensionierung und Altersteilzeit sollen weitere 184 Vollzeitäquivalente ausscheiden. Der Personalüberhang bei den Servicekräften könnte durch diese Maßnahmen auf 584 Vollzeitäquivalente reduziert werden.

Für den verbleibenden Überhang strebt das Justizministerium an, dass diese Servicekräfte mit den Notaren in das freiberufliche Notariat wechseln. Würden zwei Servicekräfte je freiberuflicher Notar wechseln, würde sich der Personalüberhang auf 92 Vollzeitäquivalente reduzieren.

Der Wechsel zu einem freiberuflichen Notar setzt allerdings die Zustimmung der Bediensteten voraus. Das Justizministerium will für den Wechsel das Instrument der Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 TV-Land nutzen. Dabei verbleiben die Beschäftigten arbeitsvertraglich beim Land. Sie üben eine auf Dauer angelegte Beschäftigung bei einem Dritten gegen Kostenersatz aus.

2.1.2 Bestehende Personalüberhänge

Bei den Grundbuchämtern ist die Digitalisierung der Grundbücher weitgehend abgeschlossen. Dies führt auch in der derzeitigen Organisationsform zu Rationalisierungseffekten.

Im badischen Rechtsgebiet wurden in den vergangenen Jahren zusätzlich 17 freiberufliche Notare bestellt. Im Gegenzug besteht bei den staatlichen Notariaten bereits Rationalisierungspotenzial für 17 Amtsnotare und 51 Servicekräfte.

2.2 Gerichte und Staatsanwaltschaften

Die Justizverwaltung ermittelt den Personalbedarf bei Gerichten und Staatsanwaltschaften für 6.500 der 8.585 Stellen mit dem bundesweiten Personalbemessungssystem PEBB§Y.

Nach der PEBB§Y-Berechnung des Justizministeriums ergab sich für alle Laufbahnen bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften 2008 bis 2013 die in Tabelle 2 dargestellte Situation.

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Die Gerichte und Staatsanwaltschaften verfügten 2013 nach PEBB§Y über alle Laufbahnen hinweg annähernd über ausreichend Personal. Es bestand ein Deckungsgrad von 99 Prozent. Der Bedarf ist durch rückläufige Verfahrenszahlen von 2008 bis 2013 um 376 Vollzeitäquivalente zurückgegangen.

Die Personalsituation ist in den einzelnen Laufbahnen unterschiedlich. Im höheren und gehobenen Dienst bestand 2013 ein Personalmehrbedarf von 168 Vollzeitäquivalenten. Dagegen ergab sich bei den Servicekräften ein Personalüberhang von 124 Vollzeitäquivalenten.

Das Justizministerium hat 2012 die Berechnungsweise für den Personalbestand umgestellt. Dies führte zu einer nicht sachgerechten Reduzierung des Bestands, weil Fehlzeiten teilweise doppelt angerechnet wurden. Bei sachgerechter Berechnung würde sich der Überhang bei den Servicekräften von 124 Vollzeitäquivalenten um weitere 117 Vollzeitäquivalente auf 241 Vollzeitäquivalente erhöhen. Das Defizit im höheren und gehobenen Dienst würde sich von 168 Vollzeitäquivalenten auf etwa 139 Vollzeitäquivalente verringern.

Die Justizverwaltungen führen 2014 eine bundesweite Überprüfung der PEBB§Y-Werte in der ordentlichen Gerichtsbarkeit und bei den Staatsanwaltschaften durch. Nach den bisherigen Untersuchungen des Rechnungshofs und der Organisationsberatung des Justizministeriums sind die bisherigen PEBB§Y-Werte bei den Servicekräften deutlich zu hoch.

So hat der Rechnungshof bei der Untersuchung der Ermittlungsverfahren bei den Staatsanwaltschaften und den Straf- und Bußgeldverfahren bei den Amtsgerichten einen weiteren Personalüberhang von 91 Servicekräften festgestellt (siehe Denkschrift 2013, Beitrag Nr. 9 (Landtagsdrucksache 15/3809)). Der Landtag hat die Landesregierung ersucht, das Einsparpotenzial auf der Basis der PEBB§Y-Untersuchung 2014 darzustellen (Landtagsdrucksache 15/4209).

2.3 Weitere Personalkapazitäten

Bei den Personalplanungen der Justiz müssen weitere Personalkapazitäten berücksichtigt werden:

  • Derzeit werden 461 Bedienstete zu Justizfachwirten (Beamte des mittleren Dienstes) und zu Justizfachangestellten ausgebildet. Diese streben in den nächsten drei Jahren regelmäßig eine Anschlussverwendung in der Justiz an. 2013 wurden 164 Auszubildende eingestellt. Die Justiz hat die Einstellungszahlen gegenüber 2011 nur um 20 vermindert. Das Justizministerium plant, die Ausbildung im Servicekräftebereich neu zu strukturieren. Es will die Zahl der Nachwuchskräfte für den mittleren Dienst deutlich reduzieren.

 

  • Die Justiz hat in der Vergangenheit regelmäßig befristete Arbeitsverhältnisse mit Ersatzkräften abgeschlossen. Seit 2013 wandelt sie befristete in unbefristete Arbeitsverhältnisse um. Für die Entfristung von Arbeitsverhältnissen sind 185 Leerstellen für Servicekräfte in der ordentlichen Gerichtsbarkeit, den Notariaten und Grundbuchämtern geschaffen worden. Bislang hat die Justiz davon 91 Vollzeitäquivalente in Anspruch genommen. Für Ersatzeinstellungen bestand wegen des bestehenden Personalüberhangs kein Bedarf.

Aus diesen Bereichen ergibt sich eine weitere Personalkapazität von 646 Servicekräften. Die noch 2013 vorgenommenen Personalmaßnahmen des Justizministeriums erschweren den erforderlichen Personalabbau.

2.4 Umsetzung des Personalabbaus bis 2018

Der zeitnahe Abbau der Personalüberhänge bei den Servicekräften ist eine zentrale Herausforderung bei der Notariats- und Grundbuchamtsreform:

Von den Notariaten und Grundbuchämtern sollen 178 Servicekräfte auf freiwerdende Stellen bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften wechseln. Weitere 584 Servicekräfte wären in die Gerichte und Staatsanwaltschaften zu integrieren, soweit sie nicht zu freiberuflichen Notaren wechseln.

Die Gerichte und Staatsanwaltschaften haben einen Personalbestand von 3.121 Servicekräften. Dort besteht bei sachgerechter PEBB§Y-Berechnung bereits ein Personalüberhang von 241 Vollzeitäquivalenten. Die PEBB§Y-Erhebung 2014 dürfte zeigen, dass der Überhang noch höher ist.

Die hohe Zahl der Ausbildungsverhältnisse und die damit verbundene Erwartung auf Übernahme sowie der Umgang mit befristeten Arbeitsverhältnissen erschweren es zusätzlich, Personalüberhänge zu begrenzen. Deshalb sind alle Möglichkeiten unverzüglich zu nutzen, um Servicekräfte abzubauen. Die auf die Gerichte und Staatsanwaltschaften einwirkenden Bereiche sind in Abbildung 2 dargestellt.

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Die Notariats- und Grundbuchamtsreform führt zu einem erheblichen Personalüberhang bei den Servicekräften. In den wenigen Jahren bis 2018 müssen für diese Personengruppe Einsatzmöglichkeiten bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften geschaffen werden. Daher muss bereits im Staatshaushaltsplan 2015/2016 begonnen werden, dort schon jetzt bestehende Personalüberhänge abzubauen. Die Funktionsfähigkeit der Justiz wird hierdurch nicht beeinträchtigt.

3 Empfehlungen

3.1 Stellenabbau im Staatshaushaltsplan 2015/2016 beginnen

Bereits im Staatshaushaltsplan 2015/2016 sollte in folgenden Bereichen mit dem Stellenabbau begonnen werden:

  • Bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften sind für den bereits bestehenden Personalüberhang bei den Servicekräften mindestens 241 kw-Vermerke auszubringen. Nach der PEBB§Y-Erhebung 2014 ist die Zahl der abzubauenden Stellen anzupassen. Der Personalbestand ist wieder nach der bis 2011 eingesetzten Methode zu berechnen.

 

  • Bei den Notariaten und Grundbuchämtern sind für die wegfallenden Aufgaben in allen Laufbahngruppen 1.131 kw-Vermerke auszubringen. Davon entfallen 946 Stellen auf Servicekräfte.

 

  • Die Stellenzahl im Ausbildungsbereich ist deutlich zu reduzieren.

3.2 Frei werdende Stellen nicht mehr besetzen

Bei der Personalbewirtschaftung sollten unverzüglich folgende Maßnahmen ergriffen werden:

  • Bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften sind frei werdende Stellen für Servicekräfte zum Abbau des Personalüberhangs nicht mehr zu besetzen. Sie können allenfalls mit Bediensteten der Notariate und Grundbuchämter nachbesetzt werden.

 

  • Bei Notariaten und Grundbuchämtern (in alter Form) sind frei werdende Stellen nicht mehr zu besetzen.

3.3 Personalgestellung kostenneutral gestalten

Die Personalgestellungen von Servicekräften der Notariate sind so auszugestalten, dass sämtliche Kosten von den freiberuflichen Notaren zu tragen sind.

4 Stellungnahme des Ministeriums

Das Justizministerium lehnt die Empfehlungen des Rechnungshofs zum zeitnahen Stellenabbau in weiten Teilen ab:

  • Für die ordentlichen Gerichte und Staatsanwaltschaften lägen bis Ende 2014 Ergebnisse der bundesweiten PEBB§Y-Erhebung vor. Danach werde der Personalbedarf neu berechnet. Es sei nicht sachgerecht, im jetzigen Stadium 241 kw-Vermerke an Hand veralteter PEBB§Y-Erhebungen auszubringen.

 

  • Im Notariats- und Grundbuchamtsbereich könne vor 2018 kein Personalabbau vorgenommen werden. Das bestehende System müsse neben dem Aufbau neuer Strukturen aufrecht erhalten werden. Die Justiz bewerkstellige diese Doppelbelastung in der Übergangszeit trotz erheblichen Mehraufwands fast ohne zusätzliche Stellen.

 

    Die Justiz beabsichtige, so früh und so weitgehend wie möglich mit dem Abbau des langfristig nach der Reform zu erwartenden Personalüberhangs zu beginnen. So habe das Ministerium bereits den Abbau von 500 Stellen zum 01.01.2018 zugesagt. Ein weitergehender Personalabbau bis 2018 stelle eine Gefahr für das Funktionieren einer geordneten Rechtspflege dar.

    Bei dem dargestellten Personalüberhang zum 01.01.2018 handele es sich lediglich um eine Prognose, die einen sich ständig ändernden Planungsstand wiedergebe. Bis 2018 stünden noch zahlreiche Entscheidungen an, die derzeit eine seriöse Angabe des Bedarfs 2018 nicht zuließe. Diese „spekulativen Zahlen“ könnten keine Grundlage für eine seriöse und verantwortungsvolle Personalplanung sein.

 

  • Das Ausbildungsangebot werde regelmäßig dem Bedarf angepasst. Im Staatshaushaltsplan 2015/2016 werde die Stellenzahl für Beamtenanwärter des mittleren Dienstes reduziert. Ab 2018 könne die Stellenzahl für Auszubildende zum/zur Justizfachangestellten aufgrund der dann verkürzten Ausbildungszeit verringert werden.

5 Schlussbemerkung

Der Rechnungshof hält an seinen Empfehlungen zum zeitnahen Personalabbau bei den Servicekräften fest. Der für 2018 prognostizierte Personalüberhang basiert auf Berechnungen des Justizministeriums. Die Dimension des Personalüberhangs wird sich durch die PEBB§Y-Erhebung 2014 und organisatorische Entscheidungen bei der Notariats- und Grundbuchamtsreform nicht wesentlich verändern. Würde die Justiz erst zum 01.01.2018 zunächst 500 Stellen abbauen, verbliebe ein Personalüberhang von 687 Servicekräften. Dies entspricht vermeidbaren Personalkosten von jährlich 32 Mio. Euro.

Bei Gerichten und Staatsanwaltschaften ist der seit Jahren - unabhängig von allen Reformen - bestehende Personalüberhang bei den Servicekräften ab dem Staatshaushaltsplan 2015/2016 abzubauen. Das genaue Volumen kann gegebenenfalls an das Ergebnis der PEBB§Y-Erhebung 2014 angepasst werden.

Für die Grundbuchamtsreform erhält die Justiz in der Übergangsphase bei einem Ausgangsbestand von 670 Stellen 221,5 zusätzliche Stellen. Die vom Rechnungshof aufgezeigten Überhänge in den alten Strukturen können abgebaut werden, ohne die Funktionsfähigkeit der Justiz zu gefährden.


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Die Gerichte und Staatsanwaltschaften in Baden-Württemberg weisen dem Staat, justiznahen Einrichtungen und sonstigen gemeinnützigen Einrichtungen jährlich Geldauflagen von 20 Mio. Euro zu. Der Anteil der Geldauflagen, die an die Staatskasse zu bezahlen waren, lag in Baden-Württemberg 2011 deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Der Rechnungshof schlägt vor, diesen Anteil deutlich zu erhöhen.


1 Ausgangslage

1.1 Rechtsgrundlagen

Die Geldauflage ist eine Geldzahlung, die Gerichte und Staatsanwaltschaften in Straf- und Gnadenverfahren als Auflage gegen den Beschuldigten festsetzen. Als Empfänger der Geldauflage kann die Staatskasse oder eine gemeinnützige Einrichtung bestimmt werden. Bei den gemeinnützigen Einrichtungen wird vom Justizministerium Baden-Württemberg zwischen sogenannten justiznahen Einrichtungen - insbesondere Vereine der Straffälligenhilfe - und sonstigen gemeinnützigen Einrichtungen differenziert.

Eine Geldauflage wird in den häufigsten Fällen bei Verfahrenseinstellungen unter Auflagen und Weisungen festgesetzt (§ 153a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Strafprozessordnung). Die Verfahrenseinstellung mit Auflagen und Weisungen tritt dabei an die Stelle der Anklage oder Verurteilung. Es handelt sich nicht um eine Strafe, sondern um eine einvernehmliche Sanktionierung. Eine Geldauflage kann auch als Bewährungsauflage und bei einer Verwarnung mit Strafvorbehalt festgesetzt werden (§§ 56b, 59a Strafgesetzbuch). Ebenso können in Gnadensachen Geldauflagen auferlegt werden (§§ 28, 39 Gnadenordnung).

Die Richter entscheiden in richterlicher Unabhängigkeit. Für die Staatsanwälte gelten bei ihren Zuweisungsentscheidungen die Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren.

1.2 Höhe der festgesetzten Geldauflagen in Baden-Württemberg 2009 bis 2012

Die von den Gerichten und Staatsanwaltschaften in Baden-Württemberg festgesetzten Geldauflagen betrugen 2009 bis 2012 zwischen 16,7 Mio. Euro und 22,9 Mio. Euro. Im Jahresdurchschnitt lagen sie bei 20 Mio. Euro.

Die durchschnittliche prozentuale Verteilung der Geldauflagen unter den Empfängergruppen in diesen vier Jahren wird in Abbildung 1 dargestellt.

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Den höchsten Anteil an den Geldauflagen erhielten die sonstigen gemeinnützigen Einrichtungen mit durchschnittlich 64 Prozent. Der Staatsanteil lag bei 19 Prozent. Den justiznahen Einrichtungen wurden 17 Prozent zugewiesen.

2 Prüfungsergebnisse

2.1 Zuweisungspraxis im Ländervergleich

Die Justizminister und -senatoren der Länder haben 1973 beschlossen, in ihren Geschäftsbereichen künftig in Anlehnung an das „Rahmenmodell einer bundeseinheitlichen Regelung des Verfahrens bei der Zuweisung von Geldauflagen“ zu verfahren. Zu den einschlägigen Regelungen des Rahmenmodells gehört insbesondere die statistische Erfassung von zugewiesenen Geldauflagen.

Zwischen den Ländern findet jedoch kein regelmäßiger Informationsaustausch über die Höhe der zugewiesenen Geldauflagen und die prozentualen Anteile der Empfängergruppen statt.

Der Rechnungshof Baden-Württemberg konnte bei einer Umfrage unter den Landesrechnungshöfen nur in zehn der 16 Länder den prozentualen Anteil der Staatskasse an den Geldauflagen in Erfahrung bringen. Die Geldauflagen in diesen zehn Ländern betrugen 99 Mio. Euro.

Bei einer Hochrechnung auf alle Länder ergibt sich ein bundesweites Volumen von 157 Mio. Euro.

Zwischen den Ländern bestehen nach der Umfrage erhebliche Unterschiede in der Zuweisungspraxis. Der Anteil der dem Staat zugewiesenen Geldauflagen lag 2011 bei den zehn bekannten Länderwerten zwischen 13 und 69 Prozent.

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Baden-Württemberg lag 2011 mit einem Staatsanteil von 24 Prozent weit unter dem Durchschnittswert von 41 Prozent. Hätte der Staatsanteil in Baden-Württemberg bei 41 Prozent gelegen, wären dem Land 9,2 Mio. Euro statt 5,4 Mio. Euro zugeflossen.

2.2 Zuweisungspraxis in Baden-Württemberg

2.2.1 Staatsanteil

Innerhalb Baden-Württembergs bestehen zwischen den Gerichten und Staatsanwaltschaften erhebliche Unterschiede in der Zuweisungspraxis. Abbildung 3 zeigt den prozentualen Staatsanteil in den Landgerichtsbezirken und den Präsidialamtsgerichten.

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Der Staatsanteil an den Geldauflagen lag in den Gerichtsbezirken zwischen 1 und 46 Prozent. Im Durchschnitt waren es 15 Prozent.

In Abbildung 4 wird der prozentuale Staatsanteil an den Geldauflagen bei den Staatsanwaltschaften dargestellt.

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Bei den Staatsanwaltschaften waren die Unterschiede bei den Staatsanteilen noch größer als bei den Gerichten. Die Werte lagen zwischen 4 Prozent und 64 Prozent.

2.2.2 Justiznahe Einrichtungen

Das Justizministerium fasst unter „justiznahen Einrichtungen“ den Badischen Landesverband für soziale Rechtspflege einschließlich seiner Bezirks- und Mitgliedsvereine, den Verband Bewährungs- und Straffälligenhilfe Württemberg e. V. einschließlich seiner Mitgliedsvereine und die Stiftung „Resozialisierungsfonds Dr. Traugott Bender“ zusammen.

Die beiden Verbände und ihre Vereine nehmen wichtige Aufgaben im Bereich der Strafrechtspflege wahr, die im besonderen Landesinteresse liegen. Die Vereine haben in den letzten Jahren zusätzliche Aufgaben übernommen. Insbesondere führen sie landesweit das Projekt „Schwitzen statt Sitzen“ durch.

Die Verbände und die meisten Mitgliedsvereine erhalten neben Zuweisungen aus Geldauflagen noch Landeszuwendungen für das Projekt „Schwitzen statt Sitzen“ und andere Projekte im Bereich der Straffälligenhilfe.

Der Rechnungshof hat verschiedene Zuwendungen an die justiznahen Einrichtungen parallel geprüft und dabei festgestellt, dass sich in der Gesamtbetrachtung keine Überfinanzierung der Vereine ergibt.

2011 betrug der Anteil der Geldauflagen an den Gesamteinnahmen der Vereine 15 Prozent. Die den einzelnen Vereinen zugewiesenen Geldauflagen schwankten in den untersuchten drei Jahren stark. Bei einem Viertel der Vereine betrugen diese Schwankungen 2009 bis 2011 mehr als 100 Prozent. Der Rechnungshof führt diese Schwankungen auch auf die regelmäßig unzureichende Information der Richter und Staatsanwälte über die Zuweisungen an die Einzelempfänger zurück.

2.2.3 Sonstige gemeinnützige Einrichtungen

Den sonstigen gemeinnützigen Einrichtungen wurden 2009 bis 2012 im Durchschnitt 64 Prozent der Geldauflagen zugewiesen. Sie erhielten in Baden-Württemberg den mit Abstand größten Anteil an den Geldauflagen.

2.3 Informationen der Richter und Staatsanwälte

Die Richter und Staatsanwälte in Baden-Württemberg wurden bislang nicht ausreichend über die bundesweiten und regionalen Anteile der Empfängergruppen an den Geldauflagen informiert. Sie erhielten auch nicht überall die jeweilige Bezirksstatistik. Die IT-mäßigen Voraussetzungen für diese Informationen lagen bei den Staatsanwaltschaften vor. Bei den Gerichten werden sie mit Einführung des Programms forumSTAR derzeit geschaffen.

3 Empfehlungen

3.1 Anteil der Geldauflagen an die Staatskasse erhöhen

Der Anteil der Geldauflagen, die der Staatskasse zufließen, sollte erhöht werden. Die Staatsanwaltschaften sollten darauf hinwirken, dass mindestens ein Anteil von 41 Prozent (Bundesdurchschnitt) erreicht wird.

3.2 Gerichte und Staatsanwaltschaften informieren

Die Gerichte und Staatsanwaltschaften des Landes sollten jährlich über die Anteile der Empfängergruppen an den Geldauflagen informiert werden, um über Vergleichswerte zu ihren Zuweisungen zu verfügen.

Die Richter und Staatsanwälte sollten regelmäßig über die Einzelempfänger von Geldauflagen auf der Ebene der Staatsanwaltschaften sowie der Landgerichtsbezirke und Präsidialamtsgerichte unterrichtet werden. Dabei sind die prozentualen Anteile von Empfängergruppen auszuweisen.

3.3 Flächendeckend Auswertungen ermöglichen

Die Geldauflagen bei Gerichten und Staatsanwaltschaften sollten flächendeckend nach Einzelempfänger ausgewertet werden.

4 Stellungnahme des Ministeriums

Das Justizministerium teilt mit, dass es nur in begrenztem Umfang auf einen höheren Staatsanteil an den Geldauflagen hinwirken könne. Dem weitaus überwiegenden Teil der Geldauflagen lägen gerichtliche Entscheidungen zugrunde, bei denen eine Einflussnahme wegen der richterlichen Unabhängigkeit verwehrt sei. Bei gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Entscheidungen über die Geldauflagenempfänger seien zudem spezialpräventive Erwägungen zu beachten. Hinzu komme, dass sich eine Erhöhung des Staatsanteils zwangsläufig zulasten der justiznahen gemeinnützigen Einrichtungen auswirken dürfte.

Das Ministerium steht der Empfehlung positiv gegenüber, die Richter und Staatsanwälte mindestens halbjährlich über die Einzelempfänger von Geldauflagen auf Bezirksebene zu unterrichten. Bei den Staatsanwaltschaften sei die Informationspflicht im Erlasswege bereits umgesetzt. Im gerichtlichen Bereich solle die regelmäßige Unterrichtung erfolgen, wenn die IT-technischen Voraussetzungen gegeben seien.

5 Schlussbemerkung

Der Rechnungshof hält an seiner Empfehlung fest, den Staatsanteil an den Geldauflagen zu erhöhen. Knapp ein Drittel der Geldauflagen wird von den Staatsanwaltschaften festgesetzt. Spezialpräventive Erwägungen können auch bei einem höheren Staatsanteil - wie in anderen Ländern - ausreichend berücksichtigt werden.

Die Befürchtung des Justizministeriums wird nicht geteilt, dass sich ein höherer Staatsanteil zwangsläufig zulasten der justiznahen Einrichtungen auswirken muss.


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Einzelplan 06: Ministerium für Finanzen und Wirtschaft

Die Zentralisierung des Dienstreisemanagements beim Landesamt für Besoldung und Versorgung hat sich bewährt. Das Landesamt für Besoldung und Versorgung wurde für die neue Aufgabe aus heutiger Sicht zu gut ausgestattet. 29,5 Stellen sind bisher bereits nicht besetzt oder werden anderweitig verwendet. Sie sind für das Dienstreisemanagement entbehrlich.

Unabhängig davon hat der Rechnungshof zusätzlich einen Personalüberhang von 27,5 Vollzeitäquivalenten ermittelt. Werden alle Verbesserungsvorschläge des Rechnungshofs umgesetzt, können im gesamten Landeshaushalt weitere 30,6 Vollzeitäquivalente eingespart werden. Das gesamte Einsparpotenzial beträgt dann 87,6 Vollzeitäquivalente. Das sind jährlich 4,6 Mio. Euro.


1 Ausgangslage

2003 stellte der Rechnungshof fest, dass eine zentrale Abrechnung der Dienstreisekostenvergütungen, des Trennungsgeldes und der Umzugskostenvergütungen deutlich wirtschaftlicher und effizienter ist als das damalige dezentrale Abrechnungssystem (Denkschrift 2004, Beitrag Nr. 7, Dienstreisemanagement). Der Landtag hat 2005 (Landtagsdrucksache 13/4103) die Vorschläge des Rechnungshofs aufgegriffen und die Landesregierung beauftragt, die Reisekosten, Trennungsgeld und Umzugskosten zentral festzusetzen und abzurechnen.

Die Landesregierung hat 2007 beschlossen, die Zuständigkeiten für die Festsetzung und Abrechnung von Reisekosten, Trennungsgeld und Umzugskosten in der Landesverwaltung auf das Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) zu übertragen. Davon ausgenommen blieben der Landtag, die Hochschulen, das Justizressort sowie einzelne sicherheitsrelevante Bereiche der Landesverwaltung.

Das LBV entwickelte 2008 ein neues, zentrales Workflow-Verfahren für das Dienstreisemanagement (DRIVE-BW) und begann 2009 mit der schrittweisen Übernahme der Zuständigkeiten. Diese konnte 2011 weitgehend abgeschlossen werden.

Auch der Landtag und die Duale Hochschule Baden-Württemberg haben ihre Abrechnungsaufgaben inzwischen an das LBV übertragen. Damit lassen mit Ausnahme des Geschäftsbereichs des Justizministeriums, des Hochschulbereichs, des Verfassungsschutzes sowie des größten Teils der Landesbetriebe alle Landesdienststellen Reisekosten, Trennungsgeld und Umzugskostenvergütungen zentral vom LBV abrechnen.

Nachdem das zentrale Abrechnungsverfahren beim LBV eingeführt und etabliert ist, hat der Rechnungshof die von ihm initiierte Aufgabenübertragung evaluiert und die Wirtschaftlichkeit des zentralen Dienstreisemanagements beim LBV überprüft.

Parallel dazu wurden bei den bisher noch dezentral abrechnenden Stellen im Geschäftsbereich des Justizministeriums und der Hochschulen die für die Abrechnungsaufgaben anfallenden Aufwände erhoben, Kennzahlen gebildet und dem zentralen Dienstreisemanagement gegenübergestellt. Aufgrund der vergleichsweise geringen Anzahl von Dienstreisen waren die Landesbetriebe nicht in die Untersuchung einbezogen.

2 Prüfungsergebnisse

2.1 Dienstreisemanagement beim Landesamt für Besoldung und Versorgung

2.1.1 Entwicklung der Erledigungszahlen

Die Anzahl der vom LBV bearbeiteten Anträge ist von anfänglich 110.707 Anträgen (2009) auf 621.479 Anträge (2011) gestiegen. Seit 2011 sind nur noch leichte Zuwächse zu verzeichnen. 2013 wurden 665.000 Anträge bearbeitet. Davon entfallen 97 Prozent auf die Abrechnung von Reisekostenvergütungen. Die Entwicklung der Erledigungszahlen ist in Abbildung 1 dargestellt.

2014-B011-Abb1.jpg

2.1.2 Personaleinsatz

Für die Abrechnung von Dienstreisen, Trennungsgeld und Umzugskostenvergütungen hat das LBV einen eigenen Fachbereich eingerichtet. Er ist in der Abteilung 1 des LBV angesiedelt und gliedert sich in drei Referate. Für die Programmierung, Pflege und Wartung des IT-Verfahrens DRIVE-BW ist die Abteilung 5 (Referat 55) des LBV zuständig. Im Stellenplan des LBV wurden hierfür unter Abschnitt 2 (Dienstreisemanagement) 131,5 Stellen neu geschaffen.

Der tatsächliche Personaleinsatz im Fachbereich Dienstreisemanagement hat sich zwischen 2009 und 2011 von anfänglich 60,75 Vollzeitäquivalenten auf 115,5 Vollzeitäquivalente erhöht. Seit 2012 entwickelt sich der Personaleinsatz rückläufig. Zum 01.09.2013 waren im Fachbereich Dienstreisemanagement 96,8 Vollzeitäquivalente und zusätzlich für IT-Aufgaben 5,4 Vollzeitäquivalente eingesetzt.

2014-B011-Abb2.jpg

Für die Einführungsphase des zentralen Dienstreisemanagements wurde von durchschnittlich 6.000 abzurechenden Reisekostenanträgen je Vollzeitäquivalent und Jahr ausgegangen. 2012 berichtet die Landesregierung über die Aufnahme des Vollbetriebs (Landtagsdrucksache 15/1967) und von 6.800 bearbeiteten Reisekostenanträgen je Vollzeitäquivalent. In dieser Fallzahl waren die automatisiert bearbeiteten Reisekostenanträge mit enthalten. Diese sind aber der personellen Bearbeitung entzogen und beanspruchen die Sachbearbeiter zeitlich nicht. Sie sind bei der Berechnung der Fallzahl deshalb nicht zu berücksichtigen.

2013 wurden 26 Prozent aller Reisekostenanträge automatisiert abgerechnet. Die bereinigte Fallzahl je Vollzeitäquivalent von 5.946 Anträgen liegt damit weiter unter der für die Einführungsphase festgelegten Vorgabe.

2.1.3 Personalbedarf

Auf Grundlage eines eng mit dem LBV abgestimmten Aufgabenkatalogs hat der Rechnungshof mit anerkannten Methoden der Organisationslehre (Selbsteinschätzung, Zeitmessung und Selbstaufschreibung) den Personalbedarf des Dienstreisemanagements untersucht.

Mit einer Selbsteinschätzung, in die alle 111 Beschäftigten des Fachbereichs Dienstreisemanagements und des Referats 55 einbezogen waren, wurde der Ressourceneinsatz für die Aufgaben und Tätigkeiten vollständig erfasst. 67 Prozent der Personalkapazitäten werden für die Bearbeitung von Reisekostenanträgen eingesetzt.

Der Rechnungshof hat den Ressourceneinsatz für die Bearbeitung von Reisekostenanträgen im Workflow-Verfahren DRIVE-BW durch Zeitmessungen und Selbstaufschreibungen vertiefend untersucht. Um eine hohe Belastbarkeit der Ergebnisse sicherzustellen, wurden alle Sachbearbeiter des Fachbereichs Dienstreisemanagement in die Erhebungen einbezogen. Aus den hieraus gewonnenen Daten wurde die mittlere Bearbeitungszeit für die Bearbeitung eines Reisekostenantrags im Workflow-Verfahren DRIVE-BW analytisch ermittelt. Für die Bearbeitung eines Reisekostenantrags werden durchschnittlich 6,3 Minuten benötigt.

Auf Basis der mittleren Bearbeitungszeit, der Erledigungszahlen 2013 und der Ergebnisse der Selbsteinschätzung ergibt sich für die sachgerechte Erledigung der Aufgaben ein Personalbedarf von 74,5 Vollzeitäquivalenten. Bei der analytischen Personalbedarfsberechnung wurden neben einem Zuschlag von 15 Prozent für Rüst- und Verteilzeiten auch alle weiteren sich aus der Selbsteinschätzung ergebenden Bearbeitungszeiten berücksichtigt.

Danach sind je Vollzeitäquivalent und Jahr 8.900 Anträge zu bearbeiten. Dies entspricht 43 Anträgen je Tag. Bereits bei der Prüfung des Rechnungshofs 2003 erreichten größere Abrechnungsstellen Fallzahlen von mehr als 7.000 Abrechnungen je Vollzeitäquivalent und Jahr. Durch das vom LBV entwickelte Workflow-Verfahren DRIVE-BW hat sich der Abrechnungsaufwand deutlich reduziert.

2.1.4 Abrechnung von Polizeieinsätzen

Polizeibeamte erhalten bei Einsätzen in einer geschlossenen Polizeieinheit eine Einsatzabfindung. Deren Abrechnung veranlasst die Dienststelle direkt beim LBV und übermittelt selbst alle notwendigen Daten.

2012 wurde zwischen der Einsatzdatenbank der Bereitschaftspolizei und DRIVE-BW eine medienbruchfreie Schnittstelle eingerichtet. Seitdem rechnet das LBV die Abfindungen für Einsatzkräfte der Bereitschaftspolizei vollautomatisch ab.

Die Abrechnung von Einsatzabfindungen anderer Einsatzkräfte erfolgt bis dato über Listen, die das LBV personell in DRIVE-BW erfasst. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit beträgt hier 3 Minuten. Jährlich fallen etwa 20.000 Abrechnungen an.

2.1.5 Sammelabrechnungen von Dienstreisen

Die Abrechnung mehrerer Dienstreisen in einem Antrag (Sammelabrechnung) ist nur in Papierform möglich. Die Antragsdaten werden vom Sachbearbeiter des LBV elektronisch erfasst und über DRIVE-BW abgerechnet. Für die Bearbeitung einer Sammelabrechnung werden durchschnittlich 29,2 Minuten benötigt. 43 Prozent der Bearbeitungszeit entfallen auf die Datenerfassung sowie den Prüf- und Kontrollaufwand.

2.1.6 Risikomanagement

Bei 67 Prozent aller Reisekostenanträge liegt die ausbezahlte Reisekostenvergütung unter 25 Euro. 38 Prozent dieser Anträge, vor allem bei Erstattungen von Tagegeldern, werden automatisch abgerechnet. Die anderen Anträge werden personell bearbeitet. Die dafür anfallenden Personalkosten übersteigen die aus der Antragsbearbeitung resultierenden Kürzungen der beantragten Reisekosten deutlich. Die personelle Prüfung und Bearbeitung vieler Reisekostenanträge ist daher unwirtschaftlich. Ein umfassendes Risikomanagementsystem fehlt.

2.1.7 Nutzung und Akzeptanz von DRIVE-BW

Das eingeführte Workflow-Verfahren DRIVE-BW wird von den Nutzern akzeptiert und genutzt. Allerdings werden bisher nur 86 Prozent aller Dienstreiseabrechnungen elektronisch beantragt.

14.700 der in Papierform beantragten Reisekostenvergütungen könnten elektronisch beantragt werden. Die in Papierform eingehenden Anträge verursachen einen zeitlichen Mehraufwand von 13 Minuten je Antrag.

2.2 Dezentrales Dienstreisemanagement

Ergänzend zur Untersuchung des Ressourceneinsatzes im LBV hat der Rechnungshof das Dienstreisemanagement der dezentral abrechnenden Dienststellen geprüft. Mit einem Fragebogen wurden der Ressourcenaufwand sowie ergänzende Angaben zur Abrechnung von Dienstreisen bei allen abrechnenden Dienststellen im Justizressort und den Hochschulen erhoben.

Damit konnte der Rechnungshof bei einem Großteil der noch dezentral abrechnenden Dienststellen den Ressourceneinsatz ermitteln und die Wirtschaftlichkeit der dezentralen Abrechnung bewerten.

Im Geschäftsbereich des Justizministeriums sind insgesamt 174 Dienststellen mit Abrechnungsaufgaben betraut. 2012 wurden von 333 Mitarbeitern 27.500 Reisekostenanträge bearbeitet. 78 Prozent der Mitarbeiter nehmen mit weniger als 5 Prozent ihrer regelmäßigen Arbeitszeit Abrechnungsaufgaben wahr. Landesweit werden für die Abrechnung von Dienstreisen, Trennungsgeld und Umzugskosten 11,0 Vollzeitäquivalente eingesetzt. Durchschnittlich werden für die Bearbeitung eines Reisekostenantrags 30 Minuten benötigt.

Im Hochschulbereich wurden 2012 von 45 Dienststellen 170.000 Reisekostenanträge abgerechnet. Dafür wurden 161 Mitarbeiter mit einem Stellenumfang von insgesamt 48,1 Vollzeitäquivalenten eingesetzt. Durchschnittlich benötigten die Mitarbeiter für die Bearbeitung eines Reisekostenantrags 24 Minuten.

Die Erhebungen zeigen, dass die dezentrale Abrechnung von Reisekostenanträgen unwirtschaftlich ist. Allein im Justiz- und Hochschulbereich müssen sich 494 Mitarbeiter mit dem Dienstreiserecht auseinandersetzen. Dezentrale Abrechnungsmodelle erfordern einen ungleich höheren Ressourceneinsatz als die zentrale Abrechnung beim LBV.

3 Empfehlungen

3.1 Dienstreisemanagement beim Landesamt für Besoldung und Versorgung

3.1.1 Personaleinsatz reduzieren

Nach der analytischen Personalbedarfsberechnung des Rechnungshofs werden für die Erledigung der Aufgaben des Dienstreisemanagements 74,5 Vollzeitäquivalente benötigt. Da das LBV aktuell 102 Vollzeitäquivalente einsetzt, kann der Personaleinsatz im Dienstreisemanagement kurzfristig und ohne weitere Maßnahmen um 27,5 Vollzeitäquivalente reduziert werden. Dadurch kann der Landeshaushalt sofort um jährlich 2,2 Mio. Euro entlastet werden.

3.1.2 Abrechnung von Einsatzabfindungen vollständig automatisieren

Derzeit werden 20.000 Einsatzabfindungen in Listenform beim LBV beantragt und manuell abgerechnet. Auch für diese Fälle sollte die Übermittlung der Daten künftig über eine elektronische Schnittstelle erfolgen. Durch die automatisierte Abrechnung kann der Personaleinsatz um 0,6 Vollzeitäquivalente reduziert werden.

3.1.3 DRIVE-BW weiterentwickeln

Sammelabrechnungen von Dienstreisen sind derzeit nur in Papierform möglich. Der Medienbruch und die Erfassung der Daten verursachen einen hohen, vermeidbaren Zeitaufwand. Durch eine Weiterentwicklung des Workflow-Verfahrens DRIVE-BW sollten zukünftig auch Sammelabrechnungen elektronisch beantragt werden können. Dadurch könnten weitere 2,5 Vollzeitäquivalente wegfallen.

3.1.4 Risikomanagement kann Wirtschaftlichkeit weiter erhöhen

Aus Wirtschaftlichkeitsgründen sollte der Ausbau des Risikomanagements für klar definierte Fallkonstellationen weiter vorangetrieben werden. Künftig könnte danach ein Großteil der Reisekostenanträge vollautomatisch über DRIVE-BW abgerechnet werden. Plausibilitätsprüfungen, variable Prüfkriterien und ein hoher Anteil an Stichproben reichen aus, um ein gesetzmäßiges, gleichmäßiges Verwaltungshandeln sicherzustellen und Manipulationen vorzubeugen. Aufgedeckte, vorsätzliche Verstöße müssen verfolgt und disziplinarisch geahndet werden. Der Personalbedarf kann damit um 6 Vollzeitäquivalente reduziert werden.

3.1.5 Nutzung und Akzeptanz von DRIVE-BW steigern

Die Akzeptanz und Nutzung von DRIVE-BW ist seit Einführung stark gestiegen. Dennoch könnten weitere Anträge über das Workflow-Verfahren beantragt und dadurch zwei weitere Personalstellen eingespart werden.

3.1.6 Neue Organisationsstruktur

Nach Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofs kann das LBV das Dienstreisemanagement stärker zusammenführen. Zwei Referate sind für die Bearbeitung ausreichend. Ein Referat kann ersatzlos wegfallen.

3.2 Dienstreisemanagement weiter zentralisieren

Die dezentralen Reisekostenabrechnungen im Justizressort und bei den Hochschulen verursachen einen deutlich höheren Ressourceneinsatz als vergleichbare Abrechnungsvorgänge beim LBV.

Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit empfiehlt der Rechnungshof, die Abrechnung von Reisekosten, Trennungsgeld und Umzugskostenvergütungen aus dem Geschäftsbereich des Justizministeriums ab dem 01.01.2015 auf das LBV zu verlagern. Gründe gegen die Übernahme durch das LBV liegen nicht vor. Beim LBV führt dies zu einem Personalbedarf von 3,5 Vollzeitäquivalenten. Dem steht ein Einsparpotenzial von 11 Vollzeitäquivalenten im Justizbereich gegenüber, sodass sich ein Nettoeinsparpotenzial von 7,5 Vollzeitäquivalenten ergibt.

Im Hochschulbereich ist die Übernahme der Abrechnung von Dienstreisen, Trennungsgeld und Umzugskostenvergütungen durch das LBV wegen der eingesetzten unterschiedlichen Personalverwaltungssoftware aktuell nicht möglich. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, wie notwendig ein einheitliches Personalverwaltungssystem innerhalb des Landes ist.

Auf jeden Fall sollte angestrebt werden, die Abrechnungen nach dem Reisekostenrecht mittelfristig dem LBV zu übertragen. Der Personaleinsatz ließe sich um 28,5 Vollzeitäquivalente reduzieren. In einem ersten Schritt sollten die Aufgaben der kleineren Hochschulen übertragen werden. Bereits dadurch lassen sich 10 Vollzeitäquivalente einsparen.

Auch die Landesbetriebe sollten die Abrechnungen von Reisekosten, Trennungsgeld und Umzugskostenvergütungen zukünftig vom LBV erledigen lassen.

3.3 Finanzielle Auswirkungen der Empfehlungen des Rechnungshofs

In Kapitel 0618 des Staatshaushaltsplans 2013/2014 sind in Abschnitt 2 (Dienstreisemanagement) bis heute insgesamt 131,5 Stellen etatisiert. Bereits im Staatshaushaltsplan 2015/2016 können 57 Stellen entfallen. In den darauf folgenden Haushaltsjahren können weitere 13 Stellen abgebaut werden. Nach Umsetzung aller das LBV betreffender Vorschläge des Rechnungshofs reichen 61,5 Stellen für die Erledigung der aktuell anfallenden Aufgaben aus.

Die folgende Tabelle illustriert die Auswirkungen der Empfehlungen des Rechnungshofs auf den Stellenbedarf im Detail:

2014-B011-Tab.jpg

Durch die Realisierung des gesamten Stelleneinsparpotenzials ergeben sich finanzielle Einsparungen im Staatshaushaltsplan von jährlich 4,6 Mio. Euro.

4 Stellungnahmen der Ministerien

4.1.1 Ministerium für Finanzen und Wirtschaft

Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft hält fest, dass kurz- bis mittelfristig beim LBV im Bereich des Dienstreisemanagements ein gewisses Stelleneinsparpotenzial vorhanden sei, allerdings in deutlich geringerem Umfang als vom Rechnungshof angenommen. Die Polizeireform und neue Aufgaben wie das Landesreisebüro und der Aufbau einer internen Revision zur Verhinderung von Fehlzahlungen aufgrund von Manipulationen würden zusätzliches Personal erfordern. Bei den Zeitmessungen habe der Rechnungshof Laborbedingungen geschaffen und die Unterbrechungen im Arbeitsablauf und den ständigen Wechsel von Tätigkeiten nicht ausreichend berücksichtigt. Daneben habe der Rechnungshof den Leistungsgrad der Mitarbeiter während der Zeitmessungen nicht bewertet. Auf die vom Rechnungshof ermittelten mittleren Bearbeitungszeiten wäre daher ein Zuschlag von 20 Prozent notwendig und angemessen.

Der Fachbereich Dienstreisemanagement wird, wie vom Rechnungshof vorgeschlagen, ab 31.07.2014 in nur noch zwei Referate gegliedert. Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft beziffert den Personalbedarf für das Dienstreisemanagement auf insgesamt 85,5 Stellen.

4.1.2 Justizministerium

Das Justizministerium schließt sich der Empfehlung, die Abrechnungsaufgaben seines Geschäftsbereichs auf das LBV zu verlagern, an. Keine Bedenken bestünden auch zum errechneten Einsparpotenzial. Auf die Notwendigkeit, bei der Zentralisierung justizspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen, weist das Ministerium hin.

4.1.3 Wissenschaftsministerium

Das Wissenschaftsministerium hält die Zentralisierung des Dienstreisemanagements derzeit für nicht sinnvoll und verweist auf eine Vielzahl von technischen und administrativen Besonderheiten des Hochschulbereichs. Zudem sei der Aufwand, die Zentralisierung technisch zu realisieren, nicht vertretbar. In der Stellungnahme zur Prüfungsmitteilung hat sich das Ministerium einer Erprobung in einzelnen Pilotvorhaben aber nicht verschlossen.

5 Schlussbemerkung

Der Rechnungshof hat anerkannte Methoden der Organisationslehre (Selbsteinschätzung, Zeitmessung auf Basis eines abgestimmten Aufgabenkatalogs und Selbstaufschreibung) angewandt. Alle Prüfungsmethoden und -schritte wurden vorab abgestimmt, ein hohes Maß an Transparenz war sichergestellt. Der Rechnungshof hat keine Laborbedingungen geschaffen und keinen Leistungsgrad für einzelne Mitarbeiter ermittelt, sondern durch die Einbeziehung aller Mitarbeitenden die durchschnittliche Ist-Bearbeitungszeit festgestellt. Der ständige Wechsel bei den Tätigkeiten ist bisher nur deshalb gegeben, weil keine Arbeitsvorräte vorhanden sind. Bei Umsetzung der Vorschläge des Rechnungshofs und dem angepassten Personalbedarf entfallen die ständigen Wechsel. Für die Antragsbearbeitung werden künftig je Vollzeitäquivalent und Tag lediglich fünf Stunden, unter Berücksichtigung der Rüst- und Verteilzeiten sechs Stunden, eingesetzt. Die verbleibende Zeit steht für die Erledigung sonstiger Aufgaben zur Verfügung.

Die aus der Untersuchung des Rechnungshofs 2003 abgeleiteten Beschlüsse des Landtags wurden erfolgreich umgesetzt. Die Zentralisierung des Dienstreisemanagements hat sich bewährt. Mit DRIVE-BW steht heute für die Abrechnung von Dienstreisen ein leistungsfähiges, komfortables und von den Nutzern zunehmend akzeptiertes Workflow-Verfahren zur Verfügung. Daher sollten möglichst alle bisher noch dezentral abrechnenden Landesdienststellen diese Aufgaben auf das LBV übertragen. Unbefriedigend bleibt aus der Sicht des Rechnungshofs, dass der große und wichtige Bereich des Wissenschaftsministeriums mit dem gesamten Hochschulbereich bisher keine Initiative zeigt, sich insoweit zu integrieren.


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Einzelplan 07: Ministerium für Finanzen und Wirtschaft (Wirtschaft)

Bei der Förderung des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg hat das damalige Wirtschaftsministerium das Risiko von Finanzkorrekturen durch die EU wegen Regelverstößen hingenommen. Das Ministerium bewilligte mehr als 200.000 Euro zu hohe Zuwendungen. Darüber hinaus beteiligt sich das Land im Rahmen der institutionellen Förderung an den vermeidbaren Finanzierungskosten mit bis 300.000 Euro.


1 Ausgangslage

Das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg ist eine rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts. Das Stiftungskapital wurde vom Land Baden-Württemberg, von den Universitäten Stuttgart und Ulm sowie mehreren Unternehmen eingebracht. Organe der Stiftung sind der Vorstand und das Kuratorium. Letzterem gehören u. a. jeweils ein Vertreter des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft, des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst und des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft an.

Das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg spielt im Rahmen des nationalen Entwicklungsplans „Elektromobilität“ eine zentrale Rolle, u. a. bei der Materialforschung für Lithium-Ionen-Batterien.

Das Zentrum errichtete 2010/2011 eine neue Forschungs- und Entwicklungsinfrastruktur für Sicherheitstests und Produktionstechnologien von Batterien der nächsten Generation. Der Gebäudekomplex besteht aus einem verbindenden Bürotrakt und drei kammartig angeordneten Bauteilen, in denen Labors untergebracht sind. Aus wirtschaftlichen und zeitlichen Gründen wurde das Gebäude als Gesamtprojekt konzipiert und umgesetzt. Der Bund förderte davon zwei Labortrakte, das damalige Wirtschaftsministerium, heute Ministerium für Finanzen und Wirtschaft, den dritten Labortrakt. Die Projektförderung aus EU- und Landesmitteln betrug 3,8 Mio. Euro und wurde als Anteilsfinanzierung auf der Grundlage der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums und des Wissenschaftsministeriums zur Förderung der wirtschaftsnahen Infrastruktur und Eigenkapitalbasis von Unternehmen, des Technologietransfers und der Clusterbildung (VwV EFRE-Förderung 2007 - 2013) bewilligt.

2 Prüfungsergebnisse

2.1 Zuwendungsfähige Kosten

Das damalige Wirtschaftsministerium setzte auf der Grundlage der baufachlichen Stellungnahme der Oberfinanzdirektion Karlsruhe letztlich die anteiligen zuwendungsfähigen Kosten auf 4,242 Mio. Euro fest.

Nach der baufachlichen Stellungnahme sollte das Ministerium darüber entscheiden, ob es Kosten für eine höhere Tragfähigkeit der Geschossdecke zur späteren Aufstockung des Laborgebäudes von 143.000 Euro anerkennt. Das Ministerium akzeptierte diese Kosten ohne Begründung. Drei Monate nach der Bewilligung lehnte es eine Förderung zur Aufstockung des Laborgebäudes ab. Mittlerweile ist diese nach Angaben des Zuwendungsempfängers auch nicht mehr vorgesehen. Nachträglich begründete das Ministerium seine damalige Entscheidung mit dem Hinweis, es sei ihm vertretbar erschienen, sich die Option einer Erweiterung offen zu halten, da zusätzliche Erweiterungsflächen nach einem weiteren Anbau nicht mehr zur Verfügung stünden.

Obwohl Projektsteuerungskosten originäre vom Bauherrn zu tragende Kosten sind und die Oberfinanzdirektion Karlsruhe im baufachlichen Gutachten darauf hinwies, akzeptierte das Ministerium Kosten von 75.000 Euro ohne Begründung. Nachträglich machte es geltend, es habe deren Anerkennung in Anbetracht der Komplexität des Projekts für angezeigt gehalten und verwies fälschlicherweise auf die Richtlinien für die Baukostenplanung der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung.

Das Ministerium akzeptierte auch ohne Begründung Kosten von 13.000 Euro für die Kunst am Bau, obwohl das Zuwendungsrecht dies nicht vorsieht. Nachträglich begründete es seine Entscheidung mit den in der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung geltenden Regelungen.

Insgesamt wurden Kosten von 231.000 Euro mit einer Förderquote von 90 Prozent zu Unrecht gefördert.

Dem Ministerium war bereits vor Bewilligung der Zuwendung bekannt, dass der Zuwendungsempfänger bei der Vergabe der Architektenleistung gegen die einschlägigen Vergabevorschriften verstoßen hatte. Dennoch anerkannte es anteilige Kosten von 146.000 Euro. Die mit der Prüfung des Verwendungsnachweises beauftragte L-Bank akzeptierte letztlich diese Kosten nicht. Sie zahlte die darauf entfallende Zuwendung nicht aus.

2.2 Förderquote

Das Ministerium legte eine Förderquote von 90 Prozent fest. Im Einzelnen bestimmte es hierzu, dass

  • 50 Prozent mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung auf der Grundlage der VwV EFRE-Förderung (Kapitel 0802, Titelgruppe 88),

 

  • 10 Prozent mit Kofinanzierungsmitteln des Landes auf der Grundlage der VwV EFRE-Förderung (Kapitel 0708, Titelgruppe 95) und

 

  • 30 Prozent mit zusätzlichen Landesmitteln für Sonderinvestitionen auf der Grundlage der Ausgabeermächtigung im Staatshaushalt (Kapitel 0708, Titel 894 79)

gefördert werden.

Die VwV EFRE-Förderung lassen eine Förderung von bis zu 90 Prozent zu, vorausgesetzt die Richtlinien eines ergänzenden Fachförderprogramms enthalten eine entsprechende Regelung. Jedoch hat das Ministerium bisher keine ergänzende Richtlinie für „Sonderinvestitionen“ erlassen. Die Erläuterungen im Staatshaushaltsplan bei Kapitel 0708 Titel 894 79 wiesen nicht auf einen erhöhten Fördersatz hin.

2.3 Nutzungs- und Triple-Net-Immobilienvertrag

Der Vertreter des Ministeriums teilte dem Zuwendungsempfänger in der Kuratoriumssitzung am 18.11.2009 zur Finanzierung des Bürogebäudes mit, „dass eine Darlehensaufnahme durch das Haushaltsrecht nicht abgedeckt ist und dass das Wirtschaftsministerium diesem Vorschlag nicht zustimmen kann.“ Diese Auffassung des Ministeriums ist unzutreffend. Sie war ursächlich für den unwirtschaftlichen Nutzungs- und Triple-Net-Immobilienvertrag, den das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg mit einem städtischen Unternehmen abschloss. Im Vergleich zu einer Kreditaufnahme bei einer Bank verursacht der einem Kreditgeschäft gleichkommende Vertrag Mehrkosten von mehr als 300.000 Euro. Das Ministerium beachtete nicht, dass die durch den Nutzungs- und Triple-Net-Immoblienvertrag zusätzlich verursachten Kosten vom Land zeitversetzt über seine institutionelle Förderung voll- beziehungsweise teilfinanziert werden.

2.4 Institutionelle Förderung

Das Ministerium gewährt dem Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung zusätzlich seit Jahren eine institutionelle Förderung als Fehlbedarfsfinanzierung. Diese betrug 2010 bis 2012 durchschnittlich jährlich 3,8 Mio. Euro. Davon entfielen 3,4 Mio. Euro auf den laufenden Betrieb und 0,4 Mio. Euro auf Investitionen. Wegen der fehlenden Festlegung der zuwendungsfähigen Investitionen im Bewilligungsbescheid ist die Verwendung der Zuwendung nicht nachprüfbar. Die vom Rechnungshof geforderte Prüfung, ob das vom Land geförderte Laborgebäude auch durch die institutionelle Förderung bezuschusst und dadurch die 90 Prozentgrenze bei der Projektförderung überschritten wurde, übertrug das Ministerium dem Zuwendungsempfänger selbst. Dessen Ergebnis übernahm das Ministerium als eigene Erkenntnis. Es teilte mit, dass in der in Kürze beginnenden neuen Förderperiode ein Eigenanteil der Zuwendungsempfänger bei Projektförderungen nicht mehr vorgesehen sei.

Die Prüfung, ob bei der institutionellen Förderung die Grenzen der Bewilligung für den laufenden Betrieb und die Investitionen eingehalten wurden, unterblieb.

Anreize für den Zuwendungsempfänger, wirtschaftlich und sparsam zu handeln, waren bisher nur schwach ausgeprägt beziehungsweise fehlten. Die bei der Projektförderung aufzubringenden Eigenanteile wurden letztlich statt vom Zuwendungsempfänger vom Land über die institutionelle Förderung finanziert beziehungsweise mitfinanziert. Die Absicht, künftig Projekte zu 100 Prozent zu fördern, ist im Hinblick auf ein wirtschaftliches und sparsames Handeln der Zuwendungsempfänger kontraproduktiv.

2.5 Transparenz

Nicht alle für die Beurteilung der Förderung entscheidenden Sachverhalte ergaben sich aus den Förderakten des Ministeriums, sondern nur aus den teilweise fragmentarischen Unterlagen des Zuwendungsempfängers.

3 Empfehlungen

3.1 Regelverstöße und Anlastungsrisiken vermeiden

Es sind alle Anstrengungen zu unternehmen, um Regelverstöße bei der Förderung und damit Finanzkorrekturen der EU zu vermeiden. Der Rechnungshof sieht hier einen Handlungsbedarf.

EU-Anforderungen sollten nicht durch nationale Reglungen verschärft werden. Dadurch werden zusätzliche Risiken vermieden.

Die Zuwendungsempfänger sind verstärkt auf die Einhaltung der Vorgaben in den Bewilligungsbescheiden, insbesondere auf die Vergabevorschriften, sowie auch auf die Tragweite bei Verstößen, hinzuweisen.

3.2 Strikte Trennung von Förderungen

Bei institutionellen Förderungen und zusätzlichen Projektförderungen ist darauf zu achten, dass die Zuwendungsempfänger bei der Abrechnung der Förderungen nachweisbar die Kosten für die jeweils geförderten Investitionen und den laufenden Betrieb gegeneinander abgrenzen.

3.3 Nicht gesicherte Erweiterungen restriktiv handhaben

Die Bewilligung einer Zuwendung für eine künftige Erweiterung der geförderten Maßnahme ist restriktiv zu handhaben und nur dann in Erwägung zu ziehen, wenn nachgewiesen ist, dass in absehbarer Zeit eine Realisierung der Planung erfolgt, das Landesinteresse entsprechend hoch und die Finanzierung gesichert ist.

3.4 Förderentscheidungen dokumentieren

Um die Transparenz der getroffenen Entscheidungen zu gewährleisten, ist es zwingend, Förderentscheidungen nachvollziehbar und vollständig zu dokumentieren.

4 Stellungnahme des Ministeriums

Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft teilt mit, das damalige Wirtschaftsministerium habe vor dem Hintergrund der Komplexität des Projekts von Anfang an alle Anstrengungen unternommen, um Regelverstöße zu vermeiden. Eine Förderquote von bis zu 90 Prozent setze weder voraus, dass eine Richtlinie für eine Fachförderung vorliegen müsse, noch dass in den Erläuterungen zum Staatshaushaltsplan ausdrücklich eine ergänzende Förderung zugelassen werde. Das damalige Wirtschaftsministerium habe sich bei seiner Bewilligung voll umfänglich an die Empfehlungen der baufachlichen Stellungnahme gehalten. Eine Eigenprüfung des Zuwendungsempfängers habe ergeben, dass die geförderten Projektinvestitionen nicht über die institutionelle Förderung abgerechnet worden seien.


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Überbetriebliche Ausbildungsstätten sollen entsprechend der tatsächlichen Zahl der Teilnehmer gefördert werden. Das Ministerium muss sich einen landesweiten Überblick verschaffen und danach strukturelle Entscheidungen zu den Standorten treffen.


1 Ausgangslage

Die duale berufliche Ausbildung findet in den Ausbildungsbetrieben und in den Berufsschulen statt. Ergänzend dazu bieten die Kammern ein Programm überbetrieblicher Fachkurse (überbetriebliche Ausbildung) an. Damit sollen ein hohes Niveau gewährleistet und Lücken vermieden werden, die sich durch die Spezialisierung der Ausbildungsbetriebe und den schnellen technischen Fortschritt ergeben können. Ausbildungsumfang und -inhalt werden für die jeweiligen Fachrichtungen bundesweit festgelegt. Jeder Auszubildende muss die Kurse absolvieren. Die Kurse werden in überbetrieblichen Berufsbildungsstätten der Kammern durchgeführt. In Baden-Württemberg ist das Netz dieser Berufsbildungsstätten nahezu flächendeckend.

Land und Bund fördern die überbetriebliche Ausbildung als Daueraufgabe im Wege der Mittelstandsförderung. Gefördert werden der Bau, die Unterrichtsmodule und die Modernisierung der überbetrieblichen Berufsbildungsstätten (Ausstattung, Geräte usw.). Wir haben geprüft, wie die Modernisierung gefördert wird.

Der Bund fördert Maßnahmen nach seinen gemeinsamen Richtlinien für die Förderung überbetrieblicher Berufsbildungsstätten (ÜBS) und ihre Weiterentwicklung zu Kompetenzzentren. Die Bundesrichtlinie vom 01.07.2009 (Bundesanzeiger Nr. 100, S. 2353) legt die Voraussetzungen für die Förderung fest. Dabei ist der Bedarf der beantragten Maßnahmen durch ein Gutachten nachzuweisen. Eine Koförderung durch das Land ist ebenfalls Voraussetzung.

Die Förderrichtlinien des Landes vom 01.01.2005 (GABl. 2005, S. 821) verlangen, dass das Vorhaben dazu dient, ein bedarfsgerechtes und ausgewogenes Netz überbetrieblicher Aus- und Fortbildungsstätten bzw. der Weiterentwicklung fachlicher Schwerpunkte in bestehenden Bildungszentren zu erhalten oder zu entwickeln. Die Gesamtfinanzierung des Vorhabens muss gesichert sein.

Der Bund fördert die Maßnahmen mit 45 Prozent, das Land förderte bis 2013 mit 30 Prozent. Das Land wandte für die Modernisierung der Ausstattung in den Bildungsstätten von 2008 bis 2010 insgesamt 5,6 Mio. Euro auf. 3,2 Mio. Euro stammen aus Kapitel 0710 und 2,4 Mio. Euro aus Mitteln der Zukunftsoffensive III.

2 Prüfungsergebnisse

2.1 Berechnung der Auslastung

Der Bund verlangt nach seiner Richtlinie eine Auslastung der Bildungsstätte von 75 Prozent (Nr. A 5.5). Nach der Landesrichtlinie Nr. 2.1.1 muss die ausreichende Auslastung gewährleistet sein. Die Auslastung wird durch den Gutachter berechnet, der sich zum Bedarf der Maßnahme äußert. Bund und Land verwenden jeweils dasselbe Gutachten für ihre Entscheidung. Das Land übernimmt damit die Anforderung des Bundes an die Auslastung. Der Rechnungshof untersuchte, wie die Auslastung berechnet wird.

Um die Auslastung zu berechnen, stellen die Gutachten zunächst für jedes einzelne Fach die Kapazität in Teilnehmerstunden fest und vergleichen sie mit der tatsächlichen Belegung in Teilnehmerstunden. Die Summe für alle Fächer ergibt die Auslastung der gesamten Bildungsstätte.

Die Kapazität jedes Fachs wird als Produkt aus der Anzahl der Kurse, der Anzahl der Plätze je Kurs und der Jahresstunden je Platz berechnet. Als Zahl der Plätze je Kurs wird jedoch nicht die Zahl der tatsächlich verfügbaren Plätze, sondern eine Mindestplatzzahl berücksichtigt. Diese entnehmen die Gutachter meist den Vorgaben, die das Heinz-Piest-Institut für Handwerkstechnik (HPI) für die Kurse entwickelt hat. Bei einigen Gutachten wurde von dieser Vorgehensweise jedoch abgewichen.

Als Zahl der jährlich verfügbaren Stunden je Platz legt das HPI 1.600 Stunden zugrunde. Dies beruht auf der Annahme, dass in 40 Wochen im Jahr, an fünf Tagen je Woche und acht Stunden je Tag Kurse stattfinden können.

Die Belegung wird nach der tatsächlichen Teilnehmerzahl und nach den tatsächlichen Kurswochen im Jahr berechnet. Dies gilt auch, soweit die Bildungsstätte in den einzelnen Fächern erheblich mehr Teilnehmerplätze hat und belegt sowie mehr als 40 Wochen im Jahr Unterricht durchführt. Die errechneten Auslastungszahlen der Gutachten entsprechen nicht den tatsächlichen Verhältnissen.

Werden statt der theoretischen Mindestkapazität je Kurs die tatsächlich vorhandenen Werkstattplätze und die tatsächlich genutzten 46 Jahreswochen zugrundelegt, ist die Auslastung der Kurse teilweise sehr schlecht.

Wir haben bei sechs von etwa hundert Bildungsstätten Einzelförderungen überprüft. Für zwei große Bildungsstätten haben wir die tatsächliche Auslastung der Fächer berechnet. Von 21 Fächern waren zehn nur unter 75 Prozent ausgelastet.

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Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft wies darauf hin, dass die Auslastung auch unabhängig von der jeweiligen Teilnehmerzahl bzw. Mindestteilnehmerzahl der einzelnen Übungseinheiten berechnet wird. Die Berechnungsbasis bilden dann nicht die Teilnehmerstunden je Jahr, sondern die Gruppenwochenstunden je Jahr. Diese Berechnungsweise lässt gar nicht mehr erkennen, wie die Bildungsstätte tatsächlich ausgelastet ist. Ein mit fünf Teilnehmern durchgeführter Wochen-Kurs stellt danach genauso eine Gruppenwoche dar wie ein mit 18 Teilnehmern voll belegter Wochen-Kurs.

Die derzeit verwendete Berechnung zeigt die tatsächlich vorhandene Kapazität bei Weitem nicht auf. Sie lässt nicht zu, die Auslastung zu beurteilen.

Es ist zudem zweifelhaft, ob die Auslastung der Bildungsstätte im Ganzen ein geeigneter Maßstab sein kann. Weder die Unterrichtswerkstätten noch die Geräteausstattung können fachübergreifend genutzt werden. Die derzeitig praktizierte Berechnungsweise der Gesamtauslastung einer Bildungsstätte stellt somit keinen ausreichenden Indikator für eine Förderentscheidung dar.

2.2 Landesweite Betrachtung der Auslastung

Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft erhält keine Hinweise, wie sich die Auslastung der Fächer landesweit entwickelt. Es erhebt die entsprechenden Daten auch nicht auf anderem Weg. Sie sind jedoch von großer Bedeutung, um Entscheidungen zur Weiterentwicklung der Förderung zu treffen. Einzelne Fächer werden zwar nur einmal im Land angeboten. Die meisten werden jedoch an mehreren Standorten unterrichtet.

Bei Standortentscheidungen und auch bei der Modernisierung der Ausstattung in vorhandenen Einrichtungen ist bedeutsam, wie die Fächer landesweit ausgelastet sind.

2.3 Demografische Entwicklung

Standortentscheidungen benötigen zeitlichen Vorlauf. Daher ist es wichtig, auch einzubeziehen, wie sich die Zahl der Auszubildenden voraussichtlich entwickeln wird.

Das Bundesinstitut für Berufsbildung hat sich in seinem Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2012 mit der demografischen Entwicklung befasst. Alle dort angegebenen Entwicklungen deuten darauf hin, dass die Zahl der Auszubildenden, die an der überbetrieblichen Ausbildung teilnehmen werden, rückläufig ist. Der Berufsbildungsbericht 2013 der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 17/13650) bestätigt die zu erwartende Entwicklung.

  • Die Zahl der 15- bis 19-jährigen ist von 2005 bis 2011 um mehr als 16 Prozent zurückgegangen.

 

  • Für die Zahl der Schulabgänger ohne Studienberechtigung, die die Hauptgruppe der hier infrage kommenden Auszubildenden stellen, wird von 2012 bis 2020 mit einem Rückgang um etwa 13 Prozent gerechnet.

Bei gleichbleibendem Angebot an Ausbildungsplätzen gehe die Zahl der potenziellen Nachfrager nach dualer Ausbildung von 2012 bis 2015 um 23,3 Prozent zurück. Hier sind potenzielle Nachfrager mit Studienberechtigung noch eingerechnet. Im Bereich Handwerk ist ihr Anteil jedoch gering. Der Rückgang dürfte deshalb in diesem Bereich noch stärker zu Buche schlagen. Hinzu kommt, dass seit Jahren betrieben wird, den Anteil der Studierenden eines Jahrgangs zu erhöhen. Dies geht zulasten des Ausbildungssegments der beruflichen Ausbildung.

Auch weitere Untersuchungen zur demografischen Entwicklung im Bereich der dualen Ausbildung gehen davon aus, dass die Ausbildungszahlen weiter zurück gehen. So weist z. B. das Statistische Landesamt Baden-Württem-berg „Indikatoren zum Thema Bildung und Kultur 2013“ einen Rückgang von 30 Prozent von 2010 bis 2030 aus. Die Modellrechnung des Statistischen Landesamts von 2007 zur künftigen Nachfrage nach Ausbildungsplätzen geht davon aus, dass der seit 2007 bestehende Rückgang bei der Nachfrage nach Ausbildungsplätzen bis 2020 anhält. Die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge sinkt danach von 2010 bis 2020 um 14,5 bis 15 Prozent.

Auch das HPI weist darauf hin, dass zur überbetrieblichen Ausbildung Strukturentscheidungen anstehen. In seinem Jahresbericht 2012 führt es zum Thema „Bedarfsgutachten“ aus, dass die Gutachter wegen der demografischen Entwicklung, der knapper werdenden Fördermittel und der sich ändernden Nachfrage nach Bildungseinrichtungen bzw. -angeboten differenziertere Aussagen zum künftigen Bedarf an Bildungseinrichtungen innerhalb eines Kammerbezirks machen müssen. Immer häufiger führe das Ergebnis eines entsprechenden Prüfverfahrens zur Empfehlung, dezentral vorhandene Einrichtungen mit Schwerpunktaufgaben zu erhalten oder mehrere Standorte von Bildungsstätten zu konzentrieren. Die dazu erforderlichen Analysen und Auswertungen seien komplex und aufwendig, jedoch vor dem Hintergrund der Zukunftssicherung der Bildungsinfrastruktur erforderlich.

2.4 Entscheidung bei knappen Mitteln

Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft rechnet in den nächsten Jahren aufgrund der Altersstruktur der Bildungsstätten und zunehmender baulicher Anforderungen mit stetig hohem Antragsvolumen. In Baden-Württemberg lagen Mitte 2013 Förderanträge für Bau-Investitionen und Ausstattungen von mehr als 74 Mio. Euro vor. Um alle Maßnahmen fördern zu können, müsste das Land 22 Mio. Euro aufwenden. Jährlich stehen jedoch nur 6 Mio. Euro zur Verfügung. Deshalb wird es besonders wichtig sein, die Strukturen so zu entwickeln, dass keine Kosten für nicht ausgelastete Bereiche entstehen.

3 Empfehlungen

3.1 Landesweit die Auslastung nach Fächern erfassen

Grundlage für Strukturentscheidungen müssen realistische Auslastungsberechnungen sein. Diese dürfen sich nach Auffassung des Rechnungshofs nicht nur auf die Ebene der Kammerbezirke beschränken, sondern müssen die Ausbildungsfächer landesweit betrachten.

3.2 Über die Weiterentwicklung der Struktur der geförderten Bildungsstätten entscheiden

Zusammen mit den Trägern sollte entschieden werden, wie das Angebot an Ausbildungsplätzen sichergestellt werden kann. Dabei ist darauf zu achten, dass längerfristig keine Bereiche vorgehalten werden, die nicht ausgelastet sind. Die demografische Entwicklung und die Veränderung zwischen den Ausbildungssegmenten sind dabei zu berücksichtigen.

3.3 Stringentere Praxis bei Auslastung bundesweit durchsetzen

Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft sollte in den entsprechenden Bund-Länder-Arbeitskreisen bzw. -Ausschüssen darauf hinwirken, dass die tatsächliche Auslastung für die einzelnen Förderentscheidungen maßgeblich ist.

4 Stellungnahme des Ministeriums

Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft senkte ab 2014 auf Vorschlag des Rechnungshofs die Förderung von 30 auf 25 Prozent. Damit werde bereits die Eigenverantwortung des Trägers erhöht und Fehlallokationen entgegengewirkt. Das Ministerium wendet sich dagegen, die Auslastung in den Bildungseinrichtungen landesweit zu erfassen. Dies sei kaum leistbar. Es hält die Beurteilung der Auslastung durch die im Verfahren beauftragten Gutachter für ausreichend, die künftig die Auslastung anhand der Belegung der Gruppenwochenstunden beurteilen werden. Dies sei wegen der unterschiedlichen Zielgruppen und Nutzungsstrukturen der jeweiligen Bildungsstätten aussagefähiger.

Eine zentrale Steuerung durch das Land bedeute einen erheblichen Eingriff in die Selbstverwaltungsautonomie der Kammern als Körperschaften des öffentlichen Rechts.

Das Ministerium wird in den Bund-Länder-Arbeitsbesprechungen auf die Ergebnisse des Rechnungshofs hinweisen.

5 Schlussbemerkung

Der Rechnungshof fordert, die Bildungseinrichtungen aufgrund tatsächlicher Auslastungszahlen zu fördern. Er hält die Kürzung des Fördersatzes nicht für ausreichend. Dadurch können die anstehenden Probleme der einzelnen Berufsbildungsstätten, z. B. aufgrund des demografischen Wandels, nicht gelöst werden.

Die Berechnungsgrundlage für eine Förderentscheidung sollte teilnehmerbezogen und nicht gruppenbezogen bleiben. Die gruppenbezogene Betrachtung lässt keine Aussage über die Auslastung zu. Die Förderung der Lehrgänge beruht ebenfalls auf teilnehmerbezogenen Daten. Der Verwendungsnachweis über die Lehrgangsförderung enthält bereits heute wesentliche Angaben für die Berechnung der Auslastung.

Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft erhält dadurch ohne unverhältnismäßig hohen Arbeitsaufwand eine wesentlich bessere Übersicht über die Auslastung der Lehrgänge. Anhand dessen kann es die zu den Standorten notwendigen strukturellen Entscheidungen treffen.


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Einzelplan 08: Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz

Die institutionelle Förderung des Zentrums für Europäischen Verbraucherschutz e. V. in Kehl sollte eingestellt werden.


1 Ausgangslage

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg und die Chambre de Consommation d’Alsace hatten 1990 eine „Interregionale Kooperation im Rahmen der EWG“ vereinbart. Sie gründeten 1993 als gemeinnützige Einrichtung die deutsch-französische Beratungsstelle „Euro-Info-Verbraucher e. V.“ mit Sitz in Kehl. Diese wurde 2011 umbenannt in „Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz e. V“ (ZEV). Vereinszweck ist, Verbraucher grenzüberschreitend zu informieren und zu beraten.

2012 hatte der Verein 32 Mitarbeiter, das Ausgabenvolumen lag bei 1,7 Mio. Euro. Die institutionelle Förderung durch das Land betrug bis 2008 durchschnittlich 67.600 Euro, ab 2009 100.000 Euro jährlich. Daneben förderte das Land einzelne Projekte des ZEV. Der Verein hat institutionelle Körperschaften und Einzelpersonen als Mitglieder. Auf deutscher Seite haben sich an dem Verein auch der Ortenaukreis und fünf Gemeinden beteiligt. Sie förderten das ZEV zuletzt mit zusammen 18.500 Euro.

2 Prüfungsergebnisse

2.1 Förderung durch das Land nicht mehr erforderlich

Mit Umsetzung des einheitlichen Wirtschaftsraums erkannte die EU den Bedarf, spezifische übernationale Fragestellungen im europäischen Verbraucherschutz zu erfassen, Lösungen zu entwickeln und Verbrauchern entsprechende Beratung anzubieten. Sie hat deshalb 2005 die Förderung eines europäischen Verbraucherzentrums je Mitgliedstaat ausgeschrieben. Jeder Mitgliedstaat muss die Hälfte der Ausgaben seines Zentrums tragen.

Das ZEV hat den Zuschlag für Deutschland und Frankreich erhalten. Damit haben sich die bisherige Förderung und die gesammelte Erfahrung ausgezahlt. Die zusammengefasste Kapazität zweier Zentren bietet eine besonders günstige Ausgangslage für die weitere Arbeit. Den nationalen Anteil für Deutschland trägt der Bund.

Die Ziele und Aufgaben der europäischen Verbraucherzentren sind nahezu identisch mit denen des ZEV. Nachdem diese Aufgaben von der EU und dem Bund übernommen wurden, ist die institutionelle Förderung durch das Land nicht mehr erforderlich. Sie hätte spätestens nach einer kurzen Übergangsphase eingestellt werden können. Stattdessen erhöhte das Land ab 2009 die Förderung.

2.2 Finanzierungsanteile

Das Land und die weiteren deutschen Vereinsmitglieder haben ihre im Rahmen der ursprünglichen Kooperation begonnene Förderung weitergeführt. Von den französischen Partnern haben der „Conseil Régional du Bas-Rhin“ und die „Chambre de Consommation d‘ Alsace“ ihre Förderung dagegen beendet.

Der jährliche Finanzierungsanteil der deutschen Partner der ursprünglichen Kooperation ist für den Zeitraum 2012 bis 2014 mittlerweile um ein Drittel höher als der Finanzierungsanteil der französischen Partner.

2.3 Förderverfahren

Die institutionelle Förderung durch das Land beruht auf zwei Rechtsgrundlagen. Zum einen hat sich das Land Baden-Württemberg durch Rahmen- und Sonderfinanzierungsvereinbarungen verpflichtet, das ZEV und die Arbeitsprogramme zu finanzieren. Zum anderen wird für die jährliche Förderung ein förmliches Zuwendungsverfahren nach §§ 23 und 44 Landeshaushaltsordnung durchgeführt. Das ZEV muss einen Verwendungsnachweis erstellen. Dafür führt es in seiner internen Buchhaltung eine gesonderte Kostenstelle, obwohl die Zuwendung letztlich dem Gesamtzweck des ZEV dient.

Durch das förmliche Zuwendungsverfahren entsteht unnötiger Aufwand, zumal der jährliche Förderbetrag in etwa gleich bleibt.

3 Empfehlungen

3.1 Institutionelle Förderung einstellen

Das Land sollte die Finanzierungsvereinbarung beenden und die institutionelle Förderung einstellen. Zumindest sollte nach Ende der laufenden Finanzierungsvereinbarung ab 2015 keine neue Vereinbarung mehr getroffen werden.

3.2 Zumindest gleiche Verteilung zwischen deutschen und französischen Partnern herstellen

Sollte die Förderung fortgeführt werden, wäre sie soweit abzusenken, dass eine annähernd gleiche Verteilung zwischen den französischen und den deutschen Partnern wieder hergestellt wird.

3.3 Förderverfahren vereinfachen

Sofern die Förderung nicht beendet wird, sollte das Förderverfahren vereinfacht und auf eine Rechtsgrundlage reduziert werden.

4 Stellungnahme des Ministeriums

Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz sieht weiterhin ein erhebliches Interesse des Landes, das ZEV zu fördern. Das ZEV sei binational ausgerichtet, sehr zum Nutzen für die deutsch-französische Grenzregion. Die europäischen Verbraucherzentren dagegen würden nicht mit einem binationalen Ansatz arbeiten. Es sei deshalb ein wichtiges Anliegen, das ZEV weiterhin institutionell zu fördern, um den grenzüberschreitenden und europäischen Verbraucherschutz weiter zu entwickeln, dauerhaft zu stärken und die aus diesem „Labor“ gewonnenen Erkenntnisse in die baden-württembergische, deutsche und europäische Verbraucherpolitik einzubringen.

Das Ministerium räumt das Ungleichgewicht in der Finanzierung des ZEV durch Baden-Württemberg und das Elsass ein. Allerdings fördere die Region Elsass das ZEV dreimal so hoch wie Baden-Württemberg, wenn man die Förderung je Einwohner als Maßstab verwende. Das Ministerium werde sich weiterhin um eine Erhöhung der Finanzierungsanteile der französischen Partner bemühen.

Das Ministerium hält an dem bisherigen Bewilligungsverfahren fest. Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag solle nur ausnahmsweise abgeschlossen werden. Er berge die Gefahr, dass die im Bewilligungsverfahren getroffenen Regelungen wegen der Vielzahl der Vertragspartner nicht in die Vereinbarung aufgenommen werden könnten.

5 Schlussbemerkung

Es ist nicht Aufgabe des Landes, zusätzlich zu den europäischen Verbraucherzentren ein weiteres „Labor“ für Erkenntnisse zur europäischen Verbraucherschutzpolitik zu unterhalten. Die europäischen Zentren müssen auch Fragestellungen bearbeiten, die nicht in der gesamten EU anfallen. Anfragen von Verbrauchern werden sich im Regelfall immer binational darstellen, weil der Verbraucher aus einem anderen Mitgliedstaat kommt als der Anbieter. Mit der Zusammenfassung des deutschen und des französischen europäischen Verbraucherzentrums in Kehl ist den Besonderheiten, die sich aus der langen gemeinsamen Grenze und der besonderen Bedeutung der Wirtschaftsregion ergeben, bereits Rechnung getragen.


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Die Förderung der Jungbestandspflege führt bei Kommunal- und Großprivatwaldbesitzern zu Mitnahmeeffekten und sollte deshalb eingestellt werden. Dadurch können jährlich 1,1 Mio. Euro eingespart werden.

Die Verwaltungskosten für das Förderverfahren sind sehr hoch. Das Verfahren muss mit dem Ziel vereinfacht werden, die Verwaltungskosten zu senken.


1 Ausgangslage

1.1 Ziele und Rechtsgrundlagen der Förderung einer nachhaltigen Waldwirtschaft

Das Land fördert Maßnahmen für eine naturnahe Waldbewirtschaftung. Dadurch sollen die Waldbesitzer bei ihren Aufgaben unterstützt und die nachhaltige Entwicklung der Waldfunktionen im Interesse der Allgemeinheit gewährleistet werden. Der Wald soll stabiler und seine ökologische wie ökonomische Leistungsfähigkeit erhöht werden.

Die Förderung in der aktuellen Förderperiode basiert auf der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 (ELER). Auf Bundesebene ist diese umgesetzt durch das Gesetz über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK). Landesrechtliche Grundlage ist die „Richtlinie des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum über die Gewährung von Zuwendungen für Nachhaltige Waldwirtschaft (RL NWW)“ vom 01.12.2007. Diese ist Teil des Maßnahmen- und Entwicklungsplans Ländlicher Raum Baden-Württemberg (MEPL).

1.2 Einsatz der Fördermittel

Das gesamte Förderprogramm umfasste 2008 bis 2010 jährlich durchschnittlich 5,5 Mio. Euro. Die geförderten 3.800 Maßnahmen verteilen sich auf die fünf Förderbereiche Erstaufforstungen, naturnahe Waldbewirtschaftung, forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse, forstwirtschaftliche Infrastruktur und sonstige ökologische Maßnahmen.

Die naturnahe Waldbewirtschaftung ist mit jährlich 3.600 Maßnahmen (4,6 Mio. Euro) fiskalisch der wichtigste Förderbereich. Hierbei bilden mit jährlich jeweils mehr als 1,2 Mio. Euro die drei Maßnahmenarten Jungbestandspflege, Wiederaufforstung und Bodenschutzkalkung den Schwerpunkt.

Gefördert werden vorbeugende Maßnahmen, wie z. B. der Aufbau von standortgerechten, klimastabilen Laubmischwäldern, aber auch Investitionen, die nach Kalamitäten, wie z. B. Stürmen oder Käferbefall, notwendig sind.

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EU-Mittel werden in diesem Förderbereich nur für Bodenschutzkalkungen eingesetzt. Bei EU-geförderten Maßnahmen ergibt sich ein Finanzierungsverhältnis von etwa 50 (EU), 30 (Bund) und 20 (Land). Bei nicht EU-kofinanzierten Maßnahmen beträgt das Finanzierungsverhältnis 60 (Bund) und 40 (Land).

1.3 Waldbesitzverhältnisse

Die forstliche Betriebsfläche in Baden-Württemberg beträgt 1,4 Mio. Hektar. Davon entfallen 1,0 Mio. Hektar auf Körperschaftswald (insbesondere im kommunalen Eigentum) und Privatwald.

Der Privatwald verteilt sich auf insgesamt 220.000 Eigentümer. Der Kleinprivatwald umfasst mit 330.000 Hektar insgesamt ein Viertel der Waldfläche Baden-Württembergs.

1.4 Vorgehensweise

Der Rechnungshof hat in 15 Landkreisen das forstliche Förderverfahren analysiert. Dabei wurden Prozessabläufe erhoben und strukturierte Interviews mit Sachbearbeitern und Waldbesitzern geführt. Die Kosten aller am Verfahren beteiligten Dienststellen wurden ermittelt.

2 Prüfungsergebnisse

2.1 Verwaltungskosten und Verfahren

2.1.1 Verwaltungskosten

Zusätzlich zu den Fördermitteln von 5,5 Mio. Euro wenden Land und Landkreise Beratungskosten von 0,86 Mio. Euro und Verwaltungskosten von 1,26 Mio. Euro auf.

Für je 1.000 Euro Fördersumme, die ausbezahlt wurden, entstanden Verwaltungskosten von 229 Euro. Diese hohen Verwaltungskosten haben ihre Ursache in einem vergleichsweise zeitaufwendigen Verfahren mit intensiven Kontrollen bei oft niedrigen Förderbeträgen. Von den Verwaltungskosten entfallen 70 Prozent auf die Unteren Forstbehörden bei den Landkreisen.

2.1.2 Durchschnittliche Verwaltungskosten je Antrag

Die durchschnittlichen Verwaltungskosten je Antrag sind bei Maßnahmen im Förderbereich naturnahe Waldbewirtschaftung hoch. Beim Kleinprivatwald entfallen auf jeden Antrag durchschnittliche Verwaltungskosten von 520 Euro und im Kommunal- und Großprivatwald von 910 Euro. Hierbei werden insbesondere Anträge und Verwendungsnachweise zeitaufwendig kontrolliert.

Die Anzahl der Maßnahmen je Antrag ist zwischen Kleinprivatwald und Kommunal- beziehungsweise Großprivatwald unterschiedlich. Während bei Kleinprivatwaldbesitzern ein Antrag durchschnittlich 1,3 Maßnahmen umfasst, sind es bei Kommunal- und Großprivatwaldbesitzern 5,6 Maßnahmen je Antrag.

2.1.3 Ausbezahlte Fördermittel

In einem Prüfungsjahr wurden im Förderbereich naturnahe Waldbewirtschaftung die ausbezahlten Förderbeträge je Maßnahme betrachtet. Bei 1.600 von 3.600 Maßnahmen wurden unter 500 Euro ausbezahlt. Bei weiteren 1.000 Maßnahmen lag der Förderbetrag zwischen 500 und 1.000 Euro. Somit liegt bei fast drei Vierteln aller Maßnahmen die Förderhöhe unter 1.000 Euro. Ein Großteil dieser Maßnahmen entfällt auf die Jungbestandspflege.

2.1.4 Antragsverfahren

Das Verfahren ist für Förderanträge mit kleineren Maßnahmen zu aufwendig. Für alle Förderanträge gilt ein einheitliches Verfahren. Bei der Antragskontrolle und im Bewilligungsverfahren werden deshalb viele kleinere Maßnahmen genauso intensiv geprüft wie größere Maßnahmen. Zudem werden bei kleineren Maßnahmen die geringen Förderbeträge ebenfalls nach einem komplizierten Berechnungsschema ermittelt.

Für viele Kleinprivatwaldbesitzer ist bereits der Förderantrag zu kompliziert. Meist wird bei Kleinprivatwaldbesitzern der Antrag von den Beschäftigten der Unteren Forstbehörden ausgefüllt.

2.1.5 Kontrollen

Verwendungsnachweise werden zeitaufwendig kontrolliert. Die Revierleiter beraten und begleiten die Maßnahmen. Dennoch werden alle Maßnahmen beim Prüfen des Verwendungsnachweises nochmals abschließend in Augenschein genommen. Dabei wird geprüft, ob die Maßnahme entsprechend der Vorgaben im Bewilligungsbescheid durchgeführt wurde. Die Kontrollen sind umfangreich und unabhängig von der Förderhöhe. Nach den Vorgaben der Landeshaushaltsordnung würden Stichproben genügen. Lediglich bei EU-kofinanzierten Maßnahmen sind zusätzliche Kontrollen vorgeschrieben. Dies betrifft jährlich etwa 4 Prozent aller Maßnahmen.

Außerdem werden bei allen Maßnahmen 5 Prozent der Zuwendungen vor der Schlusszahlung ausgewählt und vor Ort geprüft. Auch dieses nur bei EU-kofinanzierten Maßnahmen erforderliche Verfahren wird freiwillig für alle Maßnahmen angewandt. Dadurch werden jährlich etwa 180 Maßnahmen zusätzlich vor Ort kontrolliert.

2.2 Förderung von Kommunal- und Großprivatwaldbesitzern

2.2.1 Fördermittel und Maßnahmen zur Jungbestandspflege

Von den Fördermitteln im Förderbereich naturnahe Waldbewirtschaftung entfallen 1,1 Mio. Euro auf die Jungbestandspflege im Kommunal- und Großprivatwald. Der Anteil von Jungbestandspflegen mit geringen Fördersummen nahm in den betrachteten Jahren 2008 bis 2010 zu.

2.2.2 Mitnahmeeffekte bei Maßnahmen zur Jungbestandspflege

Kommunal- und Großprivatwaldbesitzer planen und wirtschaften u. a. über das Forsteinrichtungswerk. Das Forsteinrichtungswerk ist eine nachhaltige periodische Betriebsplanung auf zehn Jahre. Dabei wird vorab festgelegt, wie einzelne Waldflächen aufgeforstet beziehungsweise wo Jungbestandspflegen durchgeführt werden, um stabile wertvolle Bestände zu erhalten.

Bei der Jungbestandspflege hat die Förderung in ihrer aktuellen Ausgestaltung nahezu keinen Einfluss darauf, ob die Maßnahme durchgeführt wird. Denn die Maßnahme ist bereits Bestandteil der normalen Waldbewirtschaftung. Sie dient vorrangig dazu, die Holzqualität und damit die Wirtschaftlichkeit der Forstbetriebe von Kommunen und Großprivatwaldbesitzern zu verbessern.

Die geringen Fördermittel bei Jungbestandspflegen haben insoweit keine zusätzliche Wirkung. Sie werden einfach mitgenommen, weil sie angeboten werden. Somit wird mit der Förderung nur in geringem Umfang erreicht, dass Bestände stabiler sind als ohne diese Förderung.

2.3 Förderung von Kleinprivatwaldbesitzern

2.3.1 Fördermittel und Maßnahmen zur naturnahen Waldbewirtschaftung

Im Bereich naturnahe Waldbewirtschaftung haben sich beim Kleinprivatwald von 2008 bis 2010 die jährlich ausbezahlten Fördermittel von 1,5 Mio. Euro auf 0,7 Mio. Euro halbiert. Die geförderten Maßnahmen betreffen überwiegend Wiederaufforstungen. Fördermittel für Jungbestandspflege werden im Kleinprivatwald nur in geringem Umfang beansprucht.

2.3.2 Strukturprobleme

Etwa die Hälfte der Kleinprivatwaldbesitzer bewirtschaftet ihren Wald nicht. Insgesamt wird dadurch über ein Viertel der gesamten Kleinprivatwaldfläche nicht bewirtschaftet. Diese Flächen stellen eine Gefahr für die übrigen Waldflächen - und damit für die des Landes und der Kommunen - dar. Sie können der Ausgangspunkt von Kalamitäten wie z. B. Käferbefall sein. Darum ist besonders wichtig, auch kleinere Waldflächen nachhaltig zu bewirtschaften.

Viele kleine und räumlich voneinander getrennt liegende Parzellen sind für die Waldbesitzer unrentabel. Der Anteil nicht aktiver Waldbesitzer nimmt zu. Die Förderung hat hier nicht ausreichend gewirkt.

3 Empfehlungen

3.1 Förderung von Kommunal- und Großprivatwaldbesitzern einschränken

Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz sollte darauf achten, Mitnahmeeffekte bei den geförderten Maßnahmen so gering wie möglich zu halten. Deshalb sollte die Förderung von Jungbestandspflegen für Kommunal- und Großprivatwaldbesitzer eingestellt werden. Dadurch würden jährlich 1,1 Mio. Euro Fördermittel eingespart.

3.2 Verfahren vereinfachen und Verwaltungskosten senken

Das Verfahren muss vereinfacht werden. Die Verwaltungskosten müssen in ein angemessenes Verhältnis zu den Fördermitteln gebracht werden.

Kleinere Maßnahmen sollten über einen Pauschalbetrag gefördert werden.

Die Anforderungen, die die EU an die Abwicklung von ihr mitfinanzierten Maßnahmen stellt, erzeugen hohen Verwaltungsaufwand. Sie sollten daher nicht auf die 96 Prozent der Maßnahmen angewendet werden, die rein national finanziert sind.

Inaugenscheinnahmen beim Prüfen der Verwendungsnachweise von nicht EU-kofinanzierten Maßnahmen können auf Stichproben von 20 Prozent der Bewilligungen reduziert werden.

Auf zusätzliche Vor-Ort-Kontrollen bei nicht EU-kofinanzierten Maßnahmen sollte verzichtet werden.

4 Stellungnahme des Ministeriums

Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz beabsichtigt, die Empfehlungen des Rechnungshofs umzusetzen. Dies müsse aber im Kontext mit forstlichen Spezifika erfolgen und die in Baden-Württemberg vorherrschenden Besonderheiten berücksichtigen.

Der sehr hohe Anteil an Kleinstprivatwaldflächen und die starke Parzellierung führen dazu, dass die Kosten hoch, die einzelne Zuwendung aber niedrig seien. Gleichwohl komme dem Kleinprivatwald aufgrund seines Anteils an der Gesamtwaldfläche eine wichtige Rolle bei der Erfüllung der Waldfunktionen zu.

Das Verhältnis von Verwaltungskosten zu den ausgezahlten Fördermitteln sei mit Sicherheit eine wichtige Kennzahl, um die Förderprozesse zu optimieren. Ein weiteres zentrales Kriterium sei im Forstbereich das effiziente Zusammenspiel von Förderung, Beratung/Betreuung und hoheitlicher Überwachung. Die Effektivität dieses Zusammenspiels müsse erhalten bleiben, wenn die Kosten optimiert werden.


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Einzelplan 10: Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft

Die Förderverfahren der Programme Demonstrationsvorhaben, Bioenergiewettbewerbe und Bioenergiedörfer sind fehleranfällig. Der Verwaltungsaufwand ist hoch. Die Zahl der geförderten Vorhaben ist gering. Der Rechnungshof regt an, die speziellen Förderprogramme einzustellen.


1 Ausgangslage

Im Energiebereich hat das ehemalige Wirtschaftsministerium drei spezielle Förderprogramme aufgelegt:

  • Demonstrationsvorhaben

    Die Förderung wendet sich schwerpunktmäßig an innovative Vorhaben der rationellen Energieverwendung.

  • Bioenergiewettbewerbe

    Das Förderprogramm unterstützt vorrangig die Nutzung erneuerbarer Bioenergieträger.

  • Bioenergiedörfer

    Mit den Vorhaben soll die Wärmeversorgung von Ortsteilen überwiegend durch den Einsatz von Bioenergie gedeckt werden.

Der Geschäftsbereich wechselte 2011 zum Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft. Das Ministerium ist Bewilligungsstelle. Zwischen 2010 und 2012 wurden jährlich bis zu einer Mio. Euro für die Förderprogramme ausbezahlt. In diesem Zeitraum wurden 57 Förderanträge bearbeitet. Davon wurden 32 Anträge bewilligt, die restlichen 25 wurden von der Bewilligungsstelle abgelehnt oder von den Vorhabenträgern zurück gezogen.

2 Prüfungsergebnisse

2.1 Förderverfahren

Die Förderverfahren sind fehleranfällig.

Das Ministerium bezuschusste auch Projekte, die nach Ansicht des Rechnungshofs nicht hätten gefördert werden dürfen. So wurden auch Ersatzinvestitionen gefördert, die nach dem Merkblatt Bioenergiewettbewerb nicht zuwendungsfähig sind.

Beispiel:

Ein Unternehmen erhielt eine Zuwendung von 80.000 Euro (Höchstfördersatz von 40 Prozent). Die bisherige Backofenfeuerung war von der Stilllegung bedroht. Die auf Scheitholzbasis betriebenen Holzbacköfen werden nun mit Holzpellets beheizt. Holzpellets sind eine eingeführte Brenntechnik. Der Wechsel der Brenntechnik ist damit eine subventionierte Ersatzbeschaffung.

Außerdem waren einige der geförderten Vorhaben nicht hinreichend innovativ.

Beispiel:

Eine Heißluftturbine wurde speziell als innovativer Teil eines Gesamtvorhabens mit dem Höchstbetrag von 250.000 Euro gefördert (bei Investitionen von knapp 3 Mio. Euro). Im Förderfall wurde eine in der Schweiz 2007 in Betrieb genommene Turbine Ende 2010 dort demontiert und beim Zuwendungsempfänger eingebaut. Die Technologie war bekannt und eingeführt. Die Fördervoraussetzung „innovativ“ war nicht gegeben.

Fälle, in denen der Zuwendungsempfänger sich selbst oder eine Gesellschaft, die er beherrschte, beauftragte, wurden von der Bewilligungsstelle bei der Antragsprüfung nicht beanstandet.

Beispiel:

Der Zuwendungsempfänger beauftragte für den Bau des geförderten Pufferspeichers ein Unternehmen, das er als Alleingesellschafter beherrscht. Das „Angebot“ für die Bauleistung des Pufferspeichers war in den Antragsunterlagen enthalten. Bei Investitionen von 1,6 Mio. Euro wurden 250.000 Euro beantragt und bewilligt. Diese Konstellation hätte zumindest Anlass für kritische Nachfragen sein müssen. Die Förderung wurde aber ohne Weiteres gewährt.

Auch die Schlussverwendungsnachweisprüfung war mangelbehaftet.

Beispiel:

Bei einem Fördervorhaben wurden bei der Verwendungsprüfung Aufwendungen für Rechtsanwaltshonorare, für Flyer zum Nahwärmekonzept, die Präsentation bei der Bürgerversammlung, Bauhofleistungen, Schadensreparaturen, Versicherungen, die Verpflegung beim Tag der offenen Tür sowie die Pressefahrt als förderfähige Ausgaben anerkannt.

2.2 Erfolgskontrolle

Die zuwendungsrechtlich vorgegebenen Erfolgskontrollen fanden nicht statt. Definierte Zielwerte wurden in den Zuwendungsbescheiden nicht festgesetzt. Ob der Förderzweck erreicht wurde, konnte nicht überprüft und belegt werden. Die von den Zuwendungsempfängern nach Abschluss des geförderten Vorhabens vorzulegenden technischen Berichte waren hierfür nicht ausreichend.

Die bislang vom Ministerium extern beauftragten Evaluierungen befassten sich damit, wie die Vorhaben technisch umgesetzt wurden. Zuletzt wurde beispielsweise der Bereich Bioenergiedörfer evaluiert. Die Arbeit beschäftigte sich vorwiegend mit den Struktur- und Betriebsdaten der Nahwärmenetze. Dabei konnten von den untersuchten 20 Bioenergiedörfern nur drei konkrete Messwerte liefern.

Aus den Evaluierungen können kaum Schlüsse gezogen werden, ob die einzelnen Förderprogramme wirksam und notwendig sind.

2.3 Verwaltungskosten

Für die Verwaltungskosten (reine Personalkosten) konnte das Ministerium während des Prüfungsverfahrens keine belastbaren Zahlen vorlegen. Einzig für 2011 liegen Angaben des Ministeriums vor. Danach betrugen die Verwaltungskosten 33 Prozent bezogen auf die ausbezahlten Fördermittel. Hinzu kommen Kosten für die allgemeine Verwaltung, für die mit der Förderabwicklung beauftragte L-Bank und für Gutachten sowie Evaluierungen. Zu den Verwaltungskosten von Förderprogrammen des Landes hat sich der Rechnungshof grundsätzlich in der Beratenden Äußerung „Strategische Prüfung Fördercontrolling“ vom September 2013 (Landtagsdrucksache 15/4004) geäußert. Verwaltungskosten von mehr als 10 Prozent bei dieser Art von Förderung hält der Rechnungshof für besonders begründungsbedürftig.

2.4 Gesamtkonzept für die Energie- und Klimaschutzförderung

Ein Gesamtkonzept für Förderprogramme im Energie- und Klimabereich ist nicht erkennbar. Die einzelnen Förderprogramme überschneiden sich. So würde es die derzeitige Fördersituation in den Bereichen Energie und Klimaschutz zulassen, dass ein Projekt beliebig aus verschiedenen Förderprogrammen des Landes bezuschusst werden könnte.

3 Empfehlungen

3.1 Gesamtkonzept für die Energie- und Klimaschutzförderung erstellen

Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft sollte ein Gesamtförderkonzept erstellen, in dem die beiden Förderbereiche Energie und Klimaschutz klar definiert und untereinander abgegrenzt werden. Dabei ist darauf zu achten, dass Innovationen im Umweltbereich nicht quasi automatisch als förderwürdig im Sinne der Wirtschaftsförderung betrachtet werden. Dies ist strikt zu trennen. Das Gesamtförderkonzept ist in das integrierte Energie- und Klimaschutzkonzept aufzunehmen und so zu gestalten, dass zukünftige technische Entwicklungen in das Programm aufgenommen und gefördert werden können.

3.2 Förderprogramme des damaligen Wirtschaftsministeriums beenden

Die drei vom ehemaligen Wirtschaftsministerium aufgelegten speziellen Förderprogramme Demonstrationsvorhaben, Bioenergiewettbewerbe und Bioenergiedörfer sollten aus Sicht der Finanzkontrolle beendet werden. Teile davon waren schon mehrfach Anlass für Beanstandungen der Finanzkontrolle (Denkschrift 2000, Beitrag Nr. 14; Denkschrift 2010, Beitrag Nr. 14).

3.3 Erfolgskontrollen einführen, Verwaltungskosten minimieren

Die Förderziele sind durch die Angabe von Erfolgskriterien oder Kennzahlen so festzulegen, dass eine begleitende oder abschließende Erfolgskontrolle möglich ist. Der mit den Förderverfahren verbundene Verwaltungsaufwand ist zu minimieren.

4 Stellungnahme des Ministeriums

Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft sieht „derzeit keine zwingenden inhaltlichen Gründe“, die Förderung der Module Demonstrationsvorhaben, Bioenergiewettbewerbe und Bioenergiedörfer einzustellen.

Das Ministerium legt dar, dass es keine Projekte bezuschusste, die nicht hätten gefördert werden dürfen. Es sieht den Austausch veralteter Feuerungsanlagen auf Scheitholzbasis durch hoch innovative Pelletheizungen als förderwürdig an. Ebenso hält es den Einsatz einer Heißluftturbine für sehr innovativ, da es sich, obgleich in der Schweiz in Betrieb genommen, nicht um eine eingeführte Technik handelte. Auch hätte kein Grund bestanden, den Bau eines Pufferspeichers nicht von der Firma des Antragstellers vornehmen zu lassen, nachdem das Ministerium sich das Angebot habe erläutern lassen. Im Übrigen hätte sich kein geringerer Förderbetrag durch im Wettbewerb festgestellte niedrigere Baukosten ergeben.

Zu der Erfolgskontrolle führt das Ministerium aus, dass es sich bei den Förderprogrammen nicht um Breitenprogramme handelt, bei denen leicht nachprüfbare Zielwerte hätten festgelegt werden können. Den von den Zuwendungsempfängern nach Abschluss der Vorhaben vorzulegenden Berichten könne entnommen werden, wie erfolgreich ein Projekt umgesetzt wurde.

Den Verwaltungskostenanteil beziffert das Ministerium auf 12 Prozent. Der von ihm selbst genannte Verwaltungskostenanteil von 33 Prozent berücksichtige nicht nur Personalkosten, sondern auch weitere Kosten wie den Verwaltungskostenbeitrag der L-Bank. Außerdem beziehe er sich nur auf die ausbezahlten Landesmittel, EU-Fördermittel seien nicht einbezogen.

Im Übrigen sei die Förderlandschaft in den Bereichen Energie und Klima klar geregelt und aufeinander abgestimmt. Soweit zur bestehenden Systematik passend, würden neue Fördertatbestände in das bewährte Programm „Klimaschutz Plus“ aufgenommen.

5 Schlussbemerkung

Der Rechnungshof kann das Festhalten an den Förderprogrammen nicht nachvollziehen. Die vom Ministerium selbst aufgestellten Anforderungen an die zu fördernden Projekte wurden nicht eingehalten. Zudem wären einige der Projekte angesichts ihres jeweiligen Fördersatzes von weniger als 4 Prozent auch ohne Landesförderung durchgeführt worden.

Die vom Ministerium zu dem Beispielfall „Insichgeschäfte“ vorgetragenen Erläuterungen des Vorhabenträgers waren dem Rechnungshof weder bei der Prüfung mitgeteilt worden, noch befanden sie sich in den Akten.

Der Nachweis, dass die mit hohem Verwaltungsaufwand durchgeführten Fördervorhaben einen vorab definierten Förderzweck erfüllen, darf nicht den Vorhabenträgern überlassen werden. Hier sind ebenso wie bei der Abwicklung des gesamten Förderverfahrens die zuwendungsrechtlichen Vorgaben zu beachten.

Zur Höhe des Verwaltungskostenanteils hat das Ministerium während der Prüfung dem Rechnungshof immer wieder neue Berechnungswege und Zahlen mitgeteilt. So wurden zunächst 33 Prozent, später 22 Prozent und zuletzt in der Stellungnahme 12 Prozent angegeben. Der Verwaltungskostenanteil bei diesen Förderprogrammen ist auf jeden Fall zu hoch.

Der Rechnungshof fordert weiterhin, die speziellen Förderprogramme im Energiebereich zu beenden und künftige Förderprogramme im Energiebereich in ein Gesamtkonzept der Klima- und Energieförderung einzubinden. In seiner Stellungnahme bestätigt das Ministerium ja geradezu diese Forderungen des Rechnungshofs, indem es schreibt, dass „soweit zur bestehenden Systematik passend, neue Fördertatbestände in das bewährte Programm ‚Klimaschutz Plus‘ aufgenommen werden“.

Im Übrigen erscheint es dem Rechnungshof bemerkenswert, wenn an Förderprogrammen schon dann festgehalten werden soll, wenn „derzeit keine zwingenden inhaltlichen Gründe“ gesehen werden, diese Programme einzustellen. Aus der Sicht des Rechnungshofs sollte das Land umgekehrt nur dann fördern, wenn dringende Gründe für eine Förderung dargelegt werden und definierte Ziele mit hoher Wahrscheinlichkeit effektiv und effizient erreicht werden. Davon kann hier keine Rede sein.


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Einzelplan 12: Allgemeine Finanzverwaltung

Auch nach fast zehn Jahren ist es der Steuerverwaltung nicht hinreichend gelungen, die elektronisch übermittelten Lohnsteuerbescheinigungen in zutreffender Weise bei der Steuerfestsetzung zu berücksichtigen. Noch immer fehlt ein Abgleich dieser Daten mit den Angaben der Arbeitgeber in den Lohnsteueranmeldungen. Durch nicht erkannte Pflichtveranlagungsfälle der Jahre 2005 bis 2010 wurden im Land Einkommensteuern von mehr als 26 Mio. Euro bisher nicht erhoben. Zum Jahresende 2012 waren hiervon bereits 3 Mio. Euro verjährt.


1 Ausgangslage

Die elektronische Lohnsteuerbescheinigung (eLStB) wurde ab dem Veranlagungszeitraum 2004 eingeführt. Arbeitgeber haben diese Bescheinigung bis zum 28. Februar des Folgejahres nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz auf elektronischem Weg an die Steuerverwaltung zu übermitteln. Zudem haben sie ihren Arbeitnehmern einen Ausdruck der übermittelten eLStB zu überlassen. Ausschließlich in Papierform darf eine Lohnsteuerbescheinigung seit dem Veranlagungszeitraum 2006 nur noch in Ausnahmefällen erteilt werden.

Für die Datenübermittlung haben die Arbeitgeber seit 01.11.2010 die jeweilige Identifikationsnummer (IdNr.) der Arbeitnehmer zu verwenden. Die bundesweiten Daten aller eLStB werden von einer zentralen Clearingstelle angenommen und von dort an die jeweiligen elektronischen Speicher (eSpeicher) der Länder weitergeleitet. Der Steuerverwaltung stehen seither die entsprechenden Datenbestände für elektronische Abgleiche und Auswertungen zur Verfügung.

2 Prüfungsergebnisse

2.1 Verfahren zur Zuordnung und zum Abruf der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung

2.1.1 Unzutreffende Zuordnung der Daten zu den elektronischen Speichern der Länder

Elektronisch übermittelte eLStB wurden bisweilen nicht im eSpeicher des zuständigen Landes, sondern fälschlicherweise in dem eines anderen Landes abgelegt. Die über die angegebene IdNr. des Arbeitnehmers bestehenden sicheren Zuordnungsmöglichkeiten werden bisher nicht genutzt.

2.1.2 Maschinelle Suchfunktion unzureichend

Bei der Veranlagung eines Steuerfalls findet eine maschinelle Suche nach den eLStB in anderen Ländern ausschließlich dann statt, wenn die Suche im eigenen Landes-eSpeicher ergebnislos war. Sind für einen Steuerfall mehrere eLStB vorhanden, von denen wenigstens eine in Baden-Württemberg abgespeichert ist, erfolgt also keine (weitere) maschinelle Suche in den eSpeichern der anderen Länder. Dies verursacht in der Folge vermeidbaren personellen Sachaufwand und führt außerdem zu einem erhöhten Fehlerpotenzial.

2.1.3 Ergebnis der bundesweiten Datenabfrage häufig nicht valide

Abweichungen zwischen den Angaben in der Steuererklärung und den Daten der maschinell ermittelten eLStB führen zu Prüfhinweisen. Deren Bearbeiten erfordert manuelle bundesweite Abfragen. Die Ergebnisse dieser Abfragen sind häufig nicht valide. Deshalb werden Lohnsteuerbescheinigungen bei der Steuerfestsetzung oftmals nicht oder unzutreffend berücksichtigt.

2.1.4 Nicht erklärte Beschäftigungsverhältnisse können unerkannt bleiben

Wegen der vorgenannten Verfahrensprobleme sind die Finanzämter nicht in der Lage, in jedem Fall sicher zu erkennen, ob nicht erklärte Beschäftigungsverhältnisse vorliegen. Dies gilt im besonderen Maße hinsichtlich der vereinfachten Einkommensteuererklärung. Bei dieser sind nicht die einzelnen Lohndaten, sondern lediglich die sogenannte eTIN (electronic TaxIdentificationNumber) als Identifikationsmerkmal in den Erklärungsvordruck zu übertragen. Wegen der im Erklärungsvordruck fehlenden Lohndaten kann kein Abgleich mit der eLStB erfolgen und deshalb auch kein Prüfhinweis aufgrund abweichender Angaben ausgegeben werden. Die Bearbeiter können in solchen Fällen zudem nicht erkennen, ob die angezeigten eLStB vollständig sind.

2.1.5 Datenbestand nicht valide

Haben die Finanzämter bei der Steuerfestsetzung anstelle der elektronisch übermittelten Lohndaten die Werte aus den vorgelegten Papierausdrucken zugrunde gelegt, werden die eLStB nicht als verwendet gekennzeichnet. Der fehlende Verwendungsvermerk hat unter anderem zur Folge, dass die entsprechenden eLStB mehrfach berücksichtigt werden können. Darüber hinaus führt dies dazu, dass der Datenbestand für Auswertungen nicht valide ist.

2.2 Korrigierte elektronische Lohnsteuerbescheinigung

Wurde eine eLStB an die Steuerverwaltung übermittelt, ist eine Änderung des Lohnsteuerabzugs grundsätzlich nicht mehr möglich. Die bloße Korrektur eines unrichtig übermittelten Datensatzes ist dagegen zulässig. Sämtliche Fälle, in denen ein Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht nachträglich einbehalten kann, weil er bereits eine eLStB übermittelt hat, muss er unverzüglich dem Finanzamt anzeigen. Das Finanzamt hat dann die zu wenig erhobene Lohnsteuer vom Arbeitnehmer nachzufordern.

Der Anteil korrigierter eLStB betrug 2011 bundesweit mehr als 25 Prozent. Der Rechnungshof hat festgestellt, dass vielfach keine echten Korrekturen, sondern unzulässige Änderungen vorlagen. Daneben übermitteln Arbeitgeber oftmals „weitere“ eLStB, bei denen es sich inhaltlich um korrigierte eLStB handelt. Dies beruht darauf, dass die Korrekturen nicht als solche erkannt werden können, wenn ein Arbeitgeber abweichende Ursprungsdaten verwendete und Korrekturen im bisherigen Verfahren nicht ausdrücklich als solche zu bezeichnen sind. Derartige eLStB verfälschen den Datenbestand, führen zu Mehrarbeit und können Steuerausfälle verursachen.

Von den untersuchten korrigierten eLStB diente eine Vielzahl dazu, abweichende Lohnsteuerabzugsbeträge zu übermitteln. Eine Abstimmung, ob diese korrigierten Lohnsteuerabzugsbeträge von den Arbeitgebern auch entsprechend angemeldet und abgeführt werden, findet nicht statt.

2.3 Pflichtveranlagungsfälle

Arbeitnehmer, die einen der in § 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 Einkommensteuergesetz normierten Pflichtveranlagungstatbestände erfüllen, sind zur Einkommensteuer zu veranlagen. Sie sind deshalb zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet.

2.3.1 Pflichtveranlagungsfälle nicht ausgewertet

Eine Vielzahl von Pflichtveranlagungsgründen könnten aus den Angaben der eLStB entnommen werden. Die Steuerverwaltung wertet bisher die noch nicht für eine Steuerfestsetzung verwendeten eLStB nicht systematisch aus.

Bei den in den eSpeichern als nicht verwendet gekennzeichneten eLStB fehlte vielfach nur der entsprechende Verwendungsvermerk. Auch wenn dies berücksichtigt wird, ergeben sich gleichwohl allein hinsichtlich einer Auswahl von nur acht Pflichtveranlagungstatbeständen mehr als 700.000 offene eLStB für die Veranlagungszeiträume 2005 bis 2010. Auch wenn dabei bisweilen beim selben Arbeitnehmer mehrere Pflichtveranlagungstatbestände vorliegen können, verbleibt eine erhebliche Anzahl bisher nicht erfasster Steuerfälle. Bei diesen fallen vielfach Steuernachzahlungen an. Durch den Nichtaufgriff dieser Fälle entstehen jährlich Steuerausfälle in Millionenhöhe.

2.3.2 Hohes Steuerpotenzial vor allem in Fällen mit Lohnersatzleistungen

Allein in den noch unbearbeiteten Pflichtveranlagungsfällen, bei denen nach der eLStB Lohnersatzleistungen, wie zum Beispiel Kurzarbeitergeld, bezahlt wurde, schätzt der Rechnungshof die bisher nicht festgesetzte Einkommensteuer für die Veranlagungszeiträume 2005 bis 2010 auf 24 Mio. Euro. Die Lohnersatzleistungen sind zwar als solche steuerfrei, werden jedoch beim Steuersatz berücksichtigt (Progressionswirkung). Aufgrund der zum Jahresende 2012 eingetretenen Verjährung konnten hiervon mehr als 2 Mio. Euro Einkommensteuer nicht mehr festgesetzt werden.

Für den gleichen Zeitraum haben wir auch die eLStB mit steuerfreien Einnahmen nach Doppelbesteuerungsabkommen oder nach dem sogenannten Auslandstätigkeitserlass ausgewertet. Da solche Einnahmen ebenfalls beim Steuersatz zu berücksichtigen sind, ergibt sich aus diesen eine geschätzte Einkommensteuer von mehr als 2 Mio. Euro. Ein Teil davon unterfiel bereits zum Jahresende 2012 der Festsetzungsverjährung.

Bei unserer Prüfung haben wir das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft darauf hingewiesen, dass zum Jahresende 2013 allein hinsichtlich der oben genannten Pflichtveranlagungstatbestände Einkommensteuer von weiteren 3 Mio. Euro zu verjähren droht.

2.4 Überwachungsverfahren zur elektronischen Datenübermittlung

Ein IT-Verfahren, das überwacht, ob und zu welchem Zeitpunkt Arbeitgeber ihre Pflicht zur elektronischen Übermittlung der eLStB erfüllen, steht den Finanzämtern bisher nicht zur Verfügung. Die durchgeführten manuellen Maßnahmen sind weder hinreichend noch zeitgemäß.

Der Steuerverwaltung lagen bis zum Zeitpunkt unserer Prüfung keine ausreichenden Erkenntnisse darüber vor, wer die eLStB tatsächlich übermittelte. Sie konnte daher auch nicht prüfen, ob der Übermittler der eLStB zur Datenübermittlung überhaupt berechtigt war.

2.5 Abgleich der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung mit den Lohnsteueranmeldungen eines Arbeitgebers

Über die jeweilige Steuernummer des Arbeitgebers wäre es technisch möglich, alle unter dieser Steuernummer elektronisch übermittelten eLStB zusammenzuführen und mit den Daten in den jeweiligen Lohnsteuervoranmeldungen für das Kalenderjahr abzugleichen.

Ein solches Verfahren ist erst in wenigen Teilbereichen realisiert. So ist es der Steuerverwaltung im Land bisher regelmäßig nicht möglich, Differenzen zu erkennen. In der Folge ist eine zutreffende Abführung und Anrechnung der Lohnsteuerabzugsbeträge nicht gewährleistet. Auch eine risikoorientierte Fallauswahl für die Lohnsteueraußenprüfung anhand der bescheinigten Lohndaten ist derzeit nicht möglich.

Daneben ist es mangels Abgleich derzeit nur in sehr eingeschränktem Maße möglich, potenzielle Betrugsfälle zu ermitteln.

2.6 Fingierte Lohnsteuerbescheinigungen

Mangels ausreichender Schlüssigkeits- und Sicherheitsprüfungen ließ das vorhandene IT-Verfahren bis zum Zeitpunkt unserer Prüfung fingierte eLStB zu. So war es unberechtigten Dritten auf einfache Art und Weise möglich, für existente oder nicht existente Arbeitgeber eLStB zu übermitteln. Dies galt auch hinsichtlich melderechtlich nicht existenter Arbeitnehmer. Bei unseren Stichproben haben wir allein in einem der drei untersuchten Finanzämter 168 fingierte eLStB festgestellt.

3 Empfehlungen

3.1 Übermittlung der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung optimieren

Die gesetzlichen Pflichten der Arbeitgeber sollten künftig maschinell überwacht werden. Um ungerechtfertigte Vorteile bei der Steuerfestsetzung zu verhindern, sollten eLStB nur dann im eSpeicher abgelegt werden, wenn die jeweiligen Arbeitgeber unter der angegebenen Betriebsstätten-Steuernummer erfasst sind. Dazu sollte eine Schlüssigkeitsprüfung im IT-Verfahren hinterlegt werden.

Lohnsteueranmeldungen, eLStB, Umsatzsteuervoranmeldungen und der Abruf der ELSTAM-Daten sind derzeit grundsätzlich nur noch authentifiziert möglich. Um erkennen zu können, ob ein unberechtigter Dritter eLStB übermittelt, sollten diese Authentifizierungsdaten abgeglichen werden.

3.2 Zuordnung der elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen verbessern

Die übermittelten eLStB sollten maschinell präzise dem jeweiligen Arbeitnehmer zugeordnet werden. Als Zuordnungskriterium sollte die angegebene und maschinell überprüfte IdNr. verwendet werden. Über die in der sogenannten IdNr.-Datenbank hinterlegte Steuernummer des Arbeitnehmers - oder hilfsweise über dessen Wohnsitz - könnten die eLStB der jeweils zuständigen Landessteuerverwaltung zugeordnet werden. In der Folge ließen sich aufwendige - personell durchzuführende - bundesweite Suchabfragen erheblich reduzieren und das IT-Verfahren würde entlastet. Dies wiederum hätte den positiven Effekt, unzutreffende Suchergebnisse aufgrund von Verfahrensüberlastungen zu vermeiden.

Würden sämtliche eLStB dem eSpeicher des jeweiligen Landes korrekt zugeordnet, könnten zudem die nicht erklärten Beschäftigungsverhältnisse besser erkannt werden. Außerdem könnten bei vereinfachten Steuererklärungen die Lohndaten zutreffend erfasst werden. In der Folge wäre auch die Datenqualität als Basis für diverse Auswertungen des eSpeichers besser. Die Wirtschaftlichkeit und die Qualität der Steuerfestsetzungen könnten hierdurch erheblich verbessert werden.

3.3 Korrigierte elektronische Lohnsteuerbescheinigungen reduzieren

Korrigierte eLStB sollten künftig zwingend als solche gekennzeichnet werden. Um eine Plausibilitätsprüfung zu ermöglichen, sollte jeder Korrektur eine kurze, stichwortartige Begründung (spezielles Textfeld) durch den Arbeitgeber beigefügt werden müssen. Zudem sollte das Zeitfenster für die Übermittlung von Korrekturen deutlich verkleinert werden.

3.4 Pflichtveranlagungsfälle aufdecken und der Besteuerung zuführen

Die Daten der eLStB sollten konsequent dazu genutzt werden, bisher nicht veranlagte Pflichtveranlagungsfälle der Besteuerung zuzuführen. Aufgrund der festgestellten großen Anzahl entsprechender Fälle empfehlen wir, ein automatisiertes Verfahren einzuführen. Dieses müsste Pflichtveranlagungsgründe aus den eLStB erkennen und die steuerlich nicht erfassten Arbeitnehmer im üblichen Überwachungsverfahren zur Abgabe einer Steuererklärung auffordern.

Auch wenn derzeit noch kein vollständig automatisiertes Verfahren zur Verfügung steht, darf die Steuerverwaltung auf eine Auswertung der Pflichtveranlagungsfälle nicht grundsätzlich verzichten. Wegen der drohenden hohen Steuerausfälle sind die Pflichtveranlagungsfälle auszuwerten. Dies kann nur IT-gestützt erfolgen. Im Hinblick auf die festgestellte mangelhafte Datenqualität empfehlen wir, dazu den Datenbestand zunächst zu bereinigen.

Aufgrund der bereits eingetretenen und der weiterhin drohenden jährlichen Steuerausfälle in Millionenhöhe besteht dringender Handlungsbedarf.

3.5 Lohnsteuerabgleich einführen

Wegen des Risikos hoher Steuerausfälle sollten die Angaben in den eLStB in einem standardisierten IT-Verfahren zeitnah mit den Lohnsteueranmeldungen abgeglichen werden. Bei festgestellten Differenzen sind die entsprechenden Daten der eLStB detailliert darzustellen. Nur so ist es den Bediensteten möglich, die Abweichungen effizient aufklären zu können.

Zusätzlich sollte den Finanzämtern ein IT-Verfahren zur Verfügung stehen, das alle von einem Arbeitgeber übermittelten eLStB anzeigt und deren Auswertungen ermöglicht.

4 Stellungnahme des Ministeriums

Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft stimmt den Empfehlungen des Rechnungshofs grundsätzlich zu. Die Vorschläge zur Verbesserung der IT-Verfahren habe es größtenteils bereits in das Verfahren KONSENS eingebracht. Es beabsichtige zudem, weitere Verbesserungsmöglichkeiten aufzugreifen.

Das Ministerium teilt insbesondere die Auffassung, dass eine systematische Auswertung der eLStB im Hinblick auf Pflichtveranlagungstatbestände erforderlich ist. Es wolle vorschlagen, im Verfahren KONSENS die Überwachung entsprechender Fälle grundsätzlich überarbeiten zu lassen.

Um unberechtigte Übermittlungen von eLStB zu vermeiden, hält das Ministerium - als Zwischenlösung bis zur Einführung der Wirtschaftsidentifikationsnummer - einen im Einzelnen beschriebenen Datenabgleich für zielführend. Der vom Rechnungshof empfohlene Lohnsteuerabgleich erfordere noch eine Reihe fachlicher und technischer Verbesserungen. Entsprechende Vorschläge seien auf Bundesebene bereits erörtert worden.

5 Schlussbemerkung

Bis die Vorschläge realisiert sind, werden weiterhin jährlich in erheblichem Umfang Steuerausfälle und Zinsschäden eintreten. Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft sollte daher die notwendigen Verbesserungen und Weiterentwicklungen der entsprechenden IT-Verfahren unverzüglich umsetzen.

Bedenklich ist generell, dass ein IT-Verfahren binnen zehn Jahren nicht im erforderlichen Umfang zeitnah weiterentwickelt wurde, um die vorhandenen Datenbestände sinnvoll und effizient zu nutzen.


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Die Auswertung der ESt4B-Mitteilungen ist sehr zeitaufwendig und fehlerbehaftet. Eine automatisierte Übermittlung und Auswertung könnte den Personaleinsatz, die Fehlerquote und das Fehlervolumen weitgehend reduzieren. Der technischen Umsetzung sollte eine hohe Priorität eingeräumt werden.


1 Ausgangslage

Einkünfte, an denen mehrere Personen beteiligt sind, werden in einem maschinellen Verfahren gesondert festgestellt und den Beteiligten anteilig zugerechnet. Die anteiligen Einkünfte werden den für die Besteuerung der einzelnen Personen zuständigen Finanzämtern mittels sogenannter ESt4B-Mitteilungen in Papierform mitgeteilt. Die zuständigen Finanzämter erfassen die anteiligen Einkünfte wiederum im IT-System und setzen dann mit dessen Hilfe die Einkommensteuer fest.

Der Rechnungshof hatte schon mehrfach gefordert, diesen Medienbruch zu beseitigen. Inzwischen hat die Steuerverwaltung ein neues bundeseinheitliches IT-Verfahren eingeführt und die maschinelle Übermittlung und Auswertung der ESt4B-Mitteilungen als Entwicklungsaufgabe für dieses Verfahren angemeldet.

Die Steuerverwaltung hat zudem durch zahlreiche Maßnahmen versucht, die zutreffende Besteuerung in diesem Bereich zu gewährleisten. So wurde beispielsweise in jedem Arbeitsgebiet ein sogenannter „Kümmerer“ eingesetzt, der für eine zeit- und sachgerechte Auswertung der ESt4B-Mitteilungen Sorge tragen sollte. Gleichwohl haben wir in zahlreichen Prüfungen bei den Finanzämtern weiterhin festgestellt, dass häufig ESt4B-Mitteilungen fehlerhaft ausgewertet wurden.

Vor diesem Hintergrund hat der Rechnungshof 2012/2013 gemeinsam mit den drei staatlichen Rechnungsprüfungsämtern die Auswertung von gewerblichen ESt4B-Mitteilungen erneut untersucht. Da nach unseren Erkenntnissen gerade bei gewerblichen Einkünften die Fehleranfälligkeit besonders hoch ist, haben wir unsere Prüfung auf Mitteilungen über gewerbliche Beteiligungseinkünfte beschränkt.

2 Prüfungsergebnisse

2.1 Bundesweite Bedeutung des Feststellungsverfahrens

Bundesweit gibt es mehr als 1,1 Mio. Feststellungsfälle mit insgesamt 126 Mrd. Euro Einkünften (Stand 2008). An diesen sind mehr als 5 Mio. Steuerbürger beteiligt. Das bedeutet, dass bundesweit jährlich mehr als 5 Mio. ESt4B-Mitteilungen erstellt werden. Zudem zeigt die Praxis, dass in vielen Fällen geänderte ESt4B-Mitteilungen ergehen und dadurch jährlich weitere Millionen von Mitteilungen auszuwerten sind. Das Mitteilungsverfahren entfaltet somit eine große Breitenwirkung und ist von gewichtiger Bedeutung für die Höhe der Steuerfestsetzung.

2.2 Zeitaufwand für die Auswertung gewerblicher ESt4B-Mitteilungen

Wir haben die geprüften Finanzämter gebeten, den Zeitaufwand für die Auswertung von gewerblichen ESt4B-Mitteilungen aufzuzeichnen. Um den Aufwand für das jeweilige Arbeitsgebiet möglichst gering zu halten, haben wir den Erhebungszeitraum auf eine Woche je Arbeitsgebiet beschränkt. Die Erhebungswochen verteilten sich über einen Zeitraum von mehreren Monaten.

Innerhalb der einzelnen Erhebungswochen gingen bei den in die Untersuchung insoweit einbezogenen sechs Finanzämtern insgesamt 2.290 ESt4B-Mitteilungen ein. Für die Auswertung dieser ESt4B-Mitteilungen haben die Arbeitsgebiete durchschnittlich 9,55 Minuten je ESt4B-Mitteilung benötigt. Somit ist bei den untersuchten Arbeitsgebieten für die Auswertung aller in einem Jahr eingehenden gewerblichen ESt4B-Mitteilungen ein Personaleinsatz von 10,83 Vollzeitäquivalenten erforderlich.

Die untersuchten Arbeitsgebiete waren für insgesamt 243.044 Einkommensteuerfälle zuständig. Überträgt man das Prüfungsergebnis auf sämtliche 2,32 Mio. Einkommensteuerfälle des Landes, ergäbe sich allein für das Auswerten von gewerblichen ESt4B-Mitteilungen ein Personalbedarf von 103 Vollzeitäquivalenten. Bundesweit ergäbe sich ein Vielfaches dieses Personalbedarfs.

Darüber hinaus dürfte ein weiterer, nicht unerheblicher Zeitaufwand für die Verteilung der gewerblichen ESt4B-Mitteilungen innerhalb der Steuerverwaltung entstehen, bis diese vom Druck- und Versandzentrum die jeweils zuständigen Bearbeiter erreicht haben.

2.3 Qualität der Auswertung gewerblicher ESt4B-Mitteilungen

Wir haben den Ansatz der gewerblichen Beteiligungseinkünfte der letzten drei Veranlagungszeiträume materiell-rechtlich geprüft. Für frühere Veranlagungszeiträume haben wir die Auswertung der in den letzten drei Kalenderjahren eingegangenen ESt4B-Mitteilungen untersucht.

Von den 999 geprüften Steuerbescheiden haben wir 105 Steuerbescheide beanstandet. Dies entspricht einer Beanstandungsquote von 10,5 Prozent.

Die Summe aus den Mehr- und Mindersteuern ergab ein Fehlervolumen von 844.241 Euro, die Differenz das saldierte Ergebnis von 317.807 Euro. Je beanstandetem Steuerbescheid beträgt das durchschnittliche Fehlervolumen 8.040 Euro und das saldierte Ergebnis 3.027 Euro.

Über die Hälfte unserer Beanstandungen betraf die Höhe der gewerblichen Einkünfte einschließlich der Ermäßigung für die gezahlte Gewerbesteuer. Annähernd 80 Prozent des Fehlervolumens stehen in Zusammenhang mit Steuer- und Tarifermäßigungen.

Im Vergleich mit den Prüfungsergebnissen 2005 hat sich sowohl die Beanstandungsquote als auch das Fehlervolumen je beanstandetem Steuerbescheid merklich erhöht. Die Prüfungsergebnisse belegen, dass durch den Einsatz von „Kümmerern“ nicht die erhoffte Wirkung erzielt werden konnte.

2.4 Ergebnisse aus unseren regelmäßigen Prüfungen bei den Finanzämtern

Wir haben auch die Beanstandungen aus unseren regelmäßigen Prüfungen bei den Finanzämtern ausgewertet. In die Auswertung haben wir die Ergebnisse aus den Prüfungen der Geschäftsjahre 2008 bis 2013 einbezogen.

Bis zur Jahresmitte 2013 wurden 38 Finanzämter geprüft. Dabei wurden - risikoorientiert - vorwiegend finanziell bedeutende Steuerfälle untersucht. Die Prüfungen ergaben 1.120 Beanstandungen zur Auswertung von ESt4B-Mitteilungen. Die Mitteilungen konnten auch andere Einkunftsarten betreffen. Die Beanstandungen führten zu einem Fehlervolumen von 18,7 Mio. Euro und zu einem saldierten Ergebnis von 12,1 Mio. Euro. Eine Mehrsteuer von knapp 10 Mio. Euro in einem bedeutenden Einzelfall prägte das finanzielle Gesamtergebnis. Andererseits führten mehr als die Hälfte der Beanstandungen zu einem Fehlervolumen von mehr als 1.000 Euro.

Auch die Gesamtschau über mehr als vier Jahre Prüfungstätigkeit zeigt damit, dass die Auswertung von ESt4B-Mitteilungen mit einem erheblichen Fehlerpotenzial verbunden ist.

2.5 Betrugsanfälligkeit des Mitteilungsverfahrens

Die Auswertung der ESt4B-Mitteilungen ist ein Massenverfahren. Die festgestellten Besteuerungsgrundlagen werden den Wohnsitzfinanzämtern in Papierform und auf dem Postweg übermittelt. Dieser Übermittlungsweg birgt die Gefahr, dass gefälschte ESt4B-Mitteilungen in den Verwaltungsablauf eingebracht werden.

2.6 Arbeitsablauf unter KONSENS

Die in den ESt4B-Mitteilungen enthaltenen Besteuerungsgrundlagen werden im IT-System in den sogenannten festsetzungsnahen Daten unter dem Thema Beteiligungen gespeichert. Neben den Grundfunktionalitäten, wie der Eingabe der Stammdaten einer Beteiligung oder der mitgeteilten Werte, besteht auch die Möglichkeit, die eingegebenen Besteuerungsgrundlagen auszuwerten oder mit den bisherigen Werten zu vergleichen. Zudem kann für den Steuerbescheid eine Anlage erstellt werden, aus der sich alle angesetzten Besteuerungsgrundlagen ergeben.

In den Arbeitsgebieten werden die ESt4B-Mitteilungen regelmäßig von wechselnden Bearbeitern im IT-System erfasst. Nach unserem Kenntnisstand wird diese Aufgabe lediglich in einem Finanzamt zentral erledigt. Da es sich zumeist um einfachere Mitteilungen handelt, dürften für diesen Arbeitsablauf Sorgfalt und Erfassungsgeschwindigkeit der Bearbeiter von besonderer Bedeutung sein.

3 Empfehlungen

3.1 ESt4B-Mitteilungen elektronisch übermitteln, aufbereiten und auswerten

Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft sollte sich mit Nachdruck dafür einsetzen, dass die im Verfahren KONSENS angemeldete Entwicklungsaufgabe rasch realisiert wird. Schon allein dadurch, dass die ESt4B-Mitteilungen elektronisch übermittelt und aufbereitet werden, könnten mehr Qualität und Sicherheit gewonnen und in nicht unerheblichem Umfang Personalressourcen frei werden. Zudem sollte anschließend der automatisierte Anstoß von Änderungsbescheiden zeitnah realisiert werden. In der Folge könnten weitere Personalressourcen frei werden.

Aus den vorgenannten Gründen sollte dieser Umsetzungsprozess unter den anstehenden IT-Verfahren eine möglichst hohe Priorität erhalten, zumal dieses Verfahren bundesweit Wirkung zeigen würde. Freiwerdende Personalressourcen können zur Refinanzierung des Programmieraufwands, zur Qualitätssteigerung bei der Veranlagung oder zur Haushaltskonsolidierung verwendet werden.

3.2 ESt4B-Mitteilungen zentral in den festsetzungsnahen Daten erfassen

Das Erfassen der ESt4B-Mitteilungen ist in den weitaus überwiegenden Fällen keine besonders komplizierte oder komplexe Aufgabe. Die Verwaltung sollte deshalb prüfen, ob - bis zu einer elektronischen Dateneinspeisung in die festsetzungsnahen Daten - die Arbeitsgebiete durch eine zentrale Erfassung der ESt4B-Mitteilungen entlastet werden können. Eine zentral tätige Stelle könnte aufgrund von Verfahrensroutinen Zeitgewinne erwirtschaften und die Auswertungsqualität steigern. Gleichartige Mitteilungen könnten aus einer Hand bearbeitet werden.

4 Stellungnahme des Ministeriums

Aus Sicht des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft bestehen gegen die Darstellung der Ausgangslage sowie die Prüfungsergebnisse keine Bedenken. Die vom Rechnungshof mit Nachdruck geforderte elektronische Übermittlung, Aufbereitung und Auswertung von ESt4B-Mitteilungen werde begrüßt. Die Einführung der elektronischen Verfahren sei weiter voranzutreiben.

Der Empfehlung des Rechnungshofs, die ESt4B-Mitteilungen im Finanzamt zentral in den festsetzungsnahen Daten zu erfassen, werde zugestimmt. Die dadurch eintretende Routine könne die Fehleranfälligkeit spürbar reduzieren. Gleichzeitig könne erreicht werden, dass strukturelle Auffälligkeiten oder Fehler in den Mitteilungen schneller erkannt und in der Fläche kommuniziert werden. In der Folge könne eine rasche Lösung zur Fehlervermeidung gefunden werden. Ob sich eine derartige organisatorische Änderung in der Praxis tatsächlich bewähre, soll eine Probephase in 2014 zeigen.

Die freiwerdenden Personalressourcen beabsichtige das Ministerium zur Qualitätssteigerung bei der Veranlagung einzusetzen und dadurch einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung zu leisten.


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Die Steuerverwaltung sollte die elektronischen Rentenbezugsmitteilungen dazu nutzen, den Automatisierungsgrad bei der Bearbeitung von Einkommensteuererklärungen mit Renten deutlich zu steigern. Hierzu ist das DV-System der Finanzämter entsprechend anzupassen.


1 Ausgangslage

1.1 Gesetzliche Rahmenbedingungen

Die Besteuerung der Renten wurde durch das Alterseinkünftegesetz vom 05.07.2004 (BGBl. I S. 1427) grundlegend geändert. Im Mittelpunkt dieser Neuregelung steht der schrittweise Übergang zur vollständigen Besteuerung der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese wird ab dem Rentenjahrgang 2040 erreicht.

Mit dem Alterseinkünftegesetz hat der Gesetzgeber auch das sogenannte Rentenbezugsmitteilungsverfahren eingeführt (§ 22a Einkommensteuergesetz). Für die Veranlagungszeiträume ab 2005 haben die Übermittlungspflichtigen an die zentrale Stelle bei der Deutschen Rentenversicherung Bund für jede Rente jährlich eine Rentenbezugsmitteilung elektronisch zu übermitteln. Übermittlungspflichtig sind nach § 22a Einkommensteuergesetz u. a. die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, die berufsständischen Versorgungseinrichtungen, Pensionskassen und Versicherungsunternehmen. Die Rentenbezugsmitteilungen enthalten neben den persönlichen Daten zur Identifikation der Rentner insbesondere Angaben zum Rentenbeginn, Rentenbetrag, Rentenanpassungsbetrag sowie zum Beitrag oder Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung.

Die Rentenbezugsmitteilungen werden von der zentralen Stelle zusammengeführt und an die jeweils zuständigen Landesfinanzbehörden zur Auswertung weitergeleitet. Damit soll sichergestellt werden, dass die durch den Übergang zur vollen Steuerpflicht immer bedeutsamer werdende Besteuerung der Rentenzahlungen zutreffend erfolgt.

1.2 Anlass, Ziele und Durchführung der Prüfung

Für den Veranlagungszeitraum 2010 wurden der Steuerverwaltung in Baden-Württemberg rund 3,8 Mio. Rentenbezugsmitteilungen zugeleitet. Damit stellt die Auswertung der Rentenbezugsmitteilungen durch die Finanzämter ein Massenverfahren dar, das mit einem nicht unerheblichen Personaleinsatz verbunden ist. Vor diesem Hintergrund hat der Rechnungshof den Umgang der Steuerverwaltung mit den Rentenbezugsmitteilungen landesweit untersucht. Dabei wurden zwei Schwerpunkte gebildet:

  • Vorgehensweise und Ergebnisse der Steuerverwaltung aus der Auswertung von Rentenbezugsmitteilungen bei steuerlich bisher nicht geführten Rentnern,

 

  • allgemeine Besteuerungspraxis bei Renten im Veranlagungszeitraum 2011.

Hinsichtlich der Auswertung von Rentenbezugsmitteilungen bei steuerlich bisher nicht geführten Rentnern hat der Rechnungshof entsprechende Steuerdaten beim Landeszentrum für Datenverarbeitung angefordert und ausgewertet. Eine (Einzel-) Fallprüfung bei den Finanzämtern erfolgte insoweit nicht.

Für den Bereich der allgemeinen Besteuerungspraxis bei Renten hat der Rechnungshof in einem ersten Schritt die landesweiten Steuerdaten für den Veranlagungszeitraum 2011 ausgewertet. Im Anschluss wurden 600 Steuerfälle mit Renten bei den Finanzämtern Heidelberg, Bietigheim-Bissingen und Überlingen nach dem Zufallsprinzip ausgewählt und untersucht. Wesentliche Aspekte hierbei waren die Qualität der Steuererklärungen, die Zahl und die Qualität der Rentenbezugsmitteilungen sowie die Qualität der Fallbearbeitung durch die Finanzämter.

2 Prüfungsergebnisse

2.1 Auswertung von Rentenbezugsmitteilungen bei steuerlich nicht geführten Fällen

2.1.1 Fallzahlen und Ergebnis

Nach einem bundeseinheitlichen Konzept wurden für Baden-Württemberg 1,2 Mio. Fälle mit Rentenbezugsmitteilung ermittelt, die für den Veranlagungszeitraum 2010 steuerlich bisher nicht geführt waren. Für diese Fälle hat die Steuerverwaltung auf der Basis bestimmter Parameter eine Steuerprognose erstellt und dadurch die zu prüfenden Fälle ermittelt. Insgesamt waren in Baden-Württemberg hiernach 65.000 Fälle mit 124.000 Rentenbezugsmitteilungen durch die Finanzämter zu überprüfen.

Bei 28.000 der überprüften Fälle führten die Finanzämter für den Veranlagungszeitraum 2010 Einkommensteuerveranlagungen durch. Diese brachten dem Fiskus 4,1 Mio. Euro ein. Die bei den Einkommensteuerveranlagungen 2010 festgestellten Verhältnisse machten es vielfach erforderlich, die Steuerpflicht auch für die Vorjahre zu prüfen. Im Ergebnis führten die Finanzämter hiernach für die Veranlagungszeiträume 2005 bis 2009 weitere 48.000 Einkommensteuerveranlagungen durch. Das steuerliche Ergebnis dieser Veranlagungen betrug 14,6 Mio. Euro.

Nach den dem Rechnungshof überlassenen Daten (Stand Juli 2013) ist davon auszugehen, dass die Finanzämter infolge der Auswertungsaktion jährlich zusätzlich 20.000 - regelmäßig jedoch einfache - Steuerfälle zu veranlagen haben. Das auf Basis der Werte 2010 zu erwartende steuerliche Ergebnis beträgt dabei 4 Mio. Euro jährlich.

2.1.2 Bewertung

Die Finanzbehörden haben die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben (§ 85 Abgabenordnung). Vor dem Hintergrund dieser gesetzlichen Verpflichtung war die Auswertung der 1,2 Mio. Rentenbezugsmitteilungen bei steuerlich nicht geführten Fällen dringend geboten. Die Zahl der daraufhin personell überprüften Fälle und durchgeführten Veranlagungen belegt, dass die Finanzämter hierdurch erheblich belastet waren. Dem stehen mit 18,7 Mio. Euro allerdings auch nicht unerhebliche Steuermehreinnahmen gegenüber.

2.2 Besteuerungspraxis bei Renten

Für den Veranlagungszeitraum 2011 wurden landesweit 3,6 Mio. Einkommensteuerveranlagungen durchgeführt. Bei 730.000 Einkommensteuerveranlagungen waren Renteneinkünfte berücksichtigt. Demnach beträgt der Anteil der Fälle mit Renten 20 Prozent. Die Besteuerungspraxis bei Renten hat damit eine nicht unerhebliche Bedeutung. Vor diesem Hintergrund sind die folgenden repräsentativen Ergebnisse des Rechnungshofs zu betrachten.

2.2.1 Qualität der Einkommensteuererklärungen

Die diversen Rentenarten sind auf unterschiedliche Weise zu besteuern. Dementsprechend sieht die doppelseitige Anlage R der Einkommensteuererklärung zahlreiche Eintragungsmöglichkeiten vor, die unterschiedliche Besteuerungsfolgen auslösen können. Der Rechnungshof hat die Qualität der Einkommensteuererklärungen im Bereich der Anlage R untersucht. Soweit die Rententräger auch Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung abführten oder Zuschüsse zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung leisteten, hat er diese Angaben auf der Anlage Vorsorgeaufwand ebenfalls in die Untersuchung einbezogen. Ziel war es, ein vollständiges Bild über die Erklärungsqualität bei denjenigen Werten zu erhalten, die den Finanzämtern regelmäßig durch Rentenbezugsmitteilungen elektronisch übermittelt werden.

2.2.1.1 Gesamtergebnis

Bei den geprüften 600 Einkommensteuerveranlagungen des Veranlagungszeitraums 2011 waren insgesamt 1.215 Renten zu berücksichtigen. In 377 Fällen (63 Prozent) mit insgesamt 810 Renten waren die Einkommensteuererklärungen im untersuchten Bereich fehlerhaft. Insgesamt stellte der Rechnungshof 1.227 Erklärungsfehler fest.

Aufgrund der Erklärungsfehler gab das DV-System insgesamt 739 Hinweise aus, die von den Bediensteten der Finanzämter zu bearbeiten waren. Damit verursachten die Erklärungsfehler durchschnittlich zwei Hinweise je fehlerhafter Einkommensteuererklärung. Die im Vergleich zur Zahl der Erklärungsfehler geringere Anzahl der Hinweise erklärt sich dadurch, dass vielfach mehrere Erklärungsfehler insgesamt nur einen Hinweis auslösten.

2.2.1.2 Einfluss von Erklärungsart und steuerberatenden Berufen

256 der 600 untersuchten Einkommensteuererklärungen wurden auf elektronischem Wege an die Finanzämter übermittelt (ELSTER-Erklärungen). Von diesen ELSTER-Erklärungen waren im untersuchten Bereich 52 Prozent fehlerhaft, bei den übrigen Erklärungen betrug die Fehlerquote insoweit 71 Prozent.

Von den untersuchten 600 Einkommensteuererklärungen waren 278 Erklärungen unter Mithilfe eines Steuerberaters erstellt. Die Fehlerquote bei den Berater-Erklärungen war mit 51 Prozent zwar mehr als 20 Prozentpunkte geringer als bei den übrigen Erklärungen. Gleichwohl war sie überraschend hoch.

2.2.1.3 Durch Erklärungsfehler ausgelöste DV-Hinweise

Die meisten DV-Hinweise ergingen zu den Rentenanpassungsbeträgen (30 Prozent) und zu den Renteneinnahmen (21 Prozent). Weitere Schwerpunkte waren die Anzahl der Renten und die Eintragungen zur Kranken- und Pflegeversicherung.

Zu DV-Hinweisen kam es, weil bestimmte Angaben in den Steuererklärungen fehlten, unzutreffend waren oder die Steuerbürger falsche Bereiche der Anlage R ausfüllten. So erklärten sie z. B. Renten unter einer unzutreffenden Rentenart oder den Rentenbetrag einer gesetzlichen Rente bei der betrieblichen Altersversorgung und umgekehrt.

2.2.1.4 Erklärungsqualität als jährlich wiederkehrendes Problem

Bei den 377 Fällen mit einer fehlerhaften Einkommensteuererklärung 2011 hat der Rechnungshof soweit möglich auch die Erklärungen 2010 und 2012 untersucht. Dabei hat er festgestellt, dass mehr als 90 Prozent der insoweit geprüften Erklärungen fehlerhaft waren. Die Erklärungsfehler waren dabei regelmäßig mit den Fehlern 2011 identisch, d. h. sie haben sich Jahr für Jahr wiederholt.

2.2.1.5 Bewertung und Ausblick

Die Qualität der Einkommensteuererklärungen im untersuchten Bereich war mit einer Fehlerquote von 63 Prozent völlig unzureichend. Selbst bei der isolierten Betrachtung von ELSTER-Erklärungen oder von Berater-Erklärungen ergaben sich dort noch Fehlerquoten von jeweils mehr als 50 Prozent.

Steuerfälle mit Renten sind regelmäßig einfacher als der Durchschnitt aller Steuerfälle und wären dem Grunde nach prädestiniert, durch die DV-Systeme der Finanzämter vollmaschinell bearbeitet zu werden. Durch die Erklärungsfehler wurden vom DV-System jedoch Hinweise ausgegeben, die in der Folge von den Bediensteten personell zu bearbeiten waren. Damit waren 63 Prozent der Einkommensteuererklärungen mit Renten allein schon wegen Erklärungsfehlern im untersuchten Bereich für eine vollmaschinelle Bearbeitung nicht geeignet. Diese Quote dürfte sich auch für die Folgejahre nicht wesentlich verändern, weil sich die Erklärungsfehler regelmäßig Jahr für Jahr wiederholen.

Aufgrund der demografischen Entwicklung und dem bis 2040 auf 100 Prozent steigenden Besteuerungsanteil bei den gesetzlichen Leibrenten wird sich die Zahl der jährlich zu veranlagenden Rentenbezieher erhöhen. Darüber hinaus ist wegen der staatlichen Förderprogramme (z. B. Riester-Verträge) davon auszugehen, dass Rentenbezieher in Zukunft neben ihrer gesetzlichen Rente in zunehmendem Umfang Leistungen aus privaten Altersvorsorgeverträgen beziehen. Mit anderen Worten: Nicht nur die Zahl der zu veranlagenden Rentenbezieher wird steigen, sondern auch die Zahl der anzusetzenden Renten je Fall. Vor diesem Hintergrund könnte sich die Problematik fehlerhafter Einkommensteuererklärungen mit Renten weiter verschärfen.

2.2.2 Zahl und Qualität der Rentenbezugsmitteilungen

Die Rentenbezugsmitteilungen sollen es den Finanzämtern ermöglichen, die übermittelten Daten mit denen der Steuererklärungen zu vergleichen und dadurch eine zutreffende Besteuerung sicherzustellen. Bei den untersuchten 600 Einkommensteuerveranlagungen 2011 waren insgesamt 1.215 Renten zu berücksichtigen. Bei 98 Prozent der Renten bestand eine gesetzliche Übermittlungspflicht. Diese wurde fast ausnahmslos erfüllt.

Die Datenqualität der Rentenbezugsmitteilungen war sehr gut. Zum Zeitpunkt der erstmaligen Einkommensteuerveranlagungen war lediglich eine Rentenbezugsmitteilung inhaltlich fehlerhaft. Der Fehler wurde vom Rentenversicherungsträger später durch eine berichtigte Rentenbezugsmitteilung korrigiert.

2.2.3 Ergebnis und Qualität der Fallbearbeitung durch die Finanzämter

Die Finanzämter veranlagten 348 Fälle (92 Prozent) im untersuchten Bereich zutreffend. Dabei korrigierten sie die Erklärungsfehler ausschließlich dadurch, dass sie die Daten der Rentenbezugsmitteilungen zutreffend ansetzten. Von den übrigen Fällen hat der Rechnungshof 28 Fälle (7 Prozent) allein deshalb beanstandet, weil der gebotene Ansatz der Daten der Rentenbezugsmitteilungen unterblieb. Somit hätten 99 Prozent der Steuerfälle mit Erklärungsfehlern allein durch die korrekte Übernahme der Daten der Rentenbezugsmitteilungen zutreffend veranlagt werden können.

2.2.4 Aktuelle Entwicklung: Die vorausgefüllte Steuererklärung

Das neue Verfahren „vorausgefüllte Steuererklärung“ (VaSt) soll künftig den Steuerbürgern erleichtern, ihre Einkommensteuererklärung zu erstellen. Sie können dabei ab 2014 u. a. die bei der Finanzverwaltung gespeicherten Daten ihrer Rentenbezugsmitteilung abrufen und in ihre Einkommensteuererklärung übernehmen. Technische Voraussetzung hierfür ist, dass sich die Steuerbürger im ELSTER-Online-Portal anmelden und authentifizieren. Darüber hinaus können auch Steuerberater zum Abruf der Daten schriftlich bevollmächtigt werden.

Das Verfahren VaSt könnte zu einer Steigerung der Qualität der Einkommensteuererklärungen im untersuchten Bereich führen. Dies gilt vor allem für die Fälle, die ihre Einkommensteuererklärungen unter Mithilfe eines Steuerberaters erstellen. Für die steuerberatenden Berufe dürfte eine automatische Datenübernahme aus dem Verfahren VaSt eine deutliche Arbeitserleichterung bedeuten. Entsprechend groß dürfte der Anreiz sein, von ihren Mandanten hierzu bevollmächtigt zu werden. Bei den übrigen Fällen ist hingegen mit keiner durchgreifenden Qualitätssteigerung zu rechnen. Zu gering ist dort bisher der Anteil der Fälle, die einen authentifizierten Zugang zum ELSTER-Online-Portal inne haben. Der Rechnungshof geht auch nicht davon aus, dass die überwiegend lebensälteren Personen mit Renten allein infolge des Verfahrens VaSt einen solchen Zugang anstreben werden.

3 Empfehlungen: Höheren Automatisierungsgrad anstreben und DV-System anpassen

Auf Grundlage seiner Feststellungen sieht der Rechnungshof deutliches Optimierungspotenzial. Die Rentenbezugsmitteilungen sollten dazu genutzt werden, einen höheren Automatisierungsgrad bei der Bearbeitung von Steuerfällen mit Renten zu erreichen. Das DV-System der Finanzämter ist so anzupassen, dass die Zahl der Hinweise deutlich reduziert wird. Dies kann dadurch erreicht werden, dass fehlende und unzutreffende Angaben in den Steuererklärungen durch die Werte der Rentenbezugsmitteilungen automatisch ergänzt bzw. ersetzt werden.

In Anbetracht der zu erwartenden Effizienzgewinnung sollte die Empfehlung baldmöglichst umgesetzt werden.

4 Stellungnahme des Ministeriums

Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft hat gegen den Beitrag keine Einwendungen erhoben. Es weist jedoch darauf hin, dass die Empfehlung nur im Rahmen des Bund-Länder-Vorhabens KONSENS umgesetzt werden könne. Das Ministerium habe daher bereits eine erste Erörterung in den zuständigen Bundesarbeitsgruppen veranlasst und werde sich weiter um die Umsetzung kümmern.

5 Schlussbemerkung

Die Prüfungsergebnisse des Rechnungshofs (siehe Punkt 2.2.1.1 bis 2.2.1.4) sind derart ernüchternd, dass auch die Frage gestellt werden muss, ob im Zuge der Neuregelung der Renten-Besteuerung in 2004 ein gravierender Fehler gemacht wurde. Wenn - bundesweit hochgerechnet - Millionen von Rentenempfängern einschließlich deren Berater über Jahre hinweg nicht in der Lage sind, ihre Rentenbezüge dem Finanzamt richtig zu erklären, ist es gewiss nicht abwegig, auch diese Möglichkeit zu thematisieren.

Soweit für den Rechnungshof ersichtlich, wurde eine sehr naheliegende, im Übrigen auch rechtsstaatlich gebotene Regelung nicht ernsthaft in Betracht gezogen: Der Gesetzgeber hätte alle Rentenversicherungsträger verpflichten können, genau die Daten, die sie den Finanzämtern übermitteln, auch ihren Versicherten zur Verfügung zu stellen. Würde das geschehen, wäre die Fehlerquote in den Steuererklärungen von sowohl beratenen als auch nicht beratenen Steuerpflichtigen mit Rentenbezügen mit Sicherheit entscheidend geringer.

Für eine solche Regelung hätten auch rechtsstaatliche Erwägungen gesprochen, denn es erscheint nicht unproblematisch, wenn Rentenversicherungsträger Informationen, die ihre Versicherten jedenfalls nicht so und im Detail haben, dem Finanzamt zur Verfügung stellen und den Versicherten nicht. In anderen Bereichen wurden vergleichbare Regelungen aus guten Gründen und im Prinzip mit gutem Erfolg auch getroffen:

So erhalten Steuerpflichtige hinsichtlich ihrer Kapitaleinkünfte von den Banken detaillierte und einfach in die Steuererklärung zu übertragende Mitteilungen über Art und Höhe ihrer Zinseinnahmen. Arbeitnehmer erhalten von ihren Arbeitgebern selbstverständlich Mitteilungen über ihre Einnahmen aus nicht selbstständiger Tätigkeit und die abgeführten Steuern und sonstigen Abgaben.

Der Rechnungshof hat davon abgesehen, diesen grundsätzlichen steuerrechtlich-steuerpolitischen Ansatz in seine Empfehlungen aufzunehmen, weil inzwischen Verbesserungen auf den Weg gebracht wurden (siehe Punkt 2.2.4). Gleichwohl könnte es lohnend sein, auch zehn Jahre nach Inkrafttreten des maßgeblichen Bundesgesetzes diesen Ansatz aufzugreifen.


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Die Projektsteuerung ist eine originäre Kernaufgabe der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung. Bei ihren Baumaßnahmen sollte sie diese grundsätzlich nicht an externe Büros übertragen.

Andere öffentliche Bauherren ohne Fachkunde können sich externer Projektsteuerer bedienen. Sie müssen frühzeitig und mit definierten Zielen beauftragt werden.


1 Ausgangslage

Kostendisziplin beim Bauen hat zu Recht einen hohen Stellenwert. Höhere Anforderungen an Arbeits-, Brand- und Wärmeschutz sowie ein seit einigen Jahren wieder steigender Baupreisindex haben es in den letzten Jahren noch schwerer gemacht, Kostenplanungen einzuhalten. Durch mehrjährige Vorlaufphasen bei größeren Projekten wird es zunehmend schwierig, anfänglich geschätzte Baukosten bis zur Fertigstellung einzuhalten. Die Planer waren nicht immer in der Lage, die Kosten und Termine sowie die Qualität am Bau zu überwachen und zu steuern.

Ab Ende der 1970er Jahre entstand daher das Leistungsbild „Projektsteuerung“ im privaten Baubereich (Industriebau, Banken und Versicherungen). Die Bauherren beauftragen einen neutralen Berater zur zusätzlichen Informations- und Entscheidungshilfe. Durch den Abstand zum Projekt können Projektsteuerer objektiv und umfänglich über den Fortschritt des Werks informieren, was Architekten und Ingenieure als am Bau direkt Beteiligte nicht immer leisten können.

Der Rechnungshof stellte fest, dass auch die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung als fachkundiger Bauherr neuerdings auf Leistungen externer Projektsteuerer zurückgreift.

Der Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e. V. hat das Leistungsbild der Projektsteuerung u. a. wie folgt beschrieben:

  • Entwickeln und Abstimmen der Projektorganisation,

 

  • Klären des Entscheidungs- und Änderungsmanagements,

 

  • Qualitativer Abgleich zwischen Planung und Projektziel,

 

  • Kostensteuerung zur Einhaltung des Kostenziels,

 

  • Terminsteuerung zur Einhaltung des Terminziels,

 

  • Freigeben von Schlussrechnungen.

Nach der Dienstanweisung der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung ist das Projektmanagement vom Landesbetrieb Vermögen und Bau zu leisten. Hierzu zählen die Bauherrenleistung, Projektleitung und das Kosten-, Termin- und Qualitäts-Controlling. Ebenso wird die Grundlagen- und Bedarfsermittlung (Leistungsphase 1 der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure - HOAI) von landeseigenem Personal erstellt. Erst nachdem Voruntersuchungen abgeschlossen sind und Planungssicherheit erreicht ist, dürfen freiberuflich tätige Architekten, Planer und Berater gesucht und beauftragt werden.

Insbesondere die Kommunen, Universitätskliniken beim Bauen in eigener Zuständigkeit oder Projektgesellschaften in öffentlicher Trägerschaft greifen auf das Leistungsangebot externer Projektsteuerer zu. Der Landesbetrieb Vermögen und Bau hat bisher nur in wenigen Ausnahmefällen freie Büros zur Projektsteuerung eingeschaltet.

Der Rechnungshof prüfte in den vergangenen Jahren drei große Baumaßnahmen, bei denen externe Projektsteuerer eingebunden waren, sowie eine Maßnahme, bei der der Landesbetrieb Vermögen und Bau die Projektsteuerung übernommen hatte.

Als aktuelle Baumaßnahme mit externem Projektsteuerer prüft der Rechnungshof projektbegleitend den Neubau der John-Cranko-Schule in Stuttgart. Dort sind bereits vor Baubeginn erhebliche Preissteigerungen festgestellt worden.

2 Prüfungsergebnisse

2.1 Umbau und Erweiterung der Württembergischen Staatstheater

Die Sanierungsmaßnahme wurde von der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung durchgeführt. Die Landeshauptstadt Stuttgart hat sich finanziell beteiligt. Das Projekt verteuerte sich von 25 Mio. Euro auf mehr als 29 Mio. Euro. Die Bauzeit verlängerte sich von zunächst geplanten zwölf Monaten auf mehr als drei Jahre. Die Interimsunterbringung des Theaterbetriebs musste wegen der verzögerten Wiedereröffnung mehrmals verlängert werden. Die Qualität der hochkomplexen neuen Drehbühne sowie einer Inspizientenrufanlage blieben bis zuletzt strittig. Gerichtliche Verfahren sind anhängig.

Mit der Projektsteuerung der Maßnahme wurde ein externer Projektsteuerer beauftragt. Das Leistungsbild umfasste nur die Leistungsphasen „Ausführung und Ausführungsvorbereitung“. Wesentliche Entscheidungen wurden ihm zu spät oder gar nicht mitgeteilt. So erfolgten beispielsweise zahlreiche Vergaben ohne seine Beteiligung. Alarmierende Hinweise des Projektsteuerers wurden nicht beachtet beziehungsweise unzureichend an den Verwaltungsrat der Staatstheater weitergegeben.

Dass der Projektsteuerer mangelhaft eingebunden wurde, war nicht wesentliche Ursache für den unbefriedigenden Projektverlauf. Der Aufwand von mehr als 0,2 Mio. Euro für den externen Projektsteuerer wäre allerdings vermeidbar gewesen. Dazu hätte die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung die ihr obliegende Projektleitung ordnungsgemäß durchführen und den Verwaltungsrat der Staatstheater vor Entscheidungen über die Kosten- und Terminsituation des Projekts ausführlich und vollständig unterrichten müssen.

2.2 Neubau Chirurgie und Dermatologie an der Universitätsklinik Ulm

Die Neubaumaßnahme wurde von der Universitätsklinik in eigener Bauherrschaft unter maßgeblicher Mitfinanzierung durch den Landeshaushalt ausgeführt. Die Gesamtkosten von 240 Mio. Euro werden voraussichtlich eingehalten. Obgleich der Termin zur Inbetriebnahme gehalten werden konnte, wurde die Bauzeit zulasten des Einregel-Betriebs um mehrere Monate überschritten. Es gab gegenüber der ursprünglichen Planung erhebliche Änderungen, um den Kostenrahmen einzuhalten.

Mit der Projektsteuerung der Maßnahme wurde der Landesbetrieb Vermögen und Bau beauftragt. Hierdurch entstand ein Aufwand von überschlägig 1,2 Mio. Euro. Bauherr und Projektsteuerer waren nicht in der Lage, gegenüber dem beauftragten Generalunternehmen aktuelle und transparente Terminpläne einzufordern. Ebenso konnten die ausgeschriebenen Qualitäten am Bau nicht in allen Teilen durchgesetzt werden. Für den Bauherrn standen der Einzugstermin und die Einhaltung der Gesamtkosten im Vordergrund. Bei Entscheidungen des Bauherrn Universitätsklinik wurden teilweise Empfehlungen des Landesbetriebs Vermögen und Bau als Projektsteuerer nicht beachtet.

2.3 Neubau Gesundheitszentrum an der Universitätsklinik Tübingen

Die Maßnahme wurde von der Universitätsklinik in eigener Bauherrschaft und mit eigenen Mitteln realisiert. Sie verteuert sich von 24,6 Mio. Euro auf voraussichtlich 29,5 Mio. Euro. Es entstanden Mehrkosten von 4,9 Mio. Euro unter anderem durch Nachträge und Änderungen am Entwurf. Die Fertigstellung der Maßnahme verzögerte sich auch wegen Insolvenzen und Schlechtleistungen von Unternehmen um mehr als ein Jahr.

Mit der Projektsteuerung wurde ein externer Projektsteuerer beauftragt. Dieser bemühte sich, durch stetige Kostenkontrollberichte, Bauzeitenpläne und Statusberichte seiner Aufgabe gerecht zu werden. In den Statusberichten schilderte er dem Bauherrn u. a. ein fahrlässiges Nachtragsmanagement durch die freiberuflich tätigen Architekten und Ingenieure. Erhebliche Nachträge wurden dem Projektsteuerer erst mit Verzögerung bekannt gegeben. Seine Einschaltung konnte deshalb nicht zu der angestrebten Wirkung führen.

2.4 Neubau der Landesmesse Stuttgart

Die Erweiterung der Landesmesse auf den Fildern mit acht Hallen, Parkplätzen und einem Kongresszentrum ist die größte Baumaßnahme in mittelbarer Trägerschaft des Landes. Die Messe konnte 2007 nach fünfjähriger Bauzeit pünktlich eröffnet werden. Der festgelegte Kostendeckel von 806 Mio. Euro wurde nur geringfügig überschritten. Die Qualität der Bauwerke ist der Nutzung angemessen.

Mit der vollumfänglichen Projektsteuerung wurde bereits drei Jahre vor Baubeginn ein externer Projektsteuerer beauftragt. Dem Projektsteuerer wurde neben dem üblichen Honorar eine zusätzliche erfolgsabhängige Leistungsprämie in Aussicht gestellt.

Der Projektsteuerer führte die Vergaben nach der „Vergabeordnung für freiberufliche Dienstleistungen“ (VOF) federführend durch und diente später als Schnittstelle zwischen dem Aufsichtsrat der Projektgesellschaft und den nachgeordneten Architekten, Planern und Beratern. Als Besonderheit koordinierte der Projektsteuerer auch die Ausschreibung und Vergabe von Bauleistungen federführend. Sein Leistungsbild entsprach weitgehend dem Leistungsbild der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung bei Baumaßnahmen des Landes.

2.5 Erfolgskriterien

Die Projektsteuerung dient der Einhaltung der Baukosten und der Bauzeiten sowie der im Leistungsverzeichnis beschriebenen Qualitäten.

Anhand der geprüften Maßnahmen lässt sich ableiten, unter welchen Rahmenbedingungen die Einbindung der Projektsteuerer mehr oder weniger erfolgreich verlief. Die Einbindung der Projektsteuerer war nicht erfolgreich, wenn sie

  • erst nach dem Start des Projekts beauftragt wurden,

 

  • nicht frühzeitig in Such- und Vergabeverfahren eingebunden waren,

 

  • ungenügend oder zu spät über Verfahrensschritte informiert wurden,

 

  • nicht mit dem gesamten Leistungsbild beauftragt waren,

 

  • von der Kooperation des Architekten abhängig waren und

 

  • nur indirekt mit dem Nutzer und Bauherrn kommunizieren konnten.

Beim Neubau der Landesmesse wurde der Projektsteuerer sehr frühzeitig und mit einem weit über die eigentliche Projektsteuerung hinausgehenden Leistungsbild beauftragt. Er hat alle Vergabeverfahren maßgeblich und kompetent koordiniert. Durch seine frühzeitige Beratung wurden beispielsweise der Entwurf des Architekten und das Baustellenmanagement erheblich optimiert.

2.6 Inhaltliche Überschneidung von Leistungsbildern

Architekten und Ingenieure werden auf Basis der HOAI beauftragt. Die stetige Kostenkontrolle und das Aufstellen und Überwachen des Bauzeitenplans sind nach den Leistungsbildern der HOAI Grundleistungen.

Außerdem wirken die Architekten und Ingenieure bei der Vergabe von Bauleistungen mit. Aufgabe eines Projektsteuerers ist es, u. a. diese Tätigkeiten zu überwachen, zu hinterfragen und dem Bauherrn gegebenenfalls Vorschläge zur Optimierung des Bauprozesses und der Baukosten zu machen.

Mit dem Haushaltsgrundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist es in der Regel nicht vereinbar, freiberuflich Tätige mit sich überschneidenden Leistungsbildern parallel zu beauftragen. Die Leistungsbilder müssten entsprechend reduziert werden, um doppelte Vergütungen zu vermeiden. Dies gilt besonders dann, wenn die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung als kompetenter Bauherr einen externen Projektsteuerer beauftragt.

2.7 Ungenügende Information des Projektsteuerers

Die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung des Landes verfügt mit ihrem IT-gestützten Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen bereits über viele Controlling-Möglichkeiten. Da ein externer Projektsteuerer keinen direkten Zugriff auf die Verträge und Finanzbuchhaltung der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung hat, entsteht durch die Beauftragung externer Projektsteuerer zusätzlicher Aufwand und eine Bringschuld. In der Praxis kann die Finanzbuchhaltung des Landes tagesaktuelle Kostenberichte selbst erstellen. Demgegenüber hinken die Berichte der externen Projektsteuerer systembedingt um einige Tage oder Wochen hinterher. Nachträge oder Kostenreduzierungen werden wegen zeitversetztem Datenaustausch von externen Projektsteuerern regelmäßig unvollständig abgebildet.

3 Empfehlungen

3.1 Kompetenz innerhalb der Landesverwaltung ansiedeln

Die Projektsteuerung ist eine originäre Kernaufgabe der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung. Sie ist fachkundiger und kompetenter Bauherr. Deshalb sollte die Projektsteuerung bei Baumaßnahmen der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung grundsätzlich nicht an externe Büros übertragen werden. Die Kosten für diese zusätzliche Beraterleistung sind zu vermeiden.

Um den Interessenkonflikt zwischen Projektleitung und Projektsteuerung innerhalb des projektverantwortlichen Amts zu vermeiden, sollte die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung eine zentrale, landesweit zuständige Einheit zur Projektsteuerung ihrer großen Bauprojekte einrichten. Dies kann in der Betriebsleitung oder in einem Amt erfolgen.

3.2 Externe Projektsteuerer nur in begründeten Fällen beauftragen

In besonders begründeten Fällen können Projektsteuerer z. B. eingebunden werden, wenn der Bauherr über keine Fachkunde verfügt oder wenn eine Maßnahme der Staatlichen Vermögen- und Hochbauverwaltung wegen besonderer Rahmenbedingungen dies ausnahmsweise erfordert.

Eine Beauftragung muss dann frühzeitig, wirtschaftlich und mit definierten Zielen erfolgen. Doppelhonorierungen sind zu vermeiden.

Die Berichte eines externen Projektsteuerers sind dem Vorstand oder dem zur Entscheidung befugten Gremium des Bauherrn vorzulegen. Beauftragt die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung einen externen Projektsteuerer müssen seine Berichte an die Betriebsleitung gerichtet sein.

4 Stellungnahme der Ministerien

Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft und das Wissenschaftsministerium nehmen zu den projektbezogenen Feststellungen des Rechnungshofs unterschiedlich Stellung.

Das Wissenschaftsministerium sieht den Neubau Chirurgie an der Universitätsklinik Ulm als Projekt mit besonderen Anforderungen aufgrund der langjährigen Planung und der Schwierigkeiten bei der Finanzierung des Projekts. Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft führt aus, dass die Kritik des Rechnungshofs an der Durchsetzungskraft des Bauherrn und des Projektsteuerers gegenüber dem Generalunternehmer nicht den Kern treffe. Es pflichtet dem Rechnungshof jedoch bei, dass das Leistungsbild des Projektsteuerers nur eingeschränkt geeignet war, ein umfassendes Termincontrolling in allen Phasen dieses komplex angelegten Projekts wahrzunehmen.

Bezogen auf den Neubau des Gesundheitszentrums an der Universitätsklinik Tübingen merkt das Wissenschaftsministerium an, dass ein Teil der Mehrkosten durch spezielle architektonische Vorgaben des Landes entstanden sei. Aufgrund der negativen Erfahrungen mit den Leistungen ausführender Architekten sei die externe Projektsteuerung als weitere Sicherheits- und Überwachungsinstanz installiert worden. Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft widerspricht der Darstellung des Wissenschaftsministeriums, dass vom Land spezielle architektonische Vorgaben gemacht worden seien. Es sollten die städtebaulichen Leitideen aus dem VOF-Verfahren in die weiteren Planungsüberlegungen des Klinikums einbezogen werden.

Die vom Rechnungshof aufgestellten Kriterien für eine erfolgreiche Projektsteuerung werden vom Ministerium für Finanzen und Wirtschaft bestätigt. Gleichwohl wird betont, dass es durchaus sinnvoll und ausreichend sei, einen Projektsteuerer nur mit einem Teilbereich des gesamten Leistungsbildes zu beauftragen. Auch nach Auffassung des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft müssen inhaltliche Überschneidungen der Leistungsbilder von freiberuflich Tätigen vermieden und die vertraglich vereinbarten Leistungen entsprechend abgestimmt werden.

Die vom Rechnungshof empfohlene Zentralisierung der Kompetenz innerhalb der Landesverwaltung wird von den Ressorts unterschiedlich bewertet. Das Wissenschaftsministerium kann einem grundsätzlichen Verzicht auf externe Projektsteuerung nicht folgen. Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft ist der Auffassung, dass die qualitätsvolle und professionelle Projektsteuerung grundsätzlich Aufgabe der Projektleiter in den Ämtern des Landesbetriebs sei. Diese seien zu unterstützen und zu schulen. Zudem sei das Projektcontrolling im letzten Jahr zu einem Risikomanagement ausgebaut worden. Parallel sei auf Ebene der Betriebsleitung geplant, ein personell verstärktes Kompetenzzentrum als Anlauf- und Beratungsstelle für die Ämter einzurichten.

Die Empfehlung des Rechnungshofs, dass beispielsweise der Betriebsleitung die Berichte von externen Projektsteuerern grundsätzlich übersandt werden müssen, wird vom Ministerium für Finanzen und Wirtschaft nicht geteilt. Mit dem erwähnten Risikomanagement verfüge der Landesbetrieb über ausreichende Informations- und Steuerungsinstrumente, die alle kritischen Maßnahmen erfassen. Die Vorlage der Berichte sei nur bei risikobehafteten Fällen erforderlich.

5 Schlussbemerkung

Der Rechnungshof hält an seiner Empfehlung fest, dass die Projektleitung und die interne Projektsteuerung von Baumaßnahmen der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung nicht vom selben Amt wahrgenommen werden dürfen. Diese Trennung ist infolge der unterschiedlichen Kompetenz und der unterschiedlichen Sichtweisen sinnvoll.

Die unterschiedlichen Erfahrungen bei der Sanierung des Staatstheaters und den Neubauten der Landesmesse zeigen, was eine mangelhafte beziehungsweise funktionierende Projektsteuerung jeweils bewirken kann. Die Wirkung der Projektsteuerung ist in hohem Maß von der direkten, ungeschönten Information der Entscheidungsträger beziehungsweise der Betriebsleitung von Vermögen und Bau als Verantwortlicher für ihre Niederlassungen (Ämter) abhängig.


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Das Land wendet viel Geld auf, um Aufzüge in Landesgebäuden zu warten und zu prüfen. Viele Verträge laufen de facto seit mehr als 25 Jahren. Durch wiederkehrende gebündelte Ausschreibungen und mehr Wettbewerb können jährlich 0,5 Mio. Euro eingespart werden.


1 Ausgangslage

Das Land Baden-Württemberg ist Eigentümer und Betreiber von 1.250 Aufzügen in Landesgebäuden (ohne Universitätsgebäude). Die Wartung und Prüfung der Anlagen wird durch den Landesbetrieb Vermögen und Bau veranlasst und kostet 1,7 Mio. Euro je Jahr. In den letzten Jahren wurden in Landesgebäuden jährlich zwischen 25 und 45 Aufzüge neu installiert.

Der Rechnungshof ermittelte Kennzahlen zur Ausschreibung und Vergabe der Wartungs- und Prüfungsleistungen. In sieben Ämtern von Vermögen und Bau wurde der Aufwand für Wartung und Unterhalt von 853 Aufzügen anhand der SAP-Buchungen ausgewertet.

2 Prüfungsergebnisse

2.1 Vergabe von Wartungsleistungen

Nach der Installation eines neuen Aufzugs erhält grundsätzlich das ausführende Unternehmen einen Vertrag zur Wartung für die Dauer der Gewährleistung. Dieser Vertrag verlängert sich stets um ein Jahr, wenn er nicht gekündigt wird.

Bei fünf von sieben Ämtern von Vermögen und Bau wurden die Verträge regelmäßig nicht gekündigt und die Wartungsleistungen nicht ausgeschrieben. Dadurch wurde versäumt, die Leistungen erneut dem Wettbewerb zu unterstellen.

Die Verträge haben in der Folge außerordentlich lange Laufzeiten; sie betragen in den meisten Fällen zwischen 8 und 18 Jahren und im Einzelfall bis zu 44 Jahren. Die Wartung je Aufzug kostet im Jahr zwischen 900 und 1.500 Euro.

Die beiden anderen geprüften Ämter haben Wartungsleistungen wiederkehrend ausgeschrieben und Wettbewerb hergestellt. Eines dieser Ämter hat die Wartung von 150 Aufzügen für die Dauer von zwei Jahren an ein Unternehmen gebündelt vergeben. Im Durchschnitt kostete die Wartung je Aufzug und Jahr 425 Euro.

Der Benchmark gleichartiger Aufzüge (mit jeweils vier Haltestellen) ergab eine noch größere Preisspanne

  • von 760 bis 2.100 Euro je Anlage und Jahr, wenn einzeln beauftragt wurde und

 

  • von 300 bis 430 Euro je Anlage und Jahr, wenn gebündelt ausgeschrieben wurde.

Eine gebündelte Ausschreibung verursacht zunächst zusätzlichen Aufwand für das Amt. Demgegenüber steht jedoch eine kleinere Zahl von Verträgen und Auftragnehmern. Zudem können die Daten bei Folgeausschreibungen wieder verwendet werden. Dadurch entsteht insgesamt ein geringerer Verwaltungsaufwand.

2.2 Vergabe sonstiger Leistungen

Die Ämter des Landesbetriebs beauftragen auch die sicherheitstechnischen Prüfungen der Aufzüge. Hierzu zählen die wiederkehrende Prüfung und die Zwischenprüfung, die früher ausschließlich vom TÜV durchgeführt wurden. Auch hier hat der Rechnungshof festgestellt, dass günstigere Preise erzielt wurden, wenn die Leistungen ausgeschrieben wurden, obgleich hier bislang nur drei Unternehmen am Markt tätig sind.

Um eine Befreiung von in Aufzügen eingeschlossenen Personen rund um die Uhr sicherzustellen, beauftragt Vermögen und Bau außerdem eine Notrufaufschaltung. Seit 2004 haben fünf von sieben Ämtern hierzu Rahmenverträge mit einem Unternehmen abgeschlossen. Nach Auswertung des Rechnungshofs kostet eine einzeln beauftragte Notrufaufschaltung im Vergleich zum Rahmenvertrag mehr als das Zehnfache.

2.3 Koordinierung der Prüfungs- und Wartungsintervalle

Die Intervalle der Wartung und der sicherheitstechnischen Prüfungen wurden nicht vom zuständigen Amt koordiniert, sondern in der Regel den Unternehmen überlassen.

Zu Wartungsintervallen gibt es keine rechtlichen Vorgaben. Die festgestellten Intervalle variierten im Einzelfall zwischen einem und fünf Monaten. Der Vollzug regelmäßiger Wartungen ist eine wichtige Voraussetzung für einen störungsfreien Betrieb und kann die Nutzungsdauer der Anlage verlängern.

Die Intervalle der sicherheitstechnischen Prüfungen sind in der Betriebssicherheitsverordnung geregelt. Die wiederkehrende Prüfung erfolgt fristgerecht, wenn sie spätestens alle 26 Monate durchgeführt wird. Dieser Zeitraum wurde regelmäßig auf weniger als 24 Monate verkürzt, da den Unternehmen die Koordination der Termine überlassen wurde.

2.4 Einsparpotenzial

Die Wartungsarbeiten bei mehr als 600 Aufzügen müssen dem Wettbewerb unterstellt werden. Dadurch ließen sich jährlich mindestens 420.000 Euro einsparen.

Werden die bisherigen 200 Einzelverträge für Notrufaufschaltungen auf Rahmenverträge umgestellt, können jährlich 50.000 Euro eingespart werden.

Die meisten Verträge für sicherheitstechnische Prüfungen stammen noch aus der Zeit des TÜV-Monopols. Durch gebündelte Ausschreibungen dieser Leistungen entstünde ein Einsparpotenzial von mindestens 30.000 Euro je Jahr.

3 Empfehlungen

3.1 Leistungen regelmäßig und gebündelt ausschreiben

Die Leistungen zur Wartung, Prüfung und Notrufaufschaltung müssen regelmäßig alle vier bis sechs Jahre dem Wettbewerb unterstellt werden. Indem die Ausschreibungen bezirksweise gebündelt werden, wird am Markt ein günstigerer Preis erzielt.

3.2 Wartungs- und Prüfungsintervalle steuern

Der Landesbetrieb muss in den Verträgen wirtschaftlich sinnvolle Abstände der Intervalle für die Wartungen und Prüfungen von Aufzügen verbindlich vorgeben. Das Controlling der Verträge zur Wartung, Prüfung und Notrufaufschaltung muss an einer Stelle im Landesbetrieb so organisiert sein, dass zentral überprüft und gesteuert werden kann.

4 Stellungnahme des Ministeriums

Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft bestätigt größtenteils die vom Rechnungshof dargestellten Prüfungsergebnisse und Empfehlungen.

Vom Landesbetrieb Vermögen und Bau seien bereits Maßnahmen zur wirtschaftlichen Unterhaltung von Aufzügen in Landesgebäuden veranlasst worden. Landesweite Best-Practice-Ansätze würden dabei aufgegriffen und umgesetzt. Der Schwerpunkt des technischen Gebäudemanagements hätte in den letzten Jahren allerdings in der energetischen Sanierung der Landesgebäude gelegen.

Wartungsleistungen sollen von allen Ämtern gebündelt ausgeschrieben und vergeben, Wartungsintervalle sollen vereinheitlicht werden.


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Einzelplan 13: Ministerium für Verkehr und Infrastruktur

Die Straßenbauverwaltung des Landes hat für Streckenbeeinflussungsanlagen an den Bundesautobahnen A 8 und A 81 zusätzliche Zeichen für 1 Mio. Euro beschafft. Sie wurden mit Mitteln des Landes erworben. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur als Träger der Straßenbaulast sieht keine Notwendigkeit für die zusätzlichen Zeichen und unterstützt einen Probebetrieb nicht. Die zusätzlichen Zeichen haben keinen erkennbaren Nutzen. Die Investitionen des Landes sind dem Grunde nach verloren.


1 Ausgangslage

Im Auftrag des Bundes verwalten die Länder die Bundesfernstraßen. Der Bund trägt die Bauausgaben als Baulastträger. Für Zweckausgaben bei der Auftragsverwaltung - Planung, Entwurfsbearbeitung und Bauaufsicht - werden die Länder vom Bund mit 3 Prozent der Bauausgaben abgegolten.

In der Auftragsverwaltung plante und errichtete die Straßenbauverwaltung des Landes seit 2007 an den Bundesautobahnen A 8 und A 81 jeweils eine Streckenbeeinflussungsanlage mit 45 beziehungsweise 33 Anzeigequerschnitten. Damit ist eine dynamische, an die jeweilige Verkehrs- und Gefahrensituation angepasste Anzeige möglich (siehe Abbildung).

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Die Anzeigequerschnitte sind im Abstand von eineinhalb bis zwei Kilometern auf der zu beeinflussenden Strecke aufgestellt. Sie bestehen aus Wechselverkehrszeichen, die in der Straßenverkehrsordnung festgelegt sind. Das Bundesverkehrsministerium weist darauf hin, dass Häufungen von Verkehrszeichen gemäß § 39 Ziffer 11 der Straßenverkehrsordnung zu vermeiden sind.

Die Streckenbeeinflussungsanlagen des Bundes wurden anders als bei der klassischen Auftragsverwaltung über das EU-Programm „Telematik im Straßenwesen - EasyWay“ finanziert. Bei diesen internationalen Projekten haben die Länder einen besonderen Aufwand, der über die reguläre Auftragsverwaltung hinausgeht. Deshalb werden die Fördermittel zwischen dem Bund und den an den EU-Projekten beteiligten Ländern aufgeteilt. Baden-Württemberg erhielt 1,2 Mio. Euro, um die zusätzlichen Personal- und Dienstleistungsausgaben für Planung sowie Bauüberwachung abzudecken.

Im Laufe der Planung beziehungsweise der Ausschreibung entschloss sich die Straßenbauverwaltung des Landes, 32 Anzeigenquerschnitte der Streckenbeeinflussungsanlagen des Bundes mit einem weiteren Zeichen für frei programmierbare LED-Textanzeigen auszurüsten. Das Ministerium bezeichnete die Zusatzzeichen in einem Schreiben an das Bundesverkehrsministerium vom Oktober 2011 als „dringend notwendig, da sie eine Lenkung des Verkehrs insbesondere bei Fahrverboten in den Luftreinhalteplangebieten im Großraum Stuttgart sowie eine flexible ‚Bewirtschaftung‘ der Bedarfsumleitungsstrecken ermöglichen“.

Die Zusatzzeichen mit Textinhalten sind keine Verkehrszeichen nach der Straßenverkehrsordnung. Sie können allenfalls der Verkehrsinformation dienen. Die Zusatzzeichen dürfen die Verkehrssicherheit nicht gefährden und nur dort angebracht werden, wo sie nicht mit zugelassenen Verkehrszeichen zu verwechseln sind oder deren Wirkung beeinträchtigen.

2 Prüfungsergebnisse

2.1 Kein Bedarf für zusätzliche Textanzeige

Die zusätzlichen Zeichen wurden von der Straßenbauverwaltung des Landes ohne Auftrag des Bundesverkehrsministeriums beschafft. Der Bund lehnt eine Ausgabenverantwortung für die Investitionen der zusätzlichen Zeichen von 1 Mio. Euro ab.

Ungeachtet der beabsichtigten Finanzierung mit Landesmitteln stimmte das Bundesverkehrsministerium im Oktober 2011 dem Vergabevorschlag des Landes für die Streckenbeeinflussungsanlage an der A 81 nur unter der Maßgabe zu, dass von den zusätzlichen Zeichen abgesehen wird. Der Bund wies auf eine einvernehmlich zwischen Bund und Ländern getroffene Regelung hin, wonach Textanzeigen nicht an Bundesfernstraßen anzubringen sind, da sie sich negativ auf die Verkehrssicherheit auswirken könnten.

Die Streckenbeeinflussungsanlage an der A 81 wurde vom Land dennoch 2011 mit den zusätzlichen Zeichen vergeben. Die Streckenbeeinflussungsanlage an der A 8 war mit den zusätzlichen Zeichen damals bereits im Bau. Beide Streckenbeeinflussungsanlagen sind gebaut. Die Anlage an der A 8 ist seit mehr als einem Jahr ohne zusätzliche Zeichen in Betrieb. Die Inbetriebnahme der Anlage an der A 81 erfolgte - ebenfalls ohne die zusätzlichen Zeichen - im März 2014.

Um die Positionen abzuklären, stimmte das Bundesverkehrsministerium mit dem Land ab, die Bundesanstalt für Straßenwesen mit einem Gutachten zu wahrnehmungspsychologischen Aspekten von LED-Textanzeigen zu beauftragen. Bund und Land vereinbarten einen einjährigen Probebetrieb mit den zusätzlichen Zeichen an der A 8, sofern die Ergebnisse des Forschungsauftrags dem nicht entgegenstehen.

Die Gutachter kamen im März 2013 zu dem Schluss, dass die zusätzlichen Zeichen an Bundesfernstraßen in Deutschland nicht empfohlen werden können. Denn diese entsprechen nicht den Vorgaben der Straßenverkehrsordnung und werfen erhebliche Sicherheitsbedenken auf.

Die Probleme, die der Bund durch das Anbringen der zusätzlichen Zeichen in unmittelbarer Nähe zu den zugelassenen drei Wechselverkehrszeichen erkennt, konnten seit den ersten Diskussionen mit dem Bund vor mehr als zwei Jahren von der Straßenbauverwaltung des Landes nicht vollständig ausgeräumt werden.

Das Bundesverkehrsministerium teilte im April 2014 dem Ministerium für Verkehr und Infrastruktur mit, dass es „nach fachlicher und verkehrsrechtlicher Prüfung keinen grundsätzlichen Mehrgewinn bei der Anzeige der (vom Land) vorgeschlagenen Textinhalte gegenüber den üblichen Wechselverkehrszeichen sieht. Die Textinhalte sind entbehrlich. Fünf der Textinhalte haben darüber hinaus einen negativen Einfluss auf die Verkehrssicherheit. Sechs der Textinhalte sind aus verkehrlicher Sicht lediglich neutral zu bewerten (z. B. „Tunnel gesperrt“, „fehlende Fahrbahnmarkierung“).“ Das Bundesverkehrsministerium erkennt weiterhin keinen Bedarf für eine zusätzliche Textanzeige zur Verkehrsbeeinflussung. „Daher entfällt für das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur die Notwendigkeit, einen Probebetrieb zu unterstützen“.

2.2 Kein Gesamtkonzept für den Einsatz der zusätzlichen Zeichen

Die Straßenbauverwaltung des Landes hatte nicht geklärt, in welcher Weise die zusätzlichen Zeichen für die Verkehrsinformation und die Verkehrssteuerung im Großraum Stuttgart genutzt werden sollen. So sind die Luftreinhaltepläne im Ballungsgebiet Stuttgart großräumig ausgelegt. Sie betreffen aber in der Regel die Einfallstraßen in die städtischen Bereiche, da hier die hohen Feinstaubwerte sowie andere Luft- und Lärmbelastungen gemessen werden. Welche Informationen zur Verkehrssituation in der Innenstadt dem Stuttgart umfahrenden Fernverkehr auf der A 8 und A 81 dazugegeben werden sollen, hat das Ministerium nicht dargelegt. Ein schlüssiges Gesamtkonzept für eine Verkehrsinformation liegt bis heute nicht vor.

Der Entscheidung der Straßenbauverwaltung, die bundeseigenen Streckenbeeinflussungsanlagen mit zusätzlichen Zeichen auszustatten, lagen keine lichttechnischen oder wahrnehmungspsychologischen Untersuchungen zugrunde. Fundierte Erkenntnisse lieferte erst zwei Jahre später das Gutachten der Bundesanstalt für Straßenwesen. Die Straßenbauverwaltung hatte es als ausreichend angesehen, dass die zusätzlichen Zeichen aus ihrer Sicht innovativ waren.

2.3 Finanzierung der zusätzlichen Zeichen an Bundesautobahnen mit Landesmitteln

Im Landeshaushalt gibt es keine Ermächtigung und keine Mittel für Projekte an Bundesfernstraßen. Auch für zusätzliche Verkehrsinformationen, die das Land den Verkehrsteilnehmern an Bundesfernstraßen zur Verfügung stellen möchte, sind keine Mittel etatisiert.

Daher wurden die EU-Fördermittel eingesetzt, um die zusätzlichen Zeichen zu finanzieren. Diese Fördermittel wurden jedoch für den zusätzlichen personellen und planerischen Aufwand der Straßenbauverwaltung bei dem EU-Programm „EasyWay“ vom Bund dem Land zugewiesen („Dienstleistungen Dritter im Auftrag der Europäischen Union“).

Durch die gegenseitige Deckungsfähigkeit der Titel im Landesstraßenhaushalt wurden die Aufwendungen für die zusätzlichen Zeichen letztendlich zulasten der Erhaltungsmittel für Landesstraßen ausgegeben. Dies trifft im Übrigen auch für zukünftige Betriebs- und Wartungskosten der zusätzlichen Zeichen zu.

3 Empfehlungen

Das Land sollte grundsätzlich keine Aufwendung übernehmen, für die der Bund als Straßenbaulastträger zuständig ist.

Unabhängig von der Frage der Kostentragung sind für zusätzliche Verkehrsinformationen an Bundesfernstraßen nachvollziehbare Konzeptionen und eine realistische Einschätzung des Nutzens erforderlich.

Für zusätzliche Investitionen des Landes an Bundesfernstraßen, die der Bund nicht bereit ist zu finanzieren, ist eine Ermächtigung im Staatshaushaltsplan erforderlich. Die Kosten dafür sind im Staatshaushaltsplan transparent zu veranschlagen.

4 Stellungnahme des Ministeriums

Das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur ist unverändert der Auffassung, dass der Einsatz der zusätzlichen Textanzeigen auf den hochbelasteten Autobahnen im Großraum Stuttgart sinnvoll und notwendig sei. Das Ministerium legt dar, dass es Angelegenheit der Länder sei, im Rahmen der Leistungsverwaltung Verkehrsinformationen bereitzustellen. Die Beschaffung sei mit Haushaltsmitteln des Landes erfolgt, eine Zustimmung des Bundes wäre insofern nicht notwendig gewesen.

Die zusätzlichen Textanzeigen sollen, so das Ministerium, die Verkehrsteilnehmer über besondere Ereignisse in den betreffenden Streckenabschnitten warnen und informieren. Dadurch würden sie einen Beitrag zur Verbesserung der Verkehrssicherheit leisten.

Das Ministerium beabsichtigt, die zusätzlichen Textanzeigen zur Verkehrsinformation der Verkehrsteilnehmer mit den vom Bundesverkehrsministerium aus verkehrlicher Sicht als neutral bewerteten Textinhalten baldmöglichst in Betrieb zu nehmen.

5 Schlussbemerkung

Die Auffassung des Rechnungshofs wird durch das Bundesverkehrsministerium bestätigt. Es unterstützt weder einen Probebetrieb, noch übernimmt es die Finanzierung der zusätzlichen Zeichen, da es in ihnen keinen Mehrwert gegenüber den üblichen Wechselverkehrszeichen erkennt.

Lediglich das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur hält die zusätzlichen Textanzeigen für eine wesentliche Verkehrsinformation. In welcher Weise Textanzeigen wie „Rettungsgasse freihalten“ oder „fehlende Fahrbahnmarkierung“ zu mehr Verkehrssicherheit, weniger Staus und geringerer Luftverschmutzung beitragen können, erschließt sich nicht.


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