Denkschrift 2004

1 Vorwort

Die Denkschrift stellt die wesentlichen Ergebnisse von Prüfungen des RH und der staatlichen Rechnungsprüfungsämter aus den Jahren 2003/2004 dar. Sie enthält damit die Informationen, die für die Entlastung der Landesregierung von Bedeutung sind. In ihr wird zwar eine Vielzahl von Einzelfeststellungen aufgezeigt, dennoch soll sie kein abschließender Bericht der Finanzkontrolle über ihre Tätigkeit für diesen Zeitraum sein. Aus diesen Einzeldarstellungen lassen sich auch keine allgemeinen Schlüsse zur Qualität der Landesverwaltung herleiten.

Im Berichtszeitraum hat der RH eine Beratende Äußerung vorgelegt. Am 02.02.2004 veröffentlichte er seine Untersuchung zu der „Förderung der Spitzenverbände der Liga der freien Wohlfahrtspflege“ (Drs. 13/2896). Danach sollte diese Förderung transparenter gestaltet sein.

In der Denkschrift 2004 legt der RH ein breites Spektrum an Maßnahmen und Empfehlungen dar, die zur Entlastung des Haushaltes mit beitragen können. So wird ein Potenzial an Personaleinsparungen von mehr als 320 Stellen, die Verbesserung der Steuereinnahmen von jährlich rd. 45 Mio. € und anhand verschiedener Beispiele die Möglichkeit aufgezeigt, durch veränderte Vorgehensweisen zusätzlich mehr als 38 Mio. € einzusparen; davon könnten jährlich rd. 28 Mio. €, weitere 10 Mio. € einmalig erbracht werden. Darüber hinaus werden Empfehlungen zur Verbesserung der Haushalts- und Wirtschaftsführung ausgesprochen, die zu weiteren erheblichen Einsparungen von Haushaltsmitteln oder zu deren effizienteren Verwendung führen können.

Die Konsolidierung des Landeshaushaltes, wie sie auch mit der anstehenden Verwaltungsstruktur-Reform unterstützt werden soll, ist dringend geboten. Von der Krise der öffentlichen Haushalte bleibt auch das Land Baden-Württemberg nicht verschont. Im Jahr 2003 betrug die haushaltsmäßige Nettokreditaufnahme des Landes 2,04 Mrd. € und liegt damit um rd. 174 Mio. € über der des Vorjah-res (Nr. 3). Beim Vergleich der Pro-Kopf-Verschuldung liegt das Land weiterhin auf dem dritten Platz aller Flächenländer. Die Ergebnisse der Haushaltsberatungen für das Jahr 2004 zeigen, dass das Land auf einen verfassungswidrigen Haushalt zutreibt, wenn es der bisherigen Haushaltspolitik stetiger Nettoneuverschuldung nicht energisch und wirkungsvoll entgegentritt. Infolge der Erhöhung des Schuldenstandes sind auch die Zinsausgaben gestiegen. Hier ist mit weiteren Erhöhungen zu rechnen, da ungewiss ist, wie lange das derzeit äußerst niedrige Zinsniveau noch anhalten wird; die aktuellen Trends deuten auf einen Anstieg hin. Angesichts der wirtschaftlichen Rahmendaten hat die Landesregierung das Ziel eines Haushalts ohne Nettoneuverschuldung auf das Jahr 2008 verschoben. Der eingeschlagene Weg, Verwaltungsstrukturen wirtschaftlich und kostengünstiger zu gestalten sowie die Haushalts- und Wirtschaftsführung zu verbessern, muss weiter beschritten werden, um den Landeshaushalt nachhaltig sanieren zu können.

In Zeiten knapper Mittel muss das Land versuchen, die internen Kosten, die bei der Erbringung einer Verwaltungsleistung infolge des Einsatzes von Personal und Sachmitteln entstehen, weiter zu senken. Beiträge zu verschiedenen Verwaltungssektoren zeigen dafür ein erhebliches Potenzial auf. Durch eine stärkere Konzentration bei der Festsetzung der Reisekostenvergütung und durch Einsatz eines integrierten DV-Verfahrens können allein bei den Abrechnungsstellen bis zu 118 Personalstellen abgebaut werden (Nr. 7). Rund 200 Stellen lassen sich bei der Landesforstverwaltung einsparen, wenn dort die Verwaltungsarbeit mithilfe des für diese Verwaltung entwickelten Software-Systems verbessert wird und organisatorische Änderungen erfolgen (Nr. 15). Durch eine Zurückführung der Studienplätze bei der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe auf den ursprünglich vorgesehenen Umfang könnten die Personalkosten so vermindert werden, dass dort finanzieller Spielraum für notwendige Ersatzinvestitionen entsteht und letztlich die Existenzfähigkeit der Hochschule gesichert wird (Nr. 26). Ebenso könnten durch organisatorische Maßnahmen die Umweltbildung (Nr. 17), die Gebäudereinigung bei Landesbehörden (Nr. 6) sowie das Gebäudemanagement in den Zentren für Psychiatrie (Nr. 16) wirtschaftlicher werden.

Die angespannte Haushaltslage gebietet es, mit Vermögen des Landes und mit Steuermitteln sorgsam umzugehen. Dieser Grundsatz wird, wie verschiedene Beispiele in der Denkschrift belegen, nicht immer beachtet. Einerseits sollte das Land sein finanzielles Engagement bei Beteiligungen an privaten Gesellschaften auf den Umfang beschränken oder zurückführen, der für die Wahrnehmung der Landesinteressen erforderlich ist (Nr. 13). Gegebenenfalls sollte auch ein Rückzug aus der Gesellschaft erwogen werden, wenn sie ihre ursprünglich vorgegebenen Geschäftsziele nicht zu erreichen vermag (Nr. 14). Eine solche Zurückhaltung bei Beteiligungen sollte auch für Universitätsklinika des Landes gelten, die sich an privaten Gesellschaften beteiligen (Nr. 23). Andererseits sollten Steuermittel angemessen eingesetzt werden. So sollte bei persönlichen Verfügungsmitteln darauf geachtet werden, dass die Höhe des Aufwands in einem angemessenen Verhältnis zum jeweiligen Anlass steht. Gepflogenheiten in Bereichen außerhalb des öffentlichen Dienstes sind dabei kein geeigneter Maßstab. Dies gilt insbesondere bei der Inanspruchnahme von Verfügungsmitteln für Bedienstete der eigenen Behörde oder des eigenen Geschäftsbereichs (Nr. 4).

Das Thema „Personal“ wird in verschiedenen Beiträgen der Denkschrift angesprochen. Dabei wird aufgezeigt, dass auch bei einem verringerten Personalbudget ausreichend Möglichkeiten bestehen, Höhergruppierungen für Tarifbeschäftigte der Polizei in angemessenem Umfang durchzuführen (Nr. 10). Ferner wird dargelegt, dass sich bei sachgerechtem Einsatz von fachkundigem eigenem Personal Aufwendungen in erheblichem Umfang vermeiden ließen. Dies gilt bei der Beauftragung von externen Beratern für die Entwicklung von DV-Systemen, obwohl sachkundige Mitarbeiter verfügbar wären (Nrn. 5 und 9). Ähnliches gilt, wenn die Dienststellen des Landes die Prozessvertretung auch dann einem Rechtsanwalt übertragen, wenn dessen Hinzuziehung nicht zwingend vorgeschrieben ist; stattdessen sollte die Prozessvertretung mit eigenem Fachpersonal wahrgenommen werden (Nr. 8).

Erneut finden sich auch Beispiele dafür, dass der Einsatz der Datenverarbeitung in der Landesverwaltung wirtschaftlich weiter verbessert werden kann, aber auch muss. So sollte ein nunmehr funktionsfähiges DV-System für die Personalverwaltung möglichst von allen personalverwaltenden Stellen im Land eingesetzt werden, damit sich dessen hohe Entwicklungskosten letztlich auch rentieren (Nr. 5). Rationalisierungspotenziale, die sich aus dem Einsatz standardisierter Soft- und Hardware in der Verwaltung ergeben, sollten bei einer weiteren Konzentration der DV-Betreuung ausgeschöpft werden (Nr. 9). An den Kosten von DV-Leistungen, die Einrichtungen des Landes im Interesse Dritter erbringen, sollten diese Nutznießer angemessen beteiligt werden. Bei der Beschaffung und Finanzierung von DV-Anlagen sollte es selbstverständlich sein, dass die haushaltsrechtlichen Vorgaben berücksichtigt werden (Nr. 25).

Ein weiteres Schlaglicht der Denkschrift gilt dem Zuwendungsbereich. Förderprogramme sollten angesichts geänderter Rahmenbedingungen immer wieder auf ihre Sinnhaftigkeit hinterfragt werden. Förderkriterien sollten klarer formuliert und die Förderquoten zeitnah an die tatsächlichen Verhältnisse herangeführt werden. Auch ist einzufordern, dass die Empfänger von Zuwendungen mit dem überlassenen Geld sorgsam umgehen. Dies dokumentieren die Beiträge Förderung der Kulturarbeit nach dem Bundesvertriebenengesetz (Nr. 11), Förderung einer Bike+Ride-Anlage (Nr. 18), Absenkung von Fördersätzen bei Wasserverbänden (Nr. 20), Doppelvergütung von Planungsleistungen (Nr. 24) sowie Erhöhungsantrag für den Ausbau einer Schieneninfrastruktur (Nr. 19).

Die Einnahmen des Landes aus Steuern und Gebühren könnten weiter gesteigert werden, wenn das jeweilige Erhebungsverfahren verbessert, Prüfmöglichkeiten wahrgenommen und vom Gesetz im Regelfall vorgesehene gebührenpflichtige Amtshandlungen vorgenommen werden. Dies zeigen die Beiträge Besteuerung von ausländischen Einkünften (Nr. 21), Arbeitsweise der Lohnsteuer-Außenprüfung (Nr. 22) und Einnahmen im Nachlassbereich (Nr. 12).

2 Parlamentarische Beratung der Denkschrift 2003

Die parlamentarische Beratung der Denkschrift 2003 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes Baden-Württemberg mit Bemerkungen zur LHR 2001 (Drs. 13/2246) ist abgeschlossen: Der Landtag von Baden-Württemberg hat in seiner 57. Sitzung am 17.12.2003 der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zur Denkschrift 2003 (Drs. 13/2700) unverändert zugestimmt und die Landesregierung ersucht, bestimmte Maßnahmen zu treffen und ihm hierüber zu berichten (§ 114 Abs. 2 und 4 LHO). Einzelheiten zum Verfahrensstand ergeben sich aus der Zusammenstellung der dem Landtag noch zuzuleitenden Berichte der Landesregierung, vgl. die Anlage zu dieser Denkschrift.

In dieser Sitzung hat der Landtag auch die in der LHR 2001 nachgewiesenen üpl. und apl. Ausgaben sowie die in der Übersicht 1 A dargestellten Abweichungen von den Stellenübersichten - unter Berücksichtigung etwaiger ein-schlägiger Feststellungen des RH - nachträglich genehmigt und der Landesregierung Entlastung erteilt (Drs. 13/2702).

Schließlich hat der Landtag in dieser Sitzung beschlossen, den Präsidenten des RH hinsichtlich der Rechnung des RH für das Hj. 2001 nach § 101 LHO zu entlasten (Drs. 13/2701).


Anhänge

Der Rechnungshof hat keine für die Entlastung der Landesregierung wesentlichen Abweichungen zwischen den in der Landeshaushaltsrechnung 2002 und in den Büchern aufgeführten Beträgen festgestellt. Die geprüften Einnahmen und Ausgaben sind - von wenigen Einzelfällen abgesehen - ordnungsgemäß belegt.


1 Vorlage und Gestaltung der Landeshaushaltrechnung

Aufgrund von Art. 83 Abs. 1 Landesverfassung und § 114 Abs. 1 LHO hat das FM dem Landtag mit Schreiben vom 22.01.2004 die Landeshaushaltsrechnung (LHR) für das Haushaltsjahr (Hj.) 2002 als Grundlage für die Entlastung der Landesregierung vorgelegt (Drs. 13/2833).

Die LHR ist entsprechend den Vorschriften der §§ 81 - 86 LHO gestaltet. Sie enthält alle in § 81 Abs. 1 und 2 LHO vorgeschriebenen Angaben für den Nachweis der bestimmungsgemäßen Ausführung des StHPl. Die finanziellen Gesamtergebnisse der Haushaltsführung sind in

  • einem kassenmäßigen Abschluss gemäß § 82 LHO (Ist-Ergebnisse ohne Haushaltsreste),
  • einem Haushaltsabschluss gemäß § 83 LHO (Ist-Ergebnisse zuzüglich Haushaltsreste) und
  • einer Gesamtrechnung (Soll-Ist-Vergleich, Gesamtsummen der Epl.)

dargestellt.

Der kassenmäßige Abschluss, der Haushaltsabschluss und die Gesamtrechnung sind entsprechend § 84 LHO auf S. VIII der LHR erläutert. Die in § 85 Abs. 1 LHO genannten Übersichten sind der LHR beigefügt (S. 1059 - 1084 und S. 1093 - 1096); weitere Erläuterungen über den Haushaltsvollzug enthalten die besonderen Übersichten auf den S. XXXVI - LXXIV.

2 Ergebnisse der Landeshaushaltsrechnung 2002

Der kassenmäßige Abschluss und der Haushaltsabschluss der LHR sind in der Übersicht 1 zusammengefasst dargestellt.

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Die nach Art. 84 Satz 1 Landesverfassung hierfür erforderlichen Kreditermächtigungen ergeben sich aus § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 StHG 2002/2003 i. V. m. § 18 Abs. 3 Satz 1 LHO.

3 Feststellungen nach § 97 Abs. 2 Nr. 1 LHO

Der RH hat die Ordnungsmäßigkeit der LHR für das Hj. 2002 mit Unterstützung des StRPA Stuttgart geprüft. Die in der LHR aufgeführten Beträge der Einnahmen und Ausgaben stimmen mit den in den Rechnungslegungsbüchern nachgewiesenen Beträgen überein. In den geprüften Rechnungen sind keine Einnahmen oder Ausgaben festgestellt worden, die nicht belegt waren; etwaige Ordnungsverstöße wurden mit den betroffenen Ressorts erörtert.

4 Druck- und Darstellungsfehler

Bei der Gesamtrechnungsprüfung hat der RH keine wesentlichen Druck- und Darstellungsfehler in der LHR feststellen können.

5 Haushaltsüberschreitungen

Über- und außerplanmäßige Ausgaben bedürfen der vorherigen Zustimmung des FM, die nur im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses erteilt werden darf. Die üpl. Ausgaben samt Vorgriffen sowie die apl. Ausgaben sind in der LHR einzeln nachgewiesen und in der Übersicht 1 (S. 1059 - 1084) zusammengestellt und begründet. Sie betragen insgesamt rd. 101 Mio. € (Vorjahr: rd. 149 Mio. €). Hiervon entfallen

  • 28 Mio. € auf Mehrausgaben für die Förderung von Schülern und Studierenden nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz; die Mehrausgaben sind teilweise Bundesmittel,

 

  • 16 Mio. € auf Mehrausgaben für gesetzliche Leistungen an Träger der Jugendhilfe wegen gestiegener Fallzahlen,

 

  • 13 Mio. € auf Mehrausgaben für Wohngeldleistungen.

Der Anteil der Personalausgaben am Gesamtbetrag der üpl. und apl. Ausgaben und Haushaltsvorgriffe des Hj. 2002 beträgt 6 Mio. € (Vorjahr: 44 Mio. €).

Mit Schreiben vom 12.08.2003 teilte das FM gemäß § 7 Abs. 4 StHG 2002/03 die üpl. und apl. Ausgaben des Kalenderjahres 2002 von mehr als 100.000 € im Einzelfall dem Landtag mit (Drs. 13/2381). Der Finanzausschuss des Landtags hat die Mitteilung in seiner 26. Sitzung am 16.10.2003 zur Kenntnis genommen.

Nach den Ergebnissen der Rechnungsprüfung lag bei den üpl. und apl. Ausgaben von 500 € und mehr im Hj. 2002 in 79 Fällen die Einwilligung des FM nicht vor. Die Summe dieser Haushaltsüberschreitungen beträgt rd. 4 Mio. € (Vorjahr: rd. 3 Mio. €). Auf Personalausgaben entfallen insgesamt rd. 1 Mio. €.

Die vom FM bewilligten Abweichungen von den Stellenübersichten sind in der LHR, Übersicht 1 A, S. 1085 - 1092, dargestellt und begründet.

Die üpl. und apl. Ausgaben bedürfen nach Art. 81 Satz 3 Landesverfassung der Genehmigung des Landtags. Diese wurde, zugleich für die Abweichungen von den Stellenübersichten, vom FM im Zusammenhang mit der Vorlage der LHR (s. Pkt. 1) beantragt.

6 Buchungen an unrichtiger Stelle

Der RH hat bei stichprobenweiser Prüfung Fälle von Buchungen an unrichtiger Haushaltsstelle - sog. Titelverwechslungen - festgestellt, die auf Versehen der Verwaltung beruhen (Verstöße gegen § 35 Abs. 1 LHO). Sie haben eine relativ geringe Bedeutung für das Gesamtbild des Landeshaushalts. Auf den in Abschnitt III, Beitrag Nr. 25, dargestellten Fall wird hingewiesen.

Die Titelverwechslungen sind - soweit dadurch die veranschlagten Mittel um mehr als 1.000 € über- oder unterschritten worden sind - in der Übersicht 2 dargestellt.

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Bei richtiger Buchung wären die in der LHR nachgewiesenen üpl. und apl. Ausgaben um 221.762 € niedriger gewesen. Bei der Veränderung der Ausgaben um insgesamt 33.309 € handelt es sich um verdeckte Haushaltsüberschreitungen, weil bei richtiger Buchung Mehrausgaben entstanden wären; sie bedürfen ebenfalls der Genehmigung des Landtags, s. Pkt. 5.


Anhänge

Der Haushalt 2002 wurde nach den Vorgaben des Staatshaushaltsplans vollzogen.


1 Haushalts-Soll und Haushalts-Ist 2002

Der Landeshaushaltsrechnung (LHR) für das Haushaltsjahr (Hj.) 2002 liegt das Gesetz über die Feststellung des StHPl. für die Hj. 2002 und 2003 vom 06.02.2002 (Gesetzblatt für Baden-Württemberg S. 77) zugrunde.

Danach war der StHPl. 2002 in Einnahme und Ausgabe auf 30.954.002.400 € festgestellt. Aufgrund von § 5 LHO und § 15 StHG 2002/03 hat das FM mit Rundschreiben vom 07.03.2002 (Gemeinsames Amtsblatt des Landes Baden-Württemberg S. 209) die zur Ausführung des StHPl. 2002 erforderlichen Anordnungen erlassen.

Das rechnungsmäßige Jahresergebnis 2002 (Ist + Reste 2002) weist gegenüber dem Haushalts-Soll (Haushaltsansatz + Reste 2001) einen Fehlbetrag aus.

Mindereinnahmen 1.287.315.403,93 €
Minderausgaben 191.739.171,90 €
Fehlbetrag 1.095.576.232,03 €

Wie sich die Mindereinnahmen und die Minderausgaben aus den Teilergebnissen der Epl. zusammensetzen, ergibt sich aus der LHR, Spalte 10 der Anlage 1 zur Gesamtrechnung, S. XXXII und XXXIII sowie den Erläuterungen hierzu auf den S. XXXVI bis XLI.

2 Jahresvergleich

Die Übersichten 1 und 2 vermitteln einen Überblick über die Entwicklung der Ausgabe-Ansätze, der Gesamt-Ist-Ausgaben sowie der Ist-Ausgaben je Hauptgruppe und je Epl. Zur Übersicht 1 wird darauf hingewiesen, dass die Drittmittel der Universitäten seit dem Jahr 2000 nicht mehr im Soll veranschlagt sind. Die Gliederung nach Hauptgruppen entspricht dem für Bund und Länder einheitlichen Gruppierungsplan (§ 10 Abs. 2 HGrG und § 13 Abs. 2 LHO).

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Von 1994 bis 2003 stiegen die Gesamt-Ist-Ausgaben um 7,8 % und die Personalausgaben um 19,5 %.

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3 Globale Minderausgaben

Für das Hj. 2002 waren globale Minderausgaben bei Kap. 1212 Tit. 972 01 in Höhe von 51.129.200 € veranschlagt; sie verteilen sich auf die Epl. wie in der Übersicht 3 dargestellt.

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Über die Einsparungen bei den Sachausgaben - Haushaltsgruppen 5 bis 8 - wurden von den Ressorts Nachweise erbracht.

4 Haushaltsreste und Vorgriffe

4.1 Haushaltsjahr 2002

Beim Abschluss der LHR für das Hj. 2002 sind folgende Reste in das Hj. 2003 übertragen worden:

Einnahmereste 1.084.406.228,99 €
Ausgabereste 1.157.632.799,70 €
Mehrbetrag Ausgabereste 73.226.570,71 €

Auf die Angaben über die Zusammensetzung der Einnahmereste (Beitrag Nr. 1 Pkt. 2) und die Aufgliederung der Ausgabereste auf den S. XLII - XLIV der LHR für das Hj. 2002 wird hingewiesen.

Das FM hat dem Finanzausschuss des Landtags mit Schreiben vom 12.08.2003 gemäß § 7 Abs. 5 StHG 2002/03 die in das Hj. 2003 übertragenen Ausgabereste mitgeteilt. Der Finanzausschuss hat hiervon in seiner 26. Sitzung am 16.10.2003 Kenntnis genommen.

Wie in den Vorjahren war die Landesregierung nach § 9 Abs. 2 StHG 2002/03 ermächtigt, unverbrauchte Mittel aus übertragbaren Bewilligungen (Ausgabereste) in Abgang zu stellen; sie hat diese Ermächtigung im Umfang von 74 Mio. € ausgeschöpft.

4.2 Jahresvergleich

Die Übersichten 4 und 5 zeigen, wie sich die Haushaltsreste in den letzten Jahren entwickelt haben. Bei den Einnahmeresten handelt es sich im Wesentlichen um die noch nicht verbrauchten Kreditermächtigungen.

Die Höhe der Haushaltsreste 2003 stand bei Abschluss der Denkschriftberatungen noch nicht fest.

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Im Hj. 2001 sind in den Ausgaben für Investitionen und in den Gesamtausgaben auch die Ausgaben für den Erwerb von stillen Beteiligungen an der Landesbank Baden-Württemberg in Höhe von 1.009,7 Mio. € enthalten.


Anhänge

Der Schuldenberg des Landes einschließlich der sog. verlagerten Verpflichtungen ist zum Ende des Jahres 2003 auf 38,1 Mrd. € gestiegen. Die haushaltsmäßige Nettokreditaufnahme belief sich im Hj. 2003 auf rd. 2 Mrd. €.


1 Schuldenentwicklung

1.1 Die Gesamtverschuldung des Landes ist im Hj. 2003 erneut beträchtlich angestiegen. Die Landesschulden und verlagerten Verpflichtungen haben sich wie folgt verändert:

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Im Laufe des Jahres 2003 nahm das Land aufgrund der Ermächtigung im StHG Kassenverstärkungskredite an 53 Tagen (Vorjahr 130 Tage) in Anspruch; mit 703,0 Mio. € war vom 05. bis 08.12.2003 der höchste Stand der Kassenkredite zu verzeichnen. Am 31.12.2003 betrugen sie 235 Mio. €.

1.2 Die Schulden einschließlich der verlagerten Verpflichtungen sind 2003 um 2.414,1 Mio. € (821,7 Mio. € mehr als im Vorjahr) gestiegen (Schaubild 1).

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Im Hj. 2003 sind am Kapitalmarkt 5.110,5 Mio. € neue Darlehen aufgenommen worden. Gleichzeitig wurden 3.072 Mio. € getilgt. Die haushaltsmäßige Nettokreditaufnahme (Schaubild 2) war folglich 2003 mit 2.038,5 Mio. € um 174,8 Mio. € höher als im Vorjahr (1.863,7 Mio. €). Die haushaltsgesetzliche Kreditermächtigung von 2.039 Mio. € wurde somit nur geringfügig (0,5 Mio. €) nicht voll ausgeschöpft. Zum Ende des Hj. 2003 sind in Form von Einnahmeresten noch 942,2 Mio. € nicht in Anspruch genommene Kreditermächtigungen früherer Haushaltsjahre verblieben. Im Übrigen ist für den Kreditbedarf der nachfolgenden Haushaltsjahre von wesentlicher Bedeutung, dass der Landeshaushalt 2003 wie im Vorjahr erneut mit einem kassenmäßigen Fehlbetrag in Höhe von 274,5 Mio. € (Vorjahr 471,5 Mio. €) abgeschlossen hat.

Der gegenüber der Nettokreditaufnahme von 2.038,5 Mio. € um 259,5 Mio. € höhere Zuwachs der Kreditmarktschulden zum 31.12.2003 (2.298 Mio. €) ist darauf zurückzuführen, dass von den im Jahre 2003 valutierten Krediten 9 Mio. € bereits im Jahr 2002 gebucht waren und 250,5 Mio. € erst im Jahr 2004 haushaltsmäßig nachgewiesen werden.

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Die im Jahr 2003 um 49,6 Mio. € reduzierten Schulden gegenüber dem Bund und dem Lastenausgleichsfonds für den Wohnungsbau sind finanzwirtschaftlich nicht von Bedeutung, weil den Schuldendienstverpflichtungen entsprechende Einnahmen von den Darlehensnehmern gegenüberstehen.

Die Kreditfinanzierungsquote im Sinne des Anteils der Nettokreditaufnahme von 2.038,5 Mio. € an den bereinigten Gesamtausgaben (ohne die besonderen Finanzierungsvorgänge) in Höhe von 31.042 Mio. € ist gegenüber dem Vorjahr von 6,1 % um 0,5 Prozentpunkte auf 6,6 % gestiegen.

1.3 Die auf die Landeskreditbank Baden-Württemberg - Förderbank (L-Bank), die LEG Landesentwicklungsgesellschaft Baden-Württemberg mbH und die Finanzierungsgesellschaft für öffentliche Vorhaben des Landes Baden-Württemberg mbH verlagerten Verpflichtungen, für die das Land den Schuldendienst oder den Finanzierungsaufwand erstattet, haben sich um 165,8 Mio. € auf 806,6 Mio. € erhöht. Dies ist vor allem auf die vollständige Fremdfinanzierung der Kosten für die Einführung neuer Steuerungsinstrumente zurückzuführen.

2 Pro-Kopf-Verschuldung

Die Verschuldung des Landes am Kreditmarkt (einschließlich öffentliche Sondermittel) erhöhte sich zum 31.12.2003 auf 35.676,1 Mio. €. Die Pro-Kopf-Verschuldung betrug danach 3.345 € (Vorjahr 3.140 €) und ist gegenüber dem 31.12.2002 um 6,5 % gestiegen; in allen Flächenländern belief sie sich durchschnittlich - bei einer Steigerung um 7,6 % - auf 4.383 € (Vorjahr 4.073 €). Zur Pro-Kopf-Verschuldung im Einzelnen s. Schaubild 3 und Übersicht 1.

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Danach ist die Pro-Kopf-Verschuldung im Jahr 2003 in fast allen Ländern drastisch gestiegen. Wie bisher liegt Baden-Württemberg auf dem drittbesten Platz aller Flächenländer und weiterhin auf dem zweitbesten Platz der acht alten Flächenländer. Der Abstand zu Bayern, das seit langem die günstigste Pro-Kopf-Verschuldung aufweist, ist gegenüber dem Vorjahr aber erneut größer geworden. Andererseits hat sich der Abstand zu den nachfolgenden Ländern deutlich vergrößert.

3 Kreditaufnahme und Schuldendienst

Die Entwicklung der jährlichen (haushaltsmäßigen) Brutto- und Nettokreditaufnahme sowie der Aufwendungen für den Schuldendienst in den letzten zehn Jahren zeigt Übersicht 2.

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Danach war - bei Bereinigung des Kreditbedarfs im Hj. 2001 für den Erwerb einer stillen Beteiligung an der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) - im Hj. 2003 die höchste Nettokreditaufnahme im letzten Jahrzehnt und seit der Gründung des Landes überhaupt erforderlich.

Die Ist-Ausgaben des Schuldendienstes für die Kreditmarktmittel (Zinsen und Tilgungsleistungen bei Kap. 1206 Ausgabe-Tit.Gr. 86 - ohne Tit. 563 86 Ausgleichsstock -) waren im Hj. 2003 um 316,2 Mio. € niedriger als im Vorjahr. Dies ist auf geringere Tilgungsausgaben (-449,2 Mio. €) gegenüber dem Hj. 2002 zurückzuführen.

Die Zinsausgaben für die Kreditmarktschulden sind im Vergleich zum Hj. 2002 (1.675,9 Mio. €) um 133 Mio. € auf 1.808,9 Mio. € gestiegen (s. Übersichten 4 und 5). Danach betrug die Zinsausgabenquote als Verhältniszahl der Zinsausgaben zu den bereinigten Gesamtausgaben 5,8 % (Vorjahr 5,4 %).

Der Schuldendienst an die L-Bank und die Erstattung des Finanzierungsaufwands an die Finanzierungsgesellschaft für öffentliche Vorhaben des Landes Baden-Württemberg mbH sowie an die LEG belief sich im Hj. 2003 auf 131,3 Mio. €. Darin sind auch die Ersatzleistungen an die L-Bank für die Finanzierung des Darlehensanteils des Landes bei der Ausbildungsförderung für Studierende in Höhe von 21,9 Mio. € enthalten, die aus systematischen Gründen dem gesamten Schuldendienst zuzurechnen sind.

Die Ausgaben des Schuldendienstes für die Kreditmarktmittel und der Aufwand für die verlagerten Verpflichtungen beliefen sich im Hj. 2003 auf 5.012,2 Mio. €. Dementsprechend beträgt der Anteil des gesamten Schuldendienstes an den Gesamtausgaben (einschließlich der haushaltsmäßig nicht ausgewiesenen Tilgungsausgaben in Höhe von 3.072 Mio. €) des Landes 14,4 % (Vorjahr 15,5 %).

Der Aufwand für den Schuldendienst entsprach somit rd. einem Siebtel der Gesamtausgaben und war nach den Personalausgaben und den Ausgaben für Zuweisungen und Zuschüsse nach wie vor der drittgrößte Posten im Landesetat.

4 Kreditaufnahme und Investitionen

Nach Art. 84 der Landesverfassung dürfen die Einnahmen aus Krediten die Summe der im Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben für Investitionen nicht überschreiten. Im StHPl. waren für das Hj. 2003 Ausgaben für Investitionen (Hauptgruppen 7 und 8) in Höhe von 3.044,9 Mio. € veranschlagt. Tatsächlich wurden im Hj. 2003 für Investitionen 2.917 Mio. € verausgabt. Davon wurden 60,6 Mio. € aus Privatisierungserlösen des Landes finanziert. Nach Abzug der Zuweisungen des Bundes und der Gemeinden (Obergruppe 33) und der sonstigen Beiträge Dritter (Obergruppe 34) für Investitionen des Landes in Höhe von insgesamt 471,5 Mio. € beliefen sich die vom Land selbst finanzierten Investitionen im Hj. 2003 auf 2.445,6 Mio. €. Demgegenüber betrug die Nettokreditaufnahme 2.038,5 Mio. €. Das Land hat unter dieser einengenden Betrachtung des Investitionsbegriffs auch auf der Basis der Ist-Ergebnisse im Hj. 2003 die verfassungsmäßige Verschuldungsgrenze eingehalten. Der Spielraum zwischen den Investitionsausgaben und den Nettokreditaufnahmen ist in den vergangenen Jahren immer geringer geworden; bei Fortsetzung dieser negativen Tendenz droht ein verfassungswidriger Haushalt.

5 Kreditaufnahme - Steueraufkommen – Zinsen

5.1 Die Nettokreditaufnahmen und die Einnahmen aus Steuern haben sich in den letzten zehn Jahren wie in Übersicht 3 dargestellt entwickelt.

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Danach ist das Steueraufkommen im Hj. 2003 gegenüber dem Vorjahr um 693 Mio. € (+3,3 %) gestiegen und lag um 353,3 Mio. € (-1,6 %) unter dem Haushaltsansatz. Unter Berücksichtigung der Mehrausgaben des Landes im Länderfinanzausgleich in Höhe von 8,9 Mio. € und der Minderausgaben im kommunalen Finanzausgleich in Höhe von 60,8 Mio. € beliefen sich die Steuermindereinnahmen im Vergleich zum ursprünglichen Haushaltsansatz netto auf 301,4 Mio. €.

Die Steuerdeckungsquote, d. h. das Verhältnis der Steuereinnahmen zu den bereinigten Gesamtausgaben, belief sich im Hj. 2003 auf 70,9 % (Vorjahr 69,2 %).

5.2 In der Übersicht 4 sind die Zinsausgaben für Kreditmarktschulden im Vergleich und im Verhältnis zu den Steuereinnahmen (Zins-Steuer-Quote) dargestellt. Danach musste im Hj. 2003 ein Anteil von 8,2 % des Steueraufkommens (Vorjahr 7,9 %) zur Deckung der Zinsverpflichtungen verwendet werden.

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6 Haushaltstruktur und Fazit

Die Übersicht 5 zeigt die Entwicklung der wesentlichen Ausgabearten und die prozentualen Anteile an den bereinigten Gesamtausgaben des Landes in den letzten zehn Jahren.

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Die bereinigten Gesamtausgaben sind im Hj. 2003 gegenüber dem Vorjahr um 262 Mio. € (+0,9 %) auf 31.042 Mio. € gestiegen.

Da sich die Personalausgaben nur um 62 Mio. € (+0,5 %) erhöht haben, ist die Personalausgabenquote um 0,2 Prozentpunkte geringfügig auf 41,2 % zurückgegangen. Durch die Umwandlung der Universität Heidelberg in einen Landesbetrieb wurden in 2003 allerdings 144 Mio. € Personalausgaben in Sachausgaben umgeschichtet. Bei Bereinigung um diesen Effekt ergibt sich gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung der Personalausgaben um 206 Mio. € (+1,6 %) und eine Personalausgabenquote von 41,7 %.

Auch der Anteil der sächlichen Verwaltungsausgaben hat sich nominal um 56 Mio. € und prozentual von 6,0 % auf 5,7 % verringert.

Demgegenüber ist die Zinsausgabenquote durch die beträchtliche Erhöhung der Zinsausgaben um 133 Mio. € (+7,9 %) von 5,4 % auf 5,8 % gestiegen. Auch der Anteil der Zuweisungen und Zuschüsse einschließlich der Leistungen im Länderfinanzausgleich hat sich gegenüber dem Vorjahr um 282 Mio. € (+2,5 %) von 37,0 % auf 37,6 % erhöht.

Die Investitionsausgaben sind im Hj. 2003 im Vergleich zum Vorjahr erneut um 163 Mio. € (-5,3 %) gesunken. Damit liegt die Investitionsquote wie 1999 mit 9,4 % auf dem tiefsten Stand der letzten Jahre.

Die gestiegenen Zinsausgaben wurden also letztlich durch Kürzungen bei den Investitionsausgaben kompensiert. Indes sind Einsparungen im investiven Bereich gerade bei der derzeitigen Wirtschaftslage konjunkturpolitisch kritisch.

Dies verdeutlicht, dass der weiteren Einengung des finanziellen Handlungsspielraums des Landes durch den absehbar weiter wachsenden Schuldendienst nur durch eine konsequente Rückführung der Neuverschuldung entgegen gewirkt werden kann.

Dies ist insbesondere auch deshalb zwingend geboten, weil mit immer neuen Krediten angesichts der langfristigen Zinsbelastung kein zusätzlicher Handlungsspielraum gewonnen wird.

7 Landesschuldbuch

Das Landesschuldbuch erbringt den ordnungsgemäßen Nachweis über die Buchschulden des Landes. Der RH hat die im Hj. 2003 in das Landesschuldbuch eingetragenen Schuldbuchforderungen geprüft. Die Prüfung hat keine Beanstandungen ergeben.


Anhänge

Die persönlichen Verfügungsmittel werden in erheblichem Umfang für die Innenrepräsentation eingesetzt. Auch die Universitätsklinika müssen bei Repräsentationsmaßnahmen, trotz ihrer besonderen Aufgabenstellung, das Sparsamkeitsgebot beachten.


1 Ausgangslage

Im Landeshaushalt sind an verschiedenen Stellen Ausgaben für Repräsentationszwecke veranschlagt. Darunter befinden sich die persönlichen Verfügungsmittel, die den jeweiligen Verfügungsberechtigten für Aufwand „aus dienstlicher Veranlassung in besonderen Fällen“ zur Verfügung stehen. Im StHPl. 2002 waren insbesondere die in Übersicht 1 dargestellten Ausgaben mit Repräsentationscharakter etatisiert.

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Der RH hat in einer Querschnittsuntersuchung 43 Ansätze für persönliche Verfügungsmittel geprüft, die im StHPl. 2002 in 35 Einzeltiteln der Gruppe 529 etatisiert waren. Bei einzelnen Titeln sind Verfügungsmittel mehrerer Funktionsträger zusammengefasst. Mit einem Haushaltsansatz von 315.000 € decken diese Verfügungsmittel 87 % der bei Gruppe 529 veranschlagten Ausgaben für persönliche Verfügungsmittel von 137 Funktionsträgern ab.

In die Prüfung wurden zu Vergleichszwecken weitere Ausgaben mit Repräsentationscharakter verschiedener Landesbehörden stichprobenweise einbezogen. Es handelte sich im Wesentlichen um Repräsentationsausgaben für Konferenzen, Veranstaltungen, internationale Maßnahmen, Amtseinführungen und Verabschiedungen sowie für Bewirtungen im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit. Außerhalb der Landesverwaltung wurden Repräsentationsausgaben bei den Universitätsklinika untersucht (s. Pkt. 7).

In Baden-Württemberg wurden bislang - im Gegensatz zu einigen anderen Ländern - keine allgemeinen Richtlinien für die Verwendung der persönlichen Verfügungsmittel oder der Repräsentationsausgaben erlassen. Einzelne Ministerien haben interne Regelungen für den Einsatz von Repräsentationsmitteln in Kraft gesetzt.

2 Höhe der persönlichen Verfügungsmittel

Die Höhe der persönlichen Verfügungsmittel ist nach der Funktion der Verfügungsberechtigten und dem erwarteten Repräsentationsaufwand dieser Funktionsinhaber gestaffelt. Einen Überblick über die Höhe der in die Prüfung einbezogenen persönlichen Verfügungsmittel zeigt Übersicht 2.

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In Schaubild 1 wird das Haushaltsvolumen der geprüften Verfügungsmittel in Höhe von 315.000 € nach der Funktion der Verfügungsberechtigten gegliedert.

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Die persönlichen Verfügungsmittel der Funktionsträger im politischen Raum blieben seit 1987 im Wesentlichen unverändert. In der Regel erhalten sie daneben Aufwandsentschädigungen nach dem Abgeordneten-, dem Minister- oder dem Staatssekretäregesetz. Den Besoldungsempfängern (Beamte und Richter) wurden nach der 1999 neu gefassten (verschärften) Rechtsnorm des § 17 Bundesbesoldungsgesetz Dienstaufwandsentschädigungen gestrichen, die mit Repräsentationsaufwendungen begründet waren. Ein Teilbetrag der Aufwandsentschädigungen wurde in bestehende oder neu eingerichtete Verfügungsmittel umgeschichtet, aus denen nunmehr die Repräsentationsaufwendungen zu bestreiten sind.

Die 43 in die Prüfung einbezogenen Verfügungsberechtigten haben im Hj. 2002 mit Ist-Ausgaben von 270.000 € im Durchschnitt 86 % ihrer Haushaltsansätze in Höhe von insgesamt 315.000 € ausgeschöpft. Im Hj. nicht verbrauchte Verfügungsmittel sind nicht übertragbar. Während einer der Funktionsträger aus seinen Verfügungsmitteln keine Ausgaben geleistet hat, haben die meisten Funktionsträger die Mittel weitgehend ausgeschöpft. Zwölf der 35 Haushaltsansätze wurden zu mehr als 98 % beansprucht. In Einzelfällen waren hierbei am Ende des Hj. größere Vorratskäufe oder Verfahrensweisen festzustellen, die gemeinhin mit dem Begriff „Dezemberfieber“ umschrieben werden.

3 Verwendung der Verfügungsmittel

3.1 Ausgabenbereiche

Die Aufteilung der Ausgaben nach Verwendungszwecken bei den 43 geprüften persönlichen Verfügungsmitteln ist in Schaubild 2 dargestellt.

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Etwa die Hälfte der Verfügungsmittel wurde unmittelbar für Bewirtungen ausgegeben. Unter Beschaffungen wurden insbesondere Ausgaben für Getränke oder Repräsentationsartikel erfasst, die zum Zeitpunkt des Kaufs noch keiner bestimmten Maßnahme oder keinem bestimmten Empfänger zugeordnet werden konnten. Auch im Beschaffungsbereich fallen erhebliche Verköstigungsausgaben, insbesondere für Getränke, an, sodass die Verwendung der Verfügungsmittel für Bewirtungszwecke dominiert.

3.2 Prüffähigkeit begründender Rechnungsunterlagen

Die persönlichen Verfügungsmittel sind nach ihrer Zweckbestimmung für Maßnahmen „aus dienstlicher Veranlassung in besonderen Fällen“ bestimmt. Bei Bewirtungen und Geschenken waren die begründenden Rechnungsunterlagen bei 11 % der Ausgaben nicht prüffähig, weil der Anlass oder die Funktion der Begünstigten auf den Rechnungsnachweisen unzureichend dokumentiert war. Der RH hat weiter darauf hingewiesen, dass bei umfangreicheren Vorratskäufen Bestandsnachweise zu führen sind.

Auch die Verfügungsmittel sind nach § 7 LHO wirtschaftlich und sparsam zu verwenden. Bei Geschenken und Beschaffungen konnte die Angemessenheit des Repräsentationsaufwands anhand der Rechnungsunterlagen in aller Regel beurteilt werden. Bei den Bewirtungen war dies dagegen in zahlreichen Fällen nicht möglich, weil lediglich bei 50 % der Bewirtungsausgaben die Teilnehmerzahl der jeweiligen Einladungen aus den Rechnungsunterlagen ersichtlich war. Für die Beurteilung des wirtschaftlichen und sparsamen Mitteleinsatzes ist bei Bewirtungskosten neben den Gesamtausgaben die Teilnehmerzahl anzugeben.

4 Bewirtungen

4.1 Anlässe und Teilnehmerkreis

Die direkten Ausgaben für Bewirtungen in Höhe von insgesamt 139.000 € fielen im Zusammenhang mit Arbeitsbesprechungen, repräsentativen Veranstaltungen, Gemeinschaftsveranstaltungen und Einzelbewirtungen an. Von diesen Bewirtungsausgaben konnten 16.000 € wegen unzureichender Angaben zum Teilnehmerkreis nicht zugeordnet werden. Von den zuordenbaren 123.000 € entfielen lediglich 72.000 € oder 59 % auf Bewirtungen mit externen Teilnehmern. Bei den restlichen Ausgaben in Höhe von 51.000 € (41 %) handelte es sich um interne Bewirtungen, an denen ausschließlich Angehörige der eigenen Behörde (35 %) oder des eigenen weiteren Geschäftsbereichs (6 %) teilgenommen haben. Die Anteile sind im Schaubild 3 dargestellt.

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Die Verwendung der persönlichen Verfügungsmittel hängt stark von der Funktion des Verfügungsberechtigten ab. Insofern gibt es zwischen den Verfügungsberechtigten auch bei der Verteilung zwischen externen und internen Bewirtungen erhebliche Unterschiede.

Der RH hält einen durchschnittlichen Ausgabenanteil bei den Bewirtungen in Höhe von 41 % für die Innenrepräsentation im eigenen Geschäftsbereich und überwiegend für Bedienstete der eigenen Behörde für deutlich zu hoch. Bei Ausgaben für die Innenrepräsentation ist weitgehende Zurückhaltung angebracht. Die Verfügungsmittel sollten in der Regel für Maßnahmen der Außenrepräsentation verwendet werden.

4.2 Angemessenheit der Ausgaben

Aus den Rechnungsunterlagen der persönlichen Verfügungsmittel war nur bei 50 % der Ausgaben die Teilnehmerzahl an den Bewirtungen feststellbar. Insoweit hat der RH die Gesamtkosten je Teilnehmer, im Wesentlichen Ausgaben für Speisen und Getränke, ermittelt. Bei den auswertbaren Ausgaben hielten sich die Kosten je Teilnehmer in den betrachteten Fällen überwiegend in einem angemessenen Rahmen. Kosten von 50 € oder mehr je Person entstanden jedoch in 5 % der prüfbaren Fälle mit Gesamtausgaben von 19.000 €. Rein interne Bewirtungen hatten hieran einen Kostenanteil von 35 %.

Zu Vergleichszwecken wurden ergänzend auch Bewirtungsausgaben verschiedener Landesbehörden geprüft, die aus Haushaltsmitteln außerhalb der persönlichen Verfügungsmittel gezahlt wurden. Sämtliche Bewirtungen mit Kosten von mehr als 50 € je Teilnehmer fanden im Rahmen externer Repräsentation statt, insbesondere für die Bewirtung von Gästen im internationalen Bereich und Journalisten.

Die Ressorts haben auf Anfrage auch Repräsentationsausgaben aus Haushaltsmitteln mitgeteilt, bei denen sich aus der Zweckbestimmung und den Erläuterungen des StHPl. kein Hinweis ergibt, dass hieraus Ausgaben für Repräsentationszwecke geleistet werden können.

Der RH hält Ausgaben für Repräsentationszwecke, wie Bewirtungen oder Geschenke, nur aus solchen Titeln für zulässig, deren Zweckbestimmung oder Erläuterungen im StHPl. hierzu eine ausdrückliche Ermächtigung geben. Soweit dies bislang nicht der Fall war, sollte künftig in den StHPl. eine entsprechende Ermächtigung aufgenommen oder auf entsprechende Ausgaben verzichtet werden.

Wegen der Vielgestaltigkeit der Repräsentationsanlässe sieht der RH davon ab, detaillierte Richtlinien für Bewirtungen vorzuschlagen. Gleichwohl sollte im Hinblick auf den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit darauf hingewirkt werden, dass sich die Kosten im Einzelfall am unabdingbaren Repräsentationsaufwand des Landes orientieren. Nimmt man die bisherigen Bewirtungsausgaben als Maßstab, dann überschreiten Ausgaben von mehr als 50 € je Teilnehmer das übliche Maß. Als problematisch ist es insbesondere anzusehen, wenn interne Bewirtungen diesen Betrag je Teilnehmer überschreiten.

5 Beschaffungen und Geschenke

Für Beschaffungen von Getränken und Repräsentationsartikeln wurden aus den persönlichen Verfügungsmitteln 76.000 € ausgegeben; dies waren 28 % der Gesamtausgaben. Von den Beschaffungsausgaben entfielen 31.000 € auf Getränke. Die Getränkepreise bewegten sich in vertretbarem Rahmen. Beim Getränkeeinkauf handelte es sich überwiegend um Vorratskäufe, die zu einem nicht unerheblichen Teil am Ende des Hj. getätigt wurden.

Aus den geprüften persönlichen Verfügungsmitteln wurden 39.000 € oder 15 % der Gesamtausgaben für Geschenke aufgewendet. Geldgeschenke an bedürftige Personen oder gemeinnützige Einrichtungen hatten ein Volumen von 14.000 €. Regelmäßig lagen die Einzelspenden zwischen 30 € und 500 €; diese Bandbreite wurde in drei Fällen überschritten. Etwa 20 % der Geschenkausgaben hatten internen Charakter. Die Begünstigten waren Bedienstete der jeweiligen Dienststelle oder aus dem jeweiligen Geschäftsbereich, die primär Geschenke zu Weihnachten oder persönlichen Anlässen erhielten.

6 Schlussfolgerungen

Bei den persönlichen Verfügungsmitteln ist besonders darauf zu achten, dass die Höhe des Aufwands in einem angemessenen Verhältnis zum jeweiligen Anlass steht. Gepflogenheiten in Bereichen außerhalb des öffentlichen Dienstes sind dabei kein geeigneter Maßstab. Dies gilt insbesondere bei der Inanspruchnahme von Verfügungsmitteln für Bedienstete der eigenen Behörde oder des eigenen Geschäftsbereichs. Naturgemäß werden die Verfügungen immer stark von der Person des Verfügungsberechtigten und von der Einzelfallsituation geprägt sein, weshalb detailliertere Richtlinien für die Mittelverwendung wenig Sinn machen. Aufgrund der Ergebnisse seiner Prüfung der Verfügungsmittel hält der RH aber folgende Punkte für besonders wichtig:

  • In Abkehr von der derzeitigen Praxis sollten Verfügungsmittel nur in Ausnahmefällen zur internen Repräsentation für Angehörige der eigenen Dienststelle oder des weiteren eigenen Geschäftsbereichs eingesetzt werden.

 

  • Ausgaben sollten sich im Einzelfall an dem beim Repräsentationsaufwand allgemein Üblichen orientieren.

 

  • Die zweckentsprechende und wirtschaftliche Verwendung muss in ausreichendem Umfang dokumentiert sein. Die begründenden Rechnungsunterlagen müssen ausreichende Angaben über den Anlass der Maßnahme sowie Funktion und Anzahl der Begünstigten enthalten, sodass aus ihnen die Einhaltung der Zweckbestimmung sowie die wirtschaftliche und sparsame Mittelverwendung ohne weitere Recherchen beurteilt werden kann. Die Ausgaben sind einzeln zu belegen. Die pauschale Auszahlung von Verfügungsmitteln ist unzulässig.

 

  • Die Zweckbestimmung für den jeweiligen Verfügungsberechtigten lässt es nicht zu, mit den veranschlagten Mitteln die Verfügungsmittel eines anderen Verfügungsberechtigten zu erhöhen.

 

  • Aus den Verfügungsmitteln können keine Ausgaben geleistet werden, für die an anderer Stelle des StHPl. Mittel ausgebracht sind.

 

  • Mit dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist es nicht zu vereinbaren, unangemessene Vorratskäufe - insbesondere am Ende des Hj. - durchzuführen. Bei umfangreicheren Vorratskäufen ist durch das Führen von Bestandsverzeichnissen dafür Sorge zu tragen, dass die spätere Verwendung ausreichend dokumentiert ist.

Die aus dieser Prüfung der persönlichen Verfügungsmittel abgeleiteten Schlussfolgerungen sollten auch bei Ausgaben mit Repräsentationscharakter aus anderen Titeln beachtet werden.

Bei den persönlichen Verfügungsmitteln hat der RH insbesondere wegen des Umfangs ihrer Verwendung für interne Repräsentationszwecke angeregt, die Haushaltsansätze zu überprüfen.

7 Repräsentationsausgaben der Universitätsklinika

Der RH hat parallel die Repräsentationsausgaben bei den in Anstalten des öffentlichen Rechts umgewandelten Universitätsklinika stichprobenweise geprüft. Hierbei sind beim Universitätsklinikum A in einzelnen Fällen gleichfalls Bewirtungsausgaben von mehr als 50 € je Teilnehmer, u. a. im Rahmen von Symposien, von Klausurtagungen der Kaufmännischen Direktoren und Leitenden Ärztlichen Direktoren und Aufsichtsratssitzungen, angefallen. Die vom Universitätsklinikum selbst für Bewirtungen festgesetzte Höchstgrenze von 41 € je Teilnehmer wurde dabei erheblich überschritten. Bei Überschreitung dieser Höchstgrenze fielen für Bewirtungen mit Teilnehmern ausschließlich aus dem Bereich der Universitätsklinika höhere Kosten an als für Verköstigungen externer Teilnehmer. Der RH hat gefordert, die Bewirtungsausgaben an dem innerhalb der Landesverwaltung gebräuchlichen Umfang auszurichten; der Klinikumvorstand hält dagegen die angefallenen Kosten in den aufgegriffenen Fällen für sachgerecht und angebracht.

Beim Universitätsklinikum B wurde anlässlich der Emeritierung eines Professors eine Abschiedsfeier mit rd. 600 geladenen Gästen, insbesondere Mitarbeitern des Universitätsklinikums, veranstaltet. Die Kosten, u. a. für eine Musikkapelle, ein Festzelt, Speisen und Getränke, beliefen sich auf rd. 27.000 €. Aus demselben Anlass veranstaltete das Universitätsklinikum ein Symposium, in dessen Rahmen eine Abendeinladung für 335 Gäste mit Kosten von mehr als 27.000 € ausgerichtet wurde. Mit Kosten von 81 € je Teilnehmer wurde die vom Klinikumvorstand für Bewirtungen festgelegte Höchstgrenze von 39 € um mehr als das Doppelte überschritten. Der RH hat den Gesamtaufwand von mehr als 54.000 € als klaren Verstoß gegen den Grundsatz der Sparsamkeit beanstandet.

Das Klinikum B weist in seiner Stellungnahme darauf hin, dass die Kosten der Abendeinladung aus Drittmitteln finanziert worden seien und dem Klinikum kein Schaden entstanden sei. Es sieht keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Sparsamkeit. Die Abschiedsfeier im Festzelt, die einer Betriebsfeier entsprechen sollte, sei aus Mitteln des Wirtschaftsplans gezahlt worden. Dies sei von den Mitgliedern des Klinikumvorstands mitgetragen und ein Kostenrahmen von 50.000 DM (rd. 25.500 €) festgelegt worden, der in etwa eingehalten worden sei. Das Klinikum will auch künftig die gewohnte notwendige Zurückhaltung üben. Es behält sich aber vor, bei Vorliegen eines außergewöhnlichen dienstlichen Anlasses - wie z. B. die Verabschiedung einer herausragenden Persönlichkeit - die vorgegebenen Grenzen zu überschreiten.

Der RH bleibt bei seiner Bewertung, dass diese Repräsentationsmaßnahmen der beiden Universitätsklinika mit den Grundsätzen einer sparsamen Wirtschaftsführung nicht vereinbar sind. Ob hierfür Drittmittel oder Mittel des Wirtschaftsplans eingesetzt werden, kann generell keine Rolle spielen.

8 Stellungnahmen der Ministerien

8.1 Finanzministerium

Das FM hat auf die Bitte des RH eine Meinungsbildung zu den Prüfungsfeststellungen über die persönlichen Verfügungsmittel für den Bereich der Landesregierung herbeigeführt. Das Ministerium weist zum sachlichen Rahmen der persönlichen Verfügungsmittel darauf hin, dass ihre Bereitstellung in erster Linie mit der besonders herausgehobenen Stellung der Verfügungsberechtigten und der mit dieser Stellung verbundenen Notwendigkeit zur Leistung solcher Aufwendungen zusammenhänge. Mit der herausgehobenen Stellung der Verfügungsberechtigten verbunden seien Aufwendungen sowohl für externe als auch für interne Repräsentationsaufgaben. Auch interne Repräsentationsaufwendungen seien deshalb durch die Haushaltsermächtigung abgedeckt. Gleichwohl werde dem RH zugestimmt, dass bei internen Repräsentationsaufwendungen eine besondere Zurückhaltung geboten sei.

Das FM hat die Anregungen des RH durch „Haushaltswirtschaftliche Hinweise für Verfügungsberechtigte“ bereits umgesetzt, die im Wesentlichen die vom RH empfohlenen Mindestanforderungen bei Verfügungen über die persönlichen Verfügungsmittel enthalten. Für die außerhalb der persönlichen Verfügungsmittel anfallenden Repräsentationsausgaben wurden in die VwV-Haushaltsvollzug 2004 ergänzende Regelungen aufgenommen. Die seit 1987 im Wesentlichen unverändert gebliebenen Haushaltsansätze für die persönlichen Verfügungsmittel sollen auch bei künftigen Planaufstellungen - wie alle anderen Haushaltsansätze - einer strengen Bedarfsprüfung unterzogen werden.

8.2 Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst

Nach Auffassung des MWK sind die Universitätsklinika bei der Notwendigkeit ihrer Kontaktpflege zu Dritten viel eher mit Großunternehmen als mit Einrichtungen der Landesverwaltung zu vergleichen. Es stimmt dem RH jedoch zu, dass hierbei die im Universitätsklinika-Gesetz verankerten Gebote der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten sind.

Das MWK vertritt die Rechtsauffassung, dass in begründeten Ausnahmefällen ein Abweichen von innerhalb der Landesverwaltung üblichen und von den Universitätsklinika intern festgelegten Sätzen vertretbar sei, ohne dass hiermit ein Verstoß gegen die Prinzipien der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verbunden sei. Im Einzelfall sei der mit den Ausgaben verbundene Nutzen für das Klinikum - z. B. im Sinne einer positiven Außenwirkung oder erfolgreicher und für das Klinikum essenzieller Zusammenarbeit mit wichtigen Personen und Einrichtungen - in die Beurteilung mit einzubeziehen.

9 Schlussbemerkung

Repräsentationsausgaben stehen gerade in Zeiten knapper Kassen unter gesteigertem Rechtfertigungsdruck. Dies gilt in besonderem Maße für Maßnahmen der internen Repräsentation. Der RH geht davon aus, dass seine Prüfungsfeststellungen und die ergangenen Hinweise des FM zu einer Beschränkung auf den unabdingbaren Repräsentationsaufwand in der Landesverwaltung beitragen werden.

Auch die Universitätsklinika müssen bei Repräsentationsmaßnahmen, trotz ihrer besonderen Aufgabenstellung, das Sparsamkeitsgebot beachten. Eine ausnahmsweise Überschreitung der klinikintern festgelegten Obergrenzen für Bewirtungen stellt zwar nicht zwangsläufig einen Verstoß gegen den Sparsamkeitsgrundsatz dar. In den aufgegriffenen Einzelfällen erscheinen dem RH die Ausgaben gleichwohl überhöht.


Anhänge

Das Land arbeitet seit mehr als zehn Jahren an einem einheitlichen DV-System zur Verwaltung von Personaldaten und hat dafür bisher mehr als 17 Mio. € aufgewandt. Erst Anfang des Jahres 2005 sollen etwa 75 % der Personalfälle im neuen Personalverwaltungssystem einheitlich verwaltet werden. Nach wie vor gibt es noch weitere Personalverwaltungssysteme. Das Führungsinformationssystem Personal wird teurer als geplant; Ziel und Konzept sind noch nicht ausreichend präzisiert.


1 Ausgangslage

Der RH hat der Landesregierung in mehreren Untersuchungsberichten empfohlen, den Einsatz der IuK-Technik für die Personalverwaltung zu optimieren und möglichst zu vereinheitlichen sowie den Lehrerbereich in das Personalverwaltungssystem einzubeziehen (1995). Weiter hat er empfohlen, eine maschinelle Schnittstelle zum Datenaustausch zwischen den Personalverwaltungssystemen der wissenschaftlichen Einrichtungen und dem Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) herzustellen (2001). Ende 2003 hat der RH mit Unterstützung des StRPA Stuttgart den Sachstand erhoben.

Gegenstand der Erhebung beim LBV und beim IM waren das für den landesweiten Einsatz als einheitliches Personalverwaltungssystem (EPVS) vorgesehene Großrechnerverfahren DIPSY (Dialogisiertes Integriertes Personalverwaltungssystem) und das Data Warehouse FISP (Führungsinformationssystem Personal). Diese DV-Programme sind nach dem Landessystemkonzept jeweils als Landesstandard vorgesehen. In die Erhebungen wurden auch das MLR und personalverwaltende Stellen in Behörden und wissenschaftlichen Einrichtungen einbezogen.

2 Personalverwaltungssystem – DIPSY

2.1 Projektauftrag

Vorarbeiten für DV-Systeme zur Personalverwaltung in der Innenverwaltung und in der Finanzverwaltung gehen bis in das Jahr 1984 zurück. Das LBV wurde 1993 vom FM beauftragt, für die gesamte Landesverwaltung mit rd. 257.000 Beschäftigten ein allgemein einsetzbares Personalverwaltungssystem (PVS) als Dialogverfahren stufenweise zu entwickeln. Dieses sollte folgende Aufgabenbereiche unterstützen:

a) Führung des Personaldatenbestands

b) Stellenbewirtschaftung

c) Vorbereitung und Durchführung von dienst- und tarifrechtlichen Maßnahmen einschließlich Terminüberwachung wie Einstellungen, Umsetzungen, Abordnungen, Versetzungen, Entlassungen, Beförderungen, Höhergruppierungen usw.

d) Vorbereitung und Durchführung von sonstigen Personalmaßnahmen (z. B. Abwesenheiten - Urlaub, Krankheit, Abordnung u. a. -, Dienstreisewesen, Nebentätigkeiten)

e) Unterstützung der Beauftragten für den Haushalt bei der Überwachung von Personalkosten

f) Integration mit den Personalabrechnungsverfahren des LBV

g) Personalbedarfs- und -einsatzplanung

h) Bewerberauswahlverfahren

i) Übermittlung von Daten zu anderen Stellen (z. B. Personalstatistik)

j) Fortbildungswesen

k) Personalförderung

l) Weitere bereichsbezogene Aufgaben (z. B. Dienstausweiswesen usw.)

m) Weitere dienststellenbezogene Aufgaben (z. B. Geschäftsverteilungsplan, Personalkostenermittlung und -verrechnung)

Dieses neue PVS war als gemeinsames Projekt des IM und des FM mit Ressort übergreifenden Charakters definiert. Die Projektträgerschaft übernahm federführend das FM. Als Projektentwicklungsstelle wurde beim LBV ein sog. Leistungszentrum PVS mit inzwischen 23 Mitarbeitern eingerichtet. Das IM wollte je nach Projektphase bis zu drei Mitarbeiter einsetzen. Zur Ressort übergreifenden Steuerung wurde ein Lenkungsausschuss mit Vertretern der IuK- und der Personalreferenten der Ministerien gebildet. In diesem sind inzwischen alle Ressorts sowie der RH mit beratender Stimme tätig. Den Vorsitz hat das IM.

Nach der Planung sollte bereits im September 1994 die Stufe 2 des neuen PVS eingeführt werden.

2.2 Sachstand

Zum Zeitpunkt der Prüfung waren die unter a) bis f) aufgeführten Kernaufgaben im Wesentlichen realisiert. FM und IM bezeichnen DIPSY als Vorhaben mit Dauercharakter. Der ursprüngliche Auftrag, ein allgemein einsetzbares PVS zu entwickeln, sei in mehreren, in sich als geschlossen zu betrachtenden Teilprojekten umgesetzt worden. Die Software habe man jeweils inhaltlich neuen Anforderungen und technisch neuen Gegebenheiten angepasst. Sie wurde in einer Grundversion im Jahr 1996 zur Verwaltung der eigenen Personaldaten des LBV eingesetzt. Im Jahre 1997 haben der RH, das StM und das IM begonnen, DIPSY in ihren Personalverwaltungsstellen einzuführen.

Ende 2003 stand ein von den Dienststellen über das Landesverwaltungsnetz zu bedienendes Dialog orientiertes Software-Paket zur Verfügung, dessen Entwicklungsarbeiten aber noch nicht vollständig abgeschlossen waren. Welchen Fertigstellungsaufwand die bereits definierten weiteren Anforderungen verursachen bzw. bis wann alle Anforderungen auf derzeitiger Rechtsbasis definiert und umgesetzt sein werden, konnten weder der Projektträger noch die Projektentwicklungsstelle angeben.

Trotz funktionsfähigem Programm lässt die Übernahme aller Personaldaten noch auf sich warten: Zum Jahresende 2003 wurden nur 42.000 der rd. 257.000 Beschäftigten des Landes mit DIPSY verwaltet (16 %). Das FM und das LBV gehen davon aus, dass bis Ende 2004 weitere 150.000 Personalfälle in das nunmehr funktionsfähige System übernommen werden.

2.3 Kosten und Wirtschaftlichkeit

Im Projektauftrag wurden nur allgemeine Ausführungen zur Wirtschaftlichkeit gemacht. Weder wurden alle Kosten überschlägig geschätzt noch ein Rationalisierungspotenzial identifiziert. Während des Projektverlaufs wurden Erfolgskontrollen bezüglich der einzelnen Teilprojekte nicht durchgeführt. Daher fehlte auch ein Projekt-Controlling, sodass detaillierte Projektdaten nicht vorlagen.

Das FM und das IM vertreten noch immer die Auffassung, dass die Wirtschaftlichkeit des PVS offensichtlich sei; eine quantifizierte Darstellung wäre jedoch zu aufwendig und hätte keine neuen Erkenntnisse gebracht. Deshalb sei es gemäß den haushaltsrechtlichen Vorgaben nicht angemessen gewesen, weitere Aufwendungen für eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zu verursachen.

Anfangs kalkulierte das LBV für das PVS, das zunächst in den Ministerien FM, IM und SM sowie in den Landeskrankenhäusern eingeführt werden sollte, intern nur mit einem eigenen Aufwand von 3,5 Personenjahren und rd. 18.400 € für externe Unterstützung bis zur Einführung der Stufe 1 und Anbindung an das Personalabrechnungsverfahren DAISY (Dialogisiertes Abrechnungs- und Informationssystem). Im SM ist DIPSY bis heute noch nicht im Einsatz.

Seit 1993 sind für die einzelnen Projektstufen des Gesamtvorhabens mehr als 17 Mio. € Kosten angefallen. Bei dieser Teilkostenermittlung hat der RH auf die Schätzung der zeitlich davor liegenden Personalkosten, des Aufwandes in zwei Rechenzentren (der dem LBV nicht in Rechnung gestellt wird) sowie der bei den nutzenden Behörden entstandenen Kosten für Planung, Schulung, Test und Installation verzichtet. Der bisher tatsächlich entstandene Aufwand dürfte also deutlich höher liegen.

2.4 Feststellungen

2.4.1 Rahmenbedingungen und Vorgaben

Ein komplexes PVS muss zur Unterstützung von Routinevorgängen aber auch zur Personalplanung und -steuerung Regelungen aus unterschiedlichen Rechtsgebieten, wie Beamten-, Tarif-, Arbeits-, Sozialversicherungs- und Haushaltsrecht, funktional abbilden. Darüber hinaus sind Anforderungen und Besonderheiten verschiedener Fachverwaltungen zu berücksichtigen. Nach seiner Einführung führt es zur gleichen Abwicklung gleich gelagerter Sachverhalte in den unterschiedlichen Verwaltungen.

Die Entwickler arbeiteten in den ersten Jahren weitgehend nach Vorgaben der zunächst beteiligten Ministerien. 1999 haben die Personalreferenten der obersten Landesbehörden die fachlichen Anforderungen für das nach einer Verwaltungsvorschrift der Landesregierung (VwV-Personalsystem) zu entwickelnde landesweite einheitliche PVS vorgegeben (EPVS). Bei der Konzeption und Entwicklung des Projekts hatte das FM als Projektträger auch die Ressorthoheit der übrigen Beteiligten sowie die unterschiedlichen Organisationsformen zu berücksichtigen.

Neben diesen vom Projektträger kaum beeinflussbaren Faktoren hat zur langen Entwicklungsdauer insbesondere die Projektorganisation beigetragen. Während die Projektmitarbeiter beim LBV in Vollzeit für die Umsetzung des Projekts zur Verfügung standen, musste die Projektleitung diese zeitaufwendige Aufgabe neben ihren anderen Dienstgeschäften wahrnehmen. Selbst in zeitkritischen Projektsituationen sind wichtige Projektarbeiten wegen inhaltlicher Tätigkeiten und anderweitiger Verpflichtungen zurückgestellt worden.

2.4.2 Software-Entwicklungsprozess

Von den 23 oben genannten Personalstellen sind nur acht mit Software-Entwicklern besetzt. Wie in der Landesverwaltung allgemein üblich, handelt es sich bei diesem Personal nicht um Informatiker, sondern um Mitarbeiter aus den Fachbereichen, die für die Tätigkeit im DV-Bereich fortgebildet wurden.

Ein bestimmtes Vorgehensmodell zur Software-Entwicklung ist nicht eingeführt, ein stringentes Auftrags- und Ressourcenmanagement will das FM in allen seinen Software-Entwicklungsstellen erst noch aufbauen. Beispielsweise wird bei der Auftragserteilung zur Programmierung die jeweils zur Umsetzung erforderliche Zeit zwar geschätzt, damit sind aber für den Programmierer keine terminlichen Vorgaben verbunden. Ein Vergleich des geschätzten Aufwands mit dem tatsächlichen Aufwand wird nicht dokumentiert. Auch wenn das Engagement des LBV-Personals nicht in Abrede gestellt wird, hält der RH ein Entwicklungscontrolling für erforderlich.

Zusätzlich zu den eigenen Programmierkapazitäten für DIPSY kauft das LBV Entwicklungsleistungen für mehr als 1 Mio. € jährlich am Markt ein. Der Tagessatz für eine externe Programmierkraft von 1.067 € liegt weit über den Kosten für das eigene Programmierpersonal von 400 €/Tag.

Begründet wird dies wie folgt: Die externe Unterstützung sei notwendig, da die zur raschen Fertigstellung von DIPSY benötigten Kräfte nicht zur Verfügung stünden. Zusätzliche Programmierer wolle man nicht einstellen, da nach Umsetzung der Anforderungen ansonsten ein Personalüberhang zu befürchten sei. Programmierpersonal über Zeitverträge zu beschäftigen oder andere Maßnahmen zur Abdeckung des Spitzenbedarfs, hat das LBV nicht in Erwägung gezogen.

2.4.3 Auftragsvergabe

Während der Projektlaufzeit hat das LBV drei Unternehmen beauftragt, die Programmierung vorzunehmen und Beratungsleistung zu erbringen. Insgesamt wurden für diese Leistungen 6,8 Mio. € aufgewendet. Sowohl den Leistungseinkauf in diesem Umfang, als auch die Vergabe und die Durchführung der Verträge hat der RH im Prüfungsverfahren bemängelt.

Zwei Vertragsverlängerungen enthielten lediglich die Höhe des Stundensatzes. Die zu erbringende Leistung war darin weder nach Art und Umfang noch bezüglich der Dauer spezifiziert. Dieses Vorgehen stellt dem Auftragnehmer einen Freibrief für die Abrechnung aus.

Einem Unternehmen erteilte das LBV in den Jahren 1997 bis 1999 lediglich mündliche Aufträge in Höhe von zusammen rd. 79.000 € für insgesamt rd. 1.330 Stunden Software-Entwicklung. Dies ist weder durch die Vergabevorschriften noch durch die LHO gedeckt.

Alle Verträge wurden freihändig vergeben. Gründe dafür wurden in den Akten nicht immer aufgeführt, Preisvergleiche wurden in keinem Fall dokumentiert. Trotz mehrfacher Nachfrage konnte das LBV nicht alle Verträge im Original vorlegen. Die Aktenhaltung ist unvollständig, was die Überprüfung erheblich beeinträchtigte.

Sowohl der Einkauf von Programmierleistungen als auch die freihändige Vergabe an den Lieferanten der Entwicklungswerkzeuge sei nach Mitteilung des FM unvermeidlich gewesen, da keine anderen Unternehmen entsprechendes Know-how anbieten konnten und Programmierer mit den geforderten Kenntnissen am freien Markt nicht zur Verfügung gestanden hätten. Gerade das hätte aber durch Ausschreibung der Leistung überprüft werden müssen, auch wenn das FM meint, die 1.067 € stellen einen marktüblichen Tagessatz für externes Programmierpersonal dar.

2.4.4 Parallelverfahren

Neben DIPSY gibt es weitere auf den Bedarf einzelner Verwaltungen zugeschnittene Personalverwaltungssysteme, die teilweise schon länger eingeführt waren bzw. parallel entwickelt wurden. Diese werden jetzt sukzessive durch DIPSY ersetzt. Bei zwei Ministerien wird ein eigenes System weiter betrieben, bis DIPSY den dort geforderten Leistungsumfang erreicht hat.

In wissenschaftlichen Einrichtungen ist das Personalverwaltungssystem der Hochschul-Informations-GmbH weit verbreitet, dessen Software das Land lizenzgebührenfrei verwenden kann.

Anlässlich einer Prüfung bei der Fachhochschule Pforzheim im Jahr 2001 hatte der RH bemängelt, dass es zwischen den Programmen der Hochschul-Informations-GmbH und den Programmen des LBV keine maschinelle Schnittstelle gibt. Die gespeicherten Personaldaten werden gedruckt, per Papier an das LBV geliefert und dort wieder erfasst.

An diesem aus Sicht des RH unhaltbaren Zustand hat sich bis zum Zeitpunkt der aktuellen Prüfung nichts geändert. Das MWK würde eine Schnittstelle begrüßen. Das LBV sieht dazu in nächster Zeit keine Möglichkeit.

Auch in die Gegenrichtung, nämlich von den Systemen des LBV zu den Systemen der Hochschulen, werden Daten noch vielfach per Papier ausgetauscht. Für die Buchung der vom LBV ausgezahlten Gehälter an die wissenschaftlichen Hilfskräfte, Lehrbeauftragten und Drittmittelbeschäftigten auf einzelne Kostenstellen und Projekte fällt beispielsweise bei einer größeren Fachhochschule nach deren Schätzung jährlich knapp 200 Stunden Aufwand für die erneute Erfassung bereits einmal gespeicherter Daten an.

2.4.5 Personalverwaltung in anderen Bundesländern

Ein einheitliches, abgestimmtes Vorgehen der Bundesländer bei der Entwicklung von Personalverwaltungssystemen ist trotz vergleichbarer Aufgabenstellung nicht festzustellen. Mehrere Länder arbeiten jeweils an eigenen Systemen, setzen Produkte vom Markt ein oder haben ein Programm des Bundes durch ein Software-Haus auf ihre Belange umschreiben lassen. Zwei Länder lassen die Aufgabe in einem von ihnen getragenen Gemeinschaftsunternehmen bearbeiten. Das baden-württembergische DIPSY nutzt ein anderes Land gegen Entgelt, ein weiteres Land erwägt die Einführung.

Baden-Württemberg hat sich schon früh für eine Eigenentwicklung und damit gegen eine Standard-Software entschieden. Ob diese Entscheidung wirtschaftlich war, lässt sich mangels aussagefähiger Unterlagen und fehlender Projektbuchführung nicht mehr abschließend beurteilen. Das FM weist darauf hin, dass es keine Verfahren mit dem Leistungsspektrum von DIPSY gebe. DIPSY habe vor allem das Alleinstellungsmerkmal konsistenter und sicherer Schnittstellen zum Abrechnungssystem DAISY. Erneute aufwendige Vergleiche könnten die flächendeckende Einführung um weitere fünf Jahre verzögern. Auch würden Lizenzgebühren „wertvolle Projektbudgets“ reduzieren. Letztlich kann dies offen bleiben, denn der Point-of-no-Return ist überschritten.

Nach Ansicht des RH gilt es jetzt, zunächst DIPSY mit Nachdruck fertig zu stellen und einzuführen. Schließlich bietet DIPSY in nahezu allen wesentlichen Funktionsbereichen inzwischen eine Lösung. Allerdings erwartet der RH, dass der Projektträger im Zuge der noch zu erstellenden Erfolgskontrolle auch Zahlen und Fakten darüber vorlegt, ob die Eigenentwicklung mittelfristig wirtschaftlicher ist als ein Umstieg auf eine Markt-Software und deren Anpassung an die Verhältnisse im Land.

Die Bestrebungen, das Programm anderen Bundesländern anzubieten, unterstützt der RH, sofern ein sachgerechter Verteilungsmaßstab des Aufwands für die Programmpflege und die Erweiterungen gefunden wird.

2.4.6 Externe Nutzer

DIPSY wird seit 1999 auch von einem anderen Bundesland eingesetzt. Die Personal- und Sachkosten für die Weiterentwicklung und Pflege des Programms werden vereinbarungsgemäß jährlich nach dem sog. Königsteiner Schlüssel abgerechnet. Da nicht alle Bundesländer DIPSY nutzen, ist dieser Verteilungsmaßstab jedoch nicht sachgerecht.

Würden die Kosten ausschließlich unter den Bundesländern, die DIPSY tatsächlich nutzen, aufgeteilt, hätten dem anderen Bundesland statt 42.659,20 € insgesamt 309.004,65 € in Rechnung gestellt werden können. Eine Änderung der Abrechnungsmodalitäten sollte nach Ansicht des RH angestrebt werden.

2.4.7 Einführungsplanung

Das FM ist Anbieter der DIPSY-Software. Die anderen Ressorts entscheiden in eigener Verantwortung, ob und wann sie mit dem Programm arbeiten wollen. Die Landesregierung hat sich allerdings hierzu gegenüber dem Landtag verpflichtet. Manche Behörden machten bisher keine verbindlichen Aussagen über die künftige Verwendung von DIPSY; andere, wie z. B. das KM, warteten auf die Umsetzung ihrer fachspezifischen Anforderungen. Wieder andere möchten ihre Systeme weiter betreiben, mit dem Nachteil, dass verschiedene Programmpakete zu pflegen und zu betreuen sind. Ein verbindlicher Einführungsplan wurde bisher nicht erstellt. Teilweise werden im Hinblick auf die Verwaltungsstruktur-Reform wieder entsprechende Überlegungen zurückgestellt.

Auch Diskussionen, welche Anforderungen unbedingt programmiert sein müssen, bevor eine personalverwaltende Stelle mit DIPSY arbeiten kann, erschweren die zügige Fertigstellung. Im Übrigen wurde darauf verzichtet, Ablaufprozesse auf Vereinheitlichung und Verschlankung zu untersuchen. Dieses Beziehungsgeflecht zeigt, das die weitere Verbreitung von DIPSY immer noch unsicher ist und somit die Planungen des LBV mangels verbindlicher Zusagen der Landesbehörden in der Schwebe sind. Projektträger und Projektentwicklungsstelle können die Anwendung ihres Produktes ihren künftigen Kunden nur anbieten. Hierdurch entsteht ein sehr hoher Koordinierungsaufwand. Ein ausschließlich für diese Aufgabe eingesetzter gesamtverantwortlicher Projektleiter könnte auch im jetzigen Stadium dem Projektfortschritt förderlich sein.

2.4.8 Rationalisierungspotenzial

Bisher werden die Investitionen noch nicht durch nachgewiesene Einsparungen aufgewogen. Welche konkreten Einsparungen mit einer DV-gestützten Personalverwaltung hätten erreicht werden sollen, hat der Projektträger bislang nicht dargelegt.

2.4.8.1 Einsparmöglichkeiten beim Landesamt für Besoldung und Versorgung

Nachdem zum Zeitpunkt der Erhebungen 42.000 Personalfälle (= 16 % der Landesbediensteten) mit DIPSY verwaltet und die Daten maschinell ausgetauscht werden, müsste auch eine Entlastung bei den rd. 175 Kontenführern (Vollzeitäquivalente) für Besoldung, Vergütung und Entlohnung eingetreten sein. Das FM teilt hierzu mit, der in den letzten elf Jahren vollzogene Personalabbau beim LBV im Umfang von rd. 170 Stellen sei nur durch Automatisierung bisheriger manueller Arbeiten möglich gewesen, so auch durch DIPSY.

Wenn, wie vom FM angekündigt, im Jahr 2004 weitere 150.000 Personalfälle in DIPSY übernommen werden, kann im LBV kurzfristig Personal frei werden. Durch Aufgabenwegfall ist eine Erhöhung der Fallzahlen je Kontenführer möglich. Im Rahmen seines Controlling-Projekts „Einheitliches Berichtswesen“ will das LBV u. a. das durch DIPSY mögliche Einsparungspotenzial feststellen. Im Hinblick darauf hat der RH zunächst auf eine eigene analytische Personalbemessung verzichtet. Aufgrund der Programm- und Verfahrenskenntnisse mögliche überschlägige Schätzungen lassen ein Potenzial im Umfang von 30 - 50 Personalstellen erkennen.

Das FM sollte spätestens ab 2006 die Rationalisierungspotenziale in Stelleneinsparungen umsetzen.

2.4.8.2 DIPSY Anwender

Die Prüfung der Auswirkungen von DIPSY auf die personalverwaltenden Stellen war nicht Gegenstand der Erhebung des RH. Bei Informationsgesprächen wurden Befürchtungen geäußert, DIPSY verursache Mehraufwand.

Der RH hält es für erforderlich, im Zuge der Einführung der Automationsunterstützung bei den personalverwaltenden Stellen Organisationsuntersuchungen mit entsprechender Personalbemessung durchzuführen. Das gilt verstärkt für die von der Verwaltungsstruktur-Reform betroffenen Bereiche. Es gehört zu den Aufgaben des Projektträgers und der Anwender, die notwendigen Maßnahmen einzuleiten, damit sich das eingesetzte Kapital amortisiert.

Auch wenn die Verwaltungsstruktur-Reform die Behördenlandschaft des Landes erheblich beeinflusst, sollte es dem Lenkungsausschuss möglich sein, einen verbindlichen Plan zu erstellen, wann welche Behörde DIPSY einsetzt; damit hätte das LBV die erforderliche Planungssicherheit.

3 Bewertung und Empfehlungen

Die Entscheidung, im Land ein einheitliches Personalverwaltungssystem einzuführen, ist richtig.

Die Software-Entwicklung und die Organisation des seit 10 Jahren laufenden Projekts weisen jedoch Schwachstellen auf. Vor allem wurde kein Projekt-Controlling, mit dem der Einsatz der Personalressourcen und Haushaltsmittel geplant und überwacht wird, als Steuerungsinstrument eingesetzt.

In den ersten Jahren war die Mitwirkung der Fachseite, die mit DIPSY ja entlastet werden soll, eher weniger ausgeprägt; treibende Kraft war die IuK-Seite. Das einfache Unterstellen der Wirtschaftlichkeit unter Verzicht auf dokumentierte Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, terminierte Meilensteine mit Erfolgskontrollen und insbesondere der Verzicht auf einen „hauptamtlichen“ Projektleiter des Landes waren dem Projektfortschritt nicht förderlich.

Manche Behörden verhielten und verhalten sich zögerlich bei der Entscheidung, ob sie DIPSY einsetzen oder nicht.

Die durch DIPSY entstandenen und noch entstehenden Wirtschaftlichkeitsreserven sind alsbald zu ermitteln und in Stelleneinsparungen umzusetzen.

Aus seinen Feststellungen leitet der RH für DIPSY folgende Empfehlungen ab:

  • Zur Entwicklung und Einführung einer Software dieses Umfanges sollte ein ausschließlich für diese Aufgabe zur Verfügung stehender Projektleiter eingesetzt werden.

 

  • Die noch vorliegenden fachlichen Anforderungen sollten mehr als bisher in „notwendig“ und „wünschenswert“ kategorisiert und priorisiert werden. Der weitere Fortgang der Software-Entwicklung sollte kurzfristig und verbindlich in einer Zeitplanung dargestellt werden. Die weitere Realisierung der noch offen stehenden Anforderungen an DIPSY - soweit sie denn wirklich notwendig oder sinnvoll sind - sollten über ein Projekt-Controlling zeitnah überwacht werden, um den Entscheidungsträgern Steuerungsinformationen für die Fortführung und die Erfolgskontrolle des Projekts zur Verfügung zu stellen.

 

  • Nur wenn das Verfahren flächendeckend in der Landesverwaltung eingesetzt wird, können seine Wirtschaftlichkeitspotenziale zum Tragen kommen. Das Land sollte einen verbindlichen Einführungsplan erstellen.

 

  • Das LBV sollte die teure Vergabe der Software-Entwicklung an Dritte zurückführen.

 

  • Bei der Kostenabrechnung mit anderen Bundesländern sollte ein geeigneter Kostenverteilungsmodus angewandt werden, der nur die tatsächlich an dem Programm partizipierenden Länder einbezieht.

 

  • Mit der Übernahme weiterer Personalfälle in DIPSY muss das sich durch Aufgabenwegfall beim LBV ergebende Rationalisierungspotenzial kurzfristig ermittelt und zeitnah realisiert werden.

 

  • Bei den personalverwaltenden Stellen sollten anlässlich der DIPSY-Einführung Organisationsuntersuchungen mit entsprechender Personalbemessung durchgeführt werden.

 

  • Die Problematik des Datenaustausches zwischen wissenschaftlichen Einrichtungen und dem LBV sollte analysiert und gelöst werden.

4 Führungsinformationssystem Personal - FISP

FISP hat zum Ziel, die im LBV vorhandenen Personalabrechnungsdaten für das LBV und die Ministerien durch gezielte Abfragemöglichkeiten nutzbar zu machen. Die Auswertungen sollen zur Aufbereitung von Führungsdaten und zur Beantwortung von Fragen zur Personalentwicklung dienen.

In der FISP-Datenbank sind die monatlich aktualisierten Daten aus der Personalabrechnung gespeichert. In einem auf der Data Warehouse-Technologie basierenden Datenmodell werden alle auswertungsrelevanten Daten vorgehalten und können nach unterschiedlichsten Fragestellungen flexibel ausgewertet werden.

4.1 Projektverlauf

Der Ministerrat hat 1999 den Auftrag erteilt, zur Bereitstellung personal- und stellenwirtschaftlicher Basisdaten für Ressort umfassende und Ressort übergreifende Auswertungen, zur Aufbereitung von Führungsinformationen und zur Beantwortung politisch relevanter Fragen (insbesondere zum Personalbedarf und zur Personalentwicklung) ein „Führungsinformationssystem Personal“ aufzubauen. Im LBV sind drei Personen mit der Entwicklung und Umsetzung beschäftigt.

Auf der Grundlage eines von einem Unternehmen zum Festpreis von 23.724 € erstellten Pflichtenhefts hat die Stabstelle für Verwaltungsreform den Aufbau eines Führungsinformationssystems Personal Stufe I für die Landesverwaltung Baden-Württemberg nach einem europaweiten Teilnahmewettbewerb beschränkt ausgeschrieben.

Nachdem der Stabstelle für Verwaltungsreform das günstigste Angebot zu teuer erschien (204.517 €), wurde auf eine Auftragsvergabe zunächst verzichtet.

Das LBV hat später, da es für eigene Zwecke ein Auswertungssystem als notwendig erachtete, das Verhandlungsverfahren weitergeführt und einem Unternehmen den Zuschlag für die Realisierung einer Einstiegsstufe von FISP erteilt. Dieses Unternehmen erhielt dann bis November 2003 Aufträge im Gesamtumfang von rd. 872.000 €.

4.2 Sachstand

Ein Prototyp ging im Juli 2003 probeweise in Betrieb. Im LBV ist der Zugriff auf FISP für rd. 30 Sachbearbeiter frei geschaltet. Bei den obersten Landesbehörden sind Zugriffsrechte für weitere 30 Nutzer eingerichtet, von denen aber wegen technischer Probleme beim Zugriff über das Landesverwaltungsnetz nur die Hälfte Auswertungen erstellen kann. Der Grad der Nutzung durch die Ministerien war zum Zeitpunkt der Prüfung noch verschwindend gering.

Die Auswertungsmöglichkeiten für das LBV sind auf die Anforderungen der dortigen Grundsatzsachbearbeiter abgestimmt. Den Ressorts stehen Auswertungsmöglichkeiten in anonymisierter und zusammengefasster Form beispielsweise für die Altersstruktur, Beurlaubungen, Fehlzeiten oder verschiedene andere Personalstatistiken zur Verfügung.

Für die Zukunft ist geplant, zusätzlich Gehalts- und Lohntabellen in FISP aufzunehmen, um auch Auswertungen im Zuge von Tarifverhandlungen zu ermöglichen. In einer weiteren Ausbaustufe ist an den Zugriff auf die DIPSY-Daten gedacht, konkrete Planungen oder Konzepte dazu gibt es aber noch nicht.

4.3 Kosten

1997 ging die Stabstelle für Verwaltungsreform von Kosten für die Erstellung und den Aufbau einer Grundstufe des Verfahrens von 168.727 € aus; dieser Betrag war für zusätzliche Hardware, Software und externe Unterstützung angesetzt. Der Einsatz von eigenem Personal für die Konzeption und Realisierung wurde darüber hinaus mit zwei Personenjahren angesetzt.

Diese anfänglichen Kostenschätzungen wurden ebenfalls weit überschritten. Bis Ende 2003 wurden bereits rd. 1.452.000 € aufgewendet; 580.000 € davon waren eigene Personalkosten. Mit 872.000 € wurde die externe Unterstützung vergütet.

4.4 Wirtschaftlichkeit

Wirtschaftlichkeitsüberlegungen wurden für FISP bisher nicht dokumentiert. Auf detaillierte Kostenschätzungen haben IM und FM verzichtet. Sie haben sich für ein Prototyping mit zu Beginn niedrigen fachlichen Anforderungen und weiteren Verfeinerungen im Projektverlauf entschlossen. Vorrangig war die Idee, ein Instrument zur Verfügung zu haben, mit dem Fragen aus dem politischen Raum beantwortet werden können. Ein Projektbudget wurde bisher nicht aufgestellt; ein Projekt-Controlling war ebenso nicht festzustellen.

Auch wenn die bisherige Vorgehensweise bei diesem Projekt nicht zu beanstanden ist, sollte jetzt ein Projekt-Controlling errichtet werden.

4.5 Bewertung und Empfehlungen

Der Ansatz, ein auch von Personalsachbearbeitern bedienbares Instrument zu schaffen, mit dem die umfangreichen Datenmengen des LBV nach bestimmten Kriterien abgefragt werden können, um ressortspezifische und steuerungsrelevante Informationsbedürfnisse zu befriedigen, ist nachvollziehbar. Auch das Werben bei den Ressorts für einen Einsatz von FISP ist sinnvoll. Sie sollen die Möglichkeit erhalten, Daten zur Beantwortung politisch relevanter Fragen zu ihrem Personalstand und zur Personalentwicklung selbst auszuwerten und zusammen zu stellen.

Der bisherige Projektverlauf ist jedoch nicht vollständig befriedigend. Die Stabstelle für Verwaltungsreform hatte zunächst mithilfe eines externen Beraters Anforderungen definiert, deren Umsetzung aber zu teuer schien. Das LBV hat daraufhin ein System für seine eigenen Bedürfnisse entworfen und versucht nun bei den Ressorts, Interesse für sein Produkt zu wecken. Durch den Einsatz des Informationssystems bei den Ministerien wurde das ursprüngliche Ziel eines allgemein einsetzbaren Auswertungs-Tools nun zwar erreicht, aber zu höheren Kosten als ursprünglich angenommen. So lange das LBV seinen Personaleinsatz nicht verringern kann, fallen dort jährlich Personalkosten in Höhe von 248.000 € an.

Die Ministerien sollten explizit festlegen, was sie wirklich brauchen, damit alsbald ein zielgerichteter Arbeits-, Zeit- und Kostenplan sowie ein verbindliches Rechtesystem und Zugriffskonzept erstellt werden können. Dabei sind die Forderungen zu priorisieren und Meilensteine zu definieren, um eine zügige Umsetzung des Projekts zu ermöglichen.

Der RH empfiehlt,

  • die restlichen Projektarbeiten nach einem noch zu erstellenden Arbeits-, Zeit- und Kostenplan auszurichten sowie

 

  • im Rahmen der Budgetierung und Kostenverantwortung die Betriebskosten des LBV für FISP den Anwendern in Rechnung zu stellen. Diese Vorgehensweise wäre für ein Pilotprojekt im Zuge der Einführung „Neuer Steuerungsinstrumente“ geeignet. Mit ihm könnten konkrete Erfahrungen nach dem Bestell-Bezahl-Prinzip gewonnen werden.

5 Stellungnahme des Ministeriums

Das FM erwidert, der RH fordere einerseits ein einheitliches Personalverwaltungssystem, unterschätze andererseits aber erheblich den Aufwand zur Vereinheitlichung der Personalverwaltung. Auch werde vom RH nicht anerkannt, dass Ende 2004 mit DIPSY 192.000 Personalfälle verwaltet werden. Im Übrigen würden ab 2005 die Daten aller Beschäftigten, die in die Regierungspräsidien eingegliedert werden, mit DIPSY verwaltet.

Den Empfehlungen, den Fortgang und die weitere Umsetzung in einer Zeitplanung darzustellen, die weitere Realisierung mit einem Projekt-Controlling zeitnah zu überwachen sowie die Software-Entwicklung professioneller zu organisieren und zu steuern, wolle das FM im Rahmen seiner zur Verfügung stehenden personellen und sachlichen Mittel nachkommen. Die Empfehlung, einen geeigneten Abrechnungsschlüssel mit anderen Ländern zu finden, wolle das LBV prüfen.

Hinsichtlich FISP weist das FM darauf hin, dass eine aufwendige Einzelprogrammierung erforderlich gewesen sei, um die von den Ressorts gewünschten Auswertungsmöglichkeiten zu verwirklichen. Um die unterschiedlichen Anforderungen zu berücksichtigen, habe die Stabstelle für Verwaltungsreform mit externer Unterstützung eine allgemeine Konzeption erstellt und diese zu einer ersten Projektstufe reduziert. Dabei sei auch klar gewesen, dass in dem komplexen und sensiblen Bereich zusätzliche Kosten entstehen würden. Heute könne auf das flexible und weithin anerkannte Instrument nicht mehr verzichtet werden. In FISP würden rd. 80 verschiedene Standardauswertungen zu rd. 20 verschiedenen Datengruppierungen vorgehalten. Bei der Vorbereitung der Verwaltungsstruktur-Reform habe FISP seine erste Bewährungsprobe bestanden.

Für die weiteren Projektarbeiten wolle das FM einen Arbeits- und Zeitplan erstellen und den Mittelabfluss dokumentieren.

6 Schlussbemerkung

Wenn die zugesagten Maßnahmen ergriffen werden, ist nunmehr - elf Jahre nach Erteilung des PVS-Projektauftrags - zu erwarten, dass das Land zu einem einheitlichen Personalverwaltungssystem kommt.


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Das Finanzministerium hat Empfehlungen des Rechnungshofs zur Steigerung der Effektivität und Effizienz der Gebäudereinigung zeitnah und erfolgreich umgesetzt. Dadurch wurden allein im Regierungsbezirk Karlsruhe Einsparungen von 7,2 Mio. € jährlich realisiert. Wenn auch die vorgeschlagenen organisatorischen Maßnahmen konsequent umgesetzt würden, könnten landesweit weitere rd. 18 Mio. € jährlich eingespart werden.


1 Ausgangslage

Im Jahre 1996 teilte der RH die Ergebnisse einer Querschnittsuntersuchung zur Organisation und Wirtschaftlichkeit der Gebäudereinigung der Landesregierung mit (Beratende Äußerung gemäß § 88 Abs. 2 LHO, Drs. 11/7189). Nach dieser Untersuchung könnten durch eine bessere Aufbau- und Ablauforganisation und durch eine verstärkte Wahrnehmung der Steuerungsaufgaben jährlich mehr als 23 Mio. € Landesmittel gespart werden.

Um dieses Potenzial zu erschließen, wurden vom FM - unterstützt durch den RH - entsprechende Maßnahmen eingeleitet. Das FM hat dem Landtag am 13.10.1997 (Drs. 12/2042) über alle geplanten Optimierungsmaßnahmen berichtet.

Das StRPA Karlsruhe hat nun überprüft, inwieweit die Maßnahmen umgesetzt wurden und welche organisatorischen und wirtschaftlichen Auswirkungen erreicht wurden. Dazu wurden 514 Reinigungsobjekte aus den Bezirken der staatlichen Vermögens- und Hochbauämter Karlsruhe, Mannheim und Pforzheim in die Untersuchung einbezogen. 80 der Objekte werden von eigenen Reinigungskräften (Eigenreinigung), 434 Objekte von Reinigungsunternehmen (Fremdreinigung) gereinigt.

2 Feststellungen

2.1 Entwicklung der Gebäudereinigungskosten

Die Gesamtausgaben des Landes für die Reinigung seiner Gebäude lagen im Jahr 2002 (ohne Universitäten, Klinika, Zentren für Psychiatrie und Landtag) lediglich um 2,3 % über den Ausgaben von 1994. Das Schaubild zeigt die Veränderungen.

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Landesweit sind die Fremdreinigungskosten in diesen acht Jahren um rd. 5 Mio. € (19,1 %) gestiegen; dagegen fielen die Kosten für die Eigenreinigung in 2002 um rd. 3 Mio. € (7,7 %) niedriger aus als 1994. Eigenes Reinigungspersonal wurde demnach in erheblichem Umfang durch Fremdreinigung ersetzt; im Regierungsbezirk Karlsruhe beispielsweise ging die Anzahl der eigengereinigten Objekte um 15 % zurück. Der relativ geringe Anstieg der Gesamtkosten für die Gebäudereinigung um 2,3 % von 68,6 Mio. € auf 70,2 Mio. € ist ein Indiz dafür, dass insgesamt wirtschaftlicher gereinigt wird.

2.2 Maßnahmen zur Reorganisation der Gebäudereinigung

2.2.1 Aufbauorganisation

Im Zuge der Neuorganisation der Gebäudereinigung hat das FM die Fremdreinigung dem neuen Aufgabengebiet Gebäudemanagement zugeordnet, das sowohl beim FM selbst als auch bei den Oberfinanzdirektionen und bei den staatlichen Vermögens- und Hochbauämtern angesiedelt ist. Dadurch sind frühere Schnittstellenprobleme zwischen der staatlichen Liegenschafts- und der Hochbauverwaltung beseitigt worden. Die Organisation der Eigenreinigung wurde hingegen nicht verändert; dafür sind nach wie vor die einzelnen Dienststellen selbst verantwortlich. Die vom RH geforderte Zusammenführung der Organisation der Reinigung hat nicht stattgefunden. Auch wurde kein umfassendes Reinigungscontrolling zur Steuerung und kontinuierlichen Optimierung beider Reinigungssysteme installiert.

2.2.2 Ablauforganisation

Die Vergabe von Reinigungsaufträgen ist landesweit einheitlich geregelt. Alle Neuaufträge werden inzwischen aufgrund öffentlicher Ausschreibungen vergeben. Allerdings wurden bisher keine Kennzahlen zu den Kosten- und Leistungsdaten gebildet. Benchmarking-Vergleiche zum Aufdecken noch vorhandener Schwachstellen und weiterer Rationalisierungspotenziale sind daher nicht möglich. Zur Eigenreinigung fehlen ebenfalls entsprechende Daten. Die bisherigen Optimierungserfolge bei eigengereinigten Objekten beruhen überwiegend auf Einzelaktionen und sind nicht Ergebnis eines systematischen Vorgehens.

Auch ein geplantes DV-System, das die zur Analyse bzw. Beurteilung der Wirtschaftlichkeit eines Gebäudes notwendigen Daten automatisiert verfügbar machen sollte, ist bis heute nicht realisiert. Daher kann derzeit die Wirtschaftlichkeit der Reinigung nicht fundiert beurteilt werden.

2.3 Wirtschaftlichkeit der Gebäudereinigung

2.3.1 Empirischer Vergleich

Obwohl die Gebäudereinigung im Untersuchungsbereich nicht kontinuierlich weiter optimiert wurde, haben die aufgrund der Beratenden Äußerung durchgeführten Maßnahmen zu beachtlichen Einsparungen geführt. Die damals aufgezeigten Einsparpotenziale wurden bei der Eigenreinigung zu einem erheblichen Teil realisiert und bei der Fremdreinigung sogar leicht übertroffen. Den Vergleich von Kostendaten zur Fremd- und Eigenreinigung im Regierungsbezirk Karlsruhe zeigt Übersicht 1.

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Sowohl die Kosten der Fremdreinigung als auch die der Eigenreinigung sind im Untersuchungsbereich um fast 38 % gesenkt worden. Das entspricht jährlichen Kosteneinsparungen von insgesamt 7,2 Mio. €. Der RH hatte in seiner Beratenden Äußerung für den Regierungsbezirk Karlsruhe die landesweit höchsten Rationalisierungspotenziale aufgezeigt. Sie lagen bei der Fremdreinigung bei maximal 34,6 % (= 2,1 Mio. €) und für die Eigenreinigung bei maximal 58 % (= 7,5 Mio. €).

2.3.2 Vergleich von Kostendaten der staatlichen Vermögens- und Hochbauämter im Regierungsbezirk Karlsruhe im Jahr 2002

Die Untersuchung des StRPA Karlsruhe hat gezeigt, dass trotz realisierter Kosteneinsparungen immer noch große Unterschiede (Bandbreiten) bei den durchschnittlichen Reinigungskosten je m² Bodenfläche sowie bei den durchschnittlichen Stundenverrechnungssätzen der Reinigungsunternehmen bzw. den Lohn- und Sachkosten je Stunde der Eigenreinigung zwischen den untersuchten Dienststellen bestehen (s. Übersichten 2 und 3).

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Die enormen Bandbreiten bei den Kosten der Fremdreinigung von 3,10 € bis 92,20 € je m² Bodenfläche bzw. bei der Eigenreinigung von 8,30 € bis 38,40 € sowie bei den Unternehmerstundenlöhnen von 9,00 € bis 25,80 € bzw. den Lohn- und Sachkosten der Eigenreinigungskräfte von 11,20 € bis 20,10 € je Stunde sind zu hinterfragen. Hier lassen sich weitere erhebliche Einsparpotenziale vermuten.

Auffällig ist, dass die Eigenreinigung im Bezirk des Staatlichen Vermögens- und Hochbauamts Pforzheim mit 19,15 €/m² fast doppelt so teuer ist wie die Fremdreinigung (10,39 €/m²). Insbesondere im Bezirk des Staatlichen Vermögens- und Hochbauamts Mannheim ist der Unterschied von 12,27 € zu 10,31 € deutlich geringer. Dagegen unterscheiden sich die durchschnittlichen Lohn- und Sachkosten der Fremdunternehmen einerseits und der Eigenreinigungskräfte andererseits nur wenig. Sie können daher nicht die Ursache für die großen Kostenunterschiede zwischen Fremd- und Eigenreinigung sein; vielmehr sind unterschiedliche Leistungsdaten ursächlich.

2.3.3 Vergleich von Leistungsdaten der staatlichen Vermögens- und Hochbauämter im Regierungsbezirk Karlsruhe im Jahr 2002

Die Häufigkeit der Reinigung (Reinigungsintervall) sowie die Leistungsfähigkeit des Reinigungspersonals (Reinigungsleistung) innerhalb eines bestimmten Zeitraumes sind bis heute die hauptsächlichen Kosten beeinflussenden Faktoren bei der Gebäudereinigung. Die Übersichten 4 und 5 zeigen die immer noch großen - nur teilweise nutzungsbedingten - Unterschiede dieser Leistungsdaten zwischen und innerhalb (Bandbreiten) den einzelnen Amtsbezirken.

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Die Übersichten verdeutlichen einerseits, dass die höheren Kosten der Eigenreinigung gegenüber der Fremdreinigung durch häufigeres Reinigen bei geringerer Leistung der Reinigungskräfte entstehen. Andererseits zeigen sie bei beiden Reinigungssystemen enorme Bandbreiten der durchschnittlichen Reinigungsintervalle und Reinigungsleistungen. Dabei liegen die Reinigungsintervalle bei der Eigenreinigung um rd. 25 % höher als bei der Fremdreinigung; die Fremdreinigungsleistung je Stunde und je m² ist um 30 % höher als die vergleichbare Eigenreinigungsleistung. Dies erklärt die extremen Unterschiede bei den Reinigungskosten der untersuchten Dienststellen.

2.4 Einsparpotenziale

Benchmarking-Vergleiche auf der Basis von empirisch ermittelten Durchschnittswerten in den Bezirken der drei staatlichen Vermögens- und Hochbauämter zeigen - wie schon 1996 - große Einsparpotenziale bei der Gebäudereinigung. Allein im Regierungsbezirk Karlsruhe könnten je nach Optimierungsgrad zusätzlich Reinigungskosten von bis zu 7,2 Mio. € jährlich gespart werden.

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Der Berechnung liegt ein minimaler Benchmark zugrunde, der aus dem jeweiligen Durchschnittswert aller Reinigungsobjekte der Fremd- bzw. Eigenreinigung gebildet wurde. Der maximale Benchmark orientiert sich an einer Musterdienststelle mit optimierten Kosten- und Leistungsdaten.

Unter der Annahme, dass bei allen staatlichen Vermögens- und Hochbauämtern des Landes ähnliche Rationalisierungspotenziale wie im Untersuchungsbereich vorhanden sind, ergäbe sich bei vorsichtiger Hochrechnung ein landesweites Einsparpotenzial von jährlich mindestens 3,8 Mio. € bis höchstens 18,3 Mio. €. Davon entfallen auf die Fremdreinigung 0,5 Mio. € bzw. 8,1 Mio. € und auf die Eigenreinigung 3,3 Mio. € bzw. 10,2 Mio. €. Das Einsparvolumen von 18,3 Mio. € orientiert sich dabei nicht an dem zuvor beschriebenen maximalen Benchmark, sondern lediglich an den durchschnittlichen, empirisch ermittelten Bestwerten der Amtsbezirke zur Fremd- bzw. Eigenreinigung.

3 Bewertung und Empfehlungen

3.1 Aufbauorganisation

Bisherige Maßnahmen zur Optimierung der Gebäudereinigung haben die in der Beratenden Äußerung von 1996 aufgezeigten Missstände teilweise beseitigt und die Wirtschaftlichkeit erhöht. Ein kontinuierlicher Prozess für eine effektivere und auf Dauer effizientere Aufgabenerledigung wurde jedoch nicht eingeleitet. Dadurch sind bei beiden Reinigungssystemen, insbesondere aber bei der Eigenreinigung, durch die Erhöhung der Leistungsdaten weitere erhebliche Einsparpotenziale möglich. Um diese zu realisieren und um Mehrkosten künftig zu vermeiden, muss das bereits früher geforderte Reinigungscontrolling nun umgehend installiert werden. Das Reinigungscontrolling sollte sich auf beide Reinigungssysteme erstrecken und dem neu geschaffenen Landesbetrieb Vermögen- und Bau Baden-Württemberg - Aufgabenbereich Gebäudemanagement - übertragen werden.

3.2 Ablauforganisation

Kosten- und Leistungsdaten der Gebäudereinigung sind künftig den Nutzern transparent zu machen, ebenso deren Abweichungen von der Norm. Hierzu ist im Rahmen des Reinigungscontrollings ein adäquates Berichtswesen aufzubauen, welches steuerungsrelevante Daten bei den Nutzern einfordert, verarbeitet und zurückleitet.

Die Entscheidung, welches Reinigungssystem eingesetzt wird, bleibt Aufgabe der Nutzer und muss durch Einzelanalyse am jeweiligen Reinigungsobjekt getroffen werden. Dabei sind die Vor- und Nachteile von Fremd- und Eigenreinigung gegeneinander abzuwägen und die wirtschaftlichste Lösung anzustreben.

4 Stellungnahme des Ministeriums

Das FM teilt mit, dass die OFD Stuttgart im Bereich der Fremdreinigung ein Reinigungscontrolling durchführe. So sei beispielsweise das Leistungsverzeichnis erneuert, einheitliche Vertragsunterlagen erstellt und eine DV-Unterstützung für die Ausschreibung eingeführt worden. Über Berichtspflichten sei sichergestellt, dass die Neuvergabe von Reinigungsleistungen grundsätzlich nur noch über Öffentliche Ausschreibungen erfolge. In diesem Zusammenhang seien im Bereich der OFD Stuttgart weitergehende Daten zur Fremdreinigung erhoben, ausgewertet und an die Ämter zurückgegeben worden.

Richtig sei aber, dass bei der OFD Karlsruhe aufgrund von Personalmangel bisher kein Gebäudemanagementreferat eingerichtet werden konnte, sodass eine zentrale Datenerfassung und Auswertung für diesen Bereich unterblieb. Diese Lücke werde für die Zukunft mit der Gründung des Landesbetriebs Vermögen und Bau Baden-Württemberg geschlossen. Künftig werde das in der Betriebsleitung der OFD Stuttgart angesiedelte Gebäudemanagement-Referat landesweit die Datenerhebung und Auswertung zur Fremdreinigung steuern.

Zur Eigenreinigung verweist das FM auf die Zuständigkeit der jeweiligen Ressorts, denen danach auch das Reinigungscontrolling obliege.

Weiterhin hält das FM die Berechnung der Einsparpotenziale im Bereich der Fremdreinigung durch das praktizierte Benchmarking-Verfahren für nicht sachgerecht. Da die Unterschiede der Reinigungskosten je m² Bodenfläche grundsätzlich sachlich begründet seien und die Reinigungshäufigkeit nicht weiter reduziert bzw. die Leistungen nicht weiter erhöht werden könnten, sieht das FM im Bereich der Fremdreinigung kein generelles Einsparpotenzial mehr.

Bei der Eigenreinigung teilt das FM die Auffassung des RH, dass noch Einsparmöglichkeiten bestünden, sofern es gelänge, die Leistungsdaten der Eigenreinigung an die der Fremdreinigung anzunähern. Eine völlige Angleichung hält das FM aufgrund der unterschiedlichen Rahmenbedingungen (z. B. Altersstruktur der Reinigungskräfte, Geräteausstattung) für nicht erreichbar.

5 Schlussbemerkung

Der RH anerkennt die eingeleiteten Maßnahmen zum Aufbau eines Reinigungscontrollings. Die Forderungen des RH gehen aber darüber hinaus und sehen den Aufbau eines systematisch strukturierten, landesweit gültigen Berichtswesens vor, das sowohl Daten zur Fremdreinigung als auch zur Eigenreinigung enthält. Diese Daten müssen in regelmäßigen Abständen aktualisiert und den Nutzern transparent gemacht werden. Nur dann ist zukünftig eine kontinuierliche, effiziente und effektive Aufgabenwahrnehmung gewährleistet. In wieweit hierzu eine von der OFD Stuttgart geplante Broschüre mit differenzierten Kostenkennwerten für staatliche Gebäude beitragen kann, bleibt abzuwarten.

Die aufgezeigten Einsparpotenziale beruhen nicht auf den Bandbreiten der Erhebungen und deren Spitzenwerten, sondern auf gewichteten Durchschnittswerten ganzer Amtsbezirke bzw. einzelner Nutzergruppen. Bei der Berechnung dieser Durchschnittswerte blieben Extremwerte unberücksichtigt.

Der RH ist daher überzeugt, dass bei konsequenter Umsetzung der Vorschläge und einer kontinuierlichen Bereitschaft, sich im Wege des Benchmarking am Besten zu messen, bei der Reinigung der staatlichen Gebäude auch künftig weitere zusätzliche Einsparpotenziale realisiert werden können.


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Durch eine stärkere Konzentration der Zuständigkeiten für die Festsetzung der Reisekostenvergütung und durch Einsatz eines integrierten DV-Verfahrens können allein bei den Abrechnungsstellen bis zu 118 Personalstellen abgebaut und Kosten in Höhe von 8,2 Mio. € jährlich eingespart werden.


1 Ausgangslage

Bundesweit hat sich die öffentliche Verwaltung bisher bei ihren Einsparbemühungen auf die direkten Reisekosten (u. a. Tagegelder, Fahrt- und Übernachtungskosten) konzentriert. Den erheblichen Aufwendungen bei den indirekten Kosten, zu denen hauptsächlich der Zeitaufwand für die Vorbereitung, Genehmigung, Durchführung und Abrechnung von Dienstreisen zählen, wurde demgegenüber wenig Beachtung geschenkt.

Um einen Überblick über die in Baden-Württemberg vorhandenen Strukturen und Verfahren im Reisekostenantrags- und Abrechnungsverfahren zu erhalten, hat der RH bei 357 Verwaltungsdienststellen, Hochschulen und Berufsakademien sowie Landesbetrieben, die für die Festsetzung der Reisekosten bei insgesamt 494 Dienststellen zuständig waren, Daten erhoben, ausgewertet und analysiert.

2 Allgemeine Feststellungen

2.1 Aufbau- und Ablauforganisation sowie Kennzahlen

Die Reisekosten der gegenwärtig rd. 263.700 Beamten, Richter, Arbeitnehmer und Auszubildenden des Landes Baden-Württemberg - rd. 740.000 Abrechnungen im Jahr - sind nach dem Landesreisekostengesetz sowie nach Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften hierzu abzuwickeln.

Steuerungsrelevante Kennzahlen zu den direkten Kosten (z. B. für Bahnreisen oder Hotelübernachtungen) und den indirekten Reisekosten (z. B. Personalaufwand für das Genehmigungs- und Abrechnungsverfahren) liegen den Dienststellen des Landes bislang nicht vor. Für die Reisekostenabrechnung gibt es keine einheitlichen Organisationsvorgaben zum Aufbau der Abrechnungsstellen, zum Abrechnungsverfahren und zum Personaleinsatz. Selbst kleinste Landesdienststellen rechnen Reisekosten ab. So fielen bei einer Dienststelle mit nur fünf Bediensteten für die Bearbeitung und Festsetzung der 14 Anträge auf Reisekostenerstattung Personalkosten in Höhe von 829 € an; ausbezahlt wurden Reisekosten in Höhe von 785 €. Neben der Festsetzung des Erstattungsbetrages sind die Reisekostenstellen in sehr unterschiedlichem Umfang auch in das Genehmigungsverfahren und die Dienstreisevorbereitung eingebunden.

2.2 Abrechnungsverfahren

Das vom IM entwickelte Abrechnungsprogramm RTA-BW kam erstmals im Jahr 1992 zum Einsatz. Es ist benutzerfreundlich, durch ständige Weiterentwicklung auf dem Stand der Technik und stellt ein positives Beispiel für eine Software-Eigenentwicklung des Landes dar. Trotzdem nutzten nur 265 (74 %) der 357 ausgewerteten Dienststellen diese Software. In 18 Landesdienststellen waren andere DV-Verfahren im Einsatz. 74 Dienststellen berechneten die Höhe der Reisekostenvergütung noch immer manuell.

Aktuell gibt es Überlegungen, das Programm um ein Antragsmodul zu erweitern. Mit dieser Software könnte dann jeder Antragsteller an seinem Bildschirmarbeitsplatz den Dienstreiseantrag ausfüllen und elektronisch zur Genehmigung vorlegen. Nach Durchführung der Reise lassen sich diese Daten unmittelbar für die Reisekostenabrechnung verwenden und ins Abrechnungsmodul übertragen.

3 Einzelfeststellungen

1.708 Mitarbeiter, teilweise mit kleinsten Stellenbruchteilen, waren in den untersuchten Dienststellen mit Reisekosten, Trennungsgeld und Umzugskosten befasst. Dies entspricht 226 Vollzeitäquivalenten (VZÄ). Hiervon entfielen auf

  • Reisekosten rd. 204 VZÄ und auf
  • Trennungsgeld und Umzugskosten rd. 22 VZÄ.

Nur 36 Mitarbeiter waren zu 100 % ihrer regelmäßigen Arbeitszeit mit Reisekosten, Trennungsgeld und/oder Umzugskosten beschäftigt.

Die Kosten für den genannten Personaleinsatz in Höhe von 226 VZÄ lagen bei insgesamt 16,2 Mio. €. Davon entfielen auf die Vorbereitung von Dienstreisen, die Bearbeitung der Reisekostenvergütungsanträge, die Freigabe der Zahlungen und die Bearbeitung von Rechtsbehelfen 14,6 Mio. €. Bei den einschlägigen Reisekostentiteln (Gruppen 527 und 547) wurden rd. 33 Mio. € Reisekostenvergütungen festgesetzt.

Die für die einzelnen Aufgaben eingesetzten Personalkapazitäten und die dafür aufzuwendenden Personalkosten im Untersuchungsbereich können der Übersicht 1 entnommen werden.

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4 Kennzahlen

4.1 Zielsetzung

Ziel dieser landesweiten Erhebung war auch die Bildung von Kennzahlen als Orientierungs- und Vergleichsmaßstab zur Optimierung und Steuerung des Dienstreisemanagements insgesamt. Hierzu wurden folgende Kennzahlen für die Ressorts, teilweise auch für die Regierungsbezirke und die obersten Landesbehörden, getrennt für die Verwaltungsdienststellen, Hochschulen und Berufsakademien, gebildet:

  • Anzahl der abgerechneten Anträge und Dienstreisen je Mitarbeiter und VZÄ
  • Zeitaufwand in Minuten je abgerechnetem Antrag
  • Personalkosten je abgerechnetem Antrag
  • ausbezahlte Reisekosten je abgerechnetem Antrag
  • Prozesskosten je abgerechnetem Antrag

Die Kennzahlen sollen helfen, den Umfang und die Gewichtigkeit dieses Aufgabenbereiches zukünftig besser erfassen, vergleichen, beurteilen und damit insgesamt wirtschaftlicher gestalten zu können. Die Landesbetriebe wurden in die weiteren Auswertungen nicht einbezogen. Im Hinblick auf den weitgehend fehlenden nachgeordneten Bereich und die vielfach komplizierten und zeitaufwendigen Abrechnungen, insbesondere für Auslandsdienstreisen, sind die Ergebnisse des Landtags und des StM differenziert zu betrachten.

4.2 Anzahl, Aufwand und Kosten

4.2.1 Landesweite und ressortbezogene Kennzahlen

Die wichtigste Kennzahl wurde aus der Anzahl der von einem Mitarbeiter (VZÄ) abgerechneten Reisekostenanträge gebildet. Übersicht 2 gibt diese Kennzahlen wieder. Die Ergebnisse basieren auf der Summe der abgerechneten Einzel- und Sammelreisekostenanträge und der übrigen Anordnungen. Um eine Vergleichbarkeit zu Untersuchungen in anderen Ländern herstellen zu können, wurden bei der Berechnung der Kennzahlen nur die eingesetzten Personalkapazitäten für die Aufgabe „Festsetzung der Reisekostenvergütung“ zugrunde gelegt; hieraus wurden auch die Personalkosten abgeleitet.

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In den einbezogenen Dienststellen wurden die Reisekosten von insgesamt 144.517 Mitarbeitern abgewickelt. Bei 385.839 abgerechneten Einzel- und Sammelreisekostenanträgen und 113 Festsetzern wurden im Durchschnitt von einer VZÄ 3.411 Anträge im Jahr abgerechnet.

Die Übersicht verdeutlicht die erheblichen Unterschiede bei den Erledigungszahlen zwischen den einzelnen Ressorts. Sie liegen zwischen 1.715 Anträgen beim MLR und 4.968 Anträgen beim WM. Weitergehende Auswertungen zeigen, dass z. B. bei Finanzämtern, die nur kleine Abrechnungsstellen haben, durchschnittlich nur 1.613 Fälle je Vollzeitkraft bearbeitet wurden. Demgegenüber erreichte eine Vollzeitkraft in den Regierungspräsidien 6.609 Abrechnungen je Jahr. Die Größe der Abrechnungsstellen hat entscheidenden Einfluss auf die erreichten Fallzahlen, und damit auf die Wirtschaftlichkeit insgesamt. Mit der Zahl der Abrechnungen steigt die Produktivität und die Festsetzungskosten je Fall werden geringer. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand: Die Reisekostensachbearbeiter werden mit zunehmender Festsetzungsmenge u. a. routinierter, erlangen mehr Rechtssicherheit und sind aktuell mit den einschlägigen Rechtsvorschriften vertraut. In 23 % der in die Untersuchung einbezogenen Reisekostenstellen konnten so mehr als 5.000 Abrechnungen je VZÄ und Jahr erledigt werden; einzelne Dienststellen erreichen bereits jetzt eine Kennzahl von über 7.000 Abrechnungen.

Für die Verwaltungsdienststellen ergab sich je VZÄ eine Kennzahl von 3.456 abgerechneten Anträgen und für die Hochschulen/Berufsakademien von 3.239.

Aus der Übersicht 3 können der Zeitaufwand, die Kosten und die ausbezahlten Reisekosten je abgerechnetem Antrag entnommen werden.

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Für die Festsetzung eines Reisekostenvergütungsantrags, zu der auch die Beratung der Antragsteller, die Klärung von Rückfragen, die Prüfung der Anträge, die Datenerfassung und die Fertigung der Kassenanweisungen zählen, wurden im Durchschnitt 29 Minuten benötigt, dies bei einer Spanne von 20 Minuten im Geschäftsbereich des KM und WM bis 58 Minuten im Geschäftsbereich des MLR.

Allein für die Festsetzung der Reisekostenvergütungen fielen in den untersuchten Dienststellen mehr als 7,9 Mio. € Personalkosten an. Bei durchschnittlich ausbezahlten Reisekosten von 100 € mussten zusätzlich Festsetzungskosten von 20 € aufgewendet werden. Die Spanne der Auszahlungen lag je Antrag zwischen 43 € in den Dienststellen des IM und 214 € im Bereich des MWK.

Ausgewertet wurden auch die Kosten zur gesamten Prozessabwicklung einer Dienstreise. Diese beinhalten die Personalkosten für die Vorbereitung einer Dienstreise, die Festsetzung von Reisekostenvergütung, die Freigabe der Zahlungen und die Bearbeitung von Widersprüchen. Bei insgesamt rd. 386.000 Abrechnungen und Personalkosten in Höhe von 13,2 Mio. € ergeben sich durchschnittliche Prozesskosten von 34 € je Antrag. Bei einem durchschnittlichen Auszahlungsbetrag von 100 € liegen die Gesamtkosten für die verwaltungsmäßige Abwicklung einer Dienstreise bei 34 %.

4.2.2 Kennzahlen für die obersten Landesbehörden

Um eine direkte Vergleichbarkeit zwischen den obersten Landesbehörden herstellen zu können, wurden deren Meldungen separat ausgewertet. Für die 3.557 Beschäftigten des Landtags und der Ministerien wurden 22.414 Einzel- und Sammelreisekostenanträge abgerechnet. Im Vergleich zum Landesergebnis lagen der Landtag und die Ministerien mit einem Durchschnitt von 2.744 abgerechneten Anträgen je VZÄ deutlich darunter; die Spannweiten insgesamt waren hoch. Die Personalkosten und ausbezahlten Reisekosten je Antrag sind dagegen mit insgesamt 178 € deutlich höher als der Landesdurchschnitt mit 120 €. Die ausbezahlten Reisekosten je Antrag lagen zwischen 66 € bis 292 €.

4.2.3 Kennzahlen für die Regierungsbezirke

Die Dienststellen in den Regierungsbezirken Freiburg (3.570), Karlsruhe (3.967) und Tübingen (3.408) lagen bei der Anzahl der abgerechneten Anträge je VZÄ über bzw. im Landesdurchschnitt von 3.411 Anträgen. In den Dienststellen des Regierungsbezirks Stuttgart wurden dagegen im Durchschnitt lediglich 3.028 Anträge abgerechnet.

4.3 Abrechnungsverfahren

Bei Einsatz von DV-Verfahren wurde mit durchschnittlich 3.463 abgerechneten Anträgen eine um 41 % höhere Fallzahl gegenüber der manuellen Bearbeitung (2.452 Abrechnungen) erreicht. Die möglichen Ersparnisse liegen somit mindestens bei 29 % (Zeitaufwand) und 32 % (Personalkosten). Wenn auch die 72 Landesdienststellen aus dem Untersuchungsbereich, die bisher RTA-BW nicht einsetzen, dieses zukünftig nutzen würden, ergäbe sich kurzfristig - orientiert am Landesdurchschnitt - ein Rationalisierungspotenzial in Höhe von rd. 134.000 € jährlich.

4.4 Wesentliche Analysedaten im Überblick

In den Übersichten 4 und 5 werden die wichtigsten Kennzahlen zur Dienstreisevorbereitung und zur Abrechnung dargestellt.

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5 Vergleich mit Nordrhein-Westfalen

Der Landesrechnungshof Nordrhein-Westfalen hat ebenfalls die Wirtschaftlichkeit der Organisation und Abrechnung von Dienstreisen untersucht. Für Baden-Württemberg zeigen sich überwiegend bessere Kennzahlen (Übersicht 6).

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6 Einsparpotenziale

6.1 Allgemein

Die Bearbeitung der Dienstreisen durch derzeit mehr als 1.500 Mitarbeiter ist unwirtschaftlich. Der RH empfiehlt daher eine stärkere Konzentration zumindest der Reisekostenabrechnungen. Nach Einrichtung funktionsfähiger Organisationseinheiten mit optimierten Abläufen und entsprechender DV-Unterstützung sind Fallzahlen zwischen 6.000 und 7.000 Abrechnungen je VZÄ und Jahr realisierbar. Dies zeigen die Dienststellen des Landes, die bereits jetzt diese Fallzahlen erreichen. Auch die Erledigungszahlen aus der zentralen Beihilfebearbeitung sind ein Beleg für die Erreichbarkeit dieser Zielvorgabe. Obwohl hier komplexere Bearbeitungsschritte erforderlich sind, werden dort 6.100 Fälle je VZÄ und Jahr erledigt. Die zentrale Beihilfebearbeitung hat sich auch unter wirtschaftlichen Aspekten bewährt.

Der Landesrechnungshof Nordrhein-Westfalen fordert beispielsweise für seine Behörden zukünftig 6.200 Reisekostenabrechnungen je Jahr und Vollzeitkraft (bei 38,5 Stunden/Woche). Dies soll ohne Beeinträchtigung der dienstlichen Belange oder Anstieg der direkten Reisekosten erreichbar sein. Die genannte Fallzahl beinhaltet auch die Wahrnehmung von teilweise mit zu erledigenden Zusatzaufgaben der Festsetzungsstellen (z. B. Reiseplanung, Reisevorbereitung, Buchungsabwicklung und Betreuung der Dienstreisenden).

6.2 Stelleneinsparpotenzial im Untersuchungsbereich

Unter der Prämisse, dass die Festsetzung der Reisekosten zukünftig in funktionsfähigen Organisationseinheiten mit optimierten Prozessen und DV-Unterstützung erfolgt, ergeben sich erhebliche Einsparpotenziale. Auf Basis der bisher jährlich abgerechneten Einzel- und Sammelreisekostenanträge und der hierfür eingesetzten Vollzeitkräfte wurde das rechnerisch mögliche Einsparpotenzial ermittelt. Allein bei den in die Untersuchung einbezogenen Dienststellen können bei einer Erledigungszahl von 6.000 Abrechnungen 55 VZÄ eingespart werden; dies entspricht einem jährlichen Einsparpotenzial von 3,8 Mio. €. Bei einer Erledigungszahl von 7.000 Fällen je VZÄ, die bei einer künftig durchgängig DV-gestützten Bearbeitung als Zielvorgabe festgesetzt werden sollte, erhöht sich das Einsparpotenzial auf 61 Stellen bzw. 4,3 Mio. €, weil hierdurch der Erfassungsaufwand in den Abrechnungsstellen weitgehend entfällt.

6.3 Hochrechnung auf die gesamte Landesverwaltung in Baden-Württemberg und Umsetzung der Einsparpotenziale

Der RH hat anhand der Kennzahlen ressortbezogen die für Reisekosten, Trennungsgeld und Umzugskosten insgesamt eingesetzten Personalkapazitäten auch für die nicht in die Untersuchung einbezogenen Dienststellen ermittelt. Danach sind landesweit 385 VZÄ für diese Aufgaben eingesetzt; der Personalaufwand liegt bei 27,4 Mio. €.

Allein für die Aufgabe „Festsetzung der Reisekostenvergütung“ ergibt die Hochrechnung landesweit 219 mit der Abrechnung von Dienstreisen befasste VZÄ. Der Personalbedarf für die Reisekostenabrechnungen der rd. 257.100 im unmittelbaren öffentlichen Dienst des Landes beschäftigten Mitarbeiter liegt bei lediglich 118 Stellen; somit wären 101 Vollzeitstellen abbaubar, und es könnten Personalkosten in Höhe von 7,0 Mio. € im Jahr eingespart werden. Würde eine Kennzahl von 7.000 Anträgen zugrunde gelegt, wären 101 Festsetzer für die Abrechnung der Dienstreisen ausreichend. Insgesamt könnten dann 118 Stellen wegfallen.

Die Ergebnisse der Hochrechnung für die Festsetzung der Reisekostenvergütung sind in der Übersicht 7 - insgesamt und unterteilt für die Verwaltungsdienststellen und die Hochschulen und Berufsakademien - zusammengefasst.

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Diesen Einsparpotenzialen müssen die Kosten für die Anpassung der DV-Verfahren gegen gerechnet werden. Der RH ist sich bewusst, dass diese Stelleneinsparpotenziale nicht vollständig in den jeweiligen Dienststellen realisiert werden können, da dort bisher oft nur kleine Stellenbruchteile hierfür eingesetzt sind (Kostenremanenz). Im Zuge der Verwaltungsstruktur-Reform ergibt sich aber ein völlig neuer Verwaltungsaufbau insbesondere auf der Ebene der Landratsämter und der Regierungspräsidien. Hierbei werden Annexaufgaben insgesamt stärker gebündelt, und für viele Bedienstete ergeben sich neue Aufgabenzuschnitte. Im Zuge dieses Prozesses sind Einsparpotenziale zu identifizieren und zeitnah zu realisieren.

7 Vorschläge zur Gestaltung des Dienstreisemanagements

7.1 Grundsätzliche Festlegungen

Das Dienstreisemanagement muss insgesamt effizienter gestaltet werden. Dies gilt für die verwaltungstechnische Abwicklung ebenso wie für die Aufwendungen des Dienstreisenden selbst.

Der RH schlägt daher vor,

  • kurzfristig den flächendeckenden Einsatz des Abrechnungsverfahrens RTA-BW bei allen Abrechnungsstellen des Landes sicherzustellen;

 

  • das bisher auf den Rechnern der einzelnen Dienststellen installierte RTA-Abrechnungsmodul aus Gründen der Wirtschaftlichkeit in einem einzigen Rechenzentrum zu installieren; auch bei zentralem Serverbetrieb und zentraler Datenhaltung können dezentrale Abrechnungsstellen bedient werden;

 

  • die landeseigene Software RTA-BW unter Einbindung des neu entwickelten Antragsmoduls zügig zu einem integrierten „Workflow-Verfahren Dienstreisen“ weiter zu entwickeln und ebenfalls von dem vorgenannten zentralen Rechenzentrum allen Dienstreisenden am Arbeitsplatz anzubieten;

 

  • die Einkaufsmacht des Landes im Interesse besserer Konditionen weiter zu bündeln und die bestehenden Rahmenverträge zu optimieren;

 

  • zukünftig diesen Aufgabenbereich auf Basis der gebildeten Kennzahlen zu steuern; hierzu gehören landeseinheitliche Auswertungen und Behörden übergreifende Vergleiche der direkten und indirekten Kosten (Benchmarking im Rahmen des Landes-Controlling).

Ziel muss ein Reisekostenverfahren sein, das im Regelfall ohne Papieranträge, d. h. auch ohne persönliche eigenhändige Unterschrift arbeitet. Die Erkennung über entsprechende Identifikationsmerkmale erscheint ausreichend. Dabei sollte weitgehend - über die bisherigen Regelungen hinaus - auch auf einen belegmäßigen Nachweis der Auslagen verzichtet werden. Allerdings sollte der Dienstreisende verpflichtet werden, die Nachweise aufzubewahren, damit diese für Stichprobenprüfungen auf Verlangen vorgelegt werden können.

7.2 Genehmigung einer Dienstreise

Die Genehmigung einer Dienstreise soll weiterhin dezentral in den Dienststellen erfolgen. Die Verantwortung des Dienstvorgesetzten für den Betrieb der Dienststelle, Entscheidungen aufgrund der Kenntnis der Arbeitssituation vor Ort, dienststelleninterne Koordinierungsmöglichkeiten und die Budgetverantwortung machen dies erforderlich. Die wirtschaftlichste Form der Reisedurchführung und eine einheitliche Rechtsanwendung sind dabei sicherzustellen. Der RH hält den Verzicht auf die fachliche Genehmigung bei eintägigen Dienstreisen, die im Rahmen der üblichen Aufgabenwahrnehmung anfallen, für überlegenswert.

7.3 Dienstreisevorbereitung

Obwohl die zur Durchführung von Dienstreisen anfallenden Tätigkeiten bisher überwiegend vom Dienstreisenden selbst wahrgenommen werden, sind daneben in den Dienststellen insgesamt 88 VZÄ mit diesen Aufgaben befasst; dies entspricht Personalkosten von 6,3 Mio. € jährlich. Nach Einführung eines durchgängig DV-gestützten Workflows können diese Aufgaben einfacher und schneller erledigt werden. Der bisherige Ressourceneinsatz muss dann deutlich minimiert werden.

7.4 Abrechnung einer Dienstreise

Die bisher dezentrale Aufgabenwahrnehmung hat vielfach zu einer unwirtschaftlichen Aufgabenerledigung geführt. Der RH hat zur Bündelung der Festsetzungsaufgaben verschiedene Organisationsmodelle erarbeitet. Sie sehen eine stärkere Zentralisierung des Abrechnungsverfahrens und die Festsetzung der Reisekosten durch hierfür spezialisierte Fachkräfte vor. Der Aufwand für die Schulung und Betreuung und die Kosten für die notwendige DV-Ausstattung würden deutlich minimiert.

7.5 Szenarien für die organisatorische Umgestaltung

Die für die Landesverwaltung denkbaren Organisationsszenarien, deren Umsetzung auch schrittweise erfolgen kann, werden nachstehend dargestellt. Die Umsetzung sollte sich daran orientieren, in welcher Organisationsstruktur sich die Zielsetzungen, insbesondere der mögliche Stellenabbau und damit die wirtschaftlichste Aufgabenerledigung, auch unter Berücksichtigung qualitativer Aspekte, am Besten realisieren lassen.

7.5.1 Szenario 1: Modifizierter Status Quo

Der Aufgabenbereich „Reisekostenabrechnungen“ bleibt bei solchen Behörden dezentral organisiert, welche eine Fallzahl von 6.000 Abrechnungen je VZÄ und Jahr erreichen. Bei Abrechnungsstellen, die diese Fallzahlen nicht erreichen können, sind geeignete Kooperationen, Aufgabenverlagerungen bzw. Vorortzuständigkeiten zu prüfen und anzustreben. Die Verantwortung für eine zukünftig wirtschaftlichere Aufgabenerledigung liegt hier ausschließlich in der Verantwortung der Ressorts. Bei diesem Szenario können insgesamt 101 Stellen freigesetzt werden.

7.5.2 Szenario 2: Einrichtung zentraler Reisekostenstellen in den vier Regierungsbezirken

Im Zuge der Verwaltungsstruktur-Reform wird sich der Verwaltungsaufbau des Landes gravierend verändern. Dieser Umbruch könnte genutzt werden, um bei den vier Regierungspräsidien zentrale leistungsstarke Reisekostenstellen für alle Verwaltungsdienststellen und Hochschulen zu schaffen. Die Integration der von der Verwaltungsstruktur-Reform nicht betroffenen Landeseinrichtungen kann nach entsprechender Evaluation in einem zweiten Schritt erfolgen.

In den einzelnen Regierungspräsidien ergäbe sich, ausgehend von der derzeitigen Aufbauorganisation der Landesverwaltung und einer Erledigungszahl von 7.000 Abrechnungen je VZÄ, folgender Personalbedarf zur Bearbeitung der Reisekostenanträge:

  • Regierungsbezirk Freiburg: 20 Stellen
  • Regierungsbezirk Karlsruhe: 28 Stellen
  • Regierungsbezirk Stuttgart: 38 Stellen
  • Regierungsbezirk Tübingen: 15 Stellen

Das Freisetzungspotenzial liegt bei diesem Szenario bei 118 Stellen.

7.5.3 Szenario 3: Einrichtung von je einer zentralen Reisekostenstelle für die Verwaltungsdienststellen und die Universitäten

In den einzelnen Universitäten werden die Reisekosten für alle Fakultäten bisher überwiegend zentral in einer Reisekostenstelle festgesetzt. Zwischen den Universitäten findet auch ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch statt. Die Abrechnung der Dienstreisen könnte bei diesem Szenario weiter zentralisiert und bei nur einer Universität zusammengeführt werden. Den Besonderheiten im universitären Bereich könnte damit weiter Rechnung getragen werden.

Daneben wird nur noch eine weitere zentrale Reisekostenstelle für alle Verwaltungsdienststellen geschaffen.

Nach den Berechnungen des RH werden, bei einer Erledigungszahl von 7.000 Abrechnungen je VZÄ, im universitären Bereich neun Mitarbeiter und für die Verwaltungsdienststellen insgesamt 92 Mitarbeiter benötigt.

Das Freisetzungspotenzial liegt auch bei diesem Szenario bei 118 Stellen.

7.5.4 Szenario 4: Einrichtung einer zentralen Reisekostenstelle für die gesamte Landesverwaltung

Das IM hat Ende 2003 die Konzentration der Zuständigkeiten für die Festsetzung und Anweisung von Ansprüchen auf Trennungsgeld und Umzugskosten auf das LBV vorgeschlagen. Durch die Bündelung bisher einzelbehördlich wahrgenommener Funktionen bei einer zentral zuständigen Landesbehörde erhofft sich das IM Rationalisierungspotenzial.

Im Untersuchungsbereich waren nach den Feststellungen des RH für die Festsetzung und Anweisung von Trennungsgeld 17 Stellen und für Umzugskosten insgesamt vier Stellen eingesetzt. Hochgerechnet auf die Landesverwaltung sind demnach bisher insgesamt 36 VZÄ mit diesen Aufgaben befasst.

Eine konsequente Fortführung der Überlegungen des IM legt die Prüfung einer vollständigen Bündelung der Reisekostenabrechnungen bei einer zentralen Stelle (z. B. LBV) nahe. Beim LBV sind schon seit Jahren die Aufgaben zur Beihilfeabrechnung erfolgreich zentralisiert; dort sind auch alle relevanten und personenbezogenen Daten bereits vorhanden.

Für die zentrale Festsetzung der Reisekostenvergütungen würden, ausgehend von der derzeitigen Aufbauorganisation der Landesverwaltung und einer Erledigungszahl von 7.000 Abrechnungen je VZÄ, insgesamt 101 Sachbearbeiter ausreichen. Die Synergieeffekte hinsichtlich des Personaleinsatzes sind bei diesem Szenario mit 118 Stellen genau so hoch wie bei den Szenarien 2 und 3. Zusätzliche Synergien ergeben sich hier bei den Steuerungsaufgaben.

7.5.5 Qualitative Aspekte

Nachdem sich bei den drei letztgenannten Szenarien, die alle auf einer Erledigungszahl von 7.000 Abrechnungen je VZÄ basieren, jeweils Freisetzungspotenziale von 118 Stellen ergeben, sollte die optimale Lösung anhand zusätzlicher Merkmale ausgewählt werden. Beim Szenario 4 mit nur einer einzigen zentralen Reisekostenabrechnungsstelle ist als wesentlicher Vorteil auf die deutlichen Synergieeffekte bei den Steuerungsaufgaben hinzuweisen. Weiterhin sind qualitative Aspekte (Service- und Beratungsfunktion, Steuerungsmöglichkeiten, Chancen für Job Enrichment usw.) mit zu berücksichtigen.

8 Stellungnahme der Ministerien

Die Ministerien begrüßen grundsätzlich die Vorschläge des RH zur Neuordnung des Dienstreisemanagements. Das MWK will aber für den Hochschulbereich das zentrale Abrechnungsverfahren innerhalb der jeweiligen Hochschule beibehalten. Die Ministerien unterstützen die Überlegungen, die Abrechnung von Dienstreisen soweit möglich zu zentralisieren und die Software RTA-BW zu einem integrierten „Workflow-Verfahren Dienstreisen“ weiterzuentwickeln. Die Entwicklung und Betreuung des Programms soll dem LBV übertragen werden. Die Datenhaltung und der Serverbetrieb sollen im Interesse einer ausfallsicheren und wirtschaftlichen Nutzung vom Zentrum für Informationsverarbeitung bei der OFD Stuttgart übernommen werden.

Das Landesreisekostengesetz steht einer Zentralisierung der Abrechnungsstellen nicht entgegen. Bei einer Aufgabenübertragung auf das LBV müssten schrittweise die personellen, organisatorischen und räumlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Dabei müssten die Ressorts haushaltsrechtlich verpflichtet werden, entsprechende Stellenäquivalente abzugeben.


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Die parlamentarische Behandlung finden Sie hier


Anhänge

Die Dienststellen des Landes haben bei der Beauftragung von Rechtsanwälten in der überwiegenden Zahl der untersuchten Fälle die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit beachtet. In Einzelfällen sind jedoch durch die Beauftragung von Rechtsanwälten in Verfahren ohne Anwaltszwang und durch Vergütungsvereinbarungen mit Rechtsanwälten dem Land vermeidbare Kosten entstanden.


1 Vorbemerkung

Der RH hat die Beauftragungen von Rechtsanwälten durch Dienststellen und Behörden des Landes im Jahr 2001 im Rahmen einer Querschnittsuntersuchung geprüft. Gleichzeitig wurden statistische Zahlen über Prozessverfahren und anwaltliche Vertretungen für die ordentliche Gerichtsbarkeit, die Arbeitsgerichtsbarkeit, die Verwaltungsgerichtsbarkeit und die Sozialgerichtsbarkeit erhoben.

Die Finanzgerichtsbarkeit blieb bei den Erhebungen außer Betracht, weil bei Verfahren vor dem Finanzgericht seitens des Landes grundsätzlich keine Rechtsanwälte oder Rechtsprofessoren beauftragt werden.

Statistische Erhebungen zu Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht und dem Staatsgerichtshof wurden nicht durchgeführt. Allerdings wurden Einzelfälle anwaltlicher Vertretung vor diesen Gerichten in die Auswertung der Fälle mit anwaltlicher Beauftragung einbezogen.

2 Ordentliche Gerichtsbarkeit

2.1 Zahl der Gerichtsverfahren und Art der Erledigung

Die Zahl der Zivilprozesse mit Beteiligung des Landes und die anwaltliche Vertretung des Landes sind in Übersicht 1 dargestellt.

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In rd. 44 % der Verfahren vor den Amtsgerichten wurden Rechtsanwälte mit der Vertretung des Landes beauftragt, obwohl hier kein Anwaltszwang bestand.

2.2 Vertretung durch Rechtsanwälte

Bei der Führung von Zivilprozessen vor den Amtsgerichten ist die Beauftragung eines Rechtsanwalts regelmäßig nur dann gerechtfertigt, wenn der notwendige juristische Sachverstand in der Prozess führenden Behörde nicht vorhanden ist oder wenn die Beauftragung eines Rechtsanwalts (z. B. wegen sonst anfallender Reisekosten) kostengünstiger ist als die Vertretung des Landes durch eigene Bedienstete. In diesen Fällen sollten die Gründe, die zur Beauftragung eines Rechtsanwalts geführt haben, aktenkundig gemacht werden.

In den Verfahren vor den Landgerichten, Oberlandesgerichten und dem Bundesgerichtshof besteht Anwaltszwang.

In folgenden vom RH geprüften Fällen wurden Rechtsanwälte beauftragt, obwohl es nach diesen Kriterien nicht notwendig gewesen wäre.

2.2.1 In einem Fall zur Geltendmachung eines Anspruches aus einem Vermächtnis beauftragte ein staatliches Vermögens- und Hochbauamt einen Rechtsanwalt. Die anwaltliche Vertretung wurde mit der Notwendigkeit juristischen Sachverstandes und spezieller Fachkenntnisse begründet. Das Verfahren wurde durch einen außergerichtlichen Vergleich abgeschlossen. Die entstandenen Ausgaben wurden nur zu zwei Dritteln vom Gegner ersetzt. Das FM macht geltend, ohne die Beteiligung des Anwalts wäre eine vergleichsweise Erledigung des Falles nicht möglich gewesen.

Da die für die Bearbeitung von Fiskal-Erbschaftsangelegenheiten zuständige OFD über qualifizierte Juristen verfügt, hätte es in der Angelegenheit keines Rechtsanwalts bedurft.

2.2.2 In einem Verfahren vor dem Landgericht schloss eine OFD mit einem Rechtsanwalt neben einer großzügigen Honorarvereinbarung auch eine Haftungsbegrenzungsvereinbarung ab. Danach wurden etwaige Ansprüche des Landes wegen im Zusammenhang mit der Bearbeitung des Mandats von den Rechtsanwälten fahrlässig verursachter Schäden auf den Streitwert in Höhe von 3 Mio. € beschränkt. Zudem vereinbarte die OFD die Kostenübernahme einer Berufshaftpflicht-Zusatzversicherung des Rechtsanwalts für die Dauer der Mandatsbearbeitung. Schließlich wurden umfassende Zuarbeiten seitens der OFD an den Anwalt vereinbart.

Durch die Honorarvereinbarung sowie die vereinbarte Kostenübernahme der Berufshaftpflichtzusatzversicherung entstehen Kosten, die selbst im Falle des Obsiegens nicht erstattungsfähig sind.

Das FM hat in seiner Stellungnahme vorgetragen, dass es in dem vorliegenden Fall ohne eine entsprechende Vereinbarung nicht möglich gewesen sei, einen Rechtsanwalt zu finden, der zur Vertretung des Landes in dem sehr komplexen Fall bereit gewesen wäre.

3 Arbeitsgerichtsbarkeit

3.1 Zahl der Gerichtsverfahren und Art der Erledigung

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Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass sich die Dienststellen in rd. 89 % der arbeitsgerichtlichen Verfahren selbst vertreten haben.

3.2 Vertretung durch Rechtsanwälte

Die aktive und passive Führung von Arbeitsgerichtsprozessen gehört zu den Kernkompetenzen jeder Personalverwaltung. Da es keine Kostenerstattung in der 1. Instanz der Arbeitsgerichtsbarkeit gibt, sollten sich die Dienststellen vor dem Arbeitsgericht regelmäßig dann selbst vertreten, wenn juristisches Fachpersonal oder erfahrene Personalreferenten vorhanden sind. Dies gilt umso mehr, als die Anwesenheit eines Vertreters der Personalverwaltung in den Güteterminen und den mündlichen Verhandlungen vor dem Arbeitsgericht in der Regel ohnehin notwendig ist.

Die Beauftragung eines Rechtsanwalts im arbeitsgerichtlichen Verfahren kommt deshalb nur in den höheren Instanzen in Betracht, in denen Anwaltszwang besteht, oder in 1. Instanz, wenn bei der betreffenden Behörde juristisches Fachpersonal oder erfahrene Personalreferenten nicht zur Verfügung stehen.

In den vom RH geprüften Fällen waren die Voraussetzungen für die Zuziehung eines Rechtsanwalts jeweils gegeben.

4 Verwaltungsgerichtsbarkeit

4.1 Zahl der Gerichtsverfahren und Art der Erledigung

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Die Untersuchungsergebnisse belegen, dass sich die Dienststellen des Landes weit überwiegend vor den Verwaltungsgerichten selbst vertreten.

4.2 Vertretung durch Rechtsanwälte

Der RH geht davon aus, dass bei den Dienststellen des Landes der notwendige juristische Sachverstand vorhanden ist, um Verfahren vor den Verwaltungsgerichten ohne Einschaltung eines Rechtsanwalts zu führen. Die verhandelten materiell-rechtlichen Fragen gehören zur Kernkompetenz der Verwaltung, die das vorangegangene Verwaltungsverfahren ebenfalls selbst betrieben hat: Der in diesen Verfahren geltende Amtsermittlungsgrundsatz sorgt dafür, dass die Prozessführung (insbesondere auf der Beklagtenseite) keine besonderen Anforderungen an die handelnden Personen stellt. Dies gilt uneingeschränkt auch in Normenkontrollverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof (VGH) und in Revisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), wenn das Land Revisionsbeklagter oder Antragsgegner ist.

Die besondere Erfahrung eines verwaltungsprozessual versierten Rechtsanwalts ist allenfalls dann notwendig, wenn es gilt, für das Land eine Nichtzulassungsbeschwerde oder eine Revision an das BVerwG zu begründen. Hier ist die Beauftragung eines Rechtsanwalts vertretbar. Eine Beauftragung kann in diesen Fällen auch noch nach Abschluss des Berufungsverfahrens bzw. des erstinstanzlichen Verfahrens vor dem VGH erfolgen.

Eine Ausnahme gilt aus wirtschaftlichen Gründen für die zahlreichen Numerus-clausus-Verfahren, die vom Land weit überwiegend erfolgreich abgeschlossen werden. Hier ist die Vertretung durch Rechtsanwälte sachgerecht, da angesichts der Vielzahl gleich gelagerter Fälle anderenfalls eigenes Personal beschäftigt werden müsste, für dessen Kosten kein Erstattungsanspruch bestünde.

Eine weitere Ausnahme kann dann in Betracht kommen, wenn eine kleinere Dienststelle keine Juristen oder prozesserfahrene Beamte beschäftigt und die regelmäßige Beauftragung eines Rechtsanwalts dazu dient, den Aufbau eines Rechtsreferats in der Behörde zu vermeiden.

In nachfolgenden Fällen wurden Rechtsanwälte beauftragt, ohne dass dies nach Auffassung des RH sachgerecht war.

4.2.1 Das SM ließ sich in einer Verwaltungsrechtsstreitigkeit mit einem Zuwendungsempfänger anwaltlich vertreten. Dieser begehrte die ungekürzte Zahlung einer in den Vorjahren gewährten Zuwendung. Aufgrund einer außerordentlich schwierigen Haushaltssituation für den Vollzug des Haushalts 1997 hatte das Land für den Bereich Zuweisungen und Zuschüsse einen Haushaltsvorbehalt in Höhe von 15 % festgelegt; zudem waren die Haushaltsansätze bei der entsprechenden Titelgruppe gegenüber dem Vorjahr um 14 % gekürzt worden. Anstatt des beantragten Zuschusses in Höhe von 160.700 € wurde deshalb lediglich ein Zuschuss in Höhe von 115.552 € bewilligt.

Das Verwaltungsgericht hatte die Verpflichtungsklage des Zuwendungsempfängers als unbegründet abgewiesen. Seine Berufung gegen dieses Urteil wurde vom VGH zurückgewiesen. Für die anwaltliche Vertretung wurde ein Pauschalhonorar vereinbart. Das Land erhielt von der Gegenseite lediglich die gesetzlichen Gebühren erstattet, wodurch ein ungedeckter Aufwand in Höhe von 1.627 € verblieb. Eine anwaltliche Vertretung des Landes war in diesem Fall nicht geboten, noch weniger eine über die gesetzliche Vergütung hinausgehende Vergütungsvereinbarung. Da rd. zwei Drittel der Gesamtausgaben des SM Aufwendungen für Zuschüsse und Zuweisungen darstellen, ist beim SM umfassende fachliche Kompetenz vorhanden, um grundsätzliche zuwendungsrechtliche Fragestellungen selbst sachgerecht beurteilen zu können. Dies gilt selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass dem Verfahren über den Geschäftsbereich des SM hinaus grundsätzliche Bedeutung für den Zuwendungsbereich insgesamt zukam.

4.2.2 Das IM beauftragte in einer Verwaltungsrechtssache zur gerichtlichen Überprüfung einer Stellenbesetzung einen Rechtsanwalt mit der Vertretung des Landes. Es wurde ein über der gesetzlichen Vergütung liegendes Honorar vereinbart.

Der Prozessbevollmächtigte wies alsbald nach Auftragserteilung darauf hin, dass nach „erster Durchsicht der Akten festzustellen ist, dass die Erfolgsaussichten des Landes ... zweifelhaft sein könnten“, insbesondere im Hinblick auf die bessere Beurteilung der Klägerin. Dem IM wurde durch Beschluss des Verwaltungsgerichts vorläufig untersagt, die Stelle endgültig zu besetzen. Der VGH lehnte die Zulassung der Beschwerde gegen diesen Beschluss ab. Dem Land sind unter Berücksichtigung der an den Gegner zu erstattenden Kosten vermeidbare Ausgaben von insgesamt 2.636 € entstanden.

Zu kritisieren ist auch in diesem Fall die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit Vergütungsvereinbarung.

Bei der gerichtlichen Überprüfung von Personalauswahlverfahren und Stellenbesetzungen sieht der RH auch bei angespannter Personalsituation der Personalverwaltung generell keine Notwendigkeit, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Die zuständigen Stellen sollten selbst am besten in der Lage sein, ihre Personalentscheidung vor den zuständigen Gerichten überzeugend darzulegen und zu rechtfertigen.

4.2.3 Zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Polizeiverordnung des IM und des MLR über das Halten gefährlicher Hunde vom 03.08.2000 waren zahlreiche Verfahren beim VGH anhängig. Das Land ließ sich in diesen Verfahren unter Hinweis auf die besondere rechtliche Komplexität und die erhebliche politische Bedeutung der Angelegenheit anwaltlich vertreten. Der VGH hat die Anträge der Antragsteller abgelehnt; das BVerwG hat die Revision nicht zugelassen. Nach Abzug von Kostenerstattungen durch die Antragsteller verbleiben dem Land Ausgaben in Höhe von rd. 34.000 € für den anwaltlichen Vertreter augrund der über den gesetzlichen Gebühren liegenden Vergütungsvereinbarung mit dem Rechtsanwalt. Nach Auffassung des RH hätte sich das Land auch in diesem Fall selbst vertreten können, zumal es hier um Rechtsvorschriften ging, die das betreffende Ministerium selbst konzipiert hat.

4.2.4 Im Normenkontrollverfahren beim VGH gegen die Fleischhygienegebührenverordnung ließ sich das MLR anwaltlich vertreten. Die Anträge wurden abgewiesen. Durch die über den gesetzlichen Gebühren liegende Vergütungsvereinbarung mit dem Rechtsanwalt entstanden dem Land vermeidbare Ausgaben in Höhe von 3.627 €.

4.2.5 In einem Berufungsverfahren vor dem VGH zur Ausgliederung eines Lehrstuhls beauftragte das MWK einen Rechtsanwalt und vereinbarte eine nach Zeitaufwand bemessene Vergütung. Die anwaltliche Beauftragung wurde mit Organisationsänderungen im MWK und einer andernfalls erforderlichen umfangreichen Einarbeitung begründet. Die Berufung wurde vom VGH zurückgewiesen. Das Verfahren war zum Zeitpunkt der Untersuchung des RH noch anhängig. Selbst im Falle des Obsiegens besteht lediglich ein Kostenerstattungsanspruch in Höhe der gesetzlichen Gebühren, sodass das Land mindestens 15.000 € tragen muss.

4.2.6 Bei acht Klagen gegen die Erhebung von Studiengebühren, die auf der Grundlage des Landeshochschulgebührengesetzes erhoben werden, ließ sich das Land anwaltlich vertreten. Vier Verfahren hiervon waren beim VGH und vier Verfahren beim BVerwG anhängig; gegen ein Urteil des BVerwG wurde Verfassungsbeschwerde erhoben.

Die anwaltliche Vertretung in diesen Verfahren wurde mit der politischen und verfassungsrechtlichen Bedeutung sowie der Problematik der Angelegenheit begründet, die eine Vertretung durch einen Anwalt mit fundierten verfassungsrechtlichen Kenntnissen erfordere. Vereinbart wurde ein nach Zeitaufwand bemessenes Honorar. Der Aufwand für den Landeshaushalt betrug mehr als 20.000 €.

5 Sozialgerichtsbarkeit

Zahl der Gerichtsverfahren und Art der Erledigung

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Wie sich aus der Übersicht 7 ergibt, wurde lediglich in einem der Verfahren ein Rechtsanwalt mit der Vertretung des Landes beauftragt, was vom RH nicht beanstandet wird.

6 Staatsgerichtshof und Bundesverfassungsgericht

Die „Tradition“, sich in mündlichen Verhandlungen vor den Verfassungsgerichten durch Rechtsanwälte oder Professoren des öffentlichen Rechts vertreten zu lassen, erscheint nicht in allen Fällen sachlich gerechtfertigt und geht zulasten des Landeshaushalts.

Beim Staatsgerichtshof und beim Bundesverfassungsgericht können sich die Länder nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen durch ihre Beamten vertreten lassen, soweit diese die Befähigung zum Richteramt besitzen oder aufgrund der vorgeschriebenen Staatsprüfungen die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst erworben haben. In Fällen, in denen das Land oder die Landesregierung als Antragsgegner oder als weiterer Beteiligter an dem Verfahren mitwirkt, sollte künftig verstärkt geprüft werden, ob diese Möglichkeit zur Vermeidung von Kosten genutzt wird.

Das zuständige Ministerium kann sich in solchen Verfahren des Sachverstandes der für das Verfassungsrecht und Verfassungsprozessrecht zuständigen Beamten des JuM und des IM bedienen. In der Regel wirkt das JuM ohnehin im Vorfeld bei der Beurteilung verfassungsrechtlicher Fragen mit.

Etwas anderes gilt dann, wenn das Land oder die Landesregierung (ausnahmsweise) als Kläger oder Antragsteller vor dem Staatsgerichtshof oder dem Bundesverfassungsgericht auftritt. In diesen Fällen ist - im Hinblick auf die hohen formalen Hürden, die diese Gerichte hinsichtlich der Zulässigkeit von Anträgen aufgebaut haben - die Beauftragung eines erfahrenen Rechtsanwalts sachgerecht und nicht zu beanstanden.

Im Rahmen der Untersuchung wurden folgende Fälle einer - nach Auffassung des RH nicht notwendigen - Einschaltung von Rechtsanwälten festgestellt.

Fall 1: Das StM beauftragte einen Rechtsanwalt mit der Vertretung der Landesregierung in einem Organstreitverfahren vor dem Staatsgerichtshof, das von einer Landtagsfraktion angestrengt worden war. Der Antrag wurde vom Staatsgerichtshof als unzulässig verworfen, eine Erstattung von Auslagen wurde nicht angeordnet. Der Rechtsanwalt wurde ohne vorherige Vergütungsvereinbarung beauftragt; der nach Abschluss des Verfahrens in Rechnung gestellte Betrag wurde vom StM als angemessen anerkannt. Diese Beauftragung verursachte im Jahr 2001 Kosten von mehr als 10.000 €. Ausweislich eines in den Akten enthaltenen Vermerks hätten sich die zuständigen Bediensteten des StM in der Lage gesehen, das Land vor dem Staatsgerichtshof selbst zu vertreten. Dennoch wurde ein Rechtsanwalt beauftragt. Das StM hält dies sachlich für gerechtfertigt, weil das Organstreitverfahren von erheblicher politischer Bedeutung war und von der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde. Außerdem sei auch die Gegenseite anwaltlich vertreten gewesen. Der RH hält entgegen der Auffassung des StM die Beauftragung eines Rechtsanwalts in diesem Verfahren unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit nicht für sachgerecht.

Fall 2: Das Land ließ sich in vier Normenkontrollverfahren zur Frage der Rechtmäßigkeit der Rückmeldegebühr nach § 120a des Universitätsgesetzes vor dem Bundesverfassungsgericht „wegen der politischen und verfassungsrechtlichen Bedeutung und Problematik der Angelegenheit“ anwaltlich vertreten. Es wurde eine Honorarvereinbarung getroffen. Die anwaltliche Vertretung wäre aus Sicht des RH nicht notwendig gewesen. Der vermeidbare Mehraufwand betrug mehr als 15.000 €.

7 Vergabe von Mandaten und Auswahl der Rechtsanwälte

Anwaltliche Mandate werden regelmäßig freihändig vergeben, da Leistungen, die im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit erbracht werden, nicht unter die Vergabevorschriften der VOL/A (§ 1 VOL/A) fallen. Einheitliche Grundsätze für die Vergabe der Gesamtheit freiberuflicher Leistungen sind nicht vorhanden. Es ist daher nach den Rechtsgrundsätzen des § 55 Abs. 1 LHO zu verfahren. Danach muss dem Abschluss von Verträgen über Lieferungen und Leistungen eine öffentliche Ausschreibung vorausgehen, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Ausnahmetatbestand bei freiberuflichen Leistungen, die durch eine Gebührenordnung reguliert sind, in der Regel erfüllt ist. Sie können daher grundsätzlich freihändig vergeben werden. Die Aufträge sind an solche Freiberufler zu vergeben, deren Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit feststeht, die über ausreichende Erfahrungen verfügen und die Gewähr für eine wirtschaftliche Planung und Ausführung bieten. Die Aufträge sollen möglichst gestreut werden.

Der RH hat festgestellt, dass viele vertretungsberechtigte Dienststellen über Jahre hinweg immer dieselben Rechtsanwälte mit der Vertretung des Landes beauftragt haben. Es ist nicht anzunehmen, dass in all diesen Fällen jeweils nur die beauftragten Rechtsanwälte spezielle Sachkenntnis vorzuweisen haben.

Mit Blick auf die Vergabegrundsätze und die aktuelle Diskussion zur Vergabe vergleichbarer Beratungsdienstleistungen sollten die Dienststellen die beauftragten Rechtsanwälte regelmäßig wechseln.

8 Höhe der Rechtsanwaltsvergütung

Die Vergütung der Tätigkeit des Rechtsanwalts richtete sich im Prüfungszeitraum grundsätzlich nach der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte. Im Rahmen der Untersuchung wurde festgestellt, dass die vertretungsberechtigten Dienststellen in zahlreichen Fällen von den gesetzlichen Vergütungssätzen abweichende Vergütungsvereinbarungen, insbesondere im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit, getroffen haben.

In den meisten Fällen waren nach Aktenlage keine Anhaltspunkte erkennbar, nach welchen Gesichtspunkten oder Kriterien diese Vergütung bemessen wurde.

Vereinbarte Honorare, die sich nach Bearbeitungsstunden der beteiligten Rechtsanwälte richten, führten in den untersuchten Fällen häufig zu hohen Gebührenforderungen und sind für den Auftraggeber praktisch nicht überprüfbar.

Nach Auffassung der betroffenen Ministerien wären die in den jeweiligen Fällen beauftragten spezialisierten Rechtsanwälte nicht bereit gewesen, die Vertretung auf der Grundlage der Gebührensätze der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte zu übernehmen.

Die gesetzlich vorgesehenen Gebühren sind in der Regel angemessen. Dies gilt umso mehr nach dem In-Kraft-Treten des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes zum 01.07.2004. Zu diesen Gebühren werden auch qualifizierte anwaltliche Dienstleistungen angeboten. Selbst im Falle des Obsiegens ist eine Erstattung der Kosten, die die gesetzlichen Sätze übersteigen, nicht möglich, sodass das Land in diesen Fällen einen (u. U. beträchtlichen) Teil der Anwaltskosten tragen muss.

In begründeten Einzelfällen kann eine Überschreitung der gesetzlichen Gebühr dann in Frage kommen, wenn dies nach der Bedeutung der Angelegenheit sowie nach Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit gerechtfertigt erscheint. Hierbei ist ein strenger Maßstab anzulegen.

Sollte in einzelnen Fällen ein Abweichen von den gesetzlichen Gebühren notwendig sein, um einen qualifizierten Prozessvertreter zu finden, so ist der vorherigen Vereinbarung eines Gegenstandswerts oder eines Pauschalhonorars gegenüber der stundenweisen Abrechnung der Vorzug zu geben, da Letztere nur schwer zu überprüfen ist. Die Gründe für ein Abweichen von der gesetzlichen Vergütung sind aktenkundig zu machen.

Der Abschluss einer angemessenen Berufshaftpflichtversicherung des Rechtsanwalts ist ausschließlich dessen Angelegenheit und durch das vereinbarte bzw. gesetzlich vorgesehene Honorar abgedeckt.

9 Finanzielle Auswirkungen

Bei einer Gesamtbetrachtung ist festzustellen, dass die vertretungsberechtigten Dienststellen bei der Wahrnehmung der Prozessvertretung die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit überwiegend beachtet und eine sachgerechte Interessenvertretung des Landes gewährleistet haben. Insgesamt sind nach den Feststellungen des RH im Untersuchungszeitraum durch die Beauftragung von Rechtsanwälten in Fällen ohne Anwaltszwang sowie durch Vergütungsvereinbarungen mit Rechtsanwälten vermeidbare Ausgaben von mehr als 100.000 € entstanden. Diese hätten sich weitgehend vermeiden lassen, wenn die beteiligten Dienststellen und Behörden des Landes die Prozessvertretung in den jeweiligen Fällen selbst wahrgenommen und auf die Beauftragung eines Rechtsanwalts verzichtet hätten.

Beratende Tätigkeiten oder die Prozessvertretung durch Rechtsanwälte sind auf absolut notwendige Fälle zu beschränken, insbesondere beim Vorhandensein juristischer und fachlicher Kompetenz in der Landesverwaltung.

10 Stellungnahme der Ministerien

Die von den Feststellungen des RH betroffenen Ministerien haben zu den Vorschlägen des RH differenziert Stellung genommen. Sie akzeptieren die grundsätzlichen Überlegungen zur Beauftragung von Rechtsanwälten, halten jedoch in herausragenden Einzelfällen - entgegen der Auffassung des RH - eine anwaltliche Vertretung für geboten.

StM, KM und SM machen geltend, dass die besondere politische oder die grundsätzliche Bedeutung eines Rechtsstreits die Einschaltung eines Rechtsanwalts oder eines Professors als Prozessbevollmächtigten erforderlich machen könne. Dadurch würden die Prozessrisiken mit Blick auf den dem Land im Falle einer Niederlage drohenden politischen Schaden reduziert, könne doch anhand der Auffassung des Prozessbevollmächtigten die Position des Landes noch einmal verifiziert werden.

Als weiteren Gesichtspunkt führen IM, JuM und MWK an, dass in den Ministerien keine ausreichenden Kapazitäten zur Verfügung stünden, um die mit einer Prozessführung vor einem obersten Bundesgericht oder dem Bundesverfassungsgericht verbundenen komplexen und zeitaufwendigen Aufgaben zu erfüllen. Das MWK weist darauf hin, dass gerade das Bundesverfassungsgericht Schriftsätze erwarte, die auf hohem wissenschaftlichen Niveau Literatur und Rechtsprechung umfassend aufarbeiten.

11 Schlussbemerkung

Der RH verkennt nicht, dass im Einzelfall besondere Umstände die Beauftragung eines Rechtsanwalts rechtfertigen können. Er bleibt jedoch bei seiner Auffassung, dass in den Fällen, in denen das Land als Antragsgegner, weiterer Beteiligter oder Revisionsbeklagter an einem Verfahren vor einem obersten Bundesgericht, dem Staatsgerichtshof oder dem Bundesverfassungsgericht beteiligt ist, - ungeachtet der politischen Bedeutung - eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt oder einen Professor nicht geboten ist, soweit nicht kraft Gesetzes Anwaltszwang besteht.

Ob eine vom Land erlassene Rechtsnorm der verfassungsrechtlichen Prüfung standhält, hängt allein vom Inhalt der Norm und der Sorgfalt ab, mit der die Norm erarbeitet worden ist, nicht aber von der Qualität, mit der sie vor dem Verfassungsgericht verteidigt wird. Die Anforderungen, die an das Auftreten der Beteiligten vor Gericht und den Inhalt von Schriftsätzen gestellt werden, sind in den einschlägigen Prozessordnungen abschließend geregelt und erfordern ausdrücklich weder die Beauftragung eines Rechtsanwalts, noch eines Professors. Da alle Erwägungen, die zur Verteidigung einer Norm oder eines Verwaltungsaktes geboten sind, auch schon vor Erlass der Norm oder des Verwaltungsaktes abzuwägen sind, muss die Komplexität der aufgeworfenen juristischen Fragestellungen denknotwendig von denjenigen Ministerialbeamten bewältigt werden können, die zuvor mit dem Erlass der Norm bzw. des Verwaltungsaktes befasst waren.

Eine sachgerechte Prozessführung sollte vor diesem Hintergrund von den Ministerien und den ihnen nachgeordneten Behörden auch bei möglicherweise reduzierten Kapazitäten zu leisten sein.


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Einzelplan 03: Innenministerium

Bei der Aufgabenkonzentration des Datenverarbeitungs-Betriebs im Zentrum für Kommunikationstechnik und Datenverarbeitung wurde das Rationalisierungspotenzial noch nicht genügend abgeschöpft. Bei der Konzeption und der Beschaffung von Datenverarbeitungs-Systemen setzt das Land zu häufig auf externe Berater, obwohl inzwischen genügend eigene Fachkräfte zur Verfügung stehen. Das Land hat hier eher ein Management- und Steuerungsdefizit als einen Fachkräftemangel.


1 Ausgangslage

Das IM, die vier Regierungspräsidien und eines der beiden zentralen Rechenzentren des Landes, das Zentrum für Kommunikationstechnik und Datenverarbeitung (ZKD), haben im Zeitraum von 1999 bis 2004 ihre Datenverarbeitungsanlagen modernisiert und einzelne Aufgaben beim ZKD konzentriert. Die Innenverwaltung strebt dadurch eine wirtschaftlichere Durchführung der Bürokommunikation an.

Der RH hat die Planung und Realisierung fünf einzelner IuK-Projekte hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit geprüft und untersucht, welches Rationalisierungspotenzial durch die Zusammenführung der Aufgaben ermöglicht wurde und inwieweit dieses bereits verwirklicht ist. Auch wurde der Frage nachgegangen, inwieweit das ZKD und die Regierungspräsidien die Voraussetzungen zur Übernahme des DV-Betriebes für weitere Behörden im Rahmen der bevorstehenden Verwaltungsstruktur-Reform geschaffen haben.

2 Projekte zur Verbesserung der Bürokommunikation

Um die Bürokommunikation wirtschaftlicher durchführen zu können, hat die Innenverwaltung seit 1999 fünf verschiedene Projekte initiiert. In diesen Projekten wurden die technischen Komponenten der Bürokommunikation modernisiert, die Software auf einen einheitlichen und aktuellen Stand gebracht und die Aufgaben des Server-Betriebs zentralisiert.

Mit zwei Projekten sollte die zentrale Steuerung der Service-Dienste ermöglicht werden.

Im Jahr 1999 wurde mit der Planung begonnen, den Betrieb der Server, der bislang jeweils durch Personal vor Ort erfolgte, beim ZKD zu konzentrieren. Die vollständige Verlagerung der hierfür erforderlichen Tätigkeiten wird erst im September 2004 abgeschlossen sein.

Zur Unterstützung der zentralen Aufgabenwahrnehmung wurde im ZKD ab dem Jahr 2000 die Einrichtung eines Systems für die Fernüberwachung der in den jeweiligen Behördennetzwerken vorhandenen Server geplant. Für den Aufbau eines solchen Systems wurde nach entsprechender Ausschreibung ein Unternehmen beauftragt. Ab Mai 2001 richtete der Auftragnehmer die Systemüberwachungs-Software beim ZKD zwar in Form der Basisinstallation ein; es fehlte jedoch die erforderliche Feinabstimmung. Erst nach einer weiteren Anpassung dieser Monitoring-Software, für die das ZKD einen weiteren externen Dienstleister hinzuziehen musste, konnte das System ab Sommer 2003 sinnvoll genutzt werden.

In drei weiteren Projekten verfolgte die Innenverwaltung das Ziel, die technischen Komponenten der Bürokommunikation zu modernisieren:

Um den Bedarf an Speicherplatz für einen Planungszeitraum von fünf Jahren abzudecken, wurde eine neue Speicherinfrastruktur bereitgestellt. Mit der Erstellung des Konzepts und eines Pflichtenhefts als Grundlage für die im Jahr 2002 durchgeführte Ausschreibung wurde ein Unternehmen beauftragt. Die Systeme wurden im Laufe des 1. Halbjahres 2003 in Betrieb genommen.

Unter dem Leitmotiv „Arbeitsplatz 2000“ wurde das Konzept entwickelt, die Arbeitsplätze in der Innenverwaltung mit einem einheitlichen Betriebssystem und einer einheitlichen Büro-Software so auszustatten, dass künftig Kommunikations- und Kompatibilitätsprobleme vermieden werden können. Dies führte zu einer Ausstattung mit den Produkten des Marktführers im Bereich des Betriebssystems und der Office-Anwendungen, die Ende 2002 abgeschlossen war. Nach diesem Konzept der Innenverwaltung werden inzwischen auch die Arbeitsplätze anderer Verwaltungen ausgestattet.

Als weitere Maßnahme zur Modernisierung der Bürokommunikations-Systeme wurde nach ersten Planungen im Jahr 2001 ab 2003 der digitale Verzeichnisdienst des Marktführers (sog. Active Directory) eingeführt.

3 Projektstand

Die Konzentration der Aufgaben des Server-Betriebes des IM und der Regierungspräsidien beim ZKD war bereits seit 1999 geplant. Während Aufgaben vom IM zum ZKD zum 01.04.2001 verlagert worden sind, soll die Verlagerung der Aufgaben von den Regierungspräsidien im September 2004 abgeschlossen werden.

Die technischen Projekte

  • Einführung eines Active Directory in der Innenverwaltung,
  • Einführung einheitlicher Software für die Büroarbeitsplätze,
  • Beschaffung von Server- und Speicher-Systemen und
  • System-Monitoring

sind trotz Verzögerungen inzwischen größtenteils abgeschlossen. Offen sind noch folgende Punkte:

  • Die E-Mail-Systeme konnten aus technischen Gründen noch nicht in den Verzeichnisdienst integriert werden.
  • Für die neu beschafften Speicher-Systeme existiert noch kein zentraler Virenschutz.

4 Ergebnisse der Erhebungen

4.1 Personalbedarf und Personalbestand

Durch die Einführung der neuen Speicher-Systeme und des Verzeichnisdienstes sowie durch weitere Konsolidierungs- und Umstellungsmaßnahmen kann die Gesamtanzahl der Server-Systeme von 80 auf 61 gesenkt werden.

Damit wird weniger Personal für die Betreuung benötigt; auch die homogenere Server-Landschaft sowie die Konzentration der Aufgaben wirken zusätzlich Bedarf senkend. Die Innenverwaltung hat daraus aber noch keine Konsequenzen gezogen.

Aufgrund der Konzentration des Server-Betriebs wurden eine Personalstelle vom IM zum ZKD sowie drei weitere von den Regierungspräsidien zum ZKD verlagert. Für das Projekt System-Monitoring wurde eine Stelle im ZKD neu eingerichtet.

4.2 Zentralisierung weiterer Aufgaben

Neben dem Betrieb der Server-Systeme gibt es weitere Tätigkeiten, die an zentraler Stelle wirtschaftlicher erbracht werden könnten, wie z. B. Störungsannahme, Störungserstbearbeitung (User-Help-Desk) und Benutzeradministration. Insbesondere wären im Interesse der Einheitlichkeit auch die Bündelung von konzeptionellen Aufgaben an einer Stelle sowie die zentrale Beschaffung sinnvoll.

Das IM kann sich eine Entwicklung in diese Richtung vorstellen. Im nächsten Schritt sollen dem ZKD alle Aufgaben des Betriebs der Server (bis hin zur Beschaffung, Standortfrage, Server-Konsolidierung, Verantwortung für den Anschluss der Dienststellen an das Landesverwaltungsnetz usw.) übertragen werden.

4.3 Notfallvorsorge

Trotz verschiedener Vorkehrungen sind bei der Notfallvorsorge noch Lücken feststellbar. Das IM muss prüfen, ob diese auf Dauer hinnehmbar sind.

Nach der bisherigen Konzeption ist nur sichergestellt, dass bei Ausfall des Netzwerks zwischen den Standorten die Kommunikation innerhalb des Standortes weiterhin möglich ist. Daneben ist auch bei Ausfall des Servers die Bearbeitung von Vorgängen am jeweiligen DV-Arbeitsplatz weiterhin möglich. Die Server des IM und der Regierungspräsidien sind durch gespiegelte Datenhaltung, Raumsicherung, Datensicherung und Auslagerung der Sicherungsbänder hinreichend gegen kurzfristige Systemstörungen geschützt und sind zu einem hohen Grad verfügbar. Hingegen sieht das Konzept keine Absicherung gegen Folgen der Zerstörung der Server vor. Die Auslagerung des Betriebs in ein Ausfallrechenzentrum ist diskutiert worden, musste jedoch wegen fehlender Ressourcen (Haushaltsmittel und Personal) verworfen werden. Als ein - allerdings nicht vollwertiger - Ersatz wurde ein Instandsetzungsvertrag geschlossen, um im Notfall rund um die Uhr Unterstützung zu erhalten.

Aufgrund dieses Vertrags ist der Auftragnehmer nur verpflichtet, die Hardware wieder herzustellen, nicht jedoch die Anwendungen und Daten. Die in einem Notfall zu ergreifenden Maßnahmen und einzelnen Wiederherstellungsschritte sind weder dokumentiert noch durch Notfallübungen erprobt. Ein Ausweichkonzept existiert nicht. Dies bedeutet, dass z. B. beim kompletten Ausfall der Systeme an einem Standort bis zu deren Wiederherstellung keine Nutzung möglich ist. Mangels Dokumentation und Test der Wiederherstellungsmaßnahmen ist damit zu rechnen, dass diese nicht sofort reibungslos funktionieren. Das bedeutet, dass das betroffene Regierungspräsidium bzw. das IM ggf. mehrere Tage ohne Datenverarbeitungssystem auskommen müsste.

4.4 Einsatz externer Berater

Bei allen Projekten wurde auf externe Beratung und Unterstützung zur Erstellung von Gutachten, Konzepten und Pflichtenheften oder zur Realisierung der Konzepte zurückgegriffen. Ein Teil dieser Leistungen hätte durch interne Kräfte erbracht werden können, ein weiterer Teil war überflüssig.

So haben das IM und das ZKD beispielsweise bei der Planung des zentralisierten Server-Betriebs zwei externe Unternehmen hinzugezogen. Eines der Unternehmen wurde mit der Erstellung eines Betriebskonzepts (Aufwand rd. 6.000 €), das andere mit der Durchführung einer Organisationsuntersuchung (Aufwand rd. 29.000 €) beauftragt. Die entscheidende Frage der Wirtschaftlichkeit verschiedener Alternativen eines zentralen oder dezentralen Server-Betriebs wurde in dem Gutachten aber nicht beantwortet. Die Ergebnisse dieser Beratungstätigkeiten haben den Projekterfolg nicht positiv beeinflusst und waren daher aus Sicht des RH nicht erforderlich.

Im Zuge der Vereinheitlichung der Arbeitsplatzsysteme hat das IM ein weiteres Unternehmen mit der Erstellung eines Gutachtens zum Thema Telearbeitsplätze beauftragt (Aufwand rd. 16.000 €). Für die Datenübertragung war aber im ZKD bereits eine zentrale Lösung im Einsatz, die durch das Gutachten letztendlich nur als angemessen bestätigt wurde. Darüber hinaus wurden in dem Gutachten für die Ausstattung von Telearbeitsplätzen vier Varianten erörtert, von denen zwei aufgrund notwendiger zentraler Installationen erst ab einer größeren Anzahl von Telearbeitsplätzen in Frage kamen. Dabei wurde für den DV-Einsatz am häuslichen Arbeitsplatz und in der Dienststelle ermittelt, dass die Beschaffung eines Laptops wirtschaftlicher als die von zwei Arbeitsplatzrechnern (Desktop) ist. Zu diesem Ergebnis hätte das IM nach Ansicht des RH auch ohne Unterstützung eines externen Beraters kommen können. Das Gutachten war daher unnötig.

Bei der Beschaffung des Speicher- und Backup-Systems zeigte nicht der externe Berater, der das Pflichtenheft erstellt hat, sondern ein Landesbediensteter den sparsamsten Weg auf. Mit der Unterstützung der Angebotsauswertung hat das IM einen weiteren Berater beauftragt (Aufwand rd. 11.000 €). Nach Ansicht des RH hätte die mit der Angebotsauswertung beauftragte Projektgruppe die Auswertung auch ohne die Mitwirkung des Beraters leisten können.

Die Erstellung von Pflichtenheften wurde bei den untersuchten Projekten immer mit externer Unterstützung durchgeführt. Generell wäre wünschenswert, dass derartige Pflichtenhefte künftig durch eigenes Personal erstellt werden, da die wesentlichen Grundgedanken und Anregungen hierzu ohnehin von den eigenen Mitarbeitern formuliert werden müssen. Sie kennen im Übrigen ihre Organisation und die Bedürfnisse besser als Mitarbeiter eines beauftragten Unternehmens.

Die Software, die im Projekt „Arbeitsplatz 2000“ eingesetzt wird, ist vom Marktführer in diesem Software-Marktsegment geliefert worden. Er war von Anfang an als Lieferant vorgesehen. Im Übrigen wurde er mit Aufgaben, wie Festlegung der Einstellungen des Internet-Explorers, Festlegung der Sicherheitseinstellungen und Umsetzung der Konzepte, aber auch mit Projektleitung und Projektmarketing betraut. Für diese Leistungen wurden ihm rd. 255.000 € vergütet. Insbesondere die Aufgabe der Projektleitung und damit auch die Steuerung und Kontrolle der Leistungserbringung hätte nach Ansicht des RH einem internen Mitarbeiter übertragen werden sollen.

Positiv zu bemerken ist, dass für Daueraufgaben keine Externen eingesetzt werden und auch die neu eingeführten Systeme bereits von Anfang an allein durch internes Personal betreut wurden.

4.5 Freihändige Vergaben ohne ausreichende Begründung

Bei den Vertragsabschlüssen wurde häufig gegen Bestimmungen der Verdingungsordnung für Leistungen und der Beschaffungsanordnung verstoßen. Insbesondere wurden Aufträge trotz entsprechender Auftragswerte ohne das Vorliegen von Ausnahmetatbeständen z. T. freihändig vergeben.

Von 13 geprüften Verträgen über Beratungs- und Unterstützungsleistungen im Gegenwert von rd. 656.000 € kamen zehn nach freihändiger Vergabe (davon bei vier aufgrund der Wertgrenzen zulässig), zwei nach Beschränkter Ausschreibung und nur einer nach EU-weiter Öffentlicher Ausschreibung zustande. Insgesamt wurden damit - neben anderen Leistungen - mehr als 500 Beratertage in Auftrag gegeben.

In einem Fall konnten Unterlagen für eine Folgebeauftragung nicht vorgelegt werden; hier fand auch keine Überwachung und Kontrolle der Teilrechnungen statt, die an die beteiligten Stellen als zahlungsbegründende Unterlagen direkt versandt wurden.

4.6 Abnahmekriterien

Im Projekt System-Monitoring wurde mit dem Hersteller lediglich die Grundfunktionalität der Produktkomponenten als Abnahmekriterium vereinbart. Dies war nachteilig für das ZKD als Auftraggeber. Obwohl die Abnahmekriterien formal erfüllt waren, stand kein endgültig konfiguriertes System zur Verfügung; es war für den Praxiseinsatz noch nicht geeignet. Die Rechnungen mussten trotzdem beglichen werden.

4.7 Projektarbeit und Wirtschaftlichkeit

Bei den untersuchten Projekten kamen zwar grundsätzlich die landesweiten Vorgaben für das Projektmanagement zum Einsatz, eine regelmäßige Kontrolle der Personalkosten fand jedoch nicht statt. Auch der Sachmittelverbrauch wurde nicht in allen Projekten regelmäßig überprüft. Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und abschließende Erfolgskontrollen führte die Innenverwaltung nur für Teilbereiche durch.

4.8 Zu früh beschaffte Server

Die für den Virenschutz der neuen Speicher-Systeme Anfang 2003 beschafften Server werden noch immer nicht für den vorgesehenen Zweck genutzt. Ursache hierfür sind Probleme bei Auswahl und Einsatz der Software.

4.9 Wartung, Instandhaltung und Instandsetzung

Aufgrund der hohen Verfügbarkeitsanforderungen wurden für die Instandhaltung der Hardware sowie zur Pflege der Software Verträge mit den jeweiligen Herstellern geschlossen. Die Service-Zeiten wurden dabei auf Montag bis Freitag 00:00 Uhr bis 24:00 Uhr vereinbart, obwohl es in diesem Bereich keine Rufbereitschaft gibt, die nachts Störungen melden könnte.

Vor Abschluss dieser Verträge hätten aus Sicht des RH verschiedene Varianten hinsichtlich des vereinbarten Service-Levels betrachtet und bezüglich deren Kosten und Nutzen bewertet werden müssen. Zu den Kosten s. Übersicht 2.

Das IM hält die gewählte Wartungskonzeption hingegen für sachgerecht, um einer angemessenen Notfallversorgung Rechnung tragen zu können.

5 Kosten

Für die geprüften Projekte wurden insgesamt rd. 2 Mio. € aufgewandt. Davon wurden für Hardware, Software und Schulungsmaßnahmen rd. 1.344.000 € ausgegeben, für externe Berater und Dienstleister rd. 656.000 €. Die Vergütungen für die einzelnen Projekte zeigt Übersicht 1.

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Daneben fallen nach Realisierung der Projekte laufende Betriebskosten in Höhe von bis zu 192.000 € je Jahr an. Die Kosten teilen sich, wie in Übersicht 2 dargestellt, auf die einzelnen Projekte auf.

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Die zurechenbaren Personalkosten konnten aufgrund fehlender Aufzeichnungen der beteiligten Dienststellen größtenteils nicht ermittelt werden.

6 Beurteilung und Empfehlungen

6.1 Rahmenbedingungen

In der Landesverwaltung beschäftigt sich eine Vielzahl von Bediensteten an verschiedenen Stellen mit denselben IuK-Themen. Die Stabstelle für Verwaltungsreform beim IM hat diese Problematik erkannt und versucht, durch Aufgabenkonzentration unnötiger Doppelarbeit entgegen zu wirken.

Die Innenverwaltung befindet sich insoweit mit den Vorbereitungen zu einem zentralen DV-Betrieb auf dem richtigen Weg, aber noch nicht am Ziel. Die technischen Maßnahmen haben die Vereinheitlichung der Systemarchitektur insgesamt vorangebracht und dadurch die Voraussetzungen für den gemeinsamen Server-Betrieb sowie für die Konzentration weiterer Aufgaben geschaffen.

Die für die Innenverwaltung entwickelten technischen Konzepte, z. B. für den Arbeitsplatz 2000 oder das System-Monitoring, werden inzwischen auch in anderen Bereichen der Landesverwaltung weiterverwendet. Insofern profitieren auch die anderen Ressorts von der in den Projekten der Innenverwaltung geleisteten Basisarbeit.

Die durch die Konzentration des Server-Betriebs entstehenden Einsparpotenziale hätten bei zügiger Projektabwicklung früher verwirklicht werden und damit schon jetzt zu einer Reduzierung der laufenden Kosten des Betriebes der Server-Systeme beitragen können. Das IM sollte vor dem Hintergrund der geänderten technischen Gegebenheiten für eine neue Personalbemessung im Server-Betrieb und bei der Systembetreuung sorgen. Ob die Ausfallvorsorge ausreichend ist, sollte das IM durch eine Risikoanalyse feststellen und dokumentieren.

6.2 Auftragsvergabe

Kritisch zu bewerten ist die Auftragsvergabe an externe Berater, häufig wurde gegen die Regeln des § 55 LHO und der VOL/A verstoßen. Schwerer als die Verstöße gegen die Art der Vergabe (Ausschreibung oder freihändige Vergabe) wiegt die Tatsache, dass die Behörden trotz erheblicher Zunahme des IuK-Personals zu häufig externe Unterstützung in Anspruch nahmen.

Die Vorbereitung der Entscheidung, ob externe Unterstützung bei IuK-Projekten unverzichtbar ist, wurde meist nicht transparent gemacht und war insgesamt unbefriedigend. Hierfür gibt es mehrere Ursachen: Teilweise fehlt die Bereitschaft, für ein Projekt Verantwortung zu übernehmen; teilweise hatten die Führungskräfte nicht immer genug Vertrauen in die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft ihrer eigenen Mitarbeiter. Diese wiederum bescheinigten sich Überlastung und Personalknappheit. Finanzielle Mittel zur Hinzuziehung externer Berater und Dienstleister auch für Aufgaben, die eigenes Personal übernehmen könnte, wie z. B. Projektleitung, Projektmarketing und Angebotsauswertung, stehen offenbar zur Verfügung. Im Übrigen wurde das Vorgehensmodell des Projektleitfadens des Landes formal angewandt, z. B. durch Bildung von Projektgruppen. Bei der Untersuchung von Projekten bestätigt sich aber eine häufige Feststellung des RH, wonach Projekte - trotz externer Beratung - mangels klarer Zielvorgaben, Steuerung, Führung und Entscheidung nicht so zügig vorankommen wie gewünscht. Das Land hat hier eher ein Management- und Steuerungsdefizit als einen Mangel an Fachkräften. Ein technisch neuer Aspekt der IuK ist für sich gesehen noch kein überzeugender Grund, in diesem Zusammenhang auftretende Fragen von externen Beratern bearbeiten zu lassen.

Selbstverständlich kann das Land nicht IuK-Personal für alle Spezialgebiete vorhalten; ein temporärer Zukauf von Fachwissen wird immer wieder erforderlich sein. An dieses Erfordernis ist aber ein strengerer Maßstab als in den letzten Jahren anzulegen. Das IM weist zwar zu Recht darauf hin, dass es sich bei den Aufträgen im geprüften Bereich überwiegend um überschaubare Beträge handle, auch wenn in einem Fall 250.000 € ausgegeben wurden. Für die Prüfung, ob externe Unterstützung notwendig ist, kann die Höhe der Beratungssumme allein kein überzeugendes Argument sein.

Die aufgezeigten Beispiele belegen teilweise auch, dass der Einsatz externer Berater keine Garantie für den Projekterfolg ist, denn trotz Beratung hatte das ZKD nach der Abnahme z. B. kein voll funktionsfähiges System-Monitoring.

Weiter ist es notwendig, auf vollständige Leistungserfüllung durch die Beratungsunternehmen zu achten und ungeeignetes oder unerfahrenes Beratungspersonal nicht zu dulden. Bei Schlecht- oder Nichterfüllung sollten die wirtschaftlichen Interessen des Landes durch Einbehalt zumindest von Teilen der Vergütung gewahrt werden, wie teilweise bereits geschehen.

Die externen Berater sollten einen namentlich benannten Ansprechpartner - in der Regel der Projektleiter - auf Auftraggeberseite haben, der dann auch für die Unterzeichnung der Stundenzettel verantwortlich ist. Dieser sollte auch verantwortlich für den Abgleich der von den Firmen gestellten Rechnungen mit den tatsächlich erbrachten Leistungen der externen Kräfte sein.

6.3 Datenverarbeitungs-Organisation im Bereich der Regierungspräsidien

Der RH empfiehlt, im Zuge der Verwaltungsstruktur-Reform dem ZKD von Anfang an die zentral leistbaren Aufgaben der Bürokommunikation für die in die Regierungspräsidien einzugliedernden Behörden zuzuweisen.

Insbesondere die dezentralen Server der aufzunehmenden Behörden können in die im ZKD bereits vorhandene Infrastruktur für das System-Monitoring integriert und von dort aus fernbetrieben werden. Im Übrigen sollte geprüft werden, ob Aufgaben der Benutzeradministration und Teile der Benutzerbetreuung zentral bei einer Stelle wahrgenommen werden können.

Der Aufbau von Parallelstrukturen sollte vermieden werden.

7 Stellungnahme des Ministeriums

Die Feststellung des RH, dass die Verlagerung von Aufgaben der Regierungspräsidien seit dem Projektbeginn 1999 noch immer nicht abgeschlossen ist, sei zutreffend. Anzumerken sei aber, dass den Regierungspräsidien in diesem Zeitraum die für eine Aufgabenverlagerung zum ZKD erforderlichen Ressourcen (Finanzmittel oder Übertragung von Stellen) nicht zur Verfügung standen.

Weiterhin weist das IM darauf hin, dass sich die ergebenden Rationalisierungspotenziale nicht sofort und linear in Einsparungen umsetzen lassen, sondern zur Planung und Umsetzung neuer derzeit laufender Projekte und für die im Rahmen der Verwaltungsstruktur-Reform noch kommenden Projekte benötigt werden.

Die Kritik an der Beauftragung externer Berater und Dienstleister sei zu pauschal und nachdrücklich zurückzuweisen. Das IM könne aus wirtschaftlichen Gründen allenfalls für wenige IuK-Spezialaufgaben IuK-Personal vorhalten. Dies sei auch Ziel der Landesregierung. Die Einschaltung von Unternehmen wäre deshalb erforderlich gewesen. Diese pauschale Kritik des RH werte die in der Gesamtschau erfolgreichen Projekte ab.

Der Empfehlung, im Rahmen der Verwaltungsstruktur-Reform die IuK im ZKD weiter zu konzentrieren, will das IM folgen.

8 Schlussbemerkung

Der RH anerkennt durchaus die mit den Projekten eingeleiteten positiven Aspekte zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit der IuK in der Landesverwaltung. Als richtig und wichtig erkannte Projekte sollten zügiger durchgeführt und ihr Ressourcenverbrauch und ihre Wirtschaftlichkeit besser gesteuert und dokumentiert werden. Der RH lehnt den Einsatz von externem Personal keineswegs immer ab. Inzwischen ist die Hinzuziehung externer Berater bei IuK-Projekten aber - nicht nur im Geschäftsbereich des IM - von der Ausnahme zur Regel geworden. Angesichts der erheblichen Zunahme des IuK-Personals mit langjähriger Erfahrung ist dieser Entwicklung entgegenzuwirken.

Unabhängig vom Auftragswert sollte vor jeder Beauftragung externer Berater und Dienstleister die Notwendigkeit der Leistung und mögliche Alternativen der Leistungserbringung durch eigenes Personal eingehend geprüft werden. Leitungs- und Steuerungsaufgaben sollten auf jeden Fall Mitarbeitern der Innenverwaltung übertragen werden.


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Die bisherige Umsetzung des Nichtvollzugskonzepts, das Verbesserungen für das Tarifpersonal der Polizei ermöglicht, führte zu einer uneinheitlichen Stellenstruktur bei der Landespolizei. Wesentliche Ursache hierfür war das Fehlen einer Gesamtkonzeption. Die Ziele des Konzepts lassen sich auch erreichen, wenn das Finanzvolumen von ursprünglich 4,2 Mio. €/Jahr dauerhaft um mindestens 1 Mio. €/Jahr gekürzt bleibt.


1 Ausgangslage

Die Besoldungssituation der Polizeivollzugsbeamten hat sich in den letzten Jahren durch Besoldungsstrukturprogramme deutlich verbessert. Nicht profitiert hatten davon zunächst die Verwaltungsbeamten und Tarifbeschäftigten bei der Polizei, die durch verschiedene organisatorische Maßnahmen einen Zuwachs an höherwertigen Aufgaben haben sollten. Die Landesregierung hat deshalb 1999 beschlossen, im Rahmen der Auflösung der polizeilichen Kraftfahrzeug-Werkstätten die Hälfte des Gegenwerts von 230 wegfallenden Stellen (ursprüngliches Einsparpotenzial: 8,3 Mio. €) dem Polizeihaushalt zu belassen, um insbesondere Höhergruppierungen für Tarifpersonal zu ermöglichen (sog. Nichtvollzugskonzept). Die hierfür vorgesehenen Mittel beliefen sich zunächst auf 4,2 Mio. € jährlich (Zielwert). Im Nachtrag zum StHPl. für 2003 wurde in einem Planvermerk zu den Stellenübersichten für Angestellte und Arbeiter unter Kap. 0314 der Zielwert um 1 Mio. € auf 3,2 Mio. € in diesem Hj. reduziert.

Das IM hat den Zielwert entsprechend den jeweils vorhandenen Tarifstellen auf die Kap. 0314 (Landespolizei), 0315 (Wasserschutzpolizei), 0316 (Bereitschaftspolizei) und 0318 (Landeskriminalamt) verteilt. Innerhalb des Kap. 0314 erfolgte eine entsprechende Aufteilung auf die LPD-Bezirke. Dadurch sollte sichergestellt werden, dass alle Polizeidienststellen anteilig von den Maßnahmen profitieren. Die Finanzmittel wurden nach einer Sofortzuweisung tranchenweise zu bestimmten Stichtagen entsprechend den bis zu diesem Zeitpunkt vollzogenen Stelleneinsparungen zugeteilt. Für die Inanspruchnahme der Mittel war neben einem begründeten Höhergruppierungsantrag eine Bewilligung/Zustimmung des IM erforderlich. Zuvor wurde die Einhaltung der tarif- und haushaltsrechtlichen Bestimmungen vom IM gründlich überprüft, was in einigen Fällen zu Rücknahmen von Höhergruppierungsanträgen führte.

Um die Antragstellungen und den Abfluss der Mittel zu beschleunigen, konnten ab Dezember 2001, unabhängig vom aktuell den jeweiligen Polizeidienststellen zugewiesenen Tranchenvolumen, begründete Anträge nach Eingang sofort positiv beschieden werden (sog. Windhundverfahren), maximal allerdings nur bis zur Höhe des einem Polizeibereich zustehenden Gesamtzielwerts.

Bis zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Einsparverpflichtung in Höhe von 1 Mio. € waren durch Stellenabbau bereits 2,5 Mio. € erwirtschaftet und hiervon 1,3 Mio. € für Höhergruppierungen verwendet worden. Inzwischen wurden weitere Werkstattstellen abgebaut und damit die für Höhergruppierungen verfügbaren Mittel um 0,1 Mio. € auf 2,6 Mio. € erhöht.

Die Umsetzung des Nichtvollzugskonzepts ruht derzeit, weil das IM in der Pflicht ist, frei werdende Stellen zunächst vollständig für den - auch von der Polizei allgemein zu erbringenden - Stellenabbau zu nutzen. Das IM will aber zumindest einen Betrag in Höhe von 0,3 Mio. €, der über die Einsparauflage von 1,0 Mio. € hinaus erwirtschaftet ist, für weitere Höhergruppierungen verwenden.

2 Finanzielle Auswirkungen der Höhergruppierungsanträge

Der RH hat die finanziellen Auswirkungen der bis zum April 2003 gestellten Anträge auf Höhergruppierungen im Bereich der Landespolizei, auf deren Dienststellen immerhin 2,8 Mio. € des reduzierten Zielwerts und damit 88 % des Gesamtvolumens des Nichtvollzugskonzepts entfallen, untersucht. Die Anzahl der Anträge, der Umfang ihrer Bewilligungen und das finanzielle Volumen der Anträge sind in Übersicht 1 und Übersicht 2 dargestellt.

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Der Zielwert von 2,8 Mio. € wird durch die bis April 2003 gestellten und z. T. bewilligten Anträge zu rd. 73 % ausgeschöpft. Die bereits bewilligten Höhergruppierungsanträge haben die Personalkosten um jährlich 1,2 Mio. € erhöht. Durchschnittlich führte ein Antrag zu jährlich rd. 3.700 € höheren Personalkosten je MAK.

Die Übersichten zeigen zudem, dass die zur Verfügung stehenden Mittel in unterschiedlichem Maße beansprucht wurden. Auffällig ist dies insbesondere bei der LPD Freiburg mit ihren Dienststellen, die ihr Mittelkontingent durch Bewilligungen bereits zu 58 % und damit überdurchschnittlich ausgeschöpft haben. Falls alle Anträge aus diesem Bereich bewilligt würden, lägen die Kosten hierfür um rd. 36.000 €/Jahr über den diesen Dienststellen zustehenden Mitteln. Die Ursache hierfür dürfte nicht zuletzt in dem praktizierten „Windhundverfahren“ zu suchen sein.

Der RH hat dem IM empfohlen, in weiteren Bewilligungsrunden auf eine gleichmäßigere Inanspruchnahme der Mittel durch die Dienststellen in den LPD-Bezirken zu achten, auch um arbeitsrechtliche Anschlussforderungen zu vermeiden.

3 Verteilung der Höhergruppierungen

Der RH hat die bis April 2003 für insgesamt 323 MAK bewilligten Höhergruppierungsanträge in insgesamt 19 unterschiedliche Tätigkeitsbereiche der Bediensteten gegliedert. Die Gliederung der Tätigkeitsbereiche erfolgte weitgehend in Anlehnung an die Organisationsstrukturen der Polizeidienststellen. Schwerpunkte bei den Höhergruppierungen bilden bisher die Tätigkeitsbereiche

  • Sachbearbeitung in Führungsgruppen der Polizeireviere mit Höhergruppierungen für 46 MAK (14 %),
  • Führungs- und Einsatzstab mit Höhergruppierungen für 45,5 MAK (14 %) und
  • Kriminalpolizei, sonstige Sachbearbeitung mit Höhergruppierungen für 43,5 MAK (13 %).

Auf diese drei Tätigkeitsbereiche entfallen rd. 41 % aller Anträge. Die Auswertungen des RH haben des Weiteren gezeigt, dass durch die bewilligten Höhergruppierungen in vergleichbaren Organisationseinheiten der Dienststellen zumindest vorübergehend unterschiedliche Vergütungsstrukturen entstanden sind. So hat beispielsweise die Polizeidirektion Ludwigsburg sieben Höhergruppierungen für Bedienstete als Sachbearbeiter in Führungsgruppen der Reviere vorgenommen, während bei den Polizeidirektionen Esslingen und Heilbronn entsprechende Bewilligungen noch fehlen. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei angestellten Sachbearbeitern in den Datenstationen. Allerdings sind hier bisher nur wenige Höhergruppierungen realisiert.

Ein Blick auf alle bisher gestellten Anträge macht die Situation noch deutlicher: So reichen die beantragten Höhergruppierungen im Bereich der Führungsgruppen der Reviere von Verg.Gr. V c BAT bis Verg.Gr. VII/VI b BAT. Besonders auffällig sind auch die abweichenden Anträge aus dem Bezirk der LPD Tübingen. Dort wurden keine Höhergruppierungsanträge für die Bereiche Pressestelle (landesweit 16 Anträge), Kriminalitätsbekämpfung (landesweit 8 Anträge) und Verwaltung - innerer Dienst - (landesweit 11 Anträge) und nur 4 Anträge für die Datenstationen (landesweit 74 Anträge) gestellt.

Zwar weist das IM darauf hin, dass eine endgültige Bewertung der Vergütungsstrukturen erst nach Abschluss des Nichtvollzugskonzepts möglich sei und im Übrigen aufgrund örtlicher Arbeitsverhältnisse und Aufgabenzuschnitte unterschiedliche Eingruppierungen der Tarifbeschäftigten in vergleichbaren Organisationseinheiten gerechtfertigt sein können. Dennoch sollten nach Auffassung des RH Entwicklungen vermieden werden, die künftigen Anpassungswünschen des Tarifpersonals bei der Landespolizei landesweit Vorschub leisten.

Der RH hat auch errechnet, wie hoch die Anteile der Höhergruppierungsanträge an den jeweiligen Tarifstellen der einzelnen Polizeidienststellen sind. Dabei hat sich gezeigt, dass die Dienststellen in sehr unterschiedlichem Umfang Anträge auf Höhergruppierungen gestellt haben. Auch wenn die Polizeidienststellen zur besseren Vergleichbarkeit in entsprechende Gruppen (Landespolizeidirektionen, kleine, mittlere und große Kreisdienststellen und Autobahnpolizeidirektionen) gegliedert werden, ergibt sich kein anderes Bild: Die Bandbreite der Anteile auf Höhergruppierungen an den Tarifstellen bei den Dienststellen reicht jeweils von 5 % bis nahezu 30 %. Vereinzelt gibt es Dienststellen, die im Vergleich zu einer ähnlich großen Dienststelle mehr als das Fünffache an Anträgen eingereicht haben. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nicht alle Anträge der Dienststellen durch das IM bewilligt werden.

Der RH verkennt nicht die individuelle Ausgestaltung der Vergütungsstrukturen, die sich aus örtlichen Notwendigkeiten ergeben können. Jedoch wurde in der Prüfung deutlich, dass nicht alle Dienststellen im Rahmen ihres Auswahlermessens darauf geachtet haben, nur besonders qualifiziertes und erfahrenes Personal für die Übertragung höherwertiger Aufgaben vorzusehen. Bei künftigen Bewilligungen sollte genauer darauf geachtet werden, ob die Anträge tatsächlich Tätigkeiten dokumentieren, welche die angestrebte Höhergruppierung rechtfertigen.

4 Fehlen einer Gesamtkonzeption

Für die Umsetzung des Nichtvollzugskonzepts fehlen landesweit gültige Vorgaben, die erkennen lassen, in welchen Organisationseinheiten vorrangig höherwertige Aufgaben an Tarifbeschäftigte vergeben werden sollten, um daraus einen optimalen Nutzen für die Dienststellen zu erzielen. Bis dato wurden vor allem die Führungsgruppen in den Revieren, die Führungs- und Einsatzstäbe und die Kriminalpolizei (sonstige Sachbearbeitung) durch Besserstellungen des Tarifpersonals begünstigt. Ob damit allerdings die größtmöglichen positiven Auswirkungen für die Polizeiarbeit vor Ort erreicht wurden sowie Vorteile für Arbeitsabläufe und Organisation genutzt werden konnten, wurde in den Antragsunterlagen der Dienststellen nicht näher dokumentiert.

Außerdem wurde nicht geklärt, ob mit zunehmend verbesserter IuK-Ausstattung Stellen überflüssig werden (so bei den Datenstationen, beim Schreibdienst, bei den Kommunikationsbetriebsstellen) und damit neuerliche Organisationsänderungen, Stelleneinsparungen oder Verlagerungen bevorstehen. Ferner ist noch kein Konzept für die Verwaltungsbeamten der Polizei entwickelt worden, das sich neben Besoldungsverbesserungen auch mit der Frage auseinander setzt, wo Verwaltungstätigkeiten des Polizeivollzugsdienstes verstärkt und kostengünstiger durch den allgemeinen mittleren oder gehobenen Dienst erledigt werden können. Damit fehlen auch Überlegungen zu möglichen Auswirkungen auf Zahl und Art der Höhergruppierungen im Tarifbereich.

Das IM ist der Auffassung, dass unterschiedliche Strukturen und Personalaus stattungen bei den einzelnen Polizeidienststellen es nicht zugelassen hätten, einheitliche Standards in Form eines landesweiten Gesamtkonzepts vorzugeben. Der in diesem Zusammenhang erhobenen Forderung des RH, eine landesweit angelegte Untersuchung/Bestandsaufnahme über Aufgaben, (künftige) Personalstärke und organisatorisch notwendige Veränderungen im Nichtvollzug durchzuführen, will das IM dennoch nachkommen, wenn sich die Auswirkungen der allgemeinen Stellenstreichungen und der Verwaltungsstruktur-Reform absehen lassen. Dabei wird auch die Frage einer Neuverteilung der Tarifstellen innerhalb der gesamten Polizei zu entscheiden sein. Die aufgezeigten Unterschiede machen die Notwendigkeit einer besseren Steuerung des Nichtvollzugsbereichs deutlich.

5 Entlastung der Polizeivollzugsbeamten von vollzugsinadäquaten Aufgaben

Die Höhergruppierungsanträge wurden von der Landespolizei in 234 Fällen damit begründet, dass Polizeivollzugsbeamte von vollzugsinadäquaten Aufgaben entlastet werden sollen, und zwar im Umfang von insgesamt 111,3 MAK. Die geprüften Dienststellen haben derzeit jedoch keine verlässlichen Gesamtdokumentationen, die erkennen lassen, in welcher Form sich die Entlastungen/Freisetzungen von Polizeivollzugsbeamten tatsächlich ausgewirkt haben. Teilweise wird allgemein darauf verwiesen, dass die Höhergruppierungsmaßnahmen die operative Polizeiarbeit stärken sollten. Teilweise können keine Aussagen getroffen werden, weil die Entlastungen/Freisetzungen nur den Bruchteil einer Stelle ausmachen.

Nach den Vorgaben des Ministerrats und des IM sollen Höhergruppierungen insbesondere zu einer Entlastung der Polizeivollzugsbeamten von vollzugsinadäquaten Tätigkeiten und zur Stärkung der Präsenz vor Ort führen. Der RH hat gefordert, dass die Antrag stellenden Dienststellen mit vertretbarem Aufwand nachweisen, in welche Organisationseinheiten die von den Entlastungen betroffenen Stellen verlagert werden oder welche vollzugsadäquaten Tätigkeiten die Beamten nunmehr verstärkt ausüben können. Diese Informationen sind für künftige Stellenverteilungen im Polizeibereich von Bedeutung.

6 Angemessenheit des reduzierten Mittelvolumens

Mit den auf 2,8 Mio. € reduzierten Mitteln können neben den bereits vorliegenden Anträgen mehr als 200 weitere Anträge bei der Landespolizei bewilligt werden. Insgesamt lassen sich somit rd. 750 Stellen heben. Bezogen auf alle Tarifstellen in der Landespolizei sind dies rd. 21 %, bezogen auf die Tarifgruppen, die den Vergütungen und Funktionen des mittleren Dienstes entsprechen (Verg.Gr. X/IX b BAT bis Verg.Gr. V c/V b BAT), rd. 22 %.

Bereits mit dem inzwischen erreichten Realisierungsgrad des Nichtvollzugskonzepts profitieren fast alle Organisationseinheiten der Landespolizei von den Vergütungsverbesserungen. Deshalb bietet das Programm, selbst bei dauerhaft reduzierten Mitteln, gute Perspektiven und eine hinreichende Motivation für Nachwuchskräfte der verschiedensten Arbeitsbereiche und eröffnet den Bediensteten angemessene Personalentwicklungsmöglichkeiten.

Wegen der im Zusammenhang mit der Verwaltungsstruktur-Reform auch im Bereich der Polizei zu erbringenden Stelleneinsparungen müssen realisierte Stellenstreichungen zunächst für diese Einsparauflagen verwendet werden. Nach Auffassung des IM können daher voraussichtlich nur noch die restlichen wegfallenden Stellen aus dem Bereich der Kraftfahrzeug-Werkstätten für Höhergruppierungen verwendet werden.

7 Stellungnahme des Ministeriums

Das IM weist nochmals darauf hin, dass eine landesweit angelegte Untersuchung/Bestandsaufnahme der Aufgaben, der (künftigen) Personalstärke und der organisatorisch notwendigen Veränderungen im Nichtvollzug erst ab dem Jahr 2008 durchgeführt werden könne. Zuvor ließen sich wegen der zu erbringenden Stelleneinsparungen in diesem Bereich keine konkreten Schlussfolgerungen ziehen. Im Übrigen hat das IM keine Einwände gegen den Beitrag.

8 Schlussbemerkung

Der RH bleibt dabei, dass die geforderte Untersuchung zum Nichtvollzug bald durchgeführt werden sollte. Dieses Konzept sollte die Basis für die im Zuge der Personaleinsparungen zu treffenden Entscheidungen sein. Auch das im Haushaltsjahr 2003 erstmals um 1 Mio. € auf 3,2 Mio. € gekürzte Finanzvolumen gibt in Zeiten knapper Kassen ausreichend Spielraum für sinnvolle Strukturverbesserungen, deren Ziele in diesem Konzept festzulegen sind. Mindestens diese Kürzung sollte in den folgenden Haushaltsjahren beibehalten werden.


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Anhänge

Bei den Zuwendungen zur Kulturarbeit nach dem Bundesvertriebenengesetz in Form von Zuschüssen an Verbände der Vertriebenen und Spätaussiedler oder für Maßnahmen der Pflege von Kulturgut in und aus deren Herkunftsgebieten gibt es Einsparmöglichkeiten.


1 Ausgangslage

1.1 Prüfungsgegenstand

Das Land fördert die Kulturarbeit nach dem Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz - BVFG), indem es zum einen die Arbeit der Vertriebenenverbände durch Zuwendungen finanziell unterstützt, zum anderen durch Kulturpflege mit eigenen staatlichen Einrichtungen.

Über die Prüfung bei der Landesbehörde „Haus der Heimat“ hat der RH in der Denkschrift 2003, Nr. 12 berichtet. In einer weiteren Prüfung hat das StRPA Stuttgart die Zuwendungen zur Kulturarbeit im Hj. 2001 untersucht. In Einzelfällen wurden auch die Ausgaben des Vorjahrs bzw. der Hj. 2002/2003 einbezogen.

Die einzelnen Zuwendungen mit einer Gesamtsumme in Höhe von 1.682.631 € im Hj. 2001 zeigt Schaubild 1.

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1.2 Bundesförderung

Die politischen Veränderungen in Europa durch die Öffnung der Grenzen in Osteuropa sowie die Wiederherstellung der deutschen Einheit haben sich auf die Förderung der Kulturarbeit ausgewirkt. Sie haben insbesondere beim Bund zu Neuregelungen mit dem Ziel geführt, die derzeit bestehende Vielfalt der geförderten Institutionen zu reduzieren und neu zu strukturieren. Die Neubestimmung der in § 96 BVFG formulierten Verpflichtung des Bundes ist auch in Baden-Württemberg spürbar, weil der Bund Förderstrukturen strafft und die Förderung einzelner Einrichtungen deutlich oder ganz zurückfährt.

Beispielhaft zu nennen sind die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen (Sitz Stuttgart, Geschäftsstelle in Bonn), die seit 01.07.2000 vom Bund keine institutionelle Förderung mehr erhält (zuletzt 0,8 Mio. €/Jahr) und die Künstlergilde e.V. in Esslingen, die vom Bund nur noch bis Ende 2000 gefördert wurde (zuletzt 0,7 Mio. €/Jahr).

1.3 Landesförderung

Die Festbetragsförderung des Landes nach der Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums für die Gewährung von Zuwendungen zur Kulturarbeit nach § 96 des Bundesvertriebenengesetzes (VwV-Kulturförderung) erhalten zum einen Einrichtungen, die satzungsgemäß Aufgaben der Kulturarbeit wahrnehmen (institutionelle Förderung), zum anderen werden Maßnahmen der Kulturarbeit zur Pflege des Kulturguts der Vertreibungsgebiete (Projektförderung) unterstützt.

Mit der neuen, seit dem Jahr 2001 geltenden, Verwaltungsvorschrift verfolgt das IM das Ziel,

  • durch einen detaillierten Förderkatalog nebst förderfähigen Höchstsätzen für Klarheit und Rechtssicherheit zu sorgen;

 

  • das Förderverfahren zu vereinfachen, indem darauf abgehoben wird, ob die Maßnahmen als Ganzes förderfähig sind oder nicht;

 

  • Rückforderungen durch Umstellung auf Festbetragsfinanzierung zu vermeiden;

 

  • die Förderung treffsicherer zu machen, indem weniger Maßnahmen, dafür aber kulturell besonders förderungswürdige Vorhaben intensiver gefördert werden.

Bei der institutionellen Förderung werden der Personal- und Sachaufwand der Geschäftsstelle des Zuwendungsempfängers gefördert. Der Fördersatz hierfür ist nicht begrenzt. Bei der Projektförderung sind sowohl Maßnahmen der kulturellen Breitenarbeit und sonstiger Kulturarbeit innerhalb Baden-Württembergs als auch in den Herkunftsgebieten der Vertriebenen und Spätaussiedler förderfähig. Dabei sind nur die in einem Förderkatalog detailliert aufgeführten Maßnahmen zuwendungsfähig. Die Höhe des Zuschusses bei Projektförderung beträgt grundsätzlich 50 % der zuwendungsfähigen Ausgaben (Regelfördersatz).

1.4 Förderausgaben

Die Entwicklung der Ausgaben für die Jahre 1998 bis 2003 geht aus der Übersicht hervor.

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Die Ausgaben sind demnach bis 2002 gestiegen. Für das Jahr 2004 sind insgesamt 921.400 € (institutionelle Förderung: 355.000 €, Projektförderung: 566.400 €) veranschlagt. Damit wurde der bisherige Haushaltsansatz bei Kap. 0330, Tit. 684 72 um 10 % gekürzt; er soll für die Jahre 2005 und 2006 um jeweils weitere 5 % reduziert werden.

1.5 Verteilung der Fördermittel

Einen Teil der Fördermittel reichen die Landesverbände an ihre Untergliederungen (z. B. Kreis- und Ortsverbände, Heimatortsgemeinschaften) weiter. Die Verteilung der Fördermittel zwischen Dachverbänden und ihren Untergliederungen zeigt Schaubild 2 am Beispiel des Hj. 2001.

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2 Prüfungsergebnisse

2.1 Allgemeines

Die Vertriebenenverbände, denen Zuwendungen des Landes gewährt werden, zeichnen sich durch eine in den letzten 50 Jahren gewachsene, komplexe Binnenstruktur aus. Eine Vielzahl von Bundesverbänden, Landesverbänden, Landesgruppen, Bezirks-, Kreis- und Ortsgruppen, Heimatortsgemeinschaften, Trachten-, Spiel-, Sing-, Tanz- und Musikgruppen ist entstanden. Nahezu jeder Verband hat mehrere Untergliederungen, welche z. T. auch als eingetragene Vereine oder als lose Zusammenschlüsse konstituiert sind und ihrerseits Zuwendungen des Landes beantragen können.

Alles in allem hat sich ein dichtes Geflecht an potenziellen Zuwendungsempfängern herausgebildet mit z. T. unübersichtlichen Strukturen, was eine zielgerichtete Förderung erschwert.

2.2 Institutionelle Förderung

Nach der VwV-Kulturförderung orientiert sich der Zuschuss bei institutioneller Förderung an den Aufwendungen, die dem Träger einer Einrichtung bei der Wahrnehmung seiner satzungsgemäßen Aufgaben für die Kulturarbeit nach § 96 BVFG entstehen. Namentlich handelt es sich um den Personal- und Sachaufwand durch den Betrieb einer Geschäftsstelle in nennenswertem Umfang, den er ohne Landeszuwendung nicht bestreiten kann. Weitere Konkretisierungen bestehen nicht.

Offenbar aufgrund historisch gewachsener Strukturen werden aus dem Kreis der möglichen Zuwendungsempfänger acht Institutionen gefördert, die jährlich Zuwendungen in unterschiedlicher Höhe erhalten (z. B. im Hj. 2001 zwischen 1.432 € und 89.476 €, im Hj. 2003 zwischen 1.400 € und 118.100 €). Nach den Feststellungen des StRPA Stuttgart lag die Förderung im Jahre 2001 in einer Bandbreite zwischen 15 % und 75 % der Aufwendungen, bei der Mehrzahl der Einrichtungen allerdings zwischen 30 % und 40 %.

Nach Prüfungserkenntnissen gibt es bei der institutionellen Förderung Unzulänglichkeiten. Sie abzustellen würde Möglichkeiten erschließen, Landesmittel zielorientierter einzusetzen oder einzusparen.

  • Einige Einrichtungen werden institutionell gefördert, obwohl sie finanziell auf keinem dauerhaft tragfähigen Fundament stehen; ihre Aktivitäten bedürfen einer konzeptionellen Überarbeitung und Neuausrichtung; ihre finanzielle Grundlage muss ebenfalls überdacht werden.

 

  • Bei einem Teil der geförderten Einrichtungen ist es notwendig, dass diese im Rahmen ihrer Möglichkeiten durch eigene Anstrengungen einen größeren Teil ihrer Aufwendungen selbst erwirtschaften. So leisten die Mitgliedsvereine bei einer Einrichtung bisher keine Mitgliedsbeiträge, bei einer anderen nur in Höhe von 7 % der Gesamtkosten.

 

  • Die einer Einrichtung gewährte Förderung von rd. 75 % ihrer Aufwendungen erscheint unangemessen hoch und sollte schrittweise verringert werden.

Die Förderung von zwei Einrichtungen kann ganz eingestellt werden:

  • Die Landsmannschaft Berlin-Mark Brandenburg e.V. erhält weiterhin Zuwendungen von jährlich 10.226 €, obwohl sie ihren Sitz im Jahr 1999 von Stuttgart nach Fürstenwalde (Bundesland Brandenburg) verlegt hat. Bemerkenswert ist auch, dass die Zuwendung bei der Landsmannschaft nicht verbleibt, sondern als durchlaufender Posten einer Stiftung Brandenburg zufließt.

Das Land Baden-Württemberg sollte die Förderung auf Einrichtungen begrenzen, die einen eindeutigen Bezug zum Land haben und deren Aktivitäten hier ihren Mittelpunkt haben.

Das IM teilt mit, dass sich das Land an eine Vereinbarung mit der Landsmannschaft über eine Landespatenschaft sowie an die Mitgliedschaft im Stiftungsrat der „Stiftung Brandenburg“ bis 31.12.2006 gebunden sieht.

  • Der Württembergische Konvent der zerstreuten evangelischen Ostkirchen im Diakonischen Werk der EKD (WK) gibt Mittel zur Projektförderung an selbstständige so genannte Hilfskomitees weiter, die ihrerseits Maßnahmen durchführen. Der WK erhält hierfür institutionelle Förderung des Landes von jährlich 1.400 €.

Als Geschäftsstelle für die Hilfskomitees ist der WK, mehr als 50 Jahre nach Flucht und Vertreibung, überflüssig geworden. Abgesehen davon erscheint diese Kleinstförderung auch aus finanziellen Erwägungen ungerechtfertigt. Andere Einrichtungen (wie Landsmannschaften) sind fähig und in der Lage, die für ihre Untergliederungen bestimmten Fördermittel an diese weiterzuleiten, ohne hierfür institutionelle Förderung zu beanspruchen.

Das IM hat zugesagt, die vorgeschlagene Einstellung der Förderung zu prüfen.

2.3 Projektförderung

2.3.1 Die Zuschüsse zur Projektförderung bewegten sich im Hj. 2001 zwischen 383 € und 97.657 €, im Hj. 2003 zwischen 400 € und 84.800 €.

Anders als bei der institutionellen Förderung enthält die Förderrichtlinie zur Projektförderung detaillierte und spezifizierte Regelungen in einem umfangreichen Förderkatalog, in einer gegliederten Übersicht über die Ausgabearten und die dazugehörigen förderfähigen Höchstbeträge sowie in Nebenbestimmungen, die abweichend von den allgemeinen Nebenbestimmungen (ANBest-P) auf die besonderen Bedingungen der Förderung der Kulturarbeit nach § 96 BVFG abgestimmt sind. Sie geben den Verbandsmitarbeitern ausführliche Handreichungen, die angesichts der Vielfalt und Komplexität möglicher Förderprojekte für Rechtssicherheit sorgen sollen.

Der Förderkatalog mit der Liste der Ausgaben lässt die Vielfalt der förderfähigen Tatbestände erkennen.

Gefördert werden

  • Veranstaltungen des Bundes der Vertriebenen - Landesverband Baden-Württemberg - und der Landsmannschaften oder sonstiger Organisationen einschließlich ihrer Untergliederungen mit eindeutig überwiegenden kulturellen Inhalten (geschichtliche und kirchliche Jahres-, Traditions- und Gedenkveranstaltungen, heimat- und landeskundliche Fachtagungen einschließlich Landeskulturtagungen sowie sonstige kulturelle Veranstaltungen),

 

  • Theater-, Gesangs-, Tanz- und Musikproben,

 

  • Anschaffung und Reparatur von Trachten und Musikinstrumenten,

 

  • Herstellung und Versand von Verbandsnachrichten, Mitteilungsblättern und anderen kulturellen Publikationen

und „Maßnahmen der sonstigen Kulturarbeit“, wie

  • Bundes- und Landestreffen,

 

  • Archive, Bibliotheken, Heimatstuben, Museen, Sammlungen und Ausstellungen (Einrichtung und Ausstattung sowie Anschaffung und Ergänzung der einrichtungsspezifischen Gegenstände),

 

  • Gedenkstätten einschließlich Gedenktafeln (Einrichtung und Wiederherstellung).

Darüber hinaus werden in den Herkunftsgebieten der Vertriebenen und Spätaussiedler - ausgenommen Gebiete, in denen die Donauschwäbische Kulturstiftung Zuwendungen gewährt - kulturelle Fachtagungen und andere kulturelle Veranstaltungen gefördert.

Insgesamt verteilte sich die Projektförderung im Jahr 2001 auf 38 Institutionen und Verbände, die ihrerseits als Zuwendungsempfänger einen größeren Anteil an ihre Orts- und Kreisverbände weiterreichten. So konnten im Hj. 2001 rd. 135 Untergliederungen über insgesamt 212.497 € verfügen; das sind rd. 36 % der für die Projektförderung zur Verfügung stehenden Fördermittel.

2.3.2 Die Prüfung der Zuwendungen zur Projektförderung führte zu folgenden Feststellungen und Empfehlungen:

  • Der Begriff „Kulturarbeit“ wird in Baden-Württemberg sehr weit ausgelegt. Die geschichtlichen und politischen Veränderungen ebenso wie die Tatsache, dass eine neue Generation bei uns und in unseren Nachbarstaaten in diesem Bereich engagiert ist, erfordern, die Umsetzung des § 96 BVFG zu überdenken. Eingeschränkt werden sollten nach Vorstellungen des RH solche Maßnahmen, die nur auf die Vertriebenen selbst ausgerichtet sind und keine oder nur eine sehr begrenzte Außenwirkung haben. Die EU-Osterweiterung erfordert auch aus Sicht des IM eine Neubestimmung dieser Aufgabe. Mit dem Rückgang der Erlebnisgeneration sei die Kulturarbeit noch stärker auf die jüngere Generation und auf breitere Bevölkerungsgruppen auszurichten. Das IM habe daher im Jahre 2002 eine Arbeitsgruppe „Kultur“ berufen, die die Aufgabe habe, neue Akzente der Kulturförderung auszuarbeiten.

 

  • Die Regelförderung von 50 % wurde bei verschiedenen Einrichtungen überschritten. In Einzelfällen wurden im Hj. 2001 Zuschüsse in Höhe von 70 %, 85 % oder sogar 100 % gewährt. Bei Maßnahmen, die die Landesverbände selbst durchführten, betrug die Förderung durchschnittlich 54,6 %, bei ihren Untergliederungen durchschnittlich 39,5 %.

 

  • Es sollte überdacht werden, ob die Herstellung von aufwendig gestalteten Verbandsnachrichten, Mitteilungsblättern, Broschüren oder kulturellen Publikationen noch einer Unterstützung durch das Land bedarf. Gleiches gilt für die „übrigen kulturellen Veranstaltungen“ des Förderkatalogs. Hierunter werden gelegentlich auch Maßnahmen der Glaubensstärkung (z. B. Wallfahrten und Bibelfreizeiten) sowie Nähkurse, Bastelarbeiten o. ä. subsumiert.

 

  • Die vollständige Übernahme von Verpflegungs-, Unterkunfts- und Fahrtkosten der Teilnehmer für Veranstaltungen und mehrtägige Tagungen als zuwendungsfähige Aufwendungen erscheint grundsätzlich nicht angemessen. Dies gilt umso mehr, wenn darüber hinaus von den Teilnehmern nur ein geringer Tagungs- oder Teilnehmerbeitrag verlangt wird. So stehen in einem Fall die bezahlten Fahrtkosten, Tage- und Übernachtungsgelder von rd. 87 € je Teilnehmer in einem Missverhältnis zum geleisteten Tagungsbeitrag von rd. 17 € je Person. Es wird deshalb empfohlen, die Erstattungen an die Teilnehmer deutlich einzuschränken, da ein Eigeninteresse vorausgesetzt werden muss.

 

  • Das Land hat in der Vergangenheit auch Einrichtungen bei der Projektförderung unterstützt, deren Sitz außerhalb Baden-Württembergs liegt. Der notwendige Landesbezug fehlt in diesen Fällen ganz. In einem Fall liegen die Einrichtung und deren Tätigkeitsfeld sogar außerhalb Europas (Cooperativa Agrària Mistra Entre Rios Ltda., Brasilien); hier bleibt im Übrigen mangels Nachprüfbarkeit vor Ort unklar, wie die Gelder tatsächlich verwendet wurden und ob die Kulturarbeit aus eigener Kraft finanziert werden kann. Das IM will prüfen, ob und inwieweit bei Antragstellern, die ihren Sitz außerhalb des Landes haben, die bisherige Projektförderung sukzessive beendet werden kann; in die Prüfung werde die Cooperativa einbezogen.

 

  • Die derzeit geltenden Regelungen der VwV-Kulturförderung, einschließlich Förderkatalog und Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung, sind verschiedentlich nicht konsequent eingehalten worden. Einer Landsmannschaft wurden z. B. die Aufwendungen für ein Tanzseminar für schwedische Tänze bezuschusst. Diese gab hierzu an, dass die Kulturaktivitäten der Vertriebenen nicht streng auf das Kulturgut der Vertreibungsgebiete begrenzt werden können. Eine andere Einrichtung versteht sich inzwischen als europaweit tätiger Verband.

 

  • In den wenigen Rückforderungsfällen wurde die Frage der Verzinsung offenbar nicht geprüft. Der Erstattungsanspruch ist grundsätzlich zu verzinsen. Das IM hat zugesagt, zu veranlassen, dass bei künftigen Rückforderungsfällen die Frage der Verzinsung stets geprüft wird.

 

  • Die im Förderkatalog genannten Honorarsätze sind vereinzelt überschritten worden. Das IM hat zugesagt, die für Referenten bestehende Begrenzung der Honorarsätze werde künftig beachtet.

2.4 Förderverfahren

2.4.1 Die an die VwV-Kulturförderung geknüpften Ziele und Erwartungen sind in etwa erreicht worden. Die detaillierten Regelungen zur Projektförderung haben sich in der Praxis als hilfreich erwiesen. Gleichwohl hat die Prüfung Mängel im Förderverfahren aufgezeigt.

Das Land hat mit der VwV-Kulturförderung keine strukturellen Änderungen angestrebt und die geschichtlich gewachsenen Strukturen fortgeschrieben. Innerhalb eines weit gesteckten Rahmens ist eine besondere Steuerungsfunktion eher unterentwickelt. Die bestehenden Regelungen führten zu einer Art Automatismus der Förderung. Zusammen mit der Kleinteiligkeit der Förderung vermittelt die derzeitige Zuschusspraxis den Eindruck, Ziel und Maßstab der Förderung sei die Beibehaltung und Streuung der seither üblichen Finanzmittel.

2.4.2 Die Kosten- und Finanzierungspläne sind oft unvollständig und erscheinen ein Stück weit beliebig. So fiel auf, dass in Teilbereichen Angaben zu Spenden, Tagungsbeiträgen, Zuschüssen aus anderen öffentlichen Mitteln, Finanzierungsleistungen des Dachverbands oder anderen Eigenmitteln usw. fehlten. Es kann erwartet werden (und sollte für die Bewilligungsstelle selbstverständlich sein), dass die Finanzierungspläne realitätsnah erstellt werden, vollständig sind und eingehalten werden.

2.4.3 Zuschüsse unter 1.000 € sollten generell nicht gewährt werden. Für Untergliederungen gilt diese Bagatellgrenze bisher nicht; hier wurden vereinzelt auch Kleinstbeträge (z. B. 14,91 €) ausgezahlt. Nach Auskunft der einzelnen Landesverbände seien nicht alle Orts- und Kreisverbände auf eine Förderung angewiesen. Man betrachte aber einen Zuschuss als Anerkennung und als „symbolischen Akt“.

Auch hier gilt: Damit die Förderschwelle nicht unzulässig umgangen wird, ist in allen Fällen eine sorgfältige Kostenschätzung erforderlich.

Das IM hat zugesagt zu prüfen, ob auch für Untergliederungen eine Bagatellgrenze - allerdings deutlich niedriger als für Dachverbände - eingeführt wird.

2.4.4 In mehreren der geprüften Fälle hätte ein Teil der bewilligten Beträge zurückgefordert werden müssen, weil eine Teilmaßnahme erheblich von der Planung abwich oder gar nicht durchgeführt worden ist. So lagen in einem Fall die tatsächlichen Kosten um rd. 17.400 € unter dem Finanzierungsplan, weil zwei eigenständige Teilmaßnahmen nicht durchgeführt wurden. Das StRPA Stuttgart hat in diesem Fall die Rückforderung der Überzahlung veranlasst.

2.4.5 Die für die Untergliederungen bestimmten Zuwendungsbeträge werden oft nicht rechtzeitig an diese weitergegeben. Verschiedentlich wird das Geld bei den Dachverbänden monatelang, teilweise ein Jahr lang, „geparkt“. Es wird angeregt, die Zuschüsse für die Untergliederungen künftig zeitnah zu deren Abrechnung, z. B. im Dezember oder auch erst im Folgejahr, zur Zahlung anzuweisen. Das IM hat mitgeteilt, es werde künftig die zweite Zuschussrate erst im Dezember oder auf Anforderung auszahlen.

Bei einigen Verbänden waren Besonderheiten bei der Weitergabe und Auszahlung der Mittel an die Untergliederungen festzustellen, indem z. B. die Zuwendungsbeträge mit den Mitgliedsbeiträgen der Untergliederungen „verrechnet“ wurden.

2.4.6 Die Verwendungsnachweise werden nicht genügend geprüft. Eine sachliche Prüfung der Zuwendungen für die Dachverbände findet regelmäßig nicht statt. Das Förderverfahren nach der VwV-Kulturförderung bringt einen nicht unbedeutenden Verwaltungsaufwand mit sich. Um dennoch eine aussagefähige Verwendungsprüfung vorzunehmen und den Aufwand dafür in Grenzen zu halten, sollten zumindest planvoll jährlich wechselnd einzelne Zuwendungsprojekte vollständig geprüft werden.

Das Förderverfahren nach der VwV-Kulturförderung bedeutet auch für die Verbände einen gewissen, mitunter auch größeren Verwaltungsaufwand. Denn die Dachverbände haben die Weiterbewilligung der Zuwendungen an die Orts- und Kreisverbände durchzuführen sowie deren Verwendung zu prüfen. Auch hier sollte sich die Bewilligungsstelle von Zeit zu Zeit einen Überblick über die Prüfungstiefe verschaffen (die Verbände nehmen diese Aufgabe bisher allenfalls in geringen Stichproben wahr) und ggf. korrigierend eingreifen.

Das IM hat mitgeteilt, es beabsichtige, die VwV-Kulturförderung so zu ändern, dass das Haus der Heimat künftig im Wechsel jährlich mindestens drei Dachverbände mit Untergliederungen durch örtliche Erhebungen vollständig prüft.

2.5 Leistungsfähigkeit der Verbände

Das Land erfüllt die auf § 96 BVFG beruhende Kulturförderung durch die Gewährung von Zuwendungen im Sinne des § 23 LHO. Danach ist - außer dem hierfür notwendigen Interesse des Landes - auch der Grundsatz der Subsidiarität zu berücksichtigen. Dieser Gesichtspunkt ist in der Vergangenheit nur wenig beachtet worden. Nicht in allen Fällen bedarf es außerdem der Anreizfunktion einer Zuwendung in derzeitigem Umfang. Eine Förderung nach dem sog. Gießkannenprinzip ist insbesondere in Zeiten der Haushaltsnot des Landes nicht mehr zu rechtfertigen.

Das Potenzial an Teilnehmerbeiträgen für Veranstaltungen, Tagungen, Seminare o. ä. könnte von den Verbänden noch stärker abgeschöpft werden. So hätte z. B. in einem Fall die Erhöhung des Beitrags um 3 € je Teilnehmer ausgereicht, um auf den Landeszuschuss ganz zu verzichten. Die Mitgliedsbeiträge werden nicht von allen Verbänden zeitnah und konsequent erhoben. Nicht selten verringerte sich der tatsächliche Eigenmitteleinsatz gegenüber dem Kosten- und Finanzierungsplan deutlich oder erübrigte sich ganz, indem neue Finanzierungsmittel hinzutraten oder bereits eingeplante Positionen sich erhöhten. Bei der gewählten Festbetragsfinanzierung wirken sich solche späteren Änderungen aber regelmäßig nicht zuwendungsmindernd aus.

3 Zusammenfassung

Die Prüfung hat gezeigt, dass in einer Reihe von Fällen künftig ein Zuschuss ganz entbehrlich ist, in anderen Fällen die Zuwendungshöhe verringert werden könnte. Dazu gehört auch, dass die Minimalförderungen sowohl an die Dachverbände als auch an die Untergliederungen eingestellt werden. Die Zuwendungen für die Kulturarbeit sind bis zum Jahre 2002 in der Summe kontinuierlich gestiegen, allerdings im Jahre 2003 gegenüber dem Vorjahr um 3 % gesunken. Andererseits gehen die Mitgliederzahlen der einzelnen Vertriebenenverbände im Allgemeinen stark zurück.

Die Mängel im Förderverfahren sollten korrigiert werden. In dem von der VwV-Kulturförderung weit gesteckten Rahmen ist weder eine Steuerung noch eine besondere Akzentuierung ersichtlich. Der Förderkatalog müsste vor diesem Hintergrund deutlich komprimiert werden. Die Bewilligungsstelle sollte von ihrem Prüfungsrecht stärker Gebrauch machen, indem sie nicht nur förmlich und rechnerisch, sondern vor allem inhaltlich schwerpunktmäßig prüft. Im Übrigen sollte im Hinblick auf die Festbetragsfinanzierung so weit wie möglich eine Vereinfachung des Verfahrens angestrebt werden.

Darüber hinaus sind grundsätzliche Überlegungen erforderlich, ob die Förderung nach so vielen Jahrzehnten, dem Ableben der Vertriebenengeneration und den gravierenden politischen Veränderungen noch in der bisherigen Form und in gleichem Umfang angebracht ist. Die derzeitige Förderung erweckt eher den Eindruck eines auf Dauer angelegten Fördertopfs, dessen Berechtigung von den Beteiligten nie ernsthaft hinterfragt oder angezweifelt worden ist.

Das Volumen der Förderung aus Landesmitteln könnte deutlich gekürzt werden. Die Reduzierung von Landesmitteln bei gleichzeitiger Erhöhung der Eigenmittel der Träger entsprechend ihrer Leistungskraft muss sich nicht zwangsläufig negativ auswirken. Das Land könnte für Projekte jährlich neue Förderschwerpunkte bilden und Kulturarbeit insgesamt gezielter fördern. Durch besser konzipierte, modernisierte Projekte und den Zwang zur intensiveren Zusammenarbeit zwischen den Verbänden, die anstelle eines isolierten landsmannschaftlichen Denkens forciert werden sollte, bieten sich nach wie vor gute Chancen für eine in der Öffentlichkeit akzeptierte Kulturarbeit.

4 Stellungnahme des Ministeriums

Das IM will noch mit allen betroffenen Zuwendungsempfängern Einzelgespräche führen und erst danach eine endgültige Stellungnahme abgegeben. Es vertritt ferner die Auffassung, dass bei den Vertriebenenverbänden kaum Möglichkeiten bestehen, in stärkerem Umfang als bisher Eigenmittel etwa durch Erhöhung der Mitgliedsbeiträge einzusetzen. Bei der Projektförderung sei zudem zu beachten, dass selbst im Falle einer ausreichenden Vermögenslage eines Zuwendungsempfängers das Landesinteresse an der Durchführung einer Maßnahme die Zuwendung rechtfertigen könne. Im Übrigen bedeute eine Reduzierung des Fördervolumens über das bisher geplante Maß hinaus das Ende einer aus Sicht des Landes sinnvollen und notwendigen Kulturarbeit.

Allerdings ist das IM bereit, die institutionelle Förderung der acht Einrichtungen - mit Ausnahme des Vereins Haus der Donauschwaben - kritisch zu überprüfen. Außerdem soll bei der Projektförderung anstelle der bisherigen Regelförderung ein Rahmenfördersatz von 25 % bis 75 % eingeführt werden, der es erlaubt, flexibel eine bedarfsgerechte Anpassung der Förderung an die jeweiligen finanziellen Verhältnisse der Antragsteller vorzunehmen.

5 Schlussbemerkung

Der RH bleibt bei seiner Auffassung, dass eine deutliche Reduzierung der Fördermittel möglich ist, ohne dass die in den Richtlinien dokumentierten Ziele aufgegeben werden müssten. Darin das Ende einer sinnvollen Kulturarbeit zu sehen, erscheint nicht angemessen.


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Einzelplan 05: Justizministerium

Die badischen Amtsnotare verzichten im Rahmen ihrer nachlassrichterlichen Unabhängigkeit regelmäßig auf die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung im Erbscheinverfahren. Diese bundesweit einmalige Verfahrensweise lässt Einnahmemöglichkeiten von jährlich etwa 4 Mio. € ungenutzt. Darüber hinaus führt die Festsetzung zu niedriger Geschäftswerte im Nachlassbereich durch die württembergischen Amtsnotariate zu jährlichen Mindereinnahmen von 1,6 Mio. €.


1 Ausgangslage

Der RH hat zusammen mit dem StRPA Freiburg in einer Querschnittsuntersuchung die Abwicklung des Nachlassbereichs bei den Amtsnotariaten geprüft. Hierbei wurden insbesondere die Verfahrensabläufe und die Einnahmesituation im badischen und im württembergischen Rechtsgebiet verglichen.

Die Nachlassgerichte sind u. a. zuständig für Nachlass- und Teilungssachen sowie für die besondere Verwahrung von Verfügungen von Todes wegen (Testamentsverwahrung). Diese Zuständigkeit ist in Baden-Württemberg auf die staatlichen Notariate übertragen. Im übrigen Bundesgebiet sind die Amtsgerichte Nachlassgerichte.

Die Aufgaben im Nachlassbereich werden von 64 Amtsnotariaten badischen Rechts und von 234 Amtsnotariaten württembergischen Rechts wahrgenommen. Die Nachlasstätigkeiten können im Wesentlichen in zwei Bereiche gegliedert werden:

  • die Testamentsverwahrung und

 

  • die Sterbefallbearbeitung, insbesondere mit der Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen (Testamentseröffnung), der Erbenermittlung oder der Erteilung eines Erbscheins.

Die Sterbefallbearbeitung weist in den beiden Rechtsgebieten vor allem folgende Verfahrensunterschiede auf:

  • Bei den badischen Amtsnotariaten wird das Verfahren regelmäßig schriftlich durchgeführt. Eine persönliche Ladung erfolgt - auch für die Testamentseröffnung - nicht. Die eidesstattliche Versicherung durch die Erben zur Bestätigung der Richtigkeit ihrer Angaben im Erbscheinverfahren wird in der Regel nicht abgenommen.

 

  • Im württembergischen Rechtsgebiet werden die Beteiligten weit überwiegend zur weiteren Behandlung des Sterbefalls durch das Nachlassgericht persönlich geladen. Im Termin werden die vorhandenen Verfügungen von Todes wegen eröffnet, evtl. notwendige Erklärungen entgegengenommen oder weitere Anträge, wie z. B. Grundbuchberichtigungsanträge, gestellt. Im Erbscheinverfahren wird dem Antragsteller zum Nachweis der Richtigkeit seiner Angaben regelmäßig die eidesstattliche Versicherung abgenommen.

Der Geschäftsanfall im Nachlassbereich für das Jahr 2002 ergibt sich aus Übersicht 1.

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Die Übersicht 1 verdeutlicht die unterschiedliche Verfahrensweise bei der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung im Erbscheinverfahren in den beiden Rechtsgebieten. In Relation zur Zahl der Erbscheine wurde im badischen Rechtsgebiet nur in 8 %, im württembergischen Rechtsgebiet dagegen in 91 % der Fälle eine eidesstattliche Versicherung abgenommen.

2 Finanzsituation im Nachlassbereich

2.1 Einnahmen und betriebswirtschaftliche Kennzahlen

Die nach einer Berechnung des RH in den beiden Rechtsgebieten im Jahr 2002 angefallenen Nachlasseinnahmen sind in Übersicht 2 dargestellt.

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Während die badischen Amtsnotariate aus der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung nur Einnahmen in Höhe von 0,3 Mio. € erzielt haben, entfallen im württembergischen Rechtsgebiet auf diesen Gebührentatbestand Einnahmen in Höhe von 5,1 Mio. €.

Der RH hatte bereits in Pkt. 16.5 seiner Beratenden Äußerung über die Notariatsreform in Baden-Württemberg vom Mai 2000 (Drs. 12/5154) auf die Notwendigkeit betriebswirtschaftlicher Kennzahlen für die einzelnen Aufgabenbereiche der Amtsnotariate hingewiesen. Das JuM hat im Zuge der Einführung der neuen Steuerungselemente damit begonnen, eine entsprechende Datenbasis zu erstellen. Die in der Kosten- und Leistungsrechnung derzeit für die Personalausgaben eingesetzten, veralteten und nicht analytisch ermittelten Kennzahlen können dabei jedoch keine hinreichend genauen Ergebnisse liefern. Ein im Jahr 2003 angedachtes Projekt zur analytischen Ermittlung geeigneter Kennzahlen im Amtsnotariat wurde bislang nicht umgesetzt.

2.2 Abnahme der eidesstattlichen Versicherung

Das BGB sieht die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung zum Nachweis der Richtigkeit der im Erbscheinverfahren gemachten Angaben als gesetzlichen Regelfall vor. Das Nachlassgericht kann die Versicherung nach § 2356 Abs. 2 S. 2 BGB ausnahmsweise erlassen, wenn es sie für nicht erforderlich hält. Die Entscheidung, ob eine eidesstattliche Versicherung erforderlich ist oder nicht, trifft der Notar regelmäßig in seiner Funktion als Nachlassrichter. Sie unterliegt damit der richterlichen Unabhängigkeit.

Eine Umfrage bei den Rechnungshöfen der anderen Bundesländer ergab, dass in allen anderen Ländern im Erbscheinverfahren die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung entsprechend dem gesetzlichen Regel-Ausnahme-Verhältnis in § 2356 Abs. 2 BGB grundsätzlich verlangt wird. Nur ausnahmsweise wird auf die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung verzichtet. Die eidesstattliche Versicherung kann vor dem Nachlassgericht oder den Notaren abgegeben werden. Dies wird in den Ländern unterschiedlich gehandhabt. Die Vorgehensweise der Notariate im badischen Rechtsgebiet, nur in 8 % der Erbscheinverfahren eidesstattliche Versicherungen abzunehmen, ist bundesweit einmalig.

Durch den regelmäßigen Verzicht auf die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung gehen dem Landeshaushalt rein rechnerisch Bruttoeinnahmen in Höhe von 4,6 Mio. € verloren. Diese Berechnung basiert auf der für das württembergische Rechtsgebiet festgestellten Verfahrenspraxis. Dort wurde in 91 % aller Erbscheinverfahren eine eidesstattliche Versicherung abgenommen.

Auch wenn man von einem personellen Mehrbedarf für die regelmäßige Abnahme der eidesstattlichen Versicherung im badischen Rechtsgebiet ausgeht, könnten bei einer Angleichung an die bundesweit übliche Verfahrensweise Netto-Mehreinnahmen von 4 Mio. € jährlich erzielt werden.

2.3 Festsetzung der Geschäftswerte

Nach den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften wird als Geschäftswert für die Testamentseröffnung das nach Abzug der Erblasserschulden verbleibende reine Nachlassvermögen zugrunde gelegt. Als Geschäftswert für die Erteilung eines Erbscheines und für eine evtl. Abnahme der eidesstattlichen Versicherung wird der Wert des Nachlasses nach Abzug der Nachlassverbindlichkeiten angesetzt.

Der Geschäftswert wird von Amts wegen nach dem Untersuchungsgrundsatz ermittelt. Die Beteiligten sind zur Mitwirkung und zur Wahrheit verpflichtet. Im Fall der Verletzung der Mitwirkungs- und Wahrheitspflicht und einer Weigerung ist das Nachlassgericht zu einer Schätzung berechtigt. Für eine sachgerechte Festsetzung der Geschäftswerte ist die vollständige Angabe des Nachlassvermögens durch die Beteiligten von elementarer Bedeutung.

Im badischen Rechtsgebiet werden die für die Erstellung der Kostenrechnung benötigten Geschäftswerte durch die Beamten des mittleren Dienstes ermittelt. Nur in Ausnahmefällen wird der Notar beteiligt. Im württembergischen Rechtsgebiet ermitteln überwiegend die Notare selbst die Werte. Im Gegensatz zu den Festsetzungen der badischen Amtsnotariate waren bei den württembergischen Amtsnotariaten folgende Verfahrensweisen festzustellen:

  • Die württembergischen Notariate verzichteten weitgehend auf schriftliche Nachlassverzeichnisse der Beteiligten.

 

  • Bei der Grundstücksbewertung wurden im württembergischen Rechtsgebiet häufiger Schätzwerte und Erbenangaben angesetzt.

 

  • Die Nachlasswerte wurden in den Akten der Amtsnotariate württembergischen Rechts oftmals unzureichend dokumentiert.

Die unterschiedliche Verfahrensweise bei der Festsetzung der Geschäftswerte hat Auswirkungen auf die Nachlasseinnahmen. In Übersicht 3 sind die durchschnittlichen Einnahmen für einzelne Gebührentatbestände in den beiden Rechtsgebieten dargestellt. Rund 97 % der Gesamteinnahmen entfallen im Nachlassbereich auf die Gebührentatbestände Testamentsverwahrung, Testamentseröffnung, Erteilung eines Erbscheins und Abnahme der eidesstattlichen Versicherung.

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Die durchschnittlichen Einnahmen bei den finanziell bedeutsamen Gebührentatbeständen liegen im badischen Rechtsgebiet zwischen 6 % und 15 % über denen des württembergischen Rechtsgebiets.

Der RH sieht in der unzureichenden Festsetzung der Geschäftswerte im württembergischen Rechtsgebiet die Ursache für die vergleichsweise niedrigen durchschnittlichen Gebühreneinnahmen. Er hat keine Anhaltspunkte für generell höhere Nachlasswerte im badischen Rechtsgebiet. Wenn man die für das badische Rechtsgebiet ermittelten durchschnittlichen Gebühren zugrunde legt, können nach einer Modellrechnung des RH im württembergischen Rechtsgebiet Mehreinnahmen in Höhe von 1,6 Mio. € erzielt werden.

2.4 Folgerungen des Rechnungshofs

Nach dem Erhebungsergebnis werden die Einnahmepotenziale im Nachlassbereich nicht ausgeschöpft. Die badischen Amtsnotare könnten ihre bundesweit einmalige Praxis überdenken, im Rahmen ihrer richterlichen Unabhängigkeit als Nachlassrichter auf die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung regelmäßig zu verzichten.

Die vor allem im württembergischen Rechtsgebiet unzureichende Ermittlung der Geschäftswerte sollte nach Auffassung des RH optimiert werden. Im Einzelnen sollten insbesondere

  • vollständig ausgefüllte und von den Beteiligten unterschriebene Nachlassverzeichnisse verlangt werden,
  • zumindest bei bebauten Grundstücken schriftlich dokumentierte Wertermittlungen durchgeführt werden und
  • die festgesetzten Nachlasswerte in den Akten nachvollziehbar dokumentiert werden.

3 Kostenrechtsreform

Auf Beschluss der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister vom 12.06.1997 beschäftigen sich zwei Arbeitsgruppen der Kostenrechtsreferentenkommission mit der Modernisierung des Kostenrechts in der Justiz. Eine Arbeitsgruppe bereitet unter Federführung des Landes Baden-Württemberg eine Novellierung der Kostenordnung vor. Die Reform soll das Kostenrecht grundlegend vereinfachen und zumindest aufkommensneutral umgesetzt werden.

Im Nachlassbereich gibt es Überlegungen, für einzelne Gebührentatbestände, wie Testamentsverwahrung und Testamentseröffnung, anstelle der derzeitigen Wertgebühren künftig Festgebühren festzusetzen. Nachdem dem JuM keine aktuellen Durchschnittswerte über die Einnahmen aus diesen Gebührentatbeständen vorlagen, hat der RH entsprechende Werte ermittelt. Die durchschnittlichen Einnahmen aus Wertgebühren lagen im Jahr 2002 erheblich über den in Rede stehenden Festgebühren. Nach einer Hochrechnung würde die Einführung der vorläufig angesetzten Festgebühren zu landesweiten Mindereinnahmen von jährlich mehr als 4 Mio. € führen.

Angesichts der prekären Finanzlage der Länder muss nach Auffassung des RH bei einer Novellierung des Kostenrechts im Nachlassbereich mindestens das bisherige Einnahmeniveau gehalten werden. Im Falle der Einführung von Festgebühren darf es nicht zu Mindereinnahmen kommen.

4 Stellungnahme des Ministeriums

Das JuM stimmt dem Prüfungsziel einer Einnahmeerhöhung für den Landeshaushalt grundsätzlich zu. Es weist aber darauf hin, dass die Hauptaufgabe der Justiz, die in der Rechtsgewährung bestehe, nicht vernachlässigt werden dürfe.

Hinsichtlich der Abnahme eidesstattlicher Versicherungen im Erbscheinverfahren sieht das JuM wegen der sachlichen Unabhängigkeit der badischen Amtsnotare keine Möglichkeit, deren derzeitige Handhabung zu beeinflussen. Jegliches Hinwirken auf eine Änderung der bestehenden Praxis wäre rechtswidrig, da die Grenzen der sachlichen Unabhängigkeit bei der vom RH geschilderten Verfahrensweise nicht überschritten seien. Aus der gesetzestechnischen Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen Abnahme der eidesstattlichen Versicherung und Verzicht auf diese als Regel-Ausnahme-Verhältnis könne nicht gefolgert werden, in der Rechtspraxis müsse (statistisch) in der Mehrzahl der Fälle die eidesstattliche Versicherung abgenommen werden.

Der Kostenansatz könne bei starker Arbeitsbelastung nur im Rahmen der üblichen Geschäftsabwicklung erledigt werden. Bei der Festsetzung der Geschäftswerte im württembergischen Rechtsgebiet rät das JuM angesichts der geringen Personalausstattung von überzogenen Anforderungen ab. Aufwand und Ertrag müssten in einem angemessenen Verhältnis stehen. Das JuM hat die Amtsnotariate aber in Reaktion auf die Prüfungsfeststellungen auf Folgendes hingewiesen:

  • Die Nachlasswerte sollen in einfacher, nachprüfbarer Form in den Akten dokumentiert werden. Hierbei wurde empfohlen, Nachlassverzeichnisse zu verwenden. Es wird geprüft, ob das DV-Programm „NOAH“ um ein Nachlassverzeichnis ergänzt werden soll.

 

  • Für die Grundstücksbewertung können im Internet verfügbare, aktuelle Werte und das im DV-Programm „NOAH“ enthaltene Wertberechnungsmodul eingesetzt werden.

Das Ministerium führt zur Ermittlung betriebswirtschaftlicher Kennzahlen aus, dass die Nachlasseinnahmen 2003 nach seiner Hochrechnung aus Daten der Kosten- und Leistungsrechnung 24,1 Mio. € betragen hätten und damit um 3,1 Mio. € unter dem vom RH für das Jahr 2002 ermittelten Wert lagen. Die wegen der Diskussion über die Notariatsreform im Vorjahr vorläufig eingestellten Aktivitäten zur Ermittlung von Arbeits-Pensen im Notariat seien wieder aufgenommen worden.

Zur Novellierung des Kostenrechts hat das JuM dargelegt, dass es sich bei den bislang diskutierten Festgebühren um vorläufige Werte handele. Es will die Vorstellungen des RH im weiteren Verfahren zur Diskussion stellen. Die vorgesehene Aufkommensneutralität müsse nicht bei jedem einzelnen Gebührentatbestand gewährleistet sein, sondern könne durch Mehreinnahmen bei anderen Tatbeständen kompensiert werden.

5 Schlussbemerkung

Der RH erwartet vom JuM weitere Aktivitäten, um die vorhandenen Einnahmepotenziale im Nachlassbereich zu erschließen. Es erscheint auch unter Berücksichtigung der richterlichen Unabhängigkeit geboten, die badischen Amtsnotare über ihre bundesweit einmalige Praxis bei Abnahme der eidesstattlichen Versicherung im Erbscheinverfahren zu informieren und ihnen die sich daraus ergebenden finanziellen Konsequenzen aufzuzeigen.

Bei der Festsetzung der Geschäftswerte im württembergischen Amtsnotariat hält der RH eine Erhöhung der Einnahmen auch bei der derzeitigen Personalausstattung für möglich. Dieses Ziel kann erreicht werden, wenn die Hinweise des JuM von den Amtsnotariaten konsequent umgesetzt werden.

Das JuM sollte sich im weiteren Verfahren zur Neuregelung des Kostenrechts mit Nachdruck gegen Einnahmeausfälle im Nachlassbereich aussprechen.


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Einzelplan 06: Finanzministerium

Die formelle Privatisierung eines Hafens hat erhebliche Kostenfolgen. Der Rechnungshof schlägt vor, die Hafengesellschaft neu zu strukturieren, die Kapitalausstattung zu reduzieren und die Rechtsbeziehungen mit dem Land auf eine neue Basis zu stellen. Ein mindestens teilweiser Rückzug des Landes aus der so umgestalteten GmbH zugunsten von Privaten und der Kommune ist anzustreben.


1 Allgemeines

Das Land ist alleiniger Anteilseigner der Staatlichen Rhein-Neckar-Hafengesellschaft Mannheim mbH (HGM). Der RH prüfte die Betätigung des Landes als Gesellschafter dieses Unternehmens unter Beachtung kaufmännischer Grundsätze (sog. Betätigungsprüfung nach § 92 LHO) und führte dabei auch Erhebungen bei dem Unternehmen durch.

2 Der Rhein-Neckar-Hafen Mannheim

Der Rhein-Neckar-Hafen Mannheim (Hafen Mannheim) ist sowohl flächenmäßig als auch vom Schiffsgüterumschlag her der größte Hafen in Baden-Württemberg. Er umfasst die Wasserflächen und das Gelände der drei staatlichen Häfen (Handelshafen, Rheinauhafen und Altrheinhafen mit Ölhafen) sowie den städtischen Industriehafen. Zur Wahrung der gemeinsamen Interessen der Mannheimer Häfen haben das Land und die Stadt Mannheim schon vor Jahrzehnten eine Hafengemeinschaft vereinbart (sog. Mannheimer Hafenvertrag), nach welcher der vom Land bestellte Hafendirektor auch den städtischen Industriehafen leitet.

Zum Hafenbereich gehören 54 km Ufer an Rhein und Neckar sowie 36 km Straßen. Von der Gesamtfläche des Hafens von 1.130 Hektar steht knapp die Hälfte im Eigentum des Landes, der größere Teil ist Eigentum privatwirtschaftlicher Unternehmen sowie der Stadt Mannheim. Die Wasserfläche von 268 Hektar ist zu 12 % Eigentum der Bundesrepublik Deutschland (Bundeswasserstraßen Rhein und Neckar) und zu 88 % Landeseigentum (Hafenbecken).

3 Organisation des Hafens

Bis Ende des Jahres 1989 wurde der Hafen Mannheim vom Land selber - in der Organisationsform eines Landesbetriebs nach § 26 LHO - betrieben. Zum 01.01.1990 wurde der Betrieb in der Weise gespalten, dass die zu diesem Zwecke neu gegründete HGM als Betriebsgesellschaft fungiert und das Land als Verpächter ihr den gesamten Hafenbetrieb einschließlich des beweglichen und unbeweglichen Vermögens zur Verfügung stellt.

Die Spaltung des Hafenbetriebs in ein Besitz- und ein Betriebsunternehmen und die Errichtung der HGM gehen darauf zurück, dass sich das FM von der Einsetzung der privatrechtlich organisierten Betriebsgesellschaft Vorteile versprach: Die HGM unterliege nicht mehr den haushaltsrechtlichen Bindungen und Vorgaben und könne rentierliche Vorhaben auch über Kredite finanzieren. Weiter seien Leistungsanreize für Mitarbeiter im Zusammenhang mit weiteren Rationalisierungsmaßnahmen eher möglich. Schließlich sei von Vorteil, dass die Geschäftsführung der HGM durch einen auch mit Vertretern der Stadt Mannheim, der Hafenwirtschaft und der Industrie- und Handelskammern besetzten Aufsichtsrat kompetent beraten werde und die beteiligten Interessen angemessen berücksichtigt würden. Der Weg der Betriebsaufspaltung statt einer Umwandlung des Landesbetriebs in eine Kapitalgesellschaft wurde gewählt, um die steuerlichen Folgen einer Neuorganisation zu minimieren (ansonsten wären insbesondere hohe Grunderwerbsteuern angefallen).

Mit der Einrichtung des Landesbetriebs „Staatlicher Verpachtungsbetrieb“ (SVB) zum 01.01.1995 gingen vom Land verpachtete Betriebsvermögen sowie die Geschäftsanteile an der HGM auf diesen Landesbetrieb über. Wirkungen nach außen entfalteten sich hierdurch nicht, interne Wirkungen sind formaler Art. Wirtschaftliche Bedeutung hatte diese Änderung aber wegen damit verbundener steuerlicher Vorteile für das Land.

Zahlreiche Einzelfeststellungen des RH wecken Zweifel an der unternehmerischen Konzeption des Hafenbetriebs Mannheim und geben Anlass, eine Neustrukturierung zu empfehlen.

4 Kapitalausstattung der Hafengesellschaft

Die HGM ist mit einem hohen Eigenkapital ausgestattet. Die Übersicht 1 zeigt das bilanzierte Eigenkapital und dessen Zusammensetzung.

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Resultierend aus der hohen Kapitalausstattung sowie einer Besonderheit des Pachtvertrags (Investitionspacht, s. Pkt. 5) verfügte die HGM über eine hohe Liquidität. Die Übersicht 2 zeigt die bilanzierten flüssigen Mittel.

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Die außerordentliche Höhe der flüssigen Mittel verdeutlicht auch die Tatsache, dass diese zuletzt mehr als 91 % der Bilanzsumme ausmachten.

Aus der rentierlichen Anlage flüssiger Mittel erzielte die HGM hohe Zinserträge. Diese überstiegen den Finanzaufwand des Unternehmens (insbesondere Zinszahlungen an das Land für rückständige Investitionsverpflichtungen, s. Pkt. 5) bei weitem. Die Übersicht 3 zeigt die in den Jahresabschlüssen ausgewiesenen (positiven) Finanzergebnisse.

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Die hohe Eigenkapitalausstattung ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass das Land die HGM bei ihrer Gründung im Jahr 1990 in einem Maße mit Kapital ausstattete, das weit über den betrieblichen Erfordernissen lag. So hat das Land nicht nur die Stammeinlage von 1.534.000 € in bar eingezahlt, sondern zusätzlich die beim damaligen Landesbetrieb bilanzierten Vermögenswerte von 3.313.000 € eingelegt (s. Kapitalrücklage). Da von dem eingelegten Vermögen 2.440.000 € auf flüssige Mittel entfielen, lässt sich allein schon aus den eingebrachten Barmitteln eine um rd. 4 Mio. € zu hohe Kapitalausstattung der HGM herleiten.

Wie wenig die Eigenkapitalausstattung der HGM den betrieblichen Erfordernissen entspricht, zeigt auch die sog. goldene Bilanzregel. Nach diesem für alle Unternehmen anwendbaren kaufmännischen Grundsatz soll das Anlagevermögen durch langfristiges Kapital - in erster Linie Eigenkapital - gedeckt sein. Viele Unternehmen haben indes Schwierigkeiten, das Anlagevermögen über Eigenkapital abzudecken und ein Verhältnis Anlagevermögen : Eigenkapital = 1 : 1 zu erreichen. Bei der HGM dagegen betrug das Eigenkapital an allen Bilanzstichtagen ein Vielfaches des Anlagevermögens; am 31.12.2002 betrug das Verhältnis Anlagevermögen : Eigenkapital = 1 : 40.

Bei Errichtung der Gesellschaft stand als wesentlicher Teil der Unternehmenskonzeption fest, dass sie sich als Pächter der Hafeneinrichtungen auf die Betriebsführung beschränkt. Die für den Hafenbetrieb benötigten Vermögensgegenstände werden vom Land/dem SVB finanziert und sind dort auch bilanziert. Es hätte daher vollauf genügt, die HGM bei ihrer Gründung mit einigen hunderttausend € statt mit mehr als 4,8 Mio. € Kapital auszustatten. In den folgenden Jahren bis heute hätte Anlass bestanden, die übermäßige Kapitalausstattung zugunsten des SVB und damit des Landeshaushalts zurückzuführen. Dies ist jedoch nicht geschehen mit der Folge, dass das Land seit mehr als einem Jahrzehnt der HGM Kapital zur Verfügung stellt. Dieses Kapital ist von der HGM zu recht unattraktiven, weit unter den Finanzierungskosten des Landes liegenden Konditionen angelegt. Hinzu kommt, dass für die Zinserträge bei der HGM hohe Ertragsteuern fällig wurden.

Die unter Pkt. 6 empfohlene Neustrukturierung des Hafenbetriebs sollte daher mit einer erheblichen Reduzierung der Kapitalausstattung der HGM einhergehen.

5 Pachtvertrag mit dem Land

Der zwischen dem Land und der HGM abgeschlossene Vertrag über die pachtweise Überlassung des Hafenbetriebs ist von grundlegender Bedeutung für die unternehmerische Konzeption der HGM. Der RH benennt im Folgenden den problematischsten Punkt des Vertrags sowie seiner Umsetzung.

Die HGM hat sich im Pachtvertrag verpflichtet, im mehrjährigen Durchschnitt einen jährlichen Mindestbetrag für Investitionen zugunsten des SVB aufzuwenden und dem SVB das Eigentum an den Investitionen zu verschaffen (sog. Investitionsverpflichtung). Über- und Unterschreitungen des Betrags werden wie Darlehen (des SVB an die HGM oder umgekehrt) behandelt und sind zu verzinsen. Während die HGM zuvor sogar mehr als vereinbart für Investitionen aufgewendet hat („Darlehen“ der HGM an SVB), ist sie seit einigen Jahren immer mehr mit ihrer Investitionsverpflichtung in Rückstand geraten. Zum 31.12.2002 beträgt die rückständige Investitionsverpflichtung (= „Darlehen“ des SVB an HGM) mehrere Mio. €. Die entsprechenden Geldmittel bleiben der HGM zur Bewirtschaftung überlassen, der SVB kann zu keinem Zeitpunkt darüber verfügen. Die unter Pkt. 5 dargestellte, überaus hohe Liquidität der HGM, die mit Blick auf die Verschuldung des Landeshaushalts problematisch ist, gründet wesentlich in der Investitionspacht bzw. dem Verbleib entsprechender Geldmittel bei der Gesellschaft.

Problematisch ist die Investitionspacht aber auch deswegen, weil insoweit die HGM über Investitionen befindet, die wegen der Übertragungspflicht rechtlich und wirtschaftlich betrachtet Investitionen des Landes sind. Das Land/der SVB kann nicht über die von ihm finanzierten und in sein Eigentum übergehenden Investitionen in Millionenhöhe entscheiden. Über die Investitionspacht wird demnach die Kompetenz des Haushaltsgesetzgebers unterlaufen. Außerdem ist die wirtschaftliche Zuordnung unstimmig: Derjenige, der entscheidet, trägt nicht die langfristigen wirtschaftlichen Folgen seiner Entscheidungen.

6 Vorschlag einer Neustrukturierung

Durch die Zuordnung des vom Land an die HGM verpachteten Betriebsvermögens und der Geschäftsanteile an der HGM zum SVB konnten steuerliche Vorteile genutzt werden (s. Pkt. 3). Gleichwohl fielen für den Hafenbetrieb weiterhin mehrere Mio. € Steuern vom Einkommen und vom Ertrag an. Aufgrund bestimmter Konstellationen beim SVB hätten diese Steuern ohne eine Zwischenschaltung der HGM nicht bezahlt werden müssen.

Nicht zuletzt die hohen Steuerzahlungen der HGM waren für den RH Anlass, sich kritisch mit der Organisationsstruktur des Hafenbetriebs Mannheim zu befassen. Die jetzige Organisationsstruktur bietet zwar unstrittig Vorteile, namentlich das flexiblere Wirtschaften des privatrechtlich organisierten Hafenbetriebs. Da allerdings die Geschäfte zwischen SVB und HGM nicht unter Regularien des Wettbewerbs abgewickelt wurden und die jetzige Struktur zudem hohe Steuerzahlungen nach sich zog, hält es der RH für erforderlich, dass die jetzige Konstruktion kritisch überprüft wird.

Dabei könnte manches für eine Beendigung der Betriebsaufspaltung und die Restrukturierung in einen Landesbetrieb als Hafenbetreiber sprechen, zumal in diesem Fall überhaupt keine Körperschaft- und Gewerbesteuer für den Hafenbetrieb anfallen dürfte. Da aber auch nach Auffassung des RH das flexiblere Wirtschaften bei einem Unternehmen in privater Rechtsform für einen Hafenbetrieb vorteilhaft sein kann, sollte - auch mit Blick auf die unter Pkt. 7 empfohlene gesellschaftsrechtliche Einbindung der Stadt Mannheim (und ggf. des privaten Unternehmertums) - ein Organisationsmodell gefunden werden, bei dem die bisherige HGM dem Grunde nach nicht in Frage gestellt, gleichwohl aber der Steueraufwand dieses Unternehmens minimiert wird. Zugleich ist das Ziel zu verfolgen, beim SVB eine möglichst hohe Kapitalrendite (im Wesentlichen für die Grundstücke) zu erzielen.

Der RH empfiehlt, die HGM weiterhin als Betreiber des Hafens fungieren zu lassen. Das - im Wesentlichen aus Grundstücken bestehende - Hafenvermögen des Landes/SVB sollte der HGM aber nicht mehr pachtweise zur eigenen Bewirtschaftung überlassen werden. Stattdessen sollte die HGM insoweit nur noch als Verwalter des Vermögens tätig werden. Zu diesem Zweck sollte der - aus anderen Gründen ohnehin zum 31.12.2003 gekündigte - Pachtvertrag beendet und ein Vertrag über die Verwaltung des Hafenvermögens durch die HGM abgeschlossen werden.

Durch die insoweit neue Aufgabe der HGM wird sich nach außen hin kaum etwas ändern; insbesondere ergeben sich keine Mehrkosten. Dass die HGM gegenüber den Endmietern der Landesgrundstücke nicht mehr in eigenem Namen, sondern als Verwalter (Vertreter) des Landes/SVB aufzutreten hat, wird nicht als Nachteil gesehen, da dieses Vorgehen bei Landesgrundstücken üblich ist. Das Land wird beim Abschluss von Mietverträgen grundsätzlich vertreten, hier eben durch die HGM statt durch ein Vermögens- und Hochbauamt des Landes.

Dagegen ergeben sich erhebliche Auswirkungen im Innenverhältnis zwischen HGM und SVB. Wichtigste Folge ist, dass die HGM dann nicht mehr in außerordentlich hohem Umfang Früchte aus den Landesgrundstücken ziehen kann. Stattdessen erhält sie vom Land eine an ihrer Tätigkeit und ihren damit zusammenhängenden Aufwendungen ausgerichtete Verwaltervergütung, die mit Sicherheit wesentlich niedriger ist als die bisherigen auf der Grundlage des Pachtverhältnisses erzielten Überschüsse. Die Vergütung sollte eine Steigerung der Pachterlöse beim SVB honorieren. Ferner könnte es sich anbieten, die Vergütung auch auf den hafenspezifischen Erfolg der Verwaltertätigkeit auszurichten, z. B. durch die teilweise Koppelung an eine Steigerung des Schiffsgüterumschlags. Der Gewinn der HGM wird sich dann beträchtlich verringern und damit einhergehend die Körperschaft- und die Gewerbesteuerbelastung. Neben weiteren Vorteilen wird das Land die Verfügungsmacht über hohe Geldmittel erlangen, die ihm wirtschaftlich zustehen, bisher aber allein im Verfügungsbereich der HGM stehen.

7 Wichtiges Landesinteresse am Betrieb des Hafens

Sobald den Empfehlungen des RH zur Neustrukturierung des Hafenbetriebs und damit einhergehender Reduzierung der Kapitalausstattung der HGM gefolgt wird, wird sich das wirtschaftliche, vor allem aber das finanzielle Gewicht der Gesellschaft erheblich reduzieren. Unbeschadet dessen ist zu fragen, ob der Betrieb des Hafens Mannheim allein Aufgabe des Landes ist.

Die neun öffentlichen Binnenhäfen in Baden-Württemberg werden - mit Ausnahme der landeseigenen Häfen in Mannheim und Kehl - von den jeweiligen örtlichen Kommunen betrieben, teilweise unter Beteiligung von Privatunternehmen. Die Beteiligungsverhältnisse bei den anderen Häfen im Land (insbesondere die zu jeweils 100 % städtischen Häfen Karlsruhe, Heilbronn und Stuttgart) und in anderen Bundesländern zeigen, dass es unter strukturpolitischen Gründen einer Beteiligung des Landes an einer Hafenbetriebsgesellschaft nicht oder allenfalls in eingeschränktem Umfang bedarf. Jedenfalls sind bundesweit fast ausnahmslos die Städte bei den Hafenbetrieben engagiert, oft sogar als Alleingesellschafter.

Die Gründe, die bei anderen Häfen für ein kommunales Engagement maßgebend sein dürften, sprechen auch beim Hafen Mannheim für eine Beteiligung der Stadt an der HGM. Der ausschließlich auf der Gemarkung der Stadt Mannheim liegende Rhein-Neckar-Hafen ist eine der großen Gewerbeflächen der Stadt. Nicht zuletzt wegen der dortigen rd. 20.000 Arbeitsplätze (rd. 12 % der gesamten Arbeitsplätze in Mannheim) und rd. 450 gewerbesteuerpflichtigen Unternehmen hat er für die Stadt große strukturelle Bedeutung. Hierfür sollte die Stadt mehr Verantwortung übernehmen; eine Beteiligung der Stadt an der HGM wäre deshalb angezeigt.

Das nach § 65 Abs. 1 Nr. 1 LHO als Beteiligungsvoraussetzung erforderliche wichtige Landesinteresse ist zumindest im bisherigen Umfang nicht mehr gegeben. Der RH empfiehlt, darauf hinzuwirken, dass die Stadt in möglichst großem Umfang gesellschaftsrechtlich in die HGM eingebunden und die Beteiligung des Landes entsprechend reduziert wird. Auch die bei vielen anderen Häfen bewährte Einbindung des privaten Unternehmertums könnte ein geeigneter Weg für das Land sein, sich in möglichst großem Umfang aus der Gesellschaft zurückzuziehen. Zuvor sind allerdings die Rechtsbeziehungen zwischen der HGM und dem Land auf eine neue Basis zu stellen. Es muss sicherstellt sein, dass die Vermögensinteressen des Landes insbesondere als Grundeigentümer nachhaltig gewahrt werden und die Funktion der HGM auf Dienstleistungs- und Servicefunktionen fokussiert wird.

Langfristig wird das Land auch über eine Veräußerung seines umfangreichen Grundbesitzes im Hafen im Wert von mehreren hundert Mio. € zu befinden haben. Das Land sollte nur dann Eigentümer der Grundstücke bleiben, wenn dies auf Dauer wirtschaftlicher ist als eine Veräußerung.

8 Beteiligung an den Kosten einer Straßenbaumaßnahme der Stadt

In Zusammenhang mit einem zwischenzeitlich realisierten Straßenbauprojekt der Stadt Mannheim sagte die HGM der Stadt im Jahr 1998 vertraglich zu, dass der SVB zu den Kosten des Projekts einen Beitrag von rd. 1 Mio. € leistet, zahlbar in fünf jährlichen Raten. Die Stadt verpflichtete sich, der HGM die Verwendung des Beitrags entsprechend § 44 LHO nachzuweisen. Die Kostenbeteiligung der HGM ist in mehrfacher Hinsicht problematisch.

Bei dem Projekt handelt es sich um ein etwa 2 km langes Straßen- und Brückenbauwerk, das den Stadtteil Rheinau sowie das Hafengebiet Rheinau an die dort verlaufende Bundesstraße anbindet und eine neue Zufahrt zur Anlegestelle einer Rheinfähre schafft. Die Baumaßnahme ist zugleich ein weiteres Teilstück für den möglichen Bau einer Rheinbrücke nach Rheinland-Pfalz. Trotz der gewichtigen anderen Zwecke hat sich für die gesamte Baumaßnahme der Begriff „Zweite Hafenzufahrt Rheinauhafen“ eingebürgert.

Es steht außer Frage, dass das Straßenbauwerk verkehrsmäßige Vorteile für den Hafen mit sich gebracht hat. Gleichwohl ist der von der HGM bzw. vom SVB freiwillig der Stadt zugesagte Beitrag zu den Baukosten von 1 Mio. € problematisch. Die Verpflichtung zur Zahlung an die Stadt wurde ohne irgendeine Rechtspflicht eingegangen, auch stehen ihr keinerlei konkrete Gegenleistungen gegenüber. Es ist in keiner Weise erkennbar, dass der SVB und die HGM mehr als alle anderen dortigen Grundeigentümer von der verbesserten Verkehrsführung profitieren. Bezeichnend ist denn auch, dass

  • von den im Hafengebiet Rheinau ansässigen Betrieben, die von der Stadt um eine freiwillige Finanzierungsleistung gebeten worden waren, lediglich ein der Stadt nahe stehendes Unternehmen hierzu bereit war (wobei dessen Beitrag wesentlich niedriger war als der des Landes/SVB) und

 

  • das FM sich ursprünglich gegenüber dem UVM dahin gehend erklärt hatte, dass ein Finanzierungsbeitrag des SVB aus dessen Pacht(-zins)erlösen ausgeschlossen sei.

Daher ist nicht ohne weiteres erklärlich, weshalb das FM/der SVB schließlich doch der freiwilligen Zahlung an die Stadt von 1 Mio. € zugestimmt hat.

Da unternehmerische Gründe für die freiwillige Beteiligung des SVB an den Baukosten der Stadt nicht erkennbar sind, geht der RH davon aus, dass der Beitrag in Zusammenhang mit landespolitischen Zusagen steht, auf die im Aufsichtsrat der HGM wiederholt hingewiesen wurde. Unterlagen des UVM zeigen deutlich, dass es der Stadt in dieser Angelegenheit immer nur darum ging, vom Land über die gewährten Zuschüsse hinaus weitere Fördermittel zu bekommen. Bezeichnend ist schließlich, dass in der Vereinbarung 1998 für die Stadt eine Nachweispflicht entsprechend dem für Zuwendungen geltenden § 44 LHO festgelegt wurde.

Der RH hält es nicht für vertretbar, landespolitisch möglicherweise gewünschte Vorhaben durch landesbeteiligte Unternehmen oder Landesbetriebe (hier: SVB) finanzieren zu lassen. Dadurch werden

  • das Haushaltsgesetzgebungsrecht des Landtags unterlaufen,

 

  • das Ergebnis des Landesbetriebs willkürlich gemindert und

 

  • der Begünstigte (hier: die Stadt) bevorteilt, denn andere Kommunen erhalten über die gesetzlichen Zuschüsse hinaus keine zusätzliche Förderung.

9 Weitere Feststellungen

9.1 Das 35 km lange Straßennetz im Hafen gehört je etwa zur Hälfte der Stadt und dem Land. Da es insgesamt dem öffentlichen Verkehr dient, sollte darauf hingewirkt werden, dass die dem Land gehörenden Straßen und die Straßenbaulast hierfür auf die Stadt übergehen. Dem Land und der HGM würden dann hohe Kosten für den Unterhalt der Straßen erspart.

9.2 In einem der Hafenbereiche unterhält das Land ein eigenes Stromnetz. Obwohl dieses defizitär ist, wurde früher angestellten Überlegungen zur Zukunft des Stromnetzes, namentlich seiner Privatisierung, nicht nachgegangen.

9.3 In einem der Hafenbereiche unterhält das Land eine eigene, kostenträchtige Abwasserkanalisation, die faktisch Teil des öffentlichen Kanalnetzes ist. Nicht zuletzt wegen der finanziellen Defizite aus dem Betrieb der Abwasserkanalisation sollte diese der Stadt überlassen werden, möglichst durch Verkauf.

10 Stellungnahme des Ministeriums und Schlussbemerkungen

Das FM vertritt im Wesentlichen eine gegenteilige Auffassung. Der RH bleibt bei seiner dargelegten Auffassung.

10.1 Kapitalausstattung

Das FM weist darauf hin, dass das Eigenkapital Ende des Jahres 2003 rd. 38 % der Bilanzsumme betrage. Da die HGM den laufenden Reparaturaufwand für das Pachtvermögen zu tragen und mit Mietausfällen durch Insolvenz der Mieter zu rechnen habe, müsse sie ausreichend mit Liquidität und Eigenkapital ausgestattet sein.

Der RH hält die Bilanzsumme für aufgebläht; ohne Berücksichtigung der Instandhaltungsverpflichtung und gleich hoher Geldanlagen beträgt das Eigenkapital 74 %. Auch angesichts der (auch im Unternehmensgegenstand der HGM dokumentierten) Dienstleistungsfunktion ist ihre Kapitalausstattung von Anfang an um mehrere Mio. € zu hoch. Aus der Pflicht zur Übernahme der Reparaturkosten lässt sich nichts Gegenteiliges herleiten, da die HGM trotz dieser Kosten z. T. sehr hohe (positive) Jahresergebnisse ausgewiesen hat (z. B. 2001: 1,3 Mio. € und 2002: 0,8 Mio. €). Entsprechendes gilt für die mögliche Insolvenz von Mietern, wobei dieses Risiko ohnehin vom Land als Eigentümer der Hafengrundstücke zu tragen wäre, sobald die vom RH empfohlene Neustrukturierung des Hafenbetriebs umgesetzt wird.

10.2 Pachtvertrag

Laut FM ist die aufgelaufene Instandhaltungsverpflichtung der HGM in Absprache mit dem SVB überlassen worden. Sie hänge mit Investitionen zusammen, die von der HGM beabsichtigt, letztlich aber nicht realisiert worden seien. Die Instandhaltungsverpflichtung werde bis Ende des Jahres 2006 vollständig abgebaut sein, da im Jahr 2003 eine zusätzliche Barabführung an den SVB in Höhe von 3 Mio. € erfolgt sei und im Jahr 2004 weitere 4 Mio. € bar abgeführt würden. Dies zeige, dass der SVB über die Mittel der HGM habe verfügen können. Es treffe auch nicht zu, dass das Land/der SVB nicht über die von ihm finanzierten und in sein Eigentum übergehenden Investitionen in Millionenhöhe entscheiden könne. Über den von der HGM aufgestellten Investitionsplan entscheide der Aufsichtsrat, in dem nicht nur die Vertreter des Landes die Mehrheit hätten, sondern auch ein Vertreter des SVB sitze. Auch der Gesellschafter könne Einfluss auf den Investitionsplan nehmen. Die Kompetenz des Haushaltsgesetzgebers werde nicht unterlaufen, da die Investitionen im Wirtschaftsplan des SVB bei Kap. 0620 erfasst seien.

Zu alldem bemerkt der RH, dass der Pachtvertrag hinfällig wird, sobald die empfohlene Neustrukturierung des Hafenbetriebs umgesetzt wird. Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, dass der SVB bis zum Zeitpunkt der Barabführungen eindeutig nicht über die entsprechenden Geldmittel verfügen konnte. Ebenfalls eindeutig ist, dass über die Investitionen unbeschadet der Zusammensetzung des Aufsichtsrats allein das rechtlich selbstständige Unternehmen HGM entscheidet. Damit sind die Investitionen und die entsprechenden Geldmittel der Prioritätensetzung des Landesgesetzgebers und der parlamentarischen Kontrolle entzogen. Aus der Veranschlagung von Investitionsmitteln im Wirtschaftsplan des SVB lässt sich nichts anderes herleiten, da dort nur die pachtvertragliche Verpflichtung dargestellt wird und nicht die einzelnen Investitionen sowie die darauf entfallenden Beträge (so wurden z. B. für das Jahr 2003 im Wirtschaftsplan des SVB und damit im StHPl. nur 1,6 Mio. € für bauliche Investitionen angesetzt, obwohl der Aufsichtsrat über eine vielfach höhere Investitionssumme entschied, wobei die größte Einzelbaumaßnahme allein rd. 13 Mio. € umfasste).

10.3 Neustrukturierung

Die organisatorische Neuordnung zum 01.01.1990 durch Betriebsaufspaltung und Einschaltung der HGM habe sich bewährt. Maßnahmen wie der Abbau eines zu hohen Personalbestands bis hin zur Erhöhung der Mieterträge seien auf die gewählte Gestaltung zurückzuführen. Die Investitionspacht gewährleiste, dass die HGM flexibel auf Anforderungen der Hafenanlieger reagieren könne. Folgte man der Empfehlung des RH zur Neustrukturierung des Hafenbetriebs Mannheim, könnte die HGM bestimmte Baumaßnahmen nicht mehr in eigener Kompetenz durchführen, sondern müsste sich mit dem Land als Grundstückseigentümer abstimmen. Der Hafenbetrieb würde wesentlich schwerfälliger und kaum mehr wettbewerbsfähig. Zudem sei ausgeschlossen, dass die HGM Fördermittel des Bundes bzw. der Europäischen Union erhalten könne, wenn sie nur noch als Handelnde im Namen und für Rechnung des Landes/SVB auftrete.

Der RH hält die HGM nach Umsetzung der Neustrukturierung für flexibel genug, ihrer Aufgabe optimal nachzukommen. Bei der Vermietung der Hafengrundstücke sind Abstimmungsprozesse mit dem Land/SVB nicht erforderlich, ebenso wenig - sofern der HGM ein entsprechender finanzieller Rahmen vorgegeben wird - bei laufenden Reparaturen und kleineren Investitionen. Dass dagegen über größere Reparaturen und Investitionen das Land zu entscheiden hat, sieht der RH nicht als Nachteil an, sondern als zwingende Konsequenz der Tatsache, dass das Land Eigentümer der Grundstücke ist und auch die langfristigen wirtschaftlichen Folgen von Reparatur- und Investitionsmaßnahmen trägt. Ob für Investitionsmaßnahmen, bei denen die HGM bisher in eigenem Namen auftritt, eine Förderung durch den Bund bzw. die EU in Betracht kommen kann, vermag der RH nicht verlässlich zu beurteilen. Er hält dies allerdings für fraglich, da die Investitionen rechtlich und wirtschaftlich solche des Landes sind und es wohl ausgeschlossen werden kann, dass für eine Förderung allein die Außendarstellung der HGM als Investor genügt. Im Übrigen sind den eventuellen Vorteilen der jetzigen Hafenstruktur die überzeugenden finanziellen (steuerlichen) Vorteile der empfohlenen Neustrukturierung gegenüberzustellen.

10.4 Wichtiges Landesinteresse

Der Hafen Mannheim sei auf die Förderung des Standorts Baden-Württemberg ausgerichtet und habe als überregionales Güterverkehrszentrum eine erhebliche güterverkehrspolitische Bedeutung für das Land. Durch die Bereitstellung effizienter Verkehrsinfrastruktur sichere der Hafen die Mobilität des Güterverkehrs im Land. Der Hafen biete flexible Logistikdienstleistungen an und sei daher ein wichtiges Steuerungsinstrument des Landes zur Begegnung steigender Logistikanforderungen. Auch andere Bundesländer seien an vielen der dort gelegenen Häfen beteiligt. Eine Veräußerung landeseigener Grundstücke im Hafengebiet komme nicht in Betracht. Wirklich wertvoll seien nur etwa 160 Hektar. Hierfür könne das Land zwar kurzfristig Veräußerungserlöse erzielen, doch entfielen damit die seitherigen Pachterträge. Infrastrukturmaßnahmen im Hafen könnten dann nicht mehr durch Pachterlöse finanziert werden und müssten durch Landeszuschüsse abgedeckt werden.

Für den RH ist unbeschadet der Größe des Hafens Mannheim nicht erkennbar, weshalb dieser stärker auf die Förderung des Standorts Baden-Württemberg ausgerichtet sein soll als die anderen bedeutenden Häfen im Land. So ist der Schiffsgüterumschlag z. B. in den Häfen Karlsruhe, Heilbronn und Stuttgart in der Summe ungefähr 1½-mal so hoch wie in Mannheim, ohne dass das Land auch bezüglich dieser Häfen die Aufgabenträgerschaft für sich reklamiert hätte. Der RH bleibt dabei, dass ein wichtiges Landesinteresse zumindest im bisherigen Umfang nicht mehr gegeben ist und die gesellschaftsrechtliche Einbindung der Stadt und des privaten Unternehmertums in die neu zu strukturierende HGM angestrebt werden sollte. Danach sollte als langfristiges Ziel die Veräußerung der landeseigenen Grundstücke, deren Wert unwidersprochen mehrere hundert Mio. € beträgt, unter vorrangiger Berücksichtigung der Kapitalrendite ins Auge gefasst werden. Sofern das Land Infrastrukturmaßnahmen im Hafen fördern will, sollte dies nicht verdeckt über ein Landesunternehmen geschehen, sondern transparent in dem dafür vorgesehenen parlamentarischen Verfahren.

10.5 Beteiligung an den Kosten einer Straßenbaumaßnahme

Ausschlaggebend für die Zahlung an die Stadt sei die erwartete Wertsteigerung der landeseigenen Grundstücke im Hafen. Ohne den Kostenbeitrag des SVB hätte es die zweite Zufahrt und damit die Wertsteigerung nicht gegeben. Zudem sichere eine zweite Zufahrt auch in Notsituationen eine Zufahrtsmöglichkeit zum Rheinauhafen. Dass auch andere Eigentümer eine Wertsteigerung erfahren hätten, ändere nichts am gewichtigen Eigeninteresse des SVB an der Straßenbaumaßnahme.

Dass ohne den Kostenbeitrag des SVB die zweite Zufahrt nicht realisiert worden wäre, hält der RH für eine Spekulation, die angesichts der gesamten Bedeutung des Bauwerks nicht überzeugt. Gegen eine unternehmerische Veranlassung spricht auch, dass die Höhe der Kostenbeteiligung in keinem vernünftigen Verhältnis zur Wertsteigerung der Grundstücke steht. Auf Grund der dargelegten Gesamtumstände hält der RH an seiner Auffassung fest.

10.6 Zu den weiteren Vorschlägen des Rechnungshofs

Die HGM werde mit der Stadt Mannheim Verhandlungen aufnehmen mit dem Ziel, die dem Land gehörenden Straßen und Abwasseranlagen auf die Stadt zu übertragen. Bezüglich des Stromnetzes sollen Verhandlungen mit einschlägigen Unternehmen aufgenommen werden.

Der RH begrüßt die Absichten der HGM; die Ergebnisse der Verhandlungen bleiben abzuwarten.


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Ein landesbeteiligtes Unternehmen hat sich in der Finanzierung und der Funktion von den für seine Gründung maßgebenden Intentionen des Landes entfernt. Es sollte sich künftig am Markt bewähren und nicht weiterhin verlängerter Arm eines Ministeriums sein. Der geförderte Wirtschaftszweig sollte sich stärker im Unternehmen engagieren.


1 Allgemeines

Der RH hat sich - unter Beachtung kaufmännischer Grundsätze - mit der Betätigung des Landes als Gesellschafter eines Dienstleistungsunternehmens in einer Rechtsform des privaten Rechts befasst und auch örtliche Erhebungen bei dem Unternehmen durchgeführt.

2 Das Unternehmen

2.1 Anteilseigner

Mehrheitsgesellschafter des Unternehmens ist das Land; die übrigen Geschäftsanteile werden von mehreren Vereinigungen eines bestimmten Wirtschaftszweiges gehalten.

2.2 Gründung und Gegenstand des Unternehmens

Bis zur Gründung des Unternehmens im Jahr 1993 wurden die Tätigkeiten, die nunmehr dem Unternehmen als Aufgabe vorgegeben wurden, überwiegend vom MLR wahrgenommen. Dabei übte das Ministerium vorwiegend eine zentrale Steuerungs- und Koordinierungsfunktion aus; zur Umsetzung der Maßnahmen erteilte es Aufträge an privatwirtschaftliche Dienstleistungsunternehmen.

Das Unternehmen wurde auf der Basis einer vor rd. 10 Jahren getroffenen politischen Vereinbarung gegründet. Nach dieser Vereinbarung sollte das Land eine Dienstleistungsgesellschaft schaffen, an der - auch finanziell angemessen - sowohl baden-württembergische Produzenten des Wirtschaftszweiges als auch Vermarkter beteiligt werden sollten. Ziel der Gesellschaftsgründung war eine umfassende Marktsicherung und Markterschließung zugunsten der Produzenten im Lande sowie ihnen nachgelagerter Bereiche. Dabei sollten die Bemühungen um eine breitere Verwendung eines im Eigentum des Landes stehenden Markenzeichens einen wesentlichen Schwerpunkt der Tätigkeit bilden. Ausgehend von dieser Zielsetzung wurden im Gesellschaftsvertrag näher spezifizierte Aufgaben als Gegenstand des Unternehmens festgelegt.

Als unverzichtbare Grundlage für das Unternehmen sah das Land eine abgesicherte Mitträgerschaft - sowohl in der Aufgabenerfüllung als auch in der Finanzierung - durch die Wirtschaft an. Erst mit dieser vertraglich gesicherten Beteiligung der Verbände und Organisationen des entsprechenden Wirtschaftszweiges hielt das Land die Vorzüge einer solchen Gesellschaft für voll erschließbar.

3 Finanzierung des Unternehmens

Nach den Intentionen des Landes bei der Gründung des Unternehmens sollten sich dessen Erlöse wie folgt zusammensetzen:

  • Erhebung von Entgelten für Dienstleistungen und Aufträge des entsprechenden Wirtschaftszweiges für von der Gesellschaft durchzuführende Marketing- und Absatzförderungsmaßnahmen, die dem Gesellschaftszweck dienen, sowie

 

  • Abgeltungen für Leistungen, die die Gesellschaft für das MLR erbringt.

Seit Gründung der Gesellschaft stammen die Erlöse jedoch im Wesentlichen aus dem Vollzug von Aufträgen, die das Land entweder direkt erteilt oder durch Landesmittel initiiert hat. Letzteres geschah in der Weise, dass das MLR Zuwendungen an einschlägige Empfänger unter dem Vorbehalt bewilligte, dass die Projekte über die Gesellschaft abzuwickeln und Dritte in einem bestimmten Verhältnis an den Gesamtkosten zu beteiligen seien. Weder die übrigen Gesellschafter noch Dritte haben von sich aus dem Unternehmen nennenswerte Aufträge erteilt. Das bei Gründung der Gesellschaft vom Land ursprünglich anvisierte Ziel - mittels des Unternehmens die baden-württembergischen Produzenten in der Absatzsicherung unter Einbeziehung der zwischengeschalteten Verarbeitungs- und Vermarktungsunternehmen zu unterstützen - wird von den übrigen Gesellschaftern und den anderen Institutionen des Wirtschaftszweiges offensichtlich nicht verfolgt. Aus deren Verhalten muss geschlossen werden, dass sie es als eine Angelegenheit des Landes ansehen, den einschlägigen Dienstleistungsbereich auszubauen und dem Unternehmen Aufträge zu erteilen.

Der RH schlägt vor, die Unterstützungsleistungen des MLR (Zuwendungen und Aufträge von mehreren Millionen € im Jahr) deutlich und stetig zu reduzieren und die weiteren Gesellschafter sowie andere Institutionen des entsprechenden Wirtschaftszweigs zu einem stärkeren Engagement in dem Unternehmen zu bewegen. Die Ministerien und das Unternehmen müssen darauf hinwirken, dass das Unternehmen entsprechend den Intentionen bei Gründung der Gesellschaft auch und vor allem von den Produzenten und Vermarktern bzw. deren Verbänden Aufträge erhält. Besteht bei diesen künftig keine Bereitschaft hierzu, so stellt sich die Frage, ob das Ziel der Unternehmensgründung überhaupt erreicht werden kann.

4 Landesinteresse an dem Unternehmen

Nicht nur von der Finanzierung, sondern auch von der Funktion her hat sich das Unternehmen von den für seine Gründung maßgebenden Intentionen entfernt:

Mit der Errichtung des Unternehmens sollte der einschlägige Wirtschaftszweig in die zuvor vom MLR gesteuerten Maßnahmen einbezogen werden. In der politischen Vereinbarung zur Gründung des Unternehmens war die Erwartung einer finanziell angemessenen Beteiligung der baden-württembergischen Produzenten und Vermarkter ausdrücklich verankert worden.

Der RH hatte schon vor Abschluss des Gesellschaftsvertrags das beteiligungsverwaltende FM darauf hingewiesen, dass das Unternehmen primär im Interesse der heimischen Produzenten tätig werden sollte und deswegen von deren Interessenvertretungen ein deutlich höheres finanzielles Engagement bei der Gesellschaft einzufordern sei. Obwohl hiernach eine Minderheitsbeteiligung des Landes ausgereicht hätte, zeichnete das FM die Mehrheit der Geschäftsanteile. Es begründete dies damit, dass nur über eine Mehrheitsbeteiligung das wichtige Landesinteresse durchgesetzt werden könne und dass die anderen Gesellschafter durch Aufträge für entsprechende Einnahmen der neuen Gesellschaft sorgen sollten.

Die Feststellungen des RH sprechen in ihrer Gesamtheit dafür, dass die damaligen Ziele nicht oder nur eingeschränkt erreicht wurden und das Unternehmen als verlängerter Arm, gleichsam als „Außenstelle“ des Ministeriums fungiert: So war der beim MLR für das Unternehmen zuständige Referent nahezu an allen für das Unternehmen bedeutsamen Entscheidungen beteiligt und bei allen wichtigen Besprechungen anwesend, z. B. selbst bei der Vorstellung von Stellenbewerbern und Personal-Einstellungsverhandlungen. Als Auftrag- und als Zuwendungsgeber bestimmt das MLR weitgehend über das Wohl und Wehe des Unternehmens. Dessen Geschäftstätigkeit ist im Wesentlichen auf den Vollzug der vom Ministerium bestimmten Aufgaben gerichtet; Möglichkeiten zur unternehmerischen Entfaltung und zu eigenverantwortlichen Entscheidungen werden nicht genutzt. Die anderen Gesellschafter und die Nutznießer der Aktivitäten des Unternehmens haben nur eine Mitläuferrolle. In vielerlei Hinsicht stellt sich das Unternehmen als nachgeordnete Einheit des MLR dar.

Der RH empfiehlt deshalb, das Unternehmen auf eine neue Basis zu stellen. Einhergehend mit der unter Pkt. 3 empfohlenen deutlichen und stetigen Reduzierung der Zuwendungen und Aufträge des Landes sollte das Land darauf hinwirken, dass die übrigen Gesellschafter in größerem Umfang gesellschaftsrechtlich in das Unternehmen eingebunden werden und die Beteiligungsquote des Landes wesentlich reduziert wird. Sofern hierzu keine Bereitschaft besteht, dürfte davon auszugehen sein, dass die Gesellschafter kein ausreichendes Interesse an einem Fortbestand des Unternehmens haben. In diesem Fall sollte die Gesellschaft aufgelöst werden.

5 Ausgabeverhalten des Unternehmens

Wie dargestellt, hat sich das Unternehmen von den ursprünglichen Zielsetzungen entfernt und wurde gleichsam nachgeordnete Einheit des MLR. Der RH hat schon in früheren Fällen festgestellt, dass solche verwaltungsnahe Unternehmen, die nicht wirklich am Marktgeschehen teilnehmen, zu einem kritisch zu bewertenden Ausgabeverhalten tendieren. Das war auch bei diesem Unternehmen der Fall, wie folgende Beispiele verdeutlichen.

5.1 Vergabe von Aufträgen

Der Vorgabe des MLR, wonach das Unternehmen bei der Vergabe von Aufträgen bestimmte ausschreibungsrechtliche Bestimmungen zu beachten hat, ist das Unternehmen oft nicht nachgekommen. So hat es z. B. innerhalb weniger Geschäftsjahre mehrere Millionen € (darunter ein Einzelauftrag von 1,6 Mio. €) ohne jegliches Ausschreibungsverfahren vergeben; Vergleichsangebote wurden nicht immer eingeholt. Problematisch ist auch, dass es selbst bei größeren Auftragsvolumen an einem schriftlichen Vertrag mangelte und der Auftrag nicht schriftlich erteilt wurde. Ein Geschäft im Umfang von mehr als 1 Mio. € wurde lediglich auf der Grundlage einer Aktennotiz abgewickelt.

5.2 Personal- und anderer Aufwand

Insbesondere vor dem Hintergrund, dass das mehrheitlich dem Land gehörende Unternehmen ausschließlich für das Land tätig war, sind einzelne Aufwandsposten problematisch. So hat das Unternehmen in den Arbeitsverträgen mit seinen Mitarbeitern grundsätzlich vereinbart, dass sich das Angestelltenverhältnis nach den Bestimmungen des BAT richtet. Im Geschäftsjahr 2002 wurden mit unterschiedlicher Begründung mehrere Tausend € Sondervergütungen gewährt, obwohl die Tarifbestimmungen derartige zusätzliche Vergütungen nicht vorsehen.

Auch bei Bewirtungen hat der RH ein kritisch zu bewertendes Ausgabeverhalten festgestellt. Wiederholt übernahm das Unternehmen großzügig die Kosten Dritter (Beispiel: An einer nicht vom Unternehmen durchgeführten Tagung nahmen ein Mitarbeiter des Unternehmens und 24 weitere Personen teil. Gleichwohl wurden die gesamten Bewirtungskosten von 775 € vom Unternehmen übernommen). Die unternehmerische Veranlassung war nicht immer erkennbar (z. B. bei einem Essen - Kosten 862 € - in einem Restaurant der gehobenen Kategorie, an dem Bedienstete des Unternehmens nicht teilnahmen).

6 Stellungnahme der Ministerien

6.1 Finanzierung und Landesinteresse

Das FM bestreitet, dass das Land alleiniger Auftraggeber des Unternehmens ist. Vielmehr erteilten Vereinigungen des einschlägigen Wirtschaftszweiges Aufträge von mehr als rd. 2 Mio. € jährlich, zudem beteilige sich die Wirtschaft selber mit mehr als 1,2 Mio. € jährlich an den vom Unternehmen durchgeführten Maßnahmen. Gleichwohl verfolge das Land mit der Gesellschaft stärker als bisher das Ziel, vonseiten der Institutionen und Unternehmen zusätzliche Aufträge zu akquirieren.

Es treffe auch nicht zu, dass das Unternehmen gleichsam als „Außenstelle“ des MLR fungiere. Unternehmensentscheidungen würden nach festgelegter Aufgabenverteilung durch Geschäftsführung und Aufsichtsrat getroffen. Dass sich das MLR bemühe, die Eigenverantwortlichkeit des Unternehmens zu gewährleisten, zeige schon die Tatsache, dass das Unternehmen keine institutionelle Förderung erhalte.

Ende des Jahres 2005 soll nach Absicht der Ministerien über die künftige Unternehmensstruktur der Gesellschaft entschieden werden.

6.2 Auftragsvergabe

Das Unternehmen habe eine Verbesserung der Vergabepraxis zugesagt; das MLR als Auftraggeber des Unternehmens werde die Einhaltung des Vergaberechts sicherstellen.

6.3 Personal- und anderer Aufwand

Sonderzahlungen an Mitarbeiter würden nur in begründeten Fällen sowie im Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat und dem Land als Mehrheitsgesellschafter gewährt. In Bezug auf Bewirtungen verhalte sich das Unternehmen bereits restriktiv.

7 Schlussbemerkungen

Die Geschäftstätigkeit des Unternehmens ist nach Auffassung des RH auf den Vollzug von Aufträgen des Landes ausgerichtet. Die Aufträge und Kostenbeteiligungen Dritter führen zwar zu Umsatzerlösen bei der Gesellschaft. Diese gründen im Regelfall aber nicht darin, dass die Gesellschaft bei den Institutionen oder den privaten Unternehmen entsprechende Aufträge akquiriert hätte. Der Geldfluss gründet vielmehr darin, dass das MLR Zuwendungen an die Institutionen an die Maßgabe koppelt, die Projekte über die Gesellschaft abzuwickeln und private Betriebe in einem bestimmten Verhältnis an den Gesamtkosten zu beteiligen. Die Zahlungen dieser Betriebe sind aus wirtschaftlicher Sicht ein Anhängsel der an die Institutionen gewährten Zuwendungsmittel. Das Unternehmen operiert nicht am Markt.

Die Feststellung, dass das Unternehmen als verlängerter Arm des MLR, gleichsam als dessen „Außenstelle“ fungiert, beruht nicht auf etwaigen Verletzungen formaler Kompetenzen bei Unternehmensentscheidungen, sondern auf den geschilderten tatsächlichen Gesamtumständen. Dass das Unternehmen keine institutionelle Förderung erhält, ist für die Beurteilung seiner Funktion nicht entscheidend.

Wegen der Gesamtumstände bleibt der RH auch bei seiner Empfehlung, das Unternehmen auf eine neue Basis zu stellen. Er sieht keinen triftigen Grund, damit bis Ende des Jahres 2005 zu warten. Die Zuwendungen und Aufträge des Landes sollten so früh wie möglich deutlich reduziert werden. Die Bereitschaft der weiteren Gesellschafter, ihre Beteiligungsquote an dem Unternehmen zu erhöhen, sollte vom Land als Chance gesehen und unverzüglich genutzt werden.


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Einzelplan 08: Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum

Die Landesforstverwaltung kann mithilfe des neu entwickelten Software-Systems FOKUS 2000 und darauf aufbauenden Verfahrensabläufen ihre Verwaltungsarbeit so verbessern, dass ein Personalabbau von mehr als 200 Stellen möglich ist.


1 Ausgangslage

Das MLR hat im Jahr 1999 damit begonnen, IuK-Verfahren der Landesforstverwaltung (LFV) zu einem integrierten Forstmanagement- und Forstinformationssystem zu erweitern, um damit die wesentlichen Verwaltungsvorgänge zu unterstützen bzw. zu automatisieren (Forstliches Operations-, Kommunikations- und Unternehmensführungs-System - FOKUS 2000 -). Hierfür hat das MLR folgende Ziele definiert:

a) IuK-technische Umsetzung des Organisationsgutachtens der LFV von 1994. Gemäß diesem Organisationsgutachten sollen sich durch Einführung neuer IuK-Verfahren Rationalisierungspotenziale von rd. 60 - 70 Personalstellen realisieren lassen.

b) Technische Unterstützung des überwiegenden Teils der in den Forstämtern vorkommenden Geschäftsprozesse.

c) Integration aller Verfahrensabläufe in den Forstämtern und Optimierung der Ergonomie sowie der Anwenderfreundlichkeit.

d) Einsatz der Software in allen forstlichen Dienststellen (zunächst mit Ausnahme der Reviere).

e) Medienbruchfreie Datenweitergabe über Organisationsebenen hinweg, sowohl für die Erledigung der operativen Aufgaben in den Forstämtern als auch für die Betriebsüberwachung und -steuerung auf der Ebene der Forstämter, der Forstdirektionen und des Ministeriums. Zentralisierung der Datenhaltung und Ablösung von Altverfahren auf Großrechnern.

f) Bereitstellung der Daten für andere DV-Verfahren über maschinelle Schnittstellen zu externen DV-Systemen von Behörden und Kunden.

g) Integration der Bürokommunikations-Software Word und Excel.

Der RH hat die Entwicklung und Realisierung dieses IuK-Verfahrens im Hinblick auf wirtschaftliche Vorgehensweise und angemessenen Personaleinsatz geprüft. Hierbei ist er auch der Frage nachgegangen, welches Rationalisierungspotenzial das neue IuK-Verfahren für die Organisation der LFV mit sich bringt. Zusätzlich sollte geklärt werden, ob FOKUS 2000 in der nach der Verwaltungsstruktur-Reform vorgesehenen neuen Organisationsstruktur einsatzfähig sein wird und ob mit seiner Hilfe ein Teil der angestrebten Effizienzrendite erwirtschaftet werden kann.

2 Das neue Software-System: Projektinhalt und Projektablauf

FOKUS 2000 ist als modular aufgebautes sog. Enterprise-Ressource-Planning-System (ERP-System) konzipiert, also als umfassende Unternehmens-Software. Diese unterstützt die Bewirtschaftung des Staatsforstbetriebes, die forsttechnische Betriebsleitung, die vertragliche Übernahme und Abwicklung der Wirtschaftsverwaltung im Kommunalwald, die Beratung und Betreuung im Privatwald sowie hoheitliche Aufgaben. Bestandteile der Software sind auch eine Finanzbuchhaltung und eine speziell auf die LFV zugeschnittene Kosten- und Leistungsrechnung. Im umfangreichen Gefüge der forstlichen DV ist FOKUS 2000 inzwischen das zentrale Element für die Erfassung und Bearbeitung von Daten zur Unterstützung von Geschäftsprozessen der 163 Forstämter, der zwei Forstdirektionen und weiterer Dienststellen. Die 891 staatlichen Forstreviere sind hingegen bisher nur zu einem geringen Teil in das System integriert. Andere wichtige DV-Anwendungen der LFV sind ein geografisches Informationssystem zur Unterstützung der Forsteinrichtung (FOGIS) und ein Data-Ware-House als Führungsinformationssystem (FOFIS).

Die Software basiert auf einer erweiterten Firmen-Software sowie auf vom Land eingebrachten und angepassten Programmen der Holzwirtschaft. Aus beiden Teilen entwickelte das beauftragte Unternehmen gegen Entgelt ein neues Programmpaket. Dieses Unternehmen ist auch Rechteinhaber und hat der LFV die übertragbaren Nutzungsrechte, begrenzt auf Baden-Württemberg, eingeräumt.

Projektträger und finanzierende Stelle ist das MLR. Projektentwicklungsstelle ist das Entwicklungs- und Betreuungszentrum des MLR in Kornwestheim (EBZI), unterstützt von weiteren Beteiligten aus allen Bereichen der LFV. Die LFV setzte bereits 1998/2000 eine Organisationsreform um. Dadurch konnte Personal aus der Linienorganisation für gezielte Projektarbeit gewonnen werden. In einer von der Alltagsarbeit freigestellten Projektorganisation arbeiteten - gelenkt von einem Projektsteuerkreis - ein Projektleiter und neun Teilprojektleiter. Zusammen mit weiterem Personal umfasste das FOKUS-Team zeitweise insgesamt bis zu 90 staatliche Projektmitarbeiter. Die Software-Entwickler stellte der Auftragnehmer. Ein anderes Unternehmen wurde mit der Qualitätssicherung betraut. Zusätzlich hat die LFV ein Pilotforstamt für Testarbeiten eingerichtet und mit Geräten und Personal ausgestattet.

Die Betreuungsaufgaben sind auf zwei verschiedene Organisationseinheiten verteilt: Die zentrale DV-Sachbearbeitung der Forstdirektion Tübingen mit Sitz in Stuttgart (ZS-LFV) ist überwiegend für Verfahrensbetreuung und Linienaufgaben, das EBZI ist schwerpunktmäßig für die Anwenderbetreuung zuständig.

3 Projektstand

Die Zeitplanung sah eine Einführung zum 01.01.2002 vor. Diese Planung konnte nicht eingehalten werden. Zunächst weigerte sich die LFV, die vom Auftragnehmer „… in einem äußerst mangelhaften Zustand“ abgelieferten Programmspezifikationen abzunehmen; andererseits musste die LFV bei der Beschreibung ihrer Verfahrensabläufe und Geschäftsprozesse nachbessern. Auch hatten beide Vertragspartner die Komplexität der Aufgabe zunächst wohl unterschätzt. Schließlich war kurz nach dem Sturmereignis Lothar in der ersten Phase der Schadensbeseitigung nicht an eine Umsetzung zu denken.

FOKUS 2000 umfasst 25 Fachmodule, die in drei Blöcken zwischen Februar 2002 und April 2003 eingeführt wurden. Die letzten Funktionen der Version 1 sind seit Ende April 2003 - also 16 Monate später als geplant - im Einsatz. Zum Abschluss der Erhebungen arbeitete das Projektteam an der Fertigstellung der Version 2. Diese umfasst u. a. eine automatisierte Schnittstelle zur Landesoberkasse sowie ein verbessertes Auswertungs- und Berichtswesen. Ein wesentlicher Teil fehlt noch, da das Projekt noch nicht auf die Forstreviere, also auf den Ort der Datenentstehung, ausgedehnt ist.

4 Feststellungen

4.1 Auswahlverfahren und Vergabe

Das MLR hat die Varianten (Kauf einer fertigen Software; Zukauf einzelner - fertiger - Module; Eigenentwicklung) prüfen lassen. Ein fertiges, auf die LFV passendes, System habe es nicht gegeben, ein Zukauf sei wegen befürchteter technischer und fachlicher Unverträglichkeit mit den eigenen Programmen ausgeschieden. Auch eine Neuentwicklung mit eigenem Personal sei nicht in Frage gekommen, weil befürchtet wurde, dass qualifizierte DV-Spezialisten zu BAT-Konditionen nicht eingestellt und gehalten werden könnten.

In einer Markterkundung hat die LFV dann fünf Firmenprodukte untersucht und eines davon für geeignet befunden, auch wenn in nahezu allen Modulen Anpassungen erforderlich seien. Abgestimmt mit dem WM hat das MLR daraufhin eine Ausschreibung für eine deutschsprachige Forst-Software durchgeführt. Bereits im Teilnahmewettbewerb schieden vier von fünf der interessierten Unternehmen aus. Übrig blieb das bereits vor der Ausschreibung in Betracht gezogene Produkt.

Das Ergebnis des Vergabeverfahrens kann unter Wettbewerbsbedingungen nicht vollständig befriedigen. Denn bei Aufnahme der Preisverhandlungen war nur noch ein Unternehmen im Wettbewerb. Alle anderen waren schon vorher ausgeschieden. Die Markterkundung war eine sinnvolle und notwendige Maßnahme; was danach kam, war kein wirklicher Wettbewerb mehr. Das habe nach Mitteilung des MLR aber nicht an der LFV, sondern am fehlenden Interesse der Anbieterseite und am fehlenden Marktangebot gelegen.

Für Änderungen, Ergänzungen und Erweiterungen an dem neu entstandenen Software-Paket kommt aufgrund der engen vertraglichen Beziehungen in der Entwicklungsphase auch in naher Zukunft nur der Auftragnehmer in Betracht; seine monopolartige Stellung sollte in der Phase der Software-Pflege abgebaut werden. Hierzu ist es erforderlich, dass die LFV organisatorische und personelle Vorkehrungen trifft, um bei den Preisverhandlungen für Änderungen und Erweiterungen die wirtschaftlichen Interessen des Landes jeweils ausreichend wahrnehmen zu können.

4.2 Technik und Bedienungsfreundlichkeit

FOKUS 2000 ist eine zukunftsfähige und anpassungsfähige IuK-Anwendung. Das Datenhaltungs- und Datensicherungskonzept ist zweckmäßig und bei Beachtung der Regeln auch sicher. Technisch gesehen ist FOKUS 2000 eine Client-Server-Anwendung. Jedes Forstamt verfügt über einen eigenen Server zur Datenhaltung für seinen Geschäftsbereich. Die örtlichen Daten werden automatisch über das Landesverwaltungsnetz gesammelt, auf einem Server der ZS-LFV zusammengeführt und zu Haushalts- und Steuerungsinformationen verarbeitet.

Das System wäre entsprechend dem technischen Fortschritt auch auf Internet-Technik umstellbar. Nach einer solchen Umstellung würden Programme und Daten zentral gehalten und den Dienststellen jeweils über ein gesichertes Datennetz zur Verfügung gestellt.

Die Analyse ausgewählter Prozesse und Arbeitsabläufe ergab eine logische und zweckmäßige Abbildung im System. Die Software ist bedienungsfreundlich und wird von den Anwendern schon nach kurzer Zeit gut akzeptiert. Die Darstellung der Masken und der hiermit verbundene Wiedererkennungswert in anderen Modulen sowie die logische Abbildung der Prozesse tragen erheblich zu der Bedienerfreundlichkeit des sehr komplexen Software-Systems bei. Der Mehrwert durch die Zusammenführung und Auswertung der Daten mehrerer Forstämter in einer zentralen Datenbank und die hierdurch mögliche Gewinnung von Steuerungs- und Übersichtsdaten in nahezu Echtzeit ist gegenüber dem früher üblichen Verfahren erheblich.

4.3 Projektarbeit

Für die Projektarbeit wurden intern 4,1 Mio. € aufgewendet. Die Projektorganisation erscheint zwar aufwendig, war angesichts der Aufgabenfülle aber noch vertretbar. Hervorzuheben ist, dass das MLR Aufgaben, wie die Leitung des gesamten Projekts und von Teilprojekten, bestimmten Personen verantwortlich zugewiesen, stringente Zeitpläne aufgestellt, deren Einhaltung überprüft und nach Notwendigkeit die Planung im Projektverlauf angepasst hat.

Die Dokumentation des Projektes ist in fachlicher Hinsicht nachvollziehbar. Hinsichtlich der finanziellen Steuerung sollte sie weiter verbessert werden. Im Nachhinein ist kaum mehr feststellbar, welche finanziellen Auswirkungen einzelne Verträge, Vertragsergänzungen, Konzeptanpassungen und Umsetzungen durch äußere Einflüsse oder Änderungswünsche der Fachseite hatten. Offenbar war das Projekt finanziell immer so ausgestattet, dass ein vollständiges Budgetcontrolling den Beteiligten nicht erforderlich schien.

Bedauerlich ist, dass sich Forstverwaltungen anderer Bundesländer mit vergleichbaren Aufgaben bei der Entwicklung nicht zusammengeschlossen haben. Wirtschaftlich nachteilig ist, dass das Land an der auf seine Kosten entwickelten Software keine allgemeinen Vermarktungsrechte hat, sondern nur Nutzungsrechte an Lizenznehmer in Baden-Württemberg übertragen kann.

4.4 Controlling

Die LFV hat zwar eine sehr detaillierte Betriebsbuchführung mit vielen Steuerungsinformationen, nicht jedoch bezüglich der IuK. Mit vertretbarem Aufwand ist es nicht möglich, vom Budget im Haushalt ausgehend, die verbrauchten IuK-Personal- und Sachkosten einzelnen Vorhaben und Verwaltungsebenen zuzuordnen. Gerade eine betrieblich aufgestellte Verwaltung wie die LFV sollte das Thema IuK-Kennzahlen zügig angehen. Durch die künftige Teilung der Zuständigkeiten auf Kreise und Land werde dies nach Einschätzung des MLR nur beschränkt möglich sein.

Die LFV nennt als Vergleichskennzahl zu anderen Ländern IuK-Kosten von 1,50 € je Festmeter verkauftem Holz (rd. 3 % der Gesamtkosten der Holzproduktion). Diese Zahl wurde zuletzt 1999 ermittelt. Andere Länder bilden ähnliche Kennzahlen, die aber teilweise nicht zeitgleich und auch methodisch unterschiedlich ermittelt werden.

4.5 Steuerungssystem

Mit FOKUS 2000 werden den Anwendern auch mächtige Auswertemodule zur Verfügung gestellt, mit welchen schnell und einfach Abfragen und Listen generiert werden können. Viele dieser Auswertungsmöglichkeiten sind im System voreingestellt und werden regelmäßig automatisch erzeugt.

Der Umgang mit diesem neuen Reporting-System bereitet den Forstamtspraktikern noch Schwierigkeiten. Teilweise halten sie das Material für unnötige Datenfriedhöfe, teilweise möchten sie weitere oder andere Auswertungen haben, teilweise hängen sie aber noch an ihren alten, ehemals selbst erstellten Tabellen. Sie betrachten diese als eine Art Alleinstellungsmerkmal ihres Amtes und führen sie weiter, indem sie Daten in FOKUS 2000 abfragen, in ihre Tabellen überführen und daraus wieder ihre bisherigen Listen erzeugen.

Gegenüber den früheren Insellösungen überwiegen die Vorteile eines einheitlichen Auswertungssystems mit einem darauf aufbauenden Berichtswesen. Allerdings sollte die LFV Vorkehrungen treffen, dass Wünsche Einzelner nicht ungefiltert zu Vorgaben für die Software-Entwickler werden. Änderungs- und Erweiterungswünsche sollten jeweils auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit geprüft und das Ergebnis dokumentiert werden, bevor ein Auftrag zur Umsetzung erteilt wird.

4.6 FOKUS-Betrieb

Der laufende Betrieb von FOKUS 2000 verteilt sich auf die ZS-LFV in Stuttgart und das EBZI in Kornwestheim. Der RH schätzt die jährlichen Kosten auf bis zu 3 Mio. €. Der Betrieb von FOKUS 2000 über nur eine DV-Stelle wäre vorteilhaft, weil durch Bündelung der Fachkompetenzen und infolge reduziertem Koordinierungsaufwand Kostenersparnisse zu erwarten sind.

Einhergehend mit einer solchen Zusammenlegung ließe sich die personell bereits reduzierte Betreuung weiter optimieren. Mit der zunehmenden Routine bei der Anwendung eines software-ergonomisch gut gestalteten Programmsystems, wie FOKUS 2000, kann ein Betreuer erfahrungsgemäß mehr Anwender bedienen. Die positiven Ansätze würden bei einer Zusammenlegung von ZS-LFV und EBZI noch verstärkt.

4.7 Schulung

Die LFV hat mit insgesamt 48.970 Schulungstagen einen hohen Aufwand betrieben. Amtsleiter wurden beispielsweise 16,5 Tage, andere Bedienstete bis zu 28 Tage geschult. Der durchschnittliche Schulungsaufwand je Mitarbeiter betrug 14,4 Tage. Ein vergleichbar hoher Wert aus anderen IuK-Verfahren ist allenfalls aus dem Projekt „Einführung neuer Steuerungsinstrumente (NSI)“ bekannt. Selbst dort beträgt der Schulungsaufwand für Führungspersonal nur zehn, für Anwender allerdings auch 20 bis 27 Tage. Ob dieser hohe Aufwand in jedem Fall notwendig war, lässt sich nur schwer beurteilen. Das MLR sieht ihn gerechtfertigt, da FOKUS 2000 ein wesentlich größeres Aufgabenspektrum als NSI abdecke.

4.8 Verbindung zu Landesprojekten

In die Projektlaufzeit fiel auch die landesweite Einführung der SAP R3-Software im Rahmen der NSI-Einführung. Verfahren, die heute unter dem Schlagwort NSI verstanden werden, hatte die LFV bereits vor dem NSI-Projekt des FM eingeführt oder in Planung. Der Beschluss, SAP bei allen Verwaltungen einzuführen, brachte der LFV - soweit ersichtlich - keine Vorteile. Die dadurch notwendigen Anpassungsarbeiten haben FOKUS 2000 verzögert und letztlich verteuert. Überschlägig lassen sich fast 0,5 Mio. € interne und externe Aufwendungen für die Anpassung an NSI aus den Projektunterlagen entnehmen. FOKUS 2000 steht als ERP-Software mit einem Teil seiner Module in Konkurrenz zu den Modulen von SAP R3.

Die LFV hat die Konkurrenzsituation erkannt und verwendet vor allem für den Haushaltsvollzug und für die Führung ihrer Kosten- und Leistungsrechnung Programmmodule von FOKUS 2000. Dadurch habe sie Ausgaben für NSI-Lizenzen und Aufwand für die Schulung in NSI-spezifischer Software vermieden. In den Forstämtern und den Forstdirektionen stehen keine NSI-PC. Vor allem das SAP-KLR-Modul würde nach Angaben der LFV hinter den Anforderungen an eine Kosten- und Leistungsrechnung für die Forstwirtschaft zurückbleiben.

Ob der Mehraufwand durch Vorteile an anderer Stelle, z. B. bei Gewinnung von verwaltungsübergreifenden Informationen, gerechtfertigt ist, muss derzeit noch offen bleiben, weil ein Landescontrolling aussteht.

4.9 Fehlende Programmteile

Zum Abschluss der Erhebungen bestanden noch Medienbrüche, welche der Ausschöpfung des vollen Rationalisierungspotenzials entgegenstehen:

  • FOKUS 2000 und die Kassenverfahren der Landesoberkasse werden erst mit Version 2 des Programmes verknüpft. Beispielsweise können Rechnungen bisher nicht automatisiert weitergeleitet, sondern müssen ausgedruckt und auf dem Postweg an die Landesoberkasse versandt werden. Von der Landesoberkasse wird dann bei Eingang oder Abbuchung der Beträge eine Ist-Rückmeldung generiert und an das Forstamt gefaxt. Die Daten müssen dann wieder manuell von den Mitarbeitern im Forstamt in das System eingegeben werden.

 

  • Weiterhin werden auf den Forstamtsbüros Übersichten und Listen weitgehend manuell mit Hilfe von eigenen Tabellen erstellt.

 

  • Zwischen Forstamt und Revier werden die Daten - abgesehen von einem Verfahren zur Holzdatenaufnahme (PSION) - in Papierform ausgetauscht, was zwangsläufig zu einer Mehrfacherfassung führt. Die Forstreviere sind noch nicht in das Landesverwaltungsnetz eingebunden.

 

  • Weitere maschinelle Schnittstellen, z. B. zu DV-Systemen der Holzkäufer oder zu kommunalen Abrechnungssystemen, sind teilweise noch nicht vollständig fertig gestellt.

Die LFV hat die Beseitigung dieser Medienbrüche als wichtige Aufgabe erkannt; so ist z. B. inzwischen die Schnittstelle zur Landesoberkasse hergestellt.

4.10 Verwaltungsstruktur-Reform

Die Software ist so konzipiert und das Berechtigungssystem ist so ausgelegt, dass damit ohne grundlegende Änderungen auch unterschiedliche Aufgabenträger bedient werden können. FOKUS 2000 könnte und sollte auch nach der Aufgabenteilung auf das Land bzw. auf die Land- und Stadtkreise weiter im Einsatz bleiben.

5 Kosten

Der Gesamtaufwand für die Entwicklung von FOKUS 2000 beläuft sich (Stand Ende 2003) auf rd. 30 Mio. €. Er verteilt sich zu 74 % auf interne und zu 26 % auf externe Kosten. Die Kosten für die Fertigstellung der Version 2 werden überschlägig auf weitere 5 Mio. € (davon rd. 3 Mio. € für Aufwendungen an Externe) und die Kosten für den laufenden Betrieb auf rd. 3 Mio. € jährlich geschätzt.

Die Zusammensetzung der externen Kosten ergibt sich aus Übersicht 1.

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Ursprünglich war von einem Festpreis von 3,06 Mio. € ausgegangen worden; die internen Kosten hatte die LFV auf 6,3 Mio. € taxiert; tatsächlich ist, wie in Übersicht 2 dargestellt, mehr als das Dreifache angefallen.

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Da die tatsächlichen Aufwendungen die vom MLR über die Vorhabensanzeige im Landessystemkonzept veranschlagten Beträge um mehr als 300 % übersteigen, muss das MLR schnell und nachdrücklich für einen „Return of Investment“ sorgen. Dieser ist hauptsächlich über Personalabbau möglich.

6 Bewertung

FOKUS 2000 unterstützt bereits in seiner Version 1 etwa 80 % aller Geschäftsvorfälle in den Forstämtern. Es ist ein IuK-Verfahren, das die Erwartungen erfüllt bzw. erfüllen wird, auch wenn es später als geplant fertig und auch viel teurer wird. Die LFV hat damit ein IuK-Werkzeug in der Hand, um ihre Verwaltungsabläufe deutlich zu verschlanken.

Sowohl programmtechnisch, fachinhaltlich als auch von der Bedienungsfreundlichkeit her betrachtet, versetzt das Programm die LFV in die Lage, ihre Verwaltungsarbeit in den nächsten Jahren wirtschaftlich zu gestalten.

Die vom MLR vorgegebenen Ziele hat das Projektteam weitgehend erreicht bzw. wird sie mit Fertigstellung der Version 2 erreichen.

FOKUS 2000 ist grundsätzlich auch zum Einsatz in einer nach der Verwaltungsstruktur-Reform neu organisierten Forstverwaltung geeignet.

7 Auswirkungen

Wird FOKUS 2000 in vollem Umfange realisiert, entstehen erhebliche Rationalisierungspotenziale für die Forstverwaltung. Das ERP-System kann in einem ersten Schritt zu einer Verschlankung der Verfahrensabläufe und der Organisation selbst beitragen, auch wenn man von der Beibehaltung des bisherigen Aufgabenumfangs ausgeht. Weitere Optimierungen könnten sich abzeichnen, wenn man den derzeitigen Aufgabenbestand kritisch analysiert und weiter optimiert. Eine solche Aufgabenkritik war nicht Gegenstand dieser Untersuchung.

Nach Einschätzung des RH lassen sich mit Hilfe von FOKUS 2000 mehr als 200 Personalstellen abbauen, was umgerechnet zu jährlichen Einsparungen von rd. 22 Mio. € führen kann. Bezogen auf den Stellenbestand sind das 25 %. Diese Einsparungen ergeben sich, wenn FOKUS 2000 schrittweise in der LFV vollständig realisiert ist. Im Einzelnen ergeben sich solche Rationalisierungseffekte durch

  • Reduzierung der Durchlaufzeiten,
  • Beseitigung der Medienbrüche zwischen Forstamt und Forstrevier sowie
  • Beseitigung weiterer Medienbrüche, z. B. zur LOK, und weitere Optimierung des Auswertungs- und Berichtssystems.

Der RH hat zwar keine systematische Personalbedarfsbemessung nach analytischen oder empirischen Methoden durchgeführt, um das nach Einsatz des neuen Werkzeugs FOKUS 2000 mögliche Personal-Einsparpotenzial zu ermitteln. Dies u. a. deshalb, weil zum Zeitpunkt der Erhebungen die Einführungsphase noch nicht abgeschlossen war. Die detaillierte Beschäftigung mit allen Modulen und den zu unterstützenden Geschäftsprozessen, Gespräche mit Projektverantwortlichen und -mitarbeitern sowie Informationsbesuche vor Ort lassen jedoch eine überschlägige Schätzung dieses Einsparpotenzials zu.

Dieses Rationalisierungspotenzial kann allerdings bei der derzeitigen Struktur und Organisation der 163 Forstämter nur zu einem sehr geringen Teil unmittelbar realisiert werden. Die Forstämter sind Minibehörden mit meist weniger als sieben Stellen (ohne Revierförster). Ein Personalabbau würde die jetzt schon vorhandene Vertretungsproblematik weiter verschärfen. Eine Zusammenlegung von Forstämtern - etwa wie in der Verwaltungsstruktur-Reform vorgesehen - ist unumgänglich, wenn die Wirtschaftlichkeit erhöht werden soll. Dabei sind selbstverständlich nicht nur verwaltungstechnische, sondern vor allem auch forstwirtschaftliche, topografische und betriebliche Aspekte zu berücksichtigen.

Geht man davon aus, dass ein neu organisiertes Forstamt dreimal so viele Forstreviere betreuen und steuern kann, und ermittelt man den dann noch benötigten Personalbestand und vergleicht diesen mit den vorhandenen Personalstellen, so ergibt sich das vorgenannte Einsparpotenzial. Es handelt sich also nicht nur um theoretische Rechengrößen, sondern um vorhandene Möglichkeiten, die zügig verwirklicht werden sollten.

Ziel von FOKUS 2000 war auch ein Abbau von ursprünglich 60 - 70 Personalstellen. Diese wurden aber bereits vor Fertigstellung des Programms im Zuge allgemeiner Stellenabbauprogramme der Landesregierung gestrichen, ohne dass die Arbeit der Forstämter beeinträchtigt wurde. Ihr Wert wurde vom MLR auch bereits als Gegenwert zur Finanzierung der Vorgänger-Software von FOKUS 2000 im Landessystemkonzept angegeben; sie sind daher „aufgebraucht“ und können dem neu ermittelten Einsparpotenzial nicht erneut gegen gerechnet werden.

8 Vom Rechnungshof vorgeschlagene Maßnahmen

Zur bestmöglichen Nutzung der aufgezeigten Rationalisierungspotenziale schlägt der der RH folgende Maßnahmen vor:

  • Im Mittelpunkt der weiteren Überlegungen muss eine Straffung der Organisation der Forstämter stehen. Aus Sicht des RH gehen die Überlegungen hierzu im Zuge der Verwaltungsstruktur-Reform in die richtige Richtung.

 

  • Parallel dazu sollte Version 2 mit Nachdruck fertig gestellt und eingeführt werden.

 

  • Unabhängig von der organisatorischen Zuordnung der Forstämter ist die Ausstattung der Forstreviere mit DV-Geräten und deren Anbindung über das Landesverwaltungsnetz vordringlich. Aus Sicht des Steuerzahlers ist dabei die Finanzierungsquelle der notwendigen Investitionen (staatlich oder kommunal) zweitrangig. Es kommt bei der Suche nach wirtschaftlichen Abläufen auf eine ganzheitliche Betrachtung an. Das MLR muss Sorge dafür tragen, dass durch die Verwaltungsstruktur-Reform die technische Einbeziehung der Reviere in FOKUS 2000 nicht verzögert wird.

 

  • Die Verwaltungsstruktur-Reform sieht auch eine organisatorische Straffung der beim Land verbleibenden IuK-Organisationseinheiten vor. Es ist vorgesehen, das EBZI in den Landesbetrieb „Zentrum für Kommunikationstechnik und Datenverarbeitung“ zu überführen. Vorab sollte die ZS-LFV (32 Personalstellen) mit dem EBZI vereinigt werden.

 

  • Das forstliche Auswertungssystem sollte zu einem Berichtswesen so weiterentwickelt werden, dass keine manuellen Auswertungen und Nebenlisten mehr erforderlich sind. Dabei sind Änderungs- und Erweiterungswünsche vor ihrer Beauftragung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten.

 

  • Zur besseren Steuerung der IuK sollten Kennzahlen definiert und eingeführt werden. In einem zweiten Schritt ist ein abgestimmtes Vorgehen der Bundesländer mit regelmäßigem Austausch der Werte anzustreben.

9 Stellungnahme des Ministeriums

Zwischen MLR und RH bestehen keine wesentlichen Meinungsunterschiede in der Beurteilung des Projektablaufes und der Qualität der Software. Die Konsequenzen und die notwendigen Maßnahmen werden allerdings teilweise unterschiedlich gesehen.

Andere Bundesländer waren und seien nicht an FOKUS 2000 interessiert. Selbst ein (nachträglicher) Einstieg auf die vermutlich umfassendste Lösung für eine landesweit eingesetzte Forst-Software sei unwahrscheinlich. Ein Vertrag zur Übernahme der umfassenden Nutzungsrechte hätte das Projekt weiter verteuert, da sich der Vertragspartner selbst Marktchancen ausgerechnet habe, die die LFV finanziell hätte ablösen müssen. Die LFV sei aber nach wie vor bereit, mit anderen Ländern eine Entwicklungskooperation zu bilden.

Den Vorschlag, EBZI und ZS-LFV zusammen zu legen, will das MLR nicht aufgreifen. Eine massive Organisationsänderung in der aktuellen Phase der IuK-Migration würde eine erfolgreiche Umsetzung der Verwaltungsstruktur-Reform gefährden. Wegen der aus seiner Sicht vorhandenen klaren Aufgabenteilung seien keine weiteren Einsparungen zu erwarten. Durch die Ausweitung der Anwendung auf die Forstreviere sei zusätzlich Betreuungspersonal erforderlich, was zweifellos richtig ist.

Die Kostensteigerung begründet das MLR mit veränderten Anforderungen im Projektverlauf, u. a. durch NSI, Umsatzbesteuerung des Staatsforstbetriebes und geänderte Waldarbeiterentlohnung. Außerdem sei das MLR jetzt im Besitz der in Baden-Württemberg übertragbaren Lizenzrechte und des Programmcodes. Die jährlichen FOKUS-Betriebskosten setzt das MLR lediglich mit 2 Mio. € statt 3 Mio. € an, d. h. insbesondere ohne die Kosten der für den Betrieb nötigen Hardware.

Das MLR ist der Meinung, dass die bereits „erwirtschafteten“ 60 - 70 Personalstellen auf das ermittelte Einsparpotenzial angerechnet werden müssten. Bis zur Einführung von FOKUS 2000 hätten nämlich über das normale Maß hinausgehende Belastungen für das Personal der Forstamtsbüros bestanden, die von den Beschäftigten (nur) mit Hinweisen auf die zu erwartende Entlastung durch FOKUS 2000 getragen wurden.

Im Übrigen sei die von der LFV auf anderem Wege ermittelte Größenordnung möglicher Stelleneinsparungen mit den Werten des RH durchaus vergleichbar. Das MLR weist ergänzend darauf hin, dass nach der Verwaltungsstruktur-Reform mehr als 90 % der Personalstellen nicht mehr der unmittelbaren Organisationshoheit der LFV unterliegen. Maßnahmen zur Sicherung des „Return of Investment“ von FOKUS 2000 ließen sich daher vom MLR kaum noch beeinflussen.

10 Schlussbemerkung

Selbst wenn man akzeptieren würde, dass die schon erbrachten 60 - 70 Personalstellen als Vorleistung auf das vorgenannte Einsparpotenzial anzurechnen seien, bliebe ein Stellenabbau von mindestens 140 Stellen möglich. Alle Beteiligten sollten dafür sorgen, dass FOKUS 2000 auch unter den Rahmenbedingungen der anstehenden Verwaltungsstruktur-Reform zügig bei den Forstrevieren eingeführt wird und das dadurch frei werdende Rationalisierungspotenzial kurzfristig ausgeschöpft werden kann.


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Einzelplan 09: Ministerium für Arbeit und Soziales

Nach Änderung der Rechtsform gelang es den Zentren für Psychiatrie, ihre Baumaßnahmen in eigener Zuständigkeit zügig und wirtschaftlich zu planen und abzuwickeln. Wegen der unzureichenden Ausstattung des Instandhaltungsbudgets ist allerdings auf längere Sicht ein massiver Substanzverlust zu erwarten; besondere Probleme bereiten die denkmalgeschützten Gebäude. Im technischen Gebäudemanagement besteht noch Optimierungspotenzial.


1 Ausgangslage

Mit dem Gesetz zur Errichtung der Zentren für Psychiatrie wurden die neun bisherigen psychiatrischen Landeskrankenhäuser zum 01.01.1996 in Zentren für Psychiatrie (Zentren) als rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts umgewandelt. Ziel der Rechtsformänderung war es, die betriebswirtschaftliche Wirtschaftsführung der Zentren zu stärken und weiter auszubauen. Jeweils drei Zentren bilden einen Geschäftsführerbereich. Das Land ist weiterhin Gewährträger.

Vor der Rechtsformänderung wurden Baumaßnahmen mit Gesamtbaukosten bis 375.000 € im Einzelfall in den Wirtschaftsplänen ausgewiesen und von den Zentren eigenverantwortlich durchgeführt, Baumaßnahmen mit Gesamtbaukosten von mehr als 375.000 € wurden in Kap. 1208 veranschlagt und von der staatlichen Hochbauverwaltung in Auftragsverwaltung durchgeführt. Mit der Umwandlung im Jahr 1996 wurde die Bauherreneigenschaft für alle Baumaßnahmen (Investitionen und Instandhaltung) auf die Zentren übertragen.

Für die Finanzierung der im Investitionsplan zum Wirtschaftsplan veranschlagten Baumaßnahmen erhalten die Zentren vom Land Zuschüsse entsprechend der im StHPl. etatisierten Mittel, die allerdings in den vergangenen Jahren um globale Minderausgaben gekürzt und nach einem festgelegten Verteilungsschlüssel den Zentren zugewiesen wurden.

Durch den Ausbau der ortsnahen Psychiatrie ist tendenziell in den meisten Zentren ein Schrumpfungsprozess festzustellen; insgesamt ging die Zahl der Planbetten zwischen 1997 und 2001 um rd. 5 % zurück (s. Übersicht). Mit dem Bettenrückgang ist es den Zentren zwar möglich, bei gleicher Fläche die qualitativen Standards der Unterbringung zu erhöhen (mehr Fläche pro Patient), gleichzeitig steigen allerdings die fixen Kosten pro Planbett, insbesondere bei den Betriebskosten der Gebäude.

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Der RH betrachtete in einer vergleichenden Prüfung in allen neun Zentren die Planung und Durchführung von Baumaßnahmen sowie das technische Gebäudemanagement. Grundsätzliches Ziel der Prüfung war es festzustellen, ob die neuen Organisationsstrukturen zu wirtschaftlicheren Verfahren und Effizienzsteigerungen im Baubereich geführt haben und ob ggf. Verbesserungen im Projektablauf und im Gebäudebetrieb möglich bzw. haushaltsrechtlich erforderlich sind.

2 Planungs- und Bauverfahren

Für die Anfangsphase nach der Rechtsformänderung stellte der RH eine beachtliche Fehlerquote bei der Planung und Durchführung von Baumaßnahmen fest. Projekte wurden teilweise ohne ausreichende Planung und ordnungsgemäße Ausschreibung durchgeführt, da eigenes Fachpersonal zumeist weder im Hochbaubereich noch im gebäudetechnischen Bereich zur Verfügung stand. Manche Baumaßnahmen wurden mit überhöhten oder über die Kostenanschläge hinaus gehenden Kosten abgerechnet.

Die Zentren waren von Beginn an bestrebt, größere Baumaßnahmen mit freiberuflich tätigen Architekten und Fachingenieuren durchzuführen. Deren Beauftragung hat u. a. den wirtschaftlichen Hintergrund, dass Honorare aus Zuwendungen bezahlt werden können, während vergleichbare Aufwendungen für eigenes Personal aus den Pflegesätzen zu erwirtschaften sind. Mangels eigenen baufachlichen Sachverstands konnten allerdings weder die Vertragsgestaltungen (z. B. richtige Einstufung in Honorarzonen) noch die Planungen dieser Büros fachlich beurteilt werden. Dies führte teilweise zu überzogenen Planungen und Standards.

Nach diesen anfänglichen Mängeln konnten die Zentren die Qualität der Aufgabenerledigung deutlich verbessern, weil in unterschiedlichem Umfang Baufachpersonal eingestellt wurde. Seither wurden die Planungs- und Ausführungszeiten deutlich gestrafft; auf nutzungsbedingten Bedarf kann zeitnah reagiert werden. Schon in der Planungsphase werden die Aspekte des späteren wirtschaftlichen Gebäudebetriebs berücksichtigt; bauliche und technische Standards werden zumeist einfach und zweckmäßig gewählt. Aufgaben und Zuständigkeiten wurden klar zugewiesen und gebündelt. Kostenobergrenzen für Baumaßnahmen werden frühzeitig festgelegt und konsequent eingehalten. Weil aber teilweise noch verlässliche Kostenplanungsinstrumente zur sicheren Ermittlung der Kosten - insbesondere für die technischen Gewerke - fehlen, enthalten die Kostenveranschlagungen nach Feststellungen des RH in manchen Fällen noch Kostenpuffer, um im weiteren Projektablauf Unwägbarkeiten bei der Veranschlagung auffangen zu können.

In der Anfangsphase wurden viele Bauleistungen entgegen den Regelungen der Verdingungsordnung für Bauleistungen zumeist nicht öffentlich, sondern beschränkt ausgeschrieben oder freihändig vergeben. Mittlerweile werden jedoch - aufgrund des Einsatzes von qualifiziertem Personal - Leistungen überwiegend öffentlich ausgeschrieben und somit dem Wettbewerb unterstellt.

Beim Handwerkspersonal der technischen Abteilungen ist durchgehend eine umfangreiche Straffung der Organisation festzustellen; es ist vor allem mit Reparaturen und Wartungen sowie der Beseitigung von technischen Störungen beauftragt.

Insgesamt kann festgestellt werden, dass der Übergang der Aufgaben, für die früher die staatliche Hochbauverwaltung zuständig war, sich positiv ausgewirkt hat. Mit einem geringeren Personaleinsatz werden Aufgaben schneller und effizienter erfüllt. Der Nutzer kann seine Vorstellungen und Erfordernisse in kurzen, direkten Entscheidungswegen zwischen Nutzer, technischer Abteilung und Geschäftsleitung realisieren. Die gebündelte Verantwortung sowohl für die zur Verfügung stehenden Mittel als auch für deren bedarfsgerechte Verwendung führt im Allgemeinen zu einem wirtschaftlichen Mitteleinsatz.

3 Instandhaltung des Gebäudebestands

Die baulichen Anlagen wurden den Zentren von der staatlichen Hochbauverwaltung in der Regel in gutem Zustand übergeben; daher bestand zunächst kein besonderer Sanierungs- und Reparaturstau. Um die Wirtschaftlichkeit weiter zu steigern, waren die Zentren nach der Übernahme allerdings bestrebt, Unterbringungskonzentrationen vorzunehmen. Frei gewordene Flächen bzw. Gebäude wurden vermietet oder, sofern möglich, auch verkauft.

Trotz des dadurch insgesamt geringer gewordenen Baubestands stellte der RH fest, dass für die Erhaltung und Pflege der Bausubstanz offensichtlich zu wenig Mittel zur Verfügung stehen, da in den Zentren ein erheblicher Teil (rd. 80 %) der Budgetmittel durch Personalkosten gebunden ist. Insgesamt hat dies zur Folge, dass z. T. dringend notwendige Instandhaltungsmaßnahmen nicht durchgeführt werden können, sondern verschoben werden müssen. Eine über mehrere Jahre andauernde finanzielle Unterdeckung im Instandhaltungsbereich wird schließlich zu einem Sanierungsstau bei vielen Gebäuden der Zentren führen, zu dessen Beseitigung erhebliche Mittel aufgewendet werden müssten.

Sofern diese Situation nicht zugunsten der Mittel für die Instandhaltung verändert werden kann, muss durch konsequentes Flächenmanagement weiter der Weg zu einer Konzentration auf den Kernbereich der baulichen Anlagen beschritten werden.

Kritisch wird die mangelnde finanzielle Ausstattung vor allem dort, wo Zentren - zumindest teilweise - in denkmalgeschützten Gebäuden untergebracht sind, die einen erhöhten Instandhaltungsaufwand erfordern. Sollten sie hierfür keinen finanziellen Ausgleich erhalten, müssten die historischen Gebäude anderweitig genutzt oder ggf. auch veräußert werden.

4 Technisches Gebäudemanagement

Energie- und Wartungskosten als Teil der Betriebskosten und bauliche Maßnahmen sind eng miteinander verzahnt. Mit der Rechtsformänderung war es den Zentren möglich, hier in eigener Zuständigkeit anzusetzen und organisatorische und investive Schwerpunkte zur Betriebskosteneinsparung zu entwickeln. Grundstrukturen eines Energiemanagements befinden sich im Aufbau. (Verlässliche) Flächendaten konnten allerdings überwiegend nicht zur Verfügung gestellt werden; sie sollten möglichst rasch erhoben werden, da sie als Planungs- und Wertungsbasis unverzichtbar sind.

4.1 Energiemanagement

Bisher optimierten die Zentren die Energielieferverträge und modernisierten überwiegend auffällig schlechte Anlagen, wobei sie nicht immer über ein schlüssiges Energiekonzept verfügen. Der RH empfiehlt, das Energiemanagement zu institutionalisieren. Es sollte, soweit noch nicht erfolgt, Energiekonzepte entwickeln und schon im Vorfeld der Neubau-, Umbau- und Sanierungsplanungen im Sinne der Optimierung der späteren Betriebskosten beteiligt werden. Aufgabe des Energiemanagements wäre ferner die fortlaufende Energieüberwachung, die Öffentlichkeitsarbeit (bei Bediensteten und Patienten) sowie die weitere Feinplanung im Bereich des Energieeinsatzes. Die Energieverbrauchsdaten sollten DV-gestützt zeitnah überwacht und ausgewertet werden (Energiecontrolling).

Die Zentren sollten auch über die Geschäftsführerbereiche hinaus auf dem Gebiet des technischen Gebäudemanagements verstärkt zusammenarbeiten und so das teilweise vorbildliche Know-how allen Zentren nutzbringend erschließen. Leistungen im Bereich des Energiemanagements sollten nur nach sorgfältigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen ausgelagert werden (Outsourcing). Erfahrungen im privaten Klinikbereich zeigen, dass sich die Kostenentwicklung beim Outsourcing in der Größe von ± 10 % bewegt. Der RH erwartet aufgrund seiner Untersuchungen höhere Einsparpotenziale; allein durch das oben angeführte Energiecontrolling sind in der Regel 10 % und mehr an Einsparungen zu erzielen. Darüber hinaus bestehen weitere Potenziale beim Anlagenbetrieb sowie durch Einsatz Energie sparender Technik bei Ersatzmaßnahmen.

4.2 Elektrische Energie

Die Stromverbräuche der Zentren stiegen in der Zeit von 1997 bis 2001 um bis zu 470 MWh/Jahr, d. h. um bis zu 18 %, obwohl zunehmend Energie sparende Lampen sowie Drehzahl geregelte elektrische Antriebe eingesetzt wurden. Einsparungen ließen sich noch erzielen, wenn z. B. Leuchtenbrennzeiten, Laufzeiten großer Stromverbraucher und Beleuchtungsstandards reduziert werden könnten.

Im gleichen Zeitraum konnten jedoch alle Zentren bei den Stromkosten z. T. deutliche Einsparungen erzielen. Die Einsparungen sind auf Kostenvorteile aufgrund der Marktliberalisierung zurückzuführen, insbesondere durch die Teilnahme an einem Strompool. Da diese Kostenvorteile mittelfristig zurückgehen dürften, sollten sich die Zentren um eine weitere Verminderung des Stromverbrauchs bemühen.

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Ein weiterer Grund für die Kostenersparnisse liegt darin, dass einige Zentren elektrische Energie selbst erzeugen und dazu mit Erdgas gefeuerte Blockheizkraftwerke einsetzen. Die Wirtschaftlichkeit des hier erzeugten Stroms hängt von der konzeptionellen Einbindung in die Wärmeversorgungs- und Stromversorgungsnetze und von den Betriebsstrategien ab; der RH sieht hier noch Kosteneinsparpotenziale. Ein Zentrum erzeugt seit 2002 Strom durch eine mit Biomasse gefeuerte Kraft-Wärme-Koppelungsanlage und speist ihn komplett in das Stromnetz des Energieversorgungsunternehmens ein. Es erzielte damit Überschüsse, weil regenerativ erzeugter Strom aufgrund des Energieeinspeisungsgesetzes zu attraktiven Bedingungen eingespeist werden kann. Ein anderes Zentrum reduziert die Stromleistungsspitzen mit dem Notstromaggregat.

4.3 Wärme

Bis 2001 modernisierten fünf Zentren ihre Heizzentralen ganz oder teilweise, eine weitere Heizzentrale wurde 2002 modernisiert.

Bei den Modernisierungen wurden in zwei Zentren Biomasse gefeuerte Wärmeversorgungsanlagen, in einem Fall als Kraft-Wärme-Koppelungsanlage (mit Stromerzeugung aus regenerativer Energiequelle; s. o.) installiert. Hier konnten in den Folgejahren die Wärmekosten durch den Einsatz von Biomasse verringert werden.

Einem Zentrum, in dem die Planung zur Modernisierung noch nicht fortgeschritten war, empfahl der RH, das Konzept der Biomasse gefeuerten Kraft-Wärme-Koppelungsanlagen zu übernehmen.

In zwei Zentren kam es bei der Modernisierung zu erheblichen Überdimensionierungen, die nicht nur den Einsparerfolg mindern, sondern auch zu überhöhten Investitionsausgaben führten. In einem Fall ist sogar die Betriebserlaubnis der Kessel gefährdet, weil die Emissionsgrenzwerte aufgrund der Überdimensionierung nicht eingehalten werden können.

Ein Zentrum übertrug die Energie- und Wasserversorgungsanlagen einem Tochterunternehmen, das zusammen mit einem Energieversorgungsunternehmen, das sich ebenfalls in Landesbesitz befindet, gegründet wurde. Den Investitionsaufwand bezahlte das Tochterunternehmen über Kredite. Die für Zins und Tilgung notwendigen Mittel werden aus Einsparungen erwirtschaftet; die Heizzentrale und das Wärmeversorgungsnetz wurden teilmodernisiert. Das Energieversorgungsunternehmen bringt im Wesentlichen das Know-how ein, um die Anlagen zu modernisieren und wirtschaftlich zu betreiben.

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Bis auf ein Zentrum, bei dem sich die Erneuerung der Wärmeversorgungsanlagen und die Befeuerung mit Biomasse Kosten senkend auswirkte, ist - bedingt durch die Entwicklung der Energiekosten - ein z. T. deutlicher Anstieg der Wärmekosten zu verzeichnen. Zentren, die bis 2001 keine Maßnahmen zur Verbesserung der Wärmeversorgungsanlagen unternahmen, haben die größten Mehrkosten zu verzeichnen. Die Zentren sollten bei den anstehenden baulichen Sanierungsmaßnahmen ihre Bemühungen verstärken, durch Modernisierung der Wärmeversorgungsanlagen und energiesparende Maßnahmen an den Gebäuden auf lange Sicht die Energiekosten zu minimieren.

4.4 Wartungsmanagement

Die Bedeutung des Wartungsmanagements für die Zentren als Krankenhäuser ist in erster Linie durch die notwendige Verfügbarkeit der technischen Anlagen begründet. Unter diesem Gesichtspunkt sieht der RH - vor allem bei der Terminverfolgung von Wartungen und Sicherheitsprüfungen - Verbesserungsbedarf.

Kosteneinsparungen lassen sich noch erreichen, wenn bestehende Wartungsverträge kritisch nach Umfang der Wartungsleistungen und Wartungsintervalle geprüft und mit einer Sammelausschreibung dem Wettbewerb unterstellt werden.

Das Störfallmanagement kann noch optimiert werden, insbesondere die Störfalldokumentation. Mit der Störfalldokumentation sollte die Datenpflege der technischen Anlagen vorangetrieben werden; sie erleichtert zugleich auch die Instandhaltungsplanung. Eine geplante Instandhaltung macht frühzeitig zukünftige Finanzbelastungen sichtbar und erhöht die Verfügbarkeit der technischen Anlagen. Idealerweise werden in einem DV-Programm die Terminverfolgung, Wartungskosten, Störfallalarmierung, -kosten und -dokumentation, Bestands- und Zustandsdaten, Daten zur technischen Lebenserwartung und der voraussichtliche, wirtschaftliche Modernisierungszeitpunkt zusammengeführt.

5 Stellungnahme des Ministeriums

Das SM teilt die Bewertung des RH; Einwendungen werden nicht erhoben.


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Einzelplan 10: Umweltministerium

Der Kostendeckungsgrad der Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg liegt bei rd. 6 %. Durch die Integration der Akademie in die Landesanstalt für Umweltschutz in Karlsruhe könnte die Umweltbildung wirkungsvoller und wirtschaftlicher gestaltet werden.


1 Ausgangslage

Die Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg (Akademie) wurde 1986 gegründet und nahm im April 1987 ihre breit angelegte Bildungsarbeit im Umweltbereich auf. Neben dieser Umweltakademie des UVM bieten in Baden-Württemberg eine Vielzahl weiterer Einrichtungen Umweltbildung an.

Organisatorisch und rechtlich ist die Akademie Teil des UVM; sie arbeitet jedoch in hohem Maß eigenständig. Seit Ende 1992 ist sie in einem repräsentativen landeseigenen Gebäude in Stuttgart untergebracht, in dem sich die Arbeitsplätze der Mitarbeiter sowie Seminar- und Veranstaltungsräume befinden. Zum Zeitpunkt der Erhebung verfügte die Akademie über eine Personalkapazität von insgesamt 11 Personen bzw. 8,7 Vollzeitäquivalente (VZÄ).

Das Jahresprogramm 2002 weist 107 Veranstaltungen aus. Insgesamt haben an den Veranstaltungen 7.818 Personen teilgenommen; davon haben 935 (rd. 12 %) eine Teilnehmergebühr bezahlt; alle anderen konnten das Bildungsangebot der Akademie unentgeltlich in Anspruch nehmen.

Der RH hat im Jahr 2003 die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Akademie, ihr Programm und ihre Organisation geprüft; Untersuchungszeitraum war das Jahr 2002.

2 Umweltbildung in Baden-Württemberg

Im Vordergrund der Tätigkeit der Akademie steht die Umweltbildung. In Baden-Württemberg sind auf diesem Gebiet auch andere staatlich getragene bzw. geförderte Einrichtungen tätig. Diese sind insbesondere die Landesanstalt für Umweltschutz in Karlsruhe (LfU), die Bezirksstellen für Naturschutz, die Naturschutzzentren und die Akademie Ländlicher Raum.

Die Akademie führt pro Jahr mehr als 100 Veranstaltungen durch. Ihre Tätigkeit beschränkt sich jedoch im Wesentlichen auf die Planung, die Organisation und vielfach auch die Moderation; den fachlichen Input leisten in der Regel externe Referenten. Dabei greift die Akademie vielfach auf Mitarbeiter der LfU zurück. Rund 15 % der Veranstaltungen wurden im Erhebungszeitraum sogar als gemeinsame Veranstaltungen von Akademie und LfU angeboten. Diese enge Zusammenarbeit ist sinnvoll; sie wäre wirtschaftlicher und wirkungsvoller, wenn beide Einrichtungen organisatorisch und räumlich zusammengefasst würden. Hieraus ergäben sich Synergieeffekte, vor allem bei der Planung, der Koordination und der Durchführung des Programms, sowie bei den unterstützenden Dienstleistungen wie Schreibdienst, Abrechnungen, Programmdruck usw.

3 Durchführung der Veranstaltungen

Der RH hat bei seiner Prüfung die gesamtgesellschaftlich wichtige Aufgabe „Umweltbildung“ nicht in Frage gestellt, er hat vielmehr untersucht, wie effizient sie ausgeführt wird. Dabei hat er festgestellt, dass zwar Ansätze zu einer Evaluierung vorhanden sind, eine systematische Evaluierung und Qualitätssicherung für alle Veranstaltungen jedoch bisher nicht durchgeführt wird.

Für den notwendigen Aufbau eines Qualitätsmanagements sollte das UVM zunächst einen klar umrissenen Auftrag für die Akademie formulieren und diesen mit möglichst messbaren Leistungszielen versehen. Die Akademie sollte darin verpflichtet werden, eine umfassende Veranstaltungsdokumentation aufzubauen, die es möglich macht, die Zielerreichung von Veranstaltungen zu beurteilen und die Optimierungspotenziale für künftige Veranstaltungen erkennen lässt. Das Qualitätsmanagement sollte auch ein systematisiertes Teilnehmer-Feedback für jede Bildungsveranstaltung beinhalten.

Die voraussichtlichen Kosten der Veranstaltungen sollten realistisch kalkuliert, dokumentiert und bei der Festsetzung der Teilnehmergebühr berücksichtigt werden (s. Pkt. 5).

4 Personal der Akademie

Bei der Akademie waren zum Zeitpunkt der Untersuchung zwei Beamte, acht Angestellte und eine Person im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungs-Maßnahme beschäftigt. Aufgrund von Teilzeitbeschäftigungen betrug die Personalkapazität insgesamt 8,7 VZÄ.

Die Prüfung des Personaleinsatzes der Akademie ergab, dass 4,3 VZÄ, also etwa die Hälfte des Personals, im Aufgabenbereich der Umweltbildung beschäftigt waren, und zwar mit der Vorbereitung, Leitung und Durchführung der Veranstaltungen, der Erstellung des Jahresprogramms sowie mit unterstützenden Tätigkeiten im Sekretariatsbereich. Ausgehend von den im Jahresprogramm 2002 ausgewiesenen 107 Veranstaltungen beträgt der durchschnittliche Personaleinsatz 8,2 Arbeitstage je Veranstaltung, bzw. 4,7 Arbeitstage je Veranstaltungstag. Berücksichtigt man, dass die Veranstaltungen fast ausschließlich von Fremdreferenten bestritten werden, so ist der Personaleinsatz im Vergleich zu anderen Bildungseinrichtungen zu hoch. Der RH hält eine Reduzierung dieses Aufwands auf maximal drei Arbeitstage je Veranstaltungstag für geboten; d. h., bei der derzeitigen Veranstaltungsstruktur müsste der durchschnittliche Aufwand der Akademie pro Veranstaltung bei weniger als sechs Arbeitstagen liegen.

Bei der gegebenen Aufgabenstellung und unveränderter Organisation kann die Personalausstattung der Akademie auf sechs VZÄ reduziert werden. Eine angemessene Personalausstattung könnte wie folgt aussehen:

  • eine Stelle (VZÄ) für den Leiter der Akademie, der neben den Leitungsaufgaben auch Sachaufgaben erfüllt,
  • drei Stellen (VZÄ) für die Sachbearbeiter und
  • zwei Stellen (VZÄ) für das Sekretariat.

Da der fachliche Input fast ausschließlich von Fremdreferenten erbracht wird, ist im Hinblick auf das Anforderungsprofil der Sachbearbeiter eine naturwissenschaftliche Ausbildung der Sachbearbeiter nicht zwingend erforderlich.

5 Bildungsveranstaltungen

Im Jahr 2002 hat die Akademie bei 29 Veranstaltungen (rd. 27 %) Teilnehmerbeiträge erhoben. Bezieht man den Anteil der Beitragszahler auf die Teilnehmer, so ergibt sich, dass sich nur rd. 12 % der 7.818 Seminarteilnehmer finanziell an den Kosten ihrer Fortbildung beteiligten. Sofern ein Beitrag erhoben wurde, lag die Beitragshöhe in der Regel bei 30 €, unabhängig von der Veranstaltungsdauer, den Inhalten und den tatsächlich entstandenen Kosten. Bei einer Reihe von Veranstaltungen reichten die erhobenen Tagungsgebühren nicht einmal für die Finanzierung der Mahlzeiten aus - unabhängig davon, dass eine Verköstigung der Tagungsteilnehmer mit allgemeinen Mitteln der Akademie nicht zulässig ist.

Die Akademie führt die meisten Veranstaltungen sinnvoller Weise außerhalb des Akademiegebäudes durch. Da die Tagungsräume meist kostenfrei zur Verfügung gestellt werden, mussten im Jahr 2002 nur für 14 Veranstaltungen Mietkosten gezahlt werden. Insgesamt wurden dafür mehr als 10.000 € ausgegeben. Auffällig war, dass lediglich bei fünf der 14 Veranstaltungen die Teilnehmerbeiträge zur Deckung der Mieten ausreichten. Die Akademie sollte daher bestrebt sein, künftig keine Veranstaltungen mehr in Räumlichkeiten durchzuführen, für die Mietkosten bezahlt werden müssen. Sollten im Einzelfall dennoch Mietkosten anfallen, muss dies bei der Kalkulation der Teilnehmergebühren berücksichtigt werden.

Grundsätzliches Ziel sollte sein, die unmittelbar als Ausgaben anfallenden Kosten, also Miet- und Bewirtungskosten, Kosten für Fremdreferenten, Seminarunterlagen und Ähnliches, durch die Teilnehmergebühren abzudecken. Dies könnte z. B. durch folgende Maßnahmen erreicht werden:

  • Generelle Erhebung von Teilnehmergebühren (in Relation zum Aufwand)

 

  • Reduzierung der Honorarkosten durch noch stärkeren Einsatz von Landesbediensteten, z. B. der Landesanstalt für Umweltschutz

 

  • Reduzierung der Mietkosten bei Veranstaltungen

 

  • Separate Berechnung der Verpflegungskosten

Bei einer konsequenten Umsetzung dieser Vorschläge ist zu erwarten, dass künftig die Einnahmen aus Teilnehmerbeiträgen die unmittelbaren Ausgaben für die Veranstaltungen spürbar übersteigen werden.

6 Wirtschaftlichkeit

Die Gegenüberstellung der Kosten und Einnahmen der Akademie belegt, dass eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit dringend geboten ist.

Die Gesamtkosten der Akademie setzen sich aus den Kosten des Stammpersonals, dem Aufwand für Honorare und vergütete Lehraufträge, den sächlichen Betriebskosten sowie den Kosten für die Nutzung des Akademiehauses zusammen.

In dem vom RH geprüften Jahr 2002 ergaben sich folgende Kosten:

  • Kosten des Stammpersonals 536.000 € (49 %)
  • Honorare und Vergütungen 71.000 € (6 %)
  • Sächliche Betriebskosten 239.000 € (22 %)
  • Gebäudekosten (inkl. kalkulatorischer Kosten) 250.000 € (23 %)
  • Gesamtkosten 1.096.000 € (100 %)

Diesen Gesamtkosten der Akademie stehen folgende Einnahmen aus Tagungsgebühren, Veröffentlichungsentgelten und Zuschüssen Dritter gegenüber:

  • Tagungsgebühren 28.000 € (45 %)
  • Entgelte für Veröffentlichungen 3.000 € (5 %)
  • Zuwendungen Dritter 31.000 € (50 %)
  • Gesamteinnahmen 62.000 € (100 %)

Die Gesamteinnahmen der Akademie decken nur 5,6 % ihrer Kosten. Dieser Kostendeckungsgrad ist - auch im Vergleich zu anderen Einrichtungen der Erwachsenenbildung - viel zu niedrig. Die Einnahmen der Akademie decken vielfach nicht einmal die direkten Kosten ihrer Veranstaltungen, wie z. B. Miete, Honorare für Fremdreferenten und Verpflegung.

7 Perspektiven der Akademie

Um langfristig die Umweltbildung durch die Akademie sicherzustellen, sollte eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit angestrebt werden. Der derzeitige Kostendeckungsgrad von rd. 6 % kann auf 25 % bis 30 % erhöht werden. Dies würde durch die - auch räumliche - Integration der Akademie in die LfU in Karlsruhe unterstützt. Bei einer raschen Umsetzung der vom RH gemachten Vorschläge kann der angestrebte Kostendeckungsgrad bereits bis zum Jahr 2006 erreicht werden.

Eine Eingliederung der Akademie in die LfU hätte u. a. den Vorteil, dass bei der LfU Fachleute aus allen Bereichen des Umwelt- und Naturschutzes beschäftigt sind, die im Rahmen ihrer Dienstaufgaben eingesetzt werden könnten. Zudem bietet die LfU ebenfalls ein beachtliches Programm an interner und externer Umweltbildung an und stellt der Akademie schon jetzt häufig Mitarbeiter für Bildungsveranstaltungen zur Verfügung. Durch die organisatorische und räumliche Integration der Akademie in die LfU könnten erhebliche Synergieeffekte bei der Konzeption und Abstimmung des Bildungsprogramms sowie bei seiner Umsetzung erzielt werden. Daraus könnten sich mittelfristig, bei gleichem Arbeitsprogramm, zusätzliche Einsparpotenziale - auch im Bereich des Personals - eröffnen. Die erforderlichen räumlichen Reserven und die notwendige Infrastruktur zur Unterstützung der Akademiearbeit sind bei der LfU vorhanden, wie eine Prüfung des RH im Jahr 2002 ergeben hat.

Die Eingliederung der Akademie in die LfU hätte außerdem den Vorteil, dass das UVM von einer für ein Ministerium atypischen Aufgabe entlastet würde.

8 Unterbringung der Akademie

Die Eingliederung in die LfU hätte auch positive Auswirkungen auf die derzeit hohen Unterbringungskosten.

Die Akademie ist in einem landeseigenen, repräsentativen Gebäude in Stuttgart untergebracht. Die von der staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung vorgegebenen Raumgrößen für die Unterbringung von Bediensteten werden um ein Vielfaches überschritten.

Die im Gebäude vorhandenen Seminarräume werden zur Durchführung der im Jahresprogramm ausgewiesenen Veranstaltungen insofern kaum genutzt, als sich die Akademie als „fliegende Einrichtung“ versteht, die ihre Veranstaltungen in ganz Baden-Württemberg durchführt. Im Jahr 2002 fanden lediglich rd. 10 % der Veranstaltungen in der Akademie statt.

Die Gesamtkosten für die Nutzung des Gebäudes belaufen sich auf jährlich rd. 250.000 €. Dieser Betrag setzt sich aus dem vom staatlichen Vermögens- und Hochbauamt angegebenen marktüblichen Mietwert (rd. 215.000 €) und den Betriebskosten (Wasser, Heizung usw.) zusammen. Eine - im Verhältnis zur tatsächlichen Nutzung - derart kostenträchtige Unterbringung verstößt gegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Die Akademie sollte anderweitig untergebracht werden. Das dann frei werdende Gebäude könnte anschließend einer anderen, intensiveren Nutzung zugeführt, an Dritte vermietet oder veräußert werden.

9 Stellungnahme des Ministeriums

Das UVM lehnt es ab, einen klar umrissenen Auftrag für die Akademie zu formulieren. Die Arbeit erfolge in Abstimmung mit den jeweiligen Abteilungen des UVM sowie im Übrigen auch auf Basis der Vorschläge des Landesbeirats für Natur- und Umweltschutz.

Das UVM weist darauf hin, dass in den Reihen „Beiträge der Akademie“ und „Tagungsführer der Akademie“ sowie in anderen Veröffentlichungen über Schwerpunktveranstaltungen berichtet würde. Darüber hinaus würden bereits bei zahlreichen Einzelveranstaltungen schriftliche Teilnehmerbefragungen durchgeführt.

Das Ministerium bemängelt, bei der Ermittlung des Personalbedarfs habe der RH Veranstaltungen außerhalb des Jahresprogramms nicht berücksichtigt. Einschließlich dieser Veranstaltungen betrage der Aufwand zur Vorbereitung und Durchführung eines Veranstaltungstages nicht 4,7 Tage, sondern lediglich 3,8 Tage. Außerdem sei bei der Akademie inzwischen eine Stelle weggefallen; somit stünden nur noch sieben Stellen zur Verfügung.

Hinsichtlich der Unterbringung vertritt das UVM die Auffassung, der Mietwert des Gebäudes liege lediglich bei 75.000 € im Jahr. Bei Ansatz dieses Mietwertes betrage der Kostendeckungsgrad nicht - wie vom RH berechnet - 5,6 %, sondern 6,5 %.

Schließlich seien die vom RH angeführten Möglichkeiten zur Änderung der Organisation und Unterbringung der Akademie vom UVM selbst und auch von der Haushaltsstrukturkommission des Landes geprüft worden. Dabei sei man zu dem Schluss gekommen, dass die gegenwärtige Organisations- und Unterbringungsform die günstigste Lösung darstelle.

10 Schlussbemerkung

Der RH hält die Integration der Akademie in die LfU nach wie vor für die beste Lösung, um die Umweltbildung künftig wirtschaftlicher und wirkungsvoller zu gestalten. Trotz Aufforderung hat das UVM zu der von ihm zitierten Prüfung der Organisations- und Unterbringungsform keine näheren Angaben gemacht.

Die Forderung des RH nach einer systematischen Evaluierung mit Qualitätssicherung und einer geordneten Veranstaltungsdokumentation, ist durch die Veröffentlichung von Tagungsbeiträgen und die unsystematische schriftliche Befragung von Veranstaltungsteilnehmern nicht erfüllt. Als Grundlage für ein Qualitätsmanagement sollte das UVM einen klaren Auftrag für die Akademie formulieren, in dem Ziele und Kriterien für deren Aufgabenwahrnehmung enthalten sind.

Unter Berücksichtigung der bisherigen Praxis der Akademie, nach der die fachlichen Beiträge fast ausschließlich durch Fremdreferenten eingebracht werden, ist auch ein Aufwand von rd. vier Arbeitstagen, wie in der Stellungnahme des UVM dargelegt, für Vorbereitung und Durchführung eines Veranstaltungstages zu hoch. Der RH sieht hier noch Einsparungspotenzial.

Die Berechnung des UVM zur Unterbringung entspricht nicht den für Landesbauten geltenden Standards.


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Anhänge

Für den Bau eines Fahrradparkhauses am Hauptbahnhof Karlsruhe wurden 745.000 € Fördermittel nach dem Gemeindefinanzierungsgesetz beantragt. Eine auf Anregung des Rechnungshofs durchgeführte Überprüfung und Neukonzeption der Maßnahme erbrachte eine kostengünstigere Lösung. Dadurch können etwa 700.000 € Fördermittel eingespart werden.


1 Vorbemerkung

In der Absicht, die Attraktivität des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) durch sichere, technisch aktuelle und leicht zugängliche Fahrradabstellanlagen an den Haltestellen zu steigern, legte das UVM im August 2001 ein bis 2004 befristetes Sonderprogramm zur Förderung des Baus und der Nachrüstung von Bike+Ride-Anlagen auf, das eine Förderung nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) beinhaltet.

Dieses Programm sieht neben dem Ausbau von Haltestellen des ÖPNV mit neuen Fahrradabstellanlagen erstmals auch die Förderung des Ersatzes nicht mehr funktionstüchtiger Altanlagen vor. Voraussetzung ist, dass mindestens 10 überdachte Stellplätze errichtet werden. Der Fördersatz von 85 % wird bis zu einer Obergrenze der zuwendungsfähigen Ausgaben je überdachtem Abstellplatz von 610 € und je (geschlossener) Fahrradbox von 765 € gewährt.

2 Neubau eines Fahrradparkhauses am Hauptbahnhof Karlsruhe

Am 29.01.2002 informierte die Stadt Karlsruhe das RP Karlsruhe über den geplanten Bau eines Fahrradparkhauses am Hauptbahnhof, das aus dem eigentlichen Parkhaus und einem Fahrradladen mit Service, Reparatur, Information und Verleih bestehen sollte. Der Förderantrag wurde am 14.03.2002 von der Stadt eingereicht. Die Gesamtausgaben der Maßnahme wurden mit 2,35 Mio. € angegeben; der GVFG-Zuschuss wurde mit 1,07 Mio. € veranschlagt. Mit der Maßnahme sollte noch im Jahr 2002 begonnen werden.

Der Antrag wurde damit begründet, dass sich mit der Umgestaltung des Bahnhofsplatzes die Situation für Radfahrer und Fußgänger in den letzten Jahren erheblich verbesserte. Um die Umgestaltung zu vervollständigen, sollte auf dem Gelände der Deutsche Bahn AG (DB) eine Fahrradstation errichtet werden. Die Landeszuwendung wollte die Stadt unmittelbar an einen Generalübernehmer bzw. eine noch zu gründende Betreibergesellschaft weiterleiten und gleichzeitig die restlichen Investitionen übernehmen. Die laufenden Betriebskosten sollten durch Einstellgebühren und durch die Miete des Fahrradladens gedeckt werden. Dieses Modell wurde von der Bewilligungsstelle zu Recht als nicht förderfähig betrachtet. Die Verdingungsordnung für Bauleistungen schließt nämlich die Beauftragung eines Generalübernehmers, der die Planung, Koordination und Finanzierung von Bauvorhaben insgesamt übernimmt, selbst aber gewerbsmäßig keine Bauleistung ausführt, vom Wettbewerb um die Vergabe von Bauleistungen ausdrücklich aus.

In der Folge erklärte sich die DB bereit, die Anlage selbst zu bauen und stellte am 31.01.2003 einen Förderantrag. Der Antrag umfasste das Fahrradparkhaus mit insgesamt 1.346 Abstellplätzen und den Fahrradladen. Die Stellplätze waren auf übereinander liegenden Ebenen vorgesehen, der Höhenunterschied sollte über Rampen überwunden werden. Die Konzeption sah die Sicherung der Fahrradabstellplätze mittels Schranke und Videoüberwachung vor. Die Finanzierung der Maßnahme sollte weiterhin aus den Landeszuwendungen und durch die Stadt erfolgen. Die Gesamtausgaben wurden mit 1,71 Mio. €, der Zuschuss mit rd. 745.000 € angegeben.

Das Schaubild zeigt eine Simulation der vorgesehenen Anlage.

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3 Prüfverfahren

Die Antragsprüfung gestaltet sich für die Bewilligungsstelle aufgrund unvollständiger und z. T. bis heute ausstehender begründender Antragsunterlagen äußerst schwierig und zeitaufwendig, sodass bislang keine Entscheidung über die Förderfähigkeit der Maßnahme getroffen werden konnte. Die wesentlichen Punkte sind nachfolgend dargestellt.

3.1 Bedarfsermittlung

Die Zahl der Bike+Ride-Stellplätze am Hauptbahnhof soll lt. Förderantrag um rd. 50 % erhöht werden. Die Antragstellerin begründete seinerzeit die außergewöhnliche Erhöhung der Abstellplätze mit positiven Erfahrungen anderer Städte bei ähnlichen Vorhaben.

Das RP kritisierte die Bedarfsermittlung, weil insbesondere die vorgelegten Zahlen über die abgestellten Fahrräder teilweise aus dem Jahre 1993 stammten und die Erhebungszeiträume nicht repräsentativ genug seien, um Aufschluss über Steigerungen in diesem Umfang zu geben. Damals wurde zu verschiedenen Tages- und Nachtzeiten die Anzahl der an den drei genannten Standorten abgestellten Fahrräder ermittelt.

Auch eine aktuell von der Stadt und der DB durchgeführte Befragung lasse Zweifel am tatsächlichen Bedarf aufkommen. So seien die Befragten u. a. nicht darüber informiert worden, dass im zukünftigen Fahrradparkhaus das Abstellen der Fahrräder gebührenpflichtig sei.

3.2 Förderfähigkeit der Bike+Ride-Stellplätze

Der Bau von Bike+Ride-Abstellplätzen ist nach dem GVFG förderfähig, wenn es sich um Maßnahmen des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) handelt. Unter SPNV werden die Verkehre verstanden, die die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr befriedigen. Aus diesem Grunde kann das Fahrradparkhaus nur gefördert werden, wenn diese Stellplätze von Nahverkehrskunden benutzt werden.

Weder die Stadt noch die DB sahen sich zunächst in der Lage, den Anteil der Reisenden im Nahverkehr als sog. Bike+Ride-Nutzer am Hauptbahnhof zu ermitteln. Die Überlegung des RP, auf der Grundlage aller Zug- und Straßenbahnabfahrten im/vor dem Hauptbahnhof den förderfähigen Anteil festzulegen, akzeptierte der RH nicht, weil insbesondere die Einbeziehung der Stadt- und Straßenbahnen vor dem Hauptbahnhof das Bild verfälschen würde. Allenfalls in besonderen Ausnahmen wird ein Fahrradfahrer zum Hauptbahnhof fahren, um dort eine dieser Bahnen zu benutzen, zumal innerhalb des Nahverkehrssystems Straßenbahnverbindungen ohne Umweg über den Hauptbahnhof bestehen.

Die DB führte daraufhin im Dezember 2003 bei Bike+Ride-Nutzern eine Befragung durch und wollte mit dem Ergebnis den Nachweis für einen möglichst hohen (förderfähigen) Nahverkehrsanteil erbringen. Die vorgelegten Unterlagen können wegen der mangelnden Aussagefähigkeit der Daten nicht als repräsentativ anerkannt werden, da die Anzahl der Befragten zu gering und deren Zuordnung in Nah- und Fernverkehrsreisende nicht schlüssig definiert war.

3.3 Förderhöchstbeträge

Die Förderrichtlinien des Landes sehen zwei Höchstbeträge der förderfähigen Ausgaben vor. Die Grundförderung pro Stellplatz beträgt 610 € als Höchstbetrag und umfasst alle Ausgaben einschließlich Überdachung und Grunderwerb. Der Höchstbetrag der zuwendungsfähigen Ausgaben von 765 € je Stellplatz wird ausschließlich für separat abschließbare Fahrradboxen gewährt. Nach der Beschreibung im Antrag ist beabsichtigt, die Fahrräder im Fahrradparkhaus nicht in geschlossenen Fahrradboxen, sondern offen und für jedermann zugänglich abzustellen. Die Fahrräder sind lediglich durch eine Schranke im Eingangsbereich sowie durch Videoüberwachung gesichert.

Die DB beruft sich bei der Festsetzung der zuwendungsfähigen Ausgaben auf einen Schriftwechsel des UVM mit der Stadt aus dem Jahre 1996, wonach die Stadt für den Bau eines Fahrradparkhauses am Hauptbahnhof mit Zuschüssen auf der Basis des höheren Fördersatzes von 765 € je Stellplatz rechnen könne. Dies wurde der Stadt in einem weiteren Schreiben von Anfang 2001 bestätigt und mit der Besonderheit des Einzelfalls begründet. Gleichzeitig wurde das RP angewiesen, die Zuwendung nach dem höheren Fördersatz festzulegen.

Die Zusicherungen des UVM gegenüber der Stadt haben indessen keine bindende Wirkung, da zu keinem Zeitpunkt die rechtlichen Voraussetzungen für den noch zu erteilenden Zuwendungsbescheid bestanden (z. B. lag noch kein konkreter Kosten- und Finanzierungsplan vor). Überdies haben sich die Grundlagen wesentlich verändert: In der Ursprungsplanung war über ein computergesteuertes System das Abstellen von 300 Fahrrädern in einem nicht zugänglichen Bereich des Fahrradparkhauses vorgesehen. Die mittlerweile beantragte Schranke im Eingangsbereich mit Videoüberwachung verfolgt hingegen ein deutlich vereinfachtes Sicherheitskonzept.

Der RH sieht daher keine Veranlassung für eine Aufrechterhaltung der ursprünglichen Zusage des UVM. Deshalb können lediglich zuwendungsfähige Ausgaben bis maximal 610 € je Stellplatz anerkannt werden.

3.4 Alternativenprüfung

Die Maßnahme ist aus Sicht des RH nicht notwendig. Bereits heute befinden sich im unmittelbaren Bahnhofsbereich rd. 1.200 Stellplätze, von denen rd. 1.080 überdacht sind. Das neue Parkhaus soll auf der Fläche der Stellplätze am Osteingang des Hauptbahnhofs erstellt werden, obwohl diese Fahrradabstellanlage bereits mit Wetterschutz versehen ist. Durch eine in Teilen erforderliche Nachrüstung könnten moderne Fahrradabstellbügel installiert und gefördert werden. Dies gilt auch für die im Zuge der Neugestaltung des Südeingangs geschaffenen Abstellplätze und die vor dem Haupteingang bereits befindlichen Fahrradabstellanlagen.

Auch wurde festgestellt, dass die DB westlich des Haupteingangs Flächen für die Errichtung weiterer Fahrradabstellplätze zur Verfügung hat, ohne dass die Errichtung eines Kunstbauwerks notwendig würde.

Eine entsprechende Prüfung der Alternativen wurde bisher nicht durchgeführt. Stattdessen halten sowohl die Stadt als auch die Antragstellerin DB an einem kostenintensiven Fahrradparkhaus fest.

4 Empfehlung

Unter den gegeben Umständen dürfte über den Antrag der DB nicht positiv entschieden und GVFG-Fördermittel in der beantragten Höhe von rd. 745.000 € nicht bewilligt werden. Vielmehr sollten kostengünstigere Alternativen geprüft und stufenweise das Fahrradabstellplatzangebot in konventioneller Bauweise ausgebaut werden.

Eine solche Vorgehensweise würde - selbst mit der vom Bedarf her noch nicht nachgewiesenen Erhöhung der Stellplatzzahl - deutlich weniger Fördergelder beanspruchen, ohne dass hierdurch qualitative Abstriche an den Bike+Ride-Anlagen nötig wären.

5 Stellungnahme des Ministeriums

Das UVM teilt mit, auch das RP habe die vom RH vorgeschlagenen Alternativen überprüft und festgestellt, dass im gesamten Bahnhofsbereich bereits rd. 1.200 Fahrradabstellplätze vorhanden seien. Allerdings entsprächen die Anlagen und deren technische Ausrüstung und Funktionsfähigkeit teilweise nicht mehr den heutigen Erfordernissen. Ein Austausch der Fahrradständer hätte zwar eine Reduzierung der dortigen Stellplatzzahl zur Folge; doch könnten die erforderlichen Ersatzabstellplätze an einem anderen Standort im Bahnhofsbereich errichtet werden.

Das UVM teilt die Bedenken des RH hinsichtlich der Aussagefähigkeit der Ergebnisse der DB-Befragung vom Dezember 2003 wegen des Anteils der förderfähigen Abstellplätze. Es sei deshalb vorgesehen, bei der Realisierung des skizzierten Vorschlags die Aufteilung zwischen Nah- und Fernverkehrsanteil auf der Basis der im Hauptbahnhof abfahrenden Züge vorzunehmen. Danach könnten 75 % der Stellplätze gefördert werden. Außerdem sei eine völlige Umplanung der Maßnahme vorgesehen, was dazu führe, dass statt des ursprünglich vorgesehenen Zuschusses von rd. 745.000 € die Landeszuwendung dann lediglich rd. 45.000 € betrüge. Der entsprechende GVFG-Antrag bleibe abzuwarten.


Anhänge

Für ein Schieneninfrastruktur-Vorhaben wurde nach Inbetriebnahme der Strecke ein Erhöhungsantrag von 8,8 Mio. € vorgelegt, mit dem die Gesamtausgaben um 33 % steigen werden. Die Erhöhungen stellen die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens in Frage und sind daher hinsichtlich der grundsätzlichen Förderfähigkeit kritisch zu prüfen.


1 Ausgangspunkt

Ein Verkehrsunternehmen stellte am 07.12.2000 einen Förderantrag zur Elektrifizierung einer Schienenstrecke nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG). Teile der Infrastrukturmaßnahmen waren außerdem der Bau einer etwa 800 m langen innerstädtischen Trasse sowie der Aus- und Neubau von Haltestellen. Die zuwendungsfähigen Ausgaben gab das Verkehrsunternehmen mit 26,6 Mio. € an. Über den anhängigen Förderantrag hat das UVM noch nicht endgültig entschieden, da die abschließende fachtechnische Prüfung aussteht. Allerdings hat es am 20.04.2003 vorläufige zuwendungsfähige Ausgaben von 24 Mio. € festgesetzt und bislang eine Zuwendung von rd. 20 Mio. € ausbezahlt. Die Strecke ist mit allen Teilabschnitten Anfang Oktober 2003 in Betrieb genommen worden.

2 Erhöhungsantrag

Ende Dezember 2003, also nach Inbetriebnahme der Schienenstrecke, legte das Verkehrsunternehmen einen Erhöhungsantrag mit Mehrausgaben von (vorläufig) 8,8 Mio. € vor, die sich wie folgt verteilen:

Kostenentwicklung der Infrastruktur 4,1 Mio. €
Mehrausgaben für den Ausbau von Haltepunkten und Bahnhöfen 1,7 Mio. €
Mehrausgaben für die innerstädtische Verlängerung der Schienenstrecke 3,0 Mio. €.

Die beantragten zuwendungsfähigen Ausgaben erhöhten sich damit auf 35,4 Mio. €, also um 33 % gegenüber den bisher als zuwendungsfähig angemeldeten Ausgaben von 26,6 Mio. €.

Weitere Nachträge sind nicht auszuschließen, da verschiedene Teilprojekte noch nicht gebaut (u. a. Bestandteile von Haltepunkten) oder zurückgestellt (u. a. eine Abstellhalle) worden sind. Außerdem weist das Verkehrsunternehmen im Zusammenhang mit der innerstädtischen Verlängerung vorsorglich darauf hin, dass die „voraussichtlichen Bauausgaben auch derzeit nur unter Vorbehalt geschätzt werden können“.

3 Wertung des Erhöhungsantrags

3.1 Zuwendungsverfahren

Erhöhungs- und Änderungsanträge sind nach der Verwaltungsvorschrift GVFG der Bewilligungsstelle „unverzüglich“ bei Überschreiten der festgesetzten zuwendungsfähigen Ausgaben mit den für eine Beurteilung notwendigen Unterlagen vorzulegen. Die Übersendung des Erhöhungsantrags erst nach Inbetriebnahme der Strecke kann aber kaum als „unverzüglich“ betrachtet werden.

3.2 Beispiele für Mehrausgaben

  • Die mit gestiegenen Indizes begründeten Preissteigerungen von 1,3 Mio. € sind nicht gerechtfertigt, denn die Preisindizes für den Tiefbau sind seit dem Jahr 2000 nicht - wie im Erhöhungsantrag behauptet - um 5 % gestiegen, sondern waren rückläufig. Laut Statistischem Landesamt lagen die Werte im Jahr 2003 unter 100 % (Basis 2000: 100 %).

 

  • Die beantragten Bauausgaben für einen der Haltepunkte von ursprünglich rd. 341.000 € sind um rd. 448.000 € auf rd. 789.000 € gestiegen (Zunahme um 131 %). Die dargelegten Probleme bei der Bauausführung (Verlauf von Leitungen u. a.) hätten bei den Planungen bekannt sein müssen und daher schon zum damaligen Zeitpunkt berücksichtigt werden können; das gilt auch für Felsen und schwierige Bodenverhältnisse. Die Erhöhungen können daher nicht als unvorhersehbar bezeichnet werden, sondern beruhen auf Planungsmängeln.

 

  • Die Bauausgaben für die innerstädtische Verlängerung haben sich nach vorläufigen Angaben des Verkehrsunternehmens um zunächst rd. 3 Mio. € von 4,8 Mio. € auf 7,8 Mio. € erhöht (Zunahme um 63 %). Auch hier werden Schwierigkeiten angeführt, die erst während der Bauausführung aufgetreten seien: der Bebauungsplan der Stadt, der Auflagen hinsichtlich des „sensiblen Stadtbilds“ vorgebe, die denkmalgerechte Ausbildung des Kurparkeingangs, ein stabilerer Pflasterbelag sowie die aufgrund des maroden Baugrunds deutlich aufwendigeren Konstruktionen zur Befestigung des Ufergeländes. Ferner wird als Ausgaben erhöhend der Zeitdruck genannt, unter dem die Baumaßnahmen erfolgten. Alle diese Begründungen stellen keine Unvorhersehbarkeiten dar, sondern hätten in der Planung berücksichtigt werden können.

3.3 Wirtschaftlichkeit des Vorhabens

Zur Feststellung der Förderfähigkeit - und damit auch der Wirtschaftlichkeit - eines Vorhabens ist dem Förderantrag eine standardisierte Bewertung beizufügen. Deren Ergebnis muss einen Wert von mehr als 1,0 erreichen, damit die grundsätzliche Förderfähigkeit gegeben ist. Für die Schienenstrecke lag die standardisierte Bewertung auf der Grundlage des ursprünglichen Förderantrags bei einem Wert von 1,3. Überschlägige Berechnungen des RH ergaben nun, dass das Ergebnis einer neuerlichen standardisierten Bewertung nach Einbeziehung der vorgelegten Erhöhungen - selbst angesichts positiver Fahrgastentwicklungen - absinken würde, sodass die Förderfähigkeit möglicherweise in Frage gestellt werden müsste.

Da das Vorhaben allerdings errichtet ist und sich in Betrieb befindet, stellt sich die Frage nach der grundsätzlichen Förderfähigkeit nicht mehr. Im Grundsatz muss aber festgestellt werden, dass hier zwei Problemfelder zusammenwirken und derart deutliche Erhöhungen verursachen: Zum einen hat die Bewilligungsstelle den Antrag vom 07.12.2000 immer noch nicht abschließend geprüft, weder fachlich noch im Hinblick auf die Auskömmlichkeit der im Antrag enthaltenen Ausgabenveranschlagung. Gleichzeitig hat sie aber dennoch den Baubeginn zugelassen, durch den nunmehr Fakten geschaffen wurden. Zum anderen waren die dem Antrag zugrunde liegenden Planungen offensichtlich nicht ausgereift und die vom Antragsteller veranschlagten Ausgaben eindeutig zu niedrig.

4 Empfehlung

Der RH hatte das Gesamtvorhaben bezüglich seiner Wirtschaftlichkeit schon bisher kritisch beurteilt (vgl. Denkschrift 2001, Nr. 18, Zuwendungsverfahren im Schienenpersonennahverkehr). Planungsnachlässigkeiten sowie äußerst knapp kalkulierte Bauausgaben führten zu Beginn des Zuwendungsprozesses dazu, dass das UVM die Maßnahme als förderfähig ansah, zumal sie aus damaliger Sicht wirtschaftlich erschien.

Wenn - wie im vorliegenden Fall - durch zwangsläufige Mehrausgaben die Wirtschaftlichkeit im Nachhinein deutlich verschlechtert wird, ist die Bewilligungsstelle praktisch nicht mehr in der Lage, den Prozess, d. h. den Bau einer Anlage zu stoppen oder gar umzukehren. Dies gilt vor allem dann, wenn sie ihrem Prüfungsauftrag nicht zeitgerecht nachgekommen ist.

Zwar wird nicht in Abrede gestellt, dass im geschilderten Fall die Bauausgaben tatsächlich angefallen sind. Die Mehrausgaben sind jedoch so deutlich und die Begründungen so wenig fundiert, dass der Bewilligungsstelle empfohlen wird, den Erhöhungsantrag hinsichtlich seiner tatsächlichen Förderfähigkeit kritisch zu überprüfen. Sie sollte nur die Teile in die Förderung aufnehmen, die tatsächlich nicht vorhersehbar waren bzw. eindeutig und nachweisbar nicht durch den Antragsteller zu vertreten sind. Andernfalls wäre es möglich, die Bewilligungsstelle durch ein vermeintlich „kreatives“ Nachtragsmanagement über vollendete Tatsachen in Zugzwang zu setzen.

5 Stellungnahme des Ministeriums

Das UVM führt aus, dass es den Erhöhungsantrag noch nicht abschließend fachtechnisch geprüft habe. Es sagt zu, bei der Prüfung die Empfehlungen des RH hinsichtlich der Förderfähigkeit der geltend gemachten Mehrkosten zu beachten.

Weiterhin äußert das Ministerium, die Gefahr sei nicht auszuschließen, dass GVFG-Vorhaben bewusst mit zu geringen Ausgaben kalkuliert werden und dadurch eine positive gesamtwirtschaftliche Bewertung - mit der Folge einer Förderung - erhalten. Künftig würden jedoch die in einem Erhöhungsantrag geltend gemachten zusätzlichen Ausgaben nur noch zu 60 % gefördert, sodass die Vorhabensträger gezwungen wären, von Anfang an realistischere Kostenaufstellungen zu liefern, um spätere finanzielle Einbußen zu verhindern.


Anhänge

Bei lang dauernden Projekten des Hochwasserschutzes werden nach wie vor hohe Förderquoten angesetzt, obwohl die Fördersätze in den letzten Jahren abgesenkt wurden. Der Rechnungshof empfiehlt, die bestehende Übergangsregelung zu streichen, um mit den eingesparten Mitteln weitere Hochwasserschutzmaßnahmen fördern zu können.


1 Vorbemerkung

Die Sicherstellung natürlicher Überschwemmungsgebiete, die naturnahe Gewässerentwicklung zur Erhöhung des Wasserrückhalts im Einzugsgebiet sowie der technische Hochwasserschutz, insbesondere der Bau von Hochwasserrückhaltebecken (HRB), zählen zu den wesentlichen Maßnahmen des Hochwasserschutzes, die vom Land finanziell gefördert werden.

Maßnahmen des Hochwasserschutzes an Gewässern im kommunalen Verantwortungsbereich, also an Gewässern zweiter Ordnung, haben die Städte und Gemeinden zu planen, zu bauen und zu unterhalten. Der Bau, die Unterhaltung und der Betrieb von HRB für den überörtlichen Hochwasserschutz ist nach dem Wassergesetz für Baden-Württemberg hingegen Aufgabe des Landes oder der zu diesem Zweck bestehenden oder gebildeten Körperschaften. Für die Vorhaben des Hochwasserschutzes erhalten Kommunen und Zweckverbände vom Land Zuwendungen nach den Förderrichtlinien Wasserwirtschaft (FrWw). Für die Jahre 2002 und 2003 waren hierfür insgesamt rd. 50 Mio. € veranschlagt. Die Kommunen und Zweckverbände werden dabei von den Gewässerdirektionen als technische Fachbehörden sowie von den Stadt- und Landkreisen als Untere Wasserbehörden unterstützt. Für die Bewilligung der Landesmittel sowie die Koordinierung der Hochwasserschutzprogramme an Gewässern zweiter Ordnung sind die Regierungspräsidien zuständig.

2 Wasserverband

Anfang der 80er Jahre bereiteten im untersuchten Fall Gemeinden auf Betreiben des Landes die Gründung eines Wasserverbands vor. Dieser Wasserverband sollte Landesaufgaben des überörtlichen Hochwasserschutzes übernehmen. Die Planung sah neun HRB (davon sieben neu, zwei bestehend) mit einem Stauraum von rd. 6 Mio. m3 sowie Gewässerausbaumaßnahmen vor. Voraussetzung für die Verbandsgründung war die finanzielle Unterstützung durch das Land bei Bau, Betrieb und Unterhaltung.

Im Jahr 1980 antwortete der Minister des damals zuständigen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Umwelt und Forsten auf eine Abgeordnetenanfrage, dass „bei der Finanzierung davon ausgegangen werden kann, dass ein Zuschuss von 80 % zu den zuwendungsfähigen Ausgaben in Frage kommt“. Mit Randerlass hat das Ministerium dieses Schreiben dem RP zur Kenntnis übersandt und mit dem folgenden Zusatz den Fördersatz festgelegt: „Das Ministerium stimmt gemäß den Förderbestimmungen für überörtliche Becken zu, dass die zuwendungsfähigen Ausgaben der Vorhaben des zu gründenden Wasserverbands mit 80 % bezuschusst werden.“ Diese Entscheidung basiert auf den mit Erlass von 1979 an die Regierungspräsidien herausgegebenen ergänzenden Bestimmungen für die Förderung von Rückhalte- und Speicherbecken mit überörtlicher Bedeutung.

In den Folgejahren wurde das Hochwasserschutzkonzept des Wasserverbands unter Abwägung ökologischer und ökonomischer Aspekte optimiert. Anfang der 90er Jahre prüfte der RH fachtechnisch Teile der Plankonzepte. Aufgrund der Prüfungsergebnisse und externer Anregungen zu dezentraler Hochwasserrückhaltung ließ das damalige Umweltministerium nochmals die Kapazitäten und die Zahl der HRB untersuchen. Im Jahr 1993 bestätigte das UVM dem RP nochmals den Fördersatz von 80 % unter dem Vorbehalt, dass der Wasserverband die geänderte Konzeption als verbindliches Verbandsprogramm mit realistischem Zeitplan dem RP zur Zustimmung vorlegt. Die planmäßig abgeschlossene Hochwasserschutzkonzeption lag wegen der weiteren vom Land veranlassten Untersuchungen letztlich erst 1996 vor; ihr wurde 1997 vom RP zugestimmt, also nach In-Kraft-Treten der FrWw 1995. Danach waren neun HRB mit einem Stauraum von nur noch 3 Mio. m3 und acht Gewässerausbauten geplant. Für die ausstehenden Vorhaben waren noch keine Rechtsverfahren eingeleitet. Im Jahre 1999 erteilte das RP die Zustimmung zur fachlich begründeten Aufnahme eines zusätzlichen Rückhaltebeckenstandorts in das Verbandsprogramm, das damit insgesamt zehn HRB umfasst.

3 Zuwendungsrechtliche Wertung

Mit der Absenkung des Fördersatzes auf 70 % in den FrWw 1995 galt für Wasserverbände eine Übergangsregelung, nach der die höheren Fördersätze bis zum Abschluss der Bauarbeiten für alle Vorhaben des genehmigten Bauprogramms gelten. Diese Übergangsregelung wandte das RP auf der Grundlage der vor mehr als zwei Jahrzehnten gemachten Zusicherung auch auf den Wasserverband an und behielt den Fördersatz von 80 % bei, nachdem die optimierte Konzeption zwar keine wesentliche Kostenreduzierung, jedoch eine bessere hydrologische Wirkung sowie gewässer- und landschaftsökologische Verbesserungen ermöglichte und keine Abweichung von den Hochwasserschutzzielen mit sich brachte.

Problematisch ist im vorliegenden Fall die extrem lange Planungsphase von beinahe zwei Jahrzehnten für das Rückhaltebeckenkonzept des Wasserverbands und der aus heutiger Sicht schwer abschätzbare Realisierungshorizont für die noch ausstehenden Vorhaben. So wurde der Fördersatz und damit auch die Zuwendung ohne zeitliche Beschränkung zugesichert. Auf diese Weise ging das Land weit über einen sonst üblichen Zeitrahmen hinaus hohe finanzielle Verpflichtungen ein, die den parlamentarischen Handlungsspielraum bei Haushaltsentscheidungen über viele Jahre einschränkten. Nach rechtskonformer Anwendung des Zuwendungsrechts kann aber nicht von einer verbindlichen und zeitlich unbegrenzten Aufrechterhaltung der Fördersatzzusage für alle Vorhaben der Gesamtkonzeption ausgegangen werden. Der RH vertritt die Auffassung, dass spätestens ab 1995, d. h. mit der Einführung der novellierten FrWw bei der Bewilligung einzelner Vorhaben der Fördersatz hätte angepasst werden müssen, weil zu diesem Zeitpunkt die nach der Übergangsregelung erforderliche formale Genehmigung des Bauprogramms durch die Bewilligungsstelle nicht vorlag.

4 Empfehlungen

Eine nachträgliche Absenkung des Fördersatzes von 80 % auf 70 % bei den bereits gebauten HRB, ist dem Wasserverband kaum zu vermitteln und umweltpolitisch äußerst schwierig durchzusetzen. Vor diesem Hintergrund wird eine sachliche und auch für alle anderen Verbände gerechte und tragfähige Lösung darin gesehen, dass die Übergangsregelung gestrichen wird. Danach sind zum Zeitpunkt der Bewilligung von Zuwendungen - auch für einzelne Vorhaben eines sog. Bauprogramms - die jeweils geltenden Förderrichtlinien und die darin ausgewiesenen Fördersätze maßgebend.

Im vorliegenden Fall wären noch fünf HRB betroffen, für welche die erforderlichen Rechtsverfahren noch nicht eingeleitet wurden. Bei einem abgesenkten Fördersatz von 70 % könnte die Landesförderung allein in diesem Fall überschlägig um 2 Mio. € bis maximal 3 Mio. € reduziert werden.

Grob hochgerechnet, könnte das Land mit einer Fördersatzangleichung - wie sie von einigen Bewilligungsstellen bereits angewandt wird - bei der künftigen Förderung von Aufgaben der Wasserverbände landesweit die Mittel insgesamt bis zu einem Betrag von rd. 5 Mio. € reduzieren; diese könnten für weitere dringliche, derzeit nicht finanzierbare Hochwasserschutzmaßnahmen eingesetzt werden.

5 Stellungnahme des Ministeriums

Das UVM vertritt die Auffassung, dass die Bewilligungsstelle hinsichtlich der Gewährung des Fördersatzes von 80 % im Sinne der Förderrichtlinien richtig gehandelt habe. Dies gelte insbesondere unter dem Gesichtspunkt der bereits 1993 zugestimmten Konzeption, die sich aufgrund der vom UVM veranlassten weiteren Untersuchung zu einer dezentralisierten Hochwasserrückhaltung auch hinsichtlich der Hochwasserschutzziele nicht verändert habe. Der für diese Untersuchung erforderliche zusätzliche Zeitbedarf dürfe sich nicht zum Nachteil des Wasserverbands auswirken. Dennoch verschließe sich das UVM der Empfehlung des RH nicht und werde bei der derzeit anstehenden Änderung der FrWw 2000 die (Übergangs-)Regelung für die bestehenden überörtlichen Verbände streichen. Damit könne die Intention des RH und gleichzeitig auch eine Annäherung der Förderpraxis bei den überörtlichen Hochwasserschutzverbänden an die der kommunalen Verbände des gebietlichen Hochwasserschutzes erreicht werden.


Anhänge

Einzelplan 12: Allgemeine Finanzverwaltung

Die Sachbearbeiter für internationales Steuerrecht werden nicht im erforderlichen Umfang in das Veranlagungsverfahren eingebunden. Ihr Sachverstand sollte künftig konsequent genutzt werden. Den öffentlichen Haushalten könnten dadurch jährlich Mehreinnahmen in Millionenhöhe zugeführt werden.


1 Vorbemerkung

Der RH hatte die Besteuerung ausländischer Einkünfte bereits im Jahr 1988 untersucht und dabei eine Fehlerquote von 35 % der geprüften Steuerbescheide festgestellt. Entsprechend der damaligen Empfehlung des RH wurde in jedem Finanzamt ein für die Besteuerung ausländischer Einkünfte zentral zuständiger Sachbearbeiter für internationales Steuerrecht (SBI) eingesetzt. Seine sachliche Zuständigkeit und die Arbeitsabläufe wurden in einem Organisationserlass geregelt.

Ungeachtet dieser Maßnahmen führten die turnusmäßigen Prüfungen der StRPÄ auch in der Folgezeit weiterhin zu Beanstandungen. Vor diesem Hintergrund und in dem Bewusstsein, dass aufgrund der Globalisierung der Geschäftsbeziehungen, der Unternehmensverflechtungen und nicht zuletzt des Kapitalmarkts die Bedeutung der ausländischen Einkünfte im Besteuerungsalltag stetig zunimmt, hat die Finanzkontrolle die Besteuerung ausländischer Einkünfte von natürlichen Personen erneut landesweit untersucht.

2 Ausgangslage

2.1 Rechtsgrundlagen und Begriffsbestimmungen

Natürliche Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland haben, sind unbeschränkt steuerpflichtig. Damit unterliegen grundsätzlich auch alle ausländischen Einkünfte dieser Personen der deutschen Einkommensteuer. Da für die ausländischen Einkünfte in der Regel jedoch auch der Belegenheitsstaat der Einkunftsquelle - der sog. Quellenstaat - ein Besteuerungsrecht besitzt, könnten die Einkünfte im Ergebnis doppelt mit Steuern belastet werden. Um dies zu vermeiden, wurden mehr als 70 Doppelbesteuerungsabkommen mit anderen Staaten geschlossen. Zur Vermeidung der Doppelbesteuerung sehen diese Abkommen entweder das Anrechnungsverfahren oder das Freistellungsverfahren vor. Beim Anrechnungsverfahren werden die ausländischen Einkünfte wie inländische Einkünfte versteuert, und die bezahlte ausländische Steuer wird auf die Einkommensteuer angerechnet. Bei Anwendung des Freistellungsverfahrens hingegen werden die ausländischen Einkünfte lediglich zur Ermittlung des Steuersatzes herangezogen, der auf die inländischen Einkünfte anzuwenden ist. Man spricht insoweit von ausländischen Einkünften, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen (Progressionseinkünfte).

2.2 Organisatorische Rahmenbedingungen, Arbeitsabläufe

2.2.1 Nach dem oben genannten Organisationserlass des FM müssen die Veranlagungsstellen dem SBI grundsätzlich sämtliche Steuerfälle mit ausländischen Einkünften zur Bearbeitung zuleiten. Ausgenommen von dieser Regelung sind zum einen die häufigen Fälle, bei denen die ausländischen Einkünfte ausschließlich aus Kapitalerträgen bestehen und zudem die anrechenbare ausländische Steuer 2.000 € nicht übersteigt. Zum anderen entfällt die Vorlagepflicht, wenn bereits in einem Vorverfahren (Feststellungsverfahren) über die steuerliche Behandlung der ausländischen Einkünfte entschieden wurde.

In den vorgelegten Fällen hat der SBI ausschließlich die ausländischen Einkünfte zu prüfen, erforderliche Ermittlungen vorzunehmen und das Ergebnis aktenkundig zu machen. Anschließend gibt er die Steuerfälle zur weiteren Bearbeitung an die Veranlagungsstellen zurück.

2.2.2 Aufgrund der Übernahme zentraler Aufgaben für eine Vielzahl von Stellen des Finanzamts sieht der Organisationserlass eine angemessene Entlastung des SBI von seinen übrigen Aufgaben vor. Der konkrete Freistellungsbedarf wurde von den Oberfinanzdirektionen auf der Basis von Kennzahlen des DV-Systems berechnet. Zusätzliches Personal wurde nicht zur Verfügung gestellt, da die Entlastung der anderen Arbeitsgebiete mindestens dem Freistellungsumfang entsprechen sollte.

2.3 Fiskalische Bedeutung der ausländischen Einkünfte

Den ausländischen Einkünften kommt eine erhebliche fiskalische Bedeutung zu. Die folgende Übersicht zeigt, dass sowohl die Fallzahlen als auch die zu berücksichtigenden Besteuerungsgrundlagen stetig zugenommen haben. Die Progressionseinkünfte der Veranlagungszeiträume (VZ) 1997 bis 2001 betragen landesweit insgesamt 3,2 Mrd. €. Im gleichen Zeitraum wurden ausländische Quellensteuern in Höhe von 132 Mio. € auf die Einkommensteuer angerechnet.

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3 Prüfungsablauf, Prüfungsumfang

Die Untersuchung wurde vom RH gemeinsam mit den vier StRPÄ durchgeführt. Um repräsentative Ergebnisse zu erhalten, wurden insgesamt 19 Finanzämter in die Erhebungen einbezogen. Außer der Größe der Finanzämter waren insbesondere deren Lage im städtischen oder ländlichen Bereich sowie eine etwaige Grenznähe für die Auswahl maßgebend.

Die Prüfung erstreckte sich auf 3.326 Steuererklärungen mit 8.179 Auslandssachverhalten. Neben der materiell-rechtlichen Fallprüfung wurden auch die jeweiligen Arbeitsabläufe analysiert. Dabei wurde u. a. festgehalten, ob die Steuererklärung dem SBI vorzulegen war und ob dieser an der Bearbeitung tatsächlich mitgewirkt hatte. In den geprüften Finanzämtern wurde außerdem eine Mitarbeiterbefragung durchgeführt.

4 Organisatorische Prüfungsfeststellungen

4.1 Unzureichende Einbindung der Sachbearbeiter für internationales Steuerrecht

4.1.1 Von den untersuchten 3.326 Steuererklärungen waren 2.035 vorlagepflichtig. Den SBI wurden jedoch lediglich 724 dieser Fälle zugeleitet. Sie waren somit bei nur rd. 36 % der vorlagepflichtigen Steuererklärungen in die Bearbeitung eingebunden. Dabei beträgt die durchschnittliche Vorlagequote im Bereich der OFD Stuttgart mit 53 % mehr als das Doppelte der Quote im Bereich der OFD Karlsruhe.

Auf der Zeitschiene der untersuchten VZ betrachtet, weist die durchschnittliche Zuleitungsquote eine steigende Tendenz auf. Im VZ 2001, dem letzten in die Prüfung einbezogenen Zeitraum, wurden den SBI durchschnittlich 42 % aller vorlagepflichtigen Steuererklärungen zugeleitet.

4.1.2 Die SBI sind nach dem Organisationserlass in angemessenem Umfang von ihren übrigen Dienstgeschäften freizustellen. Nach den Feststellungen des RH beträgt ihre tatsächliche Freistellung im Durchschnitt jedoch lediglich 37 % der von den Oberfinanzdirektionen berechneten Sollentlastung. Im Bereich der OFD Stuttgart liegt die Freistellung mit durchschnittlich 45 % der Sollentlastung um rd. 21 Prozentpunkte über dem entsprechenden Wert der OFD Karlsruhe. Auch im Vergleich der einzelnen Finanzämter weichen die Werte erheblich von einander ab. Die Spannweite reicht von 0 % - 125 % der Sollentlastung. Bei manchen Ämtern erfolgt demnach überhaupt keine Freistellung, während in einem Einzelfall auch in zu großzügiger Weise freigestellt wurde.

4.1.3 Hinsichtlich der von den SBI übernommenen Aufgaben bestehen bei den untersuchten Finanzämtern deutliche Unterschiede. Während die rechtliche Beurteilung der ausländischen Einkünfte generell von den SBI übernommen wird, verfahren die Ämter bei den Sachverhaltsermittlungen uneinheitlich. Bei etwas mehr als der Hälfte von ihnen ermitteln die SBI die Sachverhalte selbst; in den übrigen Finanzämtern ist dies Sache der Veranlagungsstellen.

4.1.4 Zwischen der Freistellung der SBI, der Durchführung von Sachverhaltsermittlungen und dem Vorlageverhalten der Veranlagungsstellen bestehen nach den Feststellungen des RH deutliche Zusammenhänge. Die SBI ermitteln die Sachverhalte vorwiegend dann selbst, wenn sie zumindest teilweise von ihren übrigen Dienstgeschäften freigestellt sind. Die Zuleitungsquote wiederum ist bei denjenigen Finanzämtern am besten, bei denen die SBI die Sachverhalte selbst ermitteln. Im Ergebnis wird damit das Vorlageverhalten der Veranlagungsstellen vom Freistellungsumfang der SBI positiv beeinflusst.

4.2 Mangelnde DV-Unterstützung

4.2.1 Trotz steigender Tendenz zeigt die zuletzt festgestellte Vorlagequote von nur 42 %, dass derzeit keine wirksamen Instrumente existieren, um eine Beteiligung der SBI an der Bearbeitung sämtlicher vorlagepflichtiger Fälle sicherzustellen. Vielmehr ist eine abschließende Bearbeitung dieser Fälle durch die Veranlagungsstellen ohne Mitwirkung der SBI möglich. Werden ausländische Einkünfte vom DV-System als solche erkannt, ergeht programmgesteuert an den Bearbeiter lediglich ein pauschaler Hinweis, der ganz allgemein auf eine potenzielle Vorlagepflicht des Falles aufmerksam macht, ohne jedoch die Vorlagekriterien zu nennen. Dieser Hinweis wird nach den Feststellungen des RH sogar in Fällen ausgegeben, bei denen nach dem Organisationserlass überhaupt keine Vorlagepflicht besteht.

4.2.2 Zur Bearbeitung der Auslandssachverhalte wurde den SBI kein Zugriff auf die gespeicherten Daten der vorgelegten Fälle eingeräumt. Besteuerungsgrundlagen und Vermerke, die eigentlich im DV-System zu erfassen sind, müssen daher von den SBI schriftlich fixiert und zur Erfassung an die Veranlagungsstellen weitergeleitet werden. Durch den fehlenden Datenzugriff ist es den SBI im Übrigen auch nicht möglich, Prüfberechnungen durchzuführen und damit die im DV-System vorhandenen Plausibilitätsprüfungen zu nutzen.

4.2.3 Die Höhe der auf die Einkommensteuer anrechenbaren ausländischen Steuer ergibt sich aus einer sehr komplizierten Berechnung. Sowohl im Steuerbescheid als auch im DV-System wird jedoch lediglich das Endergebnis dargestellt. Im Bedarfsfall haben die Finanzämter keine Möglichkeit, den Berechnungsweg im DV-System abzurufen.

4.3 Unvollständiger Erklärungsvordruck

Für ausländische Arbeitslöhne, die als Progressionseinnahmen erklärt sind, besteht im Steuererklärungsvordruck bisher keine Möglichkeit, die dazugehörigen Werbungskosten einzutragen. Diese werden daher in der Praxis häufig unzutreffend als Werbungskosten eingetragen, die auf normal zu besteuernden Arbeitslohn entfallen. Ein solcher Fehleintrag hat nicht selten eine unrichtige Steuerfestsetzung zur Folge. Auf den Steuererklärungsvordrucken werden im Übrigen auch die für die Rechtsentscheidung - Ansatz der Arbeitslöhne als Progressionseinnahmen oder normal zu besteuernde Einnahmen - erheblichen Tatsachen nicht erfragt. Dadurch liegen notwendige Angaben, wie z. B. die Anwesenheitstage im Tätigkeitsstaat, zumeist nicht vor. Zusätzliche Ermittlungen der Finanzämter sind in diesen Fällen unumgänglich.

5 Materiell-rechtliche Prüfungsfeststellungen

5.1 Die Prüfung der 3.326 Steuerbescheide führte zu insgesamt 851 Beanstandungen und somit zu einer Fehlerquote von 25,59 %. Damit ist im Vergleich zum Ergebnis der Erhebungen des RH im Jahr 1988 (35 %) eine deutliche Qualitätssteigerung eingetreten. Bezogen auf die Zahl der den Steuerbescheiden zugrunde liegenden 8.179 Auslandssachverhalte beträgt die Fehlerquote 17,51 %.

5.2 Das saldierte finanzielle Ergebnis der Untersuchung beläuft sich auf 2,8 Mio. €. Bezogen auf alle untersuchten Steuerbescheide und Auslandssachverhalte ergeben sich Durchschnittswerte von 842 € bzw. 342 €. Legt man der Durchschnittsbetrachtung lediglich die beanstandeten 851 Steuerbescheide und 1.432 Auslandssachverhalte zugrunde, so belaufen sich die finanziellen Ergebnisse auf 3.290 € je fehlerhaftem Bescheid bzw. 1.955 € je beanstandetem Auslandssachverhalt. Die Beanstandungen führten in Einzelfällen zu beträchtlichen steuerlichen Auswirkungen: Allein der Aufgriff eines bedeutenden Falles erbrachte korrekturfähige Mehrsteuern von rd. 1 Mio. €.

5.3 Bei den vorlagepflichtigen Auslandssachverhalten zeigen sich hinsichtlich der Bearbeitungsqualität deutliche Unterschiede: Wird der Sachverhalt ausschließlich von den Veranlagungsstellen bearbeitet, beträgt die Beanstandungsquote 24,87 %, während sich bei Mitwirkung der SBI lediglich eine Fehlerquote von 10,64 % ergibt. Die Fehlerquote der Veranlagungsstellen beläuft sich damit im Schnitt auf das 2,3fache der entsprechenden Quote der SBI.

5.4 Das finanzielle Ergebnis allein der vorlagepflichtigen Sachverhalte beträgt 1.387.385 €. Davon entfallen 1.035.736 € (75 %) auf Sachverhalte, in deren Bearbeitung die SBI entgegen den Vorgaben des FM nicht eingebunden waren. Werden die Steuerfälle unter Mitwirkung des SBI bearbeitet, führen die Beanstandungen des RH zu einem durchschnittlichen finanziellen Ergebnis von 206 € je Auslandssachverhalt. Demgegenüber ergibt sich bei unterlassener Einbindung ein Durchschnittswert von 419 €.

5.5 Der Fehlerschwerpunkt bei den vorlagepflichtigen Auslandssachverhalten lag im Bereich ausländischer Arbeitslöhne, welche fast ausschließlich als Progressionseinkünfte versteuert waren. Bei der Bearbeitung durch die Veranlagungsstellen beträgt die Beanstandungsquote dort 32,69 %, das durchschnittliche finanzielle Ergebnis beläuft sich auf 818 € je Auslandssachverhalt. Bei Einbindung der SBI sinkt die Beanstandungsquote auf 10,66 % und das Ergebnis beträgt lediglich 150 € je Auslandssachverhalt.

6 Bewertung und Empfehlungen

Die Untersuchung belegt, dass durch die vom RH empfohlene Einsetzung von SBI eine deutliche Qualitätsverbesserung bei der Besteuerung ausländischer Einkünfte eingetreten ist. Gleichwohl sind noch 25,59 % der untersuchten Steuerbescheide im Bereich der ausländischen Einkünfte fehlerhaft. Den öffentlichen Haushalten entstehen dadurch Steuerausfälle in beachtlicher Höhe. Angesichts dieser Bearbeitungsdefizite und vor dem Hintergrund, dass die Bedeutung der ausländischen Einkünfte im Besteuerungsalltag stetig zunimmt, muss nach Auffassung des RH die Qualität weiter verbessert werden. Die nachfolgenden Optimierungsvorschläge sollten daher aufgegriffen und baldmöglichst umgesetzt werden.

6.1 Konsequente Einschaltung der Sachbearbeiter für internationales Steuerrecht

Die Qualitätsunterschiede bei der Bearbeitung durch die Veranlagungsstellen einerseits und durch die SBI andererseits zeigen, dass die bisher unzureichende Vorlagequote von zuletzt 42 % nachhaltig zu erhöhen ist. Die SBI sind bei sämtlichen vorlagepflichtigen Fällen konsequent in das Veranlagungsverfahren einzubinden. Dazu sollte die Akzeptanz der Tätigkeit der SBI erhöht und die Fallvorlage in größtmöglichem Umfang DV-gestützt sichergestellt werden.

6.1.1 Wie unter Pkt. 4.1.4 dargelegt, beeinflusst der Freistellungsumfang der SBI deren Aufgabenumfang. Dieser wiederum prägt das Vorlageverhalten der Veranlagungsstellen. Hieraus ergibt sich, dass eine Akzeptanzsteigerung und damit eine höhere Zuleitungsquote bereits dadurch erreicht werden kann, dass die SBI künftig angemessen von ihren sonstigen Aufgaben freigestellt werden, damit sie in allen einschlägigen Fällen selbst die Sachverhalte ermitteln. Der RH empfiehlt daher, die SBI im erforderlichen Umfang von ihren übrigen Dienstgeschäften freizustellen. Ein zusätzlicher Personalbedarf ergibt sich dadurch nicht, da der RH ebenso wie die Verwaltung von einer Entlastung des gesamten Veranlagungsbereichs ausgeht, die mindestens dem Freistellungsumfang entspricht.

6.1.2 Derzeit existieren keine wirksamen Instrumente, um eine Beteiligung der SBI an der Bearbeitung sämtlicher vorlagepflichtiger Fälle sicherzustellen (s. Pkt. 4.2.1). Vollständig dürfte das auch nur schwer erreichbar sein. Für den fehleranfälligen und ergebniswirksamen Bereich der Auslandslöhne, die als Progressionseinkünfte versteuert werden (s. Pkt. 5.5), hält der RH dieses Ziel jedoch für realisierbar. Er empfiehlt, in Steuerfällen, bei denen Progressionslöhne im DV-System erfasst werden, künftig programmgesteuerte Prüfhinweise auszugeben, die eine abschließende maschinelle Fallbearbeitung ohne vorherige Mitwirkung der SBI verhindern.

6.1.3 Die programmgesteuerte Sicherstellung der Fallvorlage bedingt, dass den SBI ein entsprechender Zugriff auf die gespeicherten Daten der vorlagepflichtigen Fälle eingeräumt wird. Der RH regt daher an, diesen Zugriff zu ermöglichen. Dadurch wären den SBI auch die Dateneingabe und die Prüfberechnung der vorgelegten Steuerfälle möglich (s. Pkt. 4.2.2).

6.2 Weitere Vorschläge

6.2.1 In allen Fällen mit vom DV-System erkennbaren Auslandssachverhalten ergeht bisher - unabhängig von den Vorlagekriterien des Organisationserlasses - eine Hinweismitteilung zur Prüfung der Vorlage an den SBI (s. Pkt. 4.2.1). Nach Auffassung des RH könnte sie insbesondere dann entfallen, wenn die ausländischen Einkünfte ausschließlich aus Kapitalerträgen bestehen und die erklärte anrechenbare Quellensteuer weniger als 2.000 € beträgt. Dadurch würde die Anzahl der Hinweismitteilungen erheblich reduziert und deren Ausgabe zudem stärker an die Vorlagekriterien des Organisationserlasses angepasst. Des Weiteren sollten die Vorlagekriterien des Organisationserlasses künftig in der Hinweismitteilung benannt werden.

6.2.2 Das Besteuerungsverfahren für ausländische Arbeitslöhne, die als Progressionseinnahmen erklärt werden, wird derzeit nicht mit einem Vordruck unterstützt (s. Pkt. 4.3). In der Praxis führt dies häufig dazu, dass die entsprechenden Steuererklärungen nicht ohne zusätzliche Ermittlungen bearbeitet werden können. Der RH regt daher an, in Anlehnung an den bereits bestehenden Vordruck für Grenzgänger die Besteuerung von Progressionslöhnen künftig mit einem speziellen Vordruck zu unterstützen. Da Steuererklärungen mit entsprechenden Auslandslöhnen nach den Feststellungen des RH weit überwiegend DV-gestützt erstellt werden, könnte auf einen flächendeckenden Versand des neuen Vordrucks verzichtet werden. Sollte sich die Einführung eines entsprechenden Steuererklärungsvordrucks auf Bundesebene nicht realisieren lassen, empfiehlt der RH, den Finanzämtern standardisierte Textbausteine zur Verfügung zu stellen, mit deren Hilfe im jeweiligen Einzelfall sowohl die Ermittlung der Einnahmen und Werbungskosten als auch alle weiteren entscheidungserheblichen Tatsachen erfragt werden können.

6.2.3 Die Berechnung der anrechenbaren Quellensteuer ist bisher nicht detailliert darstellbar (s. Pkt. 4.2.3). Zur Arbeitserleichterung für den gesamten Veranlagungsbereich der Finanzämter bittet der RH zu prüfen, ob eine Abfrage geschaffen werden kann, die für den Einzelfall diese Berechnung detailliert anzeigt.

7 Steuermehreinnahmen bei Umsetzung der Empfehlungen

Die folgende Modellrechnung zeigt, dass den öffentlichen Haushalten bereits durch die Sicherstellung der Fallvorlage in Fällen mit erklärten Progressionslöhnen (s. Pkt. 6.1.2) bedeutende Steuermehreinnahmen zugeführt werden könnten. Ihr liegen die einschlägigen Fälle der VZ 1998 bis 2001 zugrunde.

Untersucht wurden 964 Steuerbescheide mit Progressionslöhnen im Gesamtbetrag von 46.737.882 €. Die Beanstandungen der Finanzkontrolle führten insoweit zu finanziellen Ergebnissen in Höhe von 630.925 €. Nach einer Auswertung der vom Rechenzentrum der Finanzverwaltung zur Verfügung gestellten Daten durch den RH liegen den Steuerbescheiden der VZ 1998 bis 2001 landesweit Progressionslöhne in Höhe von insgesamt 1.513.694.593 € zugrunde. Eine fehlerfreie Bearbeitung vorausgesetzt, kann das landesweite finanzielle Ergebnis daher wie folgt berechnet werden:

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Bei den Fällen mit Progressionslöhnen hätten somit für die VZ 1998 bis 2001 landesweit Steuermehreinnahmen von insgesamt 20,4 Mio. € erzielt werden können. Folglich ergibt sich allein aus diesem Bereich ein durchschnittliches Mehrergebnis von mehr als 5 Mio. € je Jahr.

8 Stellungnahme des Ministeriums

Das FM hat gegen den Beitrag keine Einwendungen erhoben. Es beabsichtigt, die Empfehlungen des RH aufzugreifen und umzusetzen. Bereits während der örtlichen Erhebungen seien die Feststellungen der Finanzkontrolle zum Anlass genommen worden, eine entsprechende Arbeitsgruppe einzusetzen. Diese werde die Empfehlungen des RH in die weiteren Überlegungen zur Sicherstellung der zutreffenden Besteuerung von Auslandssachverhalten einbeziehen.


Anhänge

Die Lohnsteuer-Außenprüfung bringt den öffentlichen Haushalten ein Mehrfaches dessen ein, was sie an Kosten verursacht. Allerdings liegen die in Baden-Württemberg erzielten Mehrsteuern erheblich unter dem Bundesdurchschnitt. Insbesondere durch eine verbesserte, risikoorientierte Fallauswahl ließe sich die Effizienz deutlich erhöhen und eine Annäherung an den Bundesdurchschnitt erreichen. Hierdurch könnten zusätzliche Steuereinnahmen in einer Größenordnung von 40 Mio. € jährlich erzielt werden.


1 Vorbemerkung

Die Lohnsteuer stellt neben der Umsatzsteuer die wichtigste Einnahmequelle für die öffentlichen Haushalte dar. Sie ist keine eigene Steuerart, sondern nur eine besondere Erhebungsform der Einkommensteuer bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit. Die inländischen Arbeitgeber sind verpflichtet, die Lohnsteuer durch den Abzug vom Arbeitslohn ihrer Arbeitnehmer einzubehalten, beim Finanzamt anzumelden und abzuführen. Anmeldungszeitraum ist grundsätzlich der Kalendermonat, bei kleineren Beträgen das Kalendervierteljahr oder das Kalenderjahr. Der Arbeitgeber kann von dieser öffentlich-rechtlichen Verpflichtung nicht befreit werden.

Durch den Lohnsteuer-Abzug direkt an der Quelle soll die rechtzeitige und vollständige Erhebung der auf die steuerpflichtigen Arbeitslöhne entfallenden Einkommensteuer für die öffentlichen Haushalte gesichert werden. Aufgrund des hohen Anteils der Lohnsteuer am Steueraufkommen ist diesem Verfahren eine besondere Bedeutung beizumessen. Das Lohnsteuer-Aufkommen belief sich im Jahr 2002 landesweit auf 25,4 Mrd. €.

2 Aufgaben der Lohnsteuer-Außenprüfung

Die Lohnsteuer-Außenprüfung (LStAp) überwacht die ordnungsgemäße Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer. Ihre wesentliche Aufgabe ist es festzustellen, ob alle Arbeitnehmer zutreffend erfasst sind, sämtliche lohnsteuerpflichtigen Bezüge in korrekter Höhe dem Steuerabzug unterworfen werden und ob die vom Arbeitgeber einbehaltenen Steuerabzugsbeträge vollständig an das Finanzamt abgeführt worden sind. Neben der Lohnsteuer sind noch weitere Rechtsgebiete in die Prüfung einzubeziehen, wie z. B. die Umsatzsteuer auf Sachzuwendungen und sonstige Leistungen an Arbeitnehmer.

3 Umfang und Inhalt der Erhebungen des Rechnungshofs

Der RH hat im Anschluss an die Prüfung verschiedener Arbeitsgebiete bei den Finanzämtern, darunter auch von Prüfungsdiensten , die Aufbau- und Ablauforganisation der LStAp bei insgesamt sechs Finanzämtern näher betrachtet. Dabei wurden u. a. die Statistiken ausgewertet, der Stand der DV-Unterstützung untersucht, Prüfungsberichte analysiert sowie eine Mitarbeiterbefragung durchgeführt.

4 Organisation

4.1 Lohnsteuer-Außenprüfungs-Stellen

Bei jedem Veranlagungsfinanzamt des Landes sind (örtliche) LStAp-Stellen eingerichtet, die für die Prüfung von Arbeitgebern mit weniger als 300 Arbeitnehmern zuständig sind. Die Prüfung größerer Arbeitgeber obliegt zentralen LStAp-Stellen. Sie ist in den beiden Landesteilen im Übrigen jedoch unterschiedlich organisiert. Im Bereich der OFD Karlsruhe werden alle Arbeitgeber ab 300 Arbeitnehmer von zwei regional zuständigen Stellen geprüft. Dagegen sind bei der OFD Stuttgart für Arbeitgeber mit 300 bis 1.000 Arbeitnehmer sieben sog. Gruppen-LStAp-Stellen eingerichtet, und alle Arbeitgeber mit mehr als 1.000 Arbeitnehmern werden von einer zentralen LStAp-Stelle geprüft.

Die örtlichen LStAp-Stellen sind mit Beamten des mittleren Dienstes oder entsprechend eingruppierten Angestellten besetzt, die zentralen Stellen überwiegend mit Beamten des gehobenen Dienstes.

4.2 Lohnsteuer-Arbeitgeber-Stelle

Die LStAp-Stellen arbeiten eng mit den Lohnsteuer-Arbeitgeber-Stellen zusammen. Diese sind zuständig für alle im Rahmen der Lohnsteuer-Anmeldung anfallenden Tätigkeiten und führen auch die Arbeitgeberkartei, mit deren Hilfe u. a die zu prüfenden Fälle ausgewählt, Verjährungsfristen überwacht und die Prüfungsergebnisse festgehalten werden.

5 Personaleinsatz, Fallzahlenentwicklung und finanzielle Ergebnisse

In den Jahren von 1998 bis 2002 hat sich die Zahl der Prüfer in Baden-Württemberg um 2,8 % auf 338 Arbeitskräfte erhöht. Auf Bundesebene war für denselben Zeitraum ein Rückgang um 3,8 % zu verzeichnen, was allerdings wesentlich durch die Entwicklung in den neuen Bundesländern (-14,2 %) beeinflusst wurde.

Im selben Zeitraum ging die Zahl der Arbeitgeber im Land um 14,0 % zurück; der Rückgang in der gesamten Bundesrepublik fiel mit 10,3 % etwas geringer aus. Die Entwicklung bei den einzelnen Betriebsgrößen war jedoch durchaus unterschiedlich: Während Betriebe mit 100 und mehr Arbeitnehmern zahlreicher wurden, war bei den zahlenmäßig weit überwiegenden Arbeitgebern mit weniger als 20 Arbeitnehmern sowohl in Baden-Württemberg als auch bundesweit ein starker Rückgang zu verzeichnen.

Die von der LStAp im Land erzielten Mehrsteuern betrugen im Jahr 2002 90,4 Mio. €, was gegenüber 1998 eine Steigerung um etwa 8 % bedeutet. Bundesweit stiegen die Mehreinnahmen wesentlich stärker an: Die Mehrsteuern von mehr als 1 Mrd. € in 2002 bedeuten im Vergleich zu 1998 eine Erhöhung um 42 %.

Die Art der Prüfungsfeststellungen der Lohnsteuer-Außenprüfung umfasst ein breites Spektrum. In den vom RH eingesehenen Fällen ergab sich das in der Übersicht dargestellte Bild.

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Daneben gab es beispielsweise auch Feststellungen zu Geschenken an Arbeitnehmer, Incentive-Reisen und ähnlichen Sachverhalten.

6 Feststellungen

6.1 Kosten-Nutzen-Betrachtung

Die Finanzbehörden haben die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben und hierbei alle für den Einzelfall bedeutsamen Umstände zu berücksichtigen. Bei der Erfüllung staatlicher Aufgaben sind jedoch stets auch der in der LHO verankerte Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sowie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Das Ergebnis einer möglichst gleichmäßigen und korrekten Besteuerung ist nicht um jeden Preis herbeizuführen, sondern es muss auch auf das Verhältnis des voraussichtlichen Arbeitsaufwandes zum steuerlichen Erfolg abgestellt werden. Diese Vorgaben haben auch die LStAp-Stellen zu beachten.

Der RH hat sich deshalb mit der Frage beschäftigt, in welcher Relation die Kosten der LStAp-Stellen in Baden-Württemberg zu ihrem fiskalischen Nutzen stehen, wobei der Nutzen ausschließlich auf das erzielte finanzielle Mehrergebnis reduziert wurde. Ausgeblendet wurden insoweit die weiteren wichtigen Aufgaben der Prüfung, präventiv zu wirken und die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sicher zu stellen.

Der RH hat die Personal- und Sachkosten - ausgehend von der Personalbesetzung zum 01.01.2003 - mit zusammen 20,6 Mio. € ermittelt. Die Mehrsteuern beliefen sich 2002 mit 90,4 Mio. € etwa auf das 4,5fache dieser Kosten. Die Mehrsteuern wurden nach den Erhebungen des RH auch nahezu vollständig eingenommen, es gab also kaum Ausfälle etwa wegen Verfahrens- oder Verjährungsvorschriften oder auch wegen Zahlungsunfähigkeit. Der fiskalische Nutzen der LStAp-Stellen lag somit insgesamt um ein Mehrfaches höher als deren Kosten.

Die Untersuchung des RH hat aber auch ergeben, dass die Effizienz bei einzelnen Finanzämtern z. T. erheblich differiert, bedingt durch organisatorische Besonderheiten und eine diesen nicht angepasste Personalzuweisung. Über die Situation bei den geprüften LStAp-Stellen hat der RH das FM näher informiert.

6.2 Bundesvergleich

Die Finanzämter haben nach bundeseinheitlichen Vorgaben über die Ergebnisse der LStAp eine jährliche Statistik zu erstellen . Eine Zusammenstellung der Jahresergebnisse wird vom Bundesministerium für Finanzen (BMF) veröffentlicht.

Das Schaubild zeigt einen Vergleich der in Baden-Württemberg durchschnittlich erzielten Mehrsteuern je eingesetztem Prüfer und Jahr mit den entsprechenden Mehrsteuern im gesamten Bundesgebiet (Summe aller Länder) und in den alten Ländern.

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Nach den Statistiken der Jahre 1998 bis 2002 sind die Mehrergebnisse je eingesetztem Prüfer und Jahr in Baden-Württemberg erheblich hinter dem Durchschnitt aller Länder zurückgeblieben; dieser lag im Jahr 2002 mit 475.415 € um mehr als 50 % über dem baden-württembergischen Landesdurchschnitt von 316.250 €. Die Differenz wird noch größer, wenn man die Landeswerte mit dem Durchschnitt der alten Bundesländer (510.339 €) vergleicht.

Bei einer Analyse der Statistiken wird deutlich, dass die Mehrsteuern je Prüfer und Jahr im Land sich immer weiter von den Bundeswerten entfernten, je größer die geprüften Unternehmen waren. Hauptgrund hierfür ist nach Auffassung des RH das Bemühen der LStAp in Baden-Württemberg, bei den Prüfungen den Bereich der - zahlenmäßig weit überwiegenden - kleineren Arbeitgeber nicht zu vernachlässigen und auch insoweit eine befriedigende Prüfungsdichte zu erreichen; dies gilt insbesondere für die Ämter im Zuständigkeitsbereich der OFD Stuttgart. Demgegenüber ist aus den Bundesstatistiken die Tendenz abzuleiten, dass die Prüfungstätigkeit eher auf die größeren Betriebe konzentriert wird.

Die verstärkte Prüfung der kleineren und kleinen Betrieben hat zur Folge, dass die Anzahl der jährlichen Prüfungen im Land zwar einen Spitzenwert im Bundesvergleich erreicht, andererseits aber die Zahl der ergebnislosen Prüfungen zunimmt und die Mehrergebnisse je Prüfung sinken. Die Erhebungen des RH haben gezeigt, dass eine vollständige Prüfung der kleinen Betriebe nicht mehr effizient ist. Die hohe Prüfungsfrequenz führt weiterhin dazu, dass auch die Mehrergebnisse bei den großen Betrieben den Bundesdurchschnitt weit verfehlen, weil diese Unternehmen offensichtlich nicht mehr mit der notwendigen Intensität geprüft werden können. Gerade in diesem Bereich ist aber die Zahl der Unternehmen in den vergangenen Jahren angestiegen.

Zudem hat die Einsichtnahme in eine Vielzahl von Prüfungsberichten ergeben, dass die Anzahl der Prüfungsfeststellungen bei den örtlichen LStAp-Stellen in dem Maße zurückging, in dem die Zahl der Prüfungen je Prüfer und Jahr zunahm. Nach Auffassung des RH ist dies ein Beleg dafür, dass eine sehr hohe Fallzahl nur dann erreicht werden kann, wenn die Prüfungsfelder erheblich eingeschränkt werden. Bestätigung findet diese Annahme in den Ausführungen zahlreicher Prüfer. Im Rahmen der Mitarbeiterbefragung wurde häufig kritisiert, dass der Zeit- und Fallzahlendruck oftmals keine Möglichkeit lasse, die Unternehmen in allen wichtigen lohnsteuerlichen Bereichen eingehend zu prüfen.

Eine weitere Ursache für die unbefriedigenden Mehrergebnisse bei den großen Arbeitgebern sieht der RH in der unzureichenden personellen Besetzung der zentralen LStAp-Stelle bei der OFD Stuttgart. Das Verhältnis zwischen der Zahl der Prüfer und der Zahl der Arbeitgeber sollte demjenigen der zentralen Stellen bei der OFD Karlsruhe mindestens angeglichen werden.

6.3 Elektronische Lohnsteuer-Arbeitgeber-Kartei

Die Lohnsteuer-Arbeitgeber-Kartei enthält alle wichtigen Informationen über die erfassten Arbeitgeber. Sie ist daher eine wesentliche Arbeitsgrundlage auch für die LStAp. Anhand dieser Kartei erfolgen die Auswahl und die Überwachung der Prüfungsfälle sowie die Erstellung der Prüfungspläne und der jährlichen Statistiken. Seit einigen Jahren wird diese Kartei in elektronischer Form geführt (sog. LISA-Verfahren).

Nach Einschätzung des RH hat sich das LISA-Verfahren grundsätzlich bewährt und zu erheblichen Erleichterungen und Vereinfachungen gegenüber dem bisherigen manuellen Verfahren geführt. Gleichwohl hat die Untersuchung des RH auch gezeigt, dass weitere Verbesserungen des DV-Verfahrens ebenso wie die Beseitigung von Fehlern bei der Verfahrensanwendung dringend geboten sind. Der RH hat hierzu der Verwaltung eine Vielzahl von Vorschlägen unterbreitet, insbesondere

  • die Verbesserung der Verfahrenskenntnisse der Anwender,
  • die Verbesserung und Vereinheitlichung der Datenpflege,
  • Programmerweiterungen zur Optimierung der Fallauswahl und
  • Programmkorrekturen zur Richtigstellung des statistischen Auswertungsverfahrens.

6.4 Personalverteilung

Zur Verteilung des Personals der LStAp stützen sich die beiden Oberfinanzdirektionen auf unterschiedliche Bemessungsgrundlagen. Von der OFD Karlsruhe wird zur Ermittlung der Personalzuweisung der Durchschnitt der in den letzten drei Jahren vorhandenen Arbeitgeber zugrunde gelegt, unabhängig davon, ob diese monatlich, vierteljährlich oder lediglich einmal je Jahr Lohnsteuer-Anmeldungen abgeben. Die OFD Stuttgart ermittelt die Arbeitsbelastung der LStAp dagegen anhand der Anzahl der insgesamt in einem Kalenderjahr beim Finanzamt eingehenden Lohnsteuer-Anmeldungen.

Nach Auffassung des RH sollte die Personalzuweisung bei beiden Oberfinanzdirektionen nach einheitlichen Kriterien erfolgen. Dabei sollten auch die Größenklassen der zu prüfenden Arbeitgeber zwingend berücksichtigt werden; die undifferenzierte Wertung der Unternehmen schenkt diesem Umstand nicht die notwendige Beachtung. Auch der Rechtsform eines Unternehmens kommt insofern eine wesentliche Bedeutung zu, als Kapitalgesellschaften nach den Feststellungen des RH unabhängig von der Größenklasse stets in hohem Maße prüfungswürdig sind und ihre Prüfung regelmäßig einen verhältnismäßig großen Zeitaufwand verursacht . Die für eine genauere Berechnung erforderlichen Parameter sind im LISA-Datenbestand enthalten und könnten entsprechend ausgewertet werden.

6.5 Unterschiedliche Organisationsformen

Die zentralen LStAp-Stellen sind in beiden Oberfinanzdirektionen unterschiedlich organisiert. Im Gegensatz zu den anderen zentral zuständigen LStAp-Stellen, die jeweils mit mehreren Prüfern ausgestattet sind, sind die Gruppen-LStAp-Stellen der OFD Stuttgart durchweg mit nur einem Prüfer besetzt. Da sich die Arbeitsweise sowie die Prüfungsschwerpunkte der Gruppen-LStAp schon aufgrund der Größe und Strukturen der zu prüfenden Arbeitgeber oft von denen der örtlichen LStAp unterscheiden, sind die Gruppenprüfer vielfach auf sich alleine gestellt. Ein Erfahrungsaustausch mit anderen Gruppen- oder Zentralprüfern findet nach den Aussagen der Bediensteten kaum statt. Darüber hinaus ergeben sich bei längerfristigem Ausfall eines Prüfers erhebliche Schwierigkeiten.

Nach Auffassung des RH sollte eine Zusammenlegung der Gruppen-LStAp-Stellen in Betracht gezogen werden.

7 Schlussfolgerungen und Vorschläge

7.1 Wirtschaftlichkeit der Lohnsteuer-Außenprüfungs-Stellen, Personalbemessung

Aufgrund der Tatsache, dass die Arbeit der LStAp fiskalisch sehr ertragreich ist, sollten sich Politik und Verwaltung bei Personalreduzierungen in diesem Bereich zurückhalten. Aus Sicht des RH sollte ein Stellenabbau bei der LStAp unterbleiben.

Allerdings hat die Untersuchung auch ergeben, dass einzelne Finanzämter einen sehr geringen Wirtschaftlichkeitsgrad aufweisen, bedingt durch organisatorische Besonderheiten und eine nicht sachgerechte personelle Besetzung. Eine geänderte Personalzuweisung (s. Pkt. 7.2) könnte insoweit Abhilfe schaffen. Die Wirtschaftlichkeit der LStAp-Stellen dürfte sich bei Umsetzung der nachfolgenden Vorschläge noch weiter verbessern lassen.

7.2 Personalzuweisung

7.2.1 Örtliche Lohnsteuer-Außenprüfungs-Stellen

Die Personalzuweisung für die einzelnen LStAp-Stellen sollte künftig nach landeseinheitlichen Kriterien erfolgen. Dabei ist es nach Auffassung des RH für die örtlichen LStAp-Stellen notwendig, die Arbeitgeber differenzierter nach ihrer Größe und Bedeutung zu gewichten. Als Kriterien bieten sich hierfür die statistischen Größenklassen und die Unternehmensform (z. B. Kapitalgesellschaften) an. Die elektronische Lohnsteuerarbeitgeberkartei hält diese Informationen vor.

7.2.2 Zentrale Lohnsteuer-Außenprüfungs-Stellen

Die für den Bereich der OFD Stuttgart zuständige zentrale LStAp-Stelle ist gegenüber den zentralen LStAp-Stellen bei der OFD Karlsruhe personell unterbesetzt. Eine sinnvollere Personalverteilung zwischen den örtlichen und den zentralen LStAp-Stellen könnte nach Auffassung des RH wesentlich dazu beitragen, die im Bereich der großen Unternehmen festgestellten, weit unterdurchschnittlichen Prüfungsergebnisse zu verbessern.

7.3 Organisationsform der Gruppen-Lohnsteuer-Außenprüfung

Die Organisationsform der Gruppen-LStAp-Stellen im Bereich der OFD Stuttgart bringt aufgrund der Besetzung mit nur einem Prüfer Nachteile mit sich. Daher sollte eingehend geprüft werden, ob eine Zusammenlegung dieser Stellen zu einer oder mehreren zentralen LStAp-Stellen eine geeignete Alternative darstellen könnte.

7.4 Mehrergebnisse der Lohnsteuer-Außenprüfung/risikoorientierte Fallauswahl

Die in Baden-Württemberg erzielten Mehrsteuern lagen im gesamten Erhebungszeitraum z. T. erheblich unter dem Bundesdurchschnitt. Durch eine risikoorientiertere Fallauswahl ließe sich die Prüfungseffizienz erhöhen; dies gilt nicht nur für den Bereich der kleinen Betriebe. Die Anzahl der ergebnislosen Prüfungen könnte vermindert und die so gewonnene Zeit dazu genutzt werden, die ausgewählten Fälle intensiver zu prüfen, da dort offensichtlich ein bisher nicht ausgeschöpftes weiteres Potenzial an Mehrsteuern vorhanden ist.

Mit dem LISA-Verfahren steht der LStAp ein geeignetes Mittel für eine risikoorientierte Fallauswahl zur Verfügung. Durch gezielte Abfragen könnten solche Fälle herausgefiltert werden, die sich bereits bei früheren Prüfungen als wenig prüfungsrelevant erwiesen haben und daher nicht unbedingt anschlussgeprüft werden müssten. Andererseits könnte durch eine Auswahl nach Unternehmensformen die besondere Prüfungswürdigkeit der Kapitalgesellschaften berücksichtigt werden, die vielfach schon kurz nach ihrer Gründung einer Prüfung bedürfen.

Bei Umsetzung der Vorschläge sollte es möglich sein, eine Annäherung an den Bundesdurchschnitt zu erreichen. Legt man die Gesamtergebnisse je Prüfer in den Jahren 2000 bis 2002 zugrunde, so könnten weitere jährliche Mehrsteuern in einer Größenordnung von 40 Mio. € erzielt werden.

7.5 Elektronische Lohnsteuer-Arbeitgeber-Kartei

Nach Einschätzung des RH hat sich das LISA-Verfahren als Ersatz für die zuvor manuell geführte Kartei grundsätzlich bewährt und zu erheblichen Erleichterungen und Vereinfachungen gegenüber dem bisherigen Verfahren geführt. Weitere Verbesserungen und die Beseitigung von Fehlern bei der Verfahrensanwendung, die der RH im Einzelnen aufgezeigt hat, sind jedoch dringend geboten.

8 Stellungnahme des Ministeriums

Das FM stimmt den Empfehlungen des RH zu. Es hat bereits während der Erhebungen des RH damit begonnen, die Anregungen des RH aufzugreifen und umzusetzen. Die personelle Situation bei der zentralen LStAp-Stelle der OFD Stuttgart wurde bereits teilweise verbessert; erste Optimierungen des LISA-Verfahrens wurden realisiert und eine risikoorientiertere Fallauswahl in die Wege geleitet. Entsprechend den Vorschlägen des RH soll die Personalverteilung künftig landeseinheitlich und differenzierter anhand der Größe und Bedeutung der zu prüfenden Arbeitgeber erfolgen. Den Empfehlungen des RH folgend, soll außerdem die Organisationsform der Gruppen- und zentralen LStAp-Stellen im Bereich der OFD Stuttgart geändert werden. Daneben will das FM besonderes Augenmerk darauf richten, dass ein Stellenabbau im Bereich der LStAp-Stellen so weit wie möglich vermieden wird. Das FM hält zudem sämtliche vom RH vorgeschlagenen Verfahrenserweiterungen grundsätzlich für machbar.

Das FM bezweifelt jedoch, dass die Umsetzung der Vorschläge zu den vom RH ermittelten Mehrsteuern in einer Größenordnung von 40 Mio. € führen kann. Die von anderen Ländern erzielten Mehrergebnisse könnten nicht ohne weiteres als Basis für die Berechnung zugrunde gelegt werden und seien ohne nähere Untersuchung nur eingeschränkt aussagefähig. Zur Begründung führt das FM an, dass in einigen Ländern erweiterte Prüfungszuständigkeiten der LStAp-Stellen bestünden und zudem der Bundesdurchschnitt in den letzten Jahren wesentlich von den hohen Mehrergebnissen der Länder Hessen und Nordrhein-Westfalen geprägt worden sei. Ohne Berücksichtigung dieser Ergebnisse läge ein weitaus geringerer bundesweiter Durchschnitt vor. Des Weiteren vermutet das FM, dass einige Länder die zu erwartenden Mehrsteuern aus Kontrollmitteilungen - entgegen den bundeseinheitlichen Vorgaben - zu hoch schätzten und im Anschluss nicht mehr korrigieren würden.

9 Schlussbemerkung

Die Argumentation des FM unter Pkt. 8.2 vermag nicht zu überzeugen. Die vom FM angeführten erweiterten Prüfungszuständigkeiten der LStAp-Stellen einiger anderer Länder betreffen die Bereiche Aufsichtsratsteuer bei beschränkt Steuerpflichtigen und den Vorsteuerabzug bei Reisekosten der Arbeitnehmer. Nach den Erfahrungen anderer Rechnungshöfe fallen bei diesen Prüfungsfeldern - entgegen der Auffassung des FM - allgemein keine derart hohen Mehrergebnisse an, dass damit die erheblichen Unterschiede in den Mehrergebnisstatistiken gerechtfertigt werden könnten. Hiergegen sprechen auch die Statistiken der Umsatzsteuerprüfung und der Betriebsprüfung, d. h. derjenigen Prüfungsdienste, denen in Baden-Württemberg die vorstehenden Prüfungsfelder zugewiesen sind. Folgte man der Argumentation des FM, so müssten anhand dieser Statistiken die hohen Mehrergebnisse ablesbar sein. Das Gegenteil ist jedoch der Fall.

Für die vom FM geäußerte Vermutung, dass andere Länder zu hohe Mehrsteuern schätzen, sieht der RH keine Anhaltspunkte.

Es ist kein Grund ersichtlich, die hohen Mehrergebnisse der Länder Hessen und Nordrhein-Westfalen für einen Vergleich zu vernachlässigen und einen „fiktiven“ Bundesdurchschnitt als Maßstab für eine Schätzung von zusätzlich erzielbaren Mehrsteuern in Baden-Württemberg zu nehmen. Vielmehr sind die weiteren Zahlen der Bundesstatistik ein Indiz dafür, dass der vom RH vorgeschlagene Weg einer risikoorientierten Fallauswahl Erfolg versprechend sein dürfte und von diesen beiden Ländern bereits seit längerer Zeit eingeschlagen wurde. So ist die Anzahl der Nullfälle dort wesentlich geringer als in Baden-Württemberg. Zudem werden den Prüfern deutlich weniger Fälle zugeteilt, die dadurch umso intensiver geprüft werden können.

Betrachtet man die gesamtwirtschaftlichen Gegebenheiten und Strukturen Baden-Württembergs, so müssten diese eigentlich zum Anlass genommen werden, sich nicht am Bundesdurchschnitt, sondern vielmehr an den Ergebnissen der vorerwähnten Länder zu orientieren. Hierfür spricht z. B., dass 15,6 % aller Arbeitgeber mit mehr als 500 Arbeitnehmern und 17,6 % aller Arbeitgeber mit 100 bis 499 Arbeitnehmern im Land ansässig sind, während - bezogen auf die Gesamtzahl der Arbeitgeber - nur 12,4 % der Arbeitgeber ihren Sitz in Baden-Württemberg haben. Der RH hat jedoch bewusst auf einen solchen direkten Vergleich verzichtet und mit dem Bundesdurchschnitt als Maßstab auch die „schwachen“ und mit Baden-Württemberg nicht vergleichbaren Länder in seine Berechnung einbezogen. Berücksichtigt man zudem, dass die angeführten 40 Mio. € Mehrsteuern bereits einen Sicherheitsabschlag von mehr als 6 % vom rechnerisch exakten Bundesdurchschnitt der Jahre 2000 bis 2002 beinhalten, so sieht der RH keine gewichtigen Gründe, die diesen Ansatz in Frage stellen könnten.


Anhänge

Einzelplan 14: Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst

Die vier Universitätsklinika sind an 19 Kapitalgesellschaften beteiligt und haben in diese Engagements 8,5 Mio. € investiert. Unternehmensgegenstand und tatsächliche Betätigung einzelner Beteiligungsgesellschaften entsprechen nicht der Aufgabenstellung der Universitätsklinika oder verstoßen gegen geltendes Recht; vielfach ergaben sich außerdem finanzielle Defizite. In diesen Fällen sollte sich das jeweilige Universitätsklinikum aus den Unternehmen zurückziehen.


1 Ausgangslage

Mit der Änderung der Rechtsform der Universitätsklinika (UK) zum 01.01.1998 wurde diesen das Recht eingeräumt, sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf dem Gebiet der Krankenversorgung, der Aus-, Fort- und Weiterbildung des Personals sowie des öffentlichen Gesundheitswesens an Unternehmen zu beteiligen und Unternehmen zu gründen. Von dieser Ermächtigung haben die UK in unterschiedlicher Art und Weise Gebrauch gemacht und dabei erhebliche Mittel eingesetzt.

Der RH hat sich über die von den UK eingegangenen und in naher Zukunft vorgesehenen Unternehmensgründungen und -beteiligungen einen Überblick verschafft und einzelne Aspekte einer Prüfung unterzogen.

2 Art und Umfang der Unternehmensgründungen und -beteiligungen der Universitätsklinika

Insgesamt haben sich die vier UK an einer ausländischen und an 18 inländischen Kapitalgesellschaften beteiligt. 17 Unternehmen haben die Rechtsform einer GmbH. Ein Unternehmen ist als Aktiengesellschaft organisiert.

Die Anteile der UK an den Kapitalgesellschaften bewegen sich zwischen 5 % und 100 % - insgesamt haben die UK für den Erwerb der Gesellschaftsanteile (einschließlich Vorlaufkosten) 7,9 Mio. € ausgegeben. Weiter wurden einigen Gesellschaften Darlehen in Höhe von insgesamt 0,6 Mio. € gewährt.

Die Beteiligungen der vier UK sind in der Übersicht dargestellt.

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Eines der UK plant weitere Beteiligungen und zwar am Betrieb eines Sanatoriums, an einer weiteren Rehabilitationsklinik sowie an einer zentralen Klinikbetriebs- und Servicegesellschaft. Für die zuletzt genannte Beteiligung wird das UK einen Betrag von 1,7 Mio. € investieren müssen.

Die Geschäftsfelder der Unternehmensbeteiligungen sind verschieden: Zum Teil dienen sie der Verbesserung der Eigenversorgung der UK und ersparen - wegen der damit verbundenen umsatzsteuerlichen Organschaft - den UK Umsatzsteuer. Weitere Unternehmensbeteiligungen sollen der Kooperation mit anderen Trägern der Krankenversorgung dienen. Daneben gibt es Unternehmen, mit deren Hilfe die UK in neue Geschäftsfelder vorstoßen und - auf verschiedenen Wegen - zusätzliche Einnahmen erzielen wollen. Dabei dringen sie in einigen Fällen auch in Märkte ein, die bislang von mittelständischen Strukturen geprägt waren und in denen sich die UK aufgrund ihrer Größe, der staatlichen Gewährträgerschaft und ihrer zahlreichen Patientenkontakte einen strukturellen Vorteil gegenüber der mittelständischen Konkurrenz verschaffen können.

Weiterhin ist festzustellen, dass die UK des Landes zunehmend Kooperationen und Partnerschaften mit kommunalen Krankenhäusern eingehen und diese durch formelle Beteiligungen oder gemeinsame Betriebsgesellschaften verfestigen. Das Interesse der kommunalen Krankenhausträger beruht auf der angespannten Lage im Krankenhaussektor und der kritischen Finanzlage der Kommunen. Die Aufgabenverteilung zwischen den Kommunen und dem Land wird immer mehr verändert.

3 Feststellungen des Rechnungshofs

Der RH hat eine Reihe von Beteiligungen eingehender überprüft. Dabei ergaben sich insbesondere bei den untersuchten Beteiligungen des UK Freiburg folgende kritische Feststellungen.

3.1 Tätigkeiten außerhalb der Aufgabenstellung

Mehrere der untersuchten Gesellschaften bewegen sich mit ihrer Tätigkeit jenseits der Aufgabenstellung, die der Gesetzgeber den UK gegeben hat.

So hat sich eine der untersuchten Gesellschaften die Aufgabe gestellt, Dritte (z. B. andere Krankenhäuser und Arztpraxen) mit „medizinischen Produkten von hoher Qualität zu moderaten Preisen“ zu beliefern und dabei von den Rabatten zu profitieren, die das UK bei der Beschaffung als Großabnehmer eingeräumt bekommt. Diese Aufgabenstellung dient offenkundig weder der Krankenversorgung, noch allein der Eigenversorgung des UK.

Eine der untersuchten Gesellschaften stellt Dritten Beratungsdienstleistungen auf dem Gebiet der medizinischen Hygiene zur Verfügung. Auch dieser Unternehmenszweck liegt jenseits der gesetzlichen Aufgabenstellung der UK.

3.2 Konkurrenz zu privaten Dritten

Mehrere der untersuchten Gesellschaften bewegen sich in Marktsegmenten, in denen mittelständische Unternehmen erfolgreich tätig sind, und machen diesen - ohne echtes Risiko und mit einer staatlichen Kapitalausstattung im Rücken - Konkurrenz.

Dies gilt insbesondere für das in Pkt. 3.1 genannte Unternehmen, das medizinische Produkte an Krankenhäuser und Arztpraxen liefert. Hier wird mithilfe der starken Stellung, die das UK als staatliche Großeinrichtung hat, in einen mittelständisch strukturierten Markt eingegriffen, ohne dass dafür eine Rechtfertigung bestünde.

Eine weitere Gesellschaft vertreibt - in Kooperation mit einer Apotheke und Sanitätshäusern - Arznei- und Hilfsmittel; sie tritt damit in Konkurrenz zu jenen Apotheken und Sanitätshäusern, die nicht mit ihr kooperieren. Dabei werden die im UK aufgebauten Patientenkontakte genutzt, um den Marktanteil der Gesellschaft zu sichern und auszubauen. In diesem Zusammenhang werden Pflegekräfte des UK im Wege bezahlter Nebentätigkeit in den Räumen des UK tätig und werben die Patienten als Kunden für diese Gesellschaft an.

Eine andere Gesellschaft bietet Labordienstleistungen für Krankenhäuser an. Auch hier besteht ein an sich funktionierender mittelständischer Markt, in den das UK mit seiner Tochtergesellschaft ohne Not eindringt.

3.3 Schlechte wirtschaftliche Ergebnisse

Eine Reihe der untersuchten Gesellschaften erwirtschaftet jährliche Defizite, die durch Nachschüsse des UK ausgeglichen werden, oder vermeidet Defizite nur dadurch, dass das UK seinen Tochterunternehmen unentgeltlich Leistungen oder Ressourcen zur Verfügung stellt.

Eine der untersuchten Gesellschaften hat in den Jahren 2001 und 2002 hohe Defizite erwirtschaftet, die darauf zurückgehen, dass die Preise der erbrachten Dienstleistungen nicht auskömmlich kalkuliert waren. Ein Insolvenzverfahren konnte nur durch ein vom beteiligten UK gewährtes Darlehen und einen teilweisen Forderungsverzicht abgewendet werden.

Eine weitere Gesellschaft, die ihre Tätigkeit im September 2002 aufgenommen hat, kann der drohenden Zahlungsunfähigkeit zum Ende des Jahres 2004 wohl nur dadurch entgehen, dass das UK (wie auch die anderen Gesellschafter) ein weiteres Gesellschafterdarlehen in Höhe von 300.000 € gewährt. Bisher hat das UK dieser Gesellschaft bereits ein Darlehen in Höhe von 275.000 € und eine Bankbürgschaft von mehr als rd. 540.000 € gewährt. Dazu kommen Vorleistungen des UK zur Gründung der Gesellschaft in Höhe von rd. 675.000 €. Der RH befürchtet, dass der Finanzplanung für die kommenden Jahre zu optimistische Annahmen zugrunde liegen und weitere Nachschüsse der Gesellschafter erforderlich werden könnten.

Eine andere Gesellschaft konnte in der Anlaufphase nur deshalb positive Geschäftsergebnisse erzielen, weil ihr das UK weder Personalkostenanteile, noch verauslagte Mietkosten in Rechnung stellte.

Bei einer weiteren Gesellschaft konnte die drohende Insolvenz ebenfalls nur durch Nachschüsse vermieden werden.

3.4 Rechtswidrige Aktivitäten

Bei mehreren Gesellschaften wurden rechtswidrige Aktivitäten festgestellt.

Bei einer der untersuchten Gesellschaften wurde festgestellt, dass ein wesentlicher Anteil der Einnahmen planmäßig auf der Grundlage falscher Abrechnungen gegenüber den Krankenkassen und sonstigen Kostenträgern erfolgte.

In einem anderen Fall sollte das UK von den Aktivitäten seiner Tochtergesellschaft allein dadurch profitieren, dass es die von der Gesellschaft angemieteten Räume kostenlos mitbenutzen durfte. Hierbei handelt es sich um eine verdeckte Gewinnausschüttung, die von vornherein beabsichtigt war.

Bei einer Gesellschaft, an der neben einem privatrechtlichen Verein das UK Tübingen beteiligt ist, entstand infolge von jahrelang unentdeckt gebliebenen Untreuehandlungen des Geschäftsführers ein Schaden von mehr als 1 Mio. €, der u. a. aus Mitteln der Universität und des UK Tübingen sowie durch einen teilweisen Forderungsverzicht von Gläubigern ausgeglichen werden muss. Bei dieser Gesellschaft hatte sich der RH seit fünf Jahren vergeblich um ein Prüfungsrecht bemüht. Dabei war er vom UK unterstützt worden, das sich jedoch gegen den Mitgesellschafter nicht durchsetzen konnte.

3.5 Verstöße gegen haushaltsrechtliche und arbeitsrechtliche Vorschriften

Bei mehreren Gesellschaften wurden Verstöße gegen haushaltsrechtliche oder arbeitsrechtliche Vorschriften festgestellt.

So hat eine Gesellschaft in mehreren Jahren ihrer Existenz keinen Jahresabschluss erstellt, der den gesetzlichen Anforderungen genügen würde. Eine Prüfung der Jahresabschlüsse durch einen Abschlussprüfer ist nicht erfolgt.

In mehreren Fällen arbeiten Bedienstete des UK in Nebentätigkeit für Tochtergesellschaften, obwohl ein offenkundiger Interessenkonflikt die Erteilung von Nebentätigkeitsgenehmigungen eigentlich hätte ausschließen müssen.

4 Schlussfolgerungen des Rechnungshofs

Der RH erwartet, dass auch die Tochtergesellschaften der UK die gesetzlichen Bestimmungen einhalten. Besonders die UK als staatliche Einrichtungen sind verpflichtet, ihre Gesellschafterrechte so auszuüben, dass Rechtsverstöße von vornherein unterbunden werden.

Weiterhin verlangt der RH die Auflösung bzw. die Veräußerung der Anteile jener Gesellschaften, die sich auf Geschäftsfeldern außerhalb der Aufgabenstellung eines UK bewegen oder ohne Rechtfertigung in mittelständisch strukturierte Märkte eindringen.

Beteiligungen an Unternehmen, die keine nachhaltige betriebswirtschaftliche Perspektive aufweisen, sind ebenfalls zu beenden.

Um weitere Fehlentwicklungen in Zukunft auszuschließen, schlägt der RH vor, im Universitätsklinika-Gesetz klarzustellen, dass Beteiligungen und die Gründung von Tochterunternehmen von der Erfüllung folgender materieller Bedingungen abhängig ist:

  • Der Zweck des Unternehmens dient der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des UK.

 

  • Das Unternehmen steht nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit des UK und zum voraussichtlichen Bedarf.

 

  • Der Zweck des Unternehmens kann nicht besser und wirtschaftlicher durch einen Anderen erfüllt werden (Subsidiarität).

 

  • Das UK hat einen angemessenen Einfluss in den Organen des Unternehmens.

 

  • Die Einzahlungsverpflichtung des UK wird auf einen bestimmten und seiner Leistungsfähigkeit angemessenen Betrag begrenzt.

Diese Bedingungen folgen im Wesentlichen den im Entwurf des neuen Landeshochschulgesetzes normierten Voraussetzungen für die Gründung eines Unternehmens oder den Erwerb einer Unternehmensbeteiligung durch die Universität.

Für all diese Unternehmen ist ein umfassendes Prüfungsrecht des RH im Gesetz zu verankern.

Darüber hinaus muss politisch entschieden werden, ob an dem subsidiären Verhältnis der Krankenversorgung durch UK gegenüber dem flächendeckenden Versorgungsauftrag der kommunalen Krankenhäuser festzuhalten ist oder ob die UK in die flächendeckende Krankenversorgung im Land einsteigen sollen und dadurch das Land als Gewährträger der UK einen Teil der finanziellen Risiken der allgemeinen Krankenversorgung übernimmt.

5 Stellungnahme des Ministeriums

In seiner Stellungnahme weist das MWK darauf hin, dass sich die Ertragssituation aller UK durch die Einführung des neuen Entgeltsystems spürbar verschärft habe und es vor diesem Hintergrund legitim sei und im Interesse des Landes als Gewährträger liege, dass sich die UK neue Geschäftsfelder mit neuen Ertragsmöglichkeiten öffneten. Dabei falle die Betätigung der UK im Rahmen von Tochterunternehmen und Beteiligungen gegenüber dem eigentlichen Kerngeschäft der UK finanziell kaum ins Gewicht und sei von allenfalls untergeordneter Bedeutung.

Das Ministerium hält in allen vom RH geprüften Fällen die gesetzlich normierten Voraussetzungen für die Unternehmensgründung und -beteiligung für gegeben. Das entsprechende Engagement der UK erfolge jeweils auf der Grundlage von Beschlüssen des jeweiligen Aufsichtsrats.

Das Ministerium sagt allerdings zu, das vom RH als rechtswidrig bewertete Abrechnungssystem, wie es von einem Unternehmen praktiziert wird, einer gründlichen Prüfung zu unterziehen und auf dieser Grundlage auch über die Frage zu entscheiden, ob die betreffende Beteiligung aufgegeben werden soll.

Die zunehmende Zahl von Kooperationen mit kommunalen und privaten Krankenhäusern außerhalb der Universitätsstädte gehe vor allem auf entsprechende Wünsche der dortigen Krankenhausträger zurück, die sich durch eine Kooperation mit den UK eine Verbesserung der Krankenversorgung und eine nachhaltige Sicherung ihrer Krankenhausstandorte versprächen. Diese Kooperationen liegen nach Auffassung des MWK auch im Interesse der UK, die sich auf diese Weise den Zugang zu Patienten mit „normalen“ Krankheitsbildern sicherten, was für Forschung und Lehre unabdingbar sei. Außerdem werde dadurch die Wirtschaftlichkeit der UK weiter verbessert.

Die vom RH behauptete Aufgabenteilung zwischen den UK einerseits und den kommunalen Krankenhäusern andererseits bestehe faktisch längst nicht mehr und liege angesichts der zunehmenden Dynamik des Gesundheitswesens auch nicht mehr im öffentlichen Interesse, seien doch die kommunalen Krankenhäuser künftig kaum mehr in der Lage, ihren flächendeckenden Versorgungsauftrag zu erfüllen. Da es sich um Aufgaben der Krankenversorgung handele, sei diese Erweiterung des regionalen Einzugsbereichs auch von den Bestimmungen des Universitätsklinika-Gesetzes gedeckt.

Weiterhin wendet sich das MWK gegen den Vorschlag des RH, Unternehmensgründungen und -beteiligungen unter den Vorbehalt der Subsidiarität zu stellen. Die UK müssten sich angesichts der wirtschaftlichen Herausforderungen dem Wettbewerb mit privaten und kommunalen Anbietern stellen dürfen. Dies liege auch im Interesse des Landes als Gewährträger der UK.

6 Schlussbemerkung

Der RH bleibt bei seiner Einschätzung, dass die kommunalen sowie ggf. die freigemeinnützigen, die privaten und die kirchlichen Krankenhäuser für die flächendeckende Krankenversorgung außerhalb der Universitätsstädte zuständig sind. Wenn das Land durch seine UK in diesem Sektor Verantwortung übernehmen will, sind damit angesichts der Dynamik des Gesundheitswesens erhebliche finanzielle Risiken verbunden. Vor diesem Hintergrund hält der RH bei einer Änderung der künftigen sektoralen Aufteilung der Krankenversorgung zwischen kommunalen und privaten Krankenhäusern einerseits und den UK andererseits eine Grundsatzentscheidung für erforderlich.

Die vom MWK behauptete Verbesserung der Ertragslage der UK durch die untersuchten Beteiligungen kann der RH nach dem Ergebnis seiner Prüfung nicht bestätigen. In nahezu allen Fällen erfüllten sich die an die Gesellschaften gerichteten wirtschaftlichen Erwartungen nicht; es mussten z. T. sogar beträchtliche Zahlungen zur Abdeckung von Verlusten oder der Abwendung einer Insolvenz geleistet werden.

Bei der Mehrzahl der in Freiburg untersuchten Unternehmensbeteiligungen liegt der vom Gesetz verlangte Zusammenhang mit Aufgaben der Forschung, der Lehre oder der Krankenversorgung nach Auffassung des RH nicht vor.

Der RH sieht keinen Bedarf an wirtschaftlichen Aktivitäten der UK und ihrer Töchter in Bereichen, in denen funktionierende mittelständische Märkte die Versorgung sicherstellen, und hält an seiner Auffassung fest, dass die UK sich von jenen Beteiligungen trennen sollten, die zu den oben genannten kritischen Feststellungen geführt haben.


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Die parlamentarische Behandlung finden Sie hier


Anhänge

Die Stiftung Orthopädische Universitätsklinik Heidelberg kündigte die Generalplanungsverträge für zwei Umbaumaßnahmen und übertrug die gesamten Leistungen einem anderen Planungsbüro. Bei sachgerechter Vertragsgestaltung und -abwicklung wären Ausgaben von mindestens 0,5 Mio. € vermeidbar gewesen.


1 Ausgangslage

Die Stiftung Orthopädische Universitätsklinik Heidelberg (Stiftung) erhält für die Finanzierung von Investitionen Fördermittel nach dem Landeskrankenhausgesetz (LKHG) sowie Zuschüsse des MWK aus Landesmitteln und nach dem Hochschulbauförderungsgesetz. Die nicht durch Zuschüsse gedeckten Investitionsausgaben finanziert sie aus Eigenmitteln.

Gemäß dem Ministerratsbeschluss vom Juli 1985 und einer privatrechtlichen Vereinbarung vom August 1987 war die staatliche Hochbauverwaltung - unter Beiziehung freiberuflich tätiger Architekten und Ingenieure - für die Planung und Durchführung von Baumaßnahmen der Stiftung zuständig. Die Stiftung zahlte dem Land für diese Leistungen eine Vergütung.

Mit gemeinsamer Verwaltungsvorschrift des FM und des MWK vom November 1998 wurde die Zusammenarbeit der Stiftung mit der staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung neu festgelegt: Für die Erstellung eines Bauantrags und der Förderanträge sowie für die anschließende Baudurchführung kann die Stiftung freiberuflich tätige Architekten und Ingenieure oder - im Wege der Amtshilfe - die fachliche Beratung der Vermögens- und Hochbauverwaltung beiziehen.

Der RH hat im Geschäftsjahr 2003 in der Stiftung die Verwendung von Fördermitteln und Zuschüssen für Investitionen (Baumaßnahmen) geprüft. Die nachstehenden Feststellungen geben einen Ausschnitt der Erkenntnisse wieder und betreffen in erster Linie den Umgang mit freiberuflich tätigen Architekten und Ingenieuren im Zusammenhang mit zwei Umbaumaßnahmen.

2 Baumaßnahme 1

Die Stiftung schloss im November 1996 mit dem privaten Planungsbüro A (Büro A) für die Baumaßnahme 1 (umfangreiche Umbau- und Sanierungsarbeiten) - ohne fachliche Beratung durch das Bauamt - einen Generalplanungsvertrag, der sämtliche Architekten- und Ingenieurleistungen beinhaltete. Die Leistungsbilder nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure wurden mit jeweils 100 % festgesetzt; zusätzlich wurden ein Zuschlag von 5 % der Honorarsumme für Projektsteuerung sowie ein Umbauzuschlag von 26 % vereinbart. Die Kosten des Gesamtbauwerks wurden auf 8.244.000 € brutto, die Honorarkosten auf 1.483.000 € (= 18 %) geschätzt.

Für den Fall einer vorzeitigen Auflösung des Vertrags wurde vereinbart, dass das Büro A Anspruch auf das vertraglich vereinbarte Honorar hat, jedoch unter Abzug ersparter Aufwendungen. Sofern die Stiftung im Einzelfall keinen höheren Anteil an ersparten Aufwendungen nachweist, wurde dieser Anteil auf 40 % - für die Leistungsphasen 8 und 9 auf 60 % - des Honorars für die vom Generalplaner noch nicht erbrachten Leistungen festgelegt.

Anfang 1998 legte die Stiftung dem SM den vom Büro A erstellten Förderantrag mit Gesamtbaukosten von 8.877.000 € vor; nach baufachlicher Prüfung durch die OFD Stuttgart wurden die förderfähigen Kosten auf 5.913.600 € festgestellt.

Über das Förderprogramm „Land für Stiftung“ bewilligte das MWK einen weiteren Zuschuss von knapp 1,9 Mio. €. Die darüber hinaus fehlenden Mittel wollte die Stiftung durch Eigenmittel decken.

Im November 1999 kündigte die Stiftung den Vertrag mit dem Büro A. Als Grund für die Auflösung gab sie an, dass die Beteiligten sich aufgrund der finanziellen Vorgaben und der damit einhergehenden notwendigen Änderungen nicht über die Ausführung des Projekts einigen konnten. Die Planung des Büros A war der Stiftung zu teuer, sodass sie das Büro um Änderung und eine kostengünstigere Planung gebeten hatte; dieses sah sich dazu jedoch nicht in der Lage. Unter Einbeziehung von acht Abschlagszahlungen wurden insgesamt rd. 1.007.000 € vergütet.

Eine prüffähige Honorarschlussrechnung gemäß der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure mit Angaben zu den vertraglich erbrachten Leistungen wurde vom Büro A nicht vorgelegt. Nach Angaben der Stiftung waren zum Zeitpunkt der Kündigung die Leistungsphasen 1 - 6 voll erbracht, die Leistungsphasen 7 - 9 fehlten. Die Stiftung machte geltend, ein von ihr beauftragter Anwalt habe die Honorarforderung bestätigt. Konkrete Leistungsnachweise des Büros A oder eine schriftliche Äußerung des Anwalts konnten jedoch nicht vorgelegt werden.

Aufgrund des Projektstands zum Zeitpunkt der Vertragskündigung bezweifelt der RH, dass die Leistungen im behaupteten Umfang erbracht waren. Er ermittelte daher die Honorare überschlägig auf der Grundlage der im Förderantrag genannten Baukosten:

  • Leistungsphasen 1 - 4 (Grundlagenermittlung bis Genehmigungsplanung): 100 % des Honorars, da die Leistungen voll erbracht waren;

 

  • Leistungsphasen 5 - 7 (Ausführungsplanung bis Mitwirkung bei der Vergabe): 60 % des Honorars, da die Leistungen nicht erbracht waren, aber ein vertraglicher Anspruch auf Teilvergütung bestand;

 

  • Leistungsphasen 8 - 9 (Bauüberwachung und Dokumentation): 0 % des Honorars, da die Leistungen nicht erbracht waren und kein vertraglicher Anspruch auf eine Teilvergütung bestand.

Dies ergibt ein Gesamthonorar (einschließlich Nebenkosten, Umbauzuschlag und Umsatzsteuer) von rd. 722.000 €; damit liegt aus Sicht des RH eine Überzahlung an das Büro A von rd. 285.000 € vor.

Weitere finanzielle Nachteile entstanden der Stiftung durch die vertraglich vereinbarten monatlichen Zahlungen. Nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure können Abschlagszahlungen in angemessenen zeitlichen Abständen für nachgewiesene Leistungen gefordert werden. Die monatlichen Zahlungen wurden jedoch geleistet, ohne dass Nachweise für die dafür erbrachten Leistungen vorlagen. Der Stiftung sind dadurch Zinsverluste entstanden.

Im Anschluss an die Vertragskündigung übertrug die Stiftung die komplette Neuplanung und Abwicklung der Baumaßnahme einem anderen privaten Planungsbüro (Büro B). Obwohl zumindest Teile der ursprünglichen Planung des Büros A hätten weiterverwendet werden können, wurden wiederum alle Leistungsphasen 1 - 9 von Gebäude, Freianlagen, Tragwerksplanung und technischer Gebäudeausrüstung in Auftrag gegeben; die Gesamtbaukosten wurden jetzt mit 5.453.000 € veranschlagt. In dieser Summe sind - analog dem Vertrag mit Büro A - 18 % Baunebenkosten enthalten. Diesem Einzelvertrag lag ein Generalplanervertrag für Architekten- und Ingenieurleistungen zwischen der Stiftung und dem Büro B zugrunde, der insgesamt fünf Baumaßnahmen umfasste.

Nach dem Stand am 23.02.2004 werden die Abrechnungskosten der Maßnahme (inkl. Baunebenkosten) 8.422.000 € betragen; das sind 54 % mehr als die im Vertrag mit dem Büro B genannten Gesamtbaukosten und somit nahe an der ersten Kostenschätzung des Büros A.

3 Baumaßnahme 2

Auch für eine zweite Baumaßnahme (Umbau und Renovierungsarbeiten) mit geschätzten Kosten von 2.965.000 € hatte die Stiftung mit dem Büro A im Februar 1997 einen Generalplanungsvertrag abgeschlossen. Es wurde ein Pauschalhonorar von rd. 432.000 € vereinbart. Ansonsten sind die übertragenen Leistungen sowie die sonstigen vertraglichen Regelungen identisch mit dem Inhalt des Generalplanungsvertrags für die Baumaßnahme 1.

Auch für diese Umbaumaßnahme löste die Stiftung im November 1999 den Vertrag mit dem Büro A einvernehmlich auf. Gründe für die vorzeitige Kündigung wurden von der Stiftung nicht genannt und sind auch nicht dokumentiert. Das vereinbarte Pauschalhonorar wurde vollständig bezahlt. Eine Honorarschlussrechnung, in der die bereits erbrachten Leistungen prüffähig ausgewiesen sind, lag auch in diesem Fall nicht vor.

Auch wenn es sich hier um ein Pauschalhonorar handelte, versäumte es die Stiftung, die bis zur vorzeitigen Kündigung erbrachten Leistungen des Büros A zu bewerten und auf dieser Basis entsprechende Honorarabzüge für die nicht erbrachten Leistungen vorzunehmen oder zumindest mit dem Büro A entsprechende Verhandlungen aufzunehmen. Der RH schätzt den Anteil der nicht erbrachten Leistungen auf etwa 40 %. Damit läge rechnerisch eine Überzahlung an das Büro A von rd. 170.000 € vor.

Die Neuplanung und Abwicklung übertrug die Stiftung auch bei dieser Baumaßnahme mit Einzelvertrag vom August 2000 an das Büro B. Wiederum wurden alle Leistungsphasen 1 - 9 von Gebäude, Freianlagen, Tragwerksplanung und technischer Gebäudeausrüstung zu jeweils 100 % in Auftrag gegeben, obwohl das Büro A der Stiftung gemäß Auflösungsvertrag alle notwendigen Projektunterlagen und Pläne zu übergeben hatte. Die Baukosten wurden jetzt mit 1.942.900 € veranschlagt; für das Honorar wurde eine Pauschale von 303.000 € vereinbart. Die Umbauarbeiten sind noch nicht abgeschlossen.

4 Bewertung

Obwohl die Stiftung in ihrer Stellungnahme zur Prüfungsmitteilung des RH die Auffassung vertrat, dass durch die Kündigung der beiden Verträge kein finanzieller Schaden entstanden sei, weil schließlich kostengünstigere Planungen realisiert werden konnten, rügt der RH den Umgang mit Fördergeldern des Landes. Weil unklare Kostenvorgaben zugrunde lagen, wurden die Verträge zuungunsten der Stiftung abgeschlossen. Nach den Kündigungen wurden - im Verhältnis zu den tatsächlich erbrachten Leistungen - zu hohe Honorare ausbezahlt. Honorarschlussrechnungen, in denen die Honorarforderung des Büros A sowohl für die bereits erbrachten als auch für die nicht erbrachten Leistungen prüffähig ausgewiesen sind, liegen nicht vor. Mit den erneuten Beauftragungen wurden zudem teilweise Leistungen doppelt vergütet.

Die vorzeitige Kündigung der Gesamtplanungsverträge wäre für die Stiftung weitaus vorteilhafter gewesen, wenn die Leistungen bei Vertragsabschluss stufenweise beauftragt worden wären, wie dies normalerweise üblich ist.

Für einen Auftraggeber ist daneben auch die verbindliche Festsetzung einer Baukostenobergrenze zweckmäßig, um bei mangelhafter Leistung eines freiberuflich Tätigen den Vertrag vorzeitig kündigen zu können. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Architektenleistung nämlich nur dann vertragsgerecht, wenn sie mit den vertraglich festgelegten Baukosten tatsächlich realisiert werden kann. Verfehlt der Architekt mit seiner Planung dieses Ziel, kann der Bauherr den Architektenvertrag aus wichtigem Grund kündigen, die Rückzahlung des Honorars verlangen und ggf. zusätzlichen Schadenersatz fordern.

Durch die zu hohen Honorarzahlungen bei den vorzeitigen Kündigungen der Baumaßnahmen 1 und 2 wurden dem Büro A insgesamt 1.439.000 € vergütet. Der Anteil der nicht erbrachten Leistungen beträgt nach Berechnungen des RH rd. 455.000 € (285.000 € und 170.000 €), die dem Büro A zu viel vergütet wurden. Die Stiftung sollte diese Beträge zurückfordern.

Des Weiteren hätten der für die Landesmittel zuständigen Bewilligungsstelle wesentliche Änderungen der Planung angezeigt werden müssen. Gleichwohl wurde in den Auszahlungsanträgen für die Mittel nach dem LKHG versichert, dass das Vorhaben gegenüber dem der Bewilligung zugrunde gelegten Vorhaben (Förderantrag) nicht erweitert oder geändert wurde. Zum Zeitpunkt der ersten Abschlagszahlung im Februar 2000 war jedoch dem Büro A, das den Förderantrag erstellte, bereits gekündigt und das Büro B mit der Überarbeitung der ursprünglichen Planung beauftragt.

5 Stellungnahme des Ministeriums

Das MWK teilt zwar einzelne Aspekte der vom RH getroffenen Feststellungen, es verteidigt jedoch die Vorgehensweise der Stiftung, der es bei beiden Maßnahmen angesichts der finanziellen Rahmenbedingungen nicht möglich gewesen sei, die Planungsvorstellungen des Büros A zu realisieren. Auch sei es nicht möglich gewesen, Teile der bisherigen Planung durch das Büro B zu übernehmen, da sich die neue Planung wesentlich von der ursprünglichen unterschieden habe.

Die Honorierung des Büros A nach den Kündigungen entspräche den vertraglichen Vereinbarungen; die honorierten Leistungen seien erbracht worden. In den jeweiligen Aufhebungsverträgen sei zudem durch eine Erledigungsklausel vereinbart worden, dass alle gegenseitigen Forderungen aus den ursprünglichen Verträgen abgegolten seien. Deshalb sei es nicht möglich, die überzahlten Honorare zurückzufordern. Weder Büro A noch Büro B seien im Übrigen bereit gewesen, eine Baukostenobergrenze in den Verträgen zu akzeptieren, da es sich um Umbaumaßnahmen handelte.

6 Schlussbemerkung

Der RH sieht auch nach der Stellungnahme des MWK die Ursache des Schadens darin, dass die Stiftung - ohne fachlichen Rat einzuholen - ungünstige Verträge abgeschlossen hat. So fehlte von Beginn an eine klare Definition des Baubedarfs und eine Baukostenobergrenze. Wäre zudem eine stufenweise Beauftragung der einzelnen Teilleistungen vereinbart worden, hätte sich der Schaden bei einer Kündigung der Verträge in Grenzen gehalten.

Auch wenn sich die Planungsvorgaben für das Büro B von den ursprünglichen Planungen unterschieden haben, geht der RH davon aus, dass grundlegende Planungsansätze - zumindest aus wirtschaftlichen Gründen - hätten übernommen und Honorar mindernd berücksichtigt werden müssen. Da beide Objekte überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanziert werden, sollten bei der noch ausstehenden Prüfung der Verwendungsnachweise entsprechende Kürzungen vorgenommen werden.


Anhänge

Die Rechenzentren der Universitäten Karlsruhe und Stuttgart können ihre Einnahmen erhöhen, indem sie ihren Nutzern bislang unentgeltlich gewährte Druckerleistungen in Rechnung stellen. Beim Betrieb des Höchstleistungsrechenzentrums der Universität Stuttgart wurden unzulässige Rücklagen gebildet, aus denen im Dezember 2000 unter Verzicht auf eine Bundesförderung nach dem Hochschulbauförderungsgesetz ein Rechner beschafft wurde. Der Rechnungshof schlägt vor, die rechtswidrig gebildeten Rücklagen aus dem Haushalt der Universität Stuttgart herauszunehmen und bei der Bemessung des künftigen Staatszuschusses zu berücksichtigen, dass die Betriebskosten des Höchstleistungsrechners unter dem bisher angesetzten Betrag liegen. Eine Beteiligung der übrigen Bundesländer an den Kosten des Höchstleistungsrechners ist anzustreben.


1 Vorbemerkung

Die Rechenzentren der Universitäten fördern und betreuen die digitale Informationsverarbeitung und Kommunikationstechnik. Sie betreiben Rechner, die aufgrund ihrer Größe einen hohen technischen Betreuungsaufwand aufweisen und von einzelnen Instituten nicht ausgelastet werden könnten. Sie können auch für die DV-technische Betreuung und Ausbildung von Studierenden zuständig sein. Das Rechenzentrum der Universität Karlsruhe (Rechenzentrum Karlsruhe) betreibt Rechner und Hochleistungsrechner, die primär den Mitgliedern der Universität einschließlich den Studierenden und Landeseinrichtungen zur Verfügung stehen, und betreut DV-Räume für Studierende. Das Rechenzentrum der Universität Stuttgart (Rechenzentrum Stuttgart) wird im Gegensatz dazu als eines von drei Rechenzentren in Deutschland betrieben, die mit den jeweils neuesten und größten Höchstleistungsrechnern ausgestattet werden, auf denen alle Hochschulen in Deutschland rechnen können (Bundeshöchstleistungsrechenzentrum). Das Rechenzentrum Stuttgart betreut nur in geringerem Umfang DV-Räume für Studierende.

2 Universität Karlsruhe

Das Rechenzentrum Karlsruhe verfügt in seinen Räumen über einen Hochleistungsrechner, sog. Pool-Räume mit rd. 300 PCs und leistungsfähige Peripheriegeräte (Drucker u. a.). Die Berechtigung zur Nutzung der Geräte wird über Accounts gesteuert. Die Inhaber von Accounts können die vorhandene Hard- und Software nutzen und haben auch freien Zugang zum Internet. Die Accounts sind klassifiziert und vermitteln unterschiedliche Berechtigungsstufen.

2.1 Ein Studenten-Account berechtigt zur kostenlosen Nutzung der Geräte in den Poolräumen, des Netzes sowie weiterer Serviceleistungen wie z. B. Internet, E-Mail und Beratung. Der Studierende muss lediglich Papierkosten für seine Ausdrucke bezahlen, wobei er je Semester über ein Druckfreikontingent im Gegenwert von 10 € (etwa 500 Seiten) verfügt. Bei 18.371 Studenten im Jahr 2002 hatte diese freiwillige Leistung der Universität Karlsruhe je nach Nutzungsgrad durch die Studierenden einen Gegenwert von bis zu 367.420 € im Jahr. Angesichts des kostenlosen Zugangs zur Hard- und Software sowie der weiteren Serviceleistungen hält es der RH für angemessen, von den Studenten die Erstattung der gesamten Papierkosten zu verlangen.

2.2 Nach den Benutzerrichtlinien für Informationsverarbeitungssysteme der Universität Karlsruhe darf der Benutzer nur mit ihm zugewiesenen Accounts arbeiten.

Bei der Überprüfung der meistgenutzten Accounts für Universitätsangehörige wurde festgestellt, dass eine nicht autorisierte und unkontrollierte Fremdnutzung von Accounts stattfindet. Einmal eingerichtete Accounts werden nicht mehr überprüft. Deshalb können Accounts weitergenutzt werden, auch wenn das Forschungsprojekt, für das sie eingerichtet wurden, abgeschlossen ist. Bei einem der Hauptnutzer bestehen noch Accounts für Personen, die bereits seit Jahren nicht mehr bei der Universität beschäftigt sind. Auf dem Account eines ehemaligen Mitarbeiters wurden in großem Umfang Rechenleistungen in Anspruch genommen, während der Account-Inhaber bei der Prüfung versicherte, im fraglichen Zeitraum den Account selbst nicht genutzt zu haben. Zahlreiche weitere Beispiele zeigten, dass die Account-Vergabe und -verwaltung erhebliche Lücken hat. Die Universität kann derzeit nicht feststellen, wer ihre Rechenzentrumskapazität für welche Projekte nutzt. Dies kann nicht nur Fragen nach der Einnahmeerhebung für Fremdaufträge, sondern auch Sicherheitsprobleme nach sich ziehen. Der RH hat eine Verbesserung der Account-Verwaltung gefordert und dazu Vorschläge unterbreitet.

2.3 Die Gebührenordnung des Rechenzentrums sieht für die Abrechnung von Leistungen fünf verschiedene Tarife vor. Dabei ist die Nutzung für Hochschulaufgaben unentgeltlich, während für die Nutzung im Rahmen von Nebentätigkeiten bzw. durch Nutzer außerhalb der Hochschulen Entgelte vorgesehen sind. Im Antrag auf Nutzung der Rechenanlagen sind aber keine Angaben zum Tarif zu machen. Das Rechenzentrum verlässt sich darauf, dass die Nutzer von sich aus und gesondert auf kostenpflichtige Nutzungen hinweisen. Im Prüfungszeitraum wurden keinerlei Einnahmen aus kostenpflichtigen Nutzungen erzielt. Ein Missbrauch der Rechnerleistungen ist vor diesem Hintergrund möglich.

2.4 Der Karlsruher Hochleistungsrechner wurde in Zusammenhang mit Stuttgarter Rechnern beschafft, für die eine bundesweite Nutzung vorgesehen war. Für den Karlsruher Rechner hielt der Wissenschaftsrat demgegenüber eine bundesweite Nutzung nicht für erforderlich. Deshalb wurde er nach der Entscheidung der Landesregierung vom März 1997 für die ausschließliche Nutzung durch baden-württembergische Wissenschaftler vorgesehen.

Dennoch hat die Universität Karlsruhe rd. 21 % der Gesamtkapazität für Nutzer außerhalb des Landes reserviert. Die tatsächlichen Nutzungsanteile betrugen teilweise sogar bis zu 32 %, ohne dass hierfür ein Entgelt erhoben worden wäre. Für die Zukunft ist darauf zu achten, dass für die Nutzung der Landesrechner durch Einrichtungen anderer Bundesländer eine angemessene finanzielle Beteiligung vorgesehen wird.

3 Universität Stuttgart

Das Rechenzentrum Stuttgart ist aufgrund technischer Probleme bislang nicht in der Lage, von den Studenten Kostenersatz für die Inanspruchnahme von Druckern in den Poolräumen zu erheben. Studierende können somit ohne Einschränkung und kostenlos die Drucker in den Poolräumen nutzen. Der RH hat vorgeschlagen, eine Lösung wie in Karlsruhe zu realisieren. Dadurch können bis zu 300.000 € Einnahmen erzielt werden.

4 Bundeshöchstleistungsrechenzentrum bei der Universität Stuttgart

4.1 Bei der Universität Stuttgart wurde im Jahre 1995 das erste Bundeshöchstleistungsrechenzentrum (HLRS) eingerichtet. Weil diese Rechenzentren bundesweit allen Forschungseinrichtungen zur Verfügung stehen, wird die 50 % Beteiligung des Bundes an der Finanzierung der Anschaffungsausgaben von Rechnern nach dem Hochschulbauförderungsgesetz (HBFG) zusätzlich zum Gesamtvolumen der allgemeinen HBFG-Förderung des Bundes an das Land gewährt. Dafür erhalten alle anderen Bundesländer ein unentgeltliches Mitnutzungsrecht. Diese Finanzierungsregeln für Bundeshöchstleistungsrechenzentren sind für das Land Baden-Württemberg nachteilig. Als Sitzland trägt es 50 % der Anschaffungsausgaben für die Rechner und 100 % der laufenden Betriebskosten. Die Betriebskosten (Personal, Strom, Wartung usw.) werden mit jährlich rd. 10 % der Anschaffungsausgaben kalkuliert.

Bezogen auf die Finanzierung von Rechnern im Umfang von rd. 25 Mio. € bedeutet dies, dass der Bund 12,5 Mio. € der Anschaffungsausgaben trägt, das Land 12,5 Mio. € Anschaffungsausgaben und jährlich 2,5 Mio. € Betriebskosten. Die übrigen Bundesländer sind nur dadurch an den Investitionen finanziell beteiligt, dass der Bundesanteil von 50 % nicht zulasten des HBFG-Fördervolumens des Bundes für Baden-Württemberg geht. Aufgrund der Finanzierungsanteile stehen dem Land Baden-Württemberg 50 % und den übrigen Bundesländern zusammen 50 % der Rechenzeitanteile zu.

Angesichts der Größenordnung der Betriebskosten sowie aufgrund der Nutzungsanteile der anderen Länder sollte eine Beteiligung der Nutzer aus anderen Bundesländern an den Betriebskosten angestrebt werden.

4.2 Die Landesmittel zum Betrieb des HLRS wurden der Universität Stuttgart zur Selbstbewirtschaftung zugewiesen und bei Kap. 1418 Tit. 684 01 mit einem von 1997 bis 2002 jährlich gleich bleibenden Betrag von 3,37 Mio. € veranschlagt (insgesamt 20,22 Mio. €). Die Erläuterungen enthalten den jeweiligen Wirtschaftsplan. Dieser war immer in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen.

Tatsächlich hat aber das HLRS in den ersten 3 Jahren Überschüsse erzielt und Rücklagen gebildet. In den folgenden Jahren wurden aus den Rücklagen Gelder entnommen, um das Ergebnis auszugleichen. Per saldo wurden in den sechs Jahren mehr als 5 Mio. € Rücklagen angesammelt. Die Rücklagen wären sogar noch um mindestens rd. 3,3 Mio. € höher, wenn sie nicht dazu verwendet worden wären, am 27.12.2000 kurzerhand einen weiteren Rechner (Hitachi) zu finanzieren, bei dem die Universität Stuttgart auf mögliche Bundesmittel nach Maßgabe des HBFG verzichtete.

Damit die erzielten Überschüsse auch in der Haushaltsrechnung nicht zu erkennen waren, hat die Kasse der Universität Stuttgart für die Buchungen ein im Landeshaushalt nicht vorgesehenes Kap. 1699 eingerichtet. Die Universitätskasse buchte den gesamten Landeszuschuss auf dieses „schwarze Kapitel“ um. Damit waren die Mittel im Kapitel der Universität Stuttgart als verbraucht ausgewiesen. Um am Jahresende das „schwarze Kapitel“ mit den nicht verbrauchten Mitteln gegenüber der Landesoberkasse nicht ausweisen zu müssen, wurden die Überschüsse ins Verwahrbuch der Universitätskasse umgebucht und dort weiter geführt. Eine Rücklagenbildung war im Wirtschaftsplan nicht vorgesehen und weder beantragt, noch genehmigt worden. Mit dieser Vorgehensweise wurden die Überschüsse verschleiert. Der jährliche Wirtschaftsplan wurde weder gegenüber dem MWK noch gegenüber dem FM jemals abgerechnet. Die Universität Stuttgart gibt an, dass sie die Rücklagen im Rahmen der Haushaltsplanaufstellung dem MWK offen gelegt hat. Dieses Vorgehen verstößt gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und führt dazu, dass die nicht verbrauchten Mittel der Dispositionsbefugnis des Haushaltsgesetzgebers entzogen werden.

Die Universität will die Rücklagen jetzt für einen Neubau für das HLRS einsetzen und nennt dies als Beispiel dafür, wie sie den Bauhaushalt des Landes entlaste. Das Land hat im StHPl. 2004 die Mittel für den Betrieb des HLRS erstmals dem jährlichen Globalzuschuss für die Universität zugeschlagen. Damit werden die Mittel auch in der nicht notwendigen Höhe auf Dauer festgeschrieben und können im Rahmen des Solidarpaktes für andere Zwecke der Universität verwendet werden.

Der RH fordert, die seit 1996 gebildeten, nicht offen gelegten Rücklagen in Höhe von 7 Mio. € von der Universität „zurückzufordern“, indem der Betrag der Rücklagen einmalig im Haushalt der Universität Stuttgart gestrichen bzw. auf den Landeszuschuss angerechnet wird. Darüber hinaus ist der jährliche Zuschuss des Landes an die Universität Stuttgart entsprechend zu kürzen.

5 Weitere Entwicklungen

Im Jahr 2004 steht die Neuanschaffung eines Höchstleistungsrechners für die Universität Stuttgart zum Preis von rd. 35 Mio. € an. Außerdem werden Bauinvestitionen von 11,5 Mio. € hinzukommen. Die Universität Karlsruhe erhält einen Hochleistungsrechner für rd. 11 Mio. €. An den Investitionen beteiligt sich der Bund mit 50 % nach dem HBFG. Im 32. Rahmenplan für den Hochschulbau sind unter Nr. 221 die Gesamtkosten von 57,8 Mio. € veranschlagt. Die Nutzung der beiden Rechner wird über das von den Universitäten Karlsruhe und Stuttgart im Frühjahr 2003 gegründete Höchstleistungsrechner-Kompetenzzentrum Baden-Württemberg gesteuert. Die Installationen sollen im Jahr 2004 beginnen. Dabei ist eine Industriebeteiligung von etwa 10 Mio. € vorgesehen. Wie diese Beteiligung organisiert wird, ist derzeit noch offen.

Mit den beiden neuen Rechnern verfügt das Land über eine hervorragende Rechnerausstattung. Es ist zu prüfen, ob bei Bedarf der Industrie jeweils nur die konkreten Leistungen verkauft werden. Der Preis ist dabei mit allen anfallenden Kosten zu kalkulieren. Soweit künftig Rechner für die Industrienutzung beschafft werden, ist darauf zu achten, dass die Finanzierung so gestaltet wird, dass keine Bundesförderungen für den Landesanteil der Nutzung verloren gehen.

6 Stellungnahme der Ministerien und der Universitäten

Die Universität Karlsruhe beabsichtigt, den Vorschlägen des RH zu folgen. Das Freikontingent der Studierenden für Ausdrucke wird abgeschafft. Nach dem bisherigen Nutzerverhalten erwartet die Universität daraus Mehreinnahmen von rd. 110.000 € jährlich. Die Verwaltung der Accounts soll im Rahmen des Höchstleistungsrechner-Kompetenzzentrums Baden-Württemberg verbessert und die Kostenerstattung für die Inanspruchnahme der Rechner nach der Entgeltregelung der Universität vorgenommen werden. Eine industrielle Nutzung der Rechner soll entsprechend dem Konzept verwirklicht werden.

Die Universität Stuttgart wird die Erhebung von Gebühren für Druckerleistungen prüfen. Sie verweist zur Entstehung und Verwendung der Überschüsse darauf, dass dies wegen der politisch gewünschten Beteiligung der Industrie und der dafür gewählten Konzeption von ihr nicht zu verantworten sei.

Nach Auffassung des MWK und des FM ist die Abrechnung der Selbstbewirtschaftungsmittel durch die Universität Stuttgart nicht zu beanstanden. Sie berufen sich darauf, dass durch die Einräumung der Selbstbewirtschaftung der Mittel der Zuschuss lediglich als verwendet ausgewiesen werden musste. Die Selbstbewirtschaftung könne zu Fondsbildungen führen, die sich dem unmittelbaren Budgetrecht des Parlaments entziehen.

Die Rücklagenbildung wurde vom MWK für sachlich notwendig erachtet, um Betriebskostensteigerungen und schwankende Einnahmen auszugleichen. Die spätere Verwendung der für den laufenden Betrieb zugewiesenen Mittel für Rechnerneubeschaffung und einen Neubau sei zweckgerecht.

FM und MWK sind der Auffassung, dass die Buchung der Überschüsse in einem im Haushalt nicht vorhandenen Kapitel ebenfalls nicht zu beanstanden sei, sondern dem übersichtlicheren Nachweis der Mittelverwendung diene. Die Übertragung in das Verwahrbuch habe zwar keine kassenrechtliche Grundlage gehabt. Die Rücklagenbildung hätte jedoch auch in Kap. 1699 durchgeführt werden können.

Für den Hitachi-Rechner sei eine Förderung durch den Bund von vornherein ausgeschlossen gewesen, da sich die Universität Stuttgart für ein Leasing-Modell entschieden hatte und der Bund den Erwerb von Nutzungsrechten nach dem HBFG nicht fördere.

Das MWK weist darauf hin, dass die Nutzung des Karlsruher Rechners durch andere Bundesländer sinnvoll sei, weil es sich um sonst nicht genutzte Rechnerkapazität handle und damit der jeweils am besten geeignete und kostengünstigste Rechner genutzt werde.

Die Beteiligung anderer Bundesländer an den Betriebskosten hält das MWK nicht für durchsetzbar, weil das Land die Kosten für den Betrieb des Rechenzentrums ohnehin habe, die Nutzer aus anderen Bundesländern die Entgelte wahrscheinlich nicht bezahlen könnten und der Wissenschaftsrat sich mehrfach gegen eine Bepreisung der Rechnerleistungen ausgesprochen habe. Bei einer Verrechnung müsse das Land im Übrigen auch selbst für seine Nutzung der anderen beiden Bundeshöchstleistungsrechenzentren bezahlen.

7 Schlussbemerkung

Der RH begrüßt, dass die Universitäten die festgestellten Möglichkeiten zur Einnahmeverbesserung nutzen wollen und den Zugang zu den Rechnern im Rahmen des Höchstleistungsrechner-Kompetenzzentrums Baden-Württemberg vereinheitlichen und die Sicherheit gewährleisten wollen.

Der RH hält es auch im Rahmen von Selbstbewirtschaftungsprojekten nicht für zulässig, Rücklagenbildungen nicht auszuweisen und damit dem Parlament zu verbergen. Dadurch werden unkontrollierte Rücklagenbildungen möglich. Im konkreten Fall wurden die Rücklagen auch dann noch verdeckt weiter geführt, als die Selbstbewirtschaftung aufgehoben war.

Bei dem Betrieb der Rechenzentren ist mehr als bisher auf Wirtschaftlichkeit zu achten. Dazu gehört, dass die Finanzierung von Rechnern mit der vorgesehenen Bundesbeteiligung realisiert wird und auf eine gerechtere Lastenverteilung für bundesweit genutzte Rechner hingewirkt wird. Der Wissenschaftsrat hat sich zwar gegen eine Steuerung der Rechnernutzung über den Preis ausgesprochen, nicht aber gegen eine Mitfinanzierung durch diejenigen Bundesländer, deren Einrichtungen die Rechner nutzen.


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Wenn die Hochschule für Gestaltung als leistungsfähige Hochschule weitergeführt werden soll, bedarf es wesentlich höherer Reinvestitionsmittel als bisher. Diese Mittel sollten durch dauerhafte Umwidmung von Personalmitteln im Budget der Hochschule erbracht werden, indem die Ausbíldungskapazität und damit auch der Lehrkräftebedarf verringert werden. Ergänzend sollte die Einwerbung von Drittmitteln erhöht und eine verstärkte Kooperation mit den beiden anderen Kunsthochschulen in Karlsruhe angestrebt werden.


1 Vorbemerkung

1.1 Ausgangslage

Mit der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe (HfG) besteht in Baden-Württemberg seit mehr als zehn Jahren eine Kunsthochschule, welche im Besonderen auf neue Medien ausgerichtete Studieninhalte vermittelt. Die HfG nahm im April 1992 den Lehrbetrieb in einem ehemaligen Lagergebäude mit 60 Studenten und 11 Professoren auf. Ende 2000 wechselte die Hochschule vollständig auf ein ehemaliges Fabrikgelände in Karlsruhe, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Zentrum für Kunst und Medientechnologie und zum Museum für Neue Kunst.

1.2 Aufgaben und Besonderheiten

Die Hochschule bietet sowohl künstlerische als auch kunst- und medienwissenschaftliche Studiengänge an. So besteht die Möglichkeit, in einem theoretisch-wissenschaftlichen Studiengang den Magisterabschluss in Kunstwissenschaft/Medientheorie zu erlangen. Weiter kann ein Diplomabschluss in den künstlerisch/gestalterischen Studiengängen Grafik-Design, Produkt-Design und Szenografie erzielt werden. Schließlich bietet die Hochschule den neu konzipierten Diplomstudiengang Medienkunst an.

Neben der Lehre befasst sich die HfG vorwiegend mit der Erforschung der Grundlagen künstlerischer Anwendungsmöglichkeiten der neuen Medien und der digitalen Technik, ohne jedoch den Bezug zu den traditionellen Kunstformen zu vernachlässigen.

Die HfG hat nach dem Kunsthochschulgesetz (KHG) bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben mit dem benachbarten Zentrum für Kunst und Medientechnologie zusammenzuarbeiten. Als (weitere) Besonderheit können Kunsthochschulen unter bestimmten Voraussetzungen Professoren in ein Beamtenverhältnis auf Zeit berufen. Davon macht die HfG in großem Umfang Gebrauch.

1.3 Organisation der Lehre

Organisatorische Basiseinheit der Lehre an der HfG sind die Fachgruppen. Ihnen sind fünf Werkstätten und acht Studios zugeordnet, in denen die Lehre, künstlerische Entwicklungsvorhaben sowie Kunstausübung hauptsächlich stattfinden.

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1.4 Studierende

Neben den allgemeinen Voraussetzungen muss ein Studienbewerber bei der HfG nachweisen, dass er die fachliche, künstlerische oder medienwissenschaftliche Eignung besitzt, die das Erreichen des Studienzieles erwarten lässt. Für die Zulassung werden nach einer Vorauswahl anhand von Arbeitsproben in einem Praxisfach eine künstlerische Klausur sowie eine mündliche Prüfung, für ein Theoriefach ein Aufnahmegespräch gefordert. Seit Bestehen der Hochschule haben sich bis einschließlich Wintersemester 2003/2004 insgesamt 5.596 Bewerber dem Aufnahmeverfahren unterzogen, das Studium aufgenommen haben schließlich 822.

Die meisten Studierenden der HfG kommen aus Baden-Württemberg (Sommersemester 2003: 55 %).

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1.5 Haushalt

Die Ausgaben der Einrichtung sind durch einen naturgemäß hohen Anteil an Personalausgaben geprägt. Von besonderer Bedeutung ist bei der im Bereich neue Medien arbeitenden HfG der Anteil an (Ersatz-)Investitionen. Die (eigenen) Einnahmen der Hochschule sind bislang eher bescheiden.

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1.6 Personal

Von den insgesamt 55 Personalstellen für das Hj. 2002 waren - abgesehen vom Rektor - für Professoren 17 Stellen in Besoldungsgruppe C 4 und jeweils eine Stelle in den Besoldungsgruppen C 3 und C 2 ausgewiesen. Für den wissenschaftlichen Mittelbau standen 19, für die Verwaltung sowie die Technik der Hochschule 17 Personalstellen zur Verfügung. Der überwiegende Teil des Lehrpersonals war vollzeitbeschäftigt.

Von den C 4-Professoren erhielten 8 zusätzlich zum Grundgehalt noch Zuschüsse nach der Vorbemerkung zur Bundesbesoldungsordnung C.

Um die Leistungsbereitschaft der Professoren zu fördern und um aktuelle künstlerische Entwicklungen in die Hochschule zu bringen, werden die künstlerischen Professuren bis zu sechs Jahre befristet vergeben. Anfang 2002 standen von den insgesamt 29 (voll- und teilzeitbeschäftigten) Professoren 19 in einem Angestellten- und 10 in einem Beamtenverhältnis. Das Beschäftigungsverhältnis war für einen Professor unbefristet, für 15 Professoren auf sechs Jahre befristet, für 2 auf drei Jahre und für 7 bis zu einem Jahr befristet. 4 Professoren sind Beamte auf Lebenszeit.

2 Prüfungsfeststellungen

2.1 Sächliche Ausstattung

Die neuen Medien und die digitale Technik bilden den gemeinsamen Bezugspunkt aller an der HfG vertretenen Fächer. Sie sind das prägende Element der Hochschule und bestimmen ihren künstlerisch-wissenschaftlichen Anspruch. Um diesem gerecht zu werden, ist unabdingbare Voraussetzung, dass die Medien- und Technikausstattung dem jeweils neuesten Stand entspricht. In der zehnjährigen Erstausstattungsphase wurden hierfür Investitionen in Höhe von rd. 6.600.000 € getätigt. Nach dem aktuellen Inventarverzeichnis hat das bewegliche Vermögen einen Anschaffungswert von rd. 4.700.000 €.

Der Produktlebenszyklus der im künstlerisch-wissenschaftlichen Bereich eingesetzten technischen Geräte liegt erfahrungsgemäß zwischen drei und fünf Jahren. Daraus ergibt sich, dass spätestens nach fünf Jahren die Geräte nicht mehr dem Stand der aktuellen Technik entsprechen und somit den Ansprüchen einer Spitzenausbildung nicht mehr genügen. Um zeitnah die notwendigen Reinvestitionen zu ermöglichen, wären ausreichend Haushaltsmittel vorzuhalten. Bezogen auf den Anschaffungswert betrüge - bei einer angenommenen technischen Abschreibungsdauer von fünf Jahren - der jährliche Reinvestitionsbedarf rd. 940.000 €, also etwa ein Fünftel des Haushaltsvolumens der HfG.

2.2 Studienkapazität und Strukturplanung

Die Kapazität der Hochschule für Gestaltung ist nach den ursprünglichen Planungen, die auch Grundlage für die Empfehlungen des Wissenschaftsrates aus dem Jahre 1993 waren, auf insgesamt 325 Studierende ausgelegt, davon 25 Plätze im Postgraduierten-Studium. Kurz danach wurden diese Planzahlen von der Landesregierung noch einmal geringfügig auf insgesamt 350 Studierende (320 in den grundständigen Studiengängen und 30 im Postgraduierten-Studium) aufgestockt. Dagegen sind im StHPl. seit 2002 410 Plätze ausgewiesen. Anfang 2003 waren an der Hochschule 411 Studierende tatsächlich eingeschrieben.

Die HfG hat zur verbindlichen Festlegung ihrer Kapazität und ihres Studienangebots bisher noch keinen - gesetzlich geforderten - Struktur- und Entwicklungsplan erarbeitet.

2.3 Drittmittel

Die HfG hat im Jahr 2001 Drittmittel in Höhe von 287.366 € eingeworben. Hierin enthalten sind jedoch 282.169 € aus öffentlichen Forschungsmitteln sowie aus Aufwendungsausgleichen anderer öffentlicher Kassen (z. B. der Akademie der Bildenden Künste München). Lediglich 5.197 € wurden aus Aufträgen erwirtschaftet.

2.4 Lehrverpflichtung

Typisch für die Kunsthochschule ist eine Vielzahl von Blockkursen und -seminaren, die häufig nur nach Ankündigung festgelegt werden. Im Vorlesungsverzeichnis des Wintersemesters 2002/2003 waren dementsprechend von 202 angekündigten Veranstaltungen nur 115 zeitlich genau bestimmt. Bei den übrigen Veranstaltungen fehlten entweder Anfangs- oder Endzeit oder sie waren mit den unbestimmten Vermerken „nach Vereinbarung“, „nach Ankündigung“ bzw. „siehe Aushang“ versehen.

Am Ende eines jeden Semesters müssen die gehaltenen Lehrveranstaltungen mit einem Formblatt gegenüber dem Rektor nachgewiesen werden. Eine Auswertung der Meldungen ergab, dass die meisten Professoren zwar das Formblatt abgaben. Der dort z. T. deklarierte „pauschale Nachweis“ ließ aber keinen Rückschluss auf den zeitlichen Umfang bzw. die Art der tatsächlich durchgeführten Veranstaltungen zu. Häufig fehlte auch der Sichtvermerk des für die Lehrenden einer Fachgruppe zuständigen Fachgruppensprechers.

3 Bewertung

3.1 Finanzierung

Die besondere Ausrichtung der Hochschule erfordert eine aktuelle, hochwertige technische Ausstattung. Das bedingt einen hohen Reinvestitionsbedarf für die Sachmittelausstattung. Die bisher im StHPl. zur Verfügung gestellten Investitionsmittel (2004: 130.000 €) reichen keinesfalls aus, um die notwendigen Reinvestitionen in Höhe von jährlich 940.000 € sicherzustellen. Wenn diese bundesweit einmalige Hochschule weitergeführt werden soll, müssen Wege gefunden werden, die notwendigen Reinvestitionen künftig zu gewährleisten.

Da die dafür notwendigen Mittel auch in den kommenden Jahren wohl kaum aus dem allgemeinen Landeshaushalt bereitgestellt werden können, schlägt der RH vor, an anderer Stelle im Haushalt der HfG Einsparungen vorzunehmen.

Notwendig sind dafür eine Reduzierung der Kapazität der Hochschule und ein entsprechender Abbau von Lehrpersonal. Bei einer Reduzierung der Zahl der Studienplätze auf die ursprünglich vorgesehene Zahl von 325 Studenten könnte die Personalausstattung um mindestens 3 Professorenstellen und mindestens 3 Stellen im Mittelbau reduziert werden. Die Ausstattung mit Sachmitteln könnte dann entsprechend erhöht werden.

In diesem Zusammenhang kommt dem - bislang nicht vorhandenen - mehrjährigen und fortzuschreibenden Struktur- und Entwicklungsplan besondere Bedeutung zu. Er gibt Auskunft über die fachliche, strukturelle, personelle und finanzielle Entwicklung der Hochschule; insbesondere sind dort auch die in den einzelnen Studiengängen angestrebten Ausbildungskapazitäten aufzuführen. Hierbei müssten dann insbesondere die Haushaltsmittel berücksichtigt werden, die jeweils für Investitionen und Personalausgaben zur Verfügung stehen bzw. zu erwarten sind.

3.2 Drittmitteleinwerbung

Weitere Möglichkeiten, das notwendige Budget für Reinvestitionen zu erwirtschaften, ergeben sich aus einer verbesserten Drittmitteleinwerbung.

Einen Schwerpunkt der Hochschule bilden die praxisorientierten und wirtschaftsnahen Fächer Grafik-Design sowie Produkt-Design. Die Hochschule sollte sich um eine intensive Kooperation mit der Wirtschaft bemühen, um so die Chancen für das Einwerben von Aufträgen zu erhöhen. Eine wesentliche Voraussetzung hierfür ist der Bekanntheitsgrad der Hochschule. Bei der Prüfung ergab sich der Eindruck, dass die Hochschule zwar in der Fachwelt, nicht jedoch von der breiten Öffentlichkeit ausreichend wahrgenommen wird. Potenzielle Auftraggeber müssen allerdings die Studieninhalte und die Leistungsfähigkeit der HfG kennen, um in der Zusammenarbeit mit der Hochschule einen Nutzen für sich zu sehen. Deshalb sollte sie mehr als bisher bestrebt sein, ihren Bekanntheitsgrad bei möglichen Auftraggebern zu steigern.

3.3 Kooperationen

Weitere Einsparmöglichkeiten ergeben sich aus Kooperationen.

Nach Angaben des MWK haben auch die anderen Kunsthochschulen eine Refinanzierungslücke. Es steht zu erwarten, dass das Land in absehbarer Zeit nicht in der Lage sein wird, die eigentlich erforderlichen Mittel für alle Kunsthochschulen bereitzustellen. Um Synergieeffekte zu erzielen und dadurch die Leistungsfähigkeit zu erhalten, könnte - neben der vorgegebenen Kooperation der HfG mit dem Zentrum für Kunst und Medientechnologie - eine Zusammenarbeit der drei Kunsthochschulen in Karlsruhe (HfG, Staatliche Hochschule für Musik mit rd. 500 Studierenden und Staatliche Akademie der Bildenden Künste mit rd. 300 Studierenden) sinnvoll sein. Dabei ließe sich z. B. an Lehrveranstaltungen für Studierende aller Hochschulen (etwa in wissenschaftlichen Grundlagenfächern), gemeinsame, besonders teuere, aber selten ausgelastete Geräte oder auch Bereiche der Hochschulverwaltungen denken. Selbst wenn hierfür zunächst Absprachen unter den Einrichtungen notwendig sind, könnten mittelfristig Kosten gespart und damit die Leistungsfähigkeit der Einrichtungen zum Vorteil aller drei Partner erhalten werden. Ansonsten bliebe letztlich wohl allen Kunsthochschulen nur die Möglichkeit, Personalkapazitäten zugunsten von Investitionsmitteln zurückzuführen.

Die drei Kunsthochschulen sind für sich allein und im Vergleich zu anderen allgemeinen Hochschulen relativ klein. Auch wenn dies bei der Überschaubarkeit und der persönlicheren Betreuung Vorteile haben kann, lohnt es sich z. B. nicht, für jede einzelne Einrichtung eine bestimmte Infrastruktur oder Spezialisten für bestimmte Aufgaben (z. B. Controller) vorzuhalten. Diese Problematik wird sich durch die im neuen Landeshochschulgesetz vorgesehene Aufgabenübertragung vom Ministerium auf die Hochschulen noch weiter verschärfen.

4 Empfehlungen

Die Ergebnisse der Untersuchung zur aktuellen Situation der HfG zeigen in verschiedener Hinsicht Handlungsbedarf auf. Der RH leitet hieraus die Empfehlungen ab,

  • einen Struktur- und Entwicklungsplan zu erarbeiten, der Auskunft über die fachliche, strukturelle, personelle und finanzielle Entwicklung der Hochschule gibt und dabei das begrenzte Haushaltsvolumen entsprechend berücksichtigt;

 

  • die nachhaltige Finanzierung der notwendigen Ersatzbeschaffungen durch eine entsprechende Verringerung der Studienplatzkapazität und des Lehrpersonals sicherzustellen;

 

  • Maßnahmen zu ergreifen, die den Bekanntheitsgrad der HfG bei potenziellen Auftraggebern erhöhen, und dadurch mehr Drittmittel als bisher einzuwerben;

 

  • über Wert und Erfolg des Studienbetriebs alsbald eine kritische Evaluation durchzuführen;

 

  • die Dokumentation der durchgeführten Lehrveranstaltungen so zu gestalten, dass eine nachvollziehbare Prüfung der Erfüllung der Lehrverpflichtung ermöglicht wird;

 

  • durch eine verstärkte Kooperation mit den beiden anderen Kunsthochschulen am Standort Synergiepotenziale zu erschließen.

5 Stellungnahme des Ministeriums

Auch das MWK räumt den Bedarf an einer hochwertigen technischen Ausstattung ein, sieht aber keine Hoffnung für die Bereitstellung deutlich höherer Haushaltsmittel. Gleichwohl lehnt es den Ansatz des RH ab, eine nachhaltige Finanzierung der notwendigen Ersatzbeschaffungen durch eine entsprechende Verringerung der Studienplatzkapazität und des Lehrpersonals sicherzustellen.

Es setzt den vom RH mit mindestens 940.000 € jährlich bezifferten Reinvestitionsbedarf deutlich niedriger mit lediglich 500.000 - 600.000 € an. Dieser Wert ergebe sich durch eine längere Nutzung „abgeschriebener“ Wirtschaftsgüter, durch eine auf das konkrete Einzelobjekt bezogene Überprüfung der Dringlichkeit sowie im Einzelfall durch eine mögliche Komplementärfinanzierung des Bundes nach dem Hochschulbauförderungsgesetz.

Der danach notwendige Betrag könne - aufbauend auf den für 2004 moderat auf rd. 130.000 € erhöhten Investitionsmitteln - vor allem über eine Mittelschöpfung durch die vorübergehende Nichtbesetzung der befristeten Professorenstellen erwirtschaftet werden. Eine förmliche Umwidmung von Personalmitteln in Sachmittel würde hingegen zu einer höheren Bemessungsgrundlage bei den globalen Minderausgaben führen und damit wiederum automatisch auch höhere Einsparauflagen nach sich ziehen.

Die politisch gewollte Normallast der Einrichtung betrage 325 + 25 = 350 Studierende. Bei der im StHPl. genannten Zahl von 410 Studierenden handele es sich dagegen um die an der Hochschule tatsächlich vorhandenen Personen. Eine dauerhafte Kapazität in dieser Größenordnung sei aber weder personell noch räumlich vorhanden. Ein lineares Rückfahren der Studienplatzkapazität sei wegen der unterschiedlichen Auslastung in den Studiengängen nicht möglich.

Der im KHG vorgesehene und vom RH angemahnte Struktur- und Entwicklungsplan sei in der Aufbauphase der Hochschule zurückgestellt worden, werde nun aber in Angriff genommen. Zur Realisierung einer verstärkten Kooperation mit den beiden anderen Karlsruher Kunsthochschulen seien mittlerweile entsprechende Prüfaufträge erteilt worden.

Die Anregung zur Steigerung des Drittmittelaufkommens wird vom MWK ebenfalls aufgegriffen. Der Wissenschaftsrat solle in Kürze mit einer (fachlichen) Evaluation der HfG beauftragt werden und dabei konkrete Lösungsansätze zur Einwerbung von Drittmitteln aufzeigen.

Wegen des hohen Anteils von Lehrveranstaltungen in Projektform sei eine ganz präzise terminliche Fixierung zu Semesterbeginn nicht möglich. Die nachvollziehbare Dokumentation der Erbringung der Lehrverpflichtung solle künftig jedoch besser gewährleistet werden.

6 Schlussbemerkung

Auch im Interesse der gesetzlich verankerten Grundsätze von Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit hält der RH an seiner Forderung fest, eine realistische Zuordnung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel vorzunehmen. Es ist die Aufgabe des Haushaltsgesetzgebers, über die Kapazität einer Landeseinrichtung und die ihr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung zur Verfügung gestellten Ressourcen zu entscheiden. Voraussetzung dafür ist jedoch eine realistische und transparente Betrachtung, die dann zugleich die notwendige Planungssicherheit für die Einrichtung selbst schafft.

Das aufgezeigte Problem der laufenden Refinanzierung einer notwendigen Sachausstattung legt exemplarisch offen, dass bei der Schaffung neuer Einrichtungen und der Haushaltsplanung nicht nur die Erstinvestitionen, sondern immer auch die Folgeinvestitionen für den laufenden Betrieb einer Einrichtung angemessen berücksichtigt werden müssen.


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Der RH berichtet hier über Auswirkungen der Tätigkeit der Finanzkontrolle. Der Bericht gibt die Umsetzung einiger bedeutsamer Vorschläge aus früheren Denkschriftbeiträgen, Beratenden Äußerungen sowie prüfungsorientierten Beratungen wieder und stellt - soweit dies möglich ist - die hiermit verbundenen finanziellen Auswirkungen dar.

Die Darstellung soll dem Parlament zeitgleich mit der Vorstellung der Denkschrift einen Überblick über wesentliche Ergebnisse aus früheren Prüfungen und über die Umsetzung seiner Beschlüsse vermitteln.

Die nachstehende Darstellung ist nicht Gegenstand des laufenden Verfahrens zur Entlastung der Landesregierung im Sinne von § 97 Abs. 1 LHO.


[Der gesamte Text einschließlich Einzelergebnisse ist in der nachfolgenden PDF-Datei enthalten]


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