Denkschrift 2000

Die Denkschrift stellt wesentliche Ergebnisse der Prüfungen des Rechnungshofs und der Staatlichen Rechnungsprüfungsämter dar. Sie enthält damit die Informationen, die für die Entlastung der Landesregierung von Bedeutung sind. In ihr werden zwar eine Vielzahl von Einzelfeststellungen aufgezeigt, dennoch soll sie kein abschließender Bericht der Finanzkontrolle über ihre Tätigkeit für das Jahr 1999/2000 sein. Darüber hinaus lassen sich aus diesen Einzeldarstellungen auch keine allgemeinen Schlüsse zur Qualität der Landesverwaltung herleiten. Im Berichtszeitraum hat der Rechnungshof zwei beratende Äußerungen erarbeitet; sie liegen dem Landtag und der Landesregierung vor, und zwar - Förderung der Vertragsforschungseinrichtungen an Universitäten - sog. An-Institute - und der Institute der Hahn-Schickard-Gesellschaft für angewandte Forschung e.V. (DS 12/4731), - Notariatsreform in Baden-Württemberg (DS 12/5154). Einleitend befasst sich die Denkschrift mit der Landeshaushaltsrechnung für 1998 und setzt sich mit der Entwicklung der Landesschulden auseinander. Zwar ist die Neuverschuldung im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Sie beträgt aber immer noch 1,5 Mrd. DM. Der beschrittene Weg der Haushaltskonsolidierung muss auch im Hinblick auf Risiken, die mit steigenden Zinsen verbunden sind, konsequent fortgesetzt werden. Das Anliegen moderner Finanzkontrolle, wirtschaftlichere Verhaltensweisen aufzuzeigen und ihnen zum Durchbruch zu verhelfen, spiegelt sich insbesondere in den Beiträgen der Denkschrift mit Beratungscharakter wider. In diesem Zusammenhang stehen u.a. die Beiträge Dolmetscherkosten bei den Gerichten, Staatsanwaltschaften und Justizvollzugsanstalten (Nr. 6), Polizeiliche Ermittlungskosten (Nr. 7), Alternative Ausschreibungs- und Finanzierungsmodelle für Hochbaumaßnahmen (Nr. 13), Förderung der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und der Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen (Nr. 18), Rationalisierungsmöglichkeiten im Bereich der Finanzkassen (Nr. 23), Wartung haustechnischer Anlagen in den Universitäten (Nr. 27) und Zusammenarbeit mit der Steinbeis-Stiftung für Wirtschaftsförderung (Nr. 28). Hierbei handelt es sich um Beratung, die sich auf Ergebnisse von Prüfungen stützt. Beratung, so verstanden und praktiziert, ist kein Verzicht auf die verfassungsrechtlich vorgegebene Aufgabe der Kontrolle. Beratung und Kontrolle sind Elemente eines meistens nur einheitlich zu verstehenden Prozesses. Beratung ist danach ohne vorherige Prüfung nicht denkbar, und Kontrolle soll bei der Beanstandung von Missständen oder Unwirtschaftlichkeiten nicht enden, sondern Vermeidungsstrategien und Verbesserungsvorschläge bringen. Kurz gesagt soll das Prüfgeschehen beratungsorientiert angelegt werden. Gewisse Prüfungsergebnisse lassen erst bei einer Gesamtschau, die sie zueinander in Kontext setzt, typische Fehlerquellen, Handlungsdefizite oder Verhaltensmuster aufscheinen. Unter diesem Gesichtspunkt sind die drei Beiträge zur Wirtschaftlichkeit von Revierleitergebäuden (Nr. 10), von Werkmietwohnungen für Waldarbeiter (Nr. 11) sowie Aufwendungen für einen Reiterhof (Nr. 12) zu betrachten. Sie belegen eine Tendenz, an Immobilienbesitz des Landes selbst dann festzuhalten, wenn er bei Licht betrachtet nicht mehr benötigt wird oder die Erhaltungsaufwendungen völlig außer Relation zum Nutzen stehen. Ferner kann eine vergleichende Gesamtsicht auch aufzeigen, wo Wirtschaftlichkeitsreserven liegen können. Dies wird deutlich für das Dolmetschen zu amtlichen Zwecken in der Justiz und in der Polizei (s. Nrn. 6 und 7). Ein solcher Vergleich kann helfen, sinnvolle Lösungen anzustoßen. Aus den Analysen von Förderprogrammen des Landes ist immer wieder zu erkennen, dass sich die Verwaltung zu oft mit der Programmkonzipierung begnügt, die Notwendigkeit ihrer Evaluierung im Hinblick auf die tatsächlichen Effekte und Wirkungszusammenhänge aber vielfach ausblendet. Hierbei wird der Dynamik der Problemlagen und Rahmenbedingungen nicht selten mit administrativer Routine begegnet. In Konsequenz dessen werden bestehende Programme tendenziell eher fortgeschrieben, als sie kritisch zu hinterfragen. Dies gilt für die Förderung von Demonstrationsvorhaben der rationellen Energieverwendung und der Nutzung erneuerbarer Energieträger (Nr. 14), die Förderung nach der Landschaftspflegerichtlinie (Nr. 17) sowie die beiden Förderungen im öffentlichen Schienenpersonennahverkehr (Nrn. 19 und 20). Die Mitarbeiter der Verwaltung werden je nach Akzentuierung des Anlasses einmal als Verursacher des größten Ausgabenblockes, zum anderen als wertvollstes Gut im Landeshaushalt betrachtet. Am Vollzug der Stellenabbauprogramme (Nr. 4) und der Umsetzung des Konzerngedankens in der Personalpolitik des Landes (Abschnitt IV Nr. 2.8 - Organisation und Wirtschaftlichkeit der Versorgungsverwaltung) wird deutlich, welche großen Probleme das Land weiterhin hat, für richtig erkannte Politiklinien in diesem Bereich auch konsequent durchzusetzen. Andererseits lässt man bei Beurlaubungen Beamte allzu leicht aus dem Landesdienst ausscheiden, ohne sich die damit verbundenen Kosten bewusst zu machen oder wählt teuere Lösungen (s. Nr. 5). Auch werden die Möglichkeiten, das Arbeitsumfeld für die Bediensteten der Landesverwaltung qualitativ zu verbessern, nicht hinreichend ausgeschöpft, wie die Beiträge zu den Finanzkassen (Nr. 23) und zum Sonderfonds „Informations- und Kommunikations-Pool“ (Nr. 9) zeigen. In der Finanzkontrolle selbst sind die Erfahrungen mit mehr als einem Jahr der Budgetierung positiv. Es war so möglich, die deutliche Verstärkung der Fortbildung und Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den eigenen Finanzquellen heraus zu finanzieren. Mit der selbstgesteuerten Personalwirtschaft, die ab dem Haushaltsplan 2000 für vier Jahre modellhaft die gesamten Personalausgaben des Einzelplans 11 erfasst, konnten Verwerfungen in der Stellenstruktur der RPÄ endlich ausgeglichen werden.


Anhänge

1 Vorlage und Gestaltung

Auf Grund von Art. 83 Abs. 1 LV und § 114 Abs. 1 LHO hat das FM die LHR für 1998 am 26.01.2000 dem Landtag vorgelegt (DS 12/4825).

Die LHR ist den Vorschriften der §§ 81 - 86 LHO entsprechend gestaltet. Sie enthält alle in § 81 Abs. 1 und 2 LHO vorgeschriebenen Angaben für den Nachweis der bestimmungsgemäßen Ausführung des StHpl. Die finanziellen Gesamtergebnisse der Haushaltsführung sind in

  • einem kassenmäßigen Abschluss gemäß § 82 LHO (Ist-Ergebnisse ohne Haushaltsreste),
  • einem Haushaltsabschluss gemäß § 83 LHO (Ist-Ergebnisse zuzüglich Haushaltsreste),
  • einer Gesamtrechnung (Soll-Ist-Vergleich, Gesamtsummen der Epl.)

dargestellt.

Der kassenmäßige Abschluss, der Haushaltsabschluss und die Gesamtrechnung sind gemäß § 84 LHO auf S. IX der LHR erläutert. Die in § 85 Abs. 1 LHO genannten Übersichten sind der LHR beigefügt (S. 1139 - 1158 und 1163 - 1165). Weitere Erläuterungen über den Haushaltsvollzug geben die der LHR beigefügten besonderen Übersichten auf den S. XXXVIII - LXXXII.

2 Ergebnisse (verkürzt dargestellt)

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Die nach Art. 84 Satz 1 LV hierfür erforderlichen Kreditermächtigungen ergeben sich aus § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 StHG 1998/99 i.V.m. § 18 Abs. 3 Satz 1 LHO.

3 Feststellungen nach § 97 Abs. 2 Nr. 1 LHO

Die in der LHR aufgeführten Beträge der Einnahmen und Ausgaben stimmen mit den in den Rechnungslegungsbüchern nachgewiesenen Beträgen überein. In den geprüften Rechnungen sind keine Einnahmen oder Ausgaben festgestellt worden, die nicht belegt waren.

4 Druck- und Darstellungsfehler

Der RH hat bei der Gesamtrechnungsprüfung keine Druck- und Darstellungsfehler in der LHR feststellen können.

5 Haushaltsüberschreitungen

Über- und außerplanmäßige Ausgaben bedürfen der vorherigen Zustimmung des FM, die nur im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses erteilt werden darf. Die üpl. Ausgaben samt Vorgriffen sowie die apl. Ausgaben sind in der LHR einzeln nachgewiesen und in der Übersicht 1 (S. 1139 - 1158) zusammengestellt und begründet. Sie betragen insgesamt 1 639 929 397,60 DM, davon entfallen 1,555 Mrd. DM (95 %) auf

  • die buchungstechnische Abwicklung des kassenmäßigen Fehlbetrags aus dem Hj. 1996 (701 Mio. DM),

 

  • zusätzliche Ausgaben für den Finanzausgleich unter den Ländern (745 Mio. DM),

 

  • die Rückzahlung der Abfallabgabe in noch nicht bestandskräftigen Fällen (51 Mio. DM),

 

  • Erstattungen nach dem AsylAG für Schlussabrechnungen infolge der Reduzierung der kommunalen Unterbringungskapazitäten (40 Mio. DM) und

 

  • Mehrausgaben insbesondere auf Grund stark gestiegener Schülerzahlen bei den Schulen an anerkannten Heimen für Minderjährige - Jugendhilfe - (18 Mio. DM).

Der Anteil der Personalausgaben beträgt 7 562 084,48 DM.

Die üpl. und apl. Ausgaben über 200 000 DM im Einzelfall wurden dem Landtag mit Schreiben des FM vom 17.08.1999 (DS 12/4388) gemäß § 8 Abs. 3 StHG 1998/1999 mitgeteilt. Der Finanzausschuss des Landtags hat in seiner 46. Sitzung am 14.10.1999 hiervon Kenntnis genommen.

Nach den Ergebnissen der Rechnungsprüfung fehlt es bei den üpl. und apl. Ausgaben von 1 000 DM und mehr im Hj. 1998 in 57 Fällen an der Einwilligung des FM. Die Summe dieser Überschreitungen beträgt 32 352 087,28 DM (Vorjahr 8,516 Mio. DM); hiervon sind 19,7 Mio. DM Vorgriffe (16,0 Mio. DM entfallen auf Unterhaltsvorschüsse oder -ausfallleistungen nach dem UVG und 2,7 Mio. DM auf Zuwendungen im Bereich Feuerwehrwesen). Auf Personalausgaben entfallen insgesamt 484 926,11 DM. Überschreitungen, die allein auf Titelverwechslungen beruhen (verdeckte Haushaltsüberschreitungen), wurden nicht festgestellt.

Die vom FM nach § 3 Abs. 5 StHG 1998/99 bewilligten Abweichungen von den Stellenübersichten sind in der Übersicht 1 A zur LHR dargestellt und begründet.

Die üpl. und apl. Ausgaben bedürfen nach Art. 81 Satz 3 LV der Genehmigung des Landtags. Sie wurde, zugleich für die Abweichungen von den Stellenübersichten, vom FM im Zusammenhang mit der Vorlage der LHR (s. Pkt. 1) beantragt.

6 Buchungen an unrichtiger Stelle

Der RH hat bei stichprobenweiser Prüfung zahlreiche, auf Versehen der Verwaltung beruhende Fälle von Buchungen an unrichtiger Haushaltsstelle - sog. Titelverwechslungen - (Verstöße gegen § 35 Abs. 1 LHO) festgestellt, die allerdings von relativ geringer Auswirkung auf das Gesamtbild des Haushalts sind. Bei richtiger Buchung wären die in der LHR nachgewiesenen üpl. und apl. Ausgaben um 388 245,79 DM niedriger gewesen. Die Titelverwechslungen, durch die eine Überschreitung von 2 000 DM und mehr verursacht oder vermieden worden ist, sind in der Anlage 2 dargestellt.


Anhänge

1 Haushalts-Soll und Haushalts-Ist im Haushaltsjahr 1998

Der LHR 1998 liegt das Gesetz über die Feststellung des StHpl. für die Hj. 1998 und 1999 vom 11.02.1998 (GBl. S. 57) zugrunde.

Danach war der StHpl. 1998 in Einnahme und Ausgabe auf 63 193 554 200 DM festgestellt. Auf Grund von § 5 LHO und § 17 StHG 1998/99 hat das FM mit Rundschreiben vom 05.03.1998 (GABl S. 231) die zur Ausführung des StHpl. 1998 erforderlichen Anordnungen erlassen.

Das rechnungsmäßige Jahresergebnis 1998 (Ist + Reste 1998) weist gegenüber dem Haushalts-Soll (Haushaltsansatz + Reste 1997)

Mehreinnahmen von 5 002 441 762,85 DM
Mehrausgaben von 4 407 973 845,51 DM
per Saldo somit Mehreinnahmen von 594 467 917,34 DM

aus.

Wie sich die Wenigereinnahmen und die Mehrausgaben aus den Teilergebnissen bei den Epl. zusammensetzen, ergibt sich aus Spalte 10 der Anlage 1 zur Gesamtrechnung auf den S. XXXIV/XXXV und den Erläuterungen hierzu.

2 Jahresvergleich

Die Übersichten 1 und 2 geben einen auf die Hj. 1990 bis 1999 bezogenen Überblick über die Entwicklung der Gesamt-Ist-Ausgaben im Vergleich zu den Haushaltsansätzen sowie der Ist-Ausgaben je Hauptgruppe und je Epl. Die Gliederung nach Hauptgruppen entspricht dem für Bund und Länder einheitlichen Gruppierungsplan (§ 10 Abs. 2 HGrG und § 13 Abs. 2 LHO) mit der Abweichung, dass die Ausgaben für den Schuldendienst, für Zuweisungen und Zuschüsse mit Ausnahme für Investitionen, für Baumaßnahmen, für sonstige Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen sowie für die besonderen Finanzierungsausgaben unter der Bezeichnung „Übrige Ausgabegruppen" zusammengefasst sind.

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3 Globale Minderausgabe bei Kap. 1212 Tit. 972 01

Für das Hj. 1998 waren globale Minderausgaben von 180 Mio. DM veranschlagt; sie verteilen sich auf die Epl. wie in der Übersicht 3 dargestellt.

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Über die Einsparungen wurden von den Ressorts Nachweise erbracht.

4 Haushaltsreste und Vorgriffe

4.1 Haushaltsjahr 1998

Beim Abschluss der LHR für das Hj. 1998 sind folgende Reste in das Hj. 1999 übertragen worden:

Einnahmereste 2 545 782 292,36 DM
Ausgabereste 1 950 228 747,46 DM
Somit ergibt sich ein Überschuss der Einnahmereste von 595 553 544,90 DM

Auf die Angaben in Nr. 1 Pkt. 2 dieser Denkschrift über die Zusammensetzung der Einnahmereste und auf die S. XLIV - XLVI der LHR über die Aufgliederung der Ausgabereste wird hingewiesen.

Das FM hat dem Finanzausschuss des Landtags mit Schreiben vom 16.08.1999 gemäß § 8 Abs. 4 StHG 1998/99 die in das Hj. 1999 übertragenen Ausgabereste mitgeteilt. Der Finanzausschuss hat hiervon in seiner 46. Sitzung am 14.10.1999 Kenntnis genommen.

Wie in den Vorjahren war die Landesregierung nach § 10 Abs. 2 StHG 1998/99 ermächtigt, unverbrauchte Mittel aus übertragbaren Bewilligungen (Ausgabereste) in Abgang zu stellen; sie hat diese Ermächtigung im Umfang von 73 Mio. DM ausgeschöpft.

4.2 Jahresvergleich

Die Übersichten 4 und 5 zeigen, wie sich die Haushaltsreste in den letzten Jahren entwickelt und wie sich die Ausgabereste auf die verschiedenen Ausgabearten verteilt haben.

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Anhänge

Die Schulden des Landes sind 1999 erneut um 1,5 Mrd. DM auf jetzt 59,3 Mrd. DM angewachsen. Die haushaltsmäßige Netto-kreditaufnahme war um rd. 0,7 Mrd. DM geringer als im Vorjahr.


1 Schuldenentwicklung

1.1 Die Verschuldung des Landes ist auch im Hj. 1999 angestiegen. Die Landesschulden und verlagerten Verpflichtungen haben sich wie folgt verändert:

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Im Laufe des Jahres 1999 nahm das Land auf Grund der Ermächtigung im StHG Kassenverstärkungskredite an 132 Tagen (Vorjahr 136 Tage) in Anspruch. Mit 315 Mio. DM war am 11.01.1999 die höchste Kreditaufnahme zu verzeichnen. Am 31.12.1999 waren keine Kassenkredite aufgenommen.

1.2 Die Schulden einschließlich der verlagerten Verpflichtungen sind 1999 um 1 470,6 Mio. DM (838,6 Mio. DM weniger als im Vorjahr) gestiegen (Schaubild 1).

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Im Hj. 1999 sind am Kapitalmarkt 6 999 Mio. DM neue Darlehen aufgenommen worden. Gleichzeitig wurden 5 999,5 Mio. DM getilgt. Die haushaltsmäßige Nettokreditaufnahme war somit 1999 mit 999,5 Mio. DM um 673,9 Mio. DM geringer als im Vorjahr (1 673,4 Mio. DM) und um 811,5 Mio. DM niedriger als veranschlagt (Schaubild 2). Da im Hj. 1999 ein kassenmäßiger Überschuss von 880,1 Mio. DM erwirtschaftet wurde, wäre zur Deckung der Ausgaben an sich nur eine Kreditaufnahme von 119,4 Mio. DM erforderlich gewesen.

Der gegenüber der Nettokreditaufnahme von 999,5 Mio. DM um 60 Mio. DM geringere Zuwachs der Kreditmarktschulden zum 31.12.1999 (939,5 Mio. DM) ist darauf zurückzuführen, dass von den im Jahr 1999 haushaltsmäßig gebuchten Kreditaufnahmen 60 Mio. DM bereits im Jahr 1998 valutiert waren.

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Die im Jahr 1999 um 521,1 Mio. DM gestiegenen Schulden gegenüber dem Bund und dem Lastenausgleichsfonds für den Wohnungsbau sind finanzwirtschaftlich nicht von Bedeutung, weil den Schuldendienstverpflichtungen entsprechende Einnahmen von den Darlehensnehmern gegenüberstehen.

Die Kreditfinanzierungsquote im Sinne des Anteils der Nettokreditaufnahme an den bereinigten Gesamtausgaben (ohne die besonderen Finanzierungsvorgänge) in Höhe von 55 975,5 Mio. DM hat sich gegenüber dem Vorjahr von 3,1 % um 1,3 Prozentpunkte auf 1,8 % verringert.

1.3 Die auf die L-Bank, die LEG Landesentwicklungsgesellschaft Baden-Württemberg mbH und die Finanzierungsgesellschaft für öffentliche Bauten mbH (Baufinanz) verlagerten Verpflichtungen, für die das Land den Schuldendienst oder den Finanzierungsaufwand erstattet, haben sich um 10 Mio. DM auf 870 Mio. DM erhöht.

2 Pro-Kopf-Verschuldung

Die Verschuldung des Landes am Kreditmarkt (einschließlich öffentliche Sondermittel) erhöhte sich zum 31.12.1999 auf 55 846,4 Mio. DM. Die Pro-Kopf-Verschuldung betrug danach 5 344 DM (Vorjahr 5 275 DM) und ist gegenüber dem 31.12.1998 um 1,3 % gestiegen; in den acht alten Flächenländern belief sie sich durchschnittlich - bei einer Steigerung um 1,1 % - auf 6 765 DM (Vorjahr 6 690 DM). Zur Pro-Kopf-Verschuldung im einzelnen s. Schaubild 3 und Übersicht 1.

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Baden-Württemberg liegt in der Pro-Kopf-Verschuldung weiter auf dem zweitbesten Platz der (alten) Flächenländer. Der Abstand zu Bayern, das seit langem die günstigste Pro-Kopf-Verschuldung aufweist, ist gegenüber dem Vorjahr wiederum etwas größer geworden. Gleichzeitig hat sich aber auch der Abstand zu den nachfolgenden Ländern (ausgenommen zu Hessen) vergrößert.

3 Kreditaufnahme und Schuldendienst

Die Entwicklung der jährlichen (haushaltsmäßigen) Brutto- und Nettokreditaufnahme sowie der Aufwendungen für den Schuldendienst in den letzten zehn Jahren zeigt Übersicht 2.

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Die Ist-Ausgaben des Schuldendienstes für die Kreditmarktmittel (Zinsen und Tilgungsleistungen Kap. 1206 Ausgabe-Tit.Gr. 86 - ohne Tit. 563 86 Ausgleichsstock-) waren im Hj. 1999 durch erheblich niedrigere Tilgungen um 2 474,3 Mio. DM (-21,3 %) geringer als im Vorjahr. Die geringeren Tilgungsleistungen sind darauf zurück zu führen, dass in den letzten Jahren im Hinblick auf die Festschreibung der günstigen Zinssätze überwiegend Kreditverträge mit langen Laufzeiten abgeschlossen wurden.

Die Zinsausgaben für die Kreditmarktschulden beliefen sich im Hj. 1999 auf 3 121,9 Mio. DM. Danach betrug die Zinsausgabenquote als Verhältniszahl der Zinsausgaben zu den bereinigten Gesamtausgaben 5,6 %.

Der Schuldendienst an die L-Bank und die Erstattung des Finanzierungsaufwands an die Baufinanz sowie an die LEG belief sich im Hj. 1999 auf 314,2 Mio. DM. Darin sind auch die Ersatzleistungen an die L-Bank für die Finanzierung des Darlehensanteils des Landes bei der Ausbildungsförderung für Studierende in Höhe von 66,8 Mio. DM enthalten, die aus systematischen Gründen dem gesamten Schuldendienst zuzurechnen sind.

Die Ausgaben des Schuldendienstes für die Kreditmarktmittel und der Aufwand für die verlagerten Verpflichtungen haben sich danach um 2 484,9 Mio. DM auf 9 435,6 Mio. DM verringert. Dementsprechend beträgt der Anteil des gesamten Schuldendienstes an den Gesamtausgaben des Landes 15,1 % (Vorjahr 18,5 %).

Der Schuldendienst erfordert somit rd. ein Sechstel der Gesamtausgaben und ist nach den Personalausgaben und den Ausgaben für Zuweisungen und Zuschüsse nach wie vor der drittgrößte Posten im Landesetat.

4 Kreditaufnahme - Investitionen - Steuereinnahmen

4.1 Nach Art. 84 LV dürfen die Einnahmen aus Krediten die Summe der im Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben für Investitionen nicht überschreiten. Im StHpl. waren für das Hj. 1999 Ausgaben für Investitionen (Hauptgruppen 7 und 8) in Höhe von 5 301,6 Mio. DM veranschlagt. Tatsächlich wurden im Hj. 1999 für Investitionen 5 245,4 Mio. DM verausgabt. Davon wurden 177,3 Mio. DM aus Privatisierungserlösen des Landes finanziert. Nach Abzug der Zuweisungen des Bundes und der Gemeinden (Obergruppe 33) und der sonstigen Beiträge Dritter (Obergruppe 34) für Investitionen des Landes in Höhe von insgesamt 845,9 Mio. DM beliefen sich die vom Land selbst finanzierten Investitionen im Hj. 1999 auf 4 399,5 Mio. DM. Demgegenüber betrug die Nettokreditaufnahme 999,5 Mio. DM. Das Land hat auch unter dieser einengenden Betrachtung des Investitionsbegriffs im Hj. 1999 die verfassungsmäßige Verschuldungsgrenze eingehalten.

4.2 Die Nettokreditaufnahmen und die Einnahmen aus Steuern haben sich in den letzten Jahren wie in Übersicht 3 dargestellt entwickelt.

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Das Steueraufkommen ist im Hj. 1999 gegenüber dem Vorjahr um 2 289 Mio. DM + 5,5 %) gestiegen und lag um 1 494 Mio. DM über dem Haushaltsansatz. Da den Steuermehreinnahmen entsprechende Mehrausgaben des Landes im Länderfinanzausgleich und im kommunalen Finanzausgleich gegenüberstanden, beliefen sich die gegenüber dem Haushaltsansatz verfügbaren Mehreinnahmen letztlich nur auf 869 Mio. DM.

Die Steuerdeckungsquote, d.h. das Verhältnis der Steuereinnahmen zu den bereinigten Gesamtausgaben ist im Hj. 1999 gegenüber dem Vorjahr (75,7 %) auf 78,0 % gestiegen.

4.3 Die Übersicht 4 zeigt die Entwicklung der wesentlichen Ausgabearten und die prozentualen Anteile an den bereinigten Gesamtausgaben des Landes in den letzten zehn Jahren.

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Die Personalausgaben sind im Hj. 1999 gegenüber dem Vorjahr um 564,2 Mio. DM (+ 2,5 %) gestiegen. Da die bereinigten Gesamtausgaben im Vergleich zum Vorjahr mit 1 373,1 Mio. DM im gleichen Verhältnis (+ 2,5 %) gewachsen sind, hat sich die Personalausgabenquote von 41,1 % gegenüber dem Vorjahr nicht verändert. Demgegenüber ist der Anteil der Zuweisungen und Zuschüsse einschließlich der Leistungen im Länderfinanzausgleich um 0,5 Prozentpunkte gestiegen. Während sich der Anteil der sächlichen Verwaltungsausgaben prozentual nicht verändert hat, ist die Investitionsquote wiederum auf jetzt 9,4 % zurückgegangen. Da die Zinsausgaben trotz des Schuldenzuwachses um 85,2 Mio. DM gesunken sind, hat sich auch die Zinsausgabenquote auf 5,6 % (Vorjahr 5,9 %) verringert.

4.4 In der Übersicht 5 sind die Zinsausgaben im Vergleich und im Verhältnis zu den Steuereinnahmen (Zins-Steuer-Quote) dargestellt. Danach musste im Hj. 1999 ein Anteil von 7,2 % des Steueraufkommens (Vorjahr 7,8 %) zur Deckung der Zinsverpflichtungen verwendet werden.

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Das Land gab auch 1999 weit mehr Mittel für Zinsen aus (3 122 Mio. DM), als es netto über Kredite einnahm (999,5 Mio. DM). Angesichts der sich abzeichnenden Veränderung des Zinsniveaus nach oben muss die in den beiden letzten Jahren begonnene Rückführung der Neuverschuldung konsequent fortgesetzt werden, um künftig wieder mehr finanziellen Handlungsspielraum für Investitionen zur Erfüllung wichtiger Aufgaben zu gewinnen.

5 Landesschuldbuch

Das Landesschuldbuch erbringt den ordnungsgemäßen Nachweis über die Buchschulden des Landes. Der RH hat die im Hj. 1999 in das Landesschuldbuch eingetragenen Schuldbuchforderungen geprüft. Die Prüfung hat keine Beanstandungen ergeben.


Anhänge

In den Jahren 1997 bis 2002 sind auf Grund von zwei Stellenabbauprogrammen insgesamt 6 721 Stellen einzusparen. Bis Ende 1999 sind 2 635,5 Stellen abgebaut worden. Die beiden Stellenabbauprogramme sollten weiterhin ohne Abstriche konsequent umgesetzt werden. Im Hinblick auf die hohen Personalausgaben im Landeshaushalt und die eintretende Erhöhung der Versorgungsausgaben werden auch über das Jahr 2002 hinaus weitere Stelleneinsparungen unumgänglich sein.


1 Vorbemerkung

In den Jahren 1993 bis 1996 war trotz eines Stelleneinsparprogramms ein effektiver Zuwachs von 2 047 Stellen zu verzeichnen (Denkschrift 1997 Nr. 5). Der Einsparung von 3 022 Stellen stand ein Zugang von 5 069 Neustellen gegenüber. Für die Jahre 1997 bis 2002 hat der Ministerrat zwei weitere Stellenabbauprogramme beschlossen.

2 Stellenabbauprogramme

2.1 „4000-Stellen-Abbauprogramm“

Der Ministerrat hat am 08.11.1993 zur dauerhaften Rückführung der Personalausgabenquote unter 40 % beschlossen, dass mittelfristig (1997 bis 2002) weitere 4 000 Stellen (rd. 2 % des damaligen Bestandes von 204 479 Stellen - ohne Anwärter) einzusparen sind. Hierbei sollen auch bisher vom Stellenabbau ausgenommene sog. Schwerpunktbereiche (167 032 Stellen) einbezogen werden. Die sog. Nichtschwerpunktbereiche (37 000 Stellen, das sind 18 %) hatten in den Jahren 1993 bis 1996 die Einsparlast zu tragen und eine Einsparquote von 8,2 % erbracht.

Die einzusparenden 4 000 Stellen sollen grundsätzlich aus allen Bereichen der Landesverwaltung erbracht werden. Der Stellenabbau soll von einem gezielten Aufgabenabbau in entsprechendem Umfang begleitet werden. Um Vorschläge hierfür zu erhalten, hat die Landesregierung auch externe Gutachter mit der Durchführung von Organisations- und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen in verschiedenen Verwaltungsbereichen beauftragt.

Für die Schwerpunktbereiche Lehrer mit 82 232,5 Stellen (40 % der Personalstellen), Polizei mit 29 715,5 Stellen und Hochschulen mit 23 252,5 Stellen wurden wegen der besonderen zu erwartenden Herausforderungen an diese Bereiche, wie steigender Schülerzahlen, Verbesserung der inneren Sicherheit und hochschulpolitischer Anstrengungen des Landes, keine konkreten Einsparziele vorgegeben; für diese Bereiche wurde aber eine Optimierung des Einsatzes der verfügbaren personellen Ressourcen erwartet. Die Universitäten müssen im Rahmen des sog. Solidarpakts bis zum Jahr 2006 1 500 Stellen einsparen.

Mit Beschluss vom 17.07.1995 hat der Ministerrat die Eckpunkte für die Einsparung der 4 000 Stellen festgelegt. Danach sollen in den Nichtschwerpunktbereichen 8 bis 12 % der Stellen (insgesamt 2 496 Stellen) eingespart werden. Mehrere bisher vom Stellenabbau ausgenommene Schwerpunktbereiche (Steuerverwaltung einschließlich der Oberfinanzdirektionen, Justizvollzug, Staatsanwaltschaften und Gerichtsbarkeit) sollen mit rd. 4 % = 1 197 Stellen am Stellenabbau beteiligt werden. Für die nicht von Gutachtern untersuchten Bereiche einschließlich der Ministerien wurde als Solidarbeitrag eine Einsparquote von 4 % vorgegeben; hierdurch können zusätzlich 429 Stellen abgebaut werden. Insgesamt können somit 4 122 Stellen eingespart werden. Dazu sind zum Ausgleich von Stellenzugängen in den Jahren 1995/1996 (119 Stellen) und 1999 (160 Stellen) weitere 279 Stellen zu streichen. Betroffen davon sind der Epl. 05 mit 6 Stellen, der Epl. 14 mit 83 Stellen und alle anderen Einzelpläne mit 190 Stellen. Von den danach insgesamt einzusparenden 4 401 Stellen können zur Sicherstellung der Einstellungskorridore bei entsprechend nachzuweisendem Bedarf in den Jahren 2000 und 2001 bis zu je 30 Stellen nach Entscheidung der Landesregierung verwendet werden. Von den 1997 bis 2002 zu streichenden Stellen können im Epl. 08 aus der Landesforstverwaltung bis zu 250 und im Epl. 10 aus der Straßenbauverwaltung bis zu 50 Stellenstreichungen durch eine auf Dauer zu gewährleistende Einsparung von Sachmitteln ersetzt werden.

2.2 „2320-Stellen-Abbauprogramm“

Die Landesregierung hat am 12.01.1998 beschlossen, dass zur weiteren Begrenzung der Personalkosten von 1998 bis 2002 zusätzlich zu dem 4 000-Stellen-Abbauprogramm 2 320 Stellen einzusparen sind; davon 2 120 Stellen in den Verwaltungen und 200 Stellen bei den Ministerien, beim Landtag und beim RH.

2.3 Stellenabbau insgesamt

Durch die beiden Abbauprogramme (4 401 + 2 320) mit insgesamt 6 721 zu streichenden Stellen soll neben der Kompensation von neuen Stellen insbesondere für Lehrer bis zum Jahr 2002 erstmals im Gesamtergebnis ein Stellenabbau von annähernd 3 000 Stellen erreicht werden.

3 Stellenabbau auf der Grundlage von externen Gutachten

Der RH hat überprüft, welche Vorschläge die externen Gutachter zur Personaleinsparung gemacht haben, inwieweit diese bisher von der Landesregierung umgesetzt worden sind und ob die in den Jahren 1997 bis 1999 einzusparenden Stellen auch weggefallen sind.

In der Übersicht 1 sind die von den externen Gutachtern untersuchten Bereiche, die von ihnen für möglich gehaltenen Stelleneinsparungen, der vom Ministerrat vorgegebene Stellenabbau und die Stelleneinsparungen in den Jahren 1997 bis 1999 dargestellt.

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Danach sind bei den begutachteten Bereichen zur Mitte des für den Stellenabbau vorgesehenen Zeitraums bereits mehr als 50 % der zu streichenden Stellen weggefallen.

4 Vollzug der Stelleneinsparprogramme

4.1 Einsparauflagen

Für den Vollzug des „4000-Stellenabbauprogramms“ von 1997 bis 2002 wurde für die Jahre 1997 bis 2001 in den jeweiligen Staatshaushaltsgesetzen festgelegt, wie viele Stellen in den jeweiligen Einzelplänen jährlich in Abgang zu stellen sind. Die Verteilung der in Vollzug des „2320-Stellenabbauprogramms“ von 1998 bis 2002 einzusparenden Stellen auf die Ressorts richtet sich nach einem Beschluss der Landesregierung vom 12.01.1998. Die näheren Einzelheiten für den Stellenabbau in den Jahren 1998 bis 2001 in den Einzelplänen wurden in den jeweiligen Staatshaushaltsgesetzen festgelegt. Die weiteren Festlegungen für den restlichen Stellenabbau werden im Staatshaushaltsgesetz für die Jahre 2002/2003 getroffen.

4.2 Stelleneinsparungen in den Jahren 1997 bis 1999

Der in den Jahren 1997 bis 1999 insgesamt durchgeführte Stellenabbau ist in der Übersicht 2 dargestellt.

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Dem Einsparungs-Soll von 2 738 Stellen stehen Einsparungen von 2 635,5 Stellen gegenüber. Von den Stelleneinsparungen entfallen 2 319,5 auf originäre Stellen, 127 auf Betriebe (zusammen 2 446,5 Stellen) und 189 auf Sachmittelstellen. Von den Einsparauflagen für die Jahre 1997 bis 1999 sind noch 102,5 Stellen abzubauen. In den Jahren 2000 bis 2002 müssen aus den beiden Stellenabbauprogrammen mit insgesamt 6 721 Stellen noch 4 085,5 Stellen abgebaut werden.

4.3 Stelleneinsparungen nach Laufbahngruppen

In der Übersicht 3 ist dargestellt, wie sich die weggefallenen 2 446,5 Stellen - ohne Sachmittelstellen - auf die einzelnen Laufbahngruppen verteilen. Hierbei wurden die Stellen für Angestellte und Arbeiter den jeweils vergleichbaren Laufbahngruppen zugeordnet.

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Die Übersicht zeigt, dass 61,5 % der eingesparten 2 446,5 Stellen auf den mittleren Dienst entfallen; danach folgen der einfache Dienst mit 16,1 %, der gehobene Dienst mit 11,5 % und der höhere Dienst mit 10,9 %. Der Stellenabbau wurde somit überproportional beim einfachen und mittleren Dienst vollzogen. Soweit der Stellenabbau auf Gutachten zur Verwaltungsreform zurückzuführen ist, haben die Gutachter in vielen Fällen eine Rationalisierung des Arbeitsablaufs einschließlich einer Änderung der Ablauforganisation vorgeschlagen. Von den Rationalisierungsmaßnahmen waren vorrangig Mitarbeiter im Schreib-, Boten- und Registraturdienst betroffen.

5 Statusbezogener Stellenabbau

Die Aufteilung der 2 446,5 eingesparten Stellen - ohne Sachmittelstellen - auf Beamte, Richter, Angestellte und Arbeiter (statusbezogen) ist in der Übersicht 4 dargestellt.

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Danach entfallen 1 576,5 Stellen (64,4 %) auf Angestellte, 538,5 Stellen (22,1 %) auf Beamte und Richter und 331,5 Stellen (13,5 %) auf Arbeiter.

6 Einsparung von Personalausgaben durch den Stellenabbau

Nach den Vorgaben in den Staatshaushaltsgesetzen sind die wegfallenden Stellen im Jahr des Wegfalls jeweils ab 01. Januar gesperrt und dürfen nicht mehr besetzt sein; dadurch wird jeweils ein volles Jahresgehalt eingespart.

In den jeweiligen Staatshaushaltsgesetzen ist festgelegt, dass für jede zu wenig gestrichene Stelle jährlich Sachmittel in Höhe von 80 000 DM einzusparen sind. Das FM hat in den vergangenen Jahren bei der Veranschlagung der globalen Minderausgaben für die jährlich wegfallenden Stellen teilweise geringere Beträge zu Grunde gelegt. Im Doppelhaushalt 2000/2001 hat das FM für jede wegfallende Stelle 80 000 DM berücksichtigt. Nach der Stellungnahme des FM erfolge die Veranschlagung der Globalen Minderausgaben auf Grund der Gegebenheiten bei der jeweiligen Planaufstellung. Eine vorsichtige Veranschlagung sei in diesem Fall auf Grund der Unwägbarkeiten geboten.

Der RH hat die eingesparten Haushaltsmittel für die in den Jahren 1997 bis 1999 gestrichenen Stellen nach den Richtsätzen für die Veranschlagung der Dienstbezüge ermittelt; er hat für jede zu wenig gestrichene Stelle und für die aus Sachmitteln finanzierten Stellen jeweils 80 000 DM zu Grunde gelegt. Außerdem hat der RH für den genannten Zeitraum alternativ die Minderausgaben für Personalausgaben auf der Basis von 80 000 DM je weggefallene Stelle berechnet.

Die unterschiedlichen finanziellen Auswirkungen dieser Vorgehensweise sind in der Übersicht 5 zusammenfassend dargestellt.

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Nach der Übersicht übersteigen die sich nach der Wertigkeit der gestrichenen Stellen ergebenden Minderausgaben (376,3 Mio. DM) die veranschlagten Globalbeträge (348,9 Mio. DM) um 27,6 Mio. DM, obwohl die geringer dotierten Stellen des einfachen und des mittleren Dienstes am stärksten zum Stellenabbau beigetragen haben (vgl. auch Übersicht 3). Die bei Zugrundelegung von 80 000 DM je wegfallende Stelle errechneten Minderausgaben (417 Mio. DM) übersteigen um rd. 68 Mio. DM die veranschlagten Beträge. Danach könnten bei einer ausgewogeneren Verteilung der Stelleneinsparungen auf die vier Laufbahngruppen die Personalausgaben weiter gesenkt werden.

7 Stelleneinsparungen in den Ministerien, beim Landtag und Rechnungshof

Nach dem Beschluss der Landesregierung vom 12.01.1998 sind die Ministerien verstärkt in den Stellenabbau einzubeziehen. Neben dem 4 %igen Stellenabbau im Rahmen des „4000-Stellenabbauprogramms“ mit 150 Stellen sind bei den Ministerien (beim Landtag und RH auf freiwilliger Basis) im „2320-Stellenabbauprogramm“ weitere 200 Stellen, also insgesamt 350 Stellen zu streichen. Übersicht 6 zeigt die Stelleneinsparungen in den Jahren 1997 bis 1999.

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Danach sind von 1997 bis 1999 erst 106,5 Stellen weggefallen. Das sind rd. 30 % der insgesamt bis 2002 zu streichenden 350 Stellen.

8 Zusammenfassung

8.1 Umsetzung der Gutachtervorschläge

Der Ministerrat hat gegenüber den Gutachtervorschlägen für einzelne Verwaltungen geringere Stelleneinsparungen beschlossen. Für die Bereiche Polizei, Denkmalschutzverwaltung und Naturschutzverwaltung hat er keine konkreten Vorgaben gemacht.

8.2 Umsetzung der Stellenabbauprogramme in den Jahren 1997 bis 1999

8.2.1 Der von der Landesregierung für die Jahre 1997 bis 1999 vorgegebene Abbau von 2 738 Stellen wurde um 102,5 Stellen nicht erreicht. Nach den Ausführungen des FM in DS 12/4256 konnten im Geschäftsbereich des IM (bei der Polizei) und des JuM (bei den Justizvollzugsanstalten) die Einsparauflagen aus dem 2320er Programm in 1999 noch nicht voll erfüllt werden, weil die erforderlichen Personal-Umsetzungsmaßnahmen aus der Versorgungsverwaltung und der ehemaligen Flüchtlingsverwaltung noch im Gange seien. Zum Ausgleich werde die entsprechende Zahl von Stellen nicht besetzt. Das MWK erbringe den finanziellen Ausgleich für die bisher noch nicht erfüllten Einsparauflagen (43,5 Stellen) durch eine globale Kürzung der Sachmittel (insgesamt 3,4 Mio. DM).

Die sich nach der vollständigen Umsetzung der beiden laufenden Stellenabbauprogramme im Jahr 2002 ergebende Stellenbilanz ist in der Übersicht 7 dargestellt.

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Wenn es der Landesregierung gelingt, neue Personalstellen nur im Wege eines kostenneutralen Ausgleichs zuzulassen, kann sie bei einer Umsetzung der Stellenabbauprogramme bis Ende 2002 erstmals einen Netto-Stellenabbau von annähernd 3000 Stellen erreichen.

8.2.2 Die Ministerien haben nach der Hälfte des Einsparzeitraumes von den bis Ende 2002 zu streichenden 350 Stellen erst 106,5 Stellen erbracht. Es wird daher großer Anstrengungen bedürfen, um bis Ende 2002 den Abbau der restlichen 243,5 Stellen zu erreichen.

8.3 Status und Wertigkeit der eingesparten Stellen

Der mittlere Dienst hat von den 2 446,5 eingesparten Stellen (ohne Sachmittelstellen) mit 1 503,5 Stellen (61,5 %), davon 454,5 Schreibkraftstellen, den weitaus höchsten Anteil erbracht. Der einfache Dienst hat mit 393,5 Stellen (davon 157 Stellen für Kraftfahrer), bezogen auf seinen geringen Anteil am Stellenbestand, weitaus am stärksten zum Abbau beigetragen. Bei einer ausgewogeneren Verteilung auf die vier Laufbahngruppen, könnten die Personalausgaben weiter gesenkt werden.

9 Stellungnahme des Ministeriums

Das FM hat gegen den Denkschriftbeitrag keine Einwendungen erhoben.

10 Ausblick

Ungeachtet der Umsetzung der Programme sind Zweifel angebracht, ob es wirklich zu einer nachhaltigen Reduzierung der Personalausgaben kommen wird. So werden nach Presseveröffentlichungen im Hinblick auf die Schülerzahlen und die schrittweise Einführung einer Fremdsprache an Grundschulen über die im Jahr 2000 zugegangenen 800 neuen Lehrerstellen im politischen Raum weitere Neustellen gefordert. Die vollständige Umsetzung des Besoldungsstrukturprogramms für die Polizei würde nach Unterlagen des FM zu jährlichen Mehrkosten von über 60 Mio. DM führen.

Im Hinblick auf die schwierige Haushaltslage des Landes hält es der RH daher für unerlässlich, alle Möglichkeiten zur Begrenzung der Personalausgaben auszuschöpfen. An den in den Jahren 2000 bis 2002 noch einzusparenden 4 085,5 Stellen aus den beiden laufenden Stellenabbauprogrammen dürfen daher keine Abstriche vorgenommen werden. Außerdem wird die Landesregierung nicht umhin kommen, über das Jahr 2002 hinaus für die Konsolidierung künftiger Landeshaushalte, auch im Hinblick auf die eintretende Erhöhung der Versorgungsausgaben, weitere Stelleneinsparungen zu beschließen. Hierzu wird darauf hingewiesen, dass die von den Gutachtern vorgeschlagenen Maßnahmen zur Rationalisierung und zum Aufgabenabbau noch nicht voll umgesetzt und die dort genannten Einsparpotenziale noch nicht ausgeschöpft sind (s. Übersicht 1).

Die Notwendigkeit für einen weiteren Stellenabbau ergibt sich auch dadurch, dass die geplanten Aufwendungen für die Neuen Steuerungsinstrumente von bis zu 650 Mio. DM zu einem beträchtlichen Teil durch die Einsparung von 3 500 Stellen finanziert werden soll. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass nach der Gesamtkonzeption für die Einführung Neuer Steuerungsinstrumente u.a. 220 Stellen für Controllingaufgaben veranschlagt wurden. Für diese Stellen wurden kw-Vermerke ausgebracht, die spätestens bis Ende 2009 zu vollziehen sind.

Vom Personalsektor ist nach Ansicht des RH ein wesentlicher Beitrag für die Konsolidierung künftiger Landeshaushalte nur zu erreichen, wenn künftig auch die Schwerpunktbereiche einbezogen werden. So geht der RH davon aus, dass die auf Grund des Rückgangs der Schülerzahlen für die Jahre 2007 bis 2009 ausgebrachten kw-Vermerke für Lehrerstellen s.Z. auch vollzogen werden. Ebenso wird nach Abschluss der Reorganisation der Polizei sowie der Umsetzung des Technik-Zukunftsprogramms mit einem Investitionsvolumen von rd. 680 Mio. DM der Polizeibereich in den Stellenabbau einzubeziehen sein.


Anhänge

Die Verwaltungspraxis bei der Beurlaubung von Beamten ohne Dienstbezüge zur Ausübung einer anderen Tätigkeit ist teilweise recht großzügig. Einzelne Beamte werden bis zum Ruhestand beurlaubt. Die Beurlaubung dient auch bei höheren Bezügen in der neuen Tätigkeit dem Erhalt der beamtenrechtlichen Versorgung. Dies führt zu erheblichen Kosten für das Land.


1 Ausgangslage

In einzelnen Bereichen der Landesverwaltung werden in zahlreichen Fällen Beamte, die eine andere Tätigkeit in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis innerhalb oder außerhalb des öffentlichen Dienstes übernehmen, nicht aus dem Beamtenverhältnis entlassen, sondern auf ihren Antrag unter Wegfall der Dienstbezüge beurlaubt. Damit steht ihnen die Möglichkeit offen, zumindest nach Ablauf der Beurlaubung den Dienst wieder aufzunehmen. Das im neuen Arbeitsverhältnis mit meist höheren Bezügen verbundene Risiko, durch Kündigung arbeitslos zu werden, besteht somit nicht. Bei der Beurlaubung bleibt außerdem die Anwartschaft auf Versorgung bestehen. Bei Anerkennung der Beurlaubungszeit als ruhegehaltfähige Dienstzeit und Erteilung eines Gewährleistungsbescheides sind die beurlaubten Beamten in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei und erhalten im neuen Arbeitsverhältnis höhere Nettobezüge.

Der RH hat die Praxis bei länger dauernden Beurlaubungen von Beamten zur Ausübung einer Tätigkeit innerhalb und außerhalb des öffentlichen Dienstes und deren finanzielle Auswirkungen auf den Landeshaushalt schwerpunktmäßig für die Bereiche MKS und MWK dargestellt.

2 Beurlaubung ohne Bezüge

2.1 Allgemeines

Bei der Beurlaubung eines Beamten besteht das Beamtenverhältnis unverändert fort, und der Beamte bleibt Inhaber seines statusrechtlichen sowie seines funktionell-abstrakten Amtes. Die Versorgungsanwartschaft besteht auch für den Fall des Eintritts der vorzeitigen Dienstunfähigkeit während der Beurlaubung, und zwar selbst dann, wenn sie durch die während der Beurlaubung ausgeübte anderweitige Tätigkeit verursacht wurde.

Die Versorgung des Beamten im Ruhestand und ggf. seiner Hinterbliebenen ist Ausfluss der sog. Alimentationspflicht des Dienstherrn, der die grundsätzlich auf Dauer angelegte Verpflichtung des Beamten zur Dienstleistung unter voller Hingabe an den Beruf gegenübersteht. Dies bedeutet, dass die Begründung eines Beamtenverhältnisses und die Gewährung von Alimentation einschließlich einer lebenslangen Versorgung dann gerechtfertigt sind, wenn der Beamte tatsächlich für seinen Dienstherrn dauerhaft Dienste leistet. Die Beurlaubung eines Beamten kann deshalb grundsätzlich nur für eine relativ kurze Dauer in Betracht kommen. Der Zweck eines Beamtenverhältnisses wird insbesondere dann verfehlt, wenn der Beamte durch längere Beurlaubung der Dienstleistung entzogen ist. Über die Erhaltung der Versorgungsanwartschaft wird ein solcher Urlaub praktisch aus öffentlichen Mitteln subventioniert.

2.2 Rechtsgrundlagen für die Beurlaubung

2.2.1 Für die Beurlaubung von Beamten gibt es zahlreiche Regelungen. Allgemeine Rechtsgrundlage für die Gewährung von Urlaub ohne Bezüge ist § 14 Abs. 1 UrlVO. Danach kann Urlaub aus sonstigen Gründen bewilligt werden, wenn dienstliche Gründe nicht entgegenstehen. Eine Beurlaubung für mehr als sechs Monate ist grundsätzlich nicht zulässig. In Ausnahmefällen kann die Beurlaubung über sechs Monate hinaus zugelassen werden.

§ 14 Abs. 1 UrlVO ist im Blick auf die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums richtigerweise auf eine Entpflichtung des Beamten von der Dienstleistung von nur kurzer Dauer angelegt. Der Ministerrat hat am 28.04.1992 beschlossen, dass Beurlaubungen über sechs Monate nach § 14 Abs. 1 UrlVO in der Regel nur bei Vorliegen eines „öffentlichen Interesses“ bewilligt werden sollen. Je länger der Urlaub ist, um so stärker wird das öffentliche Interesse an der vollen Dienstleistung berührt und um so höhere Anforderungen sind demgemäß an die Gewichtigkeit und Schutzwürdigkeit des geltend gemachten Urlaubsgrundes zu stellen (vgl. BVerwG, ZBR 1992, S. 310).

Auch nach der Begründung zum Entwurf einer Verordnung zur Änderung urlaubsrechtlicher und mutterschutzrechtlicher Vorschriften - Stand Sept. 1997 - gehen im allgemeinen langfristige Beurlaubungen über § 14 Abs. 1 UrlVO hinaus. Das WM hat in seiner Antwort auf eine Anfrage zur Reform des Vermessungswesens vom 25.06.1996 (DS 12/86) im Einvernehmen mit dem IM und dem FM die Auffassung vertreten, dass eine Ausdehnung des Urlaubs aus sonstigen Gründen nach § 14 Abs. 1 UrlVO auf „mehrere Jahre, u.U. sogar bis zum Eintritt des Versorgungsfalles“, nicht zulässig sei.

2.2.2 Durch Verordnung zur Änderung urlaubsrechtlicher Vorschriften vom 30.11.1998 (GBl. S. 633) wurde in § 14 Abs. 2 UrlVO eine neue Beurlaubungsmöglichkeit ab 01.01.1999 geschaffen. Danach kann abweichend von Abs. 1 „langfristig“ Urlaub ohne Bezüge zur Ausübung einer Tätigkeit bei einer Gesellschaft des privaten Rechts, die öffentliche Aufgaben wahrnimmt, unter den dort genannten Voraussetzungen bewilligt werden. Die Regelung wurde aufgenommen, weil die Ressorts auf Grund einer vom Kabinett eingesetzten Arbeitsgruppe übereinstimmend zum Ergebnis gekommen sind, dass die bisherige Praxis auf eine „exaktere rechtliche Grundlage“ gestellt werden sollte. Ein langfristiger Urlaub kann u.a. nur bewilligt werden, wenn eine Zuweisung des Beamten nach den Vorschriften des § 123 a BRRG ausscheidet.

2.2.3 Professoren der Universitäten, Pädagogischen Hochschulen und Fachhochschulen können im Interesse der Forschungsförderung an Forschungseinrichtungen, die zumindest teilweise aus Mitteln der öffentlichen Hand finanziert werden, insbesondere im Rahmen von Kooperationsvereinbarungen mit Universitäten, Pädagogische Hochschulen bzw. Fachhochschulen, bis zu zwölf Jahren unter Wegfall der Dienstbezüge beurlaubt werden, soweit dienstliche Gründe nicht entgegenstehen; eine Verlängerung der Beurlaubung ist möglich (z.B. § 67 Abs. 2 UG).

2.3 Auswirkungen auf das Besoldungsdienstalter und die ruhegehaltfähige Dienstzeit

Bei Beurlaubungen ohne Dienstbezüge nach Vollendung des 31. Lebensjahrs, bei Laufbahnen mit einem Eingangsamt der Bes.Gr. A 13 oder A 14 nach Vollendung des 35. Lebensjahrs, wird der Beginn des Besoldungsdienstalters hinausgeschoben.

Die Zeit einer Beurlaubung ohne Bezüge ist grundsätzlich nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BeamtVG nicht ruhegehaltfähig. Bei Beamten, bei denen nach dem Übergangsrecht noch der frühere degressiv gestaffelte Ruhegehaltssatz in vollem Umfang zur Anwendung kommt, vermindert sich außerdem der Ruhegehaltssatz, der sich ohne Beurlaubung ergibt, im Verhältnis der tatsächlichen ruhegehaltfähigen Dienstzeit zur fiktiven ruhegehaltfähigen Dienstzeit (sog. Versorgungsabschlag), sofern nicht öffentliche Belange oder dienstliche Interessen an der Beurlaubung anerkannt werden.

2.4 Verwaltungspraxis

Die Verwaltungspraxis bei der Beurlaubung von Beamten ist teilweise recht großzügig und steht im Widerspruch zu Sinn und Zweck beamtenrechtlicher Grundsätze sowie den urlaubsrechtlichen Vorschriften. Die Gesamtdauer von aufeinander folgenden Beurlaubungen für die Wahrnehmung anderweitiger Tätigkeiten beträgt in Einzelfällen 20 Jahre und mehr. Die Beurlaubungen werden häufig bis zum Eintritt in den Ruhestand verlängert. Der RH sieht eine zwingende Notwendigkeit, die bisherige Handhabung der Beurlaubung von Beamten zu überprüfen und für die Zukunft angemessene und rechtlich vertretbare Lösungen zu finden.

3 Tätigkeit bei demselben oder einem anderen Dienstherrn

Die Beurlaubung ist in der Regel nur für eine Tätigkeit bei einer anderen Stelle, die keine Dienstherrnfähigkeit im Sinne des § 121 BRRG besitzt (z.B. Tätigkeit bei einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts), zulässig. Für Tätigkeiten bei Stellen mit Dienstherrnfähigkeit schließen die speziellen Regelungen der Abordnung oder der Versetzung eine Beurlaubung aus. Dies gilt auch für die Beurlaubung zur Ausübung einer Tätigkeit beim selben Dienstherrn.

Gleichwohl werden Beamte zum Zweck der Beschäftigung im Angestelltenverhältnis bei öffentlich-rechtlichen Dienstherren beurlaubt. Diese Beurlaubungen dienen in der Regel dazu, den Bediensteten höhere Bezüge zu verschaffen, als sie die Vorschriften des Besoldungsrechts zulassen.

3.1 Tätigkeit von Lehrern an Pädagogischen Hochschulen

Der Ministerrat hat die Abordnung von Lehrern an die Pädagogischen Hochschulen (PH) des Landes als wissenschaftliche Mitarbeiter zur Heranbildung von wissenschaftlich ausgewiesenen Schulpraktikern als Nachwuchs für den Lehrkörper der PH beschlossen. Darüber hinaus werden Lehrer für die Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter beurlaubt und nicht abgeordnet, wenn keine adäquate Beamtenstelle zur Verfügung steht. Die PH begründen mit den beurlaubten Lehrern ein Arbeitsverhältnis mit Vergütung nach Verg.Gr. IIa BAT. Gleichzeitig wurden mit ihnen ohne Zustimmung des FM im Arbeitsvertrag übertariflich die Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfall und ein Beihilfeanspruch wie bei Beamten vereinbart. Obwohl bei den nach dem 30.09.1997 begründeten Arbeitsverhältnissen die Beihilfetarifverträge nicht mehr vereinbart werden dürfen, wurde diese Praxis fortgeführt. Auf Grund des Gewährleistungsbescheids des LBV sind die beurlaubten Lehrer in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei und erhalten höhere Nettobezüge als bisher.

MKS und MWK wollen gemeinsam mit dem FM die haushaltsrechtlichen Möglichkeiten schaffen, um in allen Fällen Abordnungen vornehmen zu können.

3.2 Tätigkeit an einem Universitätsklinikum

Ein Universitätsklinikum hat nach seiner Umwandlung in eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts bisher bei ihm schon tätige Beamte beurlaubt, um sie im Arbeitsverhältnis höher vergüten zu können.

Die Beurlaubung von Beamten für Tätigkeiten an derselben Dienststelle ist nach den urlaubsrechtlichen Vorschriften unzulässig und stellt im übrigen eine Umgehung der Vorschriften des Besoldungsrechts dar. Derartige Beurlaubungen sollten daher aufgehoben werden.

Das MWK ist der Auffassung, dass die Beurlaubung von Beamten der Universitätsklinika aus dem Beamtenverhältnis zum Zweck der höheren Vergütung im Arbeitsverhältnis möglich sein muss, um qualifizierte Mitarbeiter unterhalb der Ebene der Kaufmännischen Direktoren an den nach kaufmännischen Gesichtspunkten zu führenden Universitätsklinika zu gewinnen oder zu halten. Dies könne nur bei „marktgerechter Bezahlung“ gelingen. Da mit neuen Mitarbeitern nur noch Angestelltenverträge geschlossen werden, handele es sich um eine Übergangsproblematik.

3.3 Tätigkeit als Professurvertreter

Professoren der Bes.Gr. C 2 oder C 3 an Universitäten werden beurlaubt, um an derselben Universität eine höherwertige Professur im Angestelltenverhältnis zu vertreten. Für die Professur des Vertreters wird für die Dauer der Beurlaubung ebenfalls ein Professurvertreter derselben Universität bestellt. Die Professurvertretung wird in Einzelfällen bis zum Eintritt in den Ruhestand aus dem Beamtenverhältnis ausgeübt. Die beurlaubten Beamten sind auf Grund des vom LBV erteilten Gewährleistungsbescheids versicherungsfrei in der gesetzlichen Rentenversicherung. Damit keine Versicherungspflicht bei der Arbeitsförderung besteht, wird ihnen die Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfall bis zum Vertragsablauf zugesichert und Beihilfe im Krankheitsfall wie für Beamte gewährt. Diese Praxis führt dazu, den Mitgliedern der Hochschule eine um bis zu rd. 2 500 DM/monatlich höhere Vergütung zu verschaffen.

Werden von einem C 2- oder C 3-Professor Aufgaben einer anderen höherwertigen Professur desselben Fachs an der gleichen Universität vorübergehend ausgeübt, so ist die Gewährung einer höheren Vergütung grundsätzlich weder zwangsläufig noch erforderlich. Professoren sind unabhängig von ihrer Besoldungsgruppe in Forschung und Lehre gleichberechtigt (BVerfGE 57, 70, 94 ff.). Die Professoren sind im Rahmen der für ihr Dienstverhältnis geltenden Regelungen verpflichtet, Lehrveranstaltungen ihrer Fächer in allen Studiengängen abzuhalten; sie haben die zur Sicherstellung des Lehrangebots getroffenen Entscheidungen der Universitätsorgane zu verwirklichen (§ 64 Abs. 2 Sätze 1 und 2 UG). Dementsprechend ist nach Nr. 1.2 der Richtlinien über die Vertretung von Professuren eine Professurvertretung u.a. dann nicht zulässig, wenn die Aufgaben der Professur Mitgliedern der Hochschule im Rahmen ihres Hauptamtes übertragen werden können.

Das MWK hat die Querschnittsuntersuchung des RH zum Anlass genommen, in den Hinweisen zu den Richtlinien über die Vertretung von Professuren festzulegen, dass ein Professor ohne Ruf auf die freie Professur der eigenen Hochschule nicht als Professurvertreter mit einer höheren Vergütung als seinen derzeitigen Bezügen bestellt werden kann. Weiterhin soll bestimmt werden, dass von den Hochschulen die Vergütung mit dem Professurvertreter nach Möglichkeit mindestens eine Besoldungs- oder Vergütungsgruppe niedrigerer als die Besoldungs- oder Vergütungsgruppe der zu vertretenden Professur vereinbart werden soll.

Damit wird dem Anliegen des RH weitgehend entsprochen.

4 Übernahme einer finanziell attraktiven längerfristigen Position

Das Beamtenverhältnis wird in zahlreichen Fällen auch dann nicht durch Entlassung beendet, sondern aufrecht erhalten, wenn eine meist finanziell attraktive längerfristige Position außerhalb des Bereichs des öffentlich-rechtlichen Dienstherrn übernommen wird. Hierbei handelt es sich beispielsweise um eine

  • Tätigkeit als Geschäftsführer bei Unternehmen mit und ohne Landesbeteiligung,

 

  • Tätigkeit bei Körperschaften des öffentlichen Rechts ohne Dienstherrneigenschaft,

 

  • Tätigkeit bei kommunalen Bildungseinrichtungen oder Einrichtungen der Wissenschaftsförderung.

Die Beurlaubung dauert in diesen Fällen teilweise über 20 Jahre bzw. erstreckt sich oft bis zum Ruhestand. Durch diese Praxis entstehen dem Land hohe Versorgungslasten. Bei durchschnittlicher Lebenserwartung sind in derartigen Fällen die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis und die Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung für das Land grundsätzlich kostengünstiger als die spätere Versorgung des Beamten und seiner Hinterbliebenen.

Soweit im neuen Dienstverhältnis ein weiterer Anspruch auf Versorgung im Alter erworben wird, ergänzt dieser in der Regel die beamtenrechtliche Versorgung. Dies bedeutet, dass das Land im Versorgungsfall stets die vollen Versorgungsbezüge zahlen muss, während sich der Arbeitgeber im neuen Arbeitsverhältnis zu Lasten des Landes entlastet.

Nach Auffassung des RH ist es nicht hinnehmbar, dass durch die Beurlaubung das Beamtenverhältnis allein zur Sicherung der Anwartschaft auf beamtenrechtliche Versorgung aufrechterhalten wird. Soweit den Betreffenden insbesondere im Hinblick auf ihr Lebensalter die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis zumutbar ist, sind Beurlaubungen nicht mehr zu bewilligen.

Das MWK hält die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis bei Übernahme einer finanziell attraktiven längerfristigen Position wegen des Verlusts der beamtenrechtlichen Versorgung für problematisch, weil eine Mitnahme von bisher erworbenen Versorgungsanwartschaften beim Wechsel von einem Beamten- in ein Angestelltenverhältnis bislang nicht möglich ist. Es verweist auf die von der Expertenkommission „Reform des Hochschuldienstrechts“ vorgeschlagenen Mitnahmemöglichkeiten von Versorgungsanwartschaften.

Steht der höheren Vergütung für die neue Tätigkeit eine niedrige Versorgung im Alter gegenüber, so ist dies kein Umstand, der für die Beurlaubung ausschlaggebend sein sollte. Der Beamte muss diesen Umstand bei seiner Entscheidung, ob er weiterhin Dienst für den Dienstherrn leisten oder eine andere Tätigkeit aufnehmen will und deshalb das Beamtenverhältnis beendet werden muss, berücksichtigen.

5 Einstellung von Beamten unter gleichzeitiger Beurlaubung

Im Bereich der Wissenschaft werden Beamte in den Landesdienst eingestellt, sogleich mit der Ernennung ohne Bezüge langfristig oder sogar zeitlich unbegrenzt beurlaubt und bei einer außeruniversitären Forschungseinrichtung beschäftigt. Diese Praxis steht jedenfalls bei von vornherein unbefristeten Beurlaubungen mit dem Zweck der Begründung eines Beamtenverhältnisses nicht in Einklang. Nach Mitteilung des MWK besteht die Praxis seit Jahrzehnten unter der Bezeichnung „Jülicher Modell“ auch in anderen Bundesländern und sei ein wirksames Verfahren, um den Besonderheiten, z.B. der Förderung außeruniversitärer Forschungseinrichtungen, Rechnung zu tragen. Wissenschaftliches Personal bei Forschungseinrichtungen soll dadurch zugleich in die betreffende Hochschule eingebunden werden. Bewerber, die einen Ruf auf eine Professur erhalten haben, werden teilweise nach Vollendung des 50. Lebensjahres noch zu Professoren ernannt. Dies gilt selbst dann, wenn der Bewerber um die Professur schon jahrelang an der Forschungseinrichtung beschäftigt ist.

Der RH sieht zwar die zu Grunde liegenden besonderen Belange des Landes an der Gewinnung von Spitzenkräften für die außeruniversitären Forschungseinrichtungen, die gleichzeitig an der Universität Forschung und Lehre zu vertreten in der Lage sind, weist dennoch darauf hin, dass bei dauerhafter Beurlaubung das Beamtenverhältnis im Ergebnis zur Folge hat, eine beamtenrechtliche Versorgung zu verschaffen. Der Zeitraum von der Ernennung bis zum Erreichen der Altersgrenze beträgt in Einzelfällen nur zwölf Jahre. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass durch die Gewährung ruhegehaltfähiger Zuschüsse nach der Vorbemerkung Nr. 2 zur BBesO C von bis über 4 000 DM bei Berufungs- und Erhaltungsverhandlungen hohe ruhegehaltfähige Dienstbezüge erreicht werden. Der in diesen Fällen in der Regel entrichtete Versorgungszuschlag gleicht die dem Land entstehende Versorgungslast grundsätzlich nicht aus.

Das MWK ist der Auffassung, dass die Ernennung zum Professor an der Universität unter gleichzeitiger Beurlaubung für eine Tätigkeit bei einer Forschungseinrichtung im Arbeitsverhältnis wegen der Konkurrenz mit den anderen Forschungseinrichtungen und mit nationalen und internationalen Universitäten erforderlich ist. Das Jülicher Modell könne nicht durch ein Angestelltenverhältnis ersetzt werden, weil einer „angemessenen leistungsorientierten“ Vergütung im Angestelltenverhältnis, die die schlechtere Versorgung des Angestellten im Vergleich zum Beamten ausgleichen könnte, das Besserstellungsverbot entgegenstehe.

Das MWK hat zugesagt, in geeigneten Fällen zu prüfen, ob entweder mit den Berufenen ein Angestelltenverhältnis begründet oder die Bestellung zum Honorarprofessor unter Übertragung der korporationsrechtlichen Stellung eines beamteten Professors (§ 79 Abs. 2, 3 UG) vorgenommen werden kann. In beiden Fällen entstünden dem Land keine Versorgungslasten.

6 Beurlaubungen für den Auslandsschuldienst

Das Bundesverwaltungsamt - Zentralstelle für das Auslandsschulwesen - vermittelt Lehrkräfte an europäische Schulen. Die Lehrkräfte werden unter Fortzahlung der Dienstbezüge beurlaubt. Die Beurlaubungsdauer ist mit teilweise bis zu neun Jahren sehr lang.

Bei den vom Bundesverwaltungsamt an europäische Schulen vermittelten Lehrkräften werden dem Land die Dienstbezüge erstattet. Ein Ausgleich für die künftige Versorgungslast des Landes findet jedoch nicht statt.

Im Hinblick auf die teilweise lange Dauer der Beurlaubung mit Bezügen sollte geprüft werden, ob beim Bund auf die Zahlung eines Versorgungszuschlags als Ausgleich für die spätere Versorgungslast des Landes hingewirkt werden soll.

Nach Mitteilung des MKS sei diese Frage bereits im Dezember 1999 von der Kultusministerkonferenz mit dem Auswärtigen Amt erörtert worden. Da hierbei keine Einigung erzielt worden sei, habe die Kultusministerkonferenz um eine Entscheidung bei einer der nächsten Besprechungen des Bundeskanzlers mit den Regierungschefs der Länder gebeten.

7 Anerkennung öffentlicher Belange oder dienstlicher Interessen bei der Beurlaubung

Bei den Begriffen „öffentliche Belange“ und „dienstliche Interessen“ handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, die eng auszulegen sind. Der Begriff „öffentliche Belange“ erfüllt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in den einzelnen Gesetzen nach der ihnen jeweils zu Grunde liegenden Interessenlage eine unterschiedliche Funktion. Sein materieller Sinngehalt und seine besondere Bedeutung ergeben sich erst aus der Zweckbestimmung und Zielsetzung der jeweiligen gesetzlichen Regelung sowie aus dem systematischen Zusammenhang, in den der Begriff hineingestellt ist. Der Begriff „öffentliche Belange“ geht weiter als der Begriff „dienstliche Interessen“. Bei ihm sind nicht nur die eigenen Interessen des Dienstherrn des Beamten, sondern auch die Interessen anderer öffentlicher Dienstherren und Einrichtungen an der Beurlaubung zu berücksichtigen, sofern diese Interessen maßgeblich am Gemeinwohl orientiert sind oder zugleich auch mit dienstlichen Interessen im vorstehenden Sinne korrespondieren. Nach der beamtenrechtlichen Literatur können nicht nur die Interessen von öffentlichen, sondern auch die von privaten Einrichtungen, z.B. Privatschulen, wissenschaftliche Einrichtungen, öffentliche Belange sein.

Das Gegenstück zu den öffentlichen Belangen oder dienstlichen Interessen bilden rein private Interessen, entweder des Beamten selbst oder privatrechtlicher Gesellschaften oder Organisationen. Vielfach wird auch der Beamte ein Interesse an der Tätigkeit haben, zu der er beurlaubt wird, sei es, weil sie gut dotiert oder interessant und vielseitig ist, sei es, weil er sich Vorteile für sein späteres dienstliches Fortkommen davon verspricht.

Das nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BeamtVG und § 28 Abs. 3 BBesG erforderliche schriftliche Anerkenntnis des beurlaubenden Dienstherrn setzt nicht voraus, dass der Urlaub ausschließlich öffentlichen Belangen oder dienstlichen Interessen dient. Die öffentlichen Belange oder dienstlichen Interessen müssen jedoch überwiegen. Dies ist nicht bereits dann schon der Fall, wenn die Tätigkeit dem Dienstherrn Nutzen bringen kann.

Die beurlaubenden Dienststellen machen nach den Feststellungen des RH von der Anerkennung öffentlicher Belange oder dienstlicher Interessen teilweise sehr großzügig Gebrauch. Bestehen neben öffentlichen Belangen oder dienstlichen Interessen auch rein private Interessen des Beamten an der Beurlaubung, so wird häufig nicht geprüft, ob diese überwiegen. Die Anerkennung hat Auswirkungen auf das Besoldungsdienstalter und die ruhegehaltfähige Dienstzeit; sie führt deshalb zu erheblichen Mehrausgaben des Landes.

8 Zusicherung des Widerrufs des Beurlaubungsbescheids

Beurlaubte Beamte sind in der Krankenversicherung und Arbeitsförderung nur dann versicherungsfrei, wenn sie bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen haben. Dies scheitert im Regelfall daran, dass der Arbeitgeber nicht bereit ist, Vergütung und Beihilfe über den jeweiligen Entgeltfortzahlungszeitraum hinaus bis zum Ablauf der Beurlaubung zu gewähren. Deshalb wird teilweise zugesichert, dass das Land die Beurlaubung ab dem Zeitpunkt aufhebt, ab dem der Arbeitgeber diese Leistungen nicht mehr erbringt.

Das Risiko einer länger dauernden Dienstunfähigkeit während einer Beurlaubung kann nicht dem Land aufgebürdet werden. Dieses Risiko hat der Beamte bei seiner Entscheidung darüber, ob er sich für eine andere, meist finanziell lukrativere Tätigkeit beurlauben lassen will, mit abzuwägen.

9 Stellungnahmen berührter Ministerien

Das IM teilt im Wesentlichen die grundsätzlichen beamtenrechtlichen Bewertungen des RH zu länger dauernden Beurlaubungen. Eine zeitlich nicht begrenzte oder bis zum Ruhestand dauernde Beurlaubung eines Beamten widerspreche dem Sinn des Urlaubs und der mit der Begründung des Beamtenverhältnisses verbundenen Verpflichtung, für den Dienstherrn dauerhaft Dienst zu leisten. Bei einem Wechsel eines Beamten zu einer Stelle mit Dienstherrnfähigkeit komme regelmäßig keine Beurlaubung, sondern nur eine Abordnung oder Versetzung in Betracht. Eine Beurlaubung des Beamten zu dem Zweck, ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis zum selben Dienstherrn zu vereinbaren, um dadurch eine höhere Bezahlung zu erlangen, sei unzulässig. Zur Korrektur der festgestellten Beurlaubungspraxis sollten insbesondere die unbestimmten Rechtsbegriffe „dringende öffentliche Belange“ und „dienstliche Interessen“ in § 14 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b UrlVO restriktiver ausgelegt werden. Im Rahmen der Abwägung sollte die Frage vertieft geprüft werden, ob private Interessen des Beamten an der Aufnahme eines privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses überwiegen.

Das FM teilt ebenfalls die Auffassung des RH hinsichtlich einer restriktiveren Auslegung der Beurlaubungsvorschriften. Längerfristige Beurlaubungen sollten nur noch in den Fällen in Betracht kommen, in denen besondere Landesinteressen im Vordergrund stehen.

Das MWK will die Querschnittsuntersuchung des RH zum Anlass nehmen, künftig verstärkt in jedem Einzelfall auf die Beachtung der vom RH dargelegten Beurlaubungsgrundsätze hinzuwirken und insbesondere auch untersuchen, ob im Einzelfall statt der Beurlaubung vorrangig andere beamtenrechtliche Instrumentarien eingesetzt werden können.

10 Schlussbemerkung

Im Hinblick auf die positiven Stellungnahmen der beteiligten Ressorts zur grundsätzlichen Problematik der derzeitigen Beurlaubungspraxis erwartet der RH, dass für die Zukunft angemessene und rechtlich vertretbare Lösungen gefunden werden.


Anhänge

Die Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justizvollzugsanstalten geben jährlich fast 12 Mio. DM für Dolmetscherleistungen aus. Die durchschnittlichen Kosten je Einsatzstunde betragen 224 DM. Eine Ausgabenreduzierung in einer Größenordnung von 2 Mio. DM erscheint möglich.


1 Ausgangslage

Die Auslagen in Rechtssachen bei den Gerichten und anderen Justizdienststellen sind in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen. Der größte Anteil an diesen Auslagen entfällt auf die Aufwendungen für Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer, die sich allein in der ordentlichen Gerichtsbarkeit zwischen 1988 und 1998 von 53 Mio. DM auf 101 Mio. DM erhöht haben.

JuM und SM haben sich in jüngster Vergangenheit bei den Dolmetscherkosten um eine Ausgabenbegrenzung bemüht. Der RH hat diesen Bereich einer Querschnittsprüfung unterzogen. Hierbei wurden zusammen mit den vier StRPÄ bei 57 Staatsanwaltschaften, Justizvollzugsanstalten, Land-, Amts-, Arbeits- und Verwaltungsgerichten rd. 3 500 Dolmetscherabrechnungen analysiert.

2 Gesamtkosten

Das JuM und das SM hatten bislang keine Erkenntnisse über die Gesamtausgaben für Dolmetscher. Die Mittel für Sachverständige, Dolmetscher, Übersetzer und z.T. auch Zeugen waren bisher im Haushalt regelmäßig zusammengefasst. Das JuM hat ab dem Hj. 2000 durch Schaffung weiterer Buchungsabschnitte eine getrennte Erfassung vorgesehen und so für mehr Kostentransparenz gesorgt. Das SM hat für die Arbeitsgerichtsbarkeit ab dem Hj. 2001 eine entsprechende Gliederung angekündigt.

Der RH hat die landesweiten Ausgaben für Dolmetscherleistungen ersatzweise auf der Basis seiner Erhebung geschätzt. Danach geben die Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justizvollzugsanstalten fast 12 Mio. DM jährlich für Dolmetscher aus. Bezogen auf die reine Einsatzzeit errechnen sich Dolmetscherkosten von durchschnittlich 224 DM je Stunde. Die Aufteilung der Dolmetscherausgaben auf die verschiedenen Dienststellen ergibt sich aus Übersicht 1.

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Nur ein geringer Teil dieser Auslagen wird von den Prozessparteien erstattet, weil z.B. im Asylbereich oder von Beschuldigten in Strafverfahren regelmäßig kein Kostenersatz erfolgt. Nach den Prüfungserkenntnissen kann das Land im Durchschnitt lediglich 13 % der Dolmetscherausgaben wieder vereinnahmen; die Belastung des Landes beläuft sich danach auf über 10 Mio. DM.

In den vorstehenden Beträgen sind Dolmetscherausgaben aus anderen Bereichen der Landesverwaltung nicht enthalten. So werden von der Polizei daneben rd. 3,5 Mio. DM jährlich für diesen Zweck ausgegeben (s. Beitrag Nr. 7 Polizeiliche Ermittlungskosten).

Die Entschädigung eines Dolmetschers setzt sich aus der Entschädigung für die Einsatz-, Fahr- und Rundungszeit, den Fahrtkosten und sonstigen Kosten (u.a. Umsatzsteuer) zusammen. Über 90 % der Gesamtkosten werden durch den Faktor Zeit beeinflusst. Einsatzzeit ist dabei die Zeit, die der Dolmetscher tatsächlich als Dolmetscher tätig ist. Unter Rundungszeit wird verstanden, dass die letzte, bereits begonnene Stunde voll gerechnet wird. Die Anteile der Einsatz-, Fahr- und Rundungszeit an den Gesamtstunden zeigen, dass der Dolmetscher nur etwa die Hälfte der abgerechneten Zeit für seine eigentliche Tätigkeit benötigt (s. Schaubild 1).

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3 Vergütungspraxis

Nach § 17 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) sind Dolmetscher wie Sachverständige zu entschädigen. Die Entschädigung der Sachverständigen beträgt für jede Stunde der erforderlichen Zeit 50 - 100 DM. Diese Entschädigung kann bei hauptberuflichen Sachverständigen um einen sog. Berufszuschlag von bis zu 50 % überschritten werden. Mit Sachverständigen, die häufiger herangezogen werden, kann nach § 13 ZSEG eine Vereinbarung geschlossen werden.

In der Praxis haben sich bei den einzelnen Dienststellen überwiegend übliche Vergütungssätze für die Dolmetscher herausgebildet. Eine Differenzierung nach Schwierigkeit der Leistung ist kaum festzustellen. Ein Informationsaustausch der Dienststellen - auch soweit sie sich am selben Standort befinden - über ihre Verfahrensweise findet regelmäßig nicht statt. Die Kostendifferenzen zwischen den verschiedenen Dienststellen sind teilweise zwar verfahrensbedingt und somit nicht beeinflussbar; bei den Arbeitsgerichten sind z.B. besonders kurze Einsatzzeiten anzutreffen. Bei detaillierter Betrachtung sind aber auch Abweichungen festzustellen, die auf eine unterschiedliche Gesetzesanwendung zurückzuführen sind. Die Unterschiede in der Vergütungspraxis werden nachstehend an Hand einiger Kennzahlen aufgezeigt.

3.1 Kosten je Gesamtstunde

Die angefallenen Kosten für die gesamte vergütete Zeit werden nach Dienststellen gegliedert in Übersicht 2 dargestellt.

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Die niedrigen Werte in der Verwaltungsgerichtsbarkeit sind insbesondere auf den Abschluss von Vereinbarungen zurückzuführen.

3.2 Kostenunterschiede derselben Dolmetscher

Die Vergütung derselben Dolmetscher (Stundensatz, ggf. Berufszuschlag und Umsatzsteuer) variierte bei unterschiedlichen Dienststellen teilweise erheblich. So erhielt ein Dolmetscher in Schwetzingen 122 - 131 DM, in Karlsruhe 98 - 131 DM und in Freiburg 139 DM. Ein anderer wurde beim Amtsgericht Esslingen mit 139 DM und bei den Verwaltungsgerichten Karlsruhe und Sigmaringen mit je 98 DM vergütet. Einem dritten Dolmetscher wurden beim Amtsgericht Bad Säckingen 55 DM und beim Amtsgericht Schopfheim 75 DM ausgezahlt. Die meisten Dolmetscher passen ihre Forderungen dem bei der jeweiligen Dienststelle üblichen Rahmen an.

3.3 Stundensatz

Der durchschnittliche Stundensatz ohne Berufszuschlag betrug bei den geprüften Gerichten und sonstigen Justizdienststellen landesweit 72 DM. Rund 50 % aller Dolmetschereinsätze entfallen auf die Sprachen in der Türkei, im ehemaligen Jugoslawien und in Albanien. In der Praxis werden häufig Dolmetscher ohne spezifische Ausbildung, die ihre Muttersprache dolmetschen, eingesetzt. Ihre Leistungen erfüllen offenbar die Erwartungen der Richter und anderer Auftraggeber. Nach Auffassung des RH sollte deshalb der Einsatz von Muttersprachlern im Dolmetscherbereich intensiviert werden. Abstriche an der fachlichen und persönlichen Eignung müsste dies nicht zwangsläufig zur Folge haben.

Dolmetscher werden nach derzeitiger Rechtslage innerhalb desselben Vergütungsrahmens entschädigt wie Sachverständige. Bei den Sachverständigen handelt es sich häufig um Hochschulabsolventen etwa aus medizinischen oder technischen Bereichen. Der RH hält es gerade beim Einsatz von Dolmetschern ohne Hochschulabschluss für angemessen, den Stundensatz im unteren Bereich des Vergütungsrahmens von 50 - 100 DM anzusiedeln.

Zwischen den Justizdienststellen waren bei der Dolmetscherentschädigung teilweise erhebliche Unterschiede festzustellen. Auch das Preisniveau zwischen den einzelnen Einsatzorten wich deutlich voneinander ab. In ländlichen Gebieten wurden im Durchschnitt 66 DM, in Stuttgart 75 DM gezahlt. In Freiburg differierten die durchschnittlichen Stundensätze zwischen den einzelnen Dienststellen um bis zu 13 DM. Zwischen den Arbeitsgerichten waren mit 14 DM die höchsten Abweichungen des durchschnittlichen Stundensatzes anzutreffen.

Beim landesweiten Vergleich der Dienststellen wiesen die Justizvollzugsanstalten mit 74 DM den höchsten durchschnittlichen Stundensatz auf; sie entschädigen Dolmetscher für das Überwachen von Besuchen bei Untersuchungshäftlingen. Im Gegensatz zu der Aufgabe vor Gericht muss der Dolmetscher das Gespräch nicht übersetzen, sondern lediglich überwachen. Daher wäre eher eine unterdurchschnittliche Entschädigung angebracht, weil sich nach dem ZSEG die Vergütung insbesondere an der Schwierigkeit der Leistung zu orientieren hat.

Die Polizei zahlt nach den Erkenntnissen des RH aus einer anderen Prüfung (s. Beitrag Nr. 7 Polizeiliche Ermittlungskosten) erheblich geringere Stundensätze. So erhalten beeidigte Dolmetscher regelmäßig bis zu 55 DM. Zum Teil waren bei der Polizei dieselben Dolmetscher wesentlich kostengünstiger als vor Gericht im Einsatz. In einem Einzelfall erhielt ein Dolmetscher in der ordentlichen Gerichtsbarkeit eine um 134 % höhere Vergütung je Stunde. Auch in der Bundesverwaltung werden niedrigere Stundensätze als in der Justiz gezahlt.

3.4 Berufszuschlag

Hauptberufliche Dolmetscher können nach § 3 Abs. 2 ZSEG einen sog. Berufszuschlag von bis zu 50 % erhalten. Die Höhe des Berufszuschlags soll den Verdienstausfall im Vergleich zu einer Tätigkeit in der freien Wirtschaft teilweise ausgleichen. Die landesweiten Ausgaben für den Berufszuschlag betragen jährlich rd. 2,8 Mio. DM.

In rd. 76 % der geprüften Fälle wurde ein Berufszuschlag an hauptberufliche Dolmetscher angewiesen (s. Übersicht 3). Der Berufszuschlag betrug in der Mehrheit der Fälle 50 %. Eine Ausnahme stellt die Verwaltungsgerichtsbarkeit dar; dort lag der Zuschlag nur in 8 % der Fälle über 30 %.

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Der RH hält es für bemerkenswert, dass in der ordentlichen Gerichtsbarkeit und den Vollzugsanstalten bei Zahlung des Berufszuschlags weit überwiegend der Höchstsatz von 50 % gewährt wurde. In der Verwaltungs-, aber auch in der Arbeitsgerichtsbarkeit war eine häufigere Abstufung des Zuschlags anzutreffen. Die Polizei zahlt bis zu 30 % als Berufszuschlag.

3.5 Fahrzeit und Fahrtkosten

Die Fahrzeit wird dem Dolmetscher ebenso nach Stundensatz und ggf. Berufszuschlag vergütet. Die jährlichen Gesamtausgaben für die Fahrzeit betragen landesweit rd. 4,4 Mio. DM. Im Durchschnitt betrug die Fahrzeit 1,3 Std. Zwischen den einzelnen Dienststellen variierte sie je nach Standort und Dienststelle stark. Die durchschnittlichen Fahrzeiten nach Dienststellen lagen zwischen 1,2 und 2,4 Std. In Freiburg waren durchschnittliche Fahrzeiten zwischen 0,9 und 6,3 Std. anzutreffen.

Die Fahrtkosten in Höhe von rd. 540 TDM jährlich setzen sich aus den Kosten für öffentliche Verkehrsmittel und der Kilometerentschädigung bei Kfz-Benutzung zusammen. Nach der Erhebung betrug die durchschnittliche Fahrtstrecke (Hin- und Rückfahrt) bei den abgerechneten Kfz-Fahrten 46 km. In der Verwaltungsgerichtsbarkeit waren mit einer durchschnittlichen Fahrtstrecke von 178 km erhebliche Abweichungen von diesem Wert festzustellen.

Nach Auffassung des RH sollten Richtwerte von maximal 1 Std. Fahrzeit und 40 km Fahrtstrecke im Interesse einer Kostenbegrenzung zumindest in Ballungsräumen und bei gängigen Sprachen angestrebt werden.

4 Schlussfolgerungen

Der RH hält eine Reduzierung der Dolmetscherkosten durch den Abschluss von Vereinbarungen und einen verbesserten Informationsaustausch zwischen den Dienststellen für möglich und geboten.

4.1 Vereinbarungen

In der Verwaltungsgerichtsbarkeit wurden seit 1997 mit Dolmetschern Rahmenvereinbarungen mit regelmäßig folgendem Inhalt abgeschlossen: Stundensatz für die Einsatzzeit 65 DM, Stundensatz für die Fahrzeit 55 DM, Berufszuschlag 30 %. Im Juni 1999 lagen 147 Vereinbarungen vor; 78 % aller Fälle wurden in der Verwaltungsgerichtsbarkeit nach Vereinbarungen abgerechnet.

Das JuM hat im Dezember 1997 die Oberlandesgerichte Karlsruhe und Stuttgart ermächtigt, mit Dolmetschern Rahmenvereinbarungen abzuschließen. Die Oberlandesgerichte haben von der Ermächtigung zunächst keinen Gebrauch gemacht. Das JuM hat daraufhin im Mai 1998 die Ermächtigung auf die Präsidenten der Land- und Amtsgerichte ausgeweitet. Zum Stichtag 01.06.1999 waren nur in fünf der acht Landgerichtsbezirke im Oberlandesgerichtsbezirk Stuttgart insgesamt 97 Vereinbarungen abgeschlossen, im gesamten Oberlandesgerichtsbezirk Karlsruhe keine. In der ordentlichen Gerichtsbarkeit wurden im Erhebungszeitraum somit nur 3 % der Fälle nach Vereinbarungen abgerechnet.

Das Landesarbeitsgericht hat im Dezember 1998 die Arbeitsgerichte aufgefordert, Vereinbarungen abzuschließen. Am 01.06.1999 lagen lediglich vier Vereinbarungen vor.

Durch die Vereinbarungen konnten erhebliche Einsparungen und Verwaltungsvereinfachungen erreicht werden. Nach den Prüfungsfeststellungen lagen in Fällen mit Vereinbarungen die durchschnittlichen Stundensätze mit 65 DM für die Einsatzzeit und 55 DM für die Fahrzeit deutlich niedriger als in Fällen ohne Vereinbarung mit 72 DM. Die Höhe des Berufszuschlags verringerte sich mit Vereinbarungen ebenfalls.

Würde die Abrechnung nach Vereinbarungen auch bei den anderen Dienststellen den derzeitigen Anteil in der Verwaltungsgerichtsbarkeit von 78 % erreichen, betrügen die Minderausgaben etwa 1,5 Mio. DM. Der RH hat das JuM und das SM gebeten, den Abschluss von Vereinbarungen weiter zu forcieren.

4.2 Informationsaustausch

Die Erhebungen haben deutliche Vergütungsunterschiede zwischen den Dienststellen offen gelegt. Ein Informationsaustausch auch zwischen Dienststellen am selben Standort findet kaum statt. Im Interesse einer Kostendämpfung wäre es zumindest an den großen Behördenstandorten sinnvoll, einen regelmäßigen, ressortübergreifenden Informationsaustausch der Dienststellen mit Dolmetscherausgaben einzuführen. Damit könnte der Abschluss von Vereinbarungen wirkungsvoll ergänzt werden.

Der Informationsaustausch kann auch einen verstärkten Einsatz ortsnaher Dolmetscher fördern, sodass bei Erreichen der vom RH genannten Richtwerte erhebliche Einsparungen bei der Entschädigung der Fahrzeit und der Fahrtkosten zu erwarten sind.

5 Umsatzsteuer, Zahlungsweg

Wenn Dolmetscher Umsatzsteuer geltend machen, wird sie ihnen regelmäßig erstattet. Nur die Arbeitsgerichtsbarkeit verlangt generell einen Nachweis oder eine Glaubhaftmachung der Steuerpflicht.

Der RH hat im Rahmen seiner Erhebung festgestellt, dass in der ordentlichen Gerichtsbarkeit rd. 75 % der Dolmetscherkosten bar ausgezahlt wurden. Dies sind rd. 6,8 Mio. DM jährlich. In den übrigen Bereichen - Arbeitsgerichte, Verwaltungsgerichtsbarkeit und Justizvollzugsanstalten - wurde die Entschädigung unbar angewiesen. Die Finanzämter haben nur begrenzte Möglichkeiten, die von den Dienststellen geleisteten Barzahlungen nachzuprüfen.

Der RH hat das JuM gebeten, von den Dolmetschern künftig eine Erklärung über ihre Umsatzsteuerpflicht zu verlangen und auf Barauszahlungen auch im Interesse einer Verwaltungsvereinfachung zu verzichten. Das Ministerium hat eine Einstellung der Barauszahlungen angekündigt.

6 Gesetzesnovellierung

Die Justizministerkonferenz hat die Kostenreferenten der Landesjustizverwaltungen und des Bundesministers der Justiz beauftragt, eine Gesamtreform des Justizkostenrechts vorzubereiten. Erste Arbeitsentwürfe für ein Gesetz über die Entschädigung von ehrenamtlichen Richtern, Zeugen, Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern liegen vor.

Der RH hat das JuM auf der Grundlage seiner Prüfungserkenntnisse gebeten, folgende Regelungen in die Reformüberlegungen einzubringen:

  • Bei der Festlegung von Stundensätzen und des Berufszuschlags sollte das niedrigere Niveau außerhalb der Justiz und in der Verwaltungsgerichtsbarkeit berücksichtigt werden.

 

  • Der Abschluss von Vereinbarungen sollte auch in Zukunft möglich sein.

 

  • Weiter sollte die Rundungszeit für die letzte, bereits begonnene Stunde abgeschafft werden. Heute ist es ohne Schwierigkeiten technisch möglich, die zu vergütende Zeit nach Minuten abzurechnen. Die Rundungszeit führt allein im Dolmetscherbereich landesweit zu jährlichen Kosten von 1,4 Mio. DM.

7 Stellungnahmen der Ministerien

7.1 Justizministerium

Das JuM stimmt dem Prüfungsziel des RH, eine kostengünstigere Zuziehung von Dolmetschern zu erreichen, grundsätzlich zu. Der Rechtsgewährung als Hauptaufgabe der Justiz müsse jedoch auch bei der Dolmetscherauswahl Priorität eingeräumt werden. Eine einseitige Betonung fiskalischer Interessen könnte den Anforderungen an Qualität und Zuverlässigkeit der Dolmetscher zuwiderlaufen. Über die Dolmetscherauswahl entschieden die Gerichte in richterlicher Unabhängigkeit. Ein Vergleich mit Stundensätzen bei der Polizei oder im Bundesbereich scheide aus, weil diese ihre Dolmetscherleistungen am freien Markt einkaufen würden, die Justiz aber an das ZSEG gebunden sei.

Die Justizverwaltung in Baden-Württemberg habe sich als eine der Ersten entschlossen, auch im Dolmetscherbereich Rahmenvereinbarungen abzuschließen. In der ordentlichen Gerichtsbarkeit sei die Zahl der Vereinbarungen inzwischen von 97 auf 170, davon 42 im Oberlandesgerichtsbezirk Karlsruhe, erhöht worden. Der Präsident des Oberlandesgerichts Karlsruhe habe zudem in einem Rundschreiben für seinen Bezirk gebeten, den Gebührenrahmen bei der Festsetzung der Dolmetscherentschädigung in differenzierterer Weise je nach Schwierigkeit der Dolmetschertätigkeit anzuwenden, wobei bei „normaler“ Dolmetschertätigkeit in einer gängigen Sprache ein Stundensatz von 60 DM als angemessen erachtet werde.

Bei der Gesetzesnovellierung seien nach derzeitigem Verfahrensstand Rahmenvereinbarungen, feste Stundensätze, ein einheitlicher Berufszuschlag sowie reduzierte Stundensätze für Fahrzeiten vorgesehen. Zur Höhe des Stundensatzes seien noch keine Festlegungen getroffen worden. Die Rundungszeit solle entgegen ursprünglichen

Überlegungen aus Vereinfachungsgründen beibehalten werden, da bei unmittelbarer Auszahlung der Vergütung nach dem Termin eine zeitgenaue Abrechnung Probleme aufwerfen könne.

7.2 Sozialministerium

Auch das SM misst dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beim Dolmetschereinsatz hohe Bedeutung zu. Es weist aber gleichzeitig auf die in der Arbeitsgerichtsbarkeit notwendigen Qualitätsanforderungen hin. Die Abwicklung des Dolmetschereinsatzes werde durch das eingesetzte DV-Programm z.B. bei der Terminkoordination und der Vergütungsabrechnung optimiert. Das SM will das Landesarbeitsgericht nochmals zum Abschluss von Vereinbarungen auffordern.

8 Schlussbemerkung

Der RH anerkennt die Initiativen der berührten Ressorts, die Kostensituation im Dolmetscherbereich zu verbessern. Durch Rahmenvereinbarungen, differenzierte Stundensätze und den Einsatz ortsnaher Dolmetscher können weitere Einsparungen in einer Größenordnung von 2 Mio. DM erzielt werden.

Die Angebotssituation am Dolmetschermarkt und das niedrigere Vergütungsniveau im Polizei- und Bundesbereich sollten Eingang in die anstehende Reform des Justizkostenrechts finden. Die Abschaffung der Rundungszeit kann bei unbarer, nachträglicher Auszahlung der Vergütung keine verfahrenstechnischen Schwierigkeiten mit sich bringen.


Anhänge

Die Polizeidienststellen bezahlen für die Inanspruchnahme von Ärzten, Labors und Dolmetschern zu hohe Vergütungen. Durch gezielte Auswahl der Vertragspartner lassen sich bei den Ermittlungskosten Einsparungen erzielen. Mit einer Neukonzeption der Untersuchungsstellen für die Analyse von Blutproben kann das Land weitere Einsparpotenziale erschließen.


1 Ausgangslage

Bei Erfüllung ihrer Aufgaben nimmt die Polizei auch Leistungen Dritter gegen Entgelt in Anspruch. Hierfür standen der Landespolizei (Kap. 0314) und dem Landeskriminalamt (Kap. 0318) 1998 und 1999 jährlich zusammen über 18 Mio. DM zur Verfügung. Insbesondere wurden damit Blutentnahmen und Blutuntersuchungen (rd. 4,5 Mio. DM), Dolmetscher (rd. 3,5 Mio. DM) und Sachverständige (rd. 3,7 Mio. DM) bezahlt.

Der RH hat die sparsame und wirtschaftliche Verwendung der Mittel für Ermittlungskosten untersucht und dazu bei elf Polizeidienststellen Daten erhoben und analysiert.

2 Ausgaben der untersuchten Dienststellen

Von den angeschriebenen elf Dienststellen haben zehn die erbetenen Unterlagen geliefert. Sie haben im Hj. 1998 zusammen rd. 7 Mio. DM für Ermittlungen ausgegeben. Übersicht 1 zeigt die größten Ausgabenpositionen. Die weniger ausgabenintensiven Bereiche Lebensmittelproben, Zeugenentschädigungen und Auslobungen sowie Belohnungen (zusammen 185 125 DM) wurden nicht näher betrachtet.

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3 Blutentnahmen

3.1 Blutentnahmen, die bei Verdacht einer unter Einwirkung von Alkohol oder anderen Stoffen (Medikamente, Drogen) begangenen Straftat oder Ordnungswidrigkeit (z.B. Fahren eines Kraftfahrzeuges) angeordnet werden, dürfen nur Ärzte durchführen. Für ihre Tätigkeit haben sie Anspruch auf Entschädigung, die sich nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) richtet. Die nach Tages-/Nachtzeit und Ort der Blutentnahme gestaffelten Sätze reichen von 40,47 DM bis über 183 DM zuzüglich Wegegeld (Fahrtkosten).

3.2 Nach der VwV des IM über die Gebühren der Ärzte für die Mitwirkung bei der Feststellung der Alkoholbeeinflussung bei Straftaten und Ordnungswidrigkeiten vom 10.06.1996 sollen niedrigere (Pauschal-) Gebühren mit Ärzten vereinbart werden, die regelmäßig für die Polizei Blutproben entnehmen. Bei Blutentnahmen in Krankenhäusern sollen pauschal tagsüber 43 DM und nachts 75 DM erstattet werden.

3.3 Nur die Polizeidirektionen Freiburg, Konstanz und Waldshut-Tiengen haben mit allen Ärzten entsprechende Vereinbarungen getroffen, die zwischen 10 % und 30 % unter den Sätzen der GOÄ liegen. Auch wurden niedrigere Wegegelder vereinbart. In den anderen Bezirken ist es nur teilweise gelungen, Vereinbarungen abzuschließen bzw. Krankenhäuser kostengünstig einzubinden. Deshalb sind die von den Dienststellen zu zahlenden Gebühren sehr unterschiedlich (s. Übersicht 2).

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Die Polizeidirektionen Reutlingen (98 %), Waldshut-Tiengen (92 %) und Aalen (86 %) lassen Blutentnahmen meistens in Krankenhäusern durchführen und erreichen dadurch sehr günstige durchschnittliche Gebührensätze; die übrigen Dienststellen fordern überwiegend frei praktizierende Ärzte an, das PP Mannheim fast ausnahmslos, was zu über 300 % höheren Gebühren führt als in Reutlingen.

Die Entscheidung, wer für die Polizei tätig wird, und die ausgehandelten Honorare haben Auswirkungen auf die durchschnittlichen Kosten der Blutentnahmen. Sie liegen in Reutlingen bei 43,32 DM und in Mannheim bei 141,59 DM, obwohl in Mannheim die GOÄ-Gebühren i.d.R. um 15 % gekürzt werden. Damit ist eine Blutentnahme in Mannheim im Schnitt 98,27 DM teurer als in Reutlingen. Bei rd. 1 388 Blutentnahmen entstehen in Mannheim 136 399 DM höhere Kosten, als sie bei einer gleichen Anzahl von Blutentnahmen in Reutlingen entstanden wären. Bei der LPD Stuttgart II liegen die durchschnittlichen Kosten - wenn Ärzte außerhalb ihrer Praxis tätig werden - mit 155,93 DM/Entnahme (incl. Wegegeld) am höchsten. Der Durchschnittspreis erreicht damit fast die GOÄ-Gebühr für Blutentnahmen bei Nacht (157,89 DM zuzüglich Wegegeld); dies ist angesichts des Umstandes, dass nachts ein zentraler Bereitschaftsdienst eingerichtet ist, nicht gerechtfertigt. Verglichen mit der PD Reutlingen sind in Stuttgart die Kosten für Blutentnahmen außerhalb der Praxisräume des Arztes mehr als doppelt so hoch; bei 485 Blutentnahmen macht das Mehrkosten von fast 40 000 DM aus.

3.4 Empfehlungen des Rechnungshofs

3.4.1 Die Ausgaben für Blutentnahmen sind bei der PD Reutlingen mit Abstand am niedrigsten, weil dort 98 % der Blutentnahmen in Krankenhäusern erfolgen. Könnte der dortige Durchschnittspreis von 43,32 DM je Blutentnahme bei allen untersuchten Dienststellen erreicht werden, so wären z.B. 1998 für 10 378 Blutentnahmen insgesamt nur 449 575 DM angefallen. Tatsächlich haben die Dienststellen aber 961 332 DM ausgegeben. Rein rechnerisch hätten bei den untersuchten Dienststellen somit 511 557 DM eingespart werden können. Bei landesweit rd. 40 000 Blutalkoholentnahmen je Jahr beträgt das Einsparpotenzial im günstigsten Fall rd. 2 Mio. DM.

Bei klaren Kostenvorteilen sollten Krankenhäuser stärker an Blutentnahmen beteiligt werden. Dabei sind auch die nicht monetären Vor- und Nachteile abzuwägen. Ließe sich in Anlehnung an die GOÄ eine Gebühr in Höhe von 40,47 DM (niedrigster Wert) aushandeln, wäre eine weitere Einsparung zu erzielen.

3.4.2 Werden niedergelassene Ärzte beauftragt, sollten grundsätzlich Vereinbarungen nach § 2 GOÄ mit deutlichen Abschlägen getroffen werden. Mindestziel muss es sein, den bisherigen Durchschnittspreis von 92,63 DM zu unterschreiten, zumal nur vier der untersuchten Dienststellen über diesem Durchschnittspreis liegen.

Der Einkauf kostengünstigerer Fremdleistungen im Rahmen der polizeilichen Tätigkeiten wird in Zukunft sicherlich durch die dezentrale Budgetierung gefördert. Dennoch sollte das IM durch landeseinheitliche Vorgaben und Regelungen dafür sorgen, dass die Einsparpotenziale genutzt werden. Gegebenenfalls sind erneut Verhandlungen mit der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft e.V. zu führen.

3.4.3 Die Zahl der Blutentnahmen lag im Kalenderjahr 1998 bei neun geprüften Dienststellen zwischen 441 und 1 429. Bei der LPD Stuttgart II wurden jedoch mit 3 190 mehr als doppelt so viele Blutentnahmen wie in Freiburg oder Mannheim angeordnet und dafür (einschließlich Haftfähigkeitsuntersuchungen) insgesamt 552 899 DM ausgegeben. In rd. 82 % der Fälle waren Ärzte eines zentralen Bereitschaftsdienstes für die LPD zu einem Durchschnittspreis von 75,38 DM tätig.

Werden Blutentnahmen und Haftfähigkeitsuntersuchungen von demselben Arzt an demselben Betroffenen ausgeführt, so nimmt die LPD Stuttgart II keine Kürzung der Gebühren vor mit der Folge, dass z.B. Nachtzuschläge (bis zu 36,48 DM) entgegen den Regelungen der GOÄ doppelt gezahlt werden. Einige andere Polizeidirektionen gewähren in solchen Fällen zu den Blutentnahmegebühren lediglich eine zusätzliche Gebühr, die PD Freiburg z.B. 10 DM.

Die LPD Stuttgart II begründet die hohe Zahl der Blutentnahmen insbesondere mit der Größe des Ballungsraumes. Die überdurchschnittlich hohe Anzahl der Haftfähigkeitsuntersuchungen wird in erster Linie mit dem Schwerpunkteinsatz „Sichere Innenstadt“ zur Bekämpfung der örtlichen Drogenszene begründet. Der RH hat das IM gebeten, die Praxis bei der LPD Stuttgart II näher zu analysieren.

Da auch in Stuttgart schon bisher in äußerst geringem Umfang Blutentnahmen für die Polizei in Krankenhäusern erfolgten, sollte auch hier die Kooperation mit den örtlichen Krankenhäusern intensiviert werden. Wäre nämlich nur die volle GOÄ-Gebühr von 40,47 DM zu entrichten, könnten allein dadurch die Kosten mindestens halbiert werden.

3.4.4 Rechnungen von Ärzten werden häufig ohne sorgfältige Überprüfung bezahlt. Dadurch kommt es zu

  • Doppelzahlungen,
  • Anwendung falscher Gebührensätze,
  • Mehrfachabrechnung von Wegegeld,
  • fehlerhaften Berechnungen von Verweilgebühren, Zuschlägen, zusätzlichen Leistungen der Ärzte usw.

Die zuständigen Bearbeiter und auch die Polizeibeamten, welche die sachliche Richtigkeit von Rechnungen bescheinigen, sind auf ihre Verantwortung hinzuweisen; auch sind geeignete Kontrollen einzurichten.

3.4.5 Das IM begrüßt die Vorschläge des RH zur Kostenminimierung, will aber zum jetzigen Zeitpunkt von landeseinheitlichen Vorgaben für Blutentnahmen absehen und zunächst die Entwicklungen im Rahmen der dezentralen Budgetierung abwarten. Es hat allerdings die Untersuchungsergebnisse des RH allen Polizeidienststellen zur Kenntnis gegeben und damit die grundsätzlichen Einsparmöglichkeiten aufgezeigt; es liegt nun an den Dienststellen, durch Verhandlungen vor Ort kostengünstige Lösungen zu finden. Das IM will die Entwicklungen weiterhin beobachten und Abweichungen von Durchschnittssätzen nachgehen. Außerdem werden die Dienststellen darauf hingewiesen, dass durch die Einbindung von Krankenhäusern mit staatlichen oder kommunalen Anteilseignern oder Trägern evtl. kostengünstigere Blutentnahmen möglich sind.

Die LPD Stuttgart II will am ärztlichen Bereitschaftsdienst festhalten, da dadurch Fahrwege und Bearbeitungszeiten verkürzt würden.

4 Blutuntersuchungen

4.1 Blutuntersuchungen werden von den Rechtsmedizinischen Instituten der Universitäten Freiburg, Heidelberg, Ulm und dem Institut für Gerichtliche Medizin der Universität Tübingen (RMI), vom Chemische Institut im Amt für Umweltschutz der Landeshauptstadt Stuttgart (CI), vom Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart (CVUA) und im Raum Freiburg von einem Privatlabor durchgeführt.

4.2 Für die RMI wurde die Gebühr für Blutalkoholbestimmungen vom MWK auf nicht mehr als 75 DM festgesetzt. Hinzu kommen 4,40 DM Porto für den Versand der Proben, sofern sie nicht per Polizeikurier zum Institut gebracht werden. Das Privatlabor verlangt einschließlich Abholung der Proben bei den Dienststellen 69 DM. Das CVUA Stuttgart rechnet seine Leistungen normalerweise nach der Gebührenordnung der CVUA ab. Bei Inanspruchnahme der CVUA durch die Polizei gelten jedoch die Sätze des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) als Höchstgrenze. De facto verzichtet das CVUA allerdings bei Aufträgen von Behörden auf die Erstattung von Gebühren und Auslagen. Das CVUA teilt lediglich die Kosten der Untersuchung, die mit 60 DM kalkuliert sind, vorsorglich der Polizei zur Aufnahme in die Polizeikostennachweisung mit, für den Fall, dass die Kosten einem Dritten auferlegt werden können. Dieser hat die Kosten dann an die Justiz zu erstatten. Für den Bereich der LPD Stuttgart II führt das Chemische Institut der Landeshauptstadt Stuttgart Blutalkoholbestimmungen zum Preis von 75,28 DM durch.

Die Anzahl der Untersuchungen, ihre Verteilung auf die einzelnen Labore, die Vergütungssätze und die daraus resultierenden Einnahmen sind für das Jahr 1998 in der Übersicht 3 aufgezeigt.

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Landesweit wurden 1998 fast 40 000 Blutproben analysiert. Davon entfielen auf das CVUA Stuttgart über 50 %, während die RMI, das Chemische Institut der Stadt Stuttgart und das Privatlabor sich die restlichen Aufträge teilten. Das RMI der Universität Freiburg bearbeitete insgesamt rd. 1 500 Proben, wobei 1998 nur 568 Aufträge von Polizeidienststellen kamen, während die übrigen überwiegend aus dem Bereich der Justiz stammten. Das RMI Heidelberg erhielt 3 524 Aufträge durch Polizeidienststellen. Insgesamt haben die Polizeidienststellen insoweit 1 370 611 DM für Fremdleistungen bezahlt. Unbezahlt blieben die Untersuchungen beim CVUA Stuttgart, die nach dessen Gebührenordnung betragsmäßig mit 1 266 120 DM zu veranschlagen gewesen wären. Bei tatsächlicher Geltendmachung stiegen die Ausgaben der Polizeihaushalte für derartige Untersuchungen somit auf 2 636 731 DM (zuzüglich Transport).

4.3 Empfehlungen des Rechnungshofs

4.3.1 Bereits in der Denkschrift 1986 Nr. 6 hatte der RH empfohlen, die Zahl der Untersuchungsstellen (damals zehn) aus wirtschaftlichen Gründen deutlich zu vermindern. Derzeit führen immer noch sieben Untersuchungsstellen Blutuntersuchungen durch.

4.3.2 Auf Grund der Einführung von Atemalkoholmessgeräten werden in Zukunft deutlich weniger Blutentnahmen anfallen. Nach groben Schätzungen dürfte das Untersuchungsvolumen von rd. 40 000 Proben auf rd. 30 000 Proben jährlich zurück gehen. Bei einer landesweiten Einführung der Atemalkoholmessung können allein dadurch die bisher veranschlagten Haushaltsmittel für Blutentnahmen und -untersuchungen von rd. 4,5 Mio. DM erheblich vermindert werden.

Das IM will abwarten wie sich die Zahl der Blutuntersuchungen entwickelt, bevor das weitere Vorgehen konzeptionell angegangen wird. Zu bedenken sei insbesondere, dass erst 60 der geplanten 240 Atemalkoholmessgeräte zur Verfügung ständen und die Spruchpraxis der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Anerkennung dieser Analysen abgewartet werden müsse.

4.3.3 Bei deutlich weniger Blutproben wird eine Neukonzeption der Untersuchung von Blutproben unumgänglich sein, die beim Land insgesamt zu Kosteneinsparungen führen soll. Dabei ist zu bedenken, dass die Untersuchungsstellen ein gewisses Volumen an Aufträgen benötigen, um kostendeckend arbeiten zu können. Je höher das Auftragsvolumen ist, um so günstiger wird die Untersuchungsgebühr. Bei den RMI sind noch die Belange von Forschung und Lehre zu berücksichtigen.

Unter diesen Prämissen hat der RH verschiedene Alternativen für eine Neukonzeption der Untersuchungsstellen mit dem Ziel empfohlen, die Zahl der Untersuchungsstellen zu reduzieren.

4.3.4 Bei Beibehaltung aller sieben Untersuchungsstellen werden sich für diejenigen, die bisher nennenswerte Gebühreneinnahmen erzielt haben, zwangsläufig auf Grund des Probenrückgangs Mindereinnahmen ergeben. Für das CVUA, aber auch die anderen Untersuchungsstellen, sind auf Basis der neuen Untersuchungszahlen vermutlich ohnehin die Gebühren neu zu kalkulieren, was wahrscheinlich höhere Gebühren zur Folge haben wird, wenn keine Neukonzeption erfolgt.

Letztendlich muss eine für alle Beteiligten befriedigende Lösung gefunden werden. Dabei sind die Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen, wobei zur Abrundung der Entscheidungsgrundlagen auch die tatsächlichen Kosten der mit Untersuchungen befassten staatlichen Labore ermittelt werden müssten.

4.3.5 Der Neuorganisation der Blutuntersuchungsstellen steht das IM positiv gegenüber, wenngleich die übrigen beteiligten Ressorts (MLR, JuM, MWK) bisher eine Neuorganisation - allerdings mit wenig überzeugenden Gründen - abgelehnt haben. Insbesondere wegen der Unsicherheit über die Auswirkungen der Einführung der Atemalkoholmessgeräte auf die Anzahl der Blutuntersuchungen soll die weitere Entwicklung zunächst abgewartet werden.

Das IM ist z.Z. lediglich bereit, eine Neukalkulation der Gebühren bei Beibehaltung der sieben Untersuchungsstellen im Einvernehmen mit dem MWK durchzuführen. Das MWK hat die Bedeutung der Blutalkoholuntersuchungen und der Betäubungsmitteluntersuchungen (s. Pkt. 5) für die Zwecke der Forschung und Lehre und für die Sicherheit des Straßenverkehrs hervorgehoben.

Der RH hält eine Neuorganisation der Untersuchungsstellen nach wie vor für erforderlich; nur eine Neukalkulation der Gebühren ist nicht ausreichend. Es ist sogar zu befürchten, dass die Gebühren bei einem Rückgang des Untersuchungsvolumens steigen werden. Deshalb ist es notwendig, die Anzahl der Untersuchungsstellen zu reduzieren.

5 Gutachten bei Medikamenten- und Drogenmissbrauch

5.1 Untersuchungen zum Nachweis von Betäubungsmitteln (BTM) werden vom CI der Stadt Stuttgart, den RMI, privaten Laboren sowie vom toxikologischen Labor des LKA durchgeführt. BTM-Analysen können sehr kostenintensiv sein; das hängt vor allem von der Anzahl der zur Untersuchung in Auftrag gegebenen Wirkstoffe (i.d.R. vier bis sieben gängige Drogen) ab. Nach dem zur Verfügung stehenden Datenmaterial von drei Untersuchungsstellen wurden 1998 folgende BTM-Untersuchungen durchgeführt (s. Übersicht 4).

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Die Kosten für die Untersuchungen auf Drogen und Medikamentenmissbrauch werden von drei RMI und vom CI Stuttgart nach dem ZSEG liquidiert, wobei neben dem Zeitaufwand die angewandten Methoden und der Materialaufwand berücksichtigt sind. Nur das RMI Ulm liquidiert nach der GOÄ. Bei einem Vergleich der Zahlen muss allerdings einschränkend hinzugefügt werden, dass der Umfang der Leistungen der einzelnen Labore aus den Rechnungen oftmals nicht nachvollzogen werden kann.

5.2 Die Institute machen zunächst immunologische Vortests (Screening), wobei die Anzahl der zu analysierenden Wirkstoffgruppen (z.B. Haschisch, Kokain usw.) unterschiedlich ausfallen kann. Üblicherweise werden vier bis sieben Wirkstoffgruppen untersucht. Bei positivem Ergebnis schließt sich unter Umständen eine gerichtsverwertbare Absicherung mit aufwendigen Methoden an. Einige Dienststellen verzichten auf die Bestätigungen; sie werden nur veranlasst, wenn es die Staatsanwaltschaft für erforderlich hält. Dann trägt die Staatsanwaltschaft auch die Kosten. Die Anzahl der zu bestätigenden positiven Vortests wirkt sich maßgeblich auf die Höhe der Gebühren aus. Die folgende Übersicht 5 enthält die nach den Feststellungen des RH üblicherweise anfallenden Gebühren, Angaben zum Umfang des Standard-Screenings und zur Notwendigkeit der gesonderten Anordnung von Bestätigungsanalysen:

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Hinzu kommen Schreibgebühren und Porto in unterschiedlicher Höhe (7,10 - 15,92 DM).

Letztlich lassen sich gesicherte Preisvergleiche anhand des Datenmaterials nicht ziehen, jedoch deuten die Zahlen darauf hin, dass Untersuchungen beim CI der Stadt Stuttgart, bei dem auch das RMI Tübingen Analysen in Auftrag gibt, am teuersten sind.

5.3 Beim LKA werden nach eigenen Angaben je Jahr rd. 800 Blut- und Urinproben auf BTM untersucht, die überwiegend aus dem Bereich Nordbaden und Nordwürttemberg stammen. Kosten werden keine verrechnet und bisher auch nicht ermittelt.

5.4 Empfehlungen des Rechnungshofs

5.4.1 Die Polizeidienststellen haben kaum Kenntnis darüber, wie sich die in Rechnung gestellten Kosten der BTM-Untersuchungen zusammensetzen. Folglich ist es schwierig, die sachliche Richtigkeit der Rechnungen zu bescheinigen. Ein übersichtliches und möglichst standardisiertes Rechnungsformular, aus dem die im Detail durchgeführten immunologischen Untersuchungen und die für die Bestätigungsanalyse angewandten Methoden ersichtlich sind, ist notwendig, um die Dienststellen in die Lage zu versetzen, die Rechnungen nachvollziehen und auch Preisvergleiche anstellen zu können.

5.4.2 Die Kosten der Untersuchungen werden maßgeblich vom in Auftrag gegebenen Untersuchungsumfang bestimmt. Deshalb ist es wichtig, dass die Polizeidienststellen den Untersuchungsumfang klar eingrenzen. Dies wird offenbar noch zu wenig praktiziert. Sinnvoll ist z.B. eine Maßnahme der LPD Tübingen, wo gemeinsam mit dem Leiter des RMI Tübingen Fortbildungsveranstaltungen für Polizeibeamte abgehalten werden mit dem Ziel, die Untersuchungsaufträge an das RMI auf das Notwendigste zu beschränken und damit die Gebühren möglichst niedrig zu halten.

5.4.3 Bei den BTM-Untersuchungen hat sich eine sehr uneinheitliche Gebührenstruktur herausgebildet. Beim Screening beispielsweise schwanken die Kosten für eine Wirkstoffgruppe zwischen 15 DM und 52,10 DM. Auch wenn die Untersuchungen nicht den Umfang der Blutalkoholuntersuchungen erreichen, so kann doch bei rd. 3 000 BTM-Untersuchungen von einem erheblichen Einsparpotenzial ausgegangen werden. Bei den Bestätigungsanalysen sind die Preisunterschiede noch gravierender.

Die enormen Preisunterschiede dürften nur akzeptiert werden, wenn keine überzeugenden Gründe angeführt werden könnten. In diesem Zusammenhang wird zu klären sein, welche Analysemethoden jeweils einzusetzen sind und welche Kosten dafür berechnet werden können. Danach ist zu entscheiden, welche Untersuchungsstellen in welchem Umfang in Zukunft noch mit derartigen Untersuchungen zu beauftragen sind.

In die Überlegungen zu einer Neustrukturierung muss auch das toxikologische Labor des LKA eingebunden werden. Allerdings müssen auch die dort anfallenden Kosten ermittelt werden, um für einen Wirtschaftlichkeitsvergleich die Untersuchungsgebühren kalkulieren zu können.

5.4.4 Hinsichtlich der Vereinfachung der Gebühren- und Kostenberechnungen bei BTM-Untersuchungen will das IM die Empfehlungen des RH aufgreifen und versuchen, eine Typisierung und eine Schematisierung der den Analysen zu Grunde liegenden Leistungen zu erreichen.

6 Dolmetscherkosten

6.1 Nach § 17 Abs. 2 ZSEG sind Dolmetscher wie Sachverständige zu entschädigen. Die Entschädigung beträgt für jede Stunde 50 - 100 DM. Die letzte, bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet; dies gilt nicht, soweit der Dolmetscher für dieselbe Zeit in einer weiteren Sache zu entschädigen ist (§ 3 Abs. 2 ZSEG). Die Vergütung kann bis zu 50 % überschritten werden, wenn der Dolmetscher seine Berufseinkünfte zu mindestens 70 % als gerichtlicher oder außergerichtlicher Dolmetscher erzielt. Bezahlt wird auch für die Zeit, während der ein Dolmetscher seiner gewöhnlichen Beschäftigung infolge seiner Präsenzpflicht nicht nachgehen kann. Es wird somit i.d.R. „Reisezeit“ als echte Arbeitszeit vergütet.

6.2 Das ZSEG sieht eine unmittelbare Anwendung auf Dolmetscher, die von der Polizei herangezogen werden, nicht vor. Vielmehr werden die Entschädigungssätze von den zuständigen Polizeidienststellen jeweils gesondert vereinbart. Landeseinheitliche Regelungen sind nicht vorhanden; soweit ersichtlich, dürfen die zu gewährenden Sätze jedoch jene des ZSEG nicht überschreiten.

Alle geprüften Dienststellen haben mit ihren Dolmetschern Vereinbarungen mit z.T. unterschiedlichen Vergütungssätzen getroffen; sie haben auch Listen der heranzuziehenden Dolmetscher aufgelegt, die z.T. die vereinbarten Vergütungssätze enthalten.

Bei den meisten Dienststellen werden für unbeeidigte Dolmetscher Stundensätze von 45 DM und für beeidigte Dolmetscher von 55 DM gewährt. Eine Erhöhung des Stundensatzes um 30 % wird für Berufsdolmetscher gewährt. Zum Teil werden Zuschläge gewährt und auf Antrag können Wege- und Reisezeiten als Arbeitszeit berücksichtigt werden, was - soweit erkennbar - üblicherweise geschieht; hinzu kommen Fahrtkosten.

Im Bereich der Polizeidirektionen Aalen, Freiburg und Waldshut-Tiengen geht die Spannweite der Stundensätze von 25 DM - 70 DM. Regelmäßig werden begonnene Stunden aufgerundet. Lediglich bei der PD Ravensburg werden teilweise auch kürzere Zeiteinheiten wie z.B. eine halbe Stunde abgerechnet.

Besonderheiten waren wiederum bei der LPD Stuttgart II anzutreffen. Dort werden im Gegensatz zu anderen Dienststellen fast nur beeidigte Dolmetscher und auch überwiegend Berufsdolmetscher beauftragt, die den Berufszuschlag von 30 % erhalten. Außerdem werden für Fahrzeiten pauschal eine Stunde für Hin- und Rückweg angesetzt.

Die LPD Stuttgart II beschäftigt eine Dolmetscherin für Französisch und Englisch sowie zwei Halbtagskräfte für Türkisch und Serbokroatisch/Bosnisch. Außerdem werden bei der LPD Stuttgart II für einfache und unaufschiebbare Übersetzungen Bedienstete oder deren Verwandte und Bekannte mit Fremdsprachenkenntnissen für eine pauschale Entschädigung von 15 DM kurzzeitig herangezogen. Die Anzahl und die für Fremdvergabe notwendigen Kosten sind dennoch erheblich und liegen mit 776 Fällen bzw. 364 212 DM deutlich über den anderen Dienststellen.

6.3 49 % der Dolmetscherkosten im Justizbereich entfallen auf Fahr- und Rundungszeiten (s. Beitrag Nr. 6 „Dolmetscherkosten bei den Gerichten, Staatsanwaltschaften und Justizvollzugsanstalten“). Da die Polizei nicht an das ZSEG gebunden ist, besteht keine rechtliche Verpflichtung, die Tätigkeiten der Dolmetscher nach aufgerundeten vollen Stunden zu entschädigen. Bei jährlich etwa 3,5 Mio. DM ausgewiesenen Dolmetscherkosten ließen sich durch zeitgenaue Abrechnungen Ermittlungskosten einsparen.

Das IM hat die Polizeidienststellen auf die Möglichkeit hingewiesen, Stundenbruchteile abzurechnen und hat den für die Abrechnung von Dolmetscherkosten verwendeten landeseinheitlichen Textbaustein dahingehend geändert.

Um sicherzustellen, dass die günstigsten Vergütungssätze bei allen Dienststellen zur Anwendung kommen, empfiehlt der RH des Weiteren eine landesweite Bestandsaufnahme der Ausgaben für Dolmetscher. Überhöhte Entgelte sind zu reduzieren.

7 Sonstige Bereiche

Der RH hat Kostenunterschiede bei Haftfähigkeitsuntersuchungen, Leichenschauen und bei der Inanspruchnahme von Sachverständigen aufgezeigt. So reichen z.B. die durchschnittlichen Kosten der Dienststellen für Haftfähigkeitsuntersuchungen von 29,18 DM bis 101,82 DM. Bei Leichenschauen und Leichenüberführungen besteht außerdem keine Klarheit darüber, wer die Kosten zu tragen hat. Das IM sollte für eine einheitliche Vorgehensweise der Polizeidienststellen sorgen und Einsparpotenziale konsequent nutzen. Ein Erfahrungsaustausch der zuständigen Sachbearbeiter könnte diesen Prozess fördern. Das IM will die Vorschläge aufgreifen.

8 Schlussbemerkung

Auf Grund der Prüfungserkenntnisse ist zusammenfassend festzuhalten, dass die im Rahmen der polizeilichen Ermittlungstätigkeit notwendigerweise in Anspruch genommenen Leistungen Dritter sehr unterschiedlich und z.T. zu hoch vergütet werden. Mit ursächlich dafür dürften zwei Tatbestände sein:

Zum einen nutzen nicht alle Dienststellen ausreichend und gezielt den relativ großen Spielraum bei Abfassung von Einzelvereinbarungen mit Dritten, um kostengünstige Bedingungen auszuhandeln. Wird den Ermittlungskosten dagegen hinreichend Beachtung beigemessen, lassen sich nachweislich nennenswerte Einsparpotenziale auftun.

Zum anderen fehlte bisher ein regelmäßiger, mit Kennzahlen abgesicherter Vergleich der Ermittlungskosten bei den einzelnen Dienststellen. Das IM erwartet, dass mit der im Herbst 1999 erfolgten Einführung der neuen Steuerungsinstrumente bei der Polizei ein derartiger Kennzahlenvergleich zukünftig möglich sein wird.

Zwar betont das IM zu Recht die Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit der nachgeordneten Polizeibehörden, insbesondere im Hinblick auf deren dezentrale Budgetverantwortung. Das bedeutet jedoch nicht den Verzicht auf eine zentrale Steuerung, wenn Schwachstellen erkennbar den wirtschaftlichen und sparsamen Einsatz von Haushaltsmitteln gefährden. Dann müssen das IM selbst oder die Landespolizeidirektionen z.B. durch landeseinheitliche Vorgaben, Bereitstellung von Arbeitshilfen oder durch einen Erfahrungsaustausch tätig werden.


Anhänge

Seit über 10 Jahren bemüht sich das Land um eine Ausfallvorsorge für seine DV-Zentren mit unterschiedlichen Ergebnissen. Mit der Vermietung eines ehemaligen Regierungsbunkers an eine Firma zum Betrieb eines Ausweichrechenzentrums hat sich die Notfallvorsorge für ein Rechenzentrum verbessert. Für das andere Großrechenzentrum des Landes und für die DV-Fachzentren weist die Notfallvorsorge hingegen Defizite auf.


1 Vorbemerkungen

Seit 1990 gibt es Bemühungen der Landesverwaltung, Maßnahmen zu planen und vorzubereiten, um beim Eintreten unvorhersehbarer Ereignisse im sog. Katastrophenfall (z.B. Brand, Wassereinbruch, Stromausfall, Ausfall Klimaanlage, Explosion, Sabotage), längeren Stillstand- oder Ausfallzeiten der Rechner, DV-Verfahren und Datenbanken zu begegnen und die Wiederanlaufzeiten möglichst kurz zu halten. Zwar ist die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines solchen K-Falls gering; wenn er aber eintritt, sind seine Folgen schwerwiegend und im Voraus, angesichts der vernetzten Datenwelt, nicht voll überschaubar.

Entscheidend für eine erfolgreiche Notfallvorsorge und einen schnellen Wiederanlauf nach Eintritt eines K-Falles sind im Wesentlichen drei Punkte:

  • die Planung und Durchführung aller Maßnahmen, die geeignet sind, einen Ausfall zu verhindern bzw. den Schaden nach Eintritt eines Ausfalls zu minimieren,

 

  • die Planung und Beschreibung aller Maßnahmen, die nach Eintritt eines Notfalles durchzuführen sind („Notfallhandbuch“) und

 

  • die Durchführung von Notfallübungen.

Eine bis 1995 für die Großrechenzentren des Landes bereitgestellte sog. "Empty Shell"-Lösung (klimatisierte Raumreserve mit Datenanschlüssen, ohne DV-Geräte) bezog nur wenige der damals vorhandenen Rechenzentren des Landes ein und erwies sich darüber hinaus mangels Wiederanlaufkonzeption und mit einer Wiederanlaufzeit von etwa 8 Wochen als unzureichend.

2 Ausweichrechenzentrum der Landesverwaltung

2.1 Ausgangslage

Auf Grund der veränderten politischen Lage und wegen jährlicher Unterhaltungskosten von 520 000 DM hat der Ministerrat 1992 beschlossen, den in einer mehrstöckigen Bunkeranlage untergebrachten Ausweichsitz der Landesregierung aufzugeben. Eine endgültige Stilllegung oder Abgabe der Anlage hat das Land nicht verfolgt; stattdessen wurde die Verwaltung beauftragt, eine mögliche Folgenutzung zu prüfen. Alternativ stand die Konservierung zur Diskussion.

Das Land hat daraufhin die Themen „Folgenutzung der Bunkeranlage“ und „Ausfallvorsorge/Backup“ miteinander gekoppelt. Seit 1995 ist ein Unternehmen der IT-Branche Mieter des landeseigenen Bunkers und betreibt dort ein Ausweichrechenzentrum (ARZ) für IBM-Großrechenanlagen.

Das Land ist als Mitträger des wirtschaftlich eigenständigen Projekts vertraglich am erwirtschafteten Überschuss zu 50 % beteiligt und nimmt als Kunde gegen Zahlung einer monatlichen Gebühr Backup-Leistungen des Rechenzentrums in Anspruch. Trotz stetigen Anstiegs der Kundenzahl sind in absehbarer Zeit jedoch keine Projektüberschüsse aus diesem Joint Venture zu erwarten.

Zu den Backup-Leistungen zählen u.a. Beratungsleistungen zur Herstellung der Wiederanlauffähigkeit, die Bereitstellung von Personal für den ARZ-Betrieb, das Vorhalten von Flächen, Zentral- und Speichereinheiten, Monitoren, Konsolen, Netzanschlusskomponenten und Betriebssystemen sowie regelmäßige Notfallübungen. Im K-Fall und bei Übungen müssen die Anwendungssoftware und die Datenbestände durch Landespersonal installiert und das ARZ mit dem Landesverwaltungsnetz gekoppelt werden (“warmes” Backup).

2.2 Stand der Ausfallvorsorge

Trotz des seit knapp 6 Jahren laufenden ARZ-Projekts mit Kosten in Höhe von rd. 10 Mio. DM ist die Ausfallvorsorge für die Rechenzentren der Landesverwaltung insgesamt noch nicht zufriedenstellend.

Derzeit gibt es landesweit zwei zu sichernde Großrechenzentren. Für das Landesrechenzentrum mit IBM-Rechnern ist im ARZ ein „warmes“ Backup installiert. Das andere Landesrechenzentrum arbeitet mit Siemens-Rechnern, deren Betrieb das ARZ nicht unterstützt. Aus diesem Grund wird für dieses Rechenzentrum gegen eine monatliche Festgebühr nur eine Empty Shell mit installierten Speichereinheiten im Bunker vorgehalten.

Die Vorsorgemaßnahmen für das erstgenannte Rechenzentrum sind weit vorangeschritten. Nach einer Reihe vorbereitender Tests wurde der erste erfolgreiche Wiederanlauf und damit die Herstellung der Backup-Fähigkeit für einen Teil der DV-Verfahren im November 1997 erreicht. Seitdem führt das Land regelmäßig im ARZ mehrtägige Notfallübungen durch. Die planmäßige Verfügbarkeit wichtiger Anwendungen bei den Ämtern vor Ort per Landesverwaltungsnetz wird mit 36 Stunden nach Eintritt eines Katastrophenfalls angegeben. Ein Notfallhandbuch ist noch in Arbeit. Im zweiten Schritt konnte im November 1999 der Wiederanlauf weiterer DV-Verfahren und Programme erfolgreich getestet werden.

Ein Wiederanlauf des zweiten Rechenzentrums wurde bislang nicht getestet bzw. geübt, da die vorgehaltene Empty Shell dies nicht zulässt. Im K-Fall wäre zunächst ein Rechner zu beschaffen und zu installieren. Danach wären die Betriebssysteme, DV-Programme und Datenbestände zu laden, ehe die Datennetzanschlüsse hergestellt und Testläufe durchgeführt werden könnten. Optimistische Schätzungen gehen von mindestens 2 Wochen Wiederanlaufzeit aus. Die Installation eines Siemens-Betriebssystems auf einem im ARZ vorhandenen Rechner („warmes“ Backup) war aus lizenzrechtlichen Gründen nicht möglich. Der Versuch, einen im Rechenzentrum ohnehin existierenden zweiten Siemens-Rechner im ARZ dauerhaft zu installieren und per Steuerung vom eigentlichen Rechenzentrum aus (Remote-Operating) zu betreiben („heißes“ Backup), scheiterte an den hohen Kosten, insbesondere für Leitungsverbindungen. Ein preiswerteres heißes Backup im in der Nähe gelegenen anderen Rechenzentrum des Landes wurde ebenfalls aus finanziellen Gründen nicht realisiert. Die einzige Alternative wurde in der Bereitstellung einer Empty Shell im ARZ gesehen.

2.3 Feststellungen des Rechnungshofs

2.3.1 Die Bunkeranlage ist ein Vermögensgegenstand, den das Land für den ursprünglichen Schutzzweck nicht mehr benötigt. Unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit wäre auch eine Veräußerung zu prüfen gewesen. Dies ist nicht geschehen.

2.3.2 An Vorbereitung und Abwicklung des ARZ-Projekts waren bzw. sind landesseitig eine Vielzahl von Organisationseinheiten beteiligt. Das Projektmanagement weist Defizite auf. Insbesondere hat das FM als zuständiges Ministerium versäumt, die Verantwortung für das wirtschaftliche Gesamtergebnis einer Organisationseinheit bzw. einer Person zuzuweisen. Keine Stelle hatte einen Überblick über die finanzielle Gesamtsituation. Revisionsfähige Projektabrechnungen zur Überprüfung des Betriebsergebnisses und anderer finanziell relevanter Sachverhalte - wie vertraglich vereinbart - hat die Verwaltung vom Betreiber nicht angefordert.

2.3.3 Die für die Umnutzung der Bunkeranlage erforderlichen, vom Land zu tragenden Investitionen von 4,6 Mio. DM netto hat das Betreiberunternehmen gegen einen Nachlass auf die monatliche Miete vorfinanziert. Eine zunächst vereinbarte "Deckelung" der vom Land zu tragenden Kosten greift nicht, da alle darüber hinaus gehenden Investitionen des Betreibers als Abschreibungen das Projektergebnis und damit die Gewinnerwartungen des Landes negativ beeinflussen.

Die Höhe der Mehrkosten und der daraus resultierenden Abschreibungen sind der Verwaltung nicht bekannt, obgleich das Land diesbezüglich Einsicht in die erforderlichen Unterlagen nehmen könnte. Seitens des Betreibers wird von deutlich höheren Mehrinvestitionen gesprochen, die insbesondere auf vorab nicht berücksichtigte Brandschutzauflagen zurückgehen. Mit den finanziellen Folgen zusätzlicher Abschreibungen hat das Land einen Teil des unternehmerischen Risikos des Vertragspartners übernommen.

2.3.4 Die Substanzerhaltung der Bunkeranlage ist Sache des Landes. Es übernimmt auf Dauer die „Instandhaltung in Dach und Fach“. Von Umbaubeginn 1994 bis Ende 1999 beliefen sich die Bauunterhaltungskosten auf rd. 1,4 Mio. DM.

Daneben übernimmt das Land die Betriebskosten wie sie im Zustand des Nichtbetriebes zur Substanzerhaltung anfallen würden bzw. zur Aufrechterhaltung der grundlegenden Funktionen des Objektes erforderlich sind. Auch durch diese Regelung entstehen dem Land fortlaufend Ausgaben. Einnahmen werden u.a. aus der Vermietung der Liegenschaft erzielt. Für die Bewirtschaftung der Bunkeranlage verblieben beim Land bis 1999 Haushaltsbelastungen von rd. 438 000 DM.

2.4 Wertung

Die dem Land bis 1999 entstandenen Kosten für Umbau und Nutzung des ARZ haben schon jetzt die ursprünglich geschätzten Stilllegungs- bzw. Konservierungskosten für den Bunker weit überschritten. Als Gegenwert für diesen Mehraufwand verfügt das Land aber über Nutzungsrechte an einer Ausweichrechenanlage, welche jedoch nur das mit IBM-Rechnern betriebene Landesrechenzentrum sichert. Eine funktionierende K-Fall-Absicherung des anderen Rechenzentrums und der dort laufenden Anwendungen wurde bislang nicht erreicht.

Die Entscheidung, die für ihren ursprünglichen Zweck nicht mehr benötigte Bunkeranlage in Landeseigentum zu behalten und mit Steuermitteln zu unterhalten, hat zur Folge, dass Gebäudekosten zu tragen sind, die die Mieteinnahmen oder Überschüsse aus dem ARZ-Betrieb übersteigen. Damit kein „Verlustgeschäft auf Dauer“ entsteht, ist durch aktives Projektmanagement auf Kostendeckung hinzuarbeiten.

1993, im letzten Geschäftsjahr vor der Umwandlung, hat die Bunkeranlage Sachkosten von 205 000 DM verursacht. Seit Beginn der Umbaumaßnahmen kostete sie das Land durchschnittlich 350 000 DM im Jahr. Eine Verringerung der Belastung des Landeshaushaltes ist durch die Freisetzung ehemaligen Betreuungspersonals zwar eingetreten; es bleibt aber zu befürchten, dass auch in Zukunft die Ausgaben für Bauunterhaltung und Bewirtschaftung die Mieteinnahmen auf Dauer übersteigen, selbst wenn die derzeit rückläufige Kostenentwicklung anhält. Eine Abgabe der Bunkeranlage nach Vertragsablauf wäre zu prüfen.

Ob die in Aussicht gestellte Überschussbeteiligung jemals zu erwähnenswerten Einnahmen für den Landeshaushalt führen wird, bezweifelt der RH, da u.a. für die Wettbewerbsfähigkeit des Projekts ständige Investitionen, vor allem in DV-Technik, erforderlich sein werden.

Ferner scheinen 2 Wochen Wiederanlaufzeit für das mit Siemens-Rechnern betriebene Rechenzentrum des Landes in Anbetracht des für das andere Rechenzentrum erforderlichen Vorbereitungsaufwands knapp bemessen. Hinsichtlich der Ausfallvorsorge besteht aus Sicht des RH, auch wegen fehlender Übungsmöglichkeiten, ein erhebliches Risiko.

2.5 Stellungnahmen der betroffenen Ministerien

Das mangelnde Projektmanagement führt das FM auf die fehlende Kosten-/Leistungsrechnung und personelle Engpässe zurück. Einen Anlass, die ihm zugeleiteten, jedoch wenig aussagefähigen Projektabrechnungen zu verifizieren, sah es bislang nicht. Das Ministerium sagt aber jetzt die Klärung der Verantwortlichkeiten zu.

Eine negative Beeinflussung des Projektergebnisses durch Abschreibungen aus Investitionen der Betreiberfirma bestätigt das Ministerium, verweist aber darauf, dass im Gegenzug eine Verlustbeteiligung des Landes vertraglich ausgeschlossen wurde.

Nach Ansicht der Verwaltung ist die Wirtschaftlichkeit der Bunkeranlage für das Land nicht vom Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben abhängig, sondern vom Vergleich mit den Kosten, die bei einer Konservierung der Anlage angefallen wären. Eine weitere Reduzierung der Kosten sei jedoch möglich. Bezüglich einer zu prüfenden Veräußerung der Bunkeranlage wäre ein politischer Auftrag erforderlich. Wie der RH rechnet auch das zuständige Ministerium in absehbarer Zeit nicht mit Einnahmen des Landes aus ARZ-Projektüberschüssen.

Auch seitens des für das zweite Landesrechenzentrum zuständigen IM wird das trotz Empty Shell verbleibende Risiko derzeit als „nicht unerheblich“ charakterisiert. Unter Bezugnahme auf aktuelle Planungen, insbesondere die künftige Dezentralisierung in Verbindung mit dem Umstieg auf Client-/Server-Technologien, geht die Verwaltung jedoch von einer zügigen Abnahme des Risikos aus.

2.6 Vorschläge

Das für das ARZ-Projekt zuständige FM sollte unverzüglich einen gesamt- und ergebnisverantwortlichen Projektleiter benennen und regelmäßig - zumindest stichprobenartig - und entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen Einsicht in Abrechnungsunterlagen der Betreiberfirma nehmen.

Spätestens wenn der Mietnachlass die Höhe der vom Land vertraglich zugesagten Investitionen erreicht hat, muss die Miete angepasst werden. Der Vertragspartner des Landes hat nach Tätigwerden des RH Verhandlungsbereitschaft signalisiert.

Der RH empfiehlt, rechtzeitig vor Ablauf der Vertragsbindung zu prüfen, ob ein Verkauf der Bunkeranlage unter Berücksichtigung der in diesem Fall entstehenden Backup-Kosten wirtschaftlich umsetzbar ist.

In Anbetracht der monatlich anfallenden Kosten und des dennoch vorhandenen Risikos sollte das für das Rechenzentrum mit Siemens-Rechnern zuständige IM die Notwendigkeit der weiteren Vorhaltung einer Empty Shell im ARZ prüfen. Evtl. lassen sich mittelfristige Notfallmaßnahmen wie besondere Liefervereinbarungen für Geräte in Verbindung mit einer detaillierten Wiederanlaufplanung wirtschaftlicher und mit geringerem Risiko umsetzen.

3 Ausfallvorsorge in den DV-Fachzentren

3.1 Aktuelle Situation

Die drei sog. DV-Fachzentren des Landes betreiben zwar keine Großrechner im herkömmlichen Sinne, aber Server, an welche jeweils Hunderte von DV-Arbeitsplätzen angeschlossen sind. Auch wenn hier Ausweichrechenzentren wohl kaum in Frage kommen, müssen Risikoanalysen durchgeführt und zumindest für die vordringlichsten Aufgaben Vorsorgemaßnahmen geplant und dokumentiert werden. Notfallhandbücher, die im K-Fall zu treffende Maßnahmen dokumentieren, existieren bislang für keines der Fachzentren. Notfallübungen werden nicht durchgeführt.

3.2 Wertung und Vorschläge

Der RH hält die derzeitige Ausfallvorsorge für unzulänglich und schlägt vor, diesbezüglich kurzfristig Verbesserungen zu initiieren. Für eine kostengünstige Erarbeitung der erforderlichen Notfallhandbücher wird die Verwendung des auch von Beratungsunternehmen eingesetzten IT-Grundschutzhandbuches des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik empfohlen.

3.3 Stellungnahmen der Ministerien

In ihren Stellungnahmen haben die betroffenen Ministerien (MLR, KM und UVM) Defizite eingeräumt und verweisen auf bereits getroffene Maßnahmen wie den Abschluss von Wartungsverträgen für Server und Netzwerkkomponenten, Zugangsschutz, kleinere Backup-Systeme usw. Teilweise sagen sie die Einleitung von Maßnahmen für die Erarbeitung von Notfallkonzeptionen zu.


Anhänge

Das Land hat einen Sonderfonds für IuK-Vorhaben bereitgestellt und mit 100 Mio. DM dotiert. Die Ministerien nehmen diese Mittel bisher nur zögerlich in Anspruch.


1 IuK-Strukturpool

Investitionen in die Datenverarbeitung mit dem Ziel der Kosteneinsparung müssen auch bei angespannter Haushaltslage möglich sein. Ausgehend von dieser Erkenntnis hat der Gesetzgeber das FM im Staatshaushaltsgesetz ermächtigt, im Allgemeinen Grundstock einen Sonderfonds „Informations- und Kommunikations-Pool“ einzurichten. Aus diesem „IuK-Strukturpool“ sind sich selbst refinanzierende Informations- und Kommunikationsprojekte der Landesverwaltung durchzuführen, die anderweitig nicht finanziert werden können. Zur Zwischenfinanzierung der Projekte soll der Sonderfonds mit Veräußerungserlösen aus dem Allgemeinen Grundstock bis zur Höhe von 100 Mio. DM ausgestattet werden.

2 Regeln

Der Fonds funktioniert wie ein Kreditgeschäft. Kreditgeber ist der Allgemeine Grundstock. Im Einzelnen hat der Ministerrat die Regeln durch Beschluss vom Dezember 1997 festgelegt:

  • Der Iuk-Strukturpool ist eine auf Dauer angelegte Maßnahme für sich selbst refinanzierende IuK-Projekte.

 

  • Der Rationalisierungseffekt muss in einer Vollkostenrechnung nachgewiesen werden. Die darin ausgewiesenen Einsparungen oder Mehreinnahmen werden in einer „Zielvereinbarung“ mit dem FM verbindlich festgeschrieben, Kosten der Zwischenfinanzierung (Zinsen) sind zu berücksichtigen.

 

  • Als Einsparungen können die Ministerien Personal- und Sachmittel nachweisen. Sie dürfen nicht zur Ablösung anderweitig beschlossener Einsparverpflichtungen eingesetzt werden.

 

  • Die Einsparungen sind vorsichtig zu beziffern, neue Risiken für den Landeshaushalt dürfen nicht entstehen.

 

  • Die IuK-Maßnahmen dürfen anderweitig nicht finanzierbar sein.

 

  • Der Amortisationszeitraum sollte normalerweise fünf Jahre nicht überschreiten, bei Projekten mit hoher Nutzungsdauer, insbesondere bei Telekommunikationsprojekten, kann er bis zu zwölf Jahre betragen.

 

  • Die aus dem IuK-Strukturpool zur Verfügung gestellten Mittel sind von allgemeinen Haushaltsrestriktionen und Kürzungsauflagen ausgenommen, sodass die Projektträger Planungssicherheit haben. Im Gegenzug haben sie das volle finanzielle Risiko für die korrekte Planung und Durchführung der Projekte zu tragen. Bleiben zugesagte Erträge entsprechend der Zielvereinbarung aus, wird der Sachmitteletat global gekürzt.

 

  • Nach Erreichen des Amortisationszeitpunktes, d.h. in diesem Fall nach Abschluss der Rückzahlung an den Pool, werden die künftigen Einsparungen zwischen Ressort und Gesamthaushalt hälftig geteilt.

3 Inanspruchnahme

Bisher sind nur zwei Ministerien mit je einem Projekt der im Ministerratsbeschluss enthaltenen Aufforderung gefolgt, neue Projekte zu definieren, die Rationalisierungspotential erschließen.

3.1 Elektronisches Grundbuch

Mit Zielvereinbarung zwischen FM und JuM vom Juni 1998 wurde festgelegt, dass das JuM für die flächendeckende Einrichtung des Elektronischen Grundbuches (EGB) in den Jahren 1998 bis 2005 insgesamt 53 Mio. DM erhält und diese ab 1999 bis zum Jahre 2005 durch Abbau von 90 Personalstellen und Mehreinnahmen von Abrufgebühren tilgt. Weitere 50 durch das Elektronische Grundbuch freiwerdende Personalstellen kann das JuM mit anderweitig beschlossenen Stellenkürzungen verrechnen. Zurzeit erscheint nicht gesichert, dass das JuM die Zielvereinbarung einhalten kann.

3.2 DV-Vollausstattung der Versorgungsverwaltung

Mit Zielvereinbarung zwischen FM und SM vom Dezember 1998 wurde festgelegt, dass das SM für die IuK-Vollausstattung der Versorgungsverwaltung in den Jahren 1999 bis 2005 insgesamt 10,4 Mio. DM erhält und diese in den Jahren 2000 bis 2005 tilgt. Mit dem Projekt sollen 151 Personalstellen eingespart werden, 26 davon werden zur Amortisation herangezogen, die restlichen 125 dienen der Erwirtschaftung weiterer Stelleneinsparauflagen.

Nach der Amortisation erwarten FM und SM unter Berücksichtigung der laufenden Betriebskosten ein jährliches Einsparvolumen von 2,6 Mio. DM. Nach Angaben des FM „... realisiert sich diese Maßnahme vereinbarungsgemäß“. Wie geplant, wurden zum 01.01.2000 zehn der 26 Personalstellen eingespart.

3.3 Nicht abgerufene Mittel

Für die begonnenen Projekte wurden bisher dem Strukturpool 27 Mio. DM aus Verkaufserlösen von Landesvermögen zugeführt, die unter Berücksichtigung pünktlich zurückfließender Erträge ausreichen sollen, den bisher bestehenden Finanzierungsbedarf zu decken. Auch wenn entgegen den Zielvereinbarungen noch zusätzliche Mittel für die beiden begonnenen Projekte benötigt würden, stünde bei dem Gesamtvolumen von 100 Mio. DM noch genügende Mittel zur Verfügung, um weitere IuK-Projekte mit Rationalisierungspotential anzustoßen.

Ein konkretes Interesse dafür ist nicht feststellbar, dem FM lagen im April 2000 keine weiteren Anträge vor. Bei Bedarf würde das FM den Pool mit weiteren Verkaufserlösen bis zur Höhe der gesetzlichen Ermächtigung auffüllen. In der Schulverwaltung besteht inzwischen nach Mitteilung des FM der Wunsch, das Programm „Schulverwaltung online“ im Umfang von 40 Mio. DM aus dem Strukturpool zu finanzieren.

4 Wertung und Vorschlag

Dem gelegentlich vorgetragenen Argument, für die IuK-Technik wäre zu wenig Geld vorhanden, wurde mit dem IuK-Strukturpool der Wind aus den Segeln genommen. Nach anfänglicher Euphorie ist allerdings eine nüchterne Betrachtungsweise eingekehrt, nachdem nur für zwei Projekte Mittel abgerufen wurden. Die stringenten Vorgaben hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit und der Amortisation scheinen die Ministerien davon abzuhalten, Mittel in Anspruch zu nehmen.

Als Gründe dafür kommen in Frage:

  • Die aufgestellten Regeln sind für Behörden noch ungewohnt; für kostenrechnende Stellen außerhalb der öffentlichen Verwaltung sind sie jedoch der Normalfall. Wer dort zusätzlich Geld investieren will, muss dieses erwirtschaften und ist für das Ergebnis verantwortlich.

 

  • Bisher war es für die Ressorts relativ einfach, „Nutzen“ und „Wirtschaftlichkeit“ von DV-Projekten vorzurechnen. Sie mussten nämlich nicht durch Erfolgskontrollen belegt und schon gar nicht „erbracht“ werden. Heute werden vom Nutzer erstmals Gegenleistungen in Form von Einsparungen an anderer Stelle des eigenen Haushaltes verlangt. Die Regeln für den Pool hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit gelten im Übrigen für alle DV-Projekte. Solche dürfen nach den Bestimmungen im Planausschreiben zur Aufstellung des StHpl. (nur) begonnen werden, wenn sie wirtschaftlich und notwendig sind. Eine Verletzung dieser Bestimmungen blieb jedoch bisher folgenlos.

 

  • Möglicherweise reichen die im Informationstechnischen Gesamtbudget veranschlagten Mittel generell aus, sodass Sondermittel nicht benötigt werden, oder die Ministerien tun sich schwer, die Wirtschaftlichkeit von ihnen betriebener DV-Vorhaben konkret nachzuweisen.

 

  • Die Ressorts, die ohnehin Probleme mit dem Stellenabbau haben, sehen die Konditionen für die Teilnahme als zu stringent und mit zu wenig Anreizen ausgestattet an, um von diesem Instrument Gebrauch zu machen.

Es ist nur schwer vorstellbar, dass es keine weiteren Verwaltungsabläufe mehr geben soll, die durch DV-Unterstützung zu Kosteneinsparungen führen könnten und damit die Bedingungen des IuK-Strukturpools erfüllen. Das MLR hatte im November 1997 dem FM mitgeteilt, es werde von der Möglichkeit Gebrauch machen, im Nachhinein Projekte zu definieren und anzumelden, was bisher allerdings nicht geschah. Der RH hat in der Denkschrift 1999 Nr. 19 und im Beitrag Nr. 23 dieser Denkschrift dem FM selbst aufgezeigt, dass auch in dessen Zuständigkeitsbereich ein unverändert hoher Rationalisierungsstau (z.B. bei den Finanzkassen und der Kraftfahrzeugsteuer) besteht. Das FM sieht Probleme in der Optimierung der Automationsunterstützung seines Geschäftsbereichs bisher weniger wegen des fehlenden Geldes, als wegen fehlenden Personals bei der Anwendungsentwicklung. Die Steuerverwaltung habe an den allgemeinen Stelleneinsparungen der Landesverwaltung einen erheblichen Anteil zu tragen. Auch mit Mitteln aus dem Strukturpool sei eine darüber hinausgehende Personaleinsparung von der Steuerverwaltung nicht leistbar.

Der RH regt an, das Reglement zu überprüfen und ggf. die Anreize weiter zu erhöhen. Denkbar wäre auch, den IuK-Strukturpool zu einem allgemeinen Verwaltungsreformpool zu öffnen, sodass auch andere Rationalisierungsinvestitionen außerhalb des DV-Bereiches hieraus finanzierbar würden.

5 Stellungnahme des Ministeriums

Das FM teilt die Auffassung des RH, dass der Strukturpool bisher zu wenig genutzt wird. In diesem Zusammenhang steht es der Anregung offen gegenüber, den Strukturpool nicht nur für den DV-Bereich, sondern vorbehaltlich näherer Untersuchungen zu den gleichen Bedingungen als allgemeinen Pool für Verwaltungsreformmaßnahmen zu führen.

Dagegen hält das FM verbesserte Anreize für potenzielle Projektträger nicht für einen geeigneten Weg, weitere Maßnahmen zum Erfolg zu führen. Unter den jetzt gegebenen Voraussetzungen sei für die einzelnen Projekte eine ausgewogene Interessen- und Risikolage für die betroffenen Etats und den Gesamthaushalt erreicht. Weitere Anreize würden dieses Gleichgewicht einseitig zu Lasten des Gesamthaushalts verändern; dies sei aus seiner Sicht nicht akzeptabel.


Anhänge

Das Vorhalten landeseigener Gebäude für Forstrevierleiter ist unwirtschaftlich und verursacht eine Kostenunterdeckung von über 12 Mio. DM jährlich. Diese Liegenschaften sollten veräußert werden, soweit nicht ausnahmsweise zwingende forstbetriebliche Gründe entgegenstehen.


1 Revierleitergebäude

Die Vermögensverwaltung stellt der Forstverwaltung Revierleitergebäude zur Verfügung. Dabei handelt es sich regelmäßig um Einfamilienhäuser, in denen - soweit sie von Revierleitern bewohnt sind -, relativ kleine Teilflächen dienstlich genutzt werden. Die vorgehaltenen Gebäude gehören nach bisheriger Ansicht zum Kernbestand der Forstverwaltung.

Der RH hat gemeinsam mit dem StRPA Stuttgart die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Revierleitergebäude überprüft.

1.1 Notwendigkeit von Revierleitergebäuden

1.1.1 Die Notwendigkeit von Revierleitergebäuden wird im Wesentlichen mit der Organisationsform der Forstverwaltung begründet, die mit ihren dezentralen Arbeitsplätzen zu einer weitgehenden Verzahnung dienstlicher und privater Belange führt. Durch landeseigene Liegenschaften werde die örtliche Präsenz der Revierleiter verbessert, die Verfügbarkeit einer Wohnung bei einem Personalwechsel erleichtert sowie sichergestellt, dass auch in Ballungsgebieten Wohnungen nebst Dienstraum vor Ort vorhanden sind.

Nach Auffassung des RH ist diese Begründung in der Mehrzahl der Fälle nicht tragfähig.

1.1.2 Revierleiter sind grundsätzlich verpflichtet, innerhalb ihres Dienstbezirks oder innerhalb einer daran angrenzenden Gemarkung Wohnung zu beziehen. Der größte Teil der Revierleiter wohnt entsprechend dieser Regelung. Über landeseigene Wohnungen verfügten 1998 jedoch nur 349 - das sind lediglich knapp 40 % - der insgesamt 894 Revierleiter. Die anderen haben sich auf dem privaten Markt mit Wohnraum versorgt. Die Bereitschaft der Revierleiter, ein landeseigenes Gebäude zu beziehen schwand in der Vergangenheit zunehmend. In der Praxis wurde es daher auch immer schwerer, die vorhandenen Wohnungen mit Revierleitern zu belegen. Obwohl nur für weniger als die Hälfte der Revierleiter überhaupt entsprechende Gebäude zur Verfügung standen, waren 1998 154 der zu diesem Zweck vom Land vorgehaltenen Wohnungen nicht von Revierleitern bewohnt, 24 weitere Wohnungen standen zumindest zeitweise leer. Dass durch die private Wohnraumversorgung der Revierleiter Nachteile für die Aufgabenerfüllung der Forstverwaltung entstanden wären, haben die Erhebungen des RH nicht ergeben.

Vermietete Wohnungen stehen zudem bei einem Personalwechsel dem neuen Stelleninhaber nur eingeschränkt zur Verfügung. Das geltende Mietrecht räumt auch Mietern von Werkmietwohnungen einen umfassenden Kündigungsschutz ein. Das nachfolgende Beispiel zeigt, wie lange es dauern kann, bis landeseigene Wohnungen für den neuen Stelleninhaber verfügbar sind und welche erstaunlichen Konstellationen sich ergeben können:

Ein Forstbediensteter wurde im Zuge der Forstreform von A nach B versetzt. Seinen Wohnsitz im Forstamt A behielt er bei. Da noch immer nicht feststeht, wann mit seinem Umzug nach B gerechnet werden kann, wurde das an sich entbehrliche Gebäude in A bisher nicht zum Verkauf freigegeben. Der Umzug des Wohnungsinhabers hängt davon ab, wann ihm die Wohnung in B überlassen werden kann. Diese bewohnt noch immer der ehemalige Stelleninhaber von B. Obwohl er inzwischen nach C versetzt wurde, ist er nicht auszugsbereit. Als Begründung für die Beibehaltung der Wohnung führt er an, dass in C keine entsprechende Wohnung zu finden sei.

Die Erhebungen des RH ergaben, dass in C für die Forstverwaltung eine leerstehende Wohnung vorgehalten wird. Ein Umzug wäre also möglich.

Das zuständige Staatliche Vermögens- und Hochbauamt akzeptiert die Begründung des nicht auszugsbereiten Wohnungsinhabers inzwischen nicht mehr und hat die Wohnung zum 31.01.2000 gekündigt. Zum 31.03.2000 wurde eine Räumungsklage erhoben. Dauer und Ausgang des Verfahrens sind indes ungewiss. Das Gebäude in A kann damit weiterhin nicht anderweitig genutzt werden. Durch das entbehrliche Gebäude entstehen dem Land erhebliche Kosten. Zudem ist die von der Forstverwaltung gewünschte örtliche Präsenz weder in B noch in C gewährleistet.

Nur ein geringer Teil der landeseigenen Revierleitergebäude ist geeignet, einen möglichen Bedarf in Ballungsgebieten oder in Orten mit geringem oder nahezu keinem Wohnungsangebot abzudecken. Die Gebäude werden vielmehr ohne erkennbares System im ganzen Land vorgehalten. Es hängt mehr oder weniger vom Zufall ab, ob ein Revier über ein geeignetes Gebäude verfügt oder nicht.

1.1.3 In welcher Weise die Zielkonkurrenzen zwischen der Notwendigkeit der Liegenschaften für forstwirtschaftliche Belange und der Fürsorge für Forstbedienstete nach der einschneidenden Neuorganisation (zum 01.10.1998) einerseits und der Verpflichtung des Immobilien- und Gebäudemanagements zur wirtschaftlichen Verwaltung der Liegenschaften andererseits bisher zugunsten der Forstverwaltung gelöst wurden, zeigen die folgenden Beispiele:

  • In einem Revier standen infolge der Umorganisation der Forstverwaltung zwei nur 4 km voneinander entfernt liegende Gebäude zur Verfügung. Geplant war zunächst, dass der Revierleiter, der eines der beiden Gebäude bewohnt, in das andere Gebäude - allerdings erst nach dessen Sanierung - umziehen sollte.

Der RH wies im Rahmen der Untersuchung darauf hin, dass er eine Veräußerung des für die Sanierung vorgesehenen Gebäudes für die wirtschaftlichere Lösung hält.

MLR und das FM haben daraufhin die Unterbringung nochmals überprüft. Sie beabsichtigen nach Abwägung der unterschiedlichen Interessenlagen, der Empfehlung des RH zu folgen und das für eine Sanierung vorgesehene Gebäude im derzeitigen baulichen Zustand zu veräußern.

Der RH hält diese Entscheidung, die deutlich geringere Investitionsausgaben zur Folge hat, für sachgerecht.

  • Ein Revierleitergebäude (Doppelhaus) wurde 1994 mit einem Aufwand von rd. 1,5 Mio. DM errichtet. Für Revierleiter wird es nicht benötigt und stattdessen vermietet. Die im Vergleich zur Investitionssumme bescheidenen Mieteinnahmen betrugen 1998 rd. 18 000 DM.

Der RH bezweifelte bereits in seiner Denkschrift 1995 (S. 124) Nr. 19 Pkt. 3.2 die Notwendigkeit des Neubaus. Er hielt es schon s.Z. für absehbar, dass die bevorstehende Organisationsreform der Forstverwaltung zu weniger Revieren - mit entsprechenden Auswirkungen auf den Gebäudebedarf - führen wird.

Im Nachhinein haben sich die Zweifel des RH bestätigt. Es entstand ein aufwendiges Doppelhaus, das weder derzeit noch in absehbarer Zukunft für forstliche Zwecke genutzt wird.

  • Ein landeseigenes Einfamilienhaus mit 125 m² Wohnfläche wird seit 1982 von einem Revierleiter bewohnt. Das Gebäude hat einen geschätzten Substanzwert von rd. 700 000 DM. Die Mieteinnahmen beliefen sich 1998 auf rd. 12 000 DM. Der Revierleiter dürfte im konkreten Fall wohl völlig problemlos auf dem örtlichen Wohnungsmarkt Wohnraum zu günstigen finanziellen Bedingungen anmieten können. Das Revierleitergebäude sollte aufgegeben werden.

1.1.4 In nicht von Revierleitern bewohnten und damit in nicht zweckentsprechend genutzten Gebäuden wurden 1998 mit jährlichen Gesamtkosten von rd. 3,7 Mio. DM insgesamt rd. 18 000 m² Wohnfläche vorgehalten. Dies entspricht Vorhaltekosten von durchschnittlich rd. 17 DM/m² und Monat.

Bei zahlreichen Gebäuden, die derzeit an Privatpersonen vermietet sind, dauert dieser unwirtschaftliche Zustand schon geraume Zeit an. Etliche Gebäude sind schon seit 14 bis 20 Jahren, einzelne sogar noch länger an Private vermietet.

1.2 Kosten

Der Nutzen der Revierleitergebäude für das Land reduziert sich nach Ansicht des RH im Wesentlichen auf die Vorhaltung eines Dienstraumes vor Ort sowie auf die 261 in den Revierleitergebäuden vorhandenen Wildkammern. Dem stehen erhebliche Kosten gegenüber, die der RH im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsberechnung ermittelt hat. Die Berechnung wurde in allen Positionen sehr vorsichtig angelegt. So wurden beispielsweise die ältere Bausubstanz, die teilweise ungünstige Lage einzelner Gebäude sowie andere wertmindernder Umstände im Rahmen der Bestimmung des Vermögenswertes durch einen sehr großzügigen pauschalen Abschlag von 50 % berücksichtigt. Die Kosten, die im Zusammenhang mit der Verwaltung der Liegenschaften bei der Verwaltung selbst entstehen (Geschäftsbereich FM, MLR) wurden aus Vereinfachungsgründen nicht ermittelt und zur Vermeidung diesbezüglicher Auseinandersetzungen auch nicht pauschal angesetzt.

Die insgesamt 502 Revierleitergebäude haben folgenden Substanzwert:

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Bei der Bestimmung des Gesamtaufwandes wurden die kalkulatorischen Kosten für das gebundene Kapital in die Berechnung einbezogen. Dieses gebundene Kapital stünde bei einer möglichen Veräußerung der Liegenschaften dem Land im Grundstock, zur Tilgung von Krediten oder zur Vermeidung zusätzlicher Kreditaufnahmen zur Verfügung. Angenommen wurde ein Zinssatz von nur 5,48 % (von den Kreditreferenten der Länder für die Verwendung in Wirtschaftlichkeitsberechnungen am 21.09.1999 ermittelt). Die übrigen Aufwendungen entsprechen den Ist-Ergebnissen der Jahresrechnung für 1998; lediglich die Aufwendungen für die bauliche Unterhaltung wurden mit dem Durchschnittswert der Jahre 1994 - 1998 berücksichtigt. Der Ansatz von kalkulatorischen Abschreibungen kann daher unterbleiben.

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Das Vorhalten der Revierleitergebäude verursacht mithin eine jährliche Kostenunterdeckung von über 12 Mio. DM. Die Mieteinnahmen decken nicht einmal die durchschnittlichen Ausgaben für die Unterhaltung und Bewirtschaftung der Gebäude.

1.3 Wertung

1.3.1 Nach Ansicht des RH rechtfertigen dienstliche Gründe ein Vorhalten von landeseigenen Gebäuden für Revierleiter in der Mehrzahl der Fälle nicht mehr. Er empfiehlt angesichts des ungünstigen Verhältnisses von Nutzen und Kosten, solche Gebäude nur noch dort vorzuhalten, wo zwingende forstbetriebliche Gründe die Kosten nachweislich rechtfertigen.

Der RH geht davon aus, dass die Einrichtung von dienstlich genutzten Räumen in Privatwohnungen in den weitaus überwiegenden Fällen möglich sein sollte. Für die dienstliche Nutzung wird den Forstbediensteten eine Pauschalentschädigung gewährt. Zum Ausgleich von dienstlich veranlassten Beeinträchtigungen könnte eine höhere Pauschalentschädigung als bisher gewährt werden. Die Mehraufwendungen, die sich für das Land hieraus ergeben, wären ggf. von dem unter 1.2 ermittelten Betrag abzuziehen.

Für Revierleiter, bei denen die häuslichen Gegebenheiten die Einrichtung dienstlich genutzter Räume nicht zulassen, könnten nach Auffassung des RH Diensträume in Forstamtsgebäuden zur Verfügung gestellt werden. Diese verfügen meist über geeignete Reserveflächen oder Wohnungen, die als solche aufgegeben und für die Einrichtung von Diensträumen genutzt werden könnten. Auch für Wildkammern sind andere Lösungen möglich.

1.3.2 Nach Einschätzung des RH hätte eine stringenter auf die Ziele der Verwaltungsreform ausgerichtete Zusammenarbeit zwischen Forst- und Vermögensverwaltung wirtschaftlichere Lösungen hervorbringen müssen. Ressortdenken hat zu nicht optimalen Ergebnissen geführt. Der RH sieht insoweit ein Grundproblem in der derzeitigen Rollenverteilung zwischen der nutzenden Verwaltung und den Vermögens- und Hochbauämtern. Die nutzende Forstverwaltung hat Interesse an einer optimalen Unterbringung ihrer Bediensteten sowie der Sicherstellung der künftigen Versorgung mit Wohnraum. Mangels eigener Finanzverantwortung und bisher fehlender interner Kostenverrechnung besteht dagegen nur ein begrenztes Interesse an möglichst wirtschaftlichen Lösungen. Dieser Zielkonflikt wurde bereits in der Denkschrift 1999 Nr. 21 „Unterbringung von Landesbehörden“ angesprochen.

2 Forstamtsgebäude

Auch im Bereich der Forstamtsgebäude sieht der RH noch Möglichkeiten zur Optimierung des Gebäudebestandes und zum wirtschaftlicheren Umgang mit den Liegenschaften.

Das Vorhalten von rd. 50 000 m² Bürofläche und 24 000 m² Wohnfläche in den Forstamtsgebäuden verursacht dem Land Kosten von rd. 11,7 Mio. DM jährlich. Maßgeblich dafür sind im wesentlichen die verfügbaren Gebäudeflächen.

Die dienstlich nutzbare Fläche beträgt im Durchschnitt rd. 300 m² je Forstamt. Sie liegt damit weit über dem Wert von 200 m², der sich nach einer Dienstanweisung der Staatlichen Hochbauverwaltung für den notwendigen Flächenbedarf eines durchschnittlichen Forstamts mit acht Mitarbeitern ergibt.

Der RH verkennt nicht, dass die Größen der vorhandenen Nutzflächen in den Forstamtsgebäuden oft bauartbedingt und die daraus entstehenden Kosten damit nur schwer beeinflussbar sind.

Folgende Einzelfälle belegen jedoch, dass durchaus Möglichkeiten zur Senkung der durch die Unterbringung der Forstämter verursachten hohen Kosten gegeben sind.

  • Beispiel 1

Im Ortskern einer Gemeinde werden in einer Entfernung von rd. 500 m zwei Gebäude für Forstzwecke vorgehalten:

Das Forstamtsgebäude ist ein denkmalgeschütztes typisches Amtsgebäude. Im Erdgeschoss befindet sich das Forstamt, die darüber liegende Wohnung mit einer Fläche von 246 m² bewohnt der Forstamtsleiter. Das Gebäude verursacht jährlich Kosten von rd. 81 000 DM.

Das zweite Gebäude, ein Mehrfamilienhaus, wird vom Polizeiposten genutzt und außerdem von einem Revierleiter bewohnt. Es verursacht jährliche Kosten von rd. 65 000 DM.

Hier bietet sich an, Forstamt und Polizeiposten im Forstamtsgebäude zusammenzulegen. Die heutige Wohnung des Forstamtsleiters mit einer Fläche von 246 m² dürfte genügend Raum für die Einrichtung entsprechender Büroräume bieten. Forstamt und Polizeiposten böten darüber hinaus bei Wald- und Wildunfällen eine gemeinsame, gut auffindbare Anlaufstelle. Das andere Gebäude könnte veräußert werden.

  • Beispiel 2

In einem Doppelhaus werden die Erdgeschosse für die Unterbringung von zwei Forstämtern genutzt. Die darüber liegenden beiden Wohnungen werden von den jeweiligen Forstamtsleitern bewohnt. Ein Gebäudeteil verfügt zudem über eine Wildkammer. Insgesamt verursacht das Gebäude jährliche Kosten in Höhe von 179 700 DM.

Nach Ansicht des RH sollten die beiden Wohnungen als solche aufgeben werden, sodass die beiden Forstämter nach Freiwerden der Wohnungen gemeinsam in dem Gebäudeteil des Doppelhauses untergebracht werden könnten, in dem sich die Wildkammer befindet. Der andere Gebäudeteil könnte veräußert werden.

3 Stellungnahme des Ministeriums

Das FM sieht die Revierleitergebäude mit ihren Dienst- und Werkmietwohnungen als strukturellen Bestandteil der Forstorganisation an. Sie seien aus dienstlichen Belangen der Forstverwaltung vorzuhalten und daher für Landeszwecke nicht entbehrlich. Die vom RH im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsberechnung aufgeworfenen Fragen wie z.B., nach dem gebundenen Kapital stellten sich demnach nicht. Im Übrigen müsse die Unwirtschaftlichkeit hingenommen werden, weil Einfamilienhäuser grundsätzlich keine Renditeobjekte seien.

Für die Beibehaltung der Revierleitergebäude spreche insbesondere die Präsenzpflicht der Forstamts- und der Revierleiter, die verpflichtet sind, ihren Wohnsitz in ihrem Forstbezirk bzw. im Dienstbezirk oder in der angrenzenden Gemarkung zu nehmen. Das Ministerium hält es daher nach wie vor für erforderlich, dass das Land dem betroffenen Personenkreis Dienstwohnungen, Werkmietwohnungen oder Revierleitergebäude zur Verfügung stellt. In Einödlagen, im ländlich geprägten Raum mit unzureichendem Wohnungsmarkt und im Ballungsraum könne die Präsenzpflicht ausschließlich durch das Vorhalten von staatlichen Wohnungen gewährleistet werden. Revierleiter müssten überdies als Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft jederzeit erreichbar sein (z.B. bei Wildunfällen, Waldbränden, Orkanschäden und sonstigen Katastrophenfällen). Forsthäuser seien der Bevölkerung bekannt, zudem häufig in Karten eingezeichnet und dienten daher als fixer Anlaufpunkt in den obengenannten Fällen.

Die Auffassung des RH, dass Ressortdenken zu nicht optimalen Ergebnissen geführt habe, wird von der Verwaltung nicht geteilt. Vielmehr bestehe großes Interesse an möglichst wirtschaftlichen Lösungen.

4 Schlussbemerkung

Der RH verkennt nicht die Notwendigkeit der örtlichen Präsenz von Revierleitern. Sie kann jedoch ein Vorhalten von landeseigenen Gebäuden in der Mehrzahl der Fälle nicht rechtfertigen.

Schon heute verfügen rund 60 % der Revierleiter über kein landeseigenes Revierleitergebäude. Sie haben sich auf dem privaten Markt mit Wohnraum versorgt. Nachteile für die Aufgabenerfüllung der Forstverwaltung sind dem RH nicht bekannt geworden. Hinzu kommt, dass der heutige Bestand und die räumliche Verteilung der Revierleitergebäude eine Entwicklung der vergangenen 100 Jahre darstellt und sich daher nicht völlig mit der aus der Forstorganisation entstandenen Bedarfslage deckt. Revierleitergebäude können darüber hinaus auch nicht mit der Bereitstellung von besonderen Einrichtungen, wie z.B. Räumen für Ausbildungszwecke, Räumen für die Aufbewahrung von Pflanzenschutzmitteln, Werkstätten und Wildkammern begründet werden. Derartige Einrichtungen könnten zentral in den Forstamtsgebäuden untergebracht werden. Dies hätte den Vorteil, dass sie dort zusätzlich weiteren Revierleitern zur Verfügung stünden. Die Vorhaltung von Wildkammern in Revierleitergebäuden wird im Übrigen auch von der Verwaltung nur noch in einigen Fällen für sinnvoll und notwendig erachtet. Die Zentralisierung der Wildkammern in den Forstamtsgebäuden sollte fortgesetzt werden.

Der RH hält daran fest, dass angesichts des finanziellen Aufwands für die Vorhaltung der Revierleitergebäude eine deutliche Reduzierung geboten und auch machbar ist. Die künftigen Haushalte könnten dadurch - ohne Nachteile für die dezentrale Organisationsstruktur der Forstverwaltung - erheblich entlastet werden.


Anhänge

Dem Land entsteht durch die Werkmietwohnungen für Waldarbeiter eine Kostenunterdeckung von insgesamt rd. 4 Mio. DM/Jahr. Die Landesforstverwaltung hält derartige Wohnungen über den Bedarf hinaus vor. Der nicht mehr benötigte Wohnungsbestand sollte veräußert, für die verbleibenden Wohnungen ein zentrales Immobilienmanagement eingerichtet werden.


1 Vorbemerkung

Die Landesforstverwaltung stellt Waldarbeitern Werkmietwohnungen zur Verfügung. Sie hat zur Unterbringung von staatlichen Waldarbeitern besonders in den Fünfziger- und Sechzigerjahren zahlreiche Wohnungen und Gebäude errichtet. Im Bereich der Forstdirektion (FD) Freiburg wurden vielfach anstelle eines Neubaus Bauernhöfe genutzt, die sich bereits seit dem 19. Jahrhundert in Landeseigentum befinden.

Im Gegensatz zu Dienstwohnungen, bei denen vor allem der dienstliche Zweck des Wohnens in unmittelbarer Nähe der Dienststelle im Vordergrund steht, dienten die Werkmietwohnungen der Gewinnung von Waldarbeitern in Zeiten, in denen eine starke Konkurrenz mit der Industrie um die Nachfrage nach Arbeitskräften bestand. Die vergleichsweise günstigen Mieten für Waldarbeiter-Werkmietwohnungen sollten einen zusätzlichen Anreiz darstellen, sich für den „Forstdienst“ zu entscheiden.

Die Waldarbeiterwerkmietwohnungen gehören gemäß § 113 LHO zum Sondervermögen „Forstgrundstock“. Sie werden von den Staatlichen Forstämtern bewirtschaftet. Die Betreuung der Bausubstanz wird von den Staatlichen Vermögens- und Hochbauämtern wahrgenommen.

Die StRPA Karlsruhe, Stuttgart und Tübingen haben die Mietverhältnisse und die Frage der Wirtschaftlichkeit der Wohnungen landesweit geprüft. In die Prüfung wurden rd. 66 % des gesamten Waldarbeiterwerkmietwohnungsbestandes bei 23 Forstämtern einbezogen.

2 Ausgangslage

2.1 Bestand an Wohnungen

Der Bestand an Waldarbeiterwerkmietwohnungen belief sich Anfang 1999 auf insgesamt 331 Wohnungen in 307 Gebäuden. Die Wohnungen verteilen sich auf die Forstdirektionen wie in Übersicht 1 dargestellt.

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Landesweit stehen für knapp 20 % der rd. 1 770 vollbeschäftigten staatlichen Waldarbeiter betriebseigene Wohnungen zur Verfügung.

2.2 Wert der Wohngebäude

Zur Ermittlung dieses Wertes wurde der Herstellungsneuwert der Gebäude in Höhe von rd. 135 Mio. DM (7,1 Mio. DM x 18,935) um 70 % reduziert. Dieser Abschlag berücksichtigt die teilweise sehr alte Bausubstanz der Waldarbeiterwerkmietwohnungen sowie weitere wertmindernde Umstände, wie z.B. die abgelegene Lage der Häuser. Er geht deshalb über den Abschlag von 50 % bei den Revierleitergebäuden (s. Beitrag Nr. 10) hinaus.

Die Gebäude befinden sich häufig auf großen Waldgrundstücken. Für die überschlägige Berechnung der Grundstückswerte wurden daher im Bezirk der FD Freiburg eine Fläche von 1000 m² für ein Einfamilienhaus und 300 m² für eine Doppelhaushälfte, im Bereich der anderen Forstdirektionen eine einheitliche Fläche von 500 m² je Gebäude angesetzt. Die zu Grunde gelegten Grundstückspreise schwanken je nach Forstdirektionsbezirk zwischen 65 und 200 DM/m².

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2.3 Nutzung der Wohnungen

Die Erhebungen ergaben, dass von den 331 Wohnungen lediglich 50 % von aktiven Waldarbeitern genutzt werden. Rund 25 % der Wohnungen werden von Waldarbeitern im Ruhestand, Familienangehörigen, teilweise auch von sonstigen Bediensteten der Forstverwaltung bewohnt. Rund 22 % des Wohnungsbestands sind an Dritte vermietet, rd. 3 % standen leer.

3 Prüfungsfeststellungen

3.1 Entwicklung des forstlichen Arbeitsmarktes

Die derzeitige Situation am Arbeitsmarkt hat sich gegenüber den Zeiten, in denen die Werkmietwohnungen für Waldarbeiter gebaut wurden, grundlegend verändert. Die Industrie stellt bei der Anwerbung von Arbeitskräften keine ernsthafte Konkurrenz mehr dar wie in Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs nach dem Krieg. Die Löhne der Waldarbeiter haben sich inzwischen den Industrielöhnen weitgehend angenähert. Der Bedarf an Waldarbeitern ist infolge der hohen Mechanisierung und Rationalisierung im Forstbetrieb stark zurückgegangen. Mit 2 028 staatlichen Waldarbeitern (Voll- und Teilzeitkräfte) sind heute nur noch 43 % der Waldarbeiter von 1980 beschäftigt.

Aus betrieblicher Sicht sind die Wohnungen weitgehend entbehrlich geworden. Die Wohnbedürfnisse der Waldarbeiter können, wie auch die Drittvermietungsquote von 50 % zeigt, weitgehend auf dem freien Wohnungsmarkt befriedigt werden.

3.2 Wirtschaftlichkeit

Neben der Frage der grundlegenden Erforderlichkeit der Wohnungen wurde geprüft, wie sich das Kosten-/Nutzenverhältnis darstellt und in welcher Weise die Forstverwaltung auf die veränderten Rahmenbedingungen reagiert hat. Dem eigentlichen Nutzen der Wohnungen - Gewinnung und Bindung von Arbeitskräften an den Forstbetrieb - stehen erhebliche finanzielle Aufwendungen gegenüber. Für deren Berechnung wurden die kalkulatorischen Kosten für das gebundene Kapital und die durchschnittlichen jährlichen Bauunterhaltungsaufwendungen herangezogen. Die Kosten, die im Zusammenhang mit der Verwaltung der Liegenschaften bei der Verwaltung selbst entstehen (Geschäftsbereich FM, MLR) wurden aus Vereinfachungsgründen nicht ermittelt und zur Vermeidung diesbezüglicher Auseinandersetzungen auch nicht pauschal angesetzt. Einnahmen aus einer möglichen Veräußerung der Liegenschaften stehen dem Forstgrundstock zur Verfügung.

Die Berechnung des Gesamtaufwands ergibt sich aus Übersicht 3. Der zu Grunde gelegte Zinssatz von 5,48 % für das gebundene Kapital von 68,8 Mio. DM (Übersicht 2) entspricht dem von den Kreditreferenten der Länder im Jahre 1999 ermittelten Zins für 10-jährige endfällige Darlehen. Da die Bewirtschaftungskosten weitgehend auf die Mieter umgelegt werden, sind sie in der Kostenberechnung vernachlässigt. Die Ausgaben für Bauunterhaltung resultieren aus dem Durchschnitt der jährlichen Ausgaben der Jahre 1985-1997. Ein Sanierungssonderprogramm im Bereich der FD Freiburg nach 1995 blieb unberücksichtigt.

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Das Vorhalten der 331 Waldarbeiterwerkmietwohnungen verursacht einen jährlichen Aufwand von rd. 6 Mio. DM. Dem steht ein Mietertrag von rd. 2 Mio. DM gegenüber, sodass dem Land jährlich rd. 4 Mio. DM an ungedeckten Kosten verbleiben.

Dem jährlichen Aufwand steht lediglich ein begrenzter Nutzen gegenüber, da die derzeitige Fremdbelegungsquote bei rd. 50 % liegt. Nach Auffassung des RH ist auch ein großer Teil der regulär mit Waldarbeitern belegten Wohnungen nicht mehr erforderlich. Der Nutzen steht daher in keinem Verhältnis zum Aufwand.

3.3 Bauunterhaltung, Bausanierung

Die Sanierung der Werkmietwohnungen beansprucht erhebliche Haushaltsmittel. Dies gilt insbesondere für die im Bezirk der FD Freiburg vorhandenen alten Hofgüter. So wurden in einem Fall für die Generalsanierung eines Gebäudes mit 129 m² Wohnfläche 472 000 DM, dies entspricht 3 600 DM/m², investiert.

In einem weiteren Fall wurde Ende der Achtzigerjahre das Leibgedinghaus eines Schwarzwaldhofs mit einem Aufwand von 475 000 DM (ca. 3 960 DM/m²) saniert, anschließend nicht an einen Waldarbeiter, sondern an einen Bediensteten einer FD zu einem vergleichsweise niedrigen Mietzins vermietet.

Wirtschaftlich fragwürdig ist ein weiteres Beispiel. In die Sanierung eines an einen Landwirt verpachteten denkmalgeschützten Bauernhofes, der ursprünglich an Waldarbeiter vermietet war, waren zum Zeitpunkt der Prüfung rd. 1,95 Mio. DM fast ausschließlich in den Ökonomieteil des Gebäudes investiert worden. Im Bereich des Wohnteils standen umfangreiche Sanierungsarbeiten erst noch an. Nach seiner Flächenausstattung dürfte der landwirtschaftliche Betrieb zumindest im Haupterwerb nicht existenzfähig und damit auch nicht in der Lage sein, eine den Bauaufwendungen angemessene Pacht zu erwirtschaften.

Auch in zahlreichen anderen Fällen zeigt sich, dass die Unterhaltung der Ökonomieteile der (ehemaligen) Schwarzwaldhöfe erhebliche Zusatzkosten verursacht. Mit der ursprünglichen Aufgabe, Arbeitskräfte mit Wohnraum zu versorgen, sind diese Ausgaben nicht mehr zu rechtfertigen.

Bei aufwendig sanierten Gebäuden kann häufig eine den Kosten angemessene Miete wegen berechtigter Mietabschläge gar nicht erzielt werden. Die Gebäude liegen vielfach abgelegen im Wald, ohne ausreichende Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel und mit weiten Wegen zu Einkaufsmöglichkeiten und Schulen. Oft muss die Schneeräumung der teilweise langen Grundstückszufahrten von den Mietern selbst durchgeführt werden. Diese Umstände drücken die Mietpreise.

3.4 Verwaltung und Bewirtschaftung der Werkmietwohnungen

Bisher wird die Bewirtschaftung der Werkmietwohnungen (Belegung, Vermietung) von den Forstämtern durchgeführt. Die Bauverwaltung (Bauunterhaltung, Sanierung) obliegt den Staatlichen Vermögens- und Hochbauämtern. Die Gebäudeversicherung wird zentral für alle Waldarbeiterwohnungen des Landes bei einer FD bearbeitet.

Diese Aufgabenverteilung hat sich nicht bewährt. Die erforderlichen Bauunterhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen werden zwar auf Anforderung der Forstämter von den Staatlichen Vermögens- und Hochbauämtern veranlasst, bei der Durchführung mangelt es jedoch häufig am Dialog zwischen den beiden Verwaltungen. Es ist unabdingbar, dass die nutzende Verwaltung umfassend und zeitnah über beabsichtigte Baumaßnahmen einschließlich der Kostenschätzung und die angefallenen Bauunterhaltungskosten im Einzelfall Kenntnis erhält, um eine Bewirtschaftung des Wohnungsbestands nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gewährleisten zu können. Die festgestellte mangelnde Abstimmung zwischen der Hochbauverwaltung und der Forstverwaltung ist teilweise ursächlich für die hohe Kostenunterdeckung.

Selbst innerhalb der Forstverwaltung bestehen unterschiedliche Verfahrensweisen. So wurden z.B. bei drei Forstdirektionen die Möglichkeiten des Dienstwohnungsrechts, für die Berechnung der Miete eine verminderte Fläche anzusetzen, genutzt. Im Bereich der vierten FD wurde hingegen die Miete auf der Grundlage der tatsächlichen Wohnflächen berechnet.

Weder die Vermögens- und Hochbauverwaltung noch die Forstverwaltung verfügen vollständig über exakt ermittelte und dokumentierte Wohnflächenberechnungen. Die umfangreiche Bauwerksdatenbank der Vermögens- und Hochbauverwaltung enthält zwar eine Reihe von Flächenberechnungen wie Hauptnutzfläche, Nebennutzfläche, Verkehrsfläche usw., die Wohnflächen sind daraus jedoch nicht abzuleiten.

Die beiden Verwaltungen sollten den vorhandenen Datenbestand - soweit zuverlässig ermittelt - gegenseitig austauschen und bei der Neuerhebung von Wohnflächen aktualisieren.

Die Beschäftigung der Forstämter mit mietrechtlichen Fragen und die Wohnungsverwaltung erfordern insbesondere bei Forstämtern mit einem geringen Gebäudebestand einen vergleichsweise hohen Verwaltungsaufwand. Die geringen Fallzahlen lassen es häufig nicht zu, dass die zuständigen Bediensteten in dieser für sie untypischen Materie das notwendige Fachwissen haben.

4 Empfehlungen des Rechungshofs

Die forstbetriebliche Notwendigkeit, Waldarbeiter durch das Angebot einer Werkmietwohnung für den Betrieb zu gewinnen bzw. an diesen zu binden, besteht nicht mehr in dem Maße wie in früheren Jahren. Dies bestätigt auch die hohe Rate von Vermietungen an Dritte. Nach Auffassung des RH sollten die Forstverwaltung und die Vermögens- und Hochbauverwaltung gemeinsam alle Anstrengungen unternehmen, das durch die Bewirtschaftung der vorhandenen Waldarbeiterwerkmietwohnungen entstehende jährliche hohe Defizit zu beseitigen.

Dazu gehört in erster Linie, dass sich die Forstverwaltung von denjenigen Wohnungen trennt, die aus betrieblicher Sicht für die Gewinnung oder das Halten eigener Arbeitskräfte nicht mehr erforderlich sind. Dies sind vorrangig die fremdbelegten Wohnungen.

Der RH empfiehlt die Einführung eines zentralen Immobilienmanagements. Dieses ermöglicht anhand von Kennzahlen und Kostenvergleichen die Entwicklung eines erforderlichen Abbaukonzeptes sowie für einen evtl. unverzichtbaren Restbestand ein Nutzungskonzept unter Anwendung einer Vollkostenrechnung. Nachdem bei der FD Freiburg bereits Aufgaben im Zusammenhang mit der Gebäudebewirtschaftung zentral angesiedelt sind und sich in deren Bezirk etwa die Hälfte aller Waldarbeiterwohnungen befindet, bietet es sich an, dieser die Aufgaben für das ganze Land zu übertragen. Ein Informations- und Datenaustausch mit den Vermögens- und Hochbauämtern ist sicherzustellen.

Im Übrigen sollte Ziel sein, ein mindestens ausgeglichenes Bewirtschaftungsergebnis zu erreichen. Die bisherige Praxis der Bauunterhaltung sowie die der Mietwertfestsetzung bedürfen der Überprüfung. In Anbetracht der Tatsache, dass die Bauweise der Schwarzwaldhöfe überdurchschnittliche Bauausgaben bei Sanierungen verursacht, ist in jedem Einzelfall eine kritische Wirtschaftlichkeitsprüfung erforderlich.

5 Stellungnahme des Ministeriums

Nach Auffassung des MLR sind die betriebseigenen Wohnungen weiterhin unverzichtbar, da die Konkurrenz zur Industrie nach wie vor bestehe. Dies verdeutliche eine hohe Abwanderungsquote der Auszubildenden und Berufsanfänger. Darüber hinaus erfordere eine forstbetrieblich bedingte hohe Mobilität der Waldarbeiter das Vorhalten eines eigenen Wohnraumangebots. Dies ermögliche zugleich die Unterbringung von Maschinen und Arbeitsgeräten. Da ein Teil der Wohnungen auch landeskulturelle Bedeutung habe, liege ihr Erhalt im Interesse des Landes.

Das Ministerium erhebt Einwände gegen die vom RH vorgenommene Wirtschaftlichkeitsberechnung. Insbesondere sei die Gegenüberstellung der Verzinsung des gebundenen Kapitals zu teilweise vorhandenen Einnahmen wenig aussagekräftig. Die Frage der Verkäuflichkeit, eines eventuell zu erzielenden Kaufpreises und somit von gebundenen Kapitalaufwendungen stelle sich bei aus betrieblichen Gründen erforderlichen Wohnungen nicht.

Hinsichtlich der Verwaltung und Bewirtschaftung der Werkmietwohnungen beabsichtige das Ministerium, die Vorschläge des RH aufzugreifen und ein zentrales Immobilienmanagement einer FD zu übertragen. In diesem Zusammenhang will es auch untersuchen, ob eine Übertragung der Bauunterhaltung und Sanierung mit den entsprechenden Ressourcen auf die Forstverwaltung zweckmäßig und wirtschaftlich ist.

Im Übrigen werde der Bedarf an Wohnraum ständig überprüft. Seit Abschluss der Prüfung sei eine Vielzahl von entbehrlichen Gebäuden verkauft oder deren Veräußerung eingeleitet worden.

6 Schlussbemerkung

Es ist nicht das Petitum des RH, alle vorhandenen Waldarbeitwerkmietwohnungen kurzfristig zu veräußern. Er hält jedoch unverändert an seiner Auffassung fest, dass für das Vorhalten eines großen Teils dieser Wohnungen zwingende forstbetriebliche Gründe nicht mehr vorliegen. Vor diesem Hintergrund hat der RH die Größenordnung aufgezeigt, die das Land unter heutigen Bedingungen bei einer Veräußerung aller Wohnungen einsparen könnte. Die dargestellte Einsparungsmöglichkeit sowie die hohe Fremdbelegungsquote verdeutlichen nach Auffassung des RH die Notwendigkeit des Verkaufs der nicht mehr benötigten Wohnungen. Mit dem Verkauf von bisher 14 Wohnungen hat das Ministerium dieser Notwendigkeit erst teilweise Rechnung getragen.

Der RH bestärkt das Ministerium, im Zusammenhang mit der Neugliederung der Forstdirektionen das beabsichtigte zentrale Gebäudemanagement rasch umzusetzen. Die Zusammenarbeit mit der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung sollte dabei deutlich verbessert werden.


Anhänge

Das Land erwarb vor Jahren eine von einem privaten Pächter betriebene Hofanlage. Neben dem hohen Kaufpreis sind seither hohe Aufwendungen für Bauunterhalt und bauliche Erneuerung angefallen. Die Pachteinnahmen stehen in keinem wirtschaftlichen Verhältnis zu den Kosten. Es kann nicht Aufgabe des Landes sein, diesen Hof auf Dauer zu unterhalten; er sollte veräußert werden.


1 Vorbemerkung

Das Land erwarb den Hof Anfang 1991 von privater Hand. Zum einen sollte dadurch die Pflege und Offenhaltung eines Landschafts- und Naturschutzgebietes gewährleistet werden, zum andern sollten durch den Kauf Steuerschulden ausgeglichen werden. Der Kaufpreis für rd. 5,6 ha Ackerland, Grünflächen, Hof- und Gebäudeflächen belief sich auf rd. 1,9 Mio. DM; hinzu kam der Erlass von Steuerschulden von 400 000 DM.

Mit dem bisherigen Pächter schloss das damalige Staatliche Liegenschaftsamt einen Pachtvertrag für den Hof mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von rd. 64 ha sowie für einen weiteren, in Landeseigentum befindlichen Hof mit einer Fläche von rd. 31 ha.

Neben der extensiven Bewirtschaftung der Weideflächen betreibt der Pächter eine Landwirtschaft mit Pensionspferdehaltung, Pferdezucht und Mutterkuhhaltung sowie einen Gewerbebetrieb mit Reitschule, An- und Verkauf von Pferden, Verkauf von Reitzubehör, Gästehaus und Bewirtungsbetrieb. In einem Werbeprospekt wird der Hof als Pferdegestüt besonderer Art charakterisiert. Das weitläufige Anwesen umfasst Gästehaus, Reithalle, Ovalbahn und Stallungen sowie große Koppeln.

Das Land verpflichtete sich, „Altlasten“, d.h. Baumängel, die allerdings nicht präzise beschrieben waren, auf seine Kosten zu beseitigen. Hierfür schätzte man 1990 den Aufwand auf insgesamt rd. 280 000 DM. Tatsächlich gab die Hochbauverwaltung zwischen 1991 und 1998 für sämtliche bauliche Maßnahmen rd. 2,1 Mio. DM aus.

2 Instandhaltung

In jährlichen Bauschauen stellten die Vertreter der Liegenschafts- und Hochbauverwaltung gemeinsam mit dem Pächter fest, welche Arbeiten im jeweils folgenden Hj. ausgeführt werden sollten. Hierbei wurde nicht selten Forderungen und Wünschen des Pächters nachgegeben, obwohl eine rechtliche Verpflichtung hierzu nicht gegeben war. Auch rein betriebsbedingte Maßnahmen, wie z.B. der Umbau des Kuhstalls zur Erweiterung der Pferdehaltung, wurden dem Pächter als „Instandhaltung“ vergütet. Mit Ausgaben von rd. 870 000 DM wurde die Schätzung von 1990 weit übertroffen. Gemäß Vertrag hat sich der Pächter mit maximal 20 000 DM jährlich an den Bauunterhaltskosten zu beteiligen.

In den meisten Fällen wurden die mit dem Pächter vereinbarten Arbeiten nicht ausgeschrieben; häufig erledigte dieser die Arbeiten mit eigenen Arbeitskräften und ließ sich die Kosten - allein zwischen 1996 und 1998 rd. 218 000 DM - vom Bauamt erstatten.

3 Kleine Neu-, Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen

Neben der eigentlichen Bauunterhaltung kam das Land (ohne rechtliche Verpflichtung) auch für Investitionen auf, die zwar zu einer Werterhöhung der Liegenschaft führten, aber in erster Linie der Verbesserung der betrieblichen Strukturen im Interesse des Pächters dienten. So erstellte das Bauamt 1995 eine neue Gerätehalle mit Werkstatt (Nutzfläche 430 m²); die Kosten von rd. 344 000 DM wurden vom Land getragen. Der Pächter beteiligte sich mit Eigenleistungen, die er jedoch dem Land in Rechnung stellte.

4 Arbeiten an den Außenanlagen

Forderungen des Landratsamtes führten 1997 zu einer Neukonzeption des Entwässerungssystems mit Trennkanalisation, dem Bau eines neuen Regenwasserhauptsammlers und eines getrennten Schmutzwasserkanals mit Kleinkläranlage. Damit verbunden war das Entfernen und Neueinbringen von Teilen der Hof- und Wegbefestigungen. Neu gebaut wurde - ebenfalls aus Umweltschutzgründen - ein Gerätewaschplatz mit Dieseltankstelle und Leichtflüssigkeitsabscheideanlage einschließlich eines Sammelbehälters für die Wiederverwendung von Waschwasser. Die Kosten dieser Maßnahmen beliefen sich auf knapp 600 000 DM.

5 Aufwendungen aus Mitteln der Liegenschaftsverwaltung

Neben den zuvor beschriebenen Aufwendungen aus Mitteln des Staatlichen Hochbaus erhielt der Pächter weitere Zuwendungen in Form von Kostenbeteiligungen aus Mitteln der Liegenschaftsverwaltung für

  • Wegebau- und Ausbesserungsarbeiten,
  • Einzäunungen,
  • Winterweide-Unterstände und Winterweide-Einzäunungen,
  • Feuerbrandbekämpfungsmaßnahmen,
  • Herstellen eines Ballenlagers und
  • Wassergeld.

6 Zusammenfassung und Bewertung

Die Investitionen für die 1991 erworbene Domäne (Erwerbskosten von insgesamt rd. 2,3 Mio. DM, Aufwendungen für die bauliche Unterhaltung und Erneuerung bis 1998 von rd. 2,1 Mio. DM) schlagen mit rd. 4,4 Mio. DM zu Buche. Die jährlichen Pachteinnahmen (ohne den schon früher in Landesbesitz befindlichen Hof) ergeben eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals von weniger als 1,5 %.

Von Beginn an fehlte es an einem geplanten, an wirtschaftlichen Grundsätzen ausgerichteten Handeln. Weder waren die im Pachtvertrag aufgeführten Altlasten und Baumängel ausreichend beschrieben, noch gab es ein Planungs-, Kosten- und Ausführungskonzept für die erforderlichen Gesamtmaßnahmen. Weiter fehlte es an einer eindeutigen Abgrenzung zwischen den vom Pächter zu tragenden Kosten für Schönheitsreparaturen und nutzungsbedingten Ausbauarbeiten sowie der vom Eigentümer Land zu tragenden originären Bauunterhaltung.

Der Pächter verstand es, seine Wünsche den Vertretern der Hochbau- und Liegenschaftsverwaltung nachhaltig vorzutragen, die diese dann häufig wenig kritisch auf Kosten des Landes umsetzten. Die Vorgänge weisen auf erhebliche Abstimmungsprobleme im Immobilienmanagement der damals noch getrennt operierenden Liegenschafts- und Hochbauverwaltung hin.

Teilweise waren die Arbeiten durch die Direktvergabe an den Pächter dem Wettbewerb entzogen und wurden in einer kaum nachprüfbaren Form durchgeführt und abgerechnet.

Grundsätzlich sollte bei derartigen Vorhaben von Anfang an eine tragfähige Konzeption erarbeitet werden, d.h., es sollten Jahresbauprogramme mit festgelegtem Kostenrahmen erstellt und die Arbeiten - von kleinen Reparaturen abgesehen - ordnungsgemäß geplant und ausgeschrieben werden. Selbstverständlich muss hierbei auf eine klare Abgrenzung zwischen den (vom Pächter zu tragenden) betriebsbedingten Maßnahmen und der (vom Land zu tragenden) originären Bauunterhaltung geachtet werden.

Solche Vorhaben sind in ein Bauunterhaltungsprogramm einzuordnen und ihre Wirtschaftlichkeit im Verhältnis zu anderen, dringenden Maßnahmen abzuwägen.

7 Stellungnahme des Ministeriums

Nach Auffassung des FM können wesentliche Teile der Sachverhaltsdarstellung des RH zu einem völlig falschen Bild führen. Überwiegend seien es die Interessen des Landes an der naturschutzgerechten Pflege der landeseigenen Grundstücke im Naturschutzgebiet gewesen, die zum Erwerb des Hofes geführt hätten. Dass der Pächter dort eine Pferdehaltung betreibe, komme den Interessen des Landes optimal entgegen. Gäbe es sie nicht, müsste das Gebiet kostenaufwendig gepflegt und das anfallende Mähgut wegen fehlender Verwertungsmöglichkeiten gegen Gebühren auf eine Deponie entsorgt werden.

Bereits bei Erwerb sei klar gewesen, dass das Anwesen baulich instandgesetzt werden müsse und der neue Eigentümer Land die Mängel auf seine Kosten zu beseitigen habe. Eine höhere Eigenbeteiligung an der Bauunterhaltungslast als die vereinbarten 20 000 DM jährlich sei dem Pächter nicht zuzumuten gewesen. Das FM räumt ein, dass die Instandsetzungskosten s.Z. zu niedrig eingeschätzt worden seien. Der über die ursprünglich vereinbarten Maßnahmen hinausgehende oder der erst später als notwendig erkannte Instandsetzungsbedarf könne allerdings nach Geist und Sinn des Pachtvertrages nicht auf den Pächter abgewälzt werden.

Die neue Gerätehalle sei auf Empfehlung des Landwirtschaftsamtes anstelle einer im Pachtvertrag vereinbarten Sanierung der Dunglege errichtet worden. Wesentliche Arbeiten seien außerdem erst auf Grund öffentlich rechtlicher Forderungen des Umweltschutzes notwendig geworden.

Das FM bestätigt, dass eine Vielzahl der Arbeiten nicht ausgeschrieben, sondern vom Pächter mit eigenen Arbeitskräften auf Stundenlohnbasis ausgeführt und dem Bauamt in Rechnung gestellt worden sei. Die Folgerung, diese Leistungen seien deshalb zu teuer und kaum kontrollierbar, erscheint dem FM allerdings überzogen.

Insgesamt hält das Ministerium die Absicht des Landes für nicht ausreichend gewürdigt, mit dem Landschaftspflegehof eine öffentliche Aufgabe auf möglichst wirtschaftliche Weise zu erfüllen. Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit könne nicht allein auf die Relation des Pachtzinses zum Gestehungsaufwand abgehoben werden. Vielmehr müssten in die Betrachtung auch die Einsparungen an Landschaftspflegekosten einbezogen werden. Das FM errechnet hieraus eine Rendite (Verzinsung des Gestehungsaufwands) von rd. 3,9 %. Im Übrigen seien die baulichen Anlagen durch die bisherigen Aufwendungen in einen ordentlichen Zustand versetzt worden. Für einen mittelfristigen Zeitraum sollten daher die vom Pächter jährlich bereitzustellenden Bauunterhaltungsmittel von 20 000 DM ausreichen.

8 Schlussbemerkung

Die vom FM genannten Begründungen überzeugen nicht. Zum einen war schon vor dem Erwerb des Hofes die Pflege des Gebietes durch den bereits damals den Hof bewirtschaftenden Pächter gewährleistet, und zwar ohne Kosten für das Land, zum anderen waren die Investitionen zu hoch, um eine Rendite zu erwirtschaften.

Es ist aus heutiger Sicht nur schwer nachvollziehbar, dass die Verwaltung vor dem Erwerb die später festgestellten Mängel nicht erkannte. Diese „Altlasten“ hätten bei realistischer Einschätzung den Kaufpreis und möglicherweise die Kaufentscheidung erheblich beeinflusst. Spätestens dann jedoch, als der große Investitionsbedarf für Erhalt und Erneuerung erkennbar war, hätte die Alternative „Verkauf“ ernsthaft erwogen werden müssen.

Es kann nicht Aufgabe des Landes sein, einen Hof zum Zwecke der Landschaftspflege zu erwerben und auf Dauer zu unterhalten. Auch bei einem Hof in privater Hand wären Pflege und Schutz des Natur- und Landschaftsschutzgebietes in gleicher Weise zu bewerkstelligen (s. auch Beitrag Nr. 17). Eine Veräußerung beider im Pachtvertrag zusammengefasster Höfe sollte daher an erster Stelle der weiteren Überlegungen stehen.


Anhänge

Alternative Ausschreibungs- und Finanzierungsmodelle sind zunehmend in die Praxis der Hochbau- und Liegenschaftsverwaltung des Landes eingeflossen. Viele der Anregungen des Rechnungshofs aus der beratenden Äußerung von 1993 haben eine positive Wirkung für den Landeshaushalt gebracht. In einigen Fragen ist eine abschließende Klärung noch offen.


1 Vorbemerkung

In seiner beratenden Äußerung über die Wirtschaftlichkeitsanalyse privater Investorenfinanzierungen für Hochbaumaßnahmen des Landes vom Mai 1993 (DS 11/1994) hat der RH die im Land eingesetzten Finanzierungsformen analysiert und untersucht, ob sie mit den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit vereinbar sind und zu einer dauerhaften Entlastung des Staatshaushaltes beitragen können, sowie welche Chancen und Risiken alternativer Vergabe- und Finanzierungskonzepte, insbesondere der sog. Investorenmodelle bestehen. Der RH hat neben Empfehlungen für die Vertragsgestaltung und für die Form der Wirtschaftlichkeitsrechnung auch die möglichen Vor- und Nachteile bei der Einbindung alternativer Finanzierungskonzepte aufgezeigt.

Dabei wurde festgestellt, dass mit diesen Konzepten sowohl monetäre als auch nichtmonetäre Vorteile verbunden sein können, insbesondere geringere Bau- und Finanzierungskosten und die damit einhergehende Entlastung des Landeshaushalts sowie weitgehende Festpreisgarantie und schnellere Bauabwicklung. In jedem Einzelfall muss aber deren Wirtschaftlichkeit durch eine geeignete Vergleichsrechnung nachgewiesen werden, um das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 7 LHO zu beachten. Inzwischen sind dynamische Wirtschaftlichkeitsvergleichsrechnungen für einen objektiven Vergleich aller Realisierungsformen in überwiegend standardisierter Form eingeführt worden.

Das Land hat nach der Veröffentlichung der obengenannten beratenden Äußerung, also seit 1994, weitere private Finanzierungsmodelle zur Unterbringung von Landesbehörden realisiert. Die Vergabeentscheidung für diese Finanzierungsmodelle basieren seit 1996 auf sog. Parallelausschreibungen (oder auch ABC-Ausschreibungen) für Hochbaumaßnahmen. Damit kann die für den Landeshaushalt wirtschaftlichste Realisierungsform - nicht nur hinsichtlich der Bauleistung, sondern auch unter Berücksichtigung der Finanzierung und der Abwicklungsdauer - ermittelt werden.

Der RH hat exemplarisch verschiedene Hochbaumaßnahmen, insbesondere Labor- und Bürogebäude, untersucht um festzustellen, ob gegenüber der früheren Praxis durch Parallelausschreibungen die Wirtschaftlichkeit und Transparenz der Entscheidung noch verbessert werden kann. Weiterhin wurde überprüft, welche Veränderungen sich seit der Veröffentlichung der beratenden Äußerung in der Praxis ergeben haben.

2 Wesentliche Änderungen und Erkenntnisse seit der beratenden Äußerung 1993

2.1 Parallelausschreibungen/ABC-Ausschreibungen nach Thüringer Modell

Die wirtschaftlichste Realisierungsform einer Hochbaumaßnahme kann dann am besten ermittelt werden, wenn im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens sowohl für die Bauleistung als auch für die Finanzierung Angebote eingeholt und damit alle Varianten der Realisierung einem echten und offenen Wettbewerb unterworfen werden. Ein hierfür geeignetes und inzwischen bewährtes Verfahren bildet die sog. ABC-Ausschreibung, die erstmals im Jahre 1993 vom Freistaat Thüringen für die Unterbringung der Mitarbeiter des dortigen Sozialministeriums eingesetzt wurde (daher auch „Parallelausschreibung nach Thüringer Modell“ genannt).

Eine solche Parallelausschreibung besteht mindestens aus den Teilen A (Ausschreibung der Bauleistung), B (Ausschreibung der Finanzierung) und C (Bau und Finanzierung des Objekts aus einer Hand, sog. Investorenmodell). Hierbei sind spezifische Erweiterungen wie z.B. um einen Teil D „Anmietung am Markt vorhandener Gebäude“ oder weitergehende Differenzierungen der einzelnen Ausschreibungsteile (z.B. Variante A1 „Vergabe an einen Generalunternehmer“; Variante A2 „gewerkeweise Vergabe an Einzelunternehmer“) denkbar. Der Standardaufbau der einzelnen Ausschreibungsteile ist in Übersicht 1 beschrieben.

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Für den Teil A „Bauleistung“ wird zunächst unterstellt, dass die Maßnahme wie andere Hochbaubauprojekte auch, als Eigenbau realisiert und über den Landeshaushalt finanziert wird, meistens im Wege einer Kreditaufnahme des Landes. Den Bietern ist aber durch das Ausschreibungsverfahren bekannt, dass auf der Grundlage dieser Ausschreibungsergebnisse auch eine Kombination mit dem günstigsten Leasinganbieter aus dem Teil B2 möglich ist, sodass dieser an Stelle des Landes Bauherr und Auftraggeber wird. Es hat sich gezeigt, dass häufig einige der Anbieter für die Bauleistung im Teil A sich mit Anbietern aus dem Teil B zusammenschließen und gemeinsame Angebote als Bietergemeinschaft für den Teil C abgeben.

2.2 Parallelausschreibungen in Baden-Württemberg

Das Land Baden-Württemberg hat zwischen 1995 und Anfang 1999 bei 10 Hochbauprojekten Parallelausschreibungen durchgeführt. Deren Bauvolumen beträgt nach Angaben des FM rd. 250 Mio. DM.

Das FM ist der Auffassung, dass sich die ABC-Ausschreibung zur Ermittlung der wirtschaftlichsten Realisierungsform bewährt hat. Daher ist nach Angaben des FM beabsichtigt, auch in Zukunft bei geeigneten größeren Bauprojekten Parallelausschreibungen durchzuführen. Nachdem der Bund mit der Novellierung des HBFG im Rahmen seiner Mitfinanzierung in beschränktem Umfang leasingfinanzierte Hochschulbaumaßnahmen zugelassen hat, wurden seit 1998 auch im Bereich der Universitäten und Universitätsklinika mehrere große Bauvorhaben durch Parallelausschreibungen vergeben; die Finanzierung dieser Objekte wurde vom RH nicht geprüft. In diesem Zusammenhang wird jedoch auf den Beitrag Nr. 25 Pkt. 8 „Kostensenkung im Hochschulbau“ in dieser Denkschrift verwiesen.

2.3 Maßnahmen des Finanzministeriums

Zur besseren Koordinierung von Parallelausschreibungen und zur besseren Bündelung des notwendigen Fachwissens hat das FM die Anregung in der beratenden Äußerung aufgegriffen und bei der OFD Stuttgart ein landesweit zuständiges Referat zur Erstellung und Bearbeitung von Investoren-, Leasing- und Parallelausschreibungen eingerichtet. Dieses Referat ist nicht nur für die Erarbeitung der Grundkonzeption und Durchführung der Ausschreibungen zuständig, sondern auch für die Angebotsprüfung und Auswertung und für die Erstellung der hierzu notwendigen Wirtschaftlichkeitsberechnungen.

Das FM ist im Wesentlichen auch den materiellen Empfehlungen des RH gefolgt; erste Durchführungshinweise und Berechnungsmuster hat es im Zuge der Diskussion um die beratende Äußerung bereits im September 1993 im Rahmen des sog. Checklistenerlasses (CL-Erlass) veröffentlicht.

Nach seinen Angaben werden im Rahmen der Auswertung von Parallelausschreibungen stets dynamische Wirtschaftlichkeitsrechnungen in Form von Ausgaben-Barwertvergleichsrechnungen durchgeführt. Es wird jedoch als einzige Wirtschaftlichkeitskenngröße der Barwertvorteil für die Entscheidungsfindung zu Grunde gelegt. Das in der beratenden Äußerung vorgeschlagene und für acht Projekte modellhaft vorgestellte Rechenverfahren mit Bar- und Zeitwerten (Annuitätenvergleich) hat das FM nicht fortgeführt. Dies hat zur Folge, dass die tatsächliche Haushaltsbelastung (Zeitwerte) in der Entscheidungsvorlage gar nicht oder nicht transparent dargestellt werden und daher in die Entscheidungsfindung nicht einfließen; eine mögliche Optimierung der Finanzierungsalternativen hinsichtlich Bar- und Zeitwerten unterbleibt.

Das FM verwendet als Kalkulationszinssatz für die dynamische Wirtschaftlichkeitsberechnungen nicht mehr den langjährigen Durchschnittszinssatz von 8 % (vgl. Ziffer 6.1 des CL-Erlasses), sondern in Anlehnung an den in der beratenden Äußerung dargelegten Vorschlag einen aktuellen, objektbezogenen Kalkulationszins, der in etwa dem Zinssatz für 10-jährige endfällige Darlehen des Landes zum Zeitpunkt der Ausschreibung entspricht.

Als Ausgangswert für den Wirtschaftlichkeitsvergleich sind lt. CL-Erlass noch immer die nach den Richtlinien für Baukostenplanung (RBK) ermittelten Gesamtbaukosten heranzuziehen, die jedoch in der Vergangenheit keine verlässliche Vergleichsbasis für diese Berechnungen dargestellt haben. Die bei alternativen Realisierungsformen erzielten Gesamtbaukosten lagen nach den Erfahrungen und Prüfungsergebnissen des RH stets deutlich unter den RBK-Werten. In den letzten Fällen von Parallelausschreibungen gilt dies auch für das Ausschreibungsergebnis des Teiles A, wenn das Objekt als Eigenbau realisiert wurde. Inzwischen hat sich diese Erkenntnis in der Verwaltungspraxis mit Erfolg ausgewirkt, wie die neueren Erfahrungen aus dem Hochschulbau (s. Beitrag Nr. 25 Pkt. 8) zeigen.

Bei konsequentem Einsatz von ABC-Ausschreibungen stellt sich die Frage einer verlässlichen Vergleichsbasis für eine Wirtschaftlichkeitsberechnung aber nicht mehr, da im Teil A die Preise unter Wettbewerbsbedingungen ermittelt werden und deshalb als solide Basis für eine Wirtschaftlichkeitsvergleichsrechnung herangezogen werden können. Das FM gibt an, auf die RBK-Kostenermittlung bei Vergleichsrechnungen nur noch dann zurückzugreifen, wenn eine Ausschreibung der Variante A im Ausnahmefall nicht möglich sein sollte.

Um die verschiedenen Ausschreibungsteile in der Wirtschaftlichkeitsrechnung vergleichbar zu machen, wird bei der Angebotswertung durch differenzierte Zuschläge auf die Submissionsergebnisse berücksichtigt, dass einzelne Angebotsvarianten unterschiedlich hohe Aufwendungen für Planung, Koordinierung und Überwachung der Baumaßnahme erfordern.

Laut CL-Erlass sind den GBK des Ausschreibungsteils A (Eigenbau) im Durchschnitt 3 % für Personalkosten für die Wahrnehmung notwendiger Bauherrenleistungen der Bauverwaltung hinzuzurechnen, wobei die Höhe abhängig gemacht wird von der Größe und Schwierigkeit der Maßnahme. Dieser Zuschlag ist als Differenzzuschlag im Vergleich zum Teil C (Investorenlösung) zu verstehen.

Im Wirtschaftlichkeitsvergleich wird durch Zuschläge weiterhin berücksichtigt, dass bei Realisierung der gewerkeweisen Vergabe für das Land zusätzliche Kosten anfallen, die in den Generalunternehmer- und Investorenangeboten bereits enthalten sind (z.B. Architekten- und Ingenieurleistungen).

Das FM bewertet die Kombination der gewerkeweisen Vergabe der Bauleistung mit einem Leasinganbieter (B2) mit einem Koordinationszuschlag für die Projektsteuerung des Landes in Höhe von 3 %; mit einem weiteren Zuschlag von 3 % auf die Vergabesumme wird berücksichtigt, dass evtl. Mehrkosten durch Nachträge entstehen können.

Auch werden der Wert bestehender Gebäude, die Vorkosten der Planung, die Bauzeitzinsen sowie spezifische Kosten bei einzelnen Varianten (wie z.B. Verwaltungskosten bei Leasingfinanzierungen) kalkuliert.

2.4 Steuerrechtliche Änderungen und deren Konsequenzen

Unter der Vielzahl möglicher Varianten für Leasingverträge sind insbesondere zwei Hauptgruppen zu unterscheiden:

  • reines Finanzierungsleasing mit 100 % Fremdkapitalanteil als Mietkauf oder mit Erwerbsoption,

 

  • steueroptimierte Fondsleasingverträge mit teilweiser Einbindung von Eigenkapital privater Geldgeber und teilweise Weitergabe deren Steuervorteile, stets verbunden mit Kaufoptionen, meist zu einem Festpreis.

Durch vorgesehene und zum Teil schon vollzogene Steuerrechtsänderungen sind die monetären Vorteile solcher Finanzierungsformen teilweise deutlich reduziert worden. Auswirkungen hatte dies auch auf die Wachstumsraten der Leasing-Investitionen, die von 13,9 % im Jahr 1996 bis auf rd. 3 % im Jahr 1999 zurückgegangen sind. Dieser Rückgang wäre noch deutlicher, wenn das Mobilienleasing in den letzten Jahren nicht erheblich gestiegen wäre.

Auch die Nachsteuer-Renditen der Leasingfonds sind erheblich gesunken, daher konnten die vor 1998 im Immobilienleasing der öffentlichen Hand (soweit steueroptimierte Fondsleasingkonzepte) üblichen Zinsabschläge von bis zu 1,5 % gegenüber den marktüblichen Zinskonditionen für Kommunalkredite nicht mehr erreicht werden. Jedoch können noch immer Zinsabschläge im Immobilienleasing von 0,2 % bis 0,4 %, bei Altbausanierungen bis zu 1 %, erzielt werden, was bei Projekten in entsprechenden Größenordnungen neben den günstigen Baukosten mit Festpreisgarantie und den nach wie vor bestehenden nichtmonetären Vorteilen noch immer zu beachtlichen Wirtschaftlichkeitsvorteilen führen kann.

2.5 Mögliche Vor- bzw. Nachteile durch alternative Vergabe- und Finanzierungsformen

Mit dem FM zusammen sieht der RH eine Reihe möglicher Vorteile. Zu nennen ist die günstigere Finanzierung von Bauinvestitionen im Vergleich zur konventionellen Finanzierung über Kredite im Landeshaushalt. Sie resultiert aus der Einbindung von niedrig zu verzinsendem Eigenkapitel privater Investoren und der Ausnutzung bzw. Weitergabe von steuerlichen Vorteilen an das Land. Weitere Vorteile alternativer Vergabeformen können aus günstigeren Baukosten resultieren und durch kürzere Plan- und Bauzeiten und damit niedrigeren Bauzeitzinsen sowie aus einem straffen Projektmanagement entstehen. Nicht zu vernachlässigen ist auch die weitgehende Festpreisgarantie und Terminsicherheit.

Die wesentlichen Vorteile alternativer Finanzierungsformen für die öffentliche Hand hat inzwischen auch die HIS in einer Broschüre mit dem Titel „Finanzierungsalternativen der öffentlichen Hand“ dargestellt und in der Übersicht 2 im Hinblick auf die jeweilige Zielerreichung kritisch gewürdigt.

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Die Spalte Eigenbau unterstellt eine Abwicklung der Baumaßnahme mit Leistungsverzeichnissen (Einheitspreisen) nach Fachlosen für einzelne Gewerke sowie eine konventionelle Haushaltsfinanzierung. Bei Durchführung der Eigenbauvariante durch einen Generalunternehmer dürften nach Ansicht des RH aber auch die Ziffern 4 bis 6 zumindest bedingt erreichbar sein.

Der RH hat jedoch auch deutlich auf die immanenten Nachteile und Risiken von alternativen Finanzierungsformen hingewiesen. Durch die vertragliche Vereinbarung von Optionsrechten zum späteren Kauf der Immobilie (im Regelfall nach 20 - 25 Jahren), die wohl in den meisten Fällen ausgeübt werden, stellen diese eine „de-facto“ Verschuldung dar und bedeuten für künftige Haushalte eine erhebliche Vorbelastung. Nicht zu vernachlässigen ist auch die ständig zunehmende Belastung des Landeshaushalts durch steigende Leasingverpflichtungen, diese jedoch anstelle höherer Zins- und Tilgungsbelastungen bei konventioneller Haushaltsfinanzierung mittels Krediten.

Ein weiteres Risiko besteht darin, dass die durch Umschichtung auf alternative Finanzierungen freiwerdenden Mittel im Bauhaushalt normalerweise nicht zwingend zu einer entsprechenden Reduzierung der Kreditaufnahme führen, sondern dass diese Kreditspielräume für zusätzliche Bauinvestitionen genutzt werden und so eine Mehrbelastung im Haushalt entsteht. Andererseits konnten hierdurch als dringend eingestufte Behördenunterbringungen geschaffen und evtl. auch laufende Kosten (z.B. Fremdmieten) vermieden werden. Sollten sich die Vorteile der alternativen Finanzierung nicht in eine Bedrohung künftiger Haushalte verkehren, zwingt auch dieses Instrument zu einer erhöhten Haushaltsdisziplin.

3 Optimierungsaspekte und deren Realisierung als Ergebnis der Untersuchung

3.1 Ausgewählte Objekte

Der RH hat an Hand exemplarisch ausgewählter Hochbauobjekte die seit Veröffentlichung der beratenden Äußerung des RH im Jahre 1993 inzwischen gemachten Erfahrungen und Ergebnisse sowie den Veränderungsprozess im Hinblick auf die nachfolgend genannten Vor- und Nachteile, die sich bei Einsatz von Parallelausschreibungen und der Realisierung von Investorenmodellen in Baden-Württemberg ergeben haben, untersucht. Im Detail analysiert wurden zwei Labor- und Bürogebäude, die in den Jahren 1994 (LG1) bzw. 1995 (LG2) realisiert wurden, sowie zwei in den Jahren 1996 (BG1) und 1998 (BG2) errichtete Bürogebäude.

3.2 Baukosten

Neben der Finanzierungsseite muss auch die Erbringung der Bauleistung dem Wettbewerb unterliegen, d.h., es muss im Rahmen einer Parallelausschreibung (s. Übersicht 1 Ausschreibungsteil A) der günstigste Bieter für die Bauleistung ggf. unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Nebenangebote, ermittelt werden. Die Ausschreibung der Bauleistung im Ausschreibungsteil A sowie die Verknüpfung der günstigsten Ausgaben für die Bauleistung mit der günstigsten Finanzierungsform (Teil B) ergibt eine solide Datenbasis für den Vergleich mit den im Ausschreibungsteil C angebotenen Investorenlösungen.

Das Objekt LG1 wurde im Juni 1994 im Rahmen eines Investorenwettbewerbs (analog Teil C der Parallelausschreibung) und nicht im Rahmen einer vollständigen ABC-Ausschreibung an den Markt gebracht; daher lag für dieses Projekt keine verlässliche Vergleichsbasis für eine Wirtschaftlichkeitsrechnung vor.

Dagegen hat das FM die Ausschreibung für das Bauvorhaben LG2 auf Anregung des RH als Pilotprojekt des Landes erstmals in Form einer ABC-Ausschreibung nach dem Thüringer Modell durchgeführt. Neben der Bauleistung im Teil A wurden gleichzeitig auch die Finanzierungskonditionen im Teil B sowie im Teil C die Kombination der Bauleistung und Finanzierung dem Wettbewerb unterstellt. Als weiteres Pilotverfahren folgte die Ausschreibung zum Objekt BG1 nach demselben Muster.

Das FM hat für das Objekt BG2 in einem weiterentwickelten Verfahren erstmals alle möglichen Realisierungsformen für die Bauleistung - also neben der Ausschreibung der Generalunternehmerleistung (Teil A1) auch die gewerkeweise Vergabe (Teil A2) - berücksichtigt. Während die Ausschreibungsteile B und C dem Standardaufbau - wie in Übersicht 1 beschrieben - entsprachen, wurde der Ausschreibungsteil A, wie in Übersicht 3 dargestellt, weitergehend differenziert (Grundlage jeweils VOB/offenes Verfahren).

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Dieses Projekt BG2 zeigt, welche überraschenden Entwicklungen die Baukosten nehmen können, wenn sie ungenau geplant werden. Die gesamten Projektkosten sind von ursprünglich geplanten 45 Mio. DM auf zunächst 36,3 Mio. DM reduziert worden. Nach Auswertung der Ausschreibungsergebnisse wurde als wirtschaftlichste Variante die Alternative A2 „Eigenbau mit Vergabe nach Einzelgewerken“ mit Gesamtbaukosten von 21,3 Mio. DM ermittelt und in Auftrag gegeben. Inzwischen sind die Gesamtbaukosten bereits auf rd. 30 Mio. DM, also rd. 8,7 Mio. DM höher als zum Vergabezeitpunkt kalkuliert, angestiegen, wobei weitere Steigerungen im Verlaufe des Baufortschritts möglich sind.

Ein Teil dieser Mehrkosten (rd. 2,0 Mio. DM) ist auf nicht vorhersehbare und unabweisliche Änderungen der HU-Bau zurückzuführen (u.a. durch die Notwendigkeit einer aufwendigeren Fundamentierung auf Grund eines weitläufigen Stollensystems). Weitere 5,2 Mio. DM sind erforderlich, weil sich die Planungen nun nicht nur auf das zuvor für die Investorenvergabe begrenzte Grundstück, sondern jetzt über das gesamte Areal erstrecken, u.a. zur Unterbringung von Stellplätzen. Diese Zusatzleistungen wären auch bei Durchführung durch einen Investor angefallen.

Darüber hinaus sind jedoch bei fast allen der 40 Einzelgewerke Mehrkosten durch Nachträge, z.T. verursacht durch eine unzureichende Vorplanung, in Höhe von rd. 1,5 Mio. DM entstanden, die bei einer Vergabe an einen Investor das Land nicht belastet hätten.

Festzuhalten bleibt, dass bei allen untersuchten Ausschreibungen die für die Einstellung in den StHpl. geschätzten Gesamtbaukosten deutlich unterboten wurden, unabhängig davon, ob die Eigenbau-, Leasing- oder Investorenlösung als wirtschaftlichste Realisierungsform ermittelt wurde. Soweit Investorenlösungen als wirtschaftlichste Variante gewählt wurden, übergab der Investor das Bauwerk immer termingerecht und unter Einhaltung der Kosten. So konnte das Bürogebäude BG1 und auch das baulich aufwendigere Laborgebäude LB1 nach lediglich 17 Monaten Bauzeit an die Nutzer übergeben werden.

3.3 Verschuldungsproblematik

3.3.1 Vorbelastung künftiger Haushalte

Die in Pkt. 2.5 angesprochene Gefahr einer erheblichen Vorbelastung künftiger Haushalte durch eine „graue“ Verschuldung hat das FM nach Diskussionen mit dem RH veranlasst, Maßnahmen zur Verbesserung der Transparenz zu ergreifen.

Hierzu wurde im Vorheft zum StHpl. eine Übersicht über die vereinbarten Erwerbs- bzw. Ablöserechte bei Unterbringungsmaßnahmen der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung des Landes aufgenommen, in der für alle Landeseinrichtungen, die von privaten Investoren erstellt und vom Land mit einer vertraglichen Kaufoption angemietet wurden, das voraussichtliche Erwerbsjahr und der geschätzte Erwerbspreis ausgewiesen werden.

Der Entwurf zum StHpl. 2000/2001 weist für 21 Unterbringungsmaßnahmen den vertraglich festgelegten Erwerbspreis und das mögliche Erwerbsjahr aus. Die zeitliche Verteilung der fälligen Erwerbspreise für diese 21 Investorenlösungen wird in Übersicht 4 dargestellt. Insgesamt summieren sich die in der Übersicht zum Entwurf des StHpl. 2000/2001 enthaltenen Erwerbspreise für echte Investorenmaßnahmen auf rd. 575 Mio. DM. Die Übersicht im Vorheft enthält weitere 7 Maßnahmen, bei denen lediglich die Bemerkung „Verkehrswert“ statt dem geschätzten Erwerbspreis angegeben ist. Hierbei handelt es sich nach Angaben des FM um angemietete Objekte, bei denen zwar ein zusätzliches Ankaufsrecht vereinbart wurde, aber der Erwerbspreis entweder mit dem Eigentümer noch zu verhandeln ist, weil diese keine „echten“ Investorenlösungen darstellen, oder weil sich die Kaufpreise aus vertraglichen, aber indexierten Regelungen ergeben, deren Höhe erst im Optionszeitpunkt ermittelt werden kann.

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Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen im Rahmen von Leasing- und Investorenmaßnahmen werden seit 1997 bei Kap. 1209 Tit. 518 11 veranschlagt.

Die „nachrichtliche Nennung“ der Optionspreise und Termine im Vorheft zum StHpl. kann nur ein erster Schritt sein, um die Nettoneuverschuldung und die zukünftig auf den Haushalt zukommenden Belastungen entsprechend zu reduzieren. Auf die weiterführenden Überlegungen in der Denkschrift 1997 Nr. 3 Pkt. 4.4 „Landesschulden“ wird verwiesen.

Das FM hat die Anregungen aus der beratenden Äußerung teilweise aufgegriffen und im März 1996 für die künftige Finanzierung von Investorenmodellen beschlossen, den Optionspreis für den späteren Erwerb des Gebäudes durch ein Mieterdarlehen des Landes (entweder bereitgestellt aus dem Grundstock oder über die Baufinanz) ganz oder teilweise anzufinanzieren.

So wurde mit dem günstigsten Anbieter für das Objekt LG2 über die Bereitstellung eines Mieterdarlehens, finanziert aus Grundstocksmitteln, länger als ein Jahr nachverhandelt. Unverständlicherweise wurde für das Mieterdarlehen in Höhe von rd. 35 % der Gesamtkosten der Immobilie vereinbart, dass die Zinsen aus dem bereitgestellten Darlehen nicht angespart werden, sondern an das Land monatlich auszubezahlen sind. Denn eine Kumulierung der Zinsen hätte ein niedrigeres Anfangsdarlehen oder eine höhere Endsumme etwa in Höhe des Optionspreises (ohne weitere Haushaltsbelastung) zur Folge gehabt.

Der RH befürwortet nach wie vor die Vereinbarung von wirtschaftlich vertretbaren Mieterdarlehen, um damit eine Ansparung der Optionspreise zu erreichen und die im Verhältnis zu den Gesamtinvestitionskosten geringe Einmalzahlung bei Vertragsabschluss bis zum Vertragsende bis zur Höhe des Optionspreises anwachsen zu lassen. Um das Ziel einer zum Vertragsende - trotz Zahlung der Optionspreises - möglichst geringen Hauhaltsbelastung zu erreichen, setzt dies aber voraus, dass auf eine Auszahlung der Zinsen aus diesen Mieterdarlehen und evtl. auch aus den Erbbaurechten verzichtet wird. Für den Fall, dass das Land vom Optionsrecht keinen Gebrauch machen sollte, müsste der Investor das (inzwischen durch Zins- und Zinseszinsen erheblich angewachsene) Mieterdarlehen an das Land zurückbezahlen.

3.3.2 Vorfinanzierung von Hochbaumaßnahmen über die Baufinanz GmbH

Die Baufinanz wird zur Sonderfinanzierung von Projekten aus den Bereichen Behördenbau, Forschungsförderung, Heizkraftwerke und neuerdings auch Landesstraßenbau eingesetzt. Vor der Aufnahme der Darlehen in den Landeshaushalt werden diese Bauvorhaben zunächst über Kredite der Baufinanz vorfinanziert. Dabei wird keine objektbezogene Finanzierung durchgeführt, sondern es erfolgt eine Gesamtfinanzierung aller Projekte der Baufinanz. Diese kann durch Sicherung der Darlehen mit Landesbürgschaften sowie der Veräußerung von Schuldscheindarlehen Konditionen erreichen, die etwa 5 Basispunkte (0,05 %) schlechter als die Kreditkonditionen des Landes sind. Da die endgültige Ablösung der Vorfinanzierung durch das Land erst mit Fertigstellung der Objekte erfolgt, steht die endgültige Höhe der Darlehenszinsen und damit die tatsächliche Zinsbelastung für den Landeshaushalt zum Zeitpunkt der Vergabe noch nicht fest; es werden daher erhebliche Zinsunsicherheiten in Kauf genommen. Die nur vorübergehend geltenden Finanzierungskonditionen der Baufinanz sind entgegen der Meinung der Bau- und Liegenschaftsabteilung des FM nicht mit denen einer klassischen Haushaltsfinanzierung oder einer langfristigen Leasingfinanzierung zu vergleichen. Dieses Zinsänderungsrisiko kann vor allem in Zeiten steigender Kapitalmarktzinsen die tatsächliche Belastung für den Landeshaushalt erheblich vergrößern.

Das Land konnte so z.B. bei der Finanzierung des Objekts BG2 nicht von dem sehr günstigen Zinsniveau in den Jahren 1998/1999 profitieren, weil an Stelle der angebotenen Leasingfinanzierung mit einem Zinsabschlag bis zu 0,3 % und der Möglichkeit, die Zinskonditionen schon bei Vertragsabschluss oder zu Baubeginn (Herbst 1998) auf sehr niedrigem Niveau festzuschreiben, die Eigenbauvariante mit Vorfinanzierung über die Baufinanz gewählt wurde. Daher müssen bei Übergang der Schulden auf den Landeshaushalt für die tatsächliche Eindeckung erheblich höhere Zinsen bezahlt werden, als in der Wirtschaftlichkeitsrechnung des FM kalkuliert. Die laufende Haushaltsbelastung erhöht sich dadurch voraussichtlich um rd. 20 %. Im Falle eines Vertragsabschlusses mit dem Anbieter der Variante C (Investorenlösung) hätte sich das Land das historisch niedrige Zinsniveau zumindest für zehn Jahre gesichert und die Zinsunsicherheit vermieden; eine Haushaltsentlastung bis zu 11 Mio. DM wäre möglich gewesen. Im Ergebnis wurde also die Vergabeentscheidung für dieses Bauvorhaben auf Basis erheblicher Unsicherheiten getroffen. In Zeiten vermutlich bevorstehender Zinssteigerungen wäre daher eine Leasingfinanzierung mit schnellstmöglicher (Teil-) Eindeckung sowohl der konventionellen Haushaltsfinanzierung als auch der Vor- und Zwischenfinanzierung über die Baufinanz vorzuziehen.

Die Wirtschaftlichkeitsrechnungen und die Vergabevermerke des FM berücksichtigen diese Unsicherheit bezüglich des künftigen Zinsniveaus nicht. Mit Hilfe einer Sensitivitätsanalyse (z.B. Berechnung des kritischen Zinssatzes) hätte dieses Unsicherheitsproblem zumindest im Vergabevermerk zum Objekt BG2 entsprechend dargestellt werden müssen.

3.3.3 Strukturelle Überschuldung und Ballonfinanzierungen

Seit Jahren werden in Baden-Württemberg - wie auch in anderen Bundesländern - einmal aufgenommene Schulden in Folge permanenter Nettoneuverschuldung faktisch nicht getilgt, sondern nur durch Umschulden prolongiert. Durch die Zunahme der Verschuldung bei einer gleichzeitigen Verringerung der Vermögenswerte in Folge Werteverzehr entsteht bei konventioneller Kreditfinanzierung über den Haushalt das Problem der strukturellen Überschuldung.

Hierauf haben schon andere Rechungshöfe (Nordrhein-Westfalen 1990, Hamburg 1994) hingewiesen. In Baden-Württemberg wurde das Problemfeld in der Denkschrift 1997 Nr. 3 und vom FM in mehreren Verlautbarungen angesprochen.

Bei Leasinggeschäften ist in den an Leasinggeber bzw. Investor zu zahlenden Annuitäten grundsätzlich neben dem Zins- auch ein Tilgungsanteil eingerechnet. Zunehmend wählt das FM einen progressiven Verlauf der Leasingraten und ist in Einzelfällen dazu übergegangen, nicht nur eine völlige Tilgungsaussetzung für die ersten Mietjahre zu vereinbaren, sondern den Zinsanteil für die monatlichen Leasingraten vom Anbieter in den Anfangsjahren sogar teilweise durch eine negative Tilgung „subventionieren“ zu lassen.

Das durch einen progressiven Verlauf charakterisierte Annuitäten-Zuschussdarlehen bei dem Objekt BG1 beinhaltet derartige negative Tilgungsanteile. Die Darlehenshöhe steigt in den ersten Mietjahren über die ursprünglichen Gesamtinvestitionen an und es wird erst nach sieben Jahren mit einer (Schein-) Tilgung begonnen. Hierdurch entstehen insgesamt höhere Zinsbelastungen, die vom Landeshaushalt zu tragen sind. Diese Vertragsform hat zur Konsequenz, dass erst nach dem ersten Zinskonversionszeitpunkt (nach zehn Jahren) mit tatsächlichen Tilgungen begonnen wird und die Leasingrate vom 10. zum 11. Mietjahr um über 80 % ansteigt.

Für das Objekt BG2 wurde lediglich auf Grund eines geringen Barwertvorteils die Eigenbauvariante mit gewerkeweiser Vergabe als wirtschaftlichste Alternative beurteilt, ohne dabei zu berücksichtigen, dass die tatsächliche Haushaltsbelastung für diese Alternative rd. 20 % bzw. 6,6 Mio. DM höher ist als beim angebotenen Investorenmodell. Gleichzeitig wird durch Wahl der Finanzierung über die Baufinanz die Schuldenlast im Gegensatz zum Investorenmodell nicht abgebaut, sondern in unverminderter Höhe beibehalten. Diese in der Bankenpraxis als „Ballonfinanzierung“ bezeichnete Realisierungsform wird offenbar nur vorgezogen, weil dadurch eine im Haushalt auszuweisende Schuldenaufnahme zunächst vermieden werden kann und anfangs nur niedrige Leasingraten aufzubringen sind.

Der RH empfiehlt, in Zukunft einen möglichst linearen Verlauf der Mietraten mit Tilgungseffekten von Anfang an mit moderaten Restwerten zu vereinbaren.

4 Risiken des Mietbaus mit Optionsmöglichkeiten

Der RH hat bei Prüfung zweier weiterer Objekte, die in den Jahren 1991 bzw. 1992 vom FM ohne vorherige öffentliche Ausschreibung angemietet wurden für das Land ungünstige Vereinbarungen festgestellt. Es wurde ein sehr hoher Mietzins vereinbart, Gewährleistungsrisiken wurden auf das Land verlagert und es besteht ein faktischer Ankaufszwang. Der Optionspreis wurde auf Basis eines steigenden Mietzinses (gekoppelt an Lebenshaltungskostenindex) vereinbart und beträgt das 14,2fache der Jahresmiete zum Zeitpunkt der Ankaufserklärung. Für die Gebäude ist damit ein voraussichtlicher Ankaufspreis von über 200 Mio. DM bei Wahrnehmung der Ankaufsoption fällig bei ursprünglichen Gestehungskosten von rd. 159 Mio. DM. Ein Verfahren unter Wettbewerbsbedingungen hätte zu deutlich günstigeren Angeboten führen können.

Wichtig erscheint dem RH daher der Hinweis, dass auch vor dem Abschluss von reinen Mietverträgen bei größeren Unterbringungsprojekten, insbesondere bei speziell für die Landesnutzung konzipierten Mietbauten, durch um einen Teil D (Anmietung) erweiterte ABC-Ausschreibung andere Realisierungs-Alternativen systematisch untersucht und mit dem evtl. schon vorliegenden Mietangebot verglichen und auf ihre Wirtschaftlichkeit geprüft werden. Der Hinweis des FM, es habe, trotz intensiver Suche, keinerlei Alternativen am Markt gegeben, überzeugt nicht, weil hierfür keine öffentliche Ausschreibung vorgenommen wurde.

5 Gestaltungsempfehlungen

5.1 Vermeidung von Vor- und Ballonfinanzierungen

Die beschriebenen Formen der Vorfinanzierung von Baumaßnahmen über die Baufinanz sowie die „Subventionierung“ der anfänglichen Leasingraten durch Leasinggeber (progressiver Verlauf der Leasingraten) verursachen erhöhte Zinsbelastungen und damit Mehrkosten für den Haushalt. Sie sind weder wirtschaftlich noch sparsam. Das - im Übrigen unzureichend gewürdigte - Zinsänderungsrisiko bei Vorfinanzierungen über die Baufinanz mit endgültiger Schuldenübernahme in den Landeshaushalt erst zum Ende des Jahres der Fertigstellung erzeugt erhebliche Unsicherheiten über die tatsächliche künftige Belastung des Landeshaushalts.

Der RH empfiehlt,

  • das System der Baufinanz zu hinterfragen und die bislang praktizierte Form der Gesamt- bzw. Mischfinanzierung auf eine objektorientierte und zeitnahe Finanzierung umzustellen,

 

  • diese sodann in einen echten Wettbewerb mit den Leasingangeboten zu stellen,

 

  • bestehende Unsicherheiten (z.B. hinsichtlich der Zinsbindungsdauer) im jeweiligen Entscheidungsfall zu bewerten und transparent darzustellen,

 

  • auf eine Subventionierung von Leasingraten in der Anfangsphase durch „negative“ Tilgungen zu verzichten, weil hierdurch die Schuldenlast in die Zukunft verschoben wird (sog. Ballonfinanzierung).

5.2 Ansparfinanzierungen für Optionspreise durch Mieterdarlehen oder Erbbauzinsen

Das Instrument des Mieterdarlehens bietet durch eine im Verhältnis zu den Gesamtinvestitionen geringe Einmalzahlung bei Vertragsabschluss bzw. durch Verzicht auf Auszahlung von Erbbauzinsen die Möglichkeit, mit Hilfe der Zinseszinseffekte den Optionspreis bis zum Ende des Vertrags ganz oder weitgehend anzusparen. Somit ist bei Vertragsende und bei Fälligkeit des Optionspreises keine oder nur noch eine geringe zusätzliche Haushaltsbelastung gegeben. Grundvoraussetzung ist jedoch, dass auf die laufende Auszahlung der Verzinsung und evtl. auch der Erbbauzinsen verzichtet wird und stattdessen die Zins- und Zinseszinsen angespart werden. Auch das Mieterdarlehen ist im dynamischen Wirtschaftlichkeitsvergleich entsprechend zu berücksichtigen. Im Falle der Nichtausübung des Optionsrechtes muss der Investor den angesammelten Betrag an das Land zurückzahlen.

5.3 Tatsächliche Haushaltsbelastung (Zeitwertsumme) und Barwertsumme als wichtige Entscheidungskriterien

Die Vergabeentscheidungen des FM beruhen ausschließlich auf einem Vergleich der Barwertsummen, d.h. das Angebot mit dem geringsten Ausgabenbarwert über den betrachteten Zeitraum (in der Regel 20 - 25 Jahre) wird als wirtschaftlichstes Angebot beurteilt. Das kann zu Fehleinschätzungen führen. So wies das FM bei Objekt BG1 einen Barwertvorteil von 320 000 DM einschließlich Bauunterhalt bzw. 58 000 DM ohne Bauunterhalt aus und hat hierauf seine Vergabeentscheidung abgestützt. Außer Acht gelassen wurde, dass die im Barwertvergleich zweitbeste Variante einen Zeitwertvorteil und somit Haushalts-Minderbelastungen von rd. 3,24 Mio. DM mit Bauunterhalt bzw. von rd. 4,09 Mio. DM ohne Bauunterhalt aufwies. Die Entscheidungsträger wurden im Vergabevermerk hierauf nicht aufmerksam gemacht, obwohl aus den vom FM angefertigten Wirtschaftlichkeitsvergleichsrechnungen dieser Zeitwertvorteil deutlich hervorging.

Das FM hat hierzu ohne nähere Begründung ausgeführt, dass dieser Zeitwertvergleich und damit die tatsächliche Belastung des Landeshaushalts bei der Entscheidungsfindung generell keine Berücksichtigung findet. Durch diese einseitige Methodenfestlegung werden Finanzierungsalternativen bevorzugt, die Gestaltungen mit möglichst späten wenn auch höheren Zahlungen begünstigen. Hiermit sind - z.B. bei Objekt BG1 - aber deutlich höhere jährliche Haushaltsbelastungen verbunden.

Auch methodisch ist eine Argumentation nur mit dem Barwertvorteil fragwürdig, denn dieser resultiert aus dem sog. Zinseszinseffekt. Der mit Hilfe der Barwertmethode berechnete Vorteil kann nämlich nur dann realisiert werden, wenn die Ersparnisse in vollem Umfang zu dem Kalkulationszinssatz verzinslich angelegt oder nachweislich zur Schuldentilgung genutzt werden. Da das Land jedoch diese Zinseffekte nicht realisiert, müssen nach Meinung des RH auch die tatsächlichen Haushaltsbelastungen (Zeitwerte) als gleichwertiges Entscheidungskriterium Berücksichtigung finden. Sie sollten auch im Vergabevermerk erläutert und in die Abwägung einbezogen werden.

5.4 Chancen der Parallelausschreibung für Generalunternehmer und Einzelgewerke

Die vom FM zwischenzeitlich mit einer Parallelausschreibung in einem Pilotverfahren erprobte Möglichkeit auch noch des Vergleichs der Baukosten bei Einzelgewerke-Vergabe gegenüber Abwicklung durch einen Generalunternehmer war zwar sehr aufwendig, kann aber für das Land positive Ergebnisse bringen, wenn sie ergebnisoffen angelegt sowie neutral und objektiv durchgeführt wird. Der deutlich höhere Vorbereitungs- und Auswertungsaufwand und der sich hieraus ergebende Zeitverzug (im vorliegenden Beispiel 10 - 12 Monate) ist jedoch im Einzelfall abzuwägen.

Da für eine Ausschreibung der Bauleistung aus vergaberechtlichen Gründen bereits entsprechende Mittel im Bauhaushalt (Kap. 1208) eingestellt sein müssen, ist das FM dazu übergegangen, einzelne Maßnahmen parallel in den Kap. 1208 und 1209 zu veranschlagen. Ist die Maßnahme als Ergebnis der Parallelausschreibung z.B. als Eigenbaumaßnahme am wirtschaftlichsten durchzuführen, entfallen die bei Kap. 1209 vorgesehenen Mittel und umgekehrt. Durch die Doppelveranschlagung werden alle Realisierungsvarianten offengehalten und nicht bereits im Vorfeld eingeschränkt. Für Maßnahmen, die im Haushalt nicht doppelt veranschlagt sind, können nach Auskunft des FM entsprechende Mittel auch im Wege eines Nachtragshaushalts eingestellt werden, sodass eine Parallelausschreibung für geeignete Objekte nicht generell ausgeschlossen wird.

Der RH begrüßt, wenn die Parallelausschreibung in der jeweils geeigneten Form - wie vom FM angekündigt - zum Standard für alle geeigneten größeren Baumaßnahmen wird. Letztlich wird erst hierdurch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 7 LHO umfassend erfüllbar und die Einhaltung nachweisbar. Die Entscheidungskriterien für die Eignungsprüfung sollten vom FM jedoch offengelegt werden. Eine Vorentscheidung, dass einige dieser Bauvorhaben nur in Eigenbau, andere nur als Investorenmodelle auszuschreiben seien, sollte in Zukunft unterbleiben und erst nach Vorliegen der Ausschreibungsergebnisse unter sachlichen Aspekten, nicht zuletzt unter Wirtschaftlichkeitskriterien und dem Aspekt des Schuldenabbaus, getroffen werden. Derartige Präjudizierungen bereits im Vorfeld von Ausschreibungen oder bereits bei Aufstellung von Haushaltsplänen können im Ergebnis zu unwirtschaftlichen Entscheidungen führen.

5.5 Zuschläge im Rahmen des Wirtschaftlichkeits-Vergleichs

In einem Fall wurden bei der Variante A2 (gewerkeweise Vergabe der Bauleistung) „Zuschläge für evtl. Mehrkosten durch Nachträge“ berücksichtigt, die zwar sachgerecht erscheinen, jedoch vom FM während des laufenden Verfahrens und erst nach einer vorläufigen Wirtschaftlichkeitsberechnung endgültig festgelegt wurden. Dieser Zuschlag wurde zudem entgegen anderweitiger Empfehlungen nachgeordneter Stellen mit 3 % deutlich zu gering angesetzt. Auf Grundlage von Erfahrungswerten und den Prüfungserfahrungen des RH wäre ein Zuschlag zwischen 5 % bis 10 % für unvorhersehbare Nachträge angemessen gewesen.

Durch die Änderung von Parametern für die Wirtschaftlichkeitsberechnung im laufenden Verfahren kann leicht eine „Manövriermasse“ entstehen, durch welche eine Entscheidung zu Gunsten einer bestimmten und bevorzugten Angebotsalternative beeinflusst werden kann.

Der RH regt im Rahmen der Überarbeitung des Checklistenerlasses an, mögliche Zuschlagskriterien und Prozentsätze für einzelne Varianten zu definieren und nach den tatsächlichen Erfahrungen festzulegen. Eine Änderung dieser Parameter während eines laufenden Verfahrens kann nur in besonders begründeten Ausnahmefällen, dann jedoch klar dokumentiert und nachvollziehbar, erfolgen.

5.6 Investitionscontrolling

Die Entscheidungsfindung zur Ermittlung der wirtschaftlichsten Alternative liegt zwar im Rahmen der haushaltsrechtlichen Ermächtigung, eine Absprache mit der Haushaltsabteilung im FM über die Auswertungsergebnisse und deren Konsequenzen erfolgt jedoch nicht. Dies ist bedenklich, da hier Entscheidungen getroffen werden, die den Landeshaushalt mit vermeidbaren Mehrausgaben auf Jahre hinaus belasten (z.B. einseitige Barwertoptimierung statt Minimierung der Haushaltsbelastung). Da der RH diese Vorgehensweise nicht nur bei den zuletzt geprüften Projekten, sondern bereits auch bei anderen Hochbauprojekten festgestellt hat, wird vorgeschlagen, künftige Entscheidungen mit bedeutender Tragweite vor Vertragsabschluss einem Investitionscontrolling zu unterziehen und vor endgültiger Vergabe die Ergebnisse und Konsequenzen mit der Haushaltsabteilung abzustimmen. Diese Aufgabe könnte in Zukunft von der Controlling-Kopfstelle im FM wahrgenommen werden.

5.7 Dokumentationsverfahren

Die Dokumentation der Angebotswertungen von ABC-Ausschreibungen ist z.T. nur sehr mühsam und umständlich nachvollziehbar, z.T. fehlen schriftliche Fixierungen zu einzelnen wichtigen Entscheidungsparametern gänzlich. Insbesondere aus den Berechnungsblättern wird oft nicht deutlich, welche bzw. in welcher Höhe einzelne Kostenpositionen in die Berechnung der Ausgabenbarwerte bzw. der Gesamtinvestitionskosten aufgenommen werden. Auch der Umfang und die endgültige Höhe aller Entscheidungsparameter sollten vor Beginn eines Verfahrens sorgfältig und transparent dokumentiert sein. Sowohl im Berechnungsprogramm als auch im Vergabevermerk sind Verbesserungen des Dokumentationsverfahrens erforderlich.

6 Stellungnahme des Finanzministeriums und Schlussbemerkung

Das FM teilt die Auffassung, dass über Parallelausschreibungen (ABC-Ausschreibungen) für das Land wirtschaftliche Lösungen zur Realisierung von Hochbaumaßnahmen gefunden werden können. Das Verfahren zur Durchführung von Parallelausschreibungen sei aufbauend auf dem sog. Checklisten-Erlass stetig verbessert worden. Auch die vertraglichen Grundlagen seien vom FM laufend an veränderte Rahmenbedingungen angepasst worden.

Probleme aus einer möglichen Vorbelastung künftiger Haushalte und aus der sog. „grauen Verschuldung“ gehörten im Wesentlichen der Vergangenheit an, weil schon seit längerem bei allen Neuvergaben mit nichtsteuerlichem Hintergrund (z.B. Maßnahmen im HBFG-Bereich) die Optionspreise wegen der vollständigen Tilgung 0 DM betrügen. Bei Maßnahmen mit steuerlichem Hintergrund würden die Optionspreise nach Ablauf der Vertragszeit in Höhe des Restbuchwertes festgelegt.

Auch das Problem der Vorfinanzierung über die Baufinanz wird vom FM abweichend beurteilt. Auch wenn es sich nur um eine kurzfristige (Vor)Finanzierung von Landesaufgaben handele, sei aus der Sicht des FM kein Zinsänderungsrisiko der (späteren) Haushaltsfinanzierung zu erwarten.

Das FM betrachtet das Barwertverfahren nach wie vor als alleiniges Entscheidungskriterium zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit. Die zusätzliche Aufnahme des Zeitwertkriteriums als Kennzahl wird aus vergaberechtlichen Gründen abgelehnt, weil eine Änderung der Entscheidungsbasis nach der förmlichen Ausschreibung nicht zulässig sei. Dies hat der RH auch nicht empfohlen; im Gegenteil: Er empfiehlt, schon in den Ausschreibungsbedingungen klarzustellen, dass die Wirtschaftlichkeit sowohl nach Barwert- als auch (und gleichwertig) nach Zeitwertkriterien beurteilt wird, um zu verhindern, dass unnötige Mehrbelastungen künftiger Haushalte entstehen.

Der RH wird über diese offenen Punkte im weiteren Austausch mit dem FM bleiben.

Die alternativen Ausschreibungs- und Finanzierungsmodelle sind in breitem Umfang in die Praxis der Hochbau- und Liegenschaftsverwaltung des Landes eingeflossen. Viele der Anregungen aus der beratenden Äußerung von 1994 haben eine positive Wirkung für den Landeshaushalt gebracht. Im Ringen um wirtschaftlichere Lösungen hat die Bauverwaltung, unterstützt durch den RH, neue Wege beschritten. In einigen Fragen ist eine abschließende Klärung noch offen. Insbesondere werden Änderungen maßgeblicher Rahmenbedingungen wie etwa der Baukonjunktur, den Vorgaben für die Ausschreibungen der Hochbauverwaltung, dem Haushaltsrecht oder der Steuergesetzgebung erhebliche Auswirkungen auf das hier beleuchtete Handlungsfeld haben. Angesichts der hohen Komplexität dieser Fragen wird ein weiterer Austausch zwischen Verwaltung und RH nötig sein.


Anhänge

Einzelplan 07: Wirtschaftsministerium

Die Förderung von Demonstrationsvorhaben orientiert sich zu wenig an den selbst gesetzten Vorgaben des Landes. Mittel wurden in Einzelfällen über das zulässige Maß hinaus oder ohne sachliche Notwendigkeit - etwa bei bereits bestehender anderweitiger Finanzierung - gewährt. Eine systematische Evaluation des Programms oder von Einzelprojekten findet nicht statt.


1 Vorbemerkung

1.1 Situation der Energieversorgung

Der Primärenergieverbrauch wird in Deutschland und in Baden-Württemberg lediglich zu rd. 3 % durch regenerative Energiequellen abgedeckt.

Der Anteil regenerativer Energien am gesamten Stromverbrauch ist in ganz Deutschland seit Anfang der 90er-Jahre nicht wesentlich gestiegen. Eindeutiger Schwerpunkt der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern ist auch in Baden-Württemberg die Nutzung der Wasserkraft.

Der Anteil der erneuerbaren Energieträger am gesamten Primärenergieverbrauch ist in der EU mit durchschnittlich etwa 6 % doppelt so hoch wie in Deutschland und in Baden-Württemberg. Zusätzlich hat die EU in ihrem Weißbuch „Energie für die Zukunft: Erneuerbare Energieträger“ die Verdoppelung dieses Beitrags auf 12 % im Jahr 2010 gefordert. Die Landesregierung hat ausweislich des Berichts des WM zum StHpl. für 2000/2001 erklärt, den Anteil der regenerativen Energieträger sowohl bezogen auf den Primärenergieverbrauch als auch auf die Stromerzeugung verdoppeln zu wollen. Die Technologien sollen nicht nur die Energieversorgung sichern helfen, sie gelten auch als Chance für die Wirtschaft.

Die Energieerzeugung mittels regenerativer Energieträger kann derzeit - mit gewissen Ausnahmen wie etwa Solarthermik - wirtschaftlich nicht mit den konventionellen Energieträgern konkurrieren. Je nach zu Grunde gelegter Berechnungsart (bestehende oder neu zu errichtende Anlagen, Auslastung usw.) kann von folgenden groben Richtwerten ausgegangen werden:

Stromerzeugungskosten je Kilowattstunde:

Kernkraft, Öl, Kohle, Gas: rd. 5 - 10 Pf
Windkraft: rd. 15 Pf
Wasserkraft: rd. 15 - 40 Pf
Erdwärme: ab 15 Pf
Fotovoltaik: rd. 150 - 250 Pf

Als Förderinstrument regenerativer Energien kommt zum einen die Höhe der Vergütung von ins allgemeine Netz eingespeistem Strom in Betracht. Mit dem im März 2000 durch den Bundestag verabschiedeten Gesetz zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien wird z.B. die bisherige Vergütung von etwa 17 Pf/kwh für den mittels Fotovoltaik gewonnenen Strom auf den Betrag von 99 Pf/kwh angehoben. Zum anderen ist neben möglichen Quotenregelungen für Ökostrom aber auch die direkte finanzielle Unterstützung - insbesondere von Demonstrationsvorhaben - grundsätzlich nicht ungeeignet, dem Ziel einer stärkeren Nutzung erneuerbarer Energien näher zu kommen.

Die Landesregierung strebt nach eigenen Angaben künftig eine verstärkte Förderung der erneuerbaren Energieträger an. Demonstrationsvorhaben für die Nutzung erneuerbarer Energien sollen dabei einen neuen Schwerpunkt der Energiepolitik der Landesregierung darstellen (s. Erläuterungen zu Kap. 0702 Tit. 893 77 StHpl. 2000/2001). Diese Aussage steht in einem Spannungsverhältnis zu den weiterhin zurückgehenden Haushaltsmitteln für die Förderung erneuerbarer Energien.

1.2 Förderprogrammbeschreibung

Mit den bisher geförderten Demonstrationsanlagen sollte gezeigt werden, wie Aspekte der Umweltvorsorge und der Nutzung erneuerbarer Energien bzw. der rationellen Energieverwendung miteinander in Übereinstimmung gebracht werden können. Die Förderung zielte auf die Weiterentwicklung des Standes der Technik und die Demonstration der technischen Machbarkeit sowie der wirtschaftlichen Vertretbarkeit. Außerdem sollte die Einführung innovativer Verfahren oder Anlagen beschleunigt werden, die gegenüber dem Stand der Technik zu einer deutlichen Verminderung des Energieverbrauchs führen oder die Einsatzmöglichkeiten erneuerbarer Energieträger merklich verbessern.

Die Förderung umfasste somit Investitionen im Rahmen von Vorhaben, bei denen nicht am Markt eingeführte Techniken der rationellen Energieverwendung oder der Nutzung erneuerbarer Energieträger, deren Entwicklungsphase abgeschlossen war, erstmalig zur Anwendung kamen.

1.3 Haushalt

Im Zeitraum von 1992 bis 1996 wurden vom WM insgesamt 19 Maßnahmen mit einem Gesamtvolumen von 4,7 Mio. DM gefördert. Den Schwerpunkt der Förderung bildeten die Maßnahmen zur Nutzung der Sonnenenergie im Rahmen von Fotovoltaikanlagen oder solarunterstützten Nahwärmeversorgungssystemen. Im Jahr 1997 wurden weitere 9 Vorhaben mit insgesamt 450 000 DM unterstützt. Ab 1998 wurden keine neuen Vorhaben mehr bewilligt. Für die Jahre 2000 und 2001 sind für Demonstrationsvorhaben wieder 2,05 Mio. DM bzw. 2,1 Mio. DM vorgesehen. Gleichzeitig reduzieren sich jedoch innerhalb der Tit.Gr. 77 die Zinszuschüsse des Landes an die L-Bank zur Verbilligung von Darlehen zur Nutzung erneuerbarer Energien um rd. 1,4 Mio. DM, was vor allem auf der Einstellung der (Landes-)Förderung fotovoltaischer Anlagen zum Jahreswechsel 1999/2000 beruht. Die insoweit vorgenommene Beschränkung des Landes auf zinsvergünstigte Darlehen für solarthermische Anlagen muss im Zusammenhang mit dem im Bereich der Fotovoltaik konkurrierenden Bundesförderprogramm „100 000-Dächer“ vom Januar 1999 gesehen werden, welches den stärkeren Einsatz von Fotovoltaik-Anlagen in den Jahren von 1999 bis 2004 durch zinsverbilligte Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau unterstützt.

Von den vom WM geförderten Demonstrationsvorhaben wurden stichprobenhaft einige Projekte ausgewählt und geprüft. Bei einem der Projekte ergaben sich die nachfolgenden Feststellungen.

2 Fotovoltaik-Anlage Karlsruhe

Die Stadtwerke Karlsruhe ließen im Jahr 1994 auf dem Dach des denkmalgeschützten Zentrums für Kunst- und Medientechnologie (ZKM) eine 100-Kilowattpeak (kwp)-Fotovoltaik-Anlage mit etwa 1 000 m² nach Süden geneigter Dachflächen installieren. Die Anlage speist elektrische Energie über eine direkte, galvanische Kopplung in den Fahrdraht des Karlsruher Straßenbahnnetzes ein. Die zum Betrieb auch nur eines Zuges benötigte Leistungsmenge wird dabei aber allein aus den Fotozellen nicht gewonnen. Die technischen Herausforderungen bestanden darin, den Fotovoltaik-Generator mit einer durch das Straßenbahn-Netz vorgegebenen relativ hohen Strangspannung von etwa 850 Volt zu betreiben. Die Integration des Generators in ein denkmalgeschütztes Gebäude war ein Ziel des Vorhabens, wobei insbesondere die Großflächenmodule, die im Lichthof 7 die Dachhaut bilden, wichtige bauphysikalische Anforderungen in Bezug auf Witterungsschutz, Abschattung, Transmission und Isolierung erfüllen mussten. Diese Integration verursachte insbesondere durch diverse Sonder- und Spezialanfertigungen auch einen entsprechend hohen Aufwand.

Bei diesem Projekt wurde der Schwerpunkt ganz auf die technische Machbarkeit und weniger auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit (gemäß Nr. 4.1 der Richtlinien) gelegt. Durch die Aktivitäten der Projektpartner soll sichergestellt werden, dass das Vorhaben und die daraus gewonnenen Ergebnisse einem breiten nationalen und internationalen Interessentenkreis zur Kenntnis gebracht werden und die Universität Karlsruhe die Erfahrungen und Ergebnisse direkt in die Forschung und Lehre einfließen lassen und in Kooperation mit anderen Forschungseinrichtungen und -gesellschaften verwerten kann. Außerdem soll die Attraktivität des ZKM in Verbindung mit der überregional bekannten Karlsruher Straßenbahn auf mögliche Einsatzfelder erneuerbarer Energien besonders wirkungsvoll aufmerksam machen. Dazu dient z.B. auch die im Foyer des ZKM als Modell aufgestellte Fotovoltaik-Anlage, welche den Aufbau und das Funktionsprinzip sowie aktuelle Messwerte zeigt.

Exakte Berechnungen des Strompreises der Anlage konnten dem RH nicht vorgelegt werden. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten bedarf es jedoch keiner vertieften Ausführungen dazu, dass allein wegen des erheblichen, oben beschriebenen Sonderaufwandes die bei der Fotovoltaik in der Regel mindestens 1,50 DM/kWh betragenden bereits sehr hohen Stromerzeugungskosten noch deutlich übertroffen worden sein dürften.

Auch die Eignung der Anlage als Muster für entsprechende Anwendungsfälle dürfte recht eingeschränkt sein. Zum einen ist die Anzahl der in Betracht kommenden vergleichbaren denkmalgeschützten Gebäude eher überschaubar, zudem wäre eine derart teuere Stromerzeugung auch extrem unwirtschaftlich. Zum anderen wird die Verbindung mit einem Straßenbahnnetz nur in wenigen Kommunen in Betracht kommen. Dass die mit der Förderung von Demonstrationsvorhaben beabsichtigte Multiplikatorwirkung durch die Planung oder den Bau ähnlicher Anlagen im In- oder Ausland eingetreten ist, konnte nicht festgestellt werden.

Nach den Förderrichtlinien sind in der Regel juristische Personen mit mehr als 500 Beschäftigten und einem Vorjahresumsatz von mehr als 200 Mio. DM von der Förderung ausgeschlossen. Die Stadtwerke Karlsruhe, ein Eigenbetrieb der Stadt Karlsruhe, gaben im Antrag auf Förderung des Projektes „Fotovoltaik-Anlage auf dem ZKM“ eine Mitarbeiterzahl von 2 312 und einen Vorjahresumsatz von insgesamt 613 Mio. DM an. Sie überschreiten damit die für den Empfängerkreis der kleineren und mittleren Unternehmen bzw. Privatpersonen geschaffenen Grenzen erheblich. Eine nachvollziehbare Begründung für eine Ausnahme hiervon wurde nicht dargelegt. Die vorgesehene Ausnahmeregelung in den Richtlinien ist nach Auffassung des RH nur für besonders gelagerte Fälle vorgesehen. Da in zwei der fünf vom RH geprüften Projekte die Grenzen ohne nachvollziehbare Begründung überschritten wurden, kann vermutet werden, dass das Wirtschaftsministerium insoweit seine eigenen Vorgaben nicht ernst genommen hat. Im Ergebnis erscheint damit die Mittelvergabe recht beliebig. Die Umstände dieser Fälle sowie die überwiegend gewährten Höchstförderungen deuten auf einen Mangel an geeigneten Projekten hin. Dem RH sind auch keine Fälle bekannt geworden, in denen die Förderung geeigneter Projekte mangels Mittel abgelehnt worden wäre. Auch bei einem Mangel an Projekten ist aber der Grundsatz der sparsamen Mittelverwendung zu beachten. Gegebenenfalls ist Ausgestaltung oder Sinnhaftigkeit des Förderprogrammes zu überprüfen.

Die Stadtwerke Karlsruhe haben für das Vorhaben „Fotovoltaik-Anlage“ einen Antrag auf Förderung der Energietechnologien im Rahmen des Programms „THERMIE“ bei der EU gestellt. Dem Antrag wurde entsprochen, und die Bedingungen der Förderung wurden in einem Vertrag vom Dezember 1994 zwischen EU und den Stadtwerken Karlsruhe vereinbart. Als Bestandteil des Vertrages wurde die Finanzierung des Projektes wie folgt festgelegt:

Gesamtkosten 1 906 400 DM
Anteil der EU 750 560 DM
Eigenanteil der Stadtwerke 1 155 840 DM

Fast ein halbes Jahr nach diesem Vertragsschluss haben die Stadtwerke Karlsruhe einen Zuschussantrag nach dem Programm zur Förderung von Demonstrationsvorhaben der rationellen Energieverwendung und der Nutzung erneuerbarer Energien gestellt. Das Vorhaben sollte danach nunmehr wie folgt finanziert werden:

Gesamtkosten 1 906 400 DM
Zuschuss der EU 729 859 DM
Zuschuss des Landes Ba-Wü 204 277 DM
Eigenanteil der Stadtwerke 972 264 DM

Das WM hat den Zuschuss in der beantragten Höhe alsbald bewilligt.

Aus den Gesamtumständen und insbesondere aus den dem Förderantrag bei der EU zu Grunde liegenden Angaben lässt sich folgern, dass die Stadtwerke Karlsruhe zunächst nur an einer Finanzierung aus dem EU-Förderprogramm „THERMIE“ Interesse hatten. Die Finanzierung des Projektes konnte gemäß den Antragsunterlagen mit diesem Zuschuss und dem Eigenanteil der Stadtwerke gedeckt werden. Eine Notwendigkeit für einen weiteren Zuschuss vom Land bestand zum damaligen Zeitpunkt nicht.

Der spätere Antrag auf Förderung des Projektes und die Bewilligung durch das WM beruhten auch nicht etwa auf einer Erhöhung der Gesamtkosten, sondern hatten nur eine Vermehrung der Zuschussgeber zur Folge. Der Zuschuss des Landes führte zu einer Verringerung des Zuschusses der EU und zu einer Reduzierung des Eigenanteils der Stadtwerke.

Das Land Baden-Württemberg hat sich an dem Projekt beteiligt, obwohl die Finanzierung bereits gesichert war. Die Bewilligung der Projektmittel hätte nach Auffassung des RH nicht erfolgen dürfen.

Nach Nr. 4.2 der Richtlinien sind im Übrigen interne Verwaltungsgemeinkosten, interne Planungskosten und Eigenleistungen nicht förderfähig. Daher wurden auch Kosten (Löhne und Gehälter) in Höhe von insgesamt 186 411,65 DM zu Unrecht in die Berechnung der Förderung einbezogen. Die Überprüfung des Sachverhalts wurde vom WM eingeleitet.

3 Programm- und Einzelprojektevaluation

Im Januar 1996 wurde das Landesgewerbeamt Baden-Württemberg (LGA) vom WM gebeten, eine Erfolgskontrolle von zehn in den Jahren 1992 bis 1994 geförderten Demonstrationsvorhaben durchzuführen und das Ergebnis in Form einzelner Erfahrungsberichte zusammenzufassen. Auf Bitte des RH, die Berichte über die Erfolgskontrolle der Demonstrationsvorhaben vorzulegen, hat das WM mit Schreiben vom 15.09.1999 mitgeteilt, dass für die Neuauflage der Broschüre „Damit Energie eine Zukunft hat“ eine Zusammenfassung der verfügbaren Daten der in der Broschüre vorgestellten Anlagen vorgenommen wurde. Das WM legte ein Papier des LGA über den aktuellen Stand bei einigen Projekten vor, das aber eher fragmentarisch eine überwiegend unsystematische Zusammenstellung von allgemeinen Feststellungen und Messergebnissen enthielt. Für die Zusammenfassung der verfügbaren Daten wurden keine speziellen Erhebungsbogen erstellt; die Berichte der jeweiligen Projektträger wurden wohl als Grundlage herangezogen. In der Zusammenstellung fehlen nahezu alle Angaben und Aussagen zur Wirtschaftlichkeit der Anlagen, z.B. Erzeugungskosten je kWh Strom oder eine Bewertung, ob das Förderziel erreicht wurde und ob das Projekt als Muster für bestimmte Anwendungsfälle - und welche - geeignet ist bzw. bereits Vorbild war. Eine unbedingt erforderliche Evaluierung sowohl der Einzelförderprojekte von größerer Bedeutung als auch des Förderprogrammes als solchem liegt nach den Feststellungen des RH noch immer nicht vor. Gleichwohl sind nun im neuen Haushalt 2000/2001 (wieder) Mittel für Demonstrationsvorhaben vorgesehen.

4 Bewertung

Trotz des Anspruchs, die erneuerbaren Energien (verstärkt) fördern zu wollen, wurden Demonstrationsvorhaben nur in relativ geringem Umfang und wenig kontinuierlich gefördert. Dieses insgesamt bescheidene Mittelvolumen wurde teilweise

  • für unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zweifelhafte Projekte

 

  • ohne sachliche Notwendigkeit einer (Landes-)Förderung

 

  • über das höchstzulässige Maß hinaus (z.B. Gesamtförderung aus allen öffentlichen Haushalten nur bis 49 % der zuwendungsfähigen Kosten) und

 

  • an andere Empfänger als die beschriebene Zielgruppe der privaten Mittel- oder Kleinunternehmen bzw. Privatpersonen

gewährt.

Dies lässt auf eine gewisse Beliebigkeit der Förderung schließen. Auffällig ist auch die erhebliche Differenz zwischen den angesetzten Haushaltsbeträgen und den tatsächlich in Anspruch genommenen Fördermitteln. Der RH konnte nicht feststellen, dass eine nennenswerte Anzahl geeigneter Projektanträge zurückgewiesen werden musste. Die meisten Anträge wurden mit der beantragten Maximalförderungssumme beschieden.

Die unverzichtbare Projekt- und Programmevaluation fehlt gänzlich. Ob die bisherige Förderung von Demonstrationsvorhaben also im Sinne der eigenen Zielsetzungen erfolgreich war, kann derzeit überhaupt nicht beurteilt werden.

Problematisch und z.T. unökonomisch und unübersichtlich erscheint auch die bislang wenig koordinierte Förderung durch die verschiedenen Zuwendungsgeber aus den Bereichen EU, Bund, Land, Kommune und Energieversorger. Die Förderungen ergänzen sich nicht, stattdessen gibt es Kumulations- und Substitutionswirkungen.

5 Empfehlungen

Um eine effektive und effiziente Förderung der erneuerbaren Energien und insbesondere des Einsatzes von Demonstrationsvorhaben zu gewährleisten, empfiehlt der RH folgende Maßnahmen:

  • Die Förderung sollte sich an den eigenen Zielsetzungen und den selbst vorgegebenen Richtlinien orientieren.

 

  • Zumindest bei größeren Förderfällen ist eine Projekt- und eine Programmevaluation mit Aussagen zur Wirtschaftlichkeit und diesbezüglichen Veränderungen unverzichtbar. Diese könnten z.B. vom Landesgewerbeamt ggf. in Zusammenarbeit mit einer Universität durchgeführt werden.

 

  • Eine (bessere) Abstimmung der Förderung mit anderen potenziellen Zuwendungsgebern wie EU, Bund, Kommunen und Energieversorgern zur Erzielung von Synergieeffekten ist anzustreben.

 

  • Die Bereitstellung von Fördermitteln für erneuerbare Energien und damit auch für Demonstrationsvorhaben sollte im Rahmen der fiskalischen Möglichkeiten möglichst kontinuierlich sein.

 

  • Ein Konzept für die Förderung der erneuerbaren Energien im Land und insbesondere von Demonstrationsvorhaben sollte erstellt werden. Auf vorhandene Studien/Konzepte kann dabei zurückgegriffen werden. Auf der Grundlage einer Evaluation der bisherigen Projekte sollte beispielsweise eine Marktstudie über zukünftig zu fördernde geeignete Projekte erstellt werden.

6 Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums

Das WM weist hinsichtlich einer Mittelverwendung für unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zweifelhafte Projekte darauf hin, dass die Stromerzeugung mittels Fotovoltaik derzeit überhaupt nicht wirtschaftlich durchgeführt werden könne. Im Übrigen führe aber bereits die technische Realisierung, z.B. der angesprochenen Fotovoltaikanlage auf dem Dach des ZKM in Verbindung mit der Gleichstrom verbrauchenden Straßenbahn in Karlsruhe, zu überaus regem Interesse beim Fachpublikum. Die bei diesem Projekt im Förderantrag aufgeführten DM 1,40 je kWh lägen im Übrigen am untersten Level der Kosten für eine derartige Stromerzeugung.

Auch hält es an seiner Auffassung fest, dass die geförderten Vorhaben ohne Landeszuwendung nicht durchgeführt worden wären.

Die vom RH geforderte Evaluierung der Demonstrationsvorhaben hält auch das WM für grundsätzlich sinnvoll, will aber dafür einige Jahre Betriebszeit der jeweiligen Anlagen abwarten. Der Forderung des RH nach einer kontinuierlicheren Förderung der erneuerbaren Energien stimmt es genauso zu wie der Sinnhaftigkeit einer besseren Abstimmung potenzieller Zuwendungsgeber untereinander. Bei Letzterem sieht es jedoch nach seiner Erfahrung praktische Schwierigkeiten.

7 Schlussbemerkung

Der RH verkennt nicht, dass die Fotovoltaik unter dem Gesichtspunkt der reinen Stromerzeugungskosten nicht mit konventionellen oder anderen erneuerbaren Energiequellen konkurrieren kann. Gleichwohl gibt es aber auch innerhalb dieser Technik kostengünstigere und weniger wirtschaftliche Modelle. Die Chance einer Multiplikatorwirkung am Markt dürfte in aller Regel bei kostengünstigeren alternativen Energieerzeugungsvarianten höher liegen als bei den aufwendigeren Lösungen. Das WM sollte bei seiner Förderung die technische Machbarkeit gegenüber einer möglichst wirtschaftlichen Problemlösung nicht übergewichten.

Der in den Antragsunterlagen der Fotovoltaikanlage des ZKM in Karlsruhe - ohne Berechnungsgrundlage - genannte voraussichtliche Betrag von 1,40 DM/kWh war auf Grund des genannten Investitionsvolumens von über 1,9 Mio. DM für eine Anlage mit 100 kWp bereits bei überschlägiger Betrachtung als zu gering anzusehen. Auch 1995 kosteten selbst Kleinanlagen, bei denen derartige Stromgestehungskosten je kWh angesetzt wurden, durchschnittlich etwa 16 000 DM je 1-kWp-Modul. Die Anlage auf dem ZKM war damit - ohne Berücksichtigung des eingesparten Wechselrichters - im Minimum um 20 % oder 300 000 DM teuerer, was sich unmittelbar auf die Erzeugungskosten auswirkt. Der Vorwurf des RH richtet sich im Übrigen auch nicht gegen die Kosten reduzierende neuartige Koppelung mit einem Gleichstromverbraucher, sondern gegen die deutlich kostensteigernde Integration in das denkmalgeschützte Gebäude.

Der RH hält auch an seiner Auffassung fest, dass eine sachliche Notwendigkeit für eine Landesförderung nicht in allen Fällen vorlag. So hat der für die Entscheidung zuständige Werkausschuss der Stadt Karlsruhe bereits am 06.10.1994 den definitiven Beschluss zur Realisierung der Fotovoltaik-Anlage auf dem Dach des ZKM gefasst. Sowohl dieser Beschluss als auch der im Dezember 1994 im Rahmen der EU-Förderung erstellte Finanzierungsplan war nicht an eine Landesförderung gekoppelt. Die Antragstellung auf Landesmittel datiert erst vom 04.04.1995.

Die vom RH untersuchten - und für eine Evaluierung in Betracht zu ziehenden - Projekte stammen bereits aus den Jahren 1992 bis 1996 und haben z.T. eine mehrjährige Laufzeit hinter sich. Der RH hält es gerade bei Demonstrationsvorhaben für unerlässlich, dass vor einer weiteren Förderung aussagekräftige Erkenntnisse über die Erreichung des angestrebten Zuwendungszweckes - nicht nur unter technischen Gesichtspunkten - vorhanden sind.


Anhänge

Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit hatte bei Tourismusorganisationen, die beträchtliche Fördermittel erhielten, nicht den angemessenen Stellenwert. Eine stärkere Beteiligung der durch das Tourismus-Marketing Begünstigten an der Finanzierung könnte die sachgerechte Mittelverwendung verbessern. Das Land als Hauptfinanzier der Einrichtungen sollte sich in den Aufsichtsgremien stärkeren Einfluss verschaffen oder die Form der Förderung umstellen.


1 Vorbemerkung

1.1 Im Rahmen der Tourismusförderung gewährt das Land Baden-Württemberg Zuwendungen an Kommunen, private Tourismusunternehmen und verschiedene andere Einrichtungen. Der RH hat die Zuwendungen an einen Tourismusverband (Verband) und die von ihm getragene Marketing-GmbH (GmbH) geprüft. Die Prüfung umfasste nach § 91 Abs. 2 LHO neben der bestimmungsgemäßen und wirtschaftlichen Verwendung der Fördermittel auch die sonstige Haushalts- und Wirtschaftsführung der Empfänger. Nicht erfasst waren die kommunale und die einzelbetriebliche Tourismusförderung.

Die untersuchten Tourismusinstitutionen haben ihre Strukturen und Aufgaben seit dem Jahr 1992 sukzessive verändert. In einem ersten Schritt wurde das operative Geschäft des Verbandes über einen Geschäftsbesorgungsvertrag in die neu gegründete GmbH ausgelagert. Marketingmaßnahmen sollten so von der oftmals starren Verbandsstruktur auf eine schlagkräftigere und ökonomischer ausgerichtete Einheit übertragen werden. Danach wurde der Name dem veränderten Sprachgebrauch angepasst und der Begriff „Fremdenverkehr“ durch „Tourismus“ ersetzt. Im Jahr 1999 sollten auf der regionalen Ebene sog. „Agenturen“ für die effizientere Durchführung von Marketingmaßnahmen errichtet werden. Bisher geschah dies nur in einem Bereich.

Der Verband ist für die Betreuung der Mitglieder und die Vertretung der baden-württembergischen Interessen auf Bundesebene zuständig. Satzungsgemäße Aufgaben des Verbandes sind u.a., den Tourismus im Land zu fördern sowie seine Verbandsmitglieder in ihren Bestrebungen zur Entwicklung des Tourismus zu beraten und zu unterstützen.

Die GmbH ist für den operativen Teil, d.h. die Durchführung von landesweiten Marketingprojekten zuständig. Gesellschafter sind der Verband, die regionalen Tourismusverbände und weitere Institutionen im Land (wie z.B. Heilbäderverband, Industrie- und Handelskammertag, mittelbar der Hotel- und Gaststättenverband und die Region Stuttgart). Gegenstand des Unternehmens ist die Vermarktung touristischer Dienstleistungen, die Erhöhung des Bekanntheitsgrades und die Herausstellung der Vorzüge Baden-Württembergs als attraktives Reiseziel im In- und Ausland sowie die Entwicklung und Umsetzung von Marketingkonzepten für den Tourismus in Baden-Württemberg.

1.2 Verband und GmbH haben in den Jahren 1995 bis 1999 insgesamt 42,5 Mio. DM, das sind 83 % der vom Land ausgereichten Fördermittel (ohne einzelbetriebliche und kommunale Förderung), erhalten. Dies entspricht einer durchschnittlichen Zuwendung von 8,5 Mio. DM jährlich. An diesen Mitteln partizipiert haben wiederum die nachgeordneten regionalen Tourismusverbände, die von der GmbH Mittel für die Durchführung eigener Marketingmaßnahmen erhielten.

Die Zuwendungen des Landes werden dem Verband als institutionelle Förderung und der GmbH als Projektförderung gewährt. Deren Abwicklung ist der Landeskreditbank Baden-Württemberg - Förderbank - (L-Bank) übertragen.

Die Einnahmen der das operative Geschäft betreibenden GmbH stammen mittelbar und unmittelbar weit überwiegend vom Land (s. Schaubild). Der von diesem Engagement profitierende Wirtschaftszweig und die kommunalen Institutionen tragen bisher wenig zur Finanzierung des Geschäftsbetriebs der Gesellschaft und zu deren Marketingmaßnahmen bei.

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2 Prüfungsfeststellungen

2.1 Ausgabeverhalten

Die Prüfung hat eine Reihe von erklärungsbedürftigen Auffälligkeiten erbracht, die dem WM mitgeteilt wurden; die abschließende Bewertung der Einzelfälle durch das Ministerium steht noch aus. So gingen die Aufwendungen bei Auslandsaktivitäten teilweise weit über das in den Zuwendungsbestimmungen verankerte Landesreisekostenrecht hinaus. Begründungsbedürftig erscheinen auch Aufwendungen für die Verköstigung anlässlich von Besprechungen. Die Kriterien, nach denen die GmbH ihre Delegationen bei Auslandsreisen - soweit sie Kosten hierfür übernahm - zusammensetzte, sind teilweise nicht nachvollziehbar.

Der RH hat ferner festgestellt, dass die GmbH Spenden an gemeinnützige Einrichtungen geleistet und Veranstaltungen sowie Projekte finanziell unterstützt hat, bei denen ein Bezug zum Tourismus-Marketing nicht oder nur untergeordnet erkennbar war. In einigen Fällen wurde für die GmbH selbst geworben, nicht aber für touristische Betriebe oder das Tourismusland als solches. In mehreren Einzelfällen wurde ein Ausgabeverhalten (z.B. bei den Auslandsaktivitäten) festgestellt, das nicht nachvollziehbar oder rechtlich kritisch war.

2.2 Verwaltungskostenpauschale

Die GmbH hat in den Verwendungsnachweisen von Marketingmaßnahmen gegenüber dem Land eine 10-prozentige Verwaltungskostenpauschale auf die tatsächlich entstandenen Kosten ausgewiesen. Eine entsprechende Verfahrensweise wurde auch bei einem regionalen Verband festgestellt. In einem Fall wurde dort sogar ein Aufschlag von 33,33 % der Ausgaben belegt. In den Jahren 1995 bis 1998 betrug die Verwaltungskostenpauschale bei der GmbH je Jahr mehrere hunderttausend DM.

2.3 Verflechtung der Gremien

Bei den beiden Tourismusorganisationen sind dieselben Personen in den verschiedenen Gremien (Vorstand des Verbandes, Gesellschafterversammlung der GmbH, Aufsichtsrat der GmbH und Marketingausschuss der GmbH) vertreten. Dadurch werden satzungsgemäße Zuständigkeiten z.T. verwischt. Dies ist - auch im Hinblick auf Haftungsansprüche - selbst bei einem lediglich nach Gesellschaftsvertrag einzusetzenden Aufsichtsrat zu vermeiden. So wurden bei gemeinsamen Sitzungen der einzelnen Gremien Beschlüsse in einer Zusammensetzung gefasst, die nicht der Satzung entsprachen. Auch haben bei der Entlastung der Handelnden teilweise diese selbst mitgewirkt.

3 Bewertung

3.1 Der RH verkennt nicht die Besonderheiten der Aufgabenstellung eines Tourismusverbandes bzw. einer Marketing-Gesellschaft und die sich hieraus ergebenden Maßstäbe für das Ausgabeverhalten. Auch ist der Gegenwert von Sponsoring-Aktivitäten der GmbH nur schwer abschätzbar. Gleichwohl müssen die Ausgaben nicht nur einen erkennbaren Bezug zu den originären Aufgaben haben, sondern sich auch in einem angemessenen Rahmen halten. Die Angemessenheit muss sich, da die genannten Tourismuseinrichtungen fast ausschließlich aus Landesmitteln finanziert werden und somit Steuergelder ausgeben, nach dem auch in den Allgemeinen Nebenbestimmungen der Zuwendungsbescheide verankerten Grundsatz von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit richten.

3.2 Ganz überwiegend aus Steuergeldern finanzierte Institutionen sollten nach Auffassung des RH grundsätzlich nicht als Spender auftreten. Sie erhalten Steuergelder zu einem bestimmten Zweck, der in der Regel nicht die unentgeltliche Weitergabe der Mittel, sei es auch für gemeinnützige Zwecke, umfasst. Solche Spenden können nach Meinung des RH allenfalls dann ausnahmsweise akzeptiert werden, wenn diesen ein zumindest mittelbarer Gegenwert, z.B. durch einen außergewöhnlichen Werbeeffekt, gegenübersteht. Ebenfalls ausnahmsweise können im Einzelfall auch Kleinspenden in geschäftlich veranlassten, sozialadäquaten Konstellationen zu akzeptieren sein. Dieser Maßstab wurde bei der GmbH nicht durchgängig angewendet.

3.3 Nach Auffassung des RH sind Sponsoring-Aktivitäten der GmbH insoweit unproblematisch, als sie einen kausalen Bezug zur Förderung des Tourismus erkennen lassen und der Höhe nach angemessen sind. Sie sind insoweit nicht nachvollziehbar als

  • ein Bezug zum Tourismus-Marketing nicht oder nur untergeordnet erkennbar ist,

 

  • lediglich für die GmbH selbst, also die Einrichtung, die den Tourismus fördern soll, geworben wird, nicht aber für das Tourismusland Baden-Württemberg.

Die Angemessenheit der Sponsoring-Ausgaben und ihre Effektivität war in einem Teil der geprüften Fälle weder klar erkennbar noch anhand von Erfolgskriterien nachprüfbar. Eine kritische Selbstprüfung der Sinnhaftigkeit solcher Aufwendungen durch die GmbH unter den genannten Gesichtspunkten hat der RH nicht feststellen können.

3.4 Die bei Einzelprojekten von der GmbH in Ansatz gebrachte Verwaltungskostenpauschale (s. Pkt. 2.2) hätte nach Auffassung des RH nicht als förderfähige Aufwendung anerkannt werden dürfen. Mit Hilfe des festgestellten Abrechnungsmodus erhielt die GmbH zusätzliche Landesmittel für ihre Verwaltung auf dem Weg über die Projektförderung. Die Mindestsumme zuwendungsfähiger Kosten wurde bei einigen der geförderten Maßnahmen erst durch Einrechnung der Verwaltungskostenpauschale erreicht. Eventuelle Rückforderungs- und Verzinsungsansprüche des Landes infolge Kostenunterschreitung der Projektdurchführung wurden von der GmbH so vermieden. Die faktische Umwidmung von Projektfördermitteln in Mittel der institutionellen Förderung ist nach Auffassung des RH problematisch. Im Übrigen hat diese Praxis der GmbH die Möglichkeit eröffnet, zusätzliche finanzielle Spielräume zu schaffen.

4 Empfehlungen

4.1 Es ist unbefriedigend, wenn das Land eine Institution dauerhaft zu rd. 90 % finanziert, deren Aktivitäten - im Wesentlichen Werbung - einer Branche bzw. einzelnen Unternehmen oder Kommunen zugute kommen, auch wenn sich als Folge hieraus - wie bei vielen anderen Arten der Wirtschaftsförderung - positive Impulse über die Branche hinaus ergeben. Das Land sollte schon aus ordnungspolitischen Gründen anstreben, seine eigene Förderung anteilsmäßig - nicht notwendigerweise betragsmäßig - zurückzuführen und Kommunen sowie Tourismusunternehmen stärker als Träger und (Mit-) Finanziers des Tourismus-Marketing zu gewinnen. Fernziel sollte sein, die Tourismusbranche in die Lage zu bringen, ihr Marketing überwiegend aus eigener Kraft zu betreiben. Andernfalls fände sich das Land mit der dauerhaften Subvention eines Wirtschaftszweiges ab.

Der RH empfiehlt deshalb, den Anteil der Tourismusförderung durch das Land dadurch jährlich zurückzuführen, dass zusätzliche Leistungen der (ggf. auch künftigen) Gesellschafter der GmbH bzw. höhere Mitgliedsbeiträge durch den Verband eingefordert werden. Dies hätte auch den Effekt, dass die Gesellschafter ein stärkeres eigenes Interesse an einer wirtschaftlichen, sparsamen und effizienten Mittelverwendung hätten.

4.2 Der RH sieht einen Mangel darin, dass das Land als Hauptfinanzier der Tourismusförderung weder Anteilseigner der GmbH ist noch im Aufsichtsgremium über hinreichenden Einfluss auf den wirtschaftlichen Umgang mit Fördergeldern verfügt. Im Aufsichtsgremium ist zwar der Wirtschaftsminister in seiner Eigenschaft als (gewählter) Präsident des Tourismusverbandes vertreten. In dieser Eigenschaft ist er aber primär dem Verband, der ihn gewählt hat, verpflichtet. Im Ergebnis fehlt im Aufsichtsgremium eine Instanz, die - wie im Normalfall die Eigentümervertreter - vorrangig ein Interesse am sparsamen und wirtschaftlichen Umgang mit den Landesmitteln der GmbH hat. Solange das Land nicht nur Zuschüsse gewährt, sondern die GmbH im Wesentlichen finanziert, sollte es sich in geeigneter Weise stärkeren Einfluss im Aufsichtgremium verschaffen. Dies wäre - nach entsprechender Satzungsänderung - durch Einbindung eines oder mehrerer Landesvertreter, z.B. aus dem FM, in das Aufsichtsgremium möglich.

4.3 Der haushaltsrechtliche Grundsatz des wirtschaftlichen und sparsamen Umgangs mit Steuergeldern sollte bei der Tourismusförderung einen deutlich höheren Stellenwert erhalten als bisher. Der RH empfiehlt deshalb weiterhin, Folgendes zu veranlassen:

  • Vorlage von Kosten-Nutzen-Analysen für aufwendige Projekte durch die Geschäftsleitung der GmbH an den Aufsichtsrat und gesonderte Ausweisung größerer Reisevorhaben im Marketingplan,

 

  • Anwendung der Grundsätze des Landesreisekostenrechts bei der GmbH,

 

  • Abschaffung der Verwaltungskostenpauschale bei geförderten Projekten und

 

  • Überprüfung und Korrektur der Gremienzusammensetzung und -zuständigkeiten, um Interessenkonflikte und rechtlich angreifbare Beschlüsse zu vermeiden.

5 Stellungnahme des Ministeriums

Das WM geht davon aus, dass bei den für das Auslandsmarketing eingesetzten Fördermitteln insgesamt eine guten Kosten-Nutzen-Relation vorliege, stimmt dem RH jedoch darin zu, dass das gerügte Ausgabeverhalten in Einzelfällen nicht tolerierbar sei und für die Zukunft abgestellt werden müsse. Auch nach Auffassung des Ministeriums haben sich Zuwendungsempfänger an die haushaltsrechtlichen Vorschriften und die Grundsätze der LHO, insbesondere das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, zu halten. Auch hält es das Landesreisekostenrecht grundsätzlich auf beide private Tourismusorganisationen anwendbar. Es hat eine Prüfung eventueller Rückforderungsansprüche veranlasst.

In der Anregung des RH, im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Analyse den Aufwand im Verhältnis zum voraussichtlichen Erfolg der geplanten Marketingmaßnahme zu untersuchen, sieht es ein geeignetes Instrument. Das WM teilt die Bewertung des RH zur Spendenpraxis ganz überwiegend aus Steuergeldern finanzierter Institutionen. Der Wirtschaftsminister hat in seiner Funktion als Präsident des Verbandes und Vorsitzender des Aufsichtsrats veranlasst, dass die GmbH keine Spenden mehr gewährt.

Das Ministerium hält die zwischen ihm und der GmbH vereinbarte Gewährung einer Verwaltungskostenpauschale aus steuerlichen Gründen für vorteilhaft. Die Einnahmen der GmbH aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag mit dem institutionell geförderten Verband würden nicht vollständig für den Geschäftsbetrieb ausreichen. Das WM will jedoch die Sinnhaftigkeit der bisherigen aufgespaltenen Förderung auf Verband (institutionell) und GmbH (projektbezogen) im Hinblick auf eine künftig ausschließliche Projektförderung - unter Einbeziehung der Verwaltungskosten - überprüfen.

Hinsichtlich der Verflechtung von Gremien weist es auf die fehlende gesetzliche Notwendigkeit zur Einsetzung eines Aufsichtsrats bei der GmbH hin. Es hält außerdem die Personenidentität in den angesprochenen Gremien für naheliegend und sinnvoll.

Das WM sieht insgesamt den Nutzen der Marketinganstrengungen auf Landesebene für die einzelwirtschaftlichen Akteure als objektiv kaum bewertbar an und hält daher lediglich die im letzten Jahr beschlossene Erhöhung der Mitgliedsbeiträge des Verbandes für eine zumutbare Form der Selbstbeteiligung.

6 Schlussbemerkung

Der RH verkennt nicht die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus für das Land Baden-Württemberg und dessen vielfältigen positiven Auswirkungen. Dies reicht aber nicht aus als Begründung für eine dauerhafte und fast vollständige Finanzierung durch das Land. Andere Wirtschaftszweige könnten mit dieser oder ähnlichen Begründungen eine vergleichbare Finanzierung einfordern. Das Ziel, die Förderung anteilsmäßig - nicht notwendigerweise betragsmäßig - zurückzuführen, sollte deshalb angestrebt werden. Das geht nur über eine stärkere Beteiligung derjenigen, die von der Arbeit des Verbandes und der GmbH profitieren. Denn auch die Förderung der Tourismuswerbung für Baden-Württemberg sollte ordnungspolitisch den Charakter einer Hilfe zur Selbsthilfe haben.

Ein stärkerer Einsatz von Finanzmitteln der derzeitigen (und evtl. weiterer) Träger von Verband und GmbH lassen erwarten, dass der Verband und dessen Mitglieder selbst ein stärkeres Interesse am sparsamen und wirtschaftlichen Mitteleinsatz entwickeln. Entsprechend weniger notwendig wäre dann eine Einflussnahme des Landes auf die GmbH.

Einen im Ansatz gleichwertigen Lösungsweg sieht der RH in der Erwägung des WM, die institutionelle Förderung stark zurückzuführen und die Tourismusförderung auf reine Projektförderung umzustellen, ohne dass die Fördermittel insgesamt zurückgehen müssten. Auch bei einer solchen Gestaltung könnte sich eine stärkere Einflussnahme des Landes auf die GmbH über deren Aufsichtsgremien erübrigen. Allerdings ist dieser Ansatz im Hinblick auf Fragen wie steuerliche Auswirkung, Gestaltung und Überwachung der Projektaufträge usw. noch nicht ausgereift.


Anhänge

Bei der Forschungs- und Materialprüfungsanstalt gab es über Jahre hinweg gravierende Fehler in der Haushalts- und Wirtschaftsführung. Weitere Schäden durch Verjährung von Forderungen konnten erst durch massive Intervention abgewendet werden. Die organisatorischen und strukturellen Mängel werden durch die zum 01.01.2000 vollzogene Eingliederung in die Universität Stuttgart tendenziell eher verhärtet. Konzepte und Lösungsansätze für eine Neustrukturierung wurden bisher nicht, nicht ausreichend oder zu zögerlich aufgegriffen.


1 Vorbemerkung

Die Forschungs- und Materialprüfungsanstalt Baden-Württemberg (FMPA) wurde 1980 durch die Vereinigung der amtlichen Forschungs- und Materialprüfungsanstalt für das Bauwesen der Universität Stuttgart (Otto-Graf-Institut) mit dem Chemisch-Technischen Prüfamt (CTP) des Landesgewerbeamtes als unselbständige Anstalt des öffentlichen Rechts gebildet. Sie war bis Ende 1999 dem WM hinsichtlich Dienst- und Fachaufsicht unmittelbar zugeordnet.

Die FMPA hat die Aufgabe, im Interesse des Landes und der Industrie Material-, Waren- und Sicherheitsprüfungen an Roh-, Bau- und Werkstoffen, Bauteilen, Waren und Geräten aller Art vorzunehmen. Allerdings darf sie im Rahmen der ihr auferlegten Subsidiarität Aufträge staatlicher und kommunaler Stellen sowie gewerblicher Unternehmen nur übernehmen, wenn geeignete private Einrichtungen diese Aufgaben nicht ebenso wahrnehmen können.

Bereits in der Vergangenheit war die FMPA Gegenstand von Reformüberlegungen und Organisationsuntersuchungen mit dem Ziel, den jährlichen Zuwendungsbetrag des Landes zurückzuführen. Auch der RH hat die Einrichtung bereits mehrfach geprüft (vgl. Denkschriften 1985 Nr. 23 und 1990 Nr. 5 und Nr. 29). Ergänzend wurde 1991 durch die damalige Vorprüfungsstelle des WM die mangelhafte Gebührenerhebung (keine oder verspätete Voraus- und Abschlagszahlungen, keine oder verspätete Abrechnungen) gerügt.

Das Defizit der FMPA konnte trotz der Zusammenlegung von zwei Abteilungen und von Referaten im Jahr 1994 nicht beseitigt werden. Die Verringerung des jährlichen Zuschusses von rd. 7 Mio. DM (1994) auf rd. 3 Mio. DM (1999) ist nur z.T. auf den Personalabbau zurückzuführen. Bei genauerer Betrachtung wurde sie maßgeblich durch die radikale Reduzierung notwendiger (Ersatz-)Investitionen erkauft. Der dafür erforderliche Investitionsbedarf wäre überschlägig mit jährlich mindestens 4 Mio. DM anzusetzen.

Mit etwa einem Drittel des gesamten Personals der Anstalt (1999: 213,5 Stellen) erwirtschaftete dabei eine Abteilung über die Hälfte der Einnahmen. Innerhalb der jeweiligen Abteilungen ist die Einnahmesituation höchst unterschiedlich.

Anfang 1999 wurde schließlich eine Umwandlung der Einrichtung in einen Landesbetrieb nach § 26 LHO erwogen. Hiervon versprach man sich eine bessere Kostentransparenz, mehr Kostenbewusstsein der Mitarbeiter und eine erhöhte Flexibilität am Markt. Der Ansatz wurde aber nicht weiterverfolgt, weil das Kernproblem der FMPA, der zu geringe Kostendeckungsgrad, verbunden mit einem immensen Investitionsrückstau, unabhängig von der Organisationsform zu sehen sei und allein durch eine Umwandlung der Anstalt in einen Landesbetrieb nicht gelöst werden könne. Entscheidend dürften aber auch die aufkommenden Überlegungen zu einer Umressortierung gewesen sein. Nach Einschätzung von WM, MWK und FM könnten nämlich durch eine Umressortierung der FMPA zum MWK im Rahmen der Eingliederung in die Universität Stuttgart erhebliche Vorteile erzielt werden. Dies seien neben generellen Synergieeffekten finanzielle Vorteile durch die Nutzung von Bund/Länder-finanzierten Mitteln nach dem Hochschulbauförderungsgesetz (HBFG) sowie die engere Zusammenarbeit mit der Fakultät 2 für das Bauingenieur- und Vermessungswesen. Auch die Einbindung der Einrichtung in das an der Universität laufende Pilotverfahren zum Globalhaushalt und die Einführung einer leistungsfähigen Standardsoftware - ohne zusätzliche (Lizenz-)Kosten - sollten auf diese Art gelöst werden.

Der Ministerrat beschloss am 20.09.1999 die Eingliederung der FMPA in die Universität Stuttgart mit Wirkung zum 01.01.2000. Die Einrichtung führt seither die Bezeichnung „Otto-Graf-Institut, Universität Stuttgart - Forschungs- und Materialprüfungsanstalt für das Bauwesen (FMPA)“ und gehört damit zum Geschäftsbereich des MWK. Die bisher bei Kap. 0710 veranschlagten Stellen und Mittel wurden nach Kap. 1418 übertragen.

2 Prüfungsfeststellungen

2.1 Problematik weiterer Kostenreduzierungen

Einsparmaßnahmen haben in der Vergangenheit auch bei den Investitionen und den Reisekosten angesetzt. Eine weitere Verringerung der Investitionsausgaben der FMPA scheint derzeit nicht möglich. Inzwischen ist ein hoher Investitionsrückstau entstanden, der bei einer Einrichtung, deren Ausrüstung eigentlich „auf der Höhe der Zeit“ sein sollte, besonders nachteilig ist. Auch die sächlichen Verwaltungsausgaben sind im Vergleich zu den Vorjahren um ein Viertel reduziert worden. Hier würde sich z.B. eine weitere Verringerung der Mittel für Dienstreisen kontraproduktiv auswirken, da dann Prüfungen im Außendienst nicht mehr ordnungsgemäß durchgeführt und Gebühreneinnahmen insoweit nicht erzielt werden könnten.

Größter Ausgabeposten mit einem Anteil von z.Z. rd. 80 % sind, trotz des in den letzten Jahren vorgenommenen Stellenabbaus, die Personalausgaben. Hier scheint eine weitere Stellenreduzierung auf Grund des Altersaufbaus möglich und wegen mangelhafter Auslastung oder Unrentabilität einzelner Referate auch notwendig. Problematisch ist aber, dass auf Grund der natürlichen Fluktuation nicht immer gerade die Mitarbeiter der möglicherweise verzichtbaren Referate ausscheiden und der hohe Spezialisierungsgrad einzelner Mitarbeiter Umsetzungen innerhalb der FMPA erschwert.

2.2 Auftragsabwicklung

Ganz überwiegende Einnahmequelle der Einrichtung sind die von privaten und öffentlichen Auftraggebern erhobenen Benutzungsgebühren mit rd. 17 Mio. DM. Bei der Auftragsabwicklung wurden sowohl in einer Vielzahl von Einzelfällen als auch im System an sich gravierende Mängel festgestellt. Sie erstrecken sich von der Auftragsannahme bis zum endgültigen, auch finanziellen Abschluss der Vorgänge. Besonders problematisch und mit einem nicht wieder gut zu machenden Schaden für das Land verbunden sind die Fälle, in denen Ansprüche auf Zahlung durch Fristablauf endgültig verjährt sind. Die Ansprüche sind in diesen Fällen erloschen, da die Verjährung öffentlich-rechtlicher Forderungen von Amts wegen zu berücksichtigen ist. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt nach § 21 Abs. 2 Landesgebührengesetz (LGebG) mit Ablauf des Jahres, in dem die Amtshandlung vorgenommen worden ist. In Fällen, in denen die Untersuchung, Prüfung, Messung usw. vor 1997 vorgenommen wurde, sind also Zahlungsansprüche spätestens mit Ablauf des 31.12.1999 verjährt. Der RH hat während der laufenden Prüfung gegenüber der FMPA und dem WM wiederholt auf diesen Umstand aufmerksam gemacht. Daraufhin wurden vom WM im Zusammenwirken mit der Anstalt entsprechende Maßnahmen zugesagt und (zumindest teilweise) auch erfolgreich durchgeführt.

2.2.1 „Offene“ Aufträge und verjährte Forderungen

Zu Beginn der örtlichen Erhebungen durch den RH und das StRPA Stuttgart im Mai 1999 waren in der Buchhaltung der FMPA 1 365 Aufträge aus der Abteilung 4 mit einer Auftragserteilung aus der Zeit von 1982 bis 1999 „offen“. 980 Fälle waren lediglich „formell“ (noch) nicht geschlossen, obwohl bei ihnen bereits ein (abschließender) Gebührenbescheid ergangen war. Von den danach auch „materiell“ noch offenen Fällen waren in einem zweiten Schritt die Fälle abzugrenzen, bei denen das Auftragsdatum erst kurze Zeit zurück lag (100 Fälle mit einem Volumen von etwa 300 000 DM) oder bei denen noch rechtzeitig ein Gebührenbescheid vor dem 31.12.1999 erstellt werden konnte (rd. 30 Fälle mit einem Volumen von etwa 300 000 DM).

In einigen Fällen bestanden/bestehen noch divergierende Auffassungen zwischen FMPA und jeweiligem Auftraggeber über den für die Berechnung des Verjährungseintritts maßgeblichen Zeitpunkt (rd. 20 Fälle, Schadenspotenzial ggf. bis zu rd. 1 Mio. DM).

Dem Land ist in 80 Fällen mit einem Volumen von rd. 400 000 DM definitiv ein irreparabler Schaden entstanden, weil hier auf einen (weiteren) Gebührenbescheid endgültig - z.B. wegen unzweifelhaft eingetretener Verjährung - verzichtet werden musste.

Bei den danach noch verbleibenden 155 Fällen war eine sichere Zuordnung zu den vorstehenden Fallgruppen im Rahmen der Prüfung nicht möglich. In einem Teil davon ist dem Land möglicherweise ebenfalls ein Schaden entstanden.

2.2.2 Gebührenfestsetzung

Eine Vielzahl von Gebührenbescheiden war schon in formeller Hinsicht nicht ordnungsgemäß. So wurden teilweise nur Endbeträge ohne Hinweis auf die angewendete Rahmengebühr oder die Anzahl bzw. Höhe der erbrachten Arbeitsstunden aufgeführt. Auf dem Bescheid befand sich lediglich der allgemeine vorgedruckte Hinweis auf das LGebG und die GebührenVO der FMPA. Da die Gebührenbemessung ein wesentlicher Teil des Verwaltungsaktes ist, schreibt § 39 Abs. 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz vor, dass dem Adressaten die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen sind bzw. die Gesichtspunkte erkennbar sein müssen, von denen die Behörde, z.B. bei der Ausübung ihres Ermessens, ausgegangen ist.

Auch in materieller Hinsicht war die Gebührenfestsetzung der FMPA bei mehreren Aufträgen zu beanstanden. Die Anwendung der in der Anlage zur GebührenVO aufgelisteten Sachverhalte in Form einer Rahmengebühr war wohl eher die Ausnahme als die Regel. In den untersuchten Fällen verneinten die Bearbeiter zumeist die Zuordnung ihrer Aufträge zu den dort definierten Beschreibungen und gingen deshalb von der nach der Gebührenordnung möglichen ersatzweisen Vergütung nach Stundensätzen und Auslagen aus. Es ergab sich jedoch nur in seltenen Fällen eine Übereinstimmung der so ermittelten „tatsächlichen Kosten“ mit den dem Auftraggeber in Rechnung gestellten Gebühren. Dies wurde sogar in Fällen festgestellt, in denen die Anzahl der erbrachten Stunden im Gebührenbescheid explizit aufgelistet war.

2.2.3 Tätigkeitserfassung

Der RH hat stichprobenartig aus jedem der 29 Referate die wöchentlichen Tätigkeitserfassungsbelege jeweils einer Person über den Zeitraum von zwei Monaten ausgewertet. Diese Aufzeichnungen bilden die Grundlage für die Errechnung der tatsächlichen Kosten des jeweiligen Auftrages. Dabei wurde festgestellt, dass in einigen Fällen ohne überzeugende Erklärung keine Aufzeichnungen geführt wurden bzw. vorgelegt werden konnten. Bei der Auswertung der vorgelegten Stundenzettel wurde ein Mittelwert von nur 32 % als auftragsbezogene Tätigkeit errechnet. Somit floss lediglich etwa ein Drittel der gesamten geleisteten Arbeitszeit der FMPA in die Berechnung der „tatsächlichen“ Kosten von Aufträgen ein. Teilweise wurden auftragsbezogene Tätigkeiten nicht als solche zugeordnet. Gemeinkosten wurden in zu geringem Umfang in der Kalkulation berücksichtigt.

2.3 Dienstreisen

Bedienstete der FMPA ließen sich in zahlreichen Fällen - insbesondere bei Dienstreisen zu weiter entfernten Orten - Tickets für Flugreisen vom Auftraggeber vorweg übersenden. Auch andere Kosten, z.B. für Hotelübernachtung, wurden direkt vom Auftraggeber zugesagt und übernommen. Dies wurde damit begründet, dass die für Dienstreisen zur Verfügung stehenden (gekürzten) Mittel gegen Jahresende nicht ausgereicht hätten, um alle Aufträge durchführen zu können. Diese Verhaltsweise sollte im Interesse transparenter Kunden-Auftrags-Verhältnisse vermieden werden.

In einem Fall wurde im Sommer 1999 eine mehrtägige Dienstreise zu einer Fortbildungsveranstaltung auf Mallorca unternommen. Reisebeginn war Mittwochmorgen, Reiseende war Sonntagabend. Das Vortragsprogramm begann am Donnerstagnachmittag und endete am Freitag um 13:30 Uhr. Der Veranstalter, eine Firma, mit der die FMPA in ständiger Geschäftsbeziehung steht, sagte bereits im Voraus die Übernahme aller entstehenden Flug-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten zu. Eine Gegenüberstellung der dieser Firma in den Gebührenbescheiden in Rechnung gestellten Beträge mit dem für diese Aufträge verbuchten tatsächlichen Aufwand weist eine Unterdeckung zu Lasten der FMPA von rd. 15 000 DM aus.

Der RH hält in Anbetracht der Gesamtumstände dieses Falles - und bereits unabhängig von der durch ihn nicht sicher beurteilbaren Notwendigkeit der Teilnahme an der Veranstaltung - eine derartige Reise für problematisch. Das MWK wird zu prüfen haben, wie in derartigen Fällen künftig verfahren werden soll.

2.4 Innerorganisatorische Struktur

Die zahlreichen festgestellten Mängel sind neben der seit Jahren defizitären Arbeitsweise der FMPA zum großen Teil auch auf die innerorganisatorische Struktur bzw. personelle und sächliche Ausstattung zurückzuführen. So fehlte es bis zur Einsetzung eines vorübergehenden kommissarischen Leiters der zentralen Verwaltung 1999 z.B. an einem Aufgaben und Kompetenzen klar definierenden Geschäftsverteilungsplan. Auch das Verfahren der Auftragsabwicklung und -überwachung wurde zwar durch einzelne Hausverfügungen geregelt, immer wieder auftretende Missstände wurden angesprochen, jedoch nicht nachhaltig beseitigt. Es gibt dabei deutliche Anhaltspunkte, dass die Stellung des Leiters der zentralen Verwaltung unterhalb der Ebene des (nebenamtlichen) Direktors nicht geeignet war/ist, sich gegenüber wissenschaftlichen Bediensteten, insbesondere gleichrangigen Abteilungsleitern, wirksam durchzusetzen. Dass diese Stelle einige Zeit - wie auch im Moment - überhaupt nicht besetzt war/ist, erschwert die Situation ebenfalls. Dadurch stand/steht dem neu eingesetzten Leiter des Haushaltsreferates kein erfahrener Ansprechpartner in dieser sehr schwierigen Situation zur Verfügung.

Neben der personellen Ausstattung der zentralen Verwaltung, die Kontrollen der Auftragsabwicklung nur eingeschränkt zuließ, war auch die EDV nicht in der Weise ausgerüstet, dass z.B. der Ausdruck von Kontrolllisten und andere Überwachungsmaßnahmen unproblematisch möglich waren.

2.5 Aufgabenkritik und Wettbewerbssituation

Die FMPA agiert nach den Feststellungen einer Unternehmensberatung auf einem nahezu gesättigten Markt, der nur geringes Wachstum erwarten lässt. Sie steht dabei einem breiten Wettbewerberfeld gegenüber, welches sowohl aus staatlichen (ausländischen, Bundes-, jeweiligen Landeseinrichtungen) als auch privaten Materialprüfungsstellen (z.B. TÜV und DEKRA) besteht. Besonders hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang die Versuchsanstalt für Stahl, Holz und Steine sowie die Materialprüfanstalt am Institut für Massivbau- und Baustofftechnologie der Universität Karlsruhe.

Es kann nicht im öffentlichen Interesse sein, wenn sich staatliche Einrichtungen untereinander einen Wettbewerb zu defizitären Konditionen liefern oder aber dort zu privaten Einrichtungen in Wettbewerb treten, wo diese vergleichbare Leistungen am Markt anbieten. Dies ist für die FMPA auch ausdrücklich in der Subsidiaritätsvorgabe niedergelegt. Einem (sonstigen) Landesinteresse könnte bereits durch eine einzige Einrichtung ausreichend Rechnung getragen werden.

3 Bewertung

Besonders bedeutsam sind die zahlreichen gravierenden Verstöße gegen die Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Auftragsabwicklung über einen langen Zeitraum hinweg. Die FMPA hat in erheblichem Umfang gegen das Gebot der rechtzeitigen und vollständigen Einnahmeerhebung verstoßen; für das Land ist so allein aus verjährten Forderungen ein Schaden von rd. 400 000 DM entstanden. Ohne die massive Intervention von RH und WM wäre dieser noch deutlich höher gewesen. Er konnte durch die Einsetzung eines kommissarischen Verwaltungsleiters bei der FMPA und den Erlass zahlreicher Gebührenbescheide zum Jahresende 1999 abgewendet werden.

Die Aufzeichnungen der Mitarbeiter bei der Tätigkeitserfassung und den Sachkosten für den jeweiligen Auftrag entsprechen in vielen Fällen weder den formalen noch den inhaltlichen Vorgaben. Eine Orientierung der Gebühren am tatsächlich entstandenen Aufwand erfolgt teilweise nicht und ist nur eingeschränkt möglich, da Aufzeichnungen fehlen bzw. unvollständig oder realitätsfremd sind. Obwohl es möglich wäre, Auswertungen zur Steuerung und Planung vorzunehmen, wird dieses Instrument derzeit praktisch nicht eingesetzt.

Bei Dienstreisen wurden in erheblichem Umfang Vorschriften der LHO, darüber hinaus des Reisekostenrechts und möglicherweise auch andere Rechtsvorschriften (z.B. VwV-Geschenkannahme), verletzt.

Die derzeitige innerorganisatorische Struktur der FMPA - auch als Institut der Universität Stuttgart - genügt nicht den Ansprüchen an eine leistungsfähige und effiziente Einrichtung. Die bereits in den vergangenen Jahren durchgeführten Organisationsuntersuchungen lassen nun eine Änderung auf einigermaßen gesicherter Grundlage zu. Die Argumente, die für eine Umwandlung in einen Landesbetrieb vorgetragen wurden, bestehen nach wie vor. Die Umressortierung und Eingliederung der Einrichtung in die Universität Stuttgart kann sowohl vom Zeitpunkt als auch von der Art ihrer Durchführung nicht als bestmögliche Lösung bezeichnet werden. Die verstärkt betriebswirtschaftliche Ausrichtung der FMPA wird durch ihre Eingliederung in einen Wissenschaftsbetrieb nicht unbedingt befördert, vor allem wenn die Abdeckung des Defizits auf der bisherigen Basis weiterhin gewährleistet würde.

Ansatzpunkt zur Reduzierung des Defizits könnte auch eine Anpassung der Gebührenordnung sein. Besteht nämlich, wie vorgetragen, in einigen Bereichen ein Quasi-Monopol der Einrichtung, müssten höhere (kostendeckende) Gebühren am Markt durchsetzbar sein. Besteht hingegen eine Wettbewerbssituation mit anderen öffentlichen oder privaten Einrichtungen, stellt sich auf Grund der Subsidiaritätsklausel der FMPA die Frage nach der Notwendigkeit eines Leistungsangebots zu nicht kostendeckenden Preisen. Diesbezüglich sollte jedes einzelne Referat auf den Prüfstand gestellt werden.

4 Empfehlungen

Zur nachhaltigen Beseitigung der aufgezeigten Missstände und zu ihrer Vermeidung sollte ein ganzes Maßnahmenbündel in Angriff genommen werden.

Die in der Untersuchung „FMPA 200X“ des WM detailliert vorgeschlagenen Lösungsansätze für die Neustrukturierung der FMPA sollten auch unter dem Dach der Universität Stuttgart unverzüglich umgesetzt werden. Eine sich daran anschließende Verschlankung sollte dabei die Möglichkeit von Personalveränderungen innerhalb der Universität Stuttgart (z.B. zur Schwestereinrichtung Materialprüfungsanstalt) oder zu anderen technischen Behörden im Stuttgarter Raum in Betracht ziehen. Sowohl die organisatorischen Mängel als auch die defizitäre Struktur einzelner Abteilungen bzw. Referate werden nicht allein durch die Eingliederung beseitigt. Zusätzliche HBFG-Mittel oder Ausgabenreduzierungen auf Grund von Synergieeffekten würden im Ergebnis nur zur Verschleierung und tendenziellen Verhärtung der Probleme beitragen.

Insbesondere sollte ein leistungsfähiges (Auftrags-)Überwachungssystem sowohl technisch als auch personell installiert werden. Die hierzu bereits in der FMPA eingeleiteten Schritte sollten allerdings konsequent umgesetzt und überwacht werden. Die Erfassung von Personal- und Sachaufwand sollte zeitnah geschehen und sich an der Realität orientieren.

Auch die Umwandlung der Einrichtung in einen Landesbetrieb innerhalb des MWK-Geschäftsbereichs mit weiterhin bestehender Anbindung an die Universität Stuttgart scheint zusätzlich eine Reihe von Vorteilen zu bieten.

Die Entgeltberechnung sollte sich stärker an den Grundsätzen der Kostendeckung und dem (wirtschaftlichen) Interesse des Auftraggebers orientieren. Ihre Anwendung ist künftig stärker zu überwachen. Die Rechtsgrundlage der neuen Praxis - seit Jahresbeginn werden Rechnungen an Stelle von Gebührenbescheiden erstellt - ist zu klären.

5 Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums

Das WM teilt die Einschätzungen des RH zum bestehenden Investitionsstau und zum erheblichen Potenzial von Ergebnisverbesserungen beim Otto-Graf-Institut. Es weist aber auch auf seine eigenen Anstrengungen und Erfolge bei der Reduzierung der Personal- und sächlichen Verwaltungsausgaben im Zeitraum von 1994 bis 1999 hin. So sei im Zuge der Maßnahmen noch im Jahr 1999 die Außenstelle Karlsruhe aufgegeben worden. Auch das Strukturkonzept „FMPA 200X“ des WM aus dem Jahr 1998, zu dessen Umsetzung es nicht mehr gekommen sei, sollte einen Beitrag zu mehr Wirtschaftlichkeit der Einrichtung leisten.

Das WM sei im Übrigen sofort nach Kenntniserlangung von Mängeln in der Auftragsabwicklung tätig geworden und habe - zusammen mit dem RH - das zur Schadensbegrenzung Erforderliche umgehend veranlasst.

6 Stellungnahme des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst

Um ggf. notwendige personal- und disziplinarrechtliche Folgerungen im Hinblick auf die Prüfungsaussagen des RH zu ziehen, hat das MWK zusammen mit dem WM - unter dessen Federführung - die Einsetzung einer Arbeitsgruppe beschlossen. Diese soll exakte Sachverhalts- und Schadensfeststellungen zur Auftragsabwicklung, Gebührenfestsetzung und Vornahme und Abrechnung von Dienstreisen vornehmen. Darüber hinaus sei die Übernahme von Dienstreisekosten durch Auftraggeber der FMPA künftig ausgeschlossen.

Zusätzlich soll durch die Einsetzung eines Sonderbeauftragten des Rektorats ab dem 01.06.2000 ein bereits verfügtes Verfahren zur künftigen Auftragsabwicklung und -abrechnung sichergestellt werden. Er soll sich auch um Synergieeffekte mit der benachbarten MPA für Werkstoffkunde in Stuttgart kümmern.

Entgegen der Auffassung des RH sei die Eingliederung des Otto-Graf-Instituts in die Universität Stuttgart vorteilhaft. Das MWK ergänzt die genannten Argumente (s. Pkt. 1) noch um den besser möglichen Austausch der Ergebnisse der experimentellen Forschung der FMPA und wissenschaftlicher Arbeiten anderer Universitätsinstitute sowie die zu erwartende Steigerung von Forschungsaufträgen im Drittmittelbereich. Der am freien Markt operierende sog. „Ingenieurbereich“, der nur in einigen Teilen profitabel bzw. kostendeckend arbeitet, könne von der Universität sukzessive abgebaut werden.

Durch die derzeitige Einführung eines kaufmännischen Rechnungswesens mit einer Kosten- und Leistungsrechnung bei der Universität Stuttgart werde das gleiche Ziel wie durch die Überführung in einen Betrieb nach § 26 LHO erreicht. Ob dieser darüber hinaus dann noch sinnvoll sei, könne erst danach beurteilt werden. Mit der Entscheidung über die inneruniversitäre Struktur des Otto-Graf-Instituts in den hierfür zuständigen Gremien des Selbstverwaltungsbereichs der Universität sei nicht vor Ende des Wintersemesters 2000/2001 zu rechnen.

Eine Zusammenlegung mit der Materialprüfanstalt der Universität Karlsruhe sei nicht möglich, da nur unbedeutende Überschneidungen vorlägen und beide Standorte eine Universität besäßen, die eine ausreichende Kapazität für Lehre und Forschung bräuchte. Sie käme im Übrigen nur am Standort der wesentlich größeren Einrichtung, also in Stuttgart, in Betracht.

7 Schlussbemerkung

Die Anstrengungen des WM zu einer Kostenreduzierung beim Otto-Graf-Institut haben immerhin zu Teilerfolgen geführt. Auch die gemeinsame Arbeitsgruppe von WM und MWK zur exakten Schadensfeststellung erscheint sinnvoll. Die Prüfungsunterlagen sollten hierfür eine wichtige Hilfestellung leisten.

Für die Umressortierung gibt es sicher eine Reihe von guten Argumenten. Der RH hält jedoch an seiner Einschätzung fest, dass sie nur unzureichend vorbereitet und zu einem sehr unglücklichen Zeitpunkt verwirklicht wurde. Auch wird bis zum Einsatz des kaufmännischen Rechnungswesens bzw. einer aussagekräftigen Kosten- und Leistungsrechnung noch erhebliche Zeit vergehen. Daneben ist durch eine vermehrte „Vermischung“ von durchgeführten (Fremd-)Auftragsarbeiten mit Aufwand aus verbundenem „Forschungsinteresse“ zu rechnen. Einzelne defizitäre Aufträge wurden damit bereits bei der bisherigen FMPA begründet.

Eine zumindest teilweise Zusammenlegung zu einer einzigen baden-württembergischen Materialprüfungsanstalt für das Bauwesen erscheint auch unter Berücksichtigung der Interessen der Universitäten in Stuttgart und Karlsruhe nach Auffassung des RH nicht ausgeschlossen. Dabei wäre lediglich die für den Lehr- bzw. Forschungsbetrieb der jeweiligen Universität unerlässliche Minimalausstattung an beiden Standorten zu erhalten. Der angesprochene „Ingenieurbereich“ könnte wie vom MWK angedeutet (sukzessive) abgebaut werden. Soweit noch ein öffentlicher Bedarf bestünde, könnte er in Anbetracht der ganz überwiegend überregional ansässigen Auftraggeber jedenfalls auch an einem einzigen Standort angesiedelt werden.

Die pessimistischen Einschätzungen des RH im Blick auf eine nachhaltige Besserung der Situation werden durch die gesamte bisherige Entwicklung des Otto-Graf-Instituts, aber auch durch den Ausblick auf die Zeiträume für bevorstehende Entscheidungen in Hochschulgremien, eher bestätigt als entkräftet. So ist selbst über ein halbes Jahr nach dem Ministerratsbeschluss vom 20.09.1999 noch keine sichtbare Umsetzung von Integrations- bzw. Strukturmaßnahmen erfolgt oder zumindest beschlossen worden. Grundlegende Rechtsfragen sind ungeklärt. Die Empfehlungen der dritten, innerhalb von sieben Jahren durchgeführten Organisationsuntersuchung, „FMPA 200X“, werden im neuen Umfeld einer eigenen (Über-)Prüfung durch die nunmehr zuständige Universität zugeführt, anstatt sie endlich umzusetzen. Es ist zu befürchten, dass die langjährigen Bemühungen um grundsätzliche Strukturveränderungen des Otto-Graf-Instituts fortgesetzt werden müssen.


Anhänge

Einzelplan 08: Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum

Die Vorschriften der Landschaftspflegerichtlinie werden unzureichend eingehalten. Die gesetzlich geregelte Pflegepflicht ist künftig stärker zu beachten. Überschneidungen bei der Förderung sind auszuschließen und die Zuständigkeiten eindeutig zu definieren.


1 Ausgangslage

1.1 Das Land fördert im Rahmen des „Gesamtkonzeptes Naturschutz und Landschaftspflege“ die Sicherung naturschutzwichtiger Gebiete, die Steigerung der Qualität dieser Schutzgebiete und die Neuorientierung der Landschaftspflege.

Grundlage der Förderung bildet die „Richtlinie für die Gewährung von Zuwendungen für Maßnahmen der Biotop- und Landschaftspflege, des Artenschutzes und der Biotopgestaltung, für Nutzungsbeschränkungen aus Gründen des Naturschutzes und für die Biotopvernetzung (Landschaftspflegerichtlinie)“ - (LPR) vom 18.12.1990. Eine Notifizierung bei der EU erfolgte in zwei Stufen 1992 und 1998.

1.2 Ziel der Zuwendungen nach der LPR ist es, zur Erhaltung und Entwicklung von Lebensräumen der Tier- und Pflanzenwelt, insbesondere gefährdeter und vom Aussterben bedrohter Arten, beizutragen. Mit den Zuwendungen sollen zudem die Vielfalt und der Erholungswert der Landschaft gesichert werden.

Zuwendungsvoraussetzungen, -höhe und -empfänger sind je nach Art der vereinbarten Maßnahme unterschiedlich; die entsprechenden Regelungen sind in den einzelnen Abschnitten der Richtlinie enthalten. Zuwendungen können bewilligt werden für

  • Biotop- und Landschaftspflegearbeiten, Maßnahmen des Artenschutzes und der Biotopgestaltung (Teil B),
  • Ausgleichsleistungen für die Einschränkung der Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen (Teil C),
  • Ausgleichsleistungen für Nutzungsbeschränkungen auf Waldflächen (Teil D),
  • Maßnahmen für die Vernetzung von Biotopen (Teil E).

Überwiegend werden Zuwendungen für die Pflege von landwirtschaftlichen Flächen sowie als Ausgleichsleistungen für Nutzungsbeschränkungen von landwirtschaftlichen Grundstücken bewilligt.

Zuwendungen für die Pflege von Flächen (Teil B) kommen nur in Betracht, wenn eine wirtschaftliche Nutzung der Flächen dauerhaft nicht oder nicht mehr gegeben ist. Für die erbrachten Pflegeleistungen, üblicherweise handelt es sich um Mähen, Schwaden (Zusammentragen des Mähgutes) und Abtransport des Aufwuchses, wird Landwirten ein aufwandsbezogenes Entgelt zwischen 695 DM und 2 625 DM je Hektar (ha) vergütet.

Die Ausgleichsleistungen für Nutzungsbeschränkungen nach Teil C und E sollen den durch die Nutzungseinschränkung bzw. den Nutzungsverzicht entstehenden Ertragsausfall ersetzen. Hierfür können zwischen 150 DM/ha und 1 400 DM/ha gewährt werden. Der konkrete Hektarsatz ist abhängig von der Art der Nutzungseinschränkung sowie der Güte und der Lage der Flächen. Der Höchstsatz von 1 400 DM/ha ist für die Nutzungsaufgabe von Ackerland vorgesehen.

1.3 Für Maßnahmen der Biotop- und Landschaftspflege einschließlich der Biotopvernetzung werden jährlich etwa 30 Mio. DM aufgewendet. Davon entfallen rd. 50 % auf den Vertragsnaturschutz (Pflege- und Extensivierungsverträge mit Landwirten), rd. 40 % auf Erstpflege- und Unterhaltungsmaßnahmen im Bereich der Biotop- und Landschaftspflege und jeweils rd. 5 % auf Maßnahmen für den Artenschutz und zur Biotopgestaltung.

1.4 Nach der Richtlinie können Landwirte, private Grundstückseigentümer und -besitzer, kommunale Träger, Vereine und Verbände sowie Teilnehmergemeinschaften von Flurbereinigungsverfahren Zuwendungen erhalten. Grundsätzlich erfolgt eine Anteilsfinanzierung. Hiervon ausgenommen sind vertraglich vereinbarte Maßnahmen mit Landwirten. Dieser als Vertragsnaturschutz bezeichnete Bereich wird vollfinanziert.

Verträge über die Pflege- und Extensivierung von Flächen schließen sowohl Naturschutzbehörden als auch Ämter für Landwirtschaft, Landschafts- und Bodenkultur (ÄLLB). Diese Maßnahmen werden mittlerweile weitgehend über den „Gemeinsamen Antrag“, in dem derzeit acht verschiedene landwirtschaftliche Fördermaßnahmen zusammengefasst werden, abgewickelt. Für alle anderen Maßnahmen haben die Zuwendungsempfänger jährlich einen speziellen Förderantrag zu stellen.

1.5 Nicht unter die Regelungen der Richtlinie fallen Maßnahmen, für die das Land selbst Projektträger ist. In erster Linie sind dies Erstpflege- oder Biotopgestaltungsmaßnahmen. Die erforderlichen Arbeiten werden entweder in Eigenleistung des Landes durchgeführt oder an Landschaftspflegeunternehmen vergeben. Diese Maßnahmen werden als Direktmaßnahmen bezeichnet.

1.6 Die StRPÄ Freiburg und Stuttgart haben von 1997 bis 1999 stichprobenweise bei Landratsämtern, ÄLLB, RP, Bezirksstellen für Naturschutz und Landschaftspflege (BNL) sowie Landschaftserhaltungsverbänden Direktmaßnahmen und Zuwendungen nach der LPR landesweit geprüft.

2 Feststellungen und Vorschläge

2.1 Pflegepflicht

Landwirtschaftlich nutzbare Flächen unterliegen nach § 26 Landwirtschafts- und Landeskulturgesetz (LLG) der Bewirtschaftungs- und der Pflegepflicht. Sie sind vom Besitzer entweder einmal jährlich zu mähen oder durch ordnungsgemäße Beweidung zu pflegen. Wer dieser Verpflichtung nicht nachkommt, handelt ordnungswidrig.

Diese gesetzliche Pflicht wird von Besitzern landwirtschaftlicher Flächen immer weniger beachtet, sodass Flächen brach liegen und verwildern. Um diesem Trend entgegen zu wirken, haben die Naturschutzbehörden Pflegeverträge geschlossen oder Zuwendungen bewilligt. Dabei haben sie nicht beachtet, dass nur freiwillige Leistungen zuwendungsfähig sind. Durch diese Handhabung wurden den Besitzern landwirtschaftlich nutzbarer Flächen auch die Kosten für die gesetzlich zu erbringende Pflegeleistung (einmaliges Mähen oder Pflege durch Beweidung) abgenommen und der Allgemeinheit angelastet. Ausgehend von einer Pflegevertragsfläche von rd. 7 400 ha (statistische Angabe des MLR für das Jahr 1998) und angenommenen Grundpflegekosten von durchschnittlich 200 DM je Hektar, ergibt dies ein jährliches Einsparungspotential von etwa 1,5 Mio. DM.

Teilweise erfolgte die Pflege brachliegender Flächen außerhalb des Vertragsnaturschutzes über Direktmaßnahmen. Diese Kosten wurden bisher in vollem Umfang vom Land getragen.

Nach Ansicht des RH sollte das Ministerium die zuständigen Behörden (Gemeinden und ÄLLB) anhalten, auf die Beachtung der allgemeinen Pflegepflicht nach Maßgabe der §§ 26 und 27 LLG hinzuwirken. Künftig sollten nur noch die vom Grundstücksbesitzer über die allgemeine Pflegepflicht hinaus erbrachten Leistungen als zuwendungsfähig anerkannt werden.

2.2 Überschneidungen bei der Förderung

2.2.1 Ausgleichszulage

Zur Sicherung einer standortgerechten Landbewirtschaftung erhalten Landwirte für die landwirtschaftliche Nutzung von Flächen in abgegrenzten benachteiligten Gebieten entsprechend der „Richtlinie zur Förderung landwirtschaftlicher Betriebe in Berggebieten und bestimmten benachteiligten Gebieten“ die Ausgleichszulage. Als landwirtschaftlich genutzt gelten dabei alle Flächen, von denen der Antragsteller erklärt, dass der vorhandene Aufwuchs (Gras, Schilf) landwirtschaftlich verwertet wird. Von den Naturschutzbehörden, Gemeinden und Landkreisen wurden in erheblichem Umfang Pflegeverträge über solche Flächen geschlossen. Überwiegend handelt es sich um traditionell in extensiver Form bewirtschaftete Wiesen und Weiden im Schwarzwald oder auf der Schwäbischen Alb.

Durch diese Handhabung erhielten die Landwirte das vereinbarte Pflegegeld und die Ausgleichszulage, obwohl die LPR keine Mehrfachförderungen zulässt. Das MLR stellte inzwischen klar, dass die Ausgleichszulage für Flächen, für die ein Pflegevertrag gemäß LPR besteht, nicht gewährt werden darf. Im Zusammenhang mit der EU-Kofinanzierung hat es jedoch zwischen „echten“ Pflegeverträgen für Flächen, die keine landwirtschaftliche Nutzung gestatten und „unechten“ Pflegeverträgen unterschieden. Mit den „unechten“ Pflegeverträgen soll die vor Vertragsabschluss tatsächlich ausgeübte landwirtschaftliche Nutzung gesichert und die Gewährung der Ausgleichszulage weiterhin ermöglicht werden. Die dargestellte Mehrfachförderung ist somit bei diesem Vertragstyp weiterhin gegeben.

Nach Ansicht des RH ist die verwaltungsinterne Unterscheidung zwischen „echten“ und „unechten“ Pflegeverträgen aufzugeben. Zuwendungsfähig nach Teil B der Richtlinie sind nur Pflegeverträge für Flächen, die aus der landwirtschaftlichen Nutzung endgültig ausgeschieden sind und allein aus landschaftspflegerischen Gründen gepflegt werden. Die bisher ebenfalls geförderten „unechten“ Pflegeverträge erfüllen diese Voraussetzung nicht. Nach Ablauf der „unechten“ Pflegeverträge sollten nur noch „echte“ Pflegeverträge geschlossen werden.

2.2.2 Marktentlastungs- und Kulturlandschaftsausgleich (MEKA)

Nach den Erläuterungen zum „Gemeinsamen Antrag“ ist eine gleichzeitige Förderung nach der LPR und nach dem MEKA-Programm unzulässig. Dennoch wurden MEKA-Zuwendungen für Flächen beantragt, für die die Antragsteller bereits Pflege- oder Extensivierungsverträge geschlossen hatten. Infolge mangelnder Abstimmung zwischen den Bewilligungsbehörden (ÄLLB und Naturschutzbehörden) wurden die fehlerhaften Angaben nicht immer erkannt, wodurch zusätzliche Zuwendungen nach dem MEKA-Programm von den ÄLLB gewährt wurden.

Seit Übernahme der Verträge nach der LPR in das gemeinsame Antragsverfahren (1996/1997) kann die unzulässige Förderkombination bei Extensivierungsverträgen und für die erstmals 1999 in den „Gemeinsamen Antrag“ übernommenen Pflegeverträge zwar durch maschinellen Abgleich weitgehend ausgeschlossen werden. Sofern jedoch Verträge mit Landwirten im Rahmen eines Pflegeprojekts von Kommunen - die ihrerseits Zuwendungsempfänger nach der LPR sind - geschlossen werden, ist die Möglichkeit der Mehrfachförderung des Landwirts durch Pflegegeld nach der LPR und MEKA-Zuwendungen weiterhin gegeben. Dies trifft beispielsweise auf das Modellprojekt „Pflege der Trockenhänge im Kocher- und Jagsttal“ zu.

2.2.3 Schutzgebiets- und Ausgleichsverordnung (SchALVO)

Für Pflegevertragsflächen sind auch SchALVO-Zuwendungen beantragt und bewilligt worden. Nach den Erläuterungen zum „Gemeinsamen Antrag“ sind Truppenübungsplätze, Trockenrasen-, Heide- und vergleichbare Flächen von der SchALVO-Zuwendung ausgenommen. Bei endgültig aus der landwirtschaftlichen Nutzung ausgeschiedenen Pflegevertragsflächen können nach Ansicht des RH keine ausgleichsfähigen wirtschaftlichen Nachteile vorliegen.

Flächen, die überwiegend aus Gründen des Naturschutzes gepflegt werden, sollten generell von den Flächenmaßnahmen, z.B. Ausgleichszulage, MEKA- und SchALVO-Förderung, ausgeschlossen werden.

2.2.4 Beweidung

Die extensivste Beweidung, die 0,7 Großvieheinheiten (GV) je ha gestattet, gilt bisher als förderfähige Pflegemaßnahme. Diese ist mit 130 DM/ha zu vergüten. Eine anrechenbare GV entspricht z.B. einer über zwei Jahre alten Milchkuh, eine GV von 0,7 kommt sieben über ein Jahr alten Schafen gleich. Vielfach wurde jedoch ein höherer Fördersatz gewährt und zusätzlich die Ausgleichszulage bewilligt. In Einzelfällen wurden trotz vorliegender Beweidungsverträge ergänzend MEKA-Zuwendungen und SchALVO-Mittel beantragt und genehmigt. Diese Förderkombinationen sind unzulässig.

Die Beweidung von Flächen dient der Futterverwertung und stellt damit unabhängig von ihrer Intensität eine landwirtschaftliche Nutzung dar. Somit liegen die Voraussetzungen für die Gewährung der Ausgleichszulage vor, sodass eine weitere Förderung nach der LPR nicht zulässig ist.

Der RH anerkennt, dass die Allmendweiden des Südschwarzwalds und die Wacholderheiden auf der Schwäbischen Alb von großer ökologischer Bedeutung sind, deren Erhaltung weitgehend nur durch Beweidung gewährleistet werden kann. Um die Förderung der Beweidung dieser naturschutzwichtigen Flächen künftig sicherzustellen, ist eine gezielte Regelung durch das Ministerium erforderlich.

2.3 Weitere Feststellungen

2.3.1 Fehlende Gebietsvoraussetzungen

Es bestehen in größerem Umfang Extensivierungsverträge über Flächen, die weder zu einem Schutzgebiet noch zu einem gesetzlich geschützten Biotop bzw. zu einem zuvor festgelegten Projektgebiet gehören. Damit fehlen die Voraussetzungen für die Gewährung von Zuwendungen nach der LPR. Begründet wurden diese Verträge häufig mit der Lage der Flächen in Randzonen oder im Bereich von Artenschutzprogrammen.

Der RH empfiehlt, dass für ein Projektgebiet mindestens die gebietsmäßige Abgrenzung, die Beschreibung des Ausgangszustandes, eine Zieldefinition und ein Maßnahmenkatalog festgelegt werden sollten. Randzonen sind in ihrer jeweiligen Ausdehnung im entsprechenden Pflege- und Entwicklungsplan darzustellen. Für Extensivierungsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Artenschutz ist bisher in der LPR keine Regelung vorgesehen.

2.3.2 Ökologische Notwendigkeit bei Nutzungsbeschränkungen

Maßgebend für die Art der Nutzungseinschränkung (extensive Nutzung, extensivste Nutzung oder Nutzungsaufgabe) sollten die in der Projektbeschreibung dokumentierten ökologischen Zielsetzungen sein. Die daraus resultierenden Hektarsätze genügten oft nicht, die Landwirte für einen Vertragsabschluss zu gewinnen. Häufig wurde deshalb nicht die extensive, sondern die extensivste Nutzung, d.h. keine Düngung und einmaliger später Schnitt, oder die Nutzungsaufgabe bei einer wesentlich höheren Ausgleichsleistung festgelegt.

Nach Ansicht des RH sollte künftig nur noch in begründeten Ausnahmefällen extensivste Nutzung oder Nutzungsausfall vereinbart werden. In die Richtlinie ist eine entsprechende Regelung aufzunehmen.

2.3.3 Ausgleichsleistungen nach Teil E der Richtlinie (Biotopvernetzung)

Maßnahmen zur Biotopvernetzung dürfen nur gefördert werden, wenn sie Bestandteil eines vom RP anerkannten Biotopvernetzungskonzepts sind. Zu diesen Maßnahmen gehören Ausgleichsleistungen für Nutzungsbeschränkungen, die analog der Regelung in Teil C der Richtlinie vertraglich zu vereinbaren sind. Bei einer Reihe von Vertragsflächen fehlen die geforderten Voraussetzungen, die Zugehörigkeit zu einem Biotopvernetzungskonzept konnte nicht festgestellt werden. Die Bewilligungsbehörden rechtfertigten Neuabschlüsse und Vertragsfortführungen, da es sich um Festlegungen aus der Zeit vor dem Inkrafttreten der LPR handele. Für nach dem 01.01.1991 geschlossene Verträge wurden vor allem ökologische Notwendigkeiten, wie z.B. Schutz der Wiesenbrüter, aber auch vielfach nur pauschale Beschreibungen, angeführt.

Die ÄLLB werten die mit hohem finanziellen Aufwand erstellten Biotopvernetzungskonzepte als unverbindliche Rahmenplanung und betrachten die darin konkret formulierten Maßnahmen nur als Vorschläge. So wurden häufig Verträge über Flächen geschlossen, die in den Konzepten für Extensivierungsmaßnahmen nicht vorgesehen waren. Oftmals wurde die Nutzungsaufgabe oder die extensivste Nutzung als Fördertatbestand festgelegt, obwohl diese einschneidenden Auflagen in der Konzeption nicht gefordert waren. Hinweise in den Verträgen auf den entsprechenden Planteil des Biotopvernetzungskonzeptes als Begründung für die Maßnahmen fehlten generell.

Bei einem ALLB wurden 43 % der Zuwendungsmittel für Verträge mit Nutzungsaufgabe und 40 % für Verträge, die der Rückführung von Acker- oder Grünland in extensivste Grünlandnutzung dienten, verausgabt. Auf die ökologisch meist ausreichende Umwandlung in extensiv genutztes Grünland entfielen nur 17 % der Zuwendungsmittel. Während für diese Extensivierungsform höchstens 1 000 DM je Hektar gezahlt werden können, sind bei der Nutzungsaufgabe bis zu 1 400 DM zulässig.

Der RH ist der Ansicht, dass Ausgleichsleistungen im Rahmen der Biotopvernetzung auf die im Konzept ausdrücklich im Planteil dargestellten Maßnahmen beschränkt werden müssen. Verträge über Flächen, die außerhalb von Biotopvernetzungskonzepten liegen, sollten nach Ablauf der Vertragslaufzeit nicht fortgesetzt werden.

2.4 Ausgleichsleistungen für Nutzungsbeschränkungen

Die Höhe der Ausgleichsleistungen für Nutzungsbeschränkungen nach Teil C und E bestimmt sich nach den in der Richtlinie festgelegten Hektarsätzen. Maßgebend ist die Einstufung der Flächen in der von der Landwirtschaftsverwaltung 1970 erstellten Flurbilanz, einer landesweit vorgenommenen Gütebewertung und Abgrenzung landwirtschaftlicher Flächen, wie die Übersicht 1 zeigt.

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Die als Vorrangflächen der Stufe 1 und 2 bezeichneten Flächen stellen nach der Zielsetzung der Flurbilanz der landwirtschaftlichen Nutzung vorzubehaltende gute bis sehr gute Böden dar, die in der landwirtschaftlichen Nutzung verbleiben sollen. Ökologische Maßnahmen hingegen sind in erster Linie auf Untergrenzflächen (für die landwirtschaftliche Nutzung ungeeignete Böden, steile Hanglagen) und Grenzflächen (schlechte Böden) durchzuführen. Entgegen dieser Zielsetzung wurden Extensivierungsverträge - auch solche mit Nutzungsaufgabe - überwiegend im Bereich der Vorrangflächen geschlossen und die Ausgleichsleistungen entsprechend festgelegt.

Der RH hält die Flurbilanz als Bemessungsgrundlage nicht für geeignet und empfiehlt, die Ausgleichsleistungen künftig anhand der durchschnittlichen Landwirtschaftlichen Vergleichszahl (LVZ) für die jeweilige Gemarkung festzulegen. Diese steuerliche Kennzahl stellt auch für die Festlegung der Ausgleichszulage das maßgebende Kriterium dar. Aus der Vergleichszahl lässt sich der Hektarwert der Flächen ableiten. Eine entsprechende Gebietskulisse sollte im Großrechner hinterlegt und die Ausgleichsleistungen maschinell berechnet werden.

2.5 Neufestlegung/Neuorganisation der Zuständigkeit

Zuständigkeit und Verfahren sind in Teil F der Richtlinie grundsätzlich geregelt, die Handhabung beim Vertragsnaturschutz (s. Pkt. 1.4) erfolgt sehr unterschiedlich. In einem Regierungsbezirk wurde der Vertragsnaturschutz ausschließlich von der BNL durchgeführt, in zwei anderen Regierungsbezirken erledigten sowohl höhere als auch untere Naturschutzbehörden diese Aufgabe. Daneben schließen auch Landschaftserhaltungsverbände und im Rahmen kommunaler Förderprogramme Kreisverwaltungen oder Gemeinden Verträge mit den Landwirten. Verträge über Ausgleichsleistungen nach Teil E der Richtlinie (Biotopvernetzung) werden von den ÄLLB geschlossen.

Die Vielzahl vertragsschließender Stellen und die unterschiedliche Ausgestaltung der Verträge führten bereits bei der Übernahme der Extensivierungsverträge in das „Gemeinsame Antragsverfahren“ zu erheblichen Problemen. Unter anderem mussten unkorrekte Flurstücksdaten, falsche Flächenangaben und Abweichungen zwischen Vertragspartner und tatsächlichem Bewirtschafter bereinigt werden. Dieselben Probleme traten bei der Übernahme der Pflegeverträge in den „Gemeinsamen Antrag“ auf. Lange Fehlerlisten waren abzuarbeiten, Fachpersonal der Naturschutzverwaltung war und ist für diesen Bereich in starkem Umfang gebunden.

Neuregelungen bezüglich des Verfahrens und hinsichtlich der Zuständigkeit sind nach Ansicht des RH notwendig. Um zeitaufwendige Abstimmungen zu vermeiden, sollte die Abwicklung des Vertragsnaturschutzes insgesamt - auch bei kommunaler Trägerschaft - auf die Landwirtschaftsverwaltung übertragen werden. Dies würde zur Verwaltungsvereinfachung beitragen, da die ÄLLB den direkten Zugriff auf die elektronisch gespeicherten Daten des „Gemeinsamen Antrags“ haben.

Für Inhalt und Festlegung der Fördergebiete (Planung und Konzeption) sollte die Naturschutzverwaltung weiterhin zuständig bleiben. Nach Meinung des RH hat sie die Pflege- und Entwicklungspläne zu erstellen, die Projektgebiete festzulegen und die notwendigen (Erfolgs-) Kontrollen durchzuführen.

2.6 Zuwendungen an kommunale und private Einrichtungen

2.6.1 Pflege- und Extensivierungsmaßnahmen von Kommunen und privaten Einrichtungen werden auf besonderen Antrag durch Zuwendungen im Wege der Anteilsfinanzierung gefördert. Die Übersicht 2 zeigt den Kreis der möglichen Zuwendungsempfänger und den höchstmöglichen Fördersatz.

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Der Regelsatz von 50 % bei kommunalen Maßnahmeträgern wurde äußerst selten vereinbart. Überwiegend übernahm das Land einen Anteil von 70 %. Für das Modellprojekt „Trockenhänge im Taubertal“ wurde der Zuwendungssatz an den Landkreis vom MLR sogar auf 90 % festgelegt, obwohl maximal nur 70 % hätten gewährt werden dürfen. Verbände und Vereine erhielten teilweise eine Vollfinanzierung ihrer Aufwendungen.

Die festgelegten Zuwendungssätze stellen Obergrenzen dar. Diese sollten aus Gründen sparsamer und wirtschaftlicher Mittelverwendung nicht immer ausgeschöpft und dürfen schon gar nicht überschritten werden.

2.6.2 In einem Regierungsbezirk haben sich die meisten Landkreise dazu entschlossen, die Bewirtschaftung der im Kreisgebiet liegenden naturschutzwichtigen Flächen durch sog. Biotoppflege- bzw. Grünlandprogramme zu sichern. Im Rahmen dieser Programme schließen die Kreisverwaltungen mit Landwirten Pflegeverträge ab. Vertragsinhalt und vereinbartes Pflegegeld entsprechen weitgehend den Vorgaben der LPR. Von diesen Landkreisen wurden 2 282 Verträge über eine Fläche von rd. 2 900 ha geschlossen. Viele dieser Flächen wurden zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in traditioneller Weise landwirtschaftlich genutzt. Die vertraglich vereinbarten Maßnahmen hatten überwiegend bestandserhaltenden, teilweise auch nutzungseinschränkenden Charakter und sollten die Fortführung der bisherigen Bewirtschaftung sichern.

Diese auch als Pflegenutzung bezeichnete Bewirtschaftungsform fällt nicht unter die zuwendungsfähigen Maßnahmen nach Teil B der LPR, weil es sich um landwirtschaftlich genutzte Flächen handelt. Trotzdem bewilligte das zuständige RP jährlich Zuwendungen in Höhe von rd. 1,4 Mio. DM (70 %). Das mit den Verträgen verfolgte Ziel deckt sich nach Auffassung des RH weitgehend mit den förderfähigen Maßnahmen des erweiterten MEKA-Programms. Der RH schlägt daher vor, die Flächen künftig über dieses Programm zu fördern.

2.6.3 In einem Regierungsbezirk wurde der Bau von Schafställen durch Schafhalter oder Gemeinden in erheblichem Umfang mit Landschaftspflegemitteln gefördert. Zusätzlich zu den teilweise hohen Einzelzuwendungen, z.B. in einem Fall bis zu 925 000 DM, erhielten einige Schafstallbesitzer die üblichen Flächenförderungen wie Ausgleichszulage, MEKA- und SchALVO-Mittel.

Die LPR sieht keine Investitionsförderung für derartige Maßnahmen vor. Diese Maßnahmen können im Rahmen des Agrarinvestitionsförderungsprogramms oder nach der „Richtlinie für die Förderung von Investitionen im Regionalprogramm des Landes“ gefördert werden. Der RH hält eine Klarstellung für erforderlich.

2.7 EU-Kofinanzierung

Extensivierungsverträge mit dem Ziel einer eingeschränkten landwirtschaftlichen Nutzung werden bereits bisher von der EU mit bis zu 50 % kofinanziert. Für vor dem 31.07.1992 nach „altem Recht“ geschlossene Verträge beträgt der zuwendungsfähige Höchstsatz der EU 354 DM/ha, für später geschlossene Verträge 824 DM/ha. Obwohl die Extensivierungsverträge normalerweise auf fünf Jahre geschlossen wurden, bestanden 1998 noch 331 Verträge nach altem Recht. Für diese wurden rd. 828 000 DM ausgezahlt, hiervon erstattete die EU lediglich rd. 76 500 DM (rd. 9,2 %). Nach „neuem“ Recht bestanden 1998 insgesamt 6 145 Verträge. Die Auszahlungssumme betrug rd. 8 860 000 DM. Hiervon erstattete die EU lediglich rd. 3 670 000 DM (41,4 %), weil vielfach Rahmensätze oberhalb des Schwellenwerts von 824 DM/ha vereinbart wurden. In einem Regierungsbezirk konnte für die Auszahlungssumme von rd. 1 545 000 DM nur eine EU-Kofinanzierung von 491 000 DM (32 %) erzielt werden.

Der RH empfiehlt, Verträge „nach altem Recht“ nicht zu verlängern, sondern neue Verträge zu schließen. Die vertragsschließenden Stellen sollten verpflichtet werden, die ökologische Notwendigkeit für Ausgleichszahlungen von mehr als 824 DM eingehend zu prüfen und zu begründen.

Pflegeverträge wurden erstmals 1999 von der EU kofinanziert. Für das vom Land aufgewendete Pflegegeld von rd. 1,8 Mio. DM erstattete die EU etwa 264 000 DM (rd. 15 %). Ein höherer Anteil konnte nicht erzielt werden, da die von der Naturschutzverwaltung geschlossenen Verträge häufig die von der EU geforderten Voraussetzungen nicht erfüllten. Gemäß EU-Vorgaben ist eine landwirtschaftliche Nutzfläche nur dann förderfähig, wenn sie mindestens drei Jahre hintereinander nicht Gegenstand landwirtschaftlicher Nutzung oder eines landwirtschaftlichen Eingriffs ist und als aufgegebene Fläche auch kein Fruchtfolgeglied war. Nach Ansicht des RH sollte die LPR der EU-Verordnung angepasst werden, um künftig einen höheren Anteil an EU-Kofinanzierung zu erhalten.

2.8 Verbindliche Ausweisung von Fördergebieten

Die Bewilligungsbehörden haben zu prüfen, ob die vorgesehenen Maßnahmen zur Erreichung und Durchsetzung der Ziele und Grundsätze des Naturschutzes, der Landschaftspflege und der Erholungsvorsorge erforderlich und geeignet sind und den Einsatz der Zuwendungsmittel rechtfertigen. Zum Teil wurden Maßnahmen auf isoliert liegenden Flächen, teilweise sogar ohne Pflege- und Entwicklungspläne, durchgeführt.

Der RH vertritt die Auffassung, dass Fördergebiete landesweit in einer verbindlichen Gebietskulisse ausgewiesen und für den Abschluss von Verträgen bzw. die Bewilligung von Zuwendungen Prioritäten festgelegt werden sollten. Grundlage aller Pflege- und Extensivierungsmaßnahmen sollten Pflege- und Entwicklungspläne der Naturschutzverwaltung sein. Die Notwendigkeit bisher geschlossener Verträge ist kritisch zu überprüfen. Außerdem sollten die staatlichen Naturschutzmittel auf Projekte mit großer ökologischer Wirkung konzentriert werden.

2.9 Direktmaßnahmen

2.9.1 Das Ausgabevolumen für Maßnahmen, bei denen das Land selbst Projektträger ist, (Direktmaßnahmen - s. Pkt. 1.5) liegt bei etwa 10 Mio. DM jährlich. Planung, Beauftragung und Überwachung solcher regelmäßig umfangreicher Arbeiten erfolgen überwiegend durch die BNL. Häufig waren dabei Notwendigkeit und Umfang der Maßnahmen nur unzureichend begründet. In diesen Fällen konnte nicht nachvollzogen werden, aus welchen Gründen eine Direktmaßnahme erfolgte und warum diese in vollem Umfang vom Land finanziert wurde. Nach Auffassung des RH sollte das MLR Kriterien für die Projektierung von Direktmaßnahmen festlegen.

Die BNL haben auch Landwirte mit regelmäßig sich wiederholenden Pflegemaßnahmen beauftragt, ohne die ÄLLB davon zu unterrichten. Sobald diese Flächen im „Gemeinsamen Antrag“ als landwirtschaftliche Nutzflächen bezeichnet wurden, erhielten die beauftragten Landwirte zusätzlich zum vereinbarten Entgelt noch landwirtschaftliche Förderungen (Ausgleichszulage, MEKA). In einem Fall waren 23 Hektar, für die eine Bezirksstelle einen Pflegeauftrag erteilt und Mähgeld ausgezahlt hatte, dennoch im „Gemeinsamen Antrag“ als Dauergrünland (Wiese/Mähweide) bezeichnet und mit dieser Angabe die Voraussetzungen für eine zusätzliche landwirtschaftliche Förderung geschaffen worden.

2.9.2 Die Vergabe von Direktmaßnahmen an Landschaftspflegeunternehmen ist nach § 55 LHO öffentlich auszuschreiben, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen. Von den BNL wurden öffentliche Ausschreibungen überhaupt nicht, beschränkte Ausschreibungen nur vereinzelt getätigt. Typisch für die Vergabepraxis war die formlose Beauftragung und Bevorzugung einzelner Firmen. Durch diese Verfahrensweise wurde der Wettbewerb unterlaufen. Der RH hält die Beachtung der Vergaberegeln für geboten.

2.10 Erfolgskontrollen

Das Land ist bei einer EU-Kofinanzierung gegenüber der Gemeinschaft verpflichtet, die Umweltschutzmaßnahmen zu begleiten und zu bewerten. Die Bewilligungsbehörden haben hierzu neben der sachlichen Prüfung der Auszahlungsvoraussetzungen auch die ökologische Wirksamkeit der geförderten Maßnahmen zu beurteilen. Dieser Verpflichtung ist die Verwaltung bisher nur ungenügend nachgekommen.

Von den Bewilligungsbehörden wurden zwar Maßnahmenkontrollen durchgeführt, diese entsprechen aber nicht einer Erfolgskontrolle im Sinne einer kritischen Gegenüberstellung der Maßnahmenziele mit den durch die Zuwendungen tatsächlich erzielten Ergebnissen. Vielfach ist keine ausreichende Grundlage für eine Erfolgskontrolle vorhanden, weil der Ausgangszustand nicht festgehalten und Ziele nicht definiert wurden. Die vereinbarten Maßnahmen wurden nach Ablauf der Vertragslaufzeit fast ausnahmslos weitergeführt (Vertragsverlängerung oder Vertragsneuabschluss). Eine repräsentative Gegenüberstellung der Ziele des „Gesamtkonzepts Naturschutz und Landschaftspflege“ mit den durch die bisher finanzierten Maßnahmen erzielten Wirkungen fehlt.

Die Analyse der Ergebnisse der Erfolgskontrolle im Bereich des Natur- und Umweltschutzes sollte die Verwaltung veranlassen, festgelegte Nutzungseinschränkungen zu überdenken, Extensivierungsmaßnahmen im Bereich von Biotopvernetzungskonzepten zu hinterfragen, Planungsziele zu ändern oder Prioritäten neu festzulegen. Die Pflicht zur Evaluierung ist in die Richtlinie aufzunehmen und auf die Pflegemaßnahmen auszudehnen. Die Durchführung von Kontrollen sollte der Naturschutzverwaltung übertragen werden.

3 Stellungnahme des Ministeriums

3.1 Das MLR sieht in der Feststellung der Pflegepflicht nach § 26 LLG primär einen Appell an die Kommunen, dieser Bestimmung Nachdruck zu verleihen. Allerdings sei die Formulierung „landwirtschaftlich nutzbares Grundstück“ so zu interpretieren, dass das Grundstück unter heutigen Verhältnissen einem Landwirt Nutzen bringen müsse. Inwieweit der ökonomische Gesichtspunkt bei der Anwendung des Gesetzes zu berücksichtigen sei, werde zz. in einem Verwaltungsgerichtsverfahren geklärt. Die Naturschutzverwaltung werde künftig vor Durchführung von Pflegemaßnahmen verstärkt die Pflegepflicht des Grundstücksbesitzers berücksichtigen.

3.2 Nach Ansicht des MLR sei neben dem Pflegegeld die Weiterbewilligung der Ausgleichszulage (AZL) zulässig, weil mit der Zahlung der Zuwendung nach der LPR die weitere landwirtschaftliche Nutzung möglich werde. Die Begriffe „Pflege“ und „Nutzung“ würden in der Neufassung der LPR klar definiert und zudem die Fortführung einer sehr extensiven Bewirtschaftung gefördert werden. Die Möglichkeit der Doppelförderung mit MEKA bei kommunalen mit Landesmitteln geförderten Verträgen werde bereits ab diesem Jahr ausgeschlossen.

3.3 Es sei zutreffend, dass Landwirte oft nicht bereit seien, die ökologisch erforderlichen Nutzungsbeschränkungen zu den Rahmensätzen der Richtlinie zu vereinbaren. Für die Vereinbarung der Nutzungsaufgabe und der damit verbundenen höheren Entschädigung seien betriebswirtschaftliche Überlegungen der Landwirte maßgebend. Die ökologischen Ziele würden auch bei Durchführung dieser Maßnahmen erreicht.

3.4 Die Anregung, bei Verträgen nach der LPR anstelle der Flurbilanz die Landwirtschaftliche Vergleichszahl als Grundlage zu verwenden, werde geprüft. Eine Kostenersparnis sehe das Ministerium bei Anwendung einer neuen Bezugsbasis nicht, da der Nutzungsausfall vollständig zu entschädigen sei.

3.5 Die vorgeschlagene Neuregelung der Zuständigkeiten sei nicht realisierbar, sie stünde im Widerspruch zu § 5 Naturschutzgesetz und würde die Abwicklung erschweren. Das MLR untersuche derzeit aber technisch realisierbare und finanzierbare Möglichkeiten zur Verbesserung des elektronischen Datenabgleichs beim Gemeinsamen Antrag.

3.6 Die Investitionsförderung aus Mitteln der Landschaftspflege zum Bau von Schafställen sei weiterhin unverzichtbar. Daher sei beabsichtigt, die Förderung in die neue LPR aufzunehmen. Die bestehenden Fördermöglichkeiten im Rahmen des Agrarinvestitionsförderungsprogrammes oder des Regionalprogrammes des Landes seien nicht ausreichend.

3.7 Verträge nach sog. „alten Recht“ würden nicht verlängert, insoweit folge das MLR der Empfehlung des RH. Ebenso werde die Anregung aufgegriffen, die Regelungen bezüglich des Abschlusses von Pflegeverträgen den EU-Vorgaben anzupassen.

3.8 Die Feststellungen der StRPÄ hinsichtlich einer bisher ungenügenden fachlichen Begleitung des Programms seien unzutreffend. Es sei ein Evaluierungsbericht zur Vorlage an die EU erstellt worden, hiervon werde der RH informiert. Künftig würden die Maßnahmen nach der LPR entsprechend der EU-Verordnung einer Erfolgskontrolle unterzogen werden.

4 Schlussbemerkung

Der RH begrüßt die Absicht des Ministeriums, die LPR neu zu fassen. Er geht davon aus, dass dabei eine Vereinheitlichung der Zuständigkeiten erfolgt. Er ist grundsätzlich der Ansicht, dass die Zuständigkeit der unteren Naturschutzbehörden für den Vertragsnaturschutz auf die Landwirtschaftsverwaltung übertragen werden sollte. Er kann dem vom Ministerium geforderten Verbleib der Zuständigkeiten nur zustimmen, wenn eine entsprechende EDV-Ausstattung und eine Zugriffsregelung auf die bei den ÄLLB vorhandenen Daten des Gemeinsamen Antrags für die unteren Naturschutzbehörden vorgesehen wird. Durch diese Maßnahmen kann die hohe Zahl der Fehlermeldungen bei den Plausibilitätsprüfungen im Rahmen des gemeinsamen Antragverfahrens erheblich reduziert werden. Der bisher zusätzlich erforderliche Verwaltungsaufwand der ÄLLB bei der Eingabe der Vertragsdaten und der Behebung dieser Fehlermeldungen wird künftig vermieden.

Nach Ansicht des RH ist der gesetzlich geregelten Pflegepflicht im Bereich der Landschaftspflege künftig ein höherer Stellenwert als bisher einzuräumen. Mit dem VG Freiburg ist der RH der Auffassung, dass es bei der Pflegepflicht nach § 26 LLG lediglich auf die objektive Nutzbarkeit als landwirtschaftliches Grundstück ankommt. Der RH empfiehlt die Zuwendungen für die Pflege ehemals landwirtschaftlich genutzter Flächen auf den über die allgemeine Pflegepflicht hinausgehenden Anteil zu beschränken.

Das Pflegegeld nach den Richtsätzen der LPR stellt die vollständige Gegenleistung für die vertraglich vereinbarte Dienstleistung dar. Aus Sicht des RH ist es nicht sachgerecht, zusätzlich die Ausgleichszulage zu gewähren und somit gleiche Sachverhalte doppelt zu fördern. Ungeachtet der möglichen oder tatsächlichen landwirtschaftlichen Verwertung des Aufwuchses sollte künftig bei Pflegevertrags- bzw. Pflegenutzungsflächen keine Ausgleichszulage mehr bewilligt werden.

Der RH hält an seiner Auffassung fest, die Art der Nutzungseinschränkung ausschließlich nach ökologischen Zielsetzungen festzulegen. Die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gebieten es, Maßnahmen zur Erreichung und Durchsetzung der Ziele und Grundsätze des Naturschutzes, der Landschaftspflege und der Erholungsvorsorge mit dem geringst möglichen Aufwand zu fördern. Dies sieht auch der Gemeinsame Erlass des Ministeriums zur Einführung der Landschaftspflegerichtlinien vor.

Der vom MLR in Auftrag gegebene Evaluierungsbericht stellt nach Ansicht des RH keine Bewertung der durchgeführten Maßnahmen im Sinne einer Effizienzanalyse dar. Der RH ist weiterhin der Auffassung, dass vermehrt Erfolgskontrollen erforderlich, Maßnahmenziele zu bestimmen und durchgeführte Projekte vor dem Abschluss neuer langfristiger Verträge hinsichtlich ihres Erfolgs zu bewerten sind.


Anhänge

Einzelplan 09: Ministerium für Arbeit und Soziales

Das Land hat bisher die von den Beratungsstellen im Verwendungsnachweis geforderten Angaben zu den Beratungsfällen nicht klar definiert. Der Rechnungshof stellt die bisherige Nachfragesituation dar und will für künftige Entscheidungen aussagekräftige Anhaltszahlen liefern.


1 Allgemeines

Nach dem Gesetz zur Vermeidung und Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten (Schwangerschaftskonfliktgesetz - SchKG -) vom 21.08.1995 haben die Länder ein ausreichendes Angebot wohnortnaher Beratungsstellen für

  • die Beratung über Hilfen für Schwangere und zu Fragen der Sexualaufklärung, Verhütung und Familienplanung - Schwangerenberatung SB -, §§ 2 und 3 SchKG, sowie

 

  • die nach § 219 StGB notwendige Beratung, die Schwangerschaftskonfliktberatung - KB -, §§ 5, 6 und 8 SchKG,

sicherzustellen. Nach dem SchKG sind die Beratungsstellen nach §§ 3 und 8 SchKG in dem Umfang erforderlich, dass für je 40 000 Einwohner eine Beratungskraft vollzeitbeschäftigt - oder eine entsprechende Zahl von Teilzeitbeschäftigten - zur Verfügung steht.

Die SB bietet der Schwangeren Rat und Hilfe. Für finanzielle Hilfen stehen nach den Mitteln der Sozialhilfe vor allem Mittel der Bundesstiftung „Mutter und Kind“, außerdem Mittel der Landesstiftung „Familie in Not“ und bei den kirchlichen Einrichtungen Sondermittel der Kirchen zur Verfügung. Die Beratung hilft auch bei der Beantragung dieser Mittel.

Die KB ist die nach § 219 StGB notwendige Beratung, die nach § 6 SchKG unentgeltlich zu erfolgen hat. Sie dient dem Schutz des ungeborenen Lebens. Die ratsuchende Frau ist unverzüglich zu beraten. Nach Abschluss der Beratung ist auf Wunsch eine Beratungsbescheinigung nach § 7 SchKG darüber auszustellen, dass eine Beratung nach §§ 5 und 6 SchKG stattgefunden hat (Beratungsbescheinigung). KB-Stellen bedürfen besonderer staatlicher Anerkennung. Sie haben dem SM jedes Jahr schriftlich über ihre Maßstäbe der Beratung und die gesammelten Erfahrungen zu berichten.

Das Vorhandensein wohnortnaher Beratungsstellen wird als erfüllt angesehen, wenn der Besuch einer Beratungsstelle mit öffentlichen Verkehrsmitteln an einem Tag möglich ist. Die zur Sicherstellung eines ausreichenden Angebots erforderlichen Beratungsstellen haben einen gesetzlichen Anspruch auf eine angemessene öffentliche Förderung der Personal- und Sachkosten. Bei einer Einwohnerzahl von 10 426 040 in Baden-Württemberg (Statistisches Landesamt, Stand 31.12.1998) ist, um die vorgeschriebene Mindestanforderung von 1 : 40 000 zu erfüllen, die Förderung von rd. 261 vollzeitbeschäftigten Fachkräften erforderlich.

Diese Personalstellen können sich aus solchen bei anerkannten KB-Stellen und solchen bei Beratungsstellen zusammensetzen, die nur eine Beratung im Sinne von § 2 SchKG anbieten.

Die gesetzliche Regelung bedeutet, dass die Anerkennung als KB-Stelle nicht notwendig einen Anspruch auf öffentliche Förderung zur Folge hat. Dieser setzt weiter voraus, dass die Beratungsstelle zur Sicherstellung eines ausreichenden Angebots an Beratungsleistungen erforderlich ist.

2 Haushaltsmittel des Landes

Das Land beteiligt sich derzeit nach den Richtlinien des SM vom 26.11.1982 an der Finanzierung der Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen - EFL-Stellen - sowie der anerkannten KB-Stellen durch Zuwendungen zu den Personalkosten. Der Zuschuss beträgt jährlich

  • seit 01.01.1987 für eine Fachkraft in EFL-Stellen 23 500 DM,
  • seit 01.07.1993 für eine Fachkraft in anerkannten KB-Stellen 50 000 DM,
  • 15 DM/Stunde für auf Honorarbasis tätige Fachkräfte, maximal jedoch 3 000 DM jährlich je Honorarkraft.

Die Trägerverbände der KB-Stellen erhalten außerdem eine Zusatzförderung von insgesamt 2,05 Mio. DM/Jahr.

Die geförderten EFL-Stellen erfüllen das Beratungsangebot im Sinne von § 2 SchKG. Ihre Förderung begann schon in den 70er Jahren. Die Zahl der geförderten Personalstellen wurde vom SM im Jahr 1982 auf den Stand vom 31.12.1981 festgeschrieben. Die Zahl der geförderten anerkannten KB-Stellen wurde im Laufe der letzten beiden Jahrzehnte kontinuierlich vergrößert.

Nach der Landeshaushaltsrechnung 1998 wurden einschließlich der Zusatzförderung 15,88 Mio. DM ausgegeben.

3 Prüfungsziel

Der RH hat in Zusammenarbeit mit dem StRPA Tübingen geprüft, ob das Angebot an Beratungsstellen und die Landesförderung bedarfsgerecht sind. Er hat dazu die Akten des SM herangezogen, die Verwendungsnachweise (VN) der vom Land geförderten Beratungsstellen ausgewertet, in einer Umfrage bei den Landkreisen das dortige Beratungsangebot von anerkannten KB-Stellen, die vom Land nicht gefördert werden, im Jahr 1998 abgefragt und bei 23 anerkannten KB-Stellen sowie 4 EFL-Stellen den Umfang der Tätigkeit geprüft. Gegenstand der örtlichen Prüfung war nicht der Inhalt der Beratungstätigkeit, sondern das Mengengerüst, gegliedert nach Tätigkeitsbereichen.

4 Zahl der Fachkräfte in anerkannten KB-Stellen und Zahl der vom Land geförderten Fachkräfte.

Das Land förderte 1998 insgesamt rd. 93 EFL-Kräfte in 54 EFL-Beratungsstellen und rd. 236 Kräfte in 97 anerkannten KB-Stellen. Die Landkreise haben nach eigenen Angaben im Jahr 1998 in 22 Gesundheitsämtern rd. 14,6 Vollkräfte in der SB und KB eingesetzt, die keine Landesförderung erhielten. Die Verteilung auf die verschiedenen Trägerverbände zeigt Übersicht 1.

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Die Zahl der insgesamt geförderten Fachkräfte übersteigt die nach dem SchKG nötige Anzahl von 261 Stellen deutlich. Die Träger von Beratungsstellen setzen in diesen außerdem in unterschiedlichem Umfang weiteres Personal ein, für das vom Land kein Zuschuss gewährt wird. Darin kommt zum Ausdruck, dass das Angebot an EFL und SB von Kirchen und Gemeinden auch als eine herkömmlich eigene Aufgabe verstanden wird.

5 Die Finanzierung der vom Land geförderten EFL- und KB-Stellen

Die Finanzierung der Beratungsstellen nach den VN für das Jahr 1998 ist in Übersicht 2 dargestellt.

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Die unterschiedliche Relation von Gesamtausgaben und Landesförderung bei den verschiedenen Trägerverbänden spiegelt auch wider, dass die Träger in unterschiedlichem Umfang zusätzliches Personal eingesetzt haben, das keine Landesförderung erhält.

Die kommunalen Zuwendungen erfolgen freiwillig und sind deshalb im Einzelfall sehr unterschiedlich hoch. Die 151 vom Land geförderten Beratungsstellen befinden sich in 62 Sitzgemeinden. In 12 Kommunen wurden sie im Jahr 1998 kommunal gar nicht gefördert, in 28 nur mit verhältnismäßig geringen Beträgen von insgesamt rd. 700 000 DM und in 22 in größerem Umfang mit insgesamt rd. 6,5 Mio. DM. Die 10 Sitzgemeinden mit den höchsten kommunalen Zuwendungen sind:

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Die kommunale Förderung insgesamt ist bei den EFL-Stellen im Verhältnis zur Landesförderung höher als bei den KB-Stellen. Dort konzentriert sie sich stark auf die nichtkirchlichen Einrichtungen, insbesondere die Beratungsstellen von Pro Familia, deren Gesamtfinanzierung nur durch die zusätzliche Förderung durch die Kommunen gesichert ist. Die finanzielle Lage der nichtkirchlichen Einrichtungen ist dabei - je nach Höhe der kommunalen Förderung - unterschiedlich. Der Kostendeckungsgrad durch die Zuwendungen des Landes und der Kommunen liegt ohne Zusatzförderung nach den VN 1998 bei 48 % bis 80 %. Die fehlenden Finanzmittel bringen diese Träger im Wesentlichen durch Beratungen und Veranstaltungen auf, für die sie Entgelte erheben.

6 Die Beratungstätigkeit der Beratungsstellen

6.1 Die geförderten Beratungsstellen haben bisher in ihren jährlichen VN neben dem Finanzierungsnachweis anzugeben die Zahl der

  • Beratungsfälle insgesamt
  • darunter Konfliktschwangerschaften
  • Beratungen insgesamt
  • darunter Beratungen wegen Konfliktschwangerschaften.

Nach den Angaben in den VN für das Jahr 1998 stellt sich die Beratungstätigkeit gegliedert nach Trägerverbänden wie in Übersicht 3 dargestellt dar.

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6.2 Der RH hat örtliche Erhebungen bei 27 Beratungsstellen mit 80 geförderten Vollkräften und mit Honorarkräften, bei denen 3 495 Stunden gefördert wurden, durchgeführt. Ziel der Prüfung war es festzustellen, wie die Angaben in den VN zur Beratungstätigkeit zustande kommen, ob sie untereinander vergleichbar sind und welchen Umfang die verschiedenen Beratungstätigkeiten haben.

Das Land hat keine Vorgaben dafür gegeben, wie die Beratungen bei Konfliktschwangerschaften von den sonstigen Beratungen abzugrenzen sind und wie der Träger die Fälle und Gespräche zählen soll. Infolgedessen kam es zu einer sehr unterschiedlichen Handhabung durch die Beratungsstellen.

Die örtliche Prüfung hat ergeben, dass als KB-Fälle überwiegend die Zahl der ratsuchenden Frauen angegeben wurde, die einen Schwangerschaftsabbruch in Erwägung ziehen. Einzelne Beratungsstellen haben darüber hinaus alle Beratungen von Schwangeren hinzugezählt, bei denen sie Konflikte während der Schwangerschaft konstatiert haben, auch wenn die Klientin keinen Schwangerschaftsabbruch wünschte. Andere Einrichtungen haben die Gesprächsanzahl als Fallzahl angegeben, weil sie für ihren internen Gebrauch im Interesse der Anonymität der Beratung die Gespräche nicht Fällen zugeordnet haben. Beratungen im Folgejahr wurden von einzelnen Einrichtungen erneut als KB-Fall gezählt, von anderen als sonstige Beratung; entsprechendes gilt auch für die SB-Fälle.

Die Zahl der Gespräche wurde häufig nicht gezählt, sodass die Angaben der Einrichtung im VN oft auf Schätzungen beruhten oder aus der Fallzahl mit einem Multiplikator errechnet wurden. Dabei wurden unterschiedliche Multiplikatoren gewählt. Im Vergleich zu den Einrichtungen desselben Trägerverbandes, die die Gespräche tatsächlich gezählt haben, sind diese oft zu hoch angesetzt worden.

Unterschiedlich gehandhabt wurde auch das Einbeziehen von Telefongesprächen und von Gruppenveranstaltungen.

Der RH hat versucht, die Fall- und Gesprächszahlen der 23 geprüften KB-Stellen vergleichbar zu machen. Er hat dazu auch interne Statistiken der Einrichtungen herangezogen, die unterschiedlich tief gegliedert sind. Für die Zuordnung der Fälle ist dabei folgende Abgrenzung gewählt worden:

1) Als KB-Fall wurde gezählt, wenn eine ratsuchende Frau einen Schwangerschaftsabbruch in Erwägung zieht.

2) SB-Fälle sind solche, bei denen die schwangere Frau keinen Schwangerschaftsabbruch wünscht, sondern Hilfen. SB-Fälle sind auch Einzelberatungen zur Empfängnisverhütung.

3) Wenn es in KB- und SB-Fällen zu Beratungen in den beiden Folgejahren kommt, wurden die Fälle in diesen Jahren teils als EFL-Fälle, teils als SB-Fälle gezählt. Die jeweilige Zuordnung des Trägers wurde in Übersicht 4 beibehalten. Ein entsprechender Ausgleich dieses Unterschieds wurde nachträglich in einem weiteren Arbeitsschritt vorgenommen (s. Übersicht 6).

4) Ein Fallwechsel wurde nur im Folgejahr berücksichtigt.

5) EFL-Fälle sind alle sonstigen Beratungen.

6) Gruppenveranstaltungen sind bei der Zählung nicht berücksichtigt.

7) Telefonische Beratungen wurden - außer bei den Telefonseelsorgestellen - nicht als Gespräche gezählt.

8) Von Trägern mit Multiplikator errechnete Gesprächszahlen oder nicht plausible Schätzungen wurden nicht berücksichtigt.

Mit der Wahl der EFL-Fälle als dritte Kategorie soll festgestellt werden, in welchem Umfang Beratungen stattfinden, die über den engeren Bereich des SchKG hinausgehen.

Das Prüfungsergebnis (PE) bei den 23 KB-Stellen ist nach Trägerverbänden gegliedert in Übersicht 4 dargestellt.

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Die Relation der Fallzahlen zur Zahl der Gespräche nach dem PE ist in Übersicht 5 dargestellt, wobei einzelne Träger darauf hinweisen, dass z.B. bei der KB Folgegespräche nach dem Ausstellen der Beratungsbescheinigung von ihnen nicht mehr gezählt worden sind. Die durchschnittliche Zahl der Gespräche/KB-Fall erfasst daher mit einer gewissen Sicherheit nur den davor liegenden Zeitraum. Bei der Erstellung der Durchschnittswerte blieben Gesprächszahlen, die vom Träger nicht plausibel geschätzt oder mit Multiplikator errechnet waren, unberücksichtigt.

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6.3 Soweit die Träger KB- und SB-Fälle im zweiten und dritten Jahr der Beratung als EFL-Fälle gezählt haben, wurden deren SB-Zahlen - wenn nicht konkrete Zahlen vorlagen - um 15 % der Summe der KB- und SB-Fälle erhöht und die EFL-Zahl entsprechend verringert, um deren Fallzahlen mit denen der anderen Einrichtungen vergleichbar zu machen, bei denen solche Beratungen bereits als SB-Fälle gezählt worden sind. Der Prozentsatz entspricht dem einer internen Caritasverbandsstatistik, wonach sich KB- und SB-Fälle zusammen im Landesdurchschnitt zu 15 % in den beiden Folgejahren fortsetzen, wobei der weitaus überwiegende Teil auf das erste Folgejahr entfällt. Diese Umrechnung trägt auch dem Umstand Rechnung, dass nach der Intention des SchKG eine Beratung auch in den Jahren nach der Schwangerschaft angeboten werden soll.

Soweit Einrichtungen auch nichtgefördertes Personal eingesetzt haben, wurde der entsprechende Anteil an der Gesamtzahl der EFL-Fälle abgezogen. Der Abzug unterblieb bei den KB- und SB-Fallzahlen, da es unerheblich ist, von wem diese Beratungsleistung erbracht wurde. Mit diesen beiden Korrekturen ist das Ergebnis bezogen auf die Fallzahlen in Übersicht 6 und 7 (in Prozent) dargestellt.

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Legt man die korrigierten Fallzahlen nur insoweit zu Grunde, als sie auf die vom Land geförderten Kräfte entfallen, ergibt sich eine prozentuale Aufteilung der Fallkategorien bei den einzelnen Trägern wie in Übersicht 7 dargestellt.

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6.4 Die Prüfung zeigt, dass bisher die Angaben in den VN zu den Beratungsfällen und den Beratungen nicht aussagekräftig sind. Sie lassen keine Beurteilung zu, ob das Angebot an Beratungen bedarfsgerecht ist. Dem kommt aber eine wesentliche Bedeutung zu, insbesondere in Zeiten, in denen sich die Struktur der Beratungsstellen ändert und dies Nachfrageänderungen zur Folge haben kann.

Der RH hält künftig eine Präzisierung und Vereinheitlichung der jährlichen Angaben für erforderlich. Dabei wäre folgende Abgrenzung zweckmäßig:

1) „Fall“ ist die Beratungssuchende. Mehrere Personen bei demselben Beratungsgespräch zählen als ein Fall.

2) Die Einteilung der Fälle ist in die Kategorien KB, SB, und EFL vorzunehmen. Ein Fallwechsel wird erst im Folgejahr berücksichtigt.

3) Ein KB-Fall ist nur, wer einen Schwangerschaftsabbruch in Erwägung zieht.

4) Als SB-Fall ist zu zählen, wenn eine Schwangerschaft vorliegt, aber kein Schwangerschaftsabbruch beabsichtigt ist.

5) Alle sonstigen Fälle sind der EFL zuzuordnen.

6) In den beiden Folgejahren sind ursprüngliche KB-Fälle der SB zuzuordnen.

7) SB-Fälle bleiben bis zum dritten Jahr der Beratung der SB zugeordnet.

8) Gruppenveranstaltungen werden für die Angaben im VN nicht gezählt.

9) Beratungssuchende, die nur telefonisch mit der Beratungseinrichtung in Kontakt treten, werden nicht als Fall gezählt.

10) Es ist nur die Zahl der Fälle anzugeben, nicht auch die Zahl der Gespräche.

Diese Angaben können Aufschluss über die Nachfrage nach den verschiedenen Beratungsleistungen und deren mögliche Veränderungen geben und wichtige Planungshinweise dafür liefern, ob das örtliche Beratungsangebot angemessen ist. Nicht beabsichtigt ist dabei, die finanzielle Landesförderung der Fachkräfte davon abhängig zu machen, dass sie bestimmte Fallzahlen erreichen. Beratungsangebote sind nach dem SchKG auch unabhängig vom Grad ihrer Inanspruchnahme vorzuhalten. Es soll außerdem dem einzelnen freien Träger überlassen bleiben, Schwerpunkt, Inhalt und zeitliche Intensität seiner Beratungstätigkeit selbst zu bestimmen.

Die Trägerverbände sind gegenüber einer Vereinheitlichung der Begriffsdefinitionen aufgeschlossen, schlagen teilweise eine andere Abgrenzung vor oder plädieren für zusätzliche Fallkategorien wie Telefonkontakte, Kontakte per E-Mail oder Sexualpädagogische Gruppenangebote. Aus der Sicht des RH ist es unproblematisch, die Zahl der Fallkategorien zu vergrößern. Entscheidend ist nach seinen Prüfungserfahrungen, die einzelnen Fallkategorien zu trennen und klar voneinander abzugrenzen. Das SM beabsichtigt, entsprechende jährliche Angaben der Beratungsstellen vorzusehen.

7 Bewertung der Bedarfsdeckung durch das bisherige Angebot an KB-Stellen

7.1 Das Prüfungsergebnis zeigt, dass grundsätzlich von allen Trägern anerkannter KB- Stellen KB, SB und EFL angeboten wird. Auch wenn das EFL-Angebot über die Schwangerenberatung und die Beratung zur Empfängnisverhütung hinausgeht, hat es eine wichtige Funktion. Es nützt die Arbeitszeit, die nicht für KB und SB benötigt wird, und es dient bei den nichtkirchlichen freien Trägern auch dazu, durch entgeltliche Angebote in diesem Bereich die notwendigen Eigenmittel einzuwerben.

7.2 Die KB verläuft hinsichtlich des Zeiteinsatzes der Fachkräfte bis zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Erteilung der Beratungsbescheinigung bei allen Trägern sehr ähnlich. Eine ratsuchende Frau erhält regelmäßig 1 bis 2 Gespräche von je einer Stunde Dauer, die auch hinsichtlich der Vor- und Nachbereitung nicht sehr zeitintensiv sind. Die Fälle mit nur einem Gespräch überwiegen. Diese Bewertung ergibt sich aus den Angaben der Beratungsstellen zu den Gesprächen, soweit sie die Gespräche tatsächlich gezählt haben. Sie wird z.T. auch durch trägerinterne Statistiken bestätigt.

7.3 Die Zahl der Gespräche bei der SB ist regelmäßig größer; sie beträgt, soweit die Beratungsstellen tatsächlich Angaben gemacht haben, im Durchschnitt 1,5 - 2,23 je Fall, die durchschnittliche Bandbreite der einzelnen Beratungsstellen reicht von 1,28 - 3,33. Der durchschnittliche Zeitaufwand je EFL-Fall ist im Verhältnis zu den anderen Fällen am größten; die Bandbreite ist dabei sehr groß. Dies ist auch plausibel, da die einzelnen Fälle sehr unterschiedlich gelagert sind.

7.4 Der Anteil der KB, SB und EFL am Gesamtangebot durch vom Land geförderte Kräfte ist bei den verschiedenen Trägerverbänden unterschiedlich. Katholische Einrichtungen haben verhältnismäßig wenig KB, das Schwergewicht ihrer Arbeit ist die SB, d.h. im wesentlichen die Beratung von schwangeren Frauen ohne Wunsch nach Schwangerschaftsabbruch. Bei Einrichtungen der Diakonischen Werke ist der Anteil der EFL am größten. Dies gilt auch, wenn man die Tätigkeit nichtgeförderter Kräfte ausklammert. Einrichtungen von Pro Familia haben sowohl bei der KB als auch der SB eine hohe Fallzahl.

Dies zeigt auch eine gerundete Hochrechnung des Prüfungsergebnisses in Fallzahlen auf die Gesamtzahl der vom Land geförderten Kräfte, die naturgemäß nur Größenordnungen angeben und im Bereich der KB bei den Diakonischen Werken nur eine ungefähre Angabe sein kann, da offenbar große Unterschiede zwischen dem badischen und dem württembergischen Landesteil bestehen, die wegen des geringen Datenmaterials aus der Prüfung eine genauere Bewertung nicht zulassen.

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Rechnet man zu den KB-Fällen diejenigen der sonstigen freien Träger lt. Verwendungsnachweis und der Kommunen nach deren Angaben (s. Übersicht 3) hinzu, beträgt die Gesamtzahl der KB-Fälle im Land rd. 24 000. Diesen standen im Jahr 1998 lt. Statistik des Statistischen Bundesamtes 14 474 durchgeführte Schwangerschaftsabbrüche in Ba-Wü gegenüber. Dies zeigt, dass sich mehr als ein Drittel der Frauen nach der KB nicht für einen Schwangerschaftsabbruch entschieden haben.

7.5 Einrichtungen von Pro Familia haben, bezogen auf eine vom Land geförderte Fachkraft, im Durchschnitt die höchste Fallzahl. Unter dem Nachfragegesichtspunkt ist hier die Zahl der vom Land geförderten Kräfte zu gering. Dem kann aber nicht einseitig auf der Landesseite abgeholfen werden, da ein Landeszuschuss eine gesicherte Gesamtfinanzierung voraussetzt und diese wegen der fehlenden Eigenmittel der die Einrichtung tragenden Vereine wesentlich von der freiwilligen finanziellen Unterstützung der jeweiligen Kommunen abhängt.

8 Künftige Bedarfsdeckung

8.1 Wenn die bisherigen katholischen Einrichtungen aus der KB ausscheiden werden, ihr Angebot in der SB aber aufrechterhalten, ergibt sich folgende Situation, sofern sich die Nachfrage nach einer SB durch diese Einrichtungen nicht wesentlich verändert:

Die durch die bisherige KB gebundenen Arbeitskraftanteile entsprechen insgesamt rd. 7 Vollkräften, unterstellt, sie würden ausschließlich Beratungsscheine erteilen. Deren Landesförderung könnte entfallen. Die danach rechnerisch verbleibenden 75 Fachkräfte der Caritas und SKF sind - im Falle unveränderter Nachfrage - für die Schwangerenberatung weiterhin erforderlich. Die von anderen Trägern zusätzlich zu übernehmenden KB könnten allenfalls von einzelnen - insoweit geringer ausgelasteten - Beratungsstellen der Diakonischen Werke ohne Personalaufstockung übernommen werden. Zum allergrößten Teil wird zusätzliches Personal benötigt werden. Will man ein Übergewicht der KB bei diesem Personal vermeiden, und orientiert man sich dabei am bisherigen Anteil der KB an der Gesamtberatung bei den anderen freien Trägern mit etwa einem Drittel als Maßstab, so würden dort rd. 21 Personalstellen zusätzlich erforderlich, die einen Landeszuschuss als KB-Fachkräfte erhalten müssten. Mit diesen 21 zusätzlichen Personalstellen ließe sich die Gesamtnachfrage nach KB und SB sicher decken. Die vom SchKG vorgegebene Zahl von 261 Fachkräften würde dabei auch ohne Einbeziehung der bisherigen EFL-Stellen erreicht, wenn man die nichtgeförderten Fachkräfte bei den Gesundheitsämtern mit einbezieht.

8.2 In wieweit sich die Nachfrage nach Beratungen verändert, sobald Einrichtungen der katholischen Amtskirche keine Beratungsbescheinigungen nach § 7 SchKG mehr erteilen, ist gegenwärtig nicht prognostizierbar. Ein Diakonisches Werk weist bereits auf eine wesentlich stärkere Beratungsnachfrage bei einzelnen seiner Einrichtungen hin. Der Landesverband Pro Familia beabsichtigt drei neue Beratungsstellen mit insgesamt 11 Fachkräften zu eröffnen.

8.3 Wegen der nicht sicher vorhersehbaren möglichen Veränderungen der Nachfrage von Beratungsleistungen ist es derzeit besonders wichtig, aussagefähige jährliche Angaben der Beratungsstellen über ihre Beratungstätigkeit zu erhalten.

8.4 Dadurch, dass auch KB-Stellen in unterschiedlichem Umfang EFL durchführen, ist die vom Land geförderte Personalkapazität für diesen Bereich seit 1981 wesentlich vergrößert worden. Es wird zu entscheiden sein, in welchem Umfang künftig neben der Förderung von KB- und SB-Stellen auch eine weitere Förderung der 54 ausschließlichen EFL-Stellen mit bisher 93 geförderten Vollkräften erfolgen soll. Dies ist eine Entscheidung, die nur politisch getroffen werden kann.

9 Stellungnahme des Ministeriums

Das SM sieht durch das Prüfungsergebnis das bisherige Förderangebot des Landes bestätigt, an dem es festhalten will. Es hält den derzeitigen Umfang der Landesförderung von Beratungskräften in KB und allgemeinen EFL-Stellen für angemessen, da das SchKG nur Mindestanforderungen stelle. Für die Zukunft geht es davon aus, dass sich durch den Wegfall der Förderung von 81 katholischen Fachkräften in anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen mit dem erhöhten Förderbetrag von 50 000 DM und durch die Weiterförderung dieser Fachkraftstellen mit 23 500 DM ein Einsparpotenzial von rd. 2,15 Mio. DM pro Jahr ergibt:

81 Fachkräfte x 50 000 DM = 4 050 000 DM
81 Fachkräfte x 23 500 DM = 1 903 500 DM
Differenz                               2 146 500 DM

Dieses Einsparpotenzial sei in erster Linie dafür zu verwenden, dass ein plurales Trägerangebot dort erhalten wird, wo durch den „Ausstieg“ der katholischen Beratungsstellen Fachkräfte fehlen, die nach einer Schwangerschaftskonfliktberatung einen Beratungsschein nach staatlichem Recht ausgeben (in der Beratungsstellenlandschaft entstehende „Weiße Flecken“).

Ob und wie Mittel für neu anzuerkennende Konfliktberatungsstellen oder zusätzliche Fachkräfte anderer Träger zu verwenden sein werden, hänge davon ab, ob diese

  • die notwendigen Eigenmittel erbringen und das nötige Fachpersonal stellen können sowie

 

  • bei Rückgang der Akzeptanz katholischer Einrichtungen eine erhöhte Inanspruchnahme durch Ratsuchende zu verzeichnen haben.

Sollte es einem katholisch ausgerichteten Träger, der zukünftig eine Schwangerschaftskonfliktberatung mit Erteilung eines Beratungsscheins anbieten will - wie von Donum Vitae e.V. angekündigt - möglich sein, die notwendigen Komplementärmittel aufzubringen, sei es angebracht, unter dem Gesichtspunkt der Trägerpluralität auch solche Beratungsstellen zu fördern.

10 Schlussbemerkung

Der RH hat geprüft, wie sich gegenwärtig Angebot und Nachfrage bei

  • der Beratung von Schwangeren,
  • der Beratung im Falle des Schwangerschaftkonflikts,
  • der Beratung zur Verhütung von Schwangerschaften,
  • der Familienplanung sowie
  • der allgemeinen Beratung in Ehe-, Familien- und Lebensfragen

darstellen. Infolge der Entscheidung der katholischen Kirche zur künftigen Ablehnung von Beratungsbescheinigungen hat diese Prüfung eine nicht vorhersehbare Aktualität erhalten. Die Entscheidung der katholischen Kirche hat gegenwärtig nicht prognostizierbare Veränderungen zur Folge, bei welchem Träger künftig Beratungsleistungen nachgefragt werden. Der RH stellt mit diesem Beitrag die bisherige Nachfragesituation und mögliche künftige Entwicklungen dar und will dem Land damit aussagefähige Anhaltszahlen für künftige Entscheidungen liefern.


Anhänge

Einzelplan 10: Umweltministerium

Das Ministerium für Umwelt und Verkehr bestellte freihändig 20 Schienenfahrzeuge zu einem Gesamtpreis von über 53 Mio. DM, ohne dass konkrete Nutzer sowie klar definierte Einsatzgebiete feststanden. Die spätere Verwendung dieser Fahrzeuge bereitete erhebliche Schwierigkeiten. Die Ziele des Ministeriums, wirtschaftlich zu handeln und kleinere Verkehrsunternehmen zu stärken, wurden nicht erreicht.


1 Vorbemerkung

Im Jahre 1997 gab das UVM die Beschaffung von 20 Schienenfahrzeugen vom Typ RegioShuttle (RS 1) in Auftrag. Das Land trat hier zum ersten Mal - wenn auch nur mittelbar - als Käufer von Schienenfahrzeugen auf; Betreiber und Einsatzgebiet waren zum Zeitpunkt der Auftragserteilung nicht bekannt. Der Wert der Bestellung betrug über 53 Mio. DM. Die Landeszuwendungen beliefen sich auf über 26 Mio. DM. Zusätzlich wurden über 9 Mio. DM für die kommunale Seite vorfinanziert.

Der RH untersuchte, ob Grundlage für die Fahrzeugzuwendungen eine markt- und streckenbedarfsgerechte sowie wirtschaftliche Beschaffung war und ob dieses Verfahren den geltenden Vergaberichtlinien entsprach. Weiterhin wurde untersucht, ob das Ziel des UVM erreicht wurde, durch eine solche zentrale „Vorbeschaffung“ die Wettbewerbsfähigkeit von nichtbundeseigenen Eisenbahnen (NE) zu stärken.

2 Ausgangspunkt

UVM und Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg mbH (NVBW) stellten seit 1997 Überlegungen an, die Position kleiner Schienenverkehrsunternehmen gegenüber der Deutschen Bahn AG (DB) im Sinne des Wettbewerbsgedankens im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) zu verbessern. Um die NE zu echten Konkurrenten der DB aufzubauen, sollten sie sich auf die im Land vorhandenen Dieselstrecken konzentrieren. Auf diesen Strecken werden jährlich rd. 15 Mio. Zugkm an Schienenverkehrsleistungen erbracht. Vor diesem Hintergrund entstand beim UVM die Idee einer zentralen Beschaffung von Dieselleichttriebwagen, welche die Kooperation der NE bei Fahrzeugeinsatz und Wartung unterstützen sollte. Dadurch sollten die NE bei der Fahrzeugbeschaffung mit der DB vergleichbare Bestell- und Finanzierungskonditionen erhalten.

3 Realisierung der zentralen Fahrzeugbeschaffung

Im November 1997 entschied sich das UVM ohne Ausschreibung für die zentrale Beschaffung von 20 Schienenfahrzeugen des Typs RegioShuttle (RS 1). Am 10.12.1997 lag das Angebot des Fahrzeugherstellers für den Kauf von 20 RS 1 zum Preis von über 53 Mio. DM vor; hierauf wurde ein Nachlass von knapp 500 000 DM eingeräumt. Dem Angebot stimmte das UVM bereits wenige Tage später zu. Zu diesem Zeitpunkt waren jedoch weder ein potenzielles Verkehrsunternehmen noch ein klar definiertes Einsatzgebiet für die Schienenfahrzeuge bekannt.

Das UVM beauftragte eine Fahrzeugbereitstellungs-Gesellschaft, die Schienenfahrzeuge beim Hersteller in Auftrag zu geben. Diese Gesellschaft war 1996 von einer landesbeteiligten NE und dem Hersteller des RS 1 gegründet worden. Das UVM finanzierte zunächst die Fahrzeuge vor; bis Dezember 1998 wurden rd. 32 Mio. DM an Abschlagszahlungen geleistet.

Ende Juni 1998 teilte der Hersteller über die Fahrzeugbereitstellungs-Gesellschaft dem UVM mit, dass der „Customer Design Freeze“ erreicht sei. Das bedeutet, dass Änderungen von nun an vom Hersteller zu bezahlen seien. Sie könnten zu Verzögerungen in der Auslieferung führen. Im November 1998 wurde angekündigt, dass die Fahrzeuge nicht fristgerecht und außerdem ungespritzt in „grau“ ausgeliefert würden, da die notwendigen Festlegungen nicht erfolgt seien. Bis dahin hatte sich das UVM bemüht, für die RS 1 mit entsprechenden Sonderausstattungen, zu denen z.B. eine Fahrerstands- und Fahrgastraumkühlanlage zählt, im Land Abnehmer zu finden. Eine Entscheidung konnte jedoch über ein Jahr lang nicht herbeigeführt werden.

Kurz nach der erwähnten Ankündigung vergab das UVM in einem Anfrageverfahren Verkehrsleistungen für einen Nahverkehrsraum, sodass erst dadurch Abnehmer und Einsatzgebiet der bestellten Schienenfahrzeuge feststanden. Anschließend beauftragte es die Fahrzeugbereitstellungs-Gesellschaft, die Fahrzeuge an den Betreiber - eine Tochter der DB - zu verkaufen. Der neue Eigentümer der 20 Schienenfahrzeuge ließ Änderungen und Ergänzungen an der Ausstattung durchführen, was inzwischen zu Mehrkosten von über 1,7 Mio. DM führte, also rd. 86 000 DM/Fahrzeug, die zunächst vom Verkehrsunternehmen aufgebracht werden mussten.

4 Verfahren bei der Realisierung der Fahrzeugbeschaffung

Zur Förderung von Schienenfahrzeugen durch das Land können sowohl Mittel nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) als auch - nach einem Ministerratsbeschluss von 1996 - freie Regionalisierungsmittel zur Aufstockung der GVFG-Zuwendungen herangezogen werden.

4.1 Beachtung der Zuwendungsrichtlinie

Die Gewährung von GVFG-Zuwendungen für Schienenfahrzeuge richtet sich nach der Verwaltungsvorschrift des Verkehrsministeriums (VwV) vom 21.10.1993. Danach können nur Betreiber von Eisenbahnen Zuwendungen erhalten. Voraussetzung für die Förderung von bis zu 50 % der zuwendungsfähigen Kosten sind sowohl die Aufnahme in das jährlich vom UVM zur Fahrzeugförderung aufzustellende Programm als auch der entsprechende Antrag eines Verkehrsunternehmens. Eine solche Aufnahme zur Förderung der Ende 1997 bestellten 20 Schienenfahrzeuge erfolgte jedoch erst im Programm für die Jahre 1998 bis 2002. Dieses Vorgehen wirft folgende Probleme auf:

  • Da eine Fahrzeugbereitstellungs-Gesellschaft keine Verkehrsleistungen im SPNV erbringt, sind Zuwendungen an sie nicht zulässig; sie widersprechen auch der bisherigen Förderpraxis des Landes. Der RH hält Zuwendungen an Dritte für die Weiterveräußerung von Fahrzeugen an Eisenbahnbetreiber auch für bedenklich, weil eine Weitergabeverpflichtung und deren Überprüfung nicht geregelt sind. Er hat bereits in der Denkschrift 1996 Nr. 26 auf diese Schwierigkeiten hingewiesen.

 

  • Freie Regionalisierungsmittel können kurz- und mittelfristig für investive Zwecke im SPNV eingesetzt werden. GVFG-Bundes- und komplementäre Landesmittel können so jährlich bis auf 200 Mio. DM „aufgestockt“ werden. Hieraus folgt, dass die mit Regionalisierungsmitteln finanzierten 20 RS 1 der Zuwendungsrichtlinie nach GVFG unterlagen. Diese wurde jedoch nicht beachtet, da die Bewilligung u.a. zwingend den Antrag eines Verkehrsunternehmens voraussetzt. Ein solches Unternehmen war bei Aufnahme der Fahrzeugbereitstellungs-Gesellschaft in das Förderprogramm aber nachweislich nicht bekannt.

4.2 Ausschreibung der Fahrzeugbeschaffung

Das UVM beauftragte die Fahrzeugbereitstellungs-Gesellschaft, beim Fahrzeughersteller 20 RS 1 zu bestellen. Der Bestellung lag lediglich ein Angebot des Fahrzeugherstellers zu Grunde; eine Ausschreibung war diesem Auftrag also nicht vorgeschaltet. Die Produktion von Schienenfahrzeugen beschränkt sich zwar weltweit auf wenige Hersteller. Ungeachtet einer gewissen Konzentration herrschen aber auch in diesem Geschäftsbereich die Gesetze des Marktes. Es wäre u.U. also möglich gewesen, für ein spezifisches Einsatzfeld geeignete Schienenfahrzeuge preisgünstiger einzukaufen. Für eine Ausschreibung durch das UVM fehlten aber genau diese spezifischen Festlegungen. Auch die Begründung, dass 1997 ohnehin kein anderer fahrtauglicher Dieselleichttriebwagen auf dem Markt gewesen sei, ist nicht nachvollziehbar. Für das UVM bestand nämlich keine zwingende Notwendigkeit, zu eben dieser Zeit 20 Schienenfahrzeuge ohne konkreten Abnehmer und Einsatzgebiet zu beschaffen.

5 Problematik des Einsatzes der Fahrzeuge

Dem UVM musste bewusst sein, dass bis zu der vom Hersteller angekündigten Auslieferung der 20 RS 1 im Herbst 1998 bei keiner zur Vergabe anstehenden SPNV-Leistung eine Entscheidung über den Betreiber gefällt werden konnte. So wurde auch das schon länger laufende Preisanfrageverfahren für den SPNV eines Nahverkehrsraums erst spät als potenzielles Einsatzfeld für alle 20 RS 1 erkannt. Über rd. 15 Monate (vom Juli 1997 bis zum Oktober 1998) wurden drei Preisanfrageverfahren zur Vergabe dieses regionalen SPNV durchgeführt. Erst im August 1998 wurde ein „modifiziertes Preisanfrageverfahren“ aufgebaut, das den Einsatz aller 20 RS 1 aus dem Fahrzeugpool für einen Zwischeneinsatz von rd. 3 Jahren in diesem Nahverkehrsraum fest definierte.

Über die zunächst gekauften 20 Fahrzeuge hinaus, sieht der Verkehrsvertrag den Einsatz von insgesamt 30 RS 1 vor. Lediglich 7 Fahrzeuge sollen dort dauerhaft im Einsatz verbleiben. Für die weiteren Fahrzeuge soll dann nach etwa 3 Jahren der Wechsel auf größere Fahrzeuge erfolgen, wodurch für diesen Nahverkehrsraum weitere Neubeschaffungen von Schienenfahrzeugen notwendig werden. Nach dem Kosten- und Sachstand vom Oktober 1998 verursacht ein solcher „Wechsel“ weitere Investition in Höhe von rd. 70 Mio. DM und hat erneut Landeszuwendungen von über 40 Mio. DM zur Folge. Für die anschließend nicht mehr benötigten 23 Fahrzeuge muss dann ein anderes Einsatzgebiet in Baden-Württemberg gefunden werden.

6 Empfehlungen des Rechnungshofs

Bei der Auftragserteilung an die Fahrzeugbereitstellungs-Gesellschaft für die 20 RS 1 wandte das UVM Elemente der Praxis der Fahrzeugförderung an. Gravierend ist in diesem Zusammenhang die Nichtbeachtung der eigenen Förderrichtlinie und der Umstand, dass der Kauf der 20 RS 1 ohne Ausschreibung erfolgte. Außerdem bereitete es dem UVM und der NVBW erhebliche Mühe, Einsatzfelder für die 20 Fahrzeuge zu finden.

Der RH empfiehlt daher, dass der einzusetzende Fahrzeugtyp aus dem entwickelten Verkehrskonzept und den daraus abzuleitenden Anforderungen an die einzusetzenden Fahrzeuge (z.B. Beschleunigungswerte und Fahrgastaufkommen) ermittelt wird. Im Rahmen einer darauf aufbauenden Ausschreibung ist dann das kostengünstigste Fahrzeug zu wählen. Im Übrigen muss sich die Förderung der Fahrzeuge an der geltenden Richtlinie orientieren. Eine evtl. Aufstockung der investiven Zuwendungen durch Regionalisierungsmittel kann den Verstoß gegen die Verwaltungsvorschrift nicht rechtfertigen. Vor einer Bestellung sind zwingend Betreiber und Einsatzgebiet der Fahrzeuge zu benennen.

7 Stellungnahme des Ministeriums

Das UVM bestätigt, dass im Rahmen der Aufgabenträgerschaft für den SPNV auch Überlegungen angestellt worden seien, wie die Wirtschaftlichkeit der Verkehre und Innovationen gefördert werden könnten. Die Bereitstellung von Fahrzeugen durch das Land sei jedoch nicht weiter verfolgt worden, weil eine Fahrzeugbereitstellungs-Gesellschaft bereits wichtige Unterstützungsleistungen für NE anbiete; daher sei weder ein Landesfahrzeugpool eingerichtet worden noch sei das Land als Käufer der Schienenfahrzeuge aufgetreten. Vielmehr sei für das Vorgehen von UVM und NVBW die besondere Gelegenheit ausschlaggebend gewesen, relativ kurzfristig und kostengünstig eine Fahrzeugserie erwerben zu können, um damit für die in Baden-Württemberg konkret geplanten neuen Konzeptionen im SPNV Fahrzeuge eines in der Praxis bereits hinreichend erprobten Typs ohne die sonst üblichen Lieferzeiten von rd. 2 Jahren erwerben zu können. Die kurzfristigen Bereitstellungen sollten kleinere Betreiber in die Lage versetzen, Wettbewerbsnachteile zu kompensieren, dadurch einen echten Wettbewerb zu schaffen sowie im Übrigen zeitnah die geforderten Verkehrsleistungen erbringen zu können.

Außerdem sei bereits im Januar 1998 erkennbar gewesen, dass mindestens 7 der 20 Fahrzeuge in einem bestimmten Nahverkehrsraum zum Einsatz kommen sollten, wenngleich der konkrete Betreiber noch nicht feststand. Zur Verplanung der weiteren 13 Fahrzeuge habe noch keine Veranlassung bestanden, weil der Hersteller die Lieferung aller RS 1 erst für Mai 1999 angekündigt habe. Aus der Sicht des UVM müsse außerdem berücksichtigt werden, dass bei einer Bestellung nach Abschluss eines Preisanfrageverfahrens ein höherer Preis hätte bezahlt werden müssen.

Das UVM sieht in der Förderung der 20 RS 1 einen atypischen Fall, dessen fördertechnische Abwicklung nicht von der VwV-Fahrzeuge erfasst werde. Regelungsgehalt und Zweck der Förderrichtlinie schlössen eine Förderung in besonders gelagerten Einzelfällen jedoch nicht aus.

Da zum Zeitpunkt der Bestellung für den vom Land verfolgten Zweck keine Alternativen auf dem Fahrzeugmarkt verfügbar gewesen seien und der RS 1 als einziges Fahrzeug die Gewähr geboten habe, das in Rede stehende Verkehrskonzept dieses Raumes ohne erhebliche „Kinderkrankheiten“ zeitgerecht zu verwirklichen, habe nach Ansicht des UVM auf eine Ausschreibung verzichtet werden können.

8 Schlussbemerkung

Die Argumente des UVM für die gewählte Vorgehensweise überzeugen nicht, da seine Absicht, die NE im Wettbewerb zu stärken, nicht umgesetzt wurde. Durch die Veräußerung der 20 Fahrzeuge an eine Tochter der DB wurden diese Überlegungen konterkariert.

Das RH hält auch an seiner Auffassung fest, dass das UVM wie ein Käufer oder Eigentümer handelte. So bestand zwischen UVM und Fahrzeugbereitstellungs-Gesellschaft eine vollständige Weisungsabhängigkeit, weil sich das Ministerium das Recht vorbehielt, über die Fahrzeuge ohne Einschränkung verfügen zu können. Auch sollten die Verträge zwischen der Fahrzeugbereitstellungs-Gesellschaft und den künftigen, vom Ministerium bestimmten Betreibern im Einvernehmen mit dem Ressort konzipiert und abgeschlossen werden.

Das weitere Ziel des UVM, auf diese Art und Weise schneller Verbesserungen im SPNV zu realisieren, wurde nur bedingt erreicht. Seit 1999 sind die ersten 7 Einheiten im Einsatz. Die Auslieferung der weiteren 13 Fahrzeuge verzögerte sich; die letzten Fahrzeuge wurden erst Ende Februar 2000 ausgeliefert. Diese kommen nach einer Probephase erstmals zum Sommerfahrplan 2000 regulär zum Einsatz. Somit liegen zwischen der Auftragserteilung durch das Land und dem regulären Einsatz der 13 weiteren Fahrzeuge aus der Landesbestellung 2½ Jahre. Einen „außerordentlichen Termindruck“ vermag der RH nicht zu erkennen.

Nahezu zeitgleich mit diesen Fahrzeugen werden im Laufes des Frühjahres 2000 die vom Verkehrsunternehmen nachbestellten 10 RS 1 ausgeliefert, die für die Umsetzung der zweiten Stufe des Verkehrskonzeptes benötigt werden.

Im Übrigen wurde der gewährte Herstellerrabatt durch die Kosten der Vorfinanzierung durch das Land mehr als aufgezehrt. Auch aus diesem Grunde kann man hier nicht, wie das UVM, von einem „Schnäppchen“ sprechen.

Die vom UVM geltend gemachte Einzelfallregelung, die von der VwV-Fahrzeuge abweicht und eine durch die LHO zwingend vorgegebene Ausschreibung außer acht lässt, hält der RH ebenfalls für nicht gerechtfertigt, zumal früheren Beschaffungen Ausschreibungen vorausgingen.

Der Einsatz der zentral beschafften Fahrzeuge auf anderen Schienenstrecken wurde nicht realisiert. Dies war auch kaum möglich, weil entsprechende Verkehrskonzepte im umsetzungsreifen Stadium nicht vorlagen. Bei der Fahrzeugförderung im SPNV sollte entsprechend der Richtlinie die Initiative von den Betreibern der Verkehre ausgehen. Dadurch wäre gewährleistet, dass der Zeitpunkt der Umsetzung von Verkehrskonzepten hinreichend bestimmt ist und Klarheit über die Anforderungen an die Fahrzeuge und die benötigte Anzahl besteht. Nur bei einer solchen Vorgehensweise ist sichergestellt, dass sowohl die GVFG-Mittel als auch die Regionalisierungsmittel so effektiv wie möglich eingesetzt werden.


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Das Land will einen Betriebshof fördern, der unter verkehrlichen Gesichtspunkten nicht erforderlich ist. Bei einer Zusammenschau der infrastrukturellen und verkehrlichen Gegebenheiten hätte das Problem auffallen müssen. 3,7 Mio. DM könnten an anderer Stelle zur Verbesserung des Öffentlichen Personennahverkehrs eingesetzt werden. Die Förderpraxis ist - wie das Beispiel belegt - grundlegend zu überdenken.


1 Vorbemerkung

Die Entscheidung für den Bau eines Betriebshofs des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) an einem bestimmten Standort beansprucht hohe Investitionen, hat langfristig bindende Wirkung und verursacht z.T. erhebliche Folge- und Betriebskosten. Ferner schafft ein langfristig durch Standort und Betreiber festgelegter Betriebshof präjudizierende Fakten für die Vergabe von Schienenverkehrsleistungen. Vor diesem Hintergrund befasst sich der RH derzeit generell mit Zuwendungen für Betriebshöfe.

Eine nichtbundeseigene Eisenbahn (NE) stellte im Januar 1997 beim UVM einen Antrag auf Zuwendungen nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) zum „Neubau von zwei Triebfahrzeugwartungs- und Abstellanlagen für den SPNV“. Der Antrag wurde damit begründet, dass die NE ab Mai 1998 vier Kursbuchstrecken von der Deutschen Bahn AG (DB) übernehmen werde. Hierfür sollten 20 moderne Dieselleichttriebwagen des Typs Regio-Shuttle (RS 1) eingesetzt werden. Diese Zahl wurde vom UVM Anfang 1997 auf 18 RS 1 reduziert. Der Fahrzeugeinsatz erfordert lt. Antrag „besonders angepasste Anlagen zur Versorgung mit Betriebsstoffen, zur Inspektion und Wartung, zur Reinigung, zur Reparatur sowie zum Abstellen der Fahrzeuge an den Einsatzorten“.

Auf der Grundlage des Antrags bewilligte das UVM dem Grunde nach mit Bescheid vom 04.05.1998 Zuwendungen für den Bau zweier Betriebshöfe. Im gleichen Monat schloss die NE einen Verkehrsvertrag über die Erbringung von Verkehrsleistungen auf den von der DB übernommenen Strecken; diese Verkehrsleistungen werden jedoch nicht von der NE, sondern einer Tochterfirma erbracht.

Ein Betriebshof wurde 1997/1998 in A gebaut (s. Schaubild 1). Die zweite Anlage in B wurde infolge von Bürgereinwendungen wegen befürchteter Lärmemissionen nicht realisiert. Nach über einjährigem SPNV-Betrieb mit Betriebshof legte die NE am 04.08.1999 einen Änderungsantrag vor, in dem die Förderung für den Bau der zweiten Wartungsanlage am neuen Standort C beantragt wurde.

2 Gesamtsystem aus Verkehrsleistungen und zugehöriger Infrastruktur

Betriebshöfe und Wartungsanlagen sind wichtige Bestandteile des Gesamtsystems eines Schienenverkehrs. Die notwendigen Kapazitäten derartiger Einrichtungen richten sich vor allem nach der Zahl der betriebenen Schienenfahrzeuge, den Wartungs- und Reparaturintervallen sowie der in Qualitätsstandards definierten zeitliche Abfolge von Außen- und Innenreinigung der Fahrzeuge. Diese Standards sind üblicherweise in den Verkehrsverträgen festgelegt. Der optimale Standort eines Betriebshofs ergibt sich aus der geografischen Lage der zu bedienenden Liniennetze und der Bedienungskonzepte.

Nach Auffassung des RH wurden im untersuchten Zuwendungsverfahren aus dem zu Grunde liegenden Verkehrsvertrag nicht die richtigen Folgerungen zur Beurteilung von Notwendigkeit und Dimensionierung der Wartungsanlagen, aber auch nicht zur Standortwahl gezogen. Die unzureichende Zusammenschau von Infrastruktur und Verkehrsleistung führte zu Fehleinschätzungen mit dauerhaft nachwirkenden Folgen.

2.1 Wirtschaftliche Auswirkungen der Standortwahl

Mittelpunkt aller lt. Verkehrsvertrag vom Mai 1998 zu bedienenden Strecken ist die Große Kreisstadt D. Der Vertrag gibt vor, dass mit den 18 RS 1 die vier Strecken entsprechend Schaubild 1 und Übersicht 1 zu bedienen sind.

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Die Stammstrecken von II nach A und von C nach B sind nicht Gegenstand des Verkehrsvertrags zwischen Land und NE. Für sie werden keine Regionalisierungsmittel eingesetzt, da sie eigenwirtschaftlich zu betreiben sind. Die Stammstrecken können zwar als Teil des Regionalverkehrs betrachtet werden; ein Zusammenhang zwischen diesen Strecken und dem Zuwendungsantrag für die Betriebshöfe, der sich nur auf die vier Strecken des Verkehrsvertrages bezieht, besteht aber nicht.

Dennoch wurden als Standorte der Betriebshöfe die Endpunkte der Stammstrecken, nämlich A und B, gewählt. Selbst wenn die für die Standortwahl vorgebrachte Begründung geteilt würde, dass damit ein Einsatz der Fahrzeuge entsprechend der Lastrichtung am Morgen bzw. Abend ermöglicht werde, hätte die Entscheidung - wenn überhaupt - für einen Endpunkt der vier im Verkehrsvertrag enthaltenen Kursbuchstrecken fallen müssen, nicht aber für Endpunkte auf den Stammstrecken.

2.1.1 Folge- und Betriebskosten der Standortwahl

Der in A gebaute Betriebshof übernimmt derzeit größere Wartungsarbeiten sowie die wöchentlich durchzuführende Außenreinigung der gesamten Flotte. Dafür müssen alle 18 RS 1 diesen Betriebshof einmal in der Woche anfahren. Auswertungen des Fahrzeugumlaufplans mit Stand vom 27.09.1999 ergeben, dass dies möglich ist, da sich über Fahrzeugaustausch jeder RS 1 zumindest an jedem dritten Tag dort befindet; die nach Qualitätsstandards erforderlichen Wartungs- und Reinigungsintervalle sind also gewährleistet. Der Austausch kann jedoch allein über die zwei wochentäglichen Fahrten auf der „Verbindungs“-Strecke 2 (vgl. Übersicht 1) nicht realisiert werden. Hierzu sind weitere, im Fahrplan nicht ausgewiesene Fahrten erforderlich - der übrige SPNV der Strecke 2 wird von der DB ausgeführt. Diese Leerfahrten binden die Fahrzeuge über lange, unproduktive Zeiten und verursachen zusätzliche Betriebskosten sowie Trassenbenutzungsgebühren, die von der NE pauschal an die DB entrichtet werden.

Nach dem Umlaufplan werden infolge der Nutzung des Betriebshofs in A für Leerfahrten Laufleistungen von zusammen nahezu 112 000 km/Jahr erforderlich. Die durchschnittliche Laufleistung eines der 18 RS 1 liegt derzeit bei rd. 105 000 km/Jahr. Rechnerisch entfällt also die jährliche Fahrleistung eines Fahrzeugs allein auf die durch die Standortwahl verursachten Leerfahrten. Daraus errechnen sich zusätzliche Kosten von rd. 0,5 Mio. DM/Jahr; in diesen Kosten sind jährliche Laufleistungskosten, die Kosten für den Einsatz eines RS 1 und für Personal sowie die anteiligen Trassenbenutzungsgebühren enthalten.

Für die fünfjährige Laufzeit des geltenden Verkehrsvertrages, ergeben sich hierdurch Mehrkosten von rd. 2,5 Mio. DM. Hochgerechnet auf die Lebensdauer eines Betriebshofs können leicht zweistellige Millionenbeträge erreicht werden. Mehrkosten in dieser Höhe wären bei geeigneter Standortwahl vermeidbar gewesen.

2.1.2 Finanzierung der Leerfahrten

Für die Tochter der NE fällt neben den durch Leerfahrten verursachten Betriebskosten eine an die NE jährlich zu entrichtende Trassenbenutzungsgebühr für Zuführungs- und Rückführungsfahrten zum Betriebshof auf der Stammstrecke an.

Das Land gewährt der NE Zuschüsse nur für die Bedienung der vier Kursbuchstrecken; nach dem Verkehrsvertrag wird die Höhe der Zuschüsse nach den auf diesen Strecken fahrplanmäßig gefahrenen Zugkilometern bemessen. Das heißt, dass keine Zuwendungen für die auf den Stammstrecken gefahrenen Leerfahrten gezahlt werden. Dennoch stellt sich die Frage, ob die umfangreichen Zuwendungen nach dem Verkehrsvertrag diese Kosten nicht doch indirekt auffangen, was bedeuten würde, dass die Stammstrecken durch das Land gestützt werden.

2.1.3 Einsatzorte der Fahrzeuge

Das UVM begründete die Standortwahl der Betriebshöfe damit, dass „sich unnötige Leerfahrten vermeiden bzw. verringern lassen, da morgens der Betrieb gleich in Lastrichtung aufgenommen werden kann bzw. abends umgekehrt“. Dem widersprechen die oben dargestellten, wegen des Standorts A nötigen Leerfahrten. Allein sechs der sieben am Standort A stationierten RS 1 werden frühmorgens erst in einer Leerfahrt von A nach D verbracht. Von dort werden sie entgegen Lastrichtung auf der Strecke 3 eingesetzt. Die Zahl der Fahrgäste dieser Fahrten auf der Strecke 3 liegt bei einem Sitz- und Stehplatzangebot von 228/300 bzw. 152/200 bei durchschnittlich 7 bzw. 5 Personen (Zählung 11/1999). Den Fahrten kommt demnach der Charakter „geöffneter“ Leerfahrten zu.

Der RH ist der Meinung, dass diese Fahrzeuge sinnvollerweise ab dem Endpunkt der Strecke 3 (III) und dann tatsächlich mit der Lastrichtung am Morgen und Abend eingesetzt werden sollten. Dies wäre kostenneutral zu gestalten, da Standgebühren für die Fahrzeuge in jedem Fall an die DB zu entrichten sind und die notwendigen technischen Einrichtungen nahezu überall vorhanden sind. Allerdings wären die Fahrten kundenfreundlicher und würden ggf. zu höheren Fahrgeldeinnahmen führen.

Die Fahrzeugeinsatz-Philosophie des UVM wird demnach nur z.T. angewandt. Aus diesem Grunde ist die Frage berechtigt, warum periphere, an Stammstrecken gelegene Standorte für Betriebshöfe gewählt wurden, obgleich nicht alle Fahrzeuge von dort entsprechend der Lastrichtung eingesetzt werden. Eine Folgerung ist, dass zumindest die Stammstrecke von II nach A in ihrer derzeitigen Form über Jahre hinaus befahren werden muss und damit aus Sicht des Betreibers aufrecht erhalten werden kann.

Der RH hält angesichts des finanziellen und logistischen Aufwandes, der für die Wartung der Schienenfahrzeuge erforderlich ist, den Standort A für wenig geeignet.

2.2 Bau einer zweiten Wartungsanlage

Auch der Standort C für die zweite Wartungsanlage ist nach Ansicht des RH ungünstig, weil durch weitere vermeidbare Leerfahrten zusätzliche Kosten entstünden. Nach Inbetriebnahme der Wartungsanlage in C ergäbe sich eine weitere Zunahme der Leerkilometer um knapp 15 000 km/Jahr und der resultierenden Folgekosten um rd. 25 000 DM/Jahr.

Im Grundsatz kann der RH die Notwendigkeit einer zweiten Wartungsanlage ohnedies nicht erkennen, da der Standort in A für Wartungs-/Reparaturarbeiten kapazitätsmäßig ausreicht. Dafür spricht, dass der Änderungsantrag für die zweite Wartungsanlage vom August 1999 zu einem Zeitpunkt kam, da der SPNV bereits über ein Jahr von der NE ausgeführt wurde. Alle vorhandenen 18 Fahrzeuge konnten in A gewaschen, repariert und weitgehend gewartet werden, ohne dass es zu nachhaltigen Beeinträchtigungen gekommen wäre. Die Änderungen, die mit dem Bau der zweiten Wartungsanlage beabsichtigt sind, beziehen sich auf die Übernahme kleiner Wartungen am Standort C. Die im ersten Antrag enthaltene Waschanlage entfällt; alle Fahrzeuge sollen nach wie vor turnusmäßig zur Waschanlage in A gebracht werden.

Außerdem ergeben Berechnungen des RH, dass für die Erfüllung der vertraglich festgelegten Verkehrsleistungen keine 18 Fahrzeuge erforderlich sind, sondern eine Fahrzeugflotte von 14 Schienenfahrzeugen genügt. Als Konsequenz ergibt sich, dass dann die schon gebaute Wartungsanlage in A bei weitem ausreicht.

2.2.1 Fahrzeugflotte

Für den Schienenverkehr auf den vier Strecken stehen gemäß Verkehrsvertrag 18 RS 1 zur Verfügung. Ursprünglich sollten sechs Fahrzeuge ab A eingesetzt werden, zwölf ab B; im Zuge der Bürgereinwendungen in B beantragte die NE am 05.05.1998 die exakte Umkehrung der Verteilung auf die Standorte. Zur Anzahl der tatsächlich auf den Vertragsstrecken eingesetzten Fahrzeuge schwanken die Angaben von UVM und Eisenbahnunternehmen zwischen 12 und 15 Fahrzeugen, die Zahl 18 wird an keiner Stelle genannt. So enthält auch der dem RH von der NE zur Verfügung gestellte Fahrzeugumlaufplan für die Vertragsstrecken von vorneherein nur 15 Fahrzeuge.

Die im Schaubild 2 dargestellte Auswertung des wochentäglichen Umlaufplans für die Vertragsstrecken bestätigt die Überdimensionierung der Fahrzeugflotte.

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Danach zeigt sich, dass

  • drei Fahrzeuge zwischen 5:00 und ca. 8:00 Uhr drei Fahrten durchführen; danach werden sie nicht mehr eingesetzt (Fahrzeuge 4, 5 und 11);

 

  • zwei Fahrzeuge erst ab etwa 12:00 Uhr, also nach der morgendlichen Hauptverkehrszeit, zum ersten Mal auf den Vertragsstrecken eingesetzt werden (Fahrzeuge 13 und 14);

 

  • entsprechend eines Vergleichs zwischen Fahr- und Stillstandzeiten die Mehrzahl der im Umlaufplan aufgeführten 15 Fahrzeuge mehr steht als fährt; Wendezeiten wurden hierbei berücksichtigt. Gemessen an der durch den Integralen Taktfahrplan vorgegebene Bedienungszeit von 15 Stunden (6:00 bis 21:00 Uhr) sind diese Fahrzeuge nur rd. 3 Stunden oder 20 % der Bedienungszeit im Einsatz.

Nach Berechnungen des RH ergibt sich für die vier Vertragsstrecken ein Bedarf von zehn Fahrzeugen. Hinzu kommt auf Grund des Umstandes, dass ein vergleichbar kleines Bedienungsnetz vorliegt, eine Reservehaltung von 20 % oder zwei Fahrzeugen. Damit ist eine Fahrzeugflotte von zwölf Einheiten notwendig. Die Fahrzeuge verteilen sich wie folgt:

  • Strecke 1 im ½-Stunden-Takt: 2 Fahrzeuge,
  • Strecke 2 (2 Fahrten): 2 Reservefahrzeuge,
  • Strecke 3 im 1-Stunden-Takt: 4 Fahrzeuge,
  • Strecke 4 im ½-Stunden-Takt: 4 Fahrzeuge.

Unter der Prämisse, dass die Stammstrecken als Teil des regionalen SPNV-Angebots zusätzlich jeweils ein Fahrzeug benötigen, ergibt sich eine maximale Fahrzeugzahl von 14. Das bedeutet, dass für die Bedienung der vertraglich vereinbarten Verkehre sechs Fahrzeuge und unter Einbeziehung der Stammstrecken vier Fahrzeuge entbehrlich sind.

Der Einschätzung des UVM, dass die Wartung wegen geringer Betriebsreserven außerhalb der Fahrzeugeinsatzzeiten erfolgen muss, kann in diesem Zusammenhang nicht gefolgt werden. Auf Grund der selbst nach Reduzierung auf 14 Fahrzeuge noch vorhandenen Stillstandzeiten könnte ein Fahrzeugaustausch für Zwecke der Reparatur, Wartung und Reinigung auch dann noch über Tag erfolgen.

Die aus Sicht der RH nicht erforderlichen vier Fahrzeuge kosteten knapp 11 Mio. DM und führten zu einer Landeszuwendung von 5,5 Mio. DM. Hinzu kommen laufende Fahrzeugkosten, da die Fahrzeuge in der Regel kurzzeitig im Einsatz sind. Der RH ist der Meinung, dass die überzähligen Fahrzeuge in Absprache zwischen UVM und NE anderweitig eingesetzt werden sollten. Dies könnte zu Einsparungen bei künftigen Fahrzeugbeschaffungen beitragen.

3 Einzelpunkte zum Prüfungsverfahren

Die Verwaltungsvorschrift (VwV) zum GVFG besagt, dass Anträge bei Vorhaben von Betriebshöfen für Omnibusse/Schienenfahrzeuge “in fachtechnischer (bau- und verkehrstechnisch) und wirtschaftlicher Hinsicht zu prüfen sind”; Diese Prüfung obliegt dem UVM.

3.1 Triebfahrzeugwartungs- und Abstellanlagen

Für den Standort in A wurden Kosten von 8,4 Mio. DM veranschlagt, für den Standort in B (einschließlich zweier Busabstellplätze und des Neubaus eines Bahnsteigs) 6,5 Mio. DM. Beide wurden als Gesamtsystem angesehen, wobei in A größere Instandsetzungen, in B kleinere Wartungen ausgeführt werden sollen.

Der Antrag wurde vom UVM am 24.04.1997 fachtechnisch geprüft und für zuwendungsfähig gehalten. Der Bewilligungsbescheid erging am 04.05.1998. Die zuwendungsfähigen Gesamtkosten für beide Betriebshöfe wurden auf rd. 15 Mio. DM festgesetzt, die Gesamtzuwendung beläuft sich bei einem Fördersatz von 85 % auf rd. 12,7 Mio. DM. Angesichts dieses Fördersatzes liegt das Investitionsrisiko fast vollständig beim Zuwendungsgeber, während der Betreiber einen relativ geringen finanziellen Anteil der Investitionen zu übernehmen hat.

Die veranschlagten Kosten für A erhöhten sich auf Grund von Mehrkosten für Winterbau und Waschanlage um rd. 1,1 Mio. DM (= rd. 13 %) auf 9,5 Mio. DM. In B wurden zunächst nur Maßnahmen wie der Umbau der Gleisanlage sowie der Neubau eines Bahnsteigs in Höhe von rd. 520 000 DM durchgeführt. Der SPNV-Betrieb läuft seit Mai 1998 mit der Wartungsanlage in A sowie kleineren Wartungsarbeiten im Freien in B. Die Standortwahl C im Änderungsantrag der NE stützt sich auf ein Gutachten, das den Standort mit keinen nachteiligen wirtschaftlichen und nur geringen verkehrlichen Auswirkungen als geeignet ausweist. Die Ausstattung in C entspricht der in B beabsichtigten. Allerdings soll die Wartungsanlage kleiner ausgeführt und auf eine Waschanlage verzichtet werden. Die Kosten werden auf rd. 3,7 Mio. DM beziffert. Die baulichen und Ausstattungsänderungen gegenüber dem Ursprungsantrag sind Übersicht 2 zu entnehmen.

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3.2 Prüfung in wirtschaftlicher Hinsicht

Eine einmal getroffene Entscheidung über einen Standort ist wegen der damit verbundenen Investitionen kurz- und mittelfristig nicht reversibel. Sie wirkt sich über lange Zeit auf Höhe und Zusammensetzung der laufenden Betriebs- und Laufleistungskosten aus und sollte sorgfältig vorbereitet werden. Daher sollte vor allem die Wahl des Standorts nach betrieblich- und kosten-optimalen Gesichtspunkten kritisch geprüft werden. Bei der Standortentscheidung ist außerdem zu klären, ob eine Alternative hinsichtlich Eigenleistung oder Fremdvergabe der Wartungsarbeiten besteht sowie ob bestehende Anlagen (auch anderer Betreiber) genutzt werden können, ein Neubau nötig ist oder vorhandene Anlagen erweiterbar sind.

3.2.1 Prüfung des ersten Zuwendungsantrags

Der Zuwendungsgeber hat die Standorte in wirtschaftlicher Hinsicht nicht geprüft; vielmehr wurden die vom Antragsteller genannten Standorte - in der fachtechnischen Prüfung - als unveränderlich angenommen; auch fand keine Alternativenprüfung durch den Zuwendungsgeber statt. Im Vorfeld hatte der Antragsteller allerdings ein Angebot der DB für die komplette Instandhaltung der RS 1 vorgelegt. In dem Angebot vom März 1997 wurde auf der Kalkulationsbasis von 18 RS 1 ein Wartungsbetrag/Fahrzeug und Jahr angegeben, der im damaligen Vergleich mit der Eigenleistung zu Mehrkosten geführt hätte. Dieses Angebot wurde vom UVM nicht in die Antragsprüfung einbezogen und fand sich auch nicht in den Akten, sondern wurde erst nach Rückfrage des RH beim Antragsteller angefordert.

3.2.2 Prüfung des Änderungsantrags

Auch der Änderungsantrag für die Anlage am neuen Standort C wurde in wirtschaftlicher Hinsicht nichtgeprüft. Im fachtechnischen Prüfvermerk des UVM wird ein von Dritten für den Antragsteller erarbeitetes Standortgutachten erwähnt, das aber dem UVM zum Zeitpunkt der Prüfung durch den RH nicht vorlag, sondern erst beim Antragsteller besorgt werden musste. Ungeachtet dessen führt das UVM aus, dass sich nach dem Gutachten C als neuer Standort für die Wartungsanlage eigne. Bei Betrachtung des Standortgutachtens ergibt sich, dass nur drei vorgegebene Orte entlang der Stammstrecke der NE in die Wahl einbezogen wurden.

Von einer Entscheidung nach objektiven Standortfaktoren, wie kurze An- und Abfahrtwege im zu bedienenden Liniennetz oder kostenminimierender Fahrzeugeinsatz, kann nicht die Rede sein. Weiterhin fällt auf, dass die NE bereits im Mai 1998 den im Gutachten als geeignet ermittelten Standort C aufführte. Das Gutachten wurde aber erst im Juli 1998 in Auftrag gegeben und datiert vom August 1998. Ein derart inhaltlich eingeschränktes und ersichtlich nachgeschobenes Gutachten besitzt jedoch kaum Aussagekraft.

Inwieweit die in C geplanten einfachen Wartungsarbeiten durch Dritte (ggf. an einem anderen Standort) durchgeführt werden könnten, wurde ebenfalls nicht geprüft. Die Alternative wäre z.B. erneut ein Wartungsvertrag mit der DB gewesen.

3.3 Fachtechnische Prüfung

Im Zuge der fachtechnischen Prüfung sollten sowohl die baulichen Standards als auch verkehrstechnische Aspekte untersucht werden. In das Prüfungsverfahren sind zwingend Kostenvergleiche der baulichen Maßnahme, sei es über Kennzahlen oder andere Berechnungsgrundlagen, einzubeziehen. Bei dem vorliegenden Prüfungsverfahren wurden diese Punkte jedoch unzureichend und nicht ordnungsgemäß berücksichtigt.

3.3.1 Bauliche Erfordernisse und Standards

Die Dimensionierung der Wartungsanlagen ist in erster Linie auf die Zahl der zu wartenden Fahrzeuge abzustellen. Vor der Prüfung von Details einer geplanten Baumaßnahme ist zunächst zu prüfen, ob die Fahrzeuge in Form einer Kooperation oder durch Anmietung in schon vorhandenen Einrichtungen gewartet und gereinigt werden könnten. Erst dann ist zu untersuchen, ob und welche Alternative der baulichen Ausführung sich anbietet. Ferner wäre zu prüfen, ob die vorgesehene Wartungsanlage ggf. später erweiterungsfähig ist. Weder beim ersten Antrag noch im Verlauf der Prüfung des Änderungsantrags wurde einem dieser Punkte nachgegangen.

3.3.2 Vergleich der Baukosten

Ein Vergleich der Baukosten der Maßnahmen durch das UVM erfolgte offenbar nicht. So ergeben sich aus den Antragsunterlagen Kosten/m² von 3 677 DM für Standort A, aber, obgleich nur kleinere Wartungsarbeiten ausgeführt werden sollen, von 3 936 DM für Standort C. Bei anderen, vom Land geförderten oder zur Förderung anstehenden Wartungsanlagen können den Antragsunterlagen veranschlagte Baukosten von 1 500 DM/m² bis zu knapp 3 500 DM/m² entnommen werden.

Nach Kenntnis des RH sind bei gängiger Bauweise und Ausstattung ohne Grunderwerb rd. 6 - 8 Mio. DM für vergleichbare Wartungsanlagen zu veranschlagen. Da die Gesamtkosten bzw. die durchschnittlichen Kosten für den umbauten Raum je Fahrzeugwartungsplatz im vorliegenden Fall deutlich höher ausfallen, empfiehlt der RH, für Prüfungsverfahren ein Kennzahlensystem der Bau- und Ausstattungskosten aufzubauen. Die VwV sollte insoweit ergänzt werden, dass sie auf Schienenfahrzeuge angewandt werden kann.

4 Bewertung

Sowohl die geförderten Fahrzeuge als auch die Baumaßnahmen entsprechen nicht dem aktuellen Bedarf.

4.1 Zahl der Fahrzeuge

Nach Feststellungen des RH sind für die vertraglich vereinbarten Schienenverkehre nicht alle der derzeit vorhandenen 18 Fahrzeuge erforderlich. Unter Einbeziehung der eigenwirtschaftlich zu betreibenden Stammstrecken reichen (einschließlich Reserve) 14 Schienenfahrzeuge aus. Diese könnten bei einem sorgfältig abgestimmten Umlaufplan die verkehrspolitischen Vorgaben des Integralen Taktfahrplans problemlos erfüllen. Die mit rd. 5,5 Mio. DM durch das Land geförderten entbehrlichen vier Fahrzeuge sollten in Absprache mit der NE an anderer Stelle eingesetzt oder ggf. veräußert werden.

4.2 Bau der zweiten Wartungsanlage

Der RH ist der Ansicht, dass die zweite Wartungsanlage in C, für die das UVM entgegen der Empfehlung des RH am 03.02.2000 eine Unbedenklichkeitsbescheinigung erteilt hat, aus verkehrlicher und betrieblicher Sicht nicht erforderlich ist. Das vorliegende Fahrplankonzept kann mit nur einem Betriebshof bewältigt werden. Eine endgültige Bewilligung für den zweiten Standort sollte unterbleiben. Das Land könnte so rd. 3,7 Mio. DM an anderer Stelle für die Steigerung der Effizienz und Effektivität des ÖPNV einsetzen.

4.3 Schlussfolgerung

Der RH kommt zu dem Ergebnis, dass die unzureichend durchgeführte Antragsprüfung sowie die geringe Beachtung des Zusammenhangs von Verkehrsleistung und Infrastrukturmaßnahmen zu Standortentscheidungen mit vermeidbaren Folgekosten für das Land in erheblichem Umfang geführt hat. Außerdem sollte der Zuwendungsgeber dort, wo die VwV den Belangen des Schienenverkehrs nicht entspricht, nicht über selbst definierte Spielräume ein unwirtschaftliches Verfahren durchführen. Der hilfsweise Rückgriff auf die für Omnibusse geltende VwV hat sich als untauglich erwiesen. Die VwV sollte vielmehr hinsichtlich des Schienenverkehrs ergänzt werden.

5 Stellungnahme des Ministeriums

Das UVM verweist darauf, dass der RH mit hohem Detaillierungsgrad unternehmerische Entscheidungen geprüft habe. Als Zuwendungsbehörde sei das UVM hierzu „nicht befugt“. Die Bewilligungsstelle sei lediglich dazu verpflichtet, die Förderfähigkeit eines Antrags zu prüfen; dies schließe selbst angesichts des Gebotes der sparsamen und wirtschaftlichen Fördermittelverwendung die zwingende Betrachtung von Alternativenplanungen nicht ein. Aus diesem Grunde hält das UVM seine Förderentscheidungen zu den Betriebshöfen für Richtlinienkonform; diese berücksichtigten darüber hinaus verkehrliche und betriebliche Erfordernisse. Außerdem habe die NE aus ihrer Sicht in Frage kommende Standorte geprüft und das UVM in ständigen Abstimmungen über die Projektentwicklung diese Punkte an die jeweiligen Rahmenbedingungen angepasst. Eine Fehleinschätzung, die eine nachträgliche Korrektur der Förderentscheidung erforderlich machen würde, liege nicht vor.

Allerdings räumt es ein, dass 14 Fahrzeuge ausreichend seien für eine fahrplanmäßige Bedienung und die durchschnittliche Laufleistung sowie die tägliche Einsatzdauer der Fahrzeuge unbefriedigend sei. Diese Fahrzeugzahl würde jedoch nicht ausreichen, um das heute zu verzeichnende Reisendenaufkommen zu bewältigen und angedachte Angebotsausweitungen abzudecken. Die Festlegung der Fahrzeugzahl habe sich zwangsläufig an der aus dem hohen Schüleranteil resultierenden Nachfragespitze am Morgen zu orientieren. Auch führe die Schonung der Fahrzeuge dazu, dass unvermeidliche Reinvestitionen hinausgeschoben würden. Insgesamt kommt das UVM zu dem Schluss, dass 17 Fahrzeuge, davon zwei bis vier auf den Stammstrecken, erforderlich seien, das 18. Fahrzeug sei für die geplante Inbetriebnahme eines weiteren Haltepunktes vorgesehen.

Zur Standortwahl der Betriebshöfe und deren Folge- und Betriebskosten räumt das UVM ein, dass die jährlichen Mehrkosten auf Grund der Standortentscheidung von 0,5 Mio. DM zutreffend errechnet seien. Bei der Beispielrechnung eines anderen denkbaren Standortes kommt das UVM, allerdings unter Heranziehung von Trassen- und Personalkosten, zu einem Betrag in ähnlicher Größenordnung. Hieraus schließt es, dass die Standortentscheidung für den Betriebshof in A gerechtfertigt sei. Gleiches treffe für den zweiten geplanten Standort in C zu. Durch diesen ließen sich sogar die Leerkilometer und die resultierenden Kosten reduzieren. Die zweite Anlage hält das UVM weiterhin für wirtschaftlich und aus verkehrlichen sowie betrieblichen Gründen erforderlich.

6 Schlussbemerkung

Der RH ist der Ansicht, dass das UVM in seiner Funktion als Aufgabenträger für den SPNV im Rahmen der Antragsprüfung sehr wohl gefordert ist, die Maßnahme insgesamt auf ihre Wirtschaftlichkeit hin zu prüfen. Dies besagen sowohl die einschlägige VwV-GVFG als auch § 7 der LHO. Eine derartige Prüfung ist kein Eingriff in unternehmerische Entscheidungen des Antragstellers; vielmehr ist das UVM verpflichtet, die finanziellen Folgewirkungen für das Land, z.B. auf die Verkehrsverträge, zu untersuchen und damit zwangsläufig auch die der Antragstellung vorausgehende unternehmerische Entscheidung zu beurteilen. Hierzu kann das UVM im Übrigen auf die Unterstützung durch die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg zurückgreifen. Untersuchungen jedweder Art des Antragstellers entbinden das UVM daher nicht von Antrags- und Alternativenprüfungen nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Hierzu zählt angesichts der langfristigen Wirkung der Entscheidung insbesondere die Prüfung des Standorts.

Der RH kann der Argumentation des UVM nicht beipflichten, dass eine Fahrzeugzahl von 14 nicht mit dem derzeitigen Reisendenaufkommen korrespondiert. Einer Angebotsausweitung von 12 % in Zug-Kilometern stehen durchaus übliche Steigerungen bei den Personenkilometern in Höhe von 18 % gegenüber, die mit den genannten Kapazitäten zu bewältigen sind. Die angeführten Spitzen im Schülerverkehr manifestieren sich lediglich in einem kurzzeitig (Reisezeit von neun Minuten) leicht überbesetzten Zug, der allerdings nur aus einem Fahrzeug besteht.

Nach Meinung des RH darf dies nicht zum Ausgangspunkt der Bemessung der gesamten Fahrzeugflotte gemacht werden. Hier ließe sich beispielsweise durch eine Reorganisation der Fahrzeugeinsatzpläne und die Entzerrung der Schulanfangs- bzw. -endzeiten eine unnötige Mittelbindung über Jahre vermeiden. Dies trifft gleichermaßen auf die Fahrzeug-Vorhaltung auf Grund angedachter weiterer Haltepunkte und Linienverlängerungen zu, die dazu führte, dass Fahrzeuge 1998 in Betrieb gingen, aber erst ggf. nach 2000 einem evtl. notwendigen Einsatz zugeführt werden können. Auch macht die geringe Laufleistung der Fahrzeuge und damit ihre Schonung auf Grund der Mittelbindung und der zwangsläufigen Wartungskosten wirtschaftlich keinen Sinn.

Der RH hält vier Fahrzeuge für nicht erforderlich, um einen ordnungsgemäßen Schienenbetrieb durchzuführen. Die Vorgehensweise, in großem Umfang Fahrzeugkapazitäten vorzuhalten, ist nicht zu vertreten, da Mittel über längere Jahre gebunden sind und nicht sinnvolleren Zwecken zugeführt werden können. Die Fahrzeuge könnten anderweitig eingesetzt werden und so zu Einsparungen bei künftigen Zuwendungen für Fahrzeugbeschaffungen beitragen.

Nach Auffassung des RH ist die zweite Wartungsanlage in der Folge entbehrlich, zumal die dargestellten Reduzierungen der Kilometer nur Einsparungen bei ohnehin überflüssigen Leerkilometern sind. Die vom UVM ausgeführte Alternativrechnung greift lediglich einen potenziellen Standort auf; dies hätte aber bereits während der Antragsprüfung umfassend unter Einbeziehung aller in Frage kommenden Standorte, Wartungsvarianten und möglicher Mitnutzung bereits vorhandener Anlagen durch den Zuwendungsgeber geprüft werden müssen.

An sich ist der Standort A aus Sicht des RH sowohl in verkehrlicher und betrieblicher Hinsicht als auch wegen der Folgekosten nicht geeignet, zumal er räumlich nicht einmal zum Gebiet des Verkehrvertrages gehört. Der RH sieht hier allerdings die Macht des Faktischen - der Betriebshof ist bereits gebaut. Da weitere Zuwendungen für Betriebshöfe im Raum stehen, wird das UVM gebeten, die Prüfungsverfahren richtliniengemäß durchzuführen, um derartige Fehlentscheidungen auszuschließen.


Anhänge

Eine Wertanalyse führte zu Verbesserungen der betrieblichen Abläufe und erweiterten Handlungsspielräumen. Dieses Verfahren gewährleistet eine zügige Umsetzung der Verbesserungsvorschläge.


1 Ausgangslage und Zielsetzung

Das Aufgabenspektrum der 36 Betriebshöfe der vier Gewässerdirektionen des Landes wandelt sich nachhaltig. Die Gewässerdirektionen wurden Ende 1996 in Landesbetriebe umgewandelt, was strukturelle und organisatorische Änderungen zur Folge hatte. Angesichts von Einsparzwängen bei Personal und Sachmitteln konnten die Betriebshöfe Arbeitsabläufe nur bedingt an die Gegebenheiten anpassen und neu gestalten.

Auf Anregung des RH wurde eine Wertanalyse durchgeführt. Ausgehend von der „Betriebshofkonzeption 2000“ des UVM sollte sie für den Bereich Offenburg der Gewässerdirektion Südlicher Oberrhein/Hochrhein aufzeigen, inwieweit bei rückläufigen Ressourcen und gleichzeitig erhöhten Arbeitsanforderungen unter Beachtung der Personal-Sollstärke im Falle eines Hochwassers die Arbeitsabläufe effizienter und effektiver gestaltet werden können. Die „Betriebshofkonzeption 2000“ ist als landesweites Personalabbauprogramm der Wasserwirtschaftsverwaltung zu verstehen, mit dem, ausgehend von der Priorität des Hochwasserschutzes, eine aufgabengerechte Verteilung des reduzierten Personals angestrebt wird.

1.1 Zusammensetzung des Wertanalyse-Teams und zeitlicher Ablauf

Wertanalyse-Teams setzen sich interdisziplinär zusammen, da über thematische Schnittstellen hinweg systematisch nach Verbesserungen gesucht wird. Wichtig ist die Mitarbeiterbeteiligung, die oft eine bessere Qualität der Ergebnisse bewirkt. Das Team bestand daher aus zwei Vertretern des UVM, sechs Angehörigen des Bereichs Offenburg und zwei des RH. Die Funktion des Moderators übernahm ein Externer. Nach umfangreichen Vorerhebungen fanden vier Team-Sitzungen in etwa monatlichem Abstand statt. In den Zeiträumen zwischen den Sitzungen wurden z.T. aufwendige Datenerfassungen und -auswertungen durchgeführt.

1.2 Untersuchungsgegenstand „Betriebshof Offenburg“

Die Betriebshöfe sind verantwortlich für die im Wasserhaushaltsgesetz und im Wassergesetz Baden-Württemberg definierten Aufgaben. Der Betriebshof Offenburg gehört neben denen in Riegel und Wagshurst zum Bereich Offenburg der Gewässerdirektion Südlicher Oberrhein/Hochrhein. Dieser ist für die Unterhaltung der Gewässer in den Landkreisen Ortenau und Emmendingen sowie bereichsübergreifend im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald zuständig.

Im Juli 1999 waren im Bereich des Betriebshofs vier Kolonnen mit 20 Wasserbauarbeitern, vier Fahrer von Nutzfahrzeugen, acht Arbeiter sowie zwei Bauaufseher und ein Hausmeister beschäftigt. Hierfür standen 30 Planstellen zur Verfügung. Hinzu kamen im Mittel fünf Stellen über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Zivildienst;. diese Kräfte besitzen aber kaum Kenntnisse für den Einsatz im Hochwasserfall. 1998 standen rd. 3,10 Mio. DM für Personal (Arbeiter, technisches Personal) und 1,35 Mio. DM an Sachmitteln zur Verfügung. Weitere 4,80 Mio. DM wurden für fremdvergebene Baumaßnahmen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes aufgewandt.

2 Vorgehensweise

Eine Wertanalyse gliedert sich in sechs aufeinander aufbauende Schritte:

  • Projekt vorbereiten,
  • Ist-Situation analysieren,
  • Soll-Zustand beschreiben,
  • Lösungsideen entwickeln,
  • Lösungen festlegen und
  • Lösungen verwirklichen.

Hiermit sollten Veränderungsideen erarbeitet werden, mit deren Hilfe die Aufgaben/Funktionen besser erfüllt werden können. Kern dabei ist die konsequente Orientierung an dem vereinbarten quantitativen oder qualitativen Ziel. Im vorliegenden Fall wurde als Ziel die „Optimierung von Betriebs- und Unterhaltungsarbeiten und deren kostengünstigste Erledigung“ festgelegt.

2.1 Analyse des Ist-Zustandes

Die Datenerfassung war mit hohem Zeit- und Arbeitsaufwand verbunden, da innerhalb der Wertanalyse Arbeitszeitaufschriebe für 1998 zwar vorlagen, diese aber mit Blick auf die Auswertung der Ist-Daten „übersetzt“ werden mussten. An Tätigkeitsbereichen, Haupt- und Teilfunktionen, wurden erfasst (in Arbeitsstunden, quantifiziert mit Stundensätzen):

  • Pflege und Unterhaltung der Gewässer und Hochwasserdämme, z.B. Betrieb und Unterhaltung von Bauwerken,
  • Ausbau der Gewässer und Hochwasserrückhaltebecken, z.B. Bauaufsicht,
  • Gewässerentwicklung, z.B. Gehölzpflege und -pflanzungen,
  • Betriebshof-Aufgaben, z.B. Wartung von Fahrzeugen und Geräten,
  • Hochwasserbereitschaftseinsatz und Hochwassereinsatz,
  • Tätigkeiten nach zeitlicher und finanzieller Größenordnung, die, wie der Abtrag von Vorländern, an Dritte vergeben sind.

Im Rahmen einer detaillierten Funktionsanalyse wurden neben Zeitaufwendungen/Jahr und den jeweiligen Kosten für die einzelnen Funktionen ferner berücksichtigt: Häufigkeit der Arbeiten, saisonale Schwankungen, gesetzliche Vorgaben sowie Besonderheiten bei der Ausführung der Funktionen.

Die Erfassung zeigte, dass im Regiebetrieb 1998 rd. zwei Drittel aller angefallenen 57 200 Arbeitsstunden auf fünf Funktionen entfielen: Gehölzpflege (21 %), Mäharbeiten (20 %), Werkstattarbeiten (12 %), Bauaufsicht (7 %) und Bekämpfung von Neophyten (6 %). Diesen Funktionen galt dann auch bei der Erarbeitung des Sollkonzeptes das Hauptaugenmerk.

2.2 Definition des Sollzustands

Zur Beschreibung des Sollzustandes wurden die Aufgaben unterteilt nach kontinuierlich zu erledigenden, befristet zeitlich disponiblen und ausschließlich vom Hochwasserereignis abhängigen Arbeiten. Die Daten stellten wegen der hochwasserabhängigen Arbeitsanfälle nur eine Momentaufnahme zum Stundenbedarf einzelner Aufgaben dar. Die Definition des Sollzustandes erfolgte danach, welche Tätigkeiten reduziert bzw. welche Eigenleistungen ausgeweitet werden mussten. Wesentlich war der Umfang des Veränderungspotenzials und die Definition von Art und Weise der notwendigen Veränderung. Berücksichtigt wurde ferner, dass mit dem derzeitigen Personalstand Hochwasserereignisse nicht zu bewältigen sind. Die vorhandenen 30 Planstellen können durch eine Personalumschichtung mit den anderen Betriebshöfen des Bereichs Offenburg auf 36 aufgestockt werden. Weitere vier Stellen à 76 000 DM/Jahr, die zur vorgegebenen Sollstärke von 40 Arbeitern fehlen (Bedarf lt. „Betriebshofkonzept 2000“), sowie höhere Gerätekosten könnten durch Einsparungen bei Betrieb und Unterhaltungsaufwendungen finanziert werden. Insbesondere ging es darum, dass

  • die durch Veränderungen des Arbeitsumfangs entstehenden zusätzlichen laufenden Kosten ebenfalls durch Einsparungen aufgefangen werden,

 

  • kurz- bis mittelfristig eine darüber hinaus gehende Einsparung erreicht wird.

2.3 Entwicklung und Bewertung von Lösungsideen

Es ergaben sich folgende Handlungsfelder zur Entwicklung von Lösungsideen:

  • Veränderte Erledigung der Aufgaben durch den Einsatz anderer Methoden und weiterer Vergaben.

 

  • Neue und erweiterte Aufgaben, die sich aus der Novellierung des Wassergesetzes und aus Veränderungen der Gewässerunterhaltung ergeben.

 

  • Fortbildungen und Schulungen, die dazu beitragen sollen, die Arbeitsabwicklung effizienter und - im Hochwasserfall - sicherer zu gestalten.

 

  • Bisherige Vergaben sind hinsichtlich einer generellen Erledigung durch das aufzustockende Personal des Betriebshofs und ggf. kostengünstigere Eigenleistungen zu untersuchen.

Da die Personalstärke im Betriebshof unter der am Hochwasser-Fall bemessenen Zahl liegt und Hochwasserereignisse hohe Sicherheitsrisiken darstellen, sollte eine kostenneutrale Personalaufstockung erreicht werden. Dabei war zu beachten, dass dieses zusätzliche Personal in den Regelbetrieb eingebunden wird. Die haushaltsrechtliche Deckungsfähigkeit von Sach- und Personalmitteln war zu untersuchen.

3 Veränderungspotenziale im Betriebshof Offenburg

Eine „Mittelschöpfung“ für die Beschäftigung zusätzlichen Personals (im vorliegenden Fall vier Wasserbauarbeiter) könnte durch Einsparungen bei anderen Ausgaben des Erfolgsplans realisiert werden, denn die Stellenübersichten für Angestellte und Arbeiter in den Wirtschaftsplänen für die Gewässerdirektionen sind haushaltsrechtlich nicht bindend.

3.1 Sammlung und Bewertung der Veränderungspotenziale

Es wurden 14 Ideen erarbeitet, von denen drei - Vergabe von Schleifarbeiten und von Bau/Instandhaltung von Betriebsgebäuden, Eigenleistung bei Ausbesserungen an Deichen/Dämmen - nach vereinfachter Kosten-Nutzen-Rechnung nicht weiterverfolgt wurden, da sie zu Mehrkosten führten. Die verbliebenen Vorschläge wurden nach Durchführbarkeit, Umsetzungsfähigkeit und Akzeptanz gesichtet und hinsichtlich des Personal- und Geräteeinsatzes sowie der finanziellen Auswirkungen bewertet (vgl. Übersicht).

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Die Bewertung der elf Vorschläge ergab, dass im Erfolgsplan jährlich 380 000DM eingespart werden können. Die mit der Aufstockung des Personals (vier Stellen) auf die Sollstellenzahl entstehenden Personal-Mehrkosten von 322 000 DM/Jahr können somit ebenso abgedeckt werden wie zusätzliche Gerätekosten von 28 000 DM/Jahr. Darüber hinaus sind Einsparungen von 30 000 DM/Jahr möglich, die an den Haushalt zurückgeführt werden können.

4 Schlussbemerkungen

Das Ziel der Wertanalyse, die „Optimierung der Betriebs- und Unterhaltungsarbeiten“ auf der Grundlage der „Betriebshofkonzeption 2000“ wurde erreicht. Einsparungen wurden in dem Umfang aufgezeigt, dass zusätzliches Personal finanziert werden kann. Auch kann Sicherheitsaufgaben des Landes damit besser nachgekommen werden. Darüber hinaus können jährlich 30 000 DM an den Haushalt zurückgeführt werden.

Die Wertanalyse bot dem Betriebshof Offenburg die Möglichkeit, sein Aufgabenspektrum kritisch zu überdenken und mit der Personalsituation abzustimmen. Zum Teil schon früher angedachte Veränderungsideen wurden aufgegriffen. Diese wurden erst durch die systematische Betrachtung und Bewertung in ihrer Bedeutung erfasst. Hilfreich war hierbei der andere Blickwinkel der externen Teammitglieder von Ministerium und RH.

Die Vorschläge aus der Wertanalyse werden Zug um Zug umgesetzt. Wichtige Erkenntnisse liegen jetzt vor, die nach der Umsetzung in Offenburg und der beabsichtigten Evaluierung möglicherweise auch auf andere Betriebshöfe des Landes übertragen werden könnten. In die Evaluierung sollten dann auch die Vorgaben der „Betriebshofkonzeption 2000“ einbezogen werden. Auch bei den anderen Betriebshöfen müssten Verbesserungen der Arbeitserledigung und Mitteleinsparungen erreichbar sein.


Anhänge

Einzelplan 12: Allgemeine Finanzverwaltung

Die Umsatzsteuerprüfung hat noch deutliche Rationalisierungspotenziale. Prüfungen sollten nicht vorrangig darauf ausgerichtet sein, nur scheinbare Mehrergebnisse vorzuweisen. Das Ziel, Missbräuche und Nachteile für den Fiskus zu verhindern, sollte mehr Beachtung finden.


1 Vorbemerkung

Die Umsatzsteuer ist neben der Lohnsteuer die bedeutendste Einnahmequelle für die Steuergläubiger. Sie wird von den Steuerverwaltungen der Länder im Auftrag des Bundes verwaltet. Wegen des Finanzbedarfs der öffentlichen Haushalte, vornehmlich des Bundes, und wegen der steuerpolitischen Tendenz des Gesetzgebers, den Steuerzahler verstärkt durch Erhebung indirekter Steuern zur Finanzierung der Haushalte heranzuziehen, wird deren Bedeutung weiter zunehmen.

2 Rechtfertigung der Umsatzsteuerprüfung

2.1 Die Umsatzsteuer ist - systemimmanent - manipulationsanfällig. Durch die Einführung des EG-Binnenmarktes im Jahre 1993 hat sich die Situation gerade in der jüngeren Zeit deutlich verschärft. Manipulationen führen z.T. zu hohen Steuerausfällen.

2.2 Der Innendienst der Finanzämter kann nur sehr begrenzte Kontrollen durchführen. Zudem erschweren komplizierte Steuertatbestände der Verwaltung eine ordnungsgemäße Umsatzbesteuerung. Da aber die Anrechnung und Erstattung geltend gemachter Vorsteuern bereits mit den Steuervoranmeldungen erfolgt, kann mit der Prüfung zweifelhafter Fälle auch nicht bis zur Festsetzung der Jahressteuerschuld oder gar der Durchführung einer allgemeinen Betriebsprüfung gewartet werden. Deshalb ist es notwendig, Prüfungen zeitnah vorzunehmen. Dadurch kann insbesondere einer unberechtigten Inanspruchnahme von Vorsteuerbeträgen und Umsatzsteuervergünstigungen sowie der nicht rechtzeitigen Versteuerung von Umsätzen wirksam begegnet werden; in Insolvenzfällen kann die Gefährdung des Steueranspruchs verringert werden.

Umsatzsteuer-Prüfungsstellen sind bei jedem Veranlagungsfinanzamt des Landes eingerichtet. Sie sind organisatorisch von der allgemeinen Betriebsprüfung getrennt.

3 Personaleinsatz und Arbeitsergebnisse

3.1 Die Zahl der Umsatzsteuerfälle hat sich bis zum Jahr 1999 gegenüber dem Basisjahr 1994 landesweit um rd. 12 % erhöht. Die Zahl der Umsatzsteuerprüfer ist um rd. 40 % gestiegen; dabei ist allerdings u.a. ein durch die Einführung des EG-Binnenmarkts im Jahre 1993 erhöhter Kontrollbedarf zu berücksichtigen.

Dementsprechend sind auch die bei den Prüfungen - statistisch (vgl. aber Pkt. 6) - erzielten Steuermehreinnahmen angestiegen. Das Schaubild zeigt die Entwicklung.

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3.2 Auch die quantitative Arbeitsleistung wurde gesteigert. Verfehlten die baden-württembergischen Prüfer im Jahr 1994 den bundesweiten Durchschnitt an durchgeführten Prüfungen je Prüfer mit rd. 72 je Jahr, so übertrafen sie ihn im Jahr 1998 bereits um vier Fälle und steigerten damit ihre Erledigungsquote auf 77 Prüfungen je Prüfer.

3.3 Infolge der personellen Verstärkung der Umsatzsteuerprüfung und der Steigerung der Erledigungszahlen je Prüfer erhöhte sich auch die Prüfungsdichte, die als Verhältnis der geprüften Fälle zu den gesamten Umsatzsteuerfällen definiert wird. Sie stieg von 1,34 % (1994) auf 1,91 % (1999) und lag schon 1997 mit 1,74 % deutlich über dem Bundeswert (1,46 %). Damit wurde dem erhöhten Kontrollbedarf Rechnung getragen.

4 Fallauswahl

Wichtigste Voraussetzung für Schlagkraft und Erfolg der Umsatzsteuerprüfung ist die richtige Auswahl der prüfungsrelevanten Fälle.

4.1 Tätigkeit der Zentralen Überwachungsstelle für Umsatzsteuervoranmeldungen

Der Intention der Prüfung entsprechend muss der Filter der richtigen Fallauswahl insbesondere bei den für die Bearbeitung der eingehenden Umsatzsteuervoranmeldungen zentral zuständigen Dienststellen (ZÜV) sorgfältig angewandt werden; von ihnen kommt der weitaus größte Teil der Prüfungsersuchen. Die im Rahmen der maschinellen Bearbeitung der Voranmeldungen auch für die Auswahl der prüfungsrelevanten Fälle zur Verfügung stehende DV-Unterstützung ist ausgereift; sie kann aber nur Entscheidungsvorschläge liefern. Die Entscheidung verlangt neben guten Kenntnissen der Rechtsmaterie Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge.

Nach dem Ergebnis der örtlichen Erhebungen bei fünf Finanzämtern des Landes war nicht in jedem zur Prüfung gegebenen Fall eine solche Außenprüfung notwendig; manche kritischen Fälle hätten mit erheblich geringerem Aufwand auch durch den Innendienst-Bearbeiter erledigt werden können.

4.2 Negative Fallauswahl

Andererseits ist der RH bei allen von ihm untersuchten Ämtern auf Fälle gestoßen, die nach dem von der Verwaltung selbst gewählten Raster prüfungsbedürftig waren, aber deshalb nicht geprüft wurden, weil sie für eine allgemeine Betriebsprüfung vorgesehen waren. Im Ergebnis trat dadurch ein Prüfungsvakuum auf, weil die allgemeine Betriebsprüfung der Umsatzsteuer auch nach Auffassung der Verwaltung selbst nur unzureichende Bedeutung beimisst.

5 Prüfungserfolg - erfolglose Prüfungen

Ein wichtiger Indikator dafür, ob die Prüfungsfälle richtig ausgewählt und der Prüfungsumfang zeitlich und inhaltlich zutreffend bestimmt wurde, ist der Anteil der Fälle ohne Mehrergebnis (sog. Null-Fälle) an der Gesamtzahl der geprüften Unternehmen. Zwar kann unbestritten nicht jede Maßnahme zu einer Steuernachholung führen, was insbesondere für die Prüfungen bei Firmenneugründungen gilt, da insoweit der Präventivcharakter im Vordergrund steht und gerade in diesem Bereich zuweilen Betrugsfälle aufgedeckt werden. Die Quote der Null-Fälle, die in einem extremen Fall über 70 % lag, lässt sich aber nach Auffassung des RH, wie sich am Beispiel von vier der untersuchten Finanzämter zeigt, auf etwa ein Drittel begrenzen. Dies wird durch dem RH vorliegende Zahlen anderer Bundesländer bestätigt. In dem genannten Extremfall war der Anteil solcher Fälle durchgängig signifikant hoch. Die örtlichen Erhebungen bei diesem Amt bestätigten dort eine unzureichende Fallauswahl, eine wenig sachgerechte Bemessung des Prüfungsumfangs und eine partiell außerordentlich stark statistikorientierte Ausrichtung der Prüfungstätigkeit (vgl. Pkt. 6).

6 Aussagekraft der Ergebnisstatistik

Die Besonderheiten des Systems der Umsatzbesteuerung bringen es mit sich, dass Steuernachholungen auf Grund von Prüfungen durch Verlagerung von Besteuerungstatbeständen häufig zu kongruenten Rückerstattungsansprüchen beim selben oder bei anderen Unternehmen führen oder - wie etwa bei oft in Insolvenzen mündenden Betrugsfällen - wegen Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens nicht oder nur teilweise realisiert werden können. Dem Fiskus fließen dann insoweit letztlich keine Steuermehreinnahmen aus der Prüfungstätigkeit zu. Dennoch schreibt sich die Verwaltung in ihren Statistiken über die finanziellen Prüfungserfolge die Steuernachforderungen gut; daraus resultierende Rückerstattungsansprüche der Unternehmen bleiben hingegen unberücksichtigt. Die tatsächlich erzielten - kassenwirksamen - Mehrsteuern sind daher geringer als die Ergebnisstatistiken ausweisen. Die durchschnittliche „Realisierungsquote“ der geprüften Finanzämter liegt bei rd. 37 % der statistischen Mehrergebnisse.

Die Verwaltung macht die statistischen Mehrergebnisse gleichwohl zu einem wichtigen Indikator für die Qualität der Prüfungen. Dies führt bei manchen Prüfern dazu, dass sie Mehrergebnisse produzieren, die den Anforderungen der Statistik genügen, aber nicht realisierbar oder nicht nachhaltig sind. Zu welch merkwürdigen Ergebnissen dies führen kann, wird an den folgenden drei sehr extremen Beispielen deutlich. Ihnen ist gemein, dass das Prüfungsergebnis lediglich darin bestand, die Zeitpunkte, zu denen die geprüften Unternehmen Vorsteuerabzugsbeträge gegenüber dem Finanzamt geltend machen konnten, zu verlagern.

Fall 1:

Ein etabliertes Unternehmen übertrug zum Jahresende (1) Betriebsteile auf zwei Personengesellschaften, welche die sich hieraus ergebenden Vorsteuerrückerstattungsansprüche von zusammen rd. 2,7 Mio. DM für den Dezember des betreffenden Jahres (1) beim Finanzamt geltend machten. Das Amt prüfte im Mai des Folgejahres (2) ausschließlich diesen Sachverhalt unter dem Aspekt „Firmenneugründung“. Dabei stellte es fest, dass ordnungsgemäße, zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnungen aus dem Januar (2) vorlagen und deshalb erst für diesen Monat geltend gemacht werden durften.

Fall 2:

Ein Prüfer stellte fest, dass die für Februar (2) geltend gemachte Vorsteuer über rd. 260 TDM aus einem Geschäftsvorgang schon im Dezember (1) hätte geltend gemacht werden können. Er bewirkte die Rückverlagerung des Vorgangs.

Fall 3:

Prüfungsanlass waren ganz außergewöhnlich hohe Vorsteuerbeträge in der Dezember-Anmeldung des Jahres (1). Mit einer aus nur drei Sätzen bestehenden Feststellung ordnete der Prüfer diese Beträge über zusammen rd. 3,5 Mio. DM den Monaten November (1) und Januar (2) zu.

In allen drei Fällen hatte der jeweilige Prüfer ein erhebliches Mehrergebnis vorzuweisen, der Fiskus hatte aber keinerlei Mehreinnahmen.

Ein derartiges, weniger am eigentlichen Prüfungsziel, sondern eher an der Statistik orientiertes Prüfungsverhalten, wie es der RH in besonderer Ausprägung bei einem der untersuchten Finanzämter vorgefunden hat, wirkt kontraproduktiv, weil

  • es nicht nur finanziell wenig bringt, sondern auch vom Steuerpflichtigen schnell durchschaut wird,

 

  • personelle und sachliche Ressourcen gebunden werden, die unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoller eingesetzt werden müssen,

 

  • die Gefahr besteht, dass solchermaßen manipulierte und damit unbrauchbare Statistiken gleichwohl zur Stützung personalwirtschaftlicher Maßnahmen (Stellenbewertung und -bemessung) herangezogen werden.

Prüfer die sich von den statistischen Ergebnissen weniger leiten ließen, haben in zahlreichen Fällen qualitativ und quantitativ bessere Prüfungen erbracht. Nach den Feststellungen des RH war dort die Quote der tatsächlichen Steuernachholungen teilweise signifikant höher.

7 Zusammenfassende Bewertung und Vorschläge

7.1 Die Aussagekraft der Ergebnisstatistiken ist zweifelhaft. Es entsteht ein unvollständiges, teilweise auch falsches Bild, wenn die höchste Fallzahl und das größte Mehrergebnis undifferenziert als Benchmark angesehen werden; dahinter können sich nämlich die höchste Zahl an Null-Fällen und die niedrigste Quote an Steuermehreinnahmen verbergen. Die Statistik-Anweisungen sollten daher so geändert werden, dass Anreize zu „Statistikprüfungen“, wie oben beispielhaft aufgezeigt, nicht mehr gegeben sind. Die Zahl der Null-Fälle sollte separat dargestellt werden. Erfolg und Effizienz ließen sich in der Folge davon nicht unerheblich steigern, wenn die personellen und sachlichen Ressourcen optimal - insbesondere auch zur Verhinderung oder Aufdeckung der zunehmenden Betrugsfälle - eingesetzt würden.

7.2 Es ist aus diesem Grund auch nicht geboten, routinemäßig und ohne Ansehung des konkreten Einzelfalls alle Unternehmensneugründungen und Firmeninsolvenzen zu prüfen. Solche Prüfungen sollten risikoorientiert, ausgerichtet an ihrem eigentlichen Zweck (Verhinderung von Missbräuchen und von finanziellen Nachteilen für den Fiskus), erfolgen.

7.3 Nach Auffassung des RH kann von einer Umsatzsteuerprüfung in den für eine allgemeine Betriebsprüfung vorgesehenen Fällen allenfalls dann abgesehen werden, wenn die sofortige Prüfung eines bestimmten Sachverhalts nicht notwendig ist, es sich also um eine Routineprüfung handeln würde. Dann muss aber sichergestellt sein, dass die allgemeine Betriebsprüfung die prüfungswürdigen Sachverhalte auch aufgreift; das Entstehen prüfungsfreier Räume kann nicht hingenommen werden. Der RH hält es deshalb für notwendig, dass die Verwaltung mehr als bisher darauf hinwirkt, dass die allgemeine Betriebsprüfung den umsatzsteuerlich relevanten Sachverhalten den Stellenwert beimisst, der ihr nach ihrer Bedeutung für das Steueraufkommen zukommt.

7.4 Der durch DV-Unterstützung des unmittelbaren Prüfungsgeschäfts eingetretene Kosten/Nutzen-Effekt ist beachtlich. Die Vollausstattung der Prüfer mit entsprechender Hardware sollte deshalb zügig realisiert werden. Ebenso sollte ein automationsgestützter Zugriff auf Daten außerhalb des jeweiligen Finanzamts, etwa auf beim Bundesamt für Finanzen vorgehaltene fallbezogene Informationen, ermöglicht werden. Für den administrativen Bereich der Prüfungstätigkeit (Fallüberwachung, Listenführung) sollte DV-Unterstützung aufgebaut werden.

8 Stellungnahme des Ministeriums und Schlussbemerkung

Zur Aussagekraft der Ergebnisstatistiken und zum finanziellen Erfolg der Prüfungen weist das FM darauf hin, dass die vom RH skizzierte Situation kein Spezifikum der Umsatzsteuerprüfung sei. Die Aussagekraft solcher Statistiken sei vielmehr auch in Bezug auf die anderen Prüfungsdienste zweifelhaft, da die tatsächlichen Mehreinnahmen auch dort weitaus geringer seien, als in der Statistik dargestellt. Nach den Berechnungen einer OFD liege das Mehrergebnis je Umsatzsteuerprüfer selbst bei einer Realisierungsquote von 37 % noch über dem durchschnittlichen kassenwirksamen Mehrergebnis der allgemeinen Betriebsprüfung. Bezüglich der Prüferleistungen weist das Ministerium darauf hin, dass die Tätigkeit der Umsatzsteuerprüfung in einer Art Konkurrenzsituation zur allgemeinen Betriebsprüfung stehe und dass es deshalb schwierig sei, qualifizierte Prüfer zu gewinnen und bei der Umsatzsteuerprüfung zu halten.

Der RH hat die Ergebnisstatistiken der allgemeinen Betriebsprüfung bisher nicht analysiert. Die tatsächlichen Mehrsteuern dürften aber auch dort geringer sein, als die Statistiken ausweisen. Ungeachtet der Schwierigkeiten bei der Personalgewinnung sollten die aufgezeigten Rationalisierungspotenziale durch einen effektiveren Prüfereinsatz erreicht werden können.


Anhänge

Durch Benchmarking, verbesserte Verfahren und DV-Unterstützung können bei den Finanzkassen noch bedeutende Rationalisierungsmöglichkeiten erschlossen werden. Zur optimalen Ausschöpfung der aufgezeigten Einsparpotenziale empfiehlt der Rechnungshof die Bildung von Regionalkassen. Mittelfristig können dann rechnerisch bis zu 497 Personalstellen mit einem jährlichen Kostenvolumen von über 62 Mio. DM eingespart werden.


1 Aufgaben und Organisation der Finanzkassen

Die Finanzkassen haben die Aufgabe, die festgesetzten Steuern und sonstigen Haushaltseinnahmen im Bereich der Steuerverwaltung rechtzeitig und vollständig zu erheben und zu verbuchen und Haushaltsausgaben und sonstige Ausgaben rechtzeitig und vollständig zu bewirken sowie Wertgegenstände entgegenzunehmen und auszuliefern. Wie in allen Landesverwaltungen gilt auch für den Bereich der Steuerverwaltung der Grundsatz der Kassensicherheit (§ 77 LHO). Für die Organisation der Finanzämter bedeutet dies die Trennung von Steuerfestsetzung und Erhebung sowie innerhalb der Finanzkassen die Abgrenzung der Aufgabengebiete Zahlungsverkehr und Buchführung. Die Arbeiten in der Finanzkasse sind geprägt durch die Vorgabe, anfallende Aufgaben zeitnah, nach Möglichkeit taggleich zu erledigen.

Die Bediensteten in den Finanzkassen sind weit überwiegend Beamtinnen und Beamte des mittleren Dienstes und vergleichbare Angestellte.

Den Finanzkassen sind Datenerfassungskräfte zugeordnet, die jedoch keine originären Kassenaufgaben ausüben. Sie bleiben deshalb bei den nachfolgenden Betrachtungen unberücksichtigt.

2 Zuständigkeit, personelle Besetzung und Versuche zur Neuordnung der Finanzkassen

Bei 74 von insgesamt 81 Finanzämtern in Baden-Württemberg sind Finanzkassen eingerichtet, drei davon als Zentralkassen.

Die Arbeitsabläufe in den Finanzkassen wurden in den vergangenen Jahren weitgehend automatisiert. Der Personalbestand (ohne Datenerfassung) hat sich dadurch im Zeitraum von 1991 bis 1999 um 228 auf 1053 Bedienstete vermindert.

Bereits mit der Einführung des Integrierten Automatisierten Besteuerungsverfahrens (IABV) wurden zwei Zentralkassen gebildet. Im Jahr 1995 war geplant, weitere Kassen in Regionalkassen zusammenzufassen. Nachdem dies im ersten Projekt wegen des Versäumnisses, zuvor die Daten der Finanzämter technisch zu verbinden, nicht vollständig gelungen war, wurden keine weiteren entsprechenden Versuche mehr unternommen.

3 Zweck, Umfang und Methode der Erhebungen

Der RH untersuchte im Rahmen von Querschnittserhebungen bei sieben Finanzämtern, ob die Rationalisierungsmöglichkeiten bei den Finanzkassen bereits voll ausgeschöpft sind oder ob weitere Maßnahmen zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit in Betracht kommen können.

Auf vom RH erstellten Erhebungsbögen hielten die Bearbeiter den Zeitaufwand für die einzelnen Tätigkeiten (Verfahren) ihres Arbeitsbereichs fest. Die den Untersuchungen zu Grunde liegenden Arbeitsmengen wurden den Organisationsübersichten der Verwaltung entnommen (s. Pkt. 4.1). Ergänzt wurden die Untersuchungen durch eine breit angelegte Befragung von Kassenbediensteten, Bediensteten der steuerfestsetzenden Stellen und der Vollstreckungsstellen.

4 Untersuchungsergebnisse

4.1 Quantitative Leistungen

Für die Messung der quantitativen Leistung je Bediensteten in den einzelnen Arbeitsgebieten wurden die von der Verwaltung ermittelten Einzahlungsbuchungen, die durch Gewichtung von Speicherkonten für Veranlagungssteuern errechneten Wertpunkte und die Zahl der Verwahrungen und Vorschüsse unverändert übernommen. Danach ergaben sich landesweit die in Übersicht 1 dargestellten Werte.

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4.2 Würdigung der Spannweiten

Die Spannweiten sind z.T. erheblich. In den extremen Fällen liegt dies nach den Feststellungen des RH besonders daran, dass die Aufteilung der Zeitanteile von Arbeitskräften, die verschiedene Tätigkeiten ausüben, in den Geschäftsverteilungsplänen vor allem kleiner Finanzämter im Wege der Schätzung, also nicht immer exakt vorgenommen werden konnte.

Im Übrigen wirken sich nach den Feststellungen des RH zahlreiche sehr unterschiedliche Faktoren auf die quantitativen Arbeitsleistungen aus. Dazu gehören u.a.:

  • Die Qualifikation und Motivation des Kassenpersonals. Die quantitativen Arbeitsleistungen waren in denjenigen Finanzkassen deutlich besser, in denen gut ausgebildetes und geschultes Personal eingesetzt ist. Probleme in dieser Hinsicht haben insbesondere die Finanzämter in Ballungsräumen. Wegen der dort herrschenden Bedingungen am Arbeitsmarkt ist es ungleich schwieriger, qualifizierte Arbeitskräfte für den mittleren Dienst zu gewinnen. Die deshalb aus ländlichen Gebieten (zwangs-) versetzten Bediensteten wollen meist möglichst schnell wieder zurückversetzt werden, was die Motivation nicht gerade fördert. Die durch Rückversetzungen bedingte hohe Personalfluktuation führt dazu, dass sich regelmäßig ein erheblicher Teil der Bediensteten in der Einarbeitungsphase befindet und deshalb nur unterdurchschnittliche Arbeitsleistung erzielen kann.

 

  • Flexibilität des Personaleinsatzes im Bereich der gesamten Finanzkasse.

 

  • Grad der Optimierung und Gestaltung der Arbeitsabläufe, wie z.B. eine einheitlich geordnete Ablage von Belegen in allen Arbeitsgebieten.

 

  • Nutzung der DV-Unterstützung, beispielsweise die Wahl der richtigen Abfrageart oder die gezielte Anforderung von Listen und Ausdrucken.

 

  • Die Arbeitsweise der übrigen Stellen des Finanzamts, z.B. die sorgfältige Pflege der Grundinformationsdaten oder das zeitnahe Erteilen von Steuernummern und Einrichten der Speicherkonten.

4.3 Tätigkeitsprofile

Aus den Aufzeichnungen der Bediensteten über die Art ihrer Tätigkeiten und die darauf entfallenden Zeitanteile in den Aufgabengebieten Zahlungsverkehr, Automation und Buchführung wurden durchschnittliche Tätigkeitsprofile ermittelt. Auch hier ergaben sich in einzelnen Bereichen größere Spannweiten zwischen den Werten der in die Erhebungen einbezogenen Finanzämter, für die zumeist ebenfalls Unterschiede in der Arbeitsweise der Finanzkassen selbst und anderer Stellen des Finanzamts maßgeblich waren.

Das verdeutlichen die folgenden Beispiele:

In den Girostellen beträgt die anteilige Arbeitszeit für die Scheckbearbeitung zwischen 15 % und 49 % und für die Bearbeitung der Banküberweisungen zwischen 15 % und 41 %. Einen relativ geringen Zeitanteil haben insoweit die Kassen, die ihr Personal flexibel einsetzen, indem sie Kontierungsarbeiten bei Bedarf aushilfsweise durch Kontenverwalter ausführen lassen.

Bei den Kontenverwaltern für Veranlagungssteuern beträgt der Zeitanteil für die Bearbeitung von Steuererstattungen 11 % bis 21 %. Es hat sich gezeigt, dass zusätzliche Arbeiten der Kontenverwalter vermieden werden, wenn die Steuerfestsetzungsstellen die Grundinformationsdaten, wie Adressen und Bankverbindungen, laufend pflegen.

Erstaunlich ist, dass ein Kontenverwalter im Durchschnitt ein Viertel seiner Arbeitszeit für Telefonate verwendet. Die von 12 % bis 36 % reichende Spannweite zeigt, dass die Möglichkeit der Reduzierung besteht. Dies gilt insbesondere für Telefongespräche mit Steuerberatern, auf die fast 40 % der gesamten Telefonate entfallen. Der RH verkennt nicht das berechtigte Bemühen der Steuerverwaltung um Kundenfreundlichkeit. Dies darf letztlich jedoch nicht dazu führen, dass sich einzelne Berater der Auskunftsbereitschaft der Finanzkassen in z.T. erheblichem Umfang bedienen, um auf diesem Wege zur Durchführung der Jahresabschlussarbeiten an die Daten ihrer Mandanten zu gelangen. Erste Informationsquelle für die Steuerberater müssen insoweit deren Mandanten bleiben. Ein entsprechender Hinweis an die Steuerberaterkammern könnte dabei hilfreich sein.

Die Kontenverwalter für Kraftfahrzeugsteuer wenden für die Bearbeitung der Erstattungsverfahren 5 % bis über 21 % ihrer Arbeitszeit auf. Hier zeigt sich, welcher unterschiedliche Aufwand bei der Ermittlung der Bankverbindung und der Suche nach Verrechnungsmöglichkeiten entsteht. Diese Ermittlungen sollten nicht übertrieben werden. Teilt beispielsweise ein Kraftfahrzeughalter nach der ersten Aufforderung die Bankverbindung für eine Erstattung nicht mit, sollte generell von weiteren Ermittlungen abgesehen werden.

5 Rationalisierungspotenzial

5.1 Benchmarking

5.1.1 Orientierung an den Besten

Die erheblichen Spannweiten bei den quantitativen Leistungen je Arbeitskraft und bei den Tätigkeitsprofilen zeigen, dass durch Optimierung der Arbeitsabläufe, der Aus- und Fortbildung der Bediensteten, durch die volle Ausschöpfung der gegebenen DV-Unterstützung sowie durch gute Zusammenarbeit mit den anderen Stellen des Finanzamts z.T. deutlich bessere quantitative und wohl auch qualitative Leistungen erzielt werden können. Die Finanzämter sind aufgerufen, ihre Situation kritisch unter die Lupe zu nehmen und - unter Nutzung der Erfahrungen der besten Ämter - die Arbeitsabläufe und den Ausbildungsstand des Personals zu verbessern. Ein intensiver Erfahrungsaustausch und die Orientierung der Arbeitsweise an den jeweils besten Finanzkassen ist dringend geboten, um so das vorhandene hohe Rationalisierungspotenzial auszuschöpfen.

5.1.2 Ermittlung der Benchmarks

Da es sich bei den Ausreißern am oberen Ende der Leistungsspannen teilweise um unrealistische (rein rechnerische) Werte handelt (s. Pkt. 4.2), wurden generell nicht die rechnerisch Besten als Maßstab ausgewählt. Nach Abstimmung mit erfahrenen Praktikern wurden Werte zu Grunde gelegt, die in allen Bereichen über den rechnerischen Mittelwerten liegen.

5.1.3 Personaleinsparung durch Benchmarking

Die durch Benchmarking im Einzelnen ermittelten Werte und dadurch möglichen Personaleinsparungen sind in Übersicht 2 dargestellt.

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Bei einer Optimierung der Arbeitsabläufe und bei einer maßvollen Verbesserung der Arbeitsleistung ließe sich somit bereits eine Einsparung von 268 Bediensteten (27,8 %) erreichen.

5.2 Weitere Rationalisierungsmöglichkeiten durch verbesserte Verfahren und DV-Unterstützung

Die Erhebungen haben gezeigt, dass über diese Personaleinsparungen hinaus das Einsparungspotenzial durch die Umsetzung von weiteren DV-Projekten und die weitere Verbesserung der Flexibilität im Personaleinsatz noch vergrößert werden kann.

Nachfolgend werden die wichtigsten Einsparmöglichkeiten in einzelnen Arbeitsbereichen dargestellt.

5.2.1 Girostellen

  • Fast die Hälfte der bei den Finanzkassen eingehenden Schecks sind mit einer buchungsgerecht ausgefüllten Scheck-Anlage versehen (sogenannte DATEV-Schecks), die sich problemlos zum maschinellen Einlesen eignen dürfte. Allein dadurch ließen sich 6 % und durch Einscannen der Anlagen zu anderen Schecks weitere 2 % der Gesamtarbeitszeit einsparen.

 

  • Die Finanzkassen erhalten von den Banken über jede Überweisung einen Einzelausdruck, der zu kontieren und zu erfassen ist. Durch Einführung des elektronischen Zahlungs- und Überweisungsverfahrens (EZÜ), das die Überweisungen maschinell den Personenspeicherkonten zuordnet, könnte eine wesentliche Arbeitsentlastung bei den Girostellen erreicht werden. Nach den Erfahrungen eines benachbarten Bundeslandes ist die problemlose Zuordnung mit bis zu 60 % beträchtlich. Auch wenn die Nachbearbeitung der nicht maschinell zuordenbaren Überweisungen etwas zeitaufwendiger als die Bearbeitung einer durchschnittlichen Überweisung ist, wird ein Einsparpotenzial von über 13 % der Gesamtarbeitszeit gesehen. Das EZÜ-Verfahren sollte deshalb vorrangig entwickelt und eingeführt werden.

 

  • Personell angewiesene Steuererstattungen sollten wie das maschinelle Erstattungsverfahren mittels Datenträgeraustausch erfolgen. Der RH sieht keine zwingenden Gründe, die dem entgegenstünden.

Einschließlich des Wegfalls von Eintragungen in die Kontogegenbücher und eines verringerten Aufwands bei der Abstimmung der Bankauszüge würde sich bei Realisierung der zuvor genannten Vereinfachungen die Gesamtarbeitszeit bei den Girostellen um 29,7 % verringern.

5.2.2 ADV-Leitstellen

Mit einer weiteren Ausdehnung der Bildschirmsachbearbeitung auf die Kapitalertragsteuer sowie auf die Bearbeitung von Stundungen und Aussetzungen der Vollziehung würde die Menge der vom Druck- und Versandzentrum in Papierform gelieferten und von der ADV-Leiststelle zu verteilenden Verarbeitungsergebnisse zurückgehen. Durch getrennte Anlieferung der Verarbeitungsergebnisse für die festsetzenden Stellen und für die Finanzkasse sowie die sinnvolle Sortierung der Unterlagen bereits im Druck- und Versandzentrum ließe sich der Zeitaufwand für das Sortieren und Verteilen weiter verringern. Insgesamt dürfte eine Einsparung von 5 % der Arbeitszeit zu erwarten sein.

5.2.3 Kontenverwalter für Veranlagungssteuern

  • Immer noch nicht realisiert ist die Direkteingabe der Kapitalertragsteuer durch die Bearbeiter (s. bereits DS 1999 S. 160 Nr. 19 Pkt. 7). Mit der Bearbeitereingabe sowie durch noch komfortablere Unterstützung der übrigen Daten-Direkteingaben würden die Kontenverwalter fast vollständig von manuellen Sollstellungen befreit werden, was eine Zeiteinsparung von 4 % ergäbe.

 

  • Bei sofortiger automatischer Freigabe von klaren Erstattungsfällen und Abwicklung manuell angewiesener Erstattungen per Datenträgeraustausch wird ein Einsparpotenzial von 8 % der Gesamtarbeitszeit gesehen.

 

  • Beim Übergang der örtlichen Zuständigkeit für die Besteuerung auf ein außerhalb des Bezirks einer OFD gelegenes Finanzamt ist es nach wie vor nicht möglich, die gespeicherten Daten elektronisch zu übertragen. Nicht einmal zwischen den früheren Bezirken der zusammengefassten OFD im badischen Landesteil ist eine entsprechende Datenübertragung bisher gelungen. Selbst innerhalb desselben Finanzamts ist es nicht möglich, die Daten von einem Konto auf ein anderes elektronisch zu übertragen. Die manuelle Übertragung von Daten ist kompliziert, extrem fehleranfällig und sehr zeitaufwendig. Es müssen deshalb vorrangig die DV-technischen Voraussetzungen für eine elektronische Datenübertragung innerhalb des Landes geschaffen werden. Nach Kenntnis des RH ist in anderen Bundesländern die landesweite elektronische Datenübergabe bereits möglich. Allein durch die elektronische Datenübertragung innerhalb des Landes würde sich der Zeitanteil an der Gesamttätigkeit der Kontenverwalter um mindestens 10 % verringern; bei bundesweiter Übertragung läge das Einsparpotenzial noch höher.

 

  • Durch weitere Verbesserungen bei den Umbuchungsverfahren, Wegfall der Einziehung von Gebühren für Rücklastschriften und Rückschecks, die Direkteingabe von Stundungen und Aussetzungen der Vollziehung sowie den Wegfall von Fehler-Meldungen bei Realisierung der zuvor genannten Vorschläge würde sich die Arbeitszeit zusätzlich um 12 % reduzieren.

Der Zeitaufwand der Kontenverwalter für Veranlagungssteuern könnte bei Umsetzung dieser Vorschläge um insgesamt 34 % reduziert werden.

5.2.4 Kontenverwalter für Kraftfahrzeugsteuer

  • Kraftfahrzeugsteuer-Erstattungen werden hauptsächlich durch Beendigung der Steuerpflicht eines Fahrzeugs ausgelöst. Dabei wird viel Zeit allein für die Ermittlung der Bankverbindung benötigt, weil bei einem Fahrzeugwechsel die ursprünglich gespeicherte Bankverbindung DV-technisch verloren geht. Dieser in mehreren hunderttausend Fällen jedes Jahr erforderliche Aufwand ließe sich vermeiden; ein Zeitgewinn von 5 % wäre möglich.

 

  • Bei Schaffung der DV-technischen Voraussetzungen für eine elektronische Datenübergabe bei Standortverlegung (s. auch Pkt. 5.2.3) und Verzicht auf die Einziehung der Rücklastschriftgebühren ließe sich die Arbeitszeit um weitere 6,1 % verringern.

5.2.5 Kontenverwalter für Verwahrungen und Vorschüsse

  • Für jeden nicht eingelösten Scheck und für jede Rückbelastung im Lastschrifteinzugsverfahren wird die Finanzkasse von der Bank mit einer Gebühr von 10 DM bzw. 7,50 DM belastet, deren Einzug der Kontenverwalter zu überwachen und abzuwickeln hat. Da die Gebühren nicht zu den steuerlichen Nebenleistungen gehören, können sie vom Finanzamt nicht zwangsweise beigetrieben werden, wenn sie außerhalb eines Vollstreckungsverfahrens angefallen sind. Gleichwohl hat der Steuerschuldner diese Gebühren nach Verwaltungsanweisung auch dann zu tragen, wenn sie nicht in einem laufenden Vollstreckungsverfahren angefallen sind. Der RH hält die Einziehung der geringen Gebühren, vor allem für die Rücklastschriften im Lastschrifteinzugsverfahren (LEV) für unwirtschaftlich, weil die Personalkosten und der sonstige Aufwand in keinem vernünftigen Verhältnis zur Gebührenhöhe stehen. Auch angesichts der großen Vorteile, die das LEV der Verwaltung bietet, wird der Verzicht auf die Einziehung der entsprechenden Kleinbeträge für gerechtfertigt gehalten. Dies hat auch Auswirkung auf die Arbeit der Girostelle und der übrigen Kontenverwalter. Im Übrigen übersteigt der insgesamt einzusparende Verwaltungsaufwand die erzielbaren „Gebühreneinnahmen“ um ein Mehrfaches. Eine Änderung der Kleinbetragsregelungen zu § 59 LHO sollte insoweit angestrebt werden.

 

  • Das beleggebundene Zahlungs- und Überweisungsverfahren (BZÜ) konnte die Erwartungen bisher nicht erfüllen. In allen untersuchten Finanzkassen wurde über die hohe Fehlerquote des Verfahrens geklagt. Die Optimierung des Verfahrens hat der RH bereits in der Denkschrift 1999 Nr. 19 angeregt.

Durch die zuvor genannten Verfahrensänderungen und Verbesserungen lässt sich die Gesamtarbeitszeit der Kontenverwalter für Verwahrungen und Vorschüsse um etwa 20 % reduzieren.

5.2.6 Gesamtes Einsparpotenzial durch verbesserte Verfahren und DV-Unterstützung

Übersicht 3 zeigt das durch verbesserte Verfahren und DV-Unterstützung zusätzlich mögliche Einsparpotenzial bei den Finanzkassen des Landes.

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Das unter Pkt. 5.1.3 dargestellte Einsparungspotenzial kann also durch verbesserte und vereinfachte Verfahrensabläufe sowie die Umsetzung von weiteren DV.Projekten noch erheblich vergrößert werden.

5.3 Weitere Überlegungen zur Erhöhung des Einsparpotenzials

5.3.1 Notwendigkeit des flexiblen Personaleinsatzes

Wegen der Vorgabe der taggleichen Erledigung des erheblich schwankenden Arbeitsanfalls kann ein kontinuierlicher Arbeitsablauf nur durch einen sehr flexiblen Einsatz des vorhandenen Personals erreicht werden. Die Trennung der Aufgabengebiete Zahlungsverkehr und Buchführung innerhalb der Finanzkassen und das generelle Verbot, die Bediensteten eines der Aufgabengebiete in dem jeweils anderen Aufgabengebiet einzusetzen, ist zwar ein wichtiger Grundsatz; der RH hält während der Steuertermine eine regelmäßige Unterstützung der Girostelle durch Kontenverwalter aber für zulässig und empfiehlt, von dieser Möglichkeit häufiger als bisher Gebrauch zu machen.

5.3.2 Datenerfassung

Durch die im Veranlagungsbereich und bei den Finanzkassen weitgehend realisierte direkte Dateneingabe am Bildschirm sind Datenerfassungsstellen nahezu überflüssig geworden. Im Jahr 1999 wurde damit begonnen, die Umsatzsteuervoranmeldungen und die Lohnsteueranmeldungen maschinell einzulesen. Dazu wurden die Finanzämter schrittweise mit Scannern ausgestattet.

Die Verarbeitung der Anmeldungen ist originäre Aufgabe der steuerfestsetzenden Stellen. Allerdings besteht bei vielen Finanzämtern die Absicht, die Scanner endgültig in den Finanzkassen aufzustellen und von bisherigen Datenerfassungskräften bedienen zu lassen. Die Einführung moderner DV-Technik ist eine Chance, Personal einzusparen. Diese wird nicht genutzt, wenn die früheren Datenerfassungskräfte generell zum Bedienen der Scanner, zum Vorsortieren oder zur „einfachen Nachbearbeitung“ eingesetzt werden.

Auch im Hinblick auf die Überlegungen zur Zusammenfassung mehrerer Finanzkassen (s. Pkt. 6) sollte die Finanzkasse nicht als Standort für den Scanner in Erwägung gezogen werden.

5.4 Gesamtes Einsparpotenzial durch Benchmarking, verbesserte Verfahren und DV-Unterstützung

5.4.1 Die Personaleinsparungen, die durch Optimierung der Arbeitsabläufe, durch Aus- und Fortbildung der Bediensteten sowie durch die volle Ausschöpfung der gegebenen DV-Unterstützung schon jetzt erreicht werden können (Benchmarking) und die darüber hinaus durch weitere Verbesserung und Vereinfachung von Verfahrensvorschriften sowie durch Realisierung von DV-Projekten noch zu erwarten sind, werden in Übersicht 4 zusammengefasst.

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5.4.2 Ein externes Beratungsunternehmen hatte bereits 1995 in einer aufgabenkritischen Untersuchung der Steuerverwaltung im Bereich der Finanzkassen ein Einsparpotenzial von 257 Arbeitskräften (ohne Datenerfassung) gesehen. Nach den Erhebungen des RH dürfte dieses Ergebnis für die Situation der Finanzkassen im Jahr 1995 durchaus realistisch gewesen sein. Unter Berücksichtigung der aktuellen Benchmarks und der vom RH vorgeschlagenen weiteren Verbesserungen ist das Einsparpotenzial aber noch größer.

5.5 Gesamtes Personal-Soll der Finanzkassen nach der Prüfung

5.5.1 Bezogen auf den Stand 01.01.1999 ergibt sich folgendes Personalsoll für die Finanzkassen im Lande:

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5.5.2 Auf der Grundlage der Untersuchungen hätten von den 74 Finanzkassen im Lande nur noch

18 Kassen (24,3 %) 10 und mehr Bedienstete,
37 Kassen (50 %) 5 bis 9,99 Bedienstete und
19 Kassen (25,6 %) weniger als 5 Bedienstete.

Somit wären mehr als drei Viertel der Kassen (einschließlich Kassenleiter) nur noch mit weniger als 10 Bediensteten besetzt.

6 Neuordnung der Finanzkassen

6.1 Allgemeines

In kleinen Kassen führen die besondere Form des Arbeitsablaufs und die Sicherheitserfordernisse zu Problemen bei der Einhaltung der Ordnungsmäßigkeit, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit des Kassen- und Rechnungswesens. Hinzu kommt, dass sich das zuvor dargestellte Einsparpotenzial bei den bestehenden Strukturen der Finanzkassen meist nicht in vollem Umfang realisieren lassen wird, weil die rechnerisch ermittelten Einsparmöglichkeiten in den einzelnen Arbeitsgebieten häufig gering sind. Diese Problematik und das Ergebnis, dass nach Umsetzung des ermittelten Einsparpotenzials drei Viertel der Finanzkassen nur noch weniger als zehn - 19 Kassen sogar nur noch weniger als fünf - Bedienstete hätten, zwingen zu Überlegungen, wie die Finanzkassen neu geordnet und strukturiert werden müssen, um optimale Bedingungen zu erreichen. Der RH greift deshalb Überlegungen der Verwaltung aus dem Jahre 1995 zur Neuordnung der Finanzkassen auf und regt die Bildung von Regionalkassen an.

6.2 Voraussetzungen für die Bildung von Regionalkassen

Die negativen Erfahrungen bei der Zusammenlegung zweier Finanzkassen haben gezeigt, dass ohne vorherige DV-technische Verbindung der Daten der betroffenen Ämter eine solche Maßnahme nicht sinnvoll ist. Der RH betrachtet daher die Schaffung eines einheitlichen Datenpools als unabdingbare Voraussetzung für die Bildung von Regionalkassen und empfiehlt, die entsprechenden DV-technischen Maßnahmen umgehend in die Wege zu leiten.

6.3 Vorteile der Zusammenlegung von Finanzkassen

In der Zusammenlegung von Finanzkassen sieht der RH gewichtige Vorteile, wie z.B.

  • die volle Ausschöpfung der Einsparpotenziale und die damit verbundene erhebliche Entlastung des Haushalts,

 

  • die Optimierung des Personaleinsatzes vor allem in Terminzeiten sowie bei urlaubs- oder krankheitsbedingten Ausfallzeiten,

 

  • die Verlagerung in ländlich strukturierte Gebiete zur Entschärfung der Probleme bei der Personalbeschaffung in Ballungsräumen, verbunden mit der möglichen Aufwertung kleiner Finanzämter durch die Zuweisung einer Regionalkasse.

6.4 Bildung von Regionalkassen - Realisierung des Einsparpotenzial

6.4.1 Szenario

Die hier entwickelte Konzeption zur Zusammenfassung von Finanzkassen zu Regionalkassen ist ein Denkmodell und ist nur eine von mehreren Möglichkeiten. Aussagen zu Standorten der Regionalkassen werden bewusst nicht gemacht, weil die Basis für entsprechende Vorschläge, insbes. Untersuchungen über die räumlichen Gegebenheiten und die übrige Infrastruktur, fehlt. Die Personalstruktur des Denkmodells wurde an die Organisation in einem benachbarten Bundesland angelehnt.

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Nach diesem Modell kann gegenüber der Personalausstattung der bisher 74 Finanzkassen am 01.01.1999 von 1 053,3 Stellen eine Einsparung von 496,8 Stellen erreicht werden. Davon entfallen 48,7 auf den gehobenen und 448,1 auf den mittleren Dienst bzw. Angestellte.

Die vorgeschlagene Neugestaltung der Unterstellungsverhältnisse orientiert sich an den Erfahrungen in einem benachbarten Bundesland zur Leitung und Führung einer Regionalkasse. Dort findet sich je Kasse ein Kassenleiter als Sachgebietsleiter gehobener Dienst (g.D.), ein Aufgabengebietsleiter (g.D.) für die ersten 15 bis 20 Bearbeiterinnen/Bearbeiter, der gleichzeitig den Kassenleiter vertritt und je ein Aufgabengebietsleiter (g.D.) für weitere 20 bis 25 Bedienstete. Denkbar wäre außerdem je ein Sachbearbeiter (m.D.) für etwa 4 bis 5 Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter (m.D.) für die Bereiche Girostelle, ADV-Leitstelle und Kontenverwaltung.

6.4.2 Entlastung des Haushalts durch die Bildung von Regionalkassen

Den Überlegungen des RH zur Optimierung der Verfahren und Arbeitsabläufe in den Finanzkassen sowie zur Einführung von Regionalkassen liegt eine Globalbetrachtung zu Grunde. Das daraus resultierende Entlastungspotenzial für den Landeshaushalt kann daher nicht als Summe entbehrlicher konkreter Einzelstellen, sondern nur pauschal ermittelt werden. Unter Anwendung der Pauschsätze für die Personalkosten nach Laufbahnen der VwV Kostenfestlegung (Stand 1998) ergibt sich folgende jährliche Haushaltsentlastung:

48,7 Stellen des gehobenen Dienstes x 152 832 DM = 7,4 Mio. DM
448,1 Stellen des mittleren Dienstes/Angestellte x 122 249 DM = 54,7 Mio. DM
Zusammen 62,1 Mio. DM

Der RH verkennt nicht, dass die Schaffung der für die Bildung von Regionalkassen unerlässliche DV-technischen und räumlichen Voraussetzungen einmalig erhebliche Kosten verursachen wird.

7 Empfehlungen und abschließende Betrachtung

7.1 Die durch Benchmarking und verbesserte Verfahren und DV-Unterstützung errechneten Einsparpotenziale sind Idealwerte. Sie werden nur unter günstigsten Voraussetzungen in vollem Umfang zu realisieren sein. Der RH schlägt deshalb nicht vor, eine feste Zahl von Stellen in einem bestimmten Zeitraum zu streichen. Die Untersuchungsergebnisse zeigen aber klar auf, dass auch nach der Personalreduzierung der letzten Jahre noch ein erhebliches Einsparpotenzial vorhanden ist und dass der Personalabbau in den Finanzkassen konsequent fortgesetzt werden muss.

Die Umsetzung der Vorschläge und Anregungen wird nur in größeren Finanzkassen möglich sein. Deshalb hat der RH modellhaft mehrere Finanzkassen in Regionalkassen zusammengefasst. Verbunden damit ist die Empfehlung, erste Projekte in dieser Richtung zu planen und zu verwirklichen.

7.2 Nur zwei der denkbaren 22 Regionalkassen hätten nach dem Rechenmodell des RH mehr als 30 Bedienstete, die übrigen z.T. deutlich weniger. Die Erfahrungen der Steuerverwaltung eines benachbarten Bundeslandes zeigen, dass Einheiten mit 40 und mehr Bediensteten möglich sind.

7.3 Eingesparte Personalstellen sollten in erster Linie zur Erfüllung des vom Finanzressort zu erbringenden Einsparpotenzials genutzt und in zweiter Linie in Bereiche der Steuerverwaltung umgeschichtet werden, in denen Personalbedarf besteht.

8 Zur Stellungnahme des Ministeriums

Das FM erhebt keine grundsätzlichen Einwendungen gegen den Beitrag. Es stimmt mit dem RH überein, dass durch Benchmark-gestützte Organisationsänderungen und weitere Verbesserung der DV-Unterstützung Personaleinsparungen möglich sind. Einschränkend weist es jedoch darauf hin, dass die vorgeschlagenen Programmänderungen nur im Rahmen der personellen Ressourcen bei der Anwendungsentwicklung und der Priorisierung im Vergleich zu Anforderungen aus anderen Fachbereichen realisiert werden können. Die Personaleinsparungen seien insgesamt nur über einen längeren Zeitraum zu erzielen.

Das FM ist auch der Auffassung, dass sich die vorgeschlagenen Verbesserungen und ein weitgehend flexibler Personaleinsatz in kleinen Finanzkassen nicht optimal umsetzen lassen. Es habe deshalb bereits mehrere Denkmodelle, wie die Bildung von Mischsachgebieten, Erhebungsbezirken und auch Regionalkassen aufgegriffen.

Nach den Feststellungen des RH mussten Mischsachgebiete bisher schon bei fast zwei Drittel der Finanzämter eingerichtet werden, um die Kassenleiter (Sachgebietsleiter) voll auszulasten. Diese Organisationsform hat jedoch keine Auswirkungen auf die Arbeit der Finanzkassen. Der RH hält daher ein alternatives Modell zur Regionalkasse nur dann für akzeptabel, wenn dadurch das berechnete Einsparpotenzial im gleichen Maße erreicht werden kann.


Anhänge

Bei Gesellschafter-Geschäftsführern von Kapitalgesellschaften wurden vielfach Versicherungsbeiträge in unzutreffender Höhe als Sonderausgaben abgezogen; das steuerliche Berichtigungspotenzial beträgt mehr als 5,5 Mio. DM jährlich. In anderen Fällen haben die Finanzämter auf Grund von DV-Eingabefehlern Erstattungszinsen in Höhe von rd. 3,9 Mio. DM zu Unrecht festgesetzt.


1 Überhöhter Abzug von Versicherungsbeiträgen als Sonderausgaben

1.1 Ausgangslage

1.1.1 Bestimmte Versicherungsbeiträge sind als Vorsorgeaufwendungen im Rahmen der gesetzlichen Höchstbeträge als Sonderausgaben abzugsfähig. Sie können u.a. bis zur Höhe des sog. Vorwegabzugs von z.Z. 6 000 DM, im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten von 12 000 DM, steuermindernd berücksichtigt werden. Der Vorwegabzug ist u.a. zu kürzen, wenn ein Arbeitnehmer während des ganzen oder eines Teils des Kalenderjahrs nicht rentenversicherungspflichtig war, eine Berufstätigkeit ausübte und in Zusammenhang damit auf Grund vertraglicher Vereinbarungen Anwartschaftsrechte auf eine Altersversorgung ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistung erwarb. Die Kürzung beträgt 16 % der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit (ohne Versorgungsbezüge).

1.1.2 Der Vorwegabzug auf Grund vertraglich vereinbarter Anwartschaften auf Altersversorgung ist insbesondere bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern von Kapitalgesellschaften zu kürzen, soweit ihnen eine Pensionszusage erteilt ist. Die erforderlichen Angaben zur Kürzung werden im Vordruck Anlage N zur Einkommensteuererklärung erfragt. Anzugeben ist u.a., ob und ggf. seit wann eine Anwartschaft auf Altersversorgung besteht. Des Weiteren sind die Pensionszusagen im Allgemeinen den Steuerakten der Kapitalgesellschaften zu entnehmen.

1.1.3 Bei der maschinellen Berechnung und Festsetzung der Einkommensteuer wird generell eine Kürzung des Vorwegabzugs vorgenommen, es sei denn, der Arbeitslohn wird ganz oder teilweise durch eine manuelle Eingabe der Bearbeiter von der Kürzungsbemessungsgrundlage ausgenommen.

1.2 Prüfungsanlass, Prüfungsumfang

Die Kürzung des Sonderausgabenvorwegabzugs war bereits 1989 von den damaligen Vorprüfungsstellen schwerpunktmäßig untersucht worden. Auf Grund der dabei festgestellten Fehler wurde die Steuerverwaltung gebeten, durch Schulung der Mitarbeiter sowie Verbesserung des Informationsaustauschs zwischen den beteiligten Arbeitsgebieten die zutreffende Kürzung des Vorwegabzugs zu gewährleisten. Über das Ergebnis der Prüfung hatte der RH in der Denkschrift 1989 Nr. 21 berichtet.

Trotzdem stellten die StRPÄ in den letzten Jahren erneut derartige Fehler in erheblichem Umfang fest. Die StRPÄ untersuchten deshalb 1999 in Sondererhebungen bei zehn Finanzämtern insgesamt 2 698 Einkommensteuerveranlagungen der Veranlagungszeiträume 1993 bis 1998, in denen Arbeitslohn von mehr als 100 TDM von der Bemessungsgrundlage für die Kürzung des Vorwegabzugs ausgenommen wurde.

1.3 Feststellungen

1.3.1 Die Erhebungen ergaben, dass in 331 (12,27 %) der 2 698 geprüften Einkommensteuerveranlagungen die Kürzung des Sonderausgabenvorwegabzugs unrichtig war. Die Steuer wurde in den entsprechenden Bescheiden zu niedrig festgesetzt.

1.3.2 Von den unrichtigen Steuerbescheiden waren 212 (64 %) auf eine fehlerhafte Sachbehandlung durch die FÄ zurückzuführen. Fehlerquellen waren dabei überwiegend, dass

  • zutreffende Angaben der Steuerpflichtigen auf der Anlage N nicht beachtet wurden (171 Fälle),

 

  • die Steuerpflichtigen auf der Anlage N keine Angaben machten und die Finanzämter bestehende Pensionszusagen nicht ermittelten (13 Fälle) oder

 

  • von den Veranlagungsstellen für Kapitalgesellschaften gefertigte Kontrollmitteilungen über Pensionszusagen nicht oder nicht zutreffend ausgewertet wurden (12 Fälle).

In weiteren 119 Fällen (36 %) führten vor allem falsche Angaben der Steuerpflichtigen auf der Anlage N zu fehlerhaften Steuerfestsetzungen. In diesen Fällen sahen die Finanzämter auf Grund der vollständigen und schlüssigen Einkommensteuererklärungen keinen Anlass zu Ermittlungen. Kontrollmitteilungen der Veranlagungsstellen für Kapitalgesellschaften über die aus deren Akten ersichtlichen Pensionszusagen hätten die falschen Angaben der Steuerpflichtigen jedoch aufdecken können.

Vier typische Fälle sind nachfolgend beispielhaft aufgeführt:

  • Eine 1993 erteilte Pensionszusage wurde vom Steuerpflichtigen auf den Anlagen N seiner Steuererklärungen der Jahre 1993 bis 1995 jeweils zutreffend erklärt. Gleichwohl kürzte das Finanzamt den Vorwegabzug nicht. Der Steuerausfall betrug rd. 18 TDM.

 

  • Fehlende Angaben auf den Anlagen N der Steuererklärungen für die Jahre 1994 bis 1997 wurden vom Finanzamt in keinem Jahr zum Anlass genommen, Ermittlungen über das Vorliegen einer Pensionszusage anzustellen. Der Vorwegabzug wurde für diesen Zeitraum nicht gekürzt. Die Überprüfung durch ein StRPA ergab, dass dem Steuerpflichtigen bereits im Kalenderjahr 1993 eine Pensionszusage erteilt worden war. Die Korrektur der Steuerbescheide führte zu Mehrsteuern von rd. 19 TDM.

 

  • Über eine seit 1983 bestehende Pensionszusage befand sich eine Kontrollmitteilung in den Einkommensteuerakten. Bei den Einkommensteuerveranlagungen 1995 und 1996 wurde die Kontrollmitteilung nicht beachtet und der Vorwegabzug nicht gekürzt. Die Einkommensteuer wurde insgesamt um rd. 4 500 DM zu niedrig festgesetzt.

 

  • Nach den Angaben eines Steuerpflichtigen auf den Anlagen N seiner Steuererklärungen für die Jahre 1993 bis 1997 bestand keine Pensionszusage. Gegenteilige Informationen, etwa eine Kontrollmitteilung über die tatsächlich seit 1990 erteilte Pensionszusage, lagen der zuständigen Veranlagungsstelle nicht vor. Auf der Basis dieser Angaben wurde der Vorwegabzug nicht gekürzt. Die Korrektur der Steuerfestsetzungen führte zu Mehrsteuern von rd. 20 TDM.

1.3.3 Die für die Kürzung des Vorwegabzugs erforderlichen Informationen liegen den Finanzämtern vor. Sie sind entweder den Steuererklärungen der Gesellschafter-Geschäftsführer oder den Steuerakten der Kapitalgesellschaften zu entnehmen. Das Ergebnis der Erhebungen zeigt damit auch, dass in einer erheblichen Anzahl von Fällen Informationen, die bei einer anderen Stelle innerhalb der Steuerverwaltung vorhanden sind, die zuständigen Veranlagungsstellen nicht erreichen oder von diesen nicht oder nicht zutreffend ausgewertet werden.

1.4 Finanzielle Auswirkung

Das finanzielle Mehrergebnis aus den in die Prüfung stichprobenweise einbezogenen Fällen beträgt rd. 1 Mio. DM.

Landesweit werden je Veranlagungszeitraum durchschnittlich 15 500 ESt-Veranlagungen durchgeführt, in denen Arbeitslohn von mehr als 100 TDM von der Bemessungsgrundlage für die Kürzung des Vorwegabzugs ausgenommen wurde. Auf der Basis der dargestellten Prüfungserfahrungen dürften sich aus der Überprüfung dieser Fälle ein gesamtes Berichtigungspotenzial von mehr als 5,5 Mio. DM je Veranlagungszeitraum ergeben.

1.5 Vorschläge des Rechnungshofs

Auf Grund des Umfangs der problematischen Fälle und der erheblichen finanziellen Auswirkungen hält der RH die Aufarbeitung der dargestellten Besteuerungssachverhalte für geboten.

Er empfiehlt, die Kürzung des Vorwegabzugs für einen Veranlagungszeitraum landesweit als sog. Prüffeld für eine intensive Prüfung auszuwählen. Geprüft werden sollten dabei alle Fälle, in denen bei der letzten Veranlagung Arbeitslohn von mehr als 100 TDM von der Bemessungsgrundlage für die Kürzung ausgenommen wurde.

Das jeweilige Prüfungsergebnis sollte von den Veranlagungsstellen in geeigneter Form aktenkundig gemacht oder als interner Vermerk im DV-Programm hinterlegt werden, um die zutreffende Sachbehandlung dieser Fälle auch für die Folgejahre zu ermöglichen.

2 Fehlerhafte Festsetzung von Erstattungszinsen

2.1 Ausgangslage

2.1.1 Steuernachforderungen und Steuererstattungen werden seit dem Veranlagungszeitraum 1989 mit einem Zinssatz von 0,5 % je Monat verzinst. Diese Regelung soll einen Ausgleich dafür schaffen, dass Steuern trotz gleichen gesetzlichen Entstehungszeitpunkts, aus welchen Gründen auch immer, zu unterschiedlichen Zeitpunkten festgesetzt und erhoben werden. Der Zinslauf beginnt im Regelfall 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist (z.B. für die Einkommensteuer 1996 am 01.04.1998).

2.1.2 Nach § 10d des Einkommensteuergesetzes können Verluste, die im Entstehungsjahr nicht durch positive Einkünfte ausgeglichen werden, in den beiden vorangegangenen Kalenderjahren berücksichtigt werden (Verlustrücktrag). Dazu sind die Steuerfestsetzungen für diese Jahre in der Regel nachträglich zu ändern.

2.1.3 Beruhen geänderte Steuerfestsetzungen auf einem Verlustrücktrag aus den Kalenderjahren 1996 ff, beginnt der Zinslauf abweichend vom Regelfall 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verlust entstanden ist.

Beispiel:

Die Einkommensteuerfestsetzung 1996 wird auf Grund eines Verlustrücktrags aus dem Kalenderjahr 1998 geändert. Die hierdurch entstehende Steuererstattung für das Jahr 1996 ist nicht bereits ab dem 01.04.1998 (Regelfall), sondern erst ab dem 01.04.2000 zu verzinsen.

2.2 Automatisiertes Verfahren

Die Zinsen werden grundsätzlich im automatisierten Verfahren berechnet, festgesetzt und zum Soll gestellt.

2.2.1 Bis zum Dezember 1997 waren die Finanzämter angewiesen, bei der Änderung von Steuerfestsetzungen auf Grund von Verlustrückträgen aus den Kalenderjahren 1996 ff. dieses automatisierte Verfahren nicht einzusetzen, weil es den späteren Zinslaufbeginn (Pkt. 2.1.3) DV-technisch nicht berücksichtigte. In allen entsprechenden Fällen mussten die Bearbeiter daher die automatisierte Zinsfestsetzung ausschließen und die Zinsen ggf. manuell berechnen und festsetzen.

2.2.2 Seit dem Einsatz einer neuen Programmversion im Dezember 1997 kann das automatisierte Verfahren auch in Verlustrücktragsfällen angewendet werden. Die Bearbeiter haben in diesen Fällen allerdings folgende manuelle Eingaben vorzunehmen:

  • Ist eine Steuerfestsetzung ausschließlich auf Grund eines Verlustrücktrags zu ändern, muss für die Zinsberechnung nur das Kalenderjahr der Verlustentstehung eingegeben werden.

 

  • Liegen neben dem Verlustrücktrag weitere Änderungsgründe vor, beginnen die Zinsläufe unterschiedlich. Einzugeben ist das Jahr der Verlustentstehung sowie der auf den Verlustrücktrag entfallende Steuererstattungsbetrag. Die Steuerstattung ist hierbei als negativer Wert zu erfassen.

2.3 Feststellungen

Bei seinen Prüfungen im Geschäftsjahr 1999 hat das StRPA Karlsruhe vereinzelt fehlerhafte Zinsfestsetzungen in Verlustrücktragsfällen festgestellt. Um die Breitenwirkung der Fehler einschätzen zu können, wurde dieses Thema vom StRPA zunächst bei zwei Finanzämtern schwerpunktmäßig untersucht. Dabei ergaben sich im Wesentlichen die beiden nachfolgend dargestellten Fehlerquellen.

2.3.1 Bei Verlustrückträgen in der Zeit bis Dezember 1997 wurde die maschinelle Zinsfestsetzung häufig nicht ausgeschlossen (vgl. Pkt. 2.2.1). Dies bewirkte, dass die Steuererstattungsbeträge zu Unrecht verzinst wurden. Die Überprüfung von 25 Fällen führte zu 21 Beanstandungen und ergab zu Unrecht festgesetzte Erstattungszinsen in Höhe von rd. 30 TDM.

2.3.2 Für die Zinsfestsetzungen ab Dezember 1997 (vgl. Pkt. 2.2.2) haben die Bearbeiter des Öfteren neben dem Kalenderjahr der Verlustentstehung auch den zu erstattenden Steuerbetrag eingegeben. Dabei wurde nicht beachtet, dass der Erstattungsbetrag als negativer Wert zu erfassen war. Die (fehlerhafte) Eingabe als positiver Wert führte im Ergebnis dazu, dass der doppelte Steuererstattungsbetrag der Zinsberechnung zu Grunde lag und somit überhöhte Erstattungszinsen festgesetzt wurden. In 88 untersuchten Fällen waren Zinsen in Höhe von insgesamt rd. 188 TDM zurückzufordern.

2.4 Ergebnis der Feststellungen

Art und Umfang der Feststellungen veranlassten das StRPA, EDV-Listen über die (landesweit) problematischen Fälle anzufordern. Die Listen wurden den OFDen mit der Bitte übergeben, die Zinsfestsetzungen in den aufgeführten Fällen von den Finanzämtern überprüfen und ggf. berichtigen zu lassen. Des Weiteren wurde empfohlen, die Finanzämter nochmals auf die zutreffenden Eingaben für die maschinelle Zinsfestsetzung in Verlustrücktragsfällen hinzuweisen.

2.4.1 Landesweit korrigierten die Finanzämter 1 614 Zinsfestsetzungen, die entsprechend der Fallgestaltung unter Pkt. 2.3.2 fehlerhaft waren. Hierbei wurden Zinsen in Höhe von rd. 3,484 Mio. DM zurückgefordert.

2.4.2 Zinsfestsetzungen, die entsprechend der Darstellung unter Pkt. 2.3.1 fehlerhaft waren, konnten aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr korrigiert werden. Für den Bereich der nordbadischen Finanzämter ergaben sich zu Unrecht festgesetzte Erstattungszinsen in Höhe von rd. 500 TDM. Auf eine Erhebung des landesweit eingetretenen Schadens wurde im Hinblick auf die fehlende Rückforderungsmöglichkeit verzichtet.

2.5 Maßnahmen der Verwaltung

Die OFDen wiesen auf Grund der Hinweise des StRPA die Finanzämter an, die problematischen Fälle anhand der erstellten Falllisten zu überprüfen und ggf. zu korrigieren. Gleichzeitig wurden die Finanzämter nochmals auf die vorzunehmenden Eingaben für die maschinelle Zinsfestsetzung in Verlustrücktragsfällen hingewiesen.

Die unter Pkt. 2.3.1 dargestellte Fehlerquelle war bereits mit Einführung eines verbesserten DV-Verfahrens im Dezember 1997 beseitigt worden.

3 Stellungnahme des Ministeriums

Das FM hat keine Einwendungen gegen den Beitrag erhoben. Es beabsichtigt, der Empfehlung des RH zu folgen und die Kürzung des Vorwegabzugs für einen Veranlagungszeitraum landesweit als sog. Prüffeld für eine intensive Prüfung festzulegen. Daneben hat das FM eine Änderung des bundeseinheitlichen DV-Programms dahin gehend angeregt, dass die Bearbeiter künftig bei unterbliebener Kürzung des Vorwegabzugs durch einen Prüfhinweis zu einer erneuten Überprüfung des Sachverhalts aufgefordert werden.


Anhänge

Die Untersuchung neu geplanter und begonnener Baumaßnahmen im Hochschulbereich hat ergeben, dass sich die Wirtschaftlichkeit der Planungen deutlich verbessert hat. Die in den letzten Jahren eingeleiteten Kostendämpfungsmaßnahmen zeigen Wirkung. Alternative Ausschreibungs- und Vergabeformen lassen weitere Kostenvorteile erwarten.


1 Einleitung

1.1 Maßnahmeprüfungen des Rechnungshofs

Der RH prüft Planungen der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung auf ihre Wirtschaftlichkeit hin. Er bedient sich bei diesen „Maßnahmeprüfungen“ des „Instrumentenkastens“ der Hochbauverwaltung für die Kostenplanung (s. Nr. 2). Mit seinen Vorschlägen zur Kosteneinsparung durch Standardreduzierung, insbesondere im Bereich der technischen Gebäudeausstattung, gibt er Anstöße zu wirtschaftlicherem und sparsameren Planen und Bauen.

1.2 Standards und Baukosten im Hochschulbau

Nach einer 1993 durchgeführten Untersuchung geplanter Maßnahmen im Hochschulbereich kam der RH zu dem Ergebnis, dass in nicht wenigen Fällen überzogene Nutzungsanforderungen, gelegentlich aber auch zu hoch angesetzte Ansprüche an deren bauliche Umsetzung zu Baukosten führten, die im Mittel über denen anderer Bundesländer lagen und teilweise die Flächen- und Kostenrichtwerte des Rahmenplans nach dem Hochschulbauförderungsgesetz (HBFG) überschritten (Denkschrift 1994 Nr. 18). Die zentrale Aussage des RH lautete damals, dass im Hochschulbau wie im übrigen Staatlichen Hochbau eine Absenkung des Kostenniveaus in einer Größenordnung von 10 % möglich wäre, ohne dadurch die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und den Anspruch auf qualitätvolle Architektur in Frage zu stellen.

1.3 Untersuchung neuer großer Baumaßnahmen im Hochschulbereich

Im Hj. 1998 waren im Hochschulbereich große Baumaßnahmen mit einem Volumen von rd. 900 Mio. DM in Planung oder Bauvorbereitung. Der RH untersuchte die Planungen und Kostenveranschlagungen von 21 dieser neu veranschlagten Projekte, davon waren zwei reine Sanierungsmaßnahmen und 19 Neubau- und Erweiterungsmaßnahmen. Diese 19 Projekte an den Standorten Freiburg, Heidelberg, Tübingen, Stuttgart und Ulm mit im StHpl. 1998 veranschlagten Kosten von rd. 847 Mio. DM wurden einer näheren Betrachtung unterzogen. Das Ergebnis soll hier näher dargestellt werden.

2 Instrumente der Kostenplanung

Die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung hat mit ihrer in Freiburg angesiedelten Zentralstelle für Bedarfsbemessung und Wirtschaftliches Bauen Instrumente zur Kostenplanung entwickelt, die inzwischen von mehreren Bundesländern übernommen wurden.

2.1 Programmsystem PLAKODA

PLAKODA (Planungs- und Kostendaten) ist ein Programm zur überschlägigen Kostenermittlung im Vorplanungsstadium. Es enthält Daten von rd. 2 000 abgerechneten Baumaßnahmen aus dem Bereich der Bauverwaltungen der Länder und des Bundes mit Flächen- und Rauminhalten und teilweise Fotos, Pläne und Baubeschreibungen der Objekte.

Kostenvorausschätzungen über die gesamte Lebensdauer von Projekten lassen sich aus den Mittelwerten für Baunutzungskosten ableiten, die neuerdings z.T. zur Verfügung stehen.

2.2 Richtlinien für die Baukostenplanung (RBK)

Anhand der RBK kann der Kostenrahmen für ein Projekt bereits auf der Grundlage des Bauantrages bestimmt werden. Zur Ermittlung dieser „Programmkosten“ wird jede Raumnutzung mittels eines Nutzungscodes einer Kostenflächenart innerhalb der Nutzfläche zugeordnet und ihre Fläche mit einem entsprechenden Kostenkennwert multipliziert. Die einer bestimmten Nutzung zugeordneten Raummerkmale und Kostenflächenarten sind in einem Nutzungskatalog hinterlegt. Berücksichtigt werden außerdem Planungswerte für die Funktionsflächen und Verkehrsflächen sowie für den Brutto-Rauminhalt mit den entsprechenden Kostenkennwerten. Die sich hieraus ergebenden Kosten - ergänzt durch Erfahrungswerte für Erschließungsanlagen, Außenanlagen, Baunebenkosten u.dgl. - bilden den verbindlichen Kostenrahmen für das Projekt.

Nach Vorliegen des Vorentwurfes oder Entwurfes können mit dem gleichen Verfahren, dann aber auf der Grundlage der konkreten Planungsdaten, die „Objektkosten“ ermittelt und mit den Programmkosten verglichen werden. Hierbei dürfen die Objektkosten die Programmkosten nicht überschreiten.

Mit der Programmversion RBK-PC Version 4.1 steht seit 1998 ein leistungsfähiges DV-Verfahren zur Verfügung.

2.3 Handbuch „Kosten technischer Gebäudeausstattung“

Das Handbuch enthält eine Kostensammlung sowie Systemlösungen für nahezu alle Gebiete der technischen Gebäudeausstattung. Sie ist seit 1998 in einer Excel-Anwendung erhältlich, die eine Nutzung im Tabellenkalkulationsverfahren ermöglicht.

2.4 Planungsrichtwerte

Die RBK beinhalteten bis zur Einführung der PC Version 4.1 verbindliche Planungsrichtwerte für

  • Verhältnis von Brutto-Grundrissfläche zu Nutzfläche,
  • Verhältnis von Verkehrsfläche zu Nutzfläche,
  • Verhältnis von Brutto-Rauminhalt zu Nutzfläche.

Diese drei Planungsrichtwerte wurden mit der Neufassung der RBK-Version 4.1 außer Kraft gesetzt. Seither gelten die aus der Gebäudegeometrie entwickelten Mittelwerte gemäß RBK-Version 4.1 in Form von Orientierungswerten, wobei zu den obengenannten Werten noch das Verhältnis Funktionsfläche zu Nutzfläche hinzugekommen ist.

3 Kostendämpfungsmaßnahmen

Als Reaktion auf den Denkschriftbeitrag von 1994 wies das FM Anfang 1995 die Bauämter an, zur nachhaltigen Senkung der Baukosten bei der Kostenermittlung im Bauantragsverfahren an den ermittelten Programmkosten einen Abschlag von 10 % vorzunehmen („10 %-Erlass“). Der so ermittelte Betrag bildet seitdem die Obergrenze für die Objektkostenermittlung.

Darüber hinaus führte das FM 1997 einen Korrekturfaktor („Baumarktfaktor“) mit dem derzeit aktuellen Wert von 8 % ein, der jährlich überwacht und ggf. fortgeschrieben werden soll. In der Praxis werden vor Beginn der Ausschreibungen von den genehmigten Gesamtbaukosten 8 % abgezogen. Mit diesem Baumarktfaktor reagierte die Verwaltung auf die nachgebenden Preise auf dem Baumarkt.

1998 wurde mit der Einführung der o.a. RBK-Version 4.1 den Bauämtern ein verbessertes Instrument zur Kostenplanung an die Hand gegeben. In einem Nutzungskatalog wurden den einzelnen Raumcodes entsprechend Raumbeschreibungen vorgegeben, die eine zutreffendere Zuordnung der Räume zu den Nutzungscodes ermöglichen. Die früher großzügig bemessenen Planungsrichtwerte wurden mit den aus der Gebäudegeometrie entwickelten Mittelwerten durch realistischere Ansätze ersetzt.

4 Durchführung der Untersuchung

Bei der Betrachtung der 19 ausgewählten Neubau- und Erweiterungsmaßnahmen ging der RH insbesondere der Frage nach, ob und in welchem Umfang die Verwaltung aus der Untersuchung über „Standards und Baukosten im Hochschulbereich“ Konsequenzen gezogen hat.

In Übersicht 1 werden die untersuchten Baumaßnahmen dargestellt. Den im StHpl. veranschlagten Kosten sind die nach RBK ermittelten Programmkosten und die tatsächlich genehmigten Gesamtbaukosten gegenübergestellt:

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5 Feststellungen

5.1 Kostenplanung

Bei früheren Prüfungen war häufig festzustellen, dass das Berechnungsverfahren der RBK gewisse Spielräume insbesondere bei der Zuordnung der Kostenflächenarten zuließ. Nicht selten wurden diese Spielräume so ausgenützt, dass durch Zuordnung zu höherwertigen Kostenflächenarten überhöhte Kosten veranschlagt wurden. Zu hohe Veranschlagungen führten dann zu ungerechtfertigter Bindung von Haushaltsmitteln in Folge zu hoher Ansätze im StHpl. und zu überhöhten Honoraren aus den Leistungsphasen 1 - 4 nach der HOAI. Erfahrungsgemäß wurden Kostenspielräume auch zu Nachbesserungen an den Standards oder häufig auch zur Erfüllung nachträglicher Nutzerforderungen genutzt.

Der RH ging daher der Frage nach der Qualität der Kostenveranschlagung nach und konnte feststellen, dass sich der Umgang mit den RBK und damit die Genauigkeit und Treffsicherheit der Kostenveranschlagungen deutlich verbessert hat. Näher an der Wirklichkeit orientierte Richtwerte für Flächen und umbauten Raum verbesserten die Wirtschaftlichkeit der Planungen und wirkten sich kostendämpfend aus. Unter dem Zwang, 10 % nicht nur der reinen Baukosten, sondern auch der sonstigen Kosten wie Außenanlagen und Baunebenkosten einzusparen, mussten in allen Fällen Standardreduzierungen oder Programmüberarbeitungen vorgenommen werden, sodass von einer wirtschaftlichen Umsetzung der Planungen gesprochen werden kann.

In Übersicht 1 sind die nach RBK ermittelten Programmkosten abzüglich 10 % dargestellt. Die Gesamtsumme der Programmkosten für die 19 Maßnahmen belief sich auf rd. 805 Mio. DM; das sind rd. 42 Mio. DM weniger als zunächst veranschlagt.

Die tatsächlich genehmigten Gesamtbaukosten entsprechend der Haushaltsunterlagen-Bau der 19 untersuchten Maßnahmen liegen bei rd. 791 Mio. DM; das sind rd. 56 Mio. DM = rd. 6,6 % weniger als im StHpl. veranschlagt. Bezogen auf die insgesamt genehmigte Nutzfläche von 89 589 m² errechnet sich ein Kostenrichtwert von 8 826 DM/m² im Mittel.

5.2 Standardreduzierung

Um 10 % Einsparungen zu erzielen sind, wie oben aufgeführt, konkrete Schritte zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Planungen und zur Standardreduzierung erforderlich. Entsprechende Schritte, die auch auf Empfehlungen des RH zurückgehen, wurden von den Bauämtern weitgehend umgesetzt. Sie lassen sich wie folgt zusammenfassen:

5.2.1 Optimierung der Planung

  • Gesamtwirtschaftlichkeitsbetrachtung bei Standortentscheidungen (Grundstück, Altlasten u.dgl.),

 

  • Zusammenfassung von Räumen gleicher Art und Nutzung, Vermeidung langer Wege für technische Ver- und Entsorgung,

 

  • Optimierung der Gebäudegeometrie (günstige Relationen von Brutto-Rauminhalt und Brutto-Grundrissfläche zu Nutzfläche, Minimierung der Verkehrsflächen),

 

  • Wirtschaftliche Ansätze bei Gebäudeformen, Grundrissorganisation, Baukonstruktion und technischem Ausbau, Vermeidung von Klima- und Lüftungsanlagen und künstlicher Belichtung, Nutzung der natürlichen Umweltbedingungen,

 

  • Wirtschaftliche Konstruktions- und Ausbauraster,

 

  • Wirtschaftliche Bausysteme, Nutzung des „Know-how“ des Marktes,

 

  • Nutzung bewährter Baustoffe und Materialien, Vermeidung aufwendiger Detaillösungen,

 

  • „Integrierte Planung“, d.h. frühzeitige Beteiligung von Fachplanern,

 

  • Vermeidung von Garagenbauwerken, nur Pflichtstellplätze als offene Stellplatzanlagen.

5.2.2 Weitere Ansätze

Ansätze zu wirtschaftlichen, kostengünstigen Planungen in den Bauämtern müssen derzeit bei jedem neuen Projekt mehr oder weniger neu erarbeitet werden, da es bisher keinen hinreichenden Erfahrungsaustausch zwischen den Bauämtern gibt. Der RH empfiehlt erneut, in der Praxis bewährte, kostengünstige Ausführungen für Baukonstruktionen, Fassaden, Dächer, Ausbau und technische Anlagen zu sammeln und in standardisierter Form einzuführen und fortzuschreiben; vgl. hierzu schon die Empfehlungen in der beratenden Äußerung „Optimierung der Planungs- und Bauprozesse im Staatlichen Hochbau“ vom April 1997 (DS 12/1470).

5.3 Baumarktfaktor

Als weiteres Kostendämpfungselement führte das FM einen Baumarktfaktor mit dem aktuellen Wert von 8 % ein. Der Baumarktfaktor stellt kein Instrument der Kostenplanung dar, sondern unterstützt das Controlling, indem durch günstige Submissionsergebnisse freigewordene Kostenspitzen abgeschöpft werden und somit nicht - wie früher immer wieder üblich - für die Erfüllung nachträglicher Nutzerwünsche oder Standardverbesserungen eingesetzt werden können.

In Übersicht 2 sind die genehmigten Gesamtbaukosten den um den Baumarktfaktor reduzierten Gesamtbaukosten gegenübergestellt:

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Vor den ersten Vergaben hat das FM die genehmigten Gesamtbaukosten um den Baumarktfaktor in Höhe von im Mittel 8 % gekürzt. Die Gesamtbaukosten für die untersuchten Projekte sanken gegenüber den genehmigten Kosten um rd. 65 Mio. DM auf rd. 728 Mio. DM; der Mittelwert für den Kostenkennwert GBK/NFa von 8 826 DM/m² auf 8 130 DM/m². Die um den Baumarktfaktor reduzierten Kosten waren die Richtschnur, an dem sich die Vergaben zu messen hatten.

6 Vergleich mit den Richtwerten des Rahmenplanes

Der Hochschulbau wird als Gemeinschaftsaufgabe zu 50 % vom Bund mitfinanziert. Voraussetzung hierfür ist, dass die Projekte in den jeweiligen Rahmenplan für den Hochschulbau aufgenommen sind. Der Finanzbedarf und die angemeldeten Baukosten werden mit Hilfe von Kostenrichtwerten geprüft.

Bei früheren Prüfungen stellte der RH häufig fest, dass die genehmigten Kosten die Kosten nach Kostenrichtwerten des Rahmenplans überschritten. Dies war zumeist auf deutliche Abweichungen nach oben bei der Ermittlung der Kostenflächenanteile im Kostenplanungsverfahren der RBK zurückzuführen.

Bei der Untersuchung der 19 Maßnahmen zeigte sich, dass durch den verbesserten Umgang mit den Kostenplanungsinstrumenten einschließlich der Abzüge für Standardminderung und Baumarktfaktor die Kosten nach den Kostenrichtwerten des Rahmenplans teilweise sogar unterschritten werden konnten.

7 Baunebenkosten

Für die Höhe der Baunebenkosten im Verhältnis zu den Gebäudekosten geben die RBK Orientierungswerte vor, die für die untersuchten Gebäudearten zwischen 14 % und 17 % der Gebäudekosten liegen. Der Bund beteiligt sich nach dem HBFG auch an den Baunebenkosten. Die hierfür geltende Pauschale wurde 1997 von 9,8 % auf 15 % der Gebäudekosten angehoben.

Bei den untersuchten Projekten ergaben sich unterschiedliche Prozentsätze, je nachdem, ob es sich um ein an freiberuflich Tätige vergebenes Projekt oder um eine Eigenbesorgung des Bauamts handelte.

Bei 10 der untersuchten Maßnahmen sind Planung und Bauleitung an freiberuflich Tätige vergeben. Bei diesen Maßnahmen liegt der Anteil der Baunebenkosten zwischen 11,1 % und 20,1 % der Gebäudekosten. Bei den restlichen 9 Maßnahmen werden zumindest die Architektenleistungen durch die Bauämter selbst erbracht. Der Anteil der Ausgaben für Baunebenkosten liegt hier zwischen 7,8 % und 15 % (ohne Personalkosten der Bauämter selbst) je nach Anteil der extern hinzugekauften Fachingenieurleistungen. Die unterschiedlichen Anteile der Baunebenkosten an den Gebäudekosten, je nachdem, ob freiberuflich Tätige eingeschaltet oder nicht eingeschaltet sind, liegen darin begründet, dass die Kosten/Honorare für die Bauamtsleistungen nicht in die Kostenberechnung und damit in die genehmigten Gesamtbaukosten einfließen.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass es den Bauämtern gelungen ist, durch Beschränkung der Fremdvergaben die Baunebenkosten zu begrenzen und damit eine Verminderung der ausgewiesenen Gesamtbaukosten gegenüber den nach den Richtwerten der RBK berechneten Programmkosten zu erwirken.

Allerdings geben die Zahlen in den Fällen der Eigenbesorgung - wie oben ausgeführt - nicht die tatsächlichen Kosten wieder. Um hier zu einem echten und vergleichbaren Kostenbild zu kommen, sollten die Eigenkosten der Bauämter nachrichtlich - da Einnahmen, Ausgaben und Personalstellen der Bauämter bei Kap. 0615 veranschlagt sind - in die Kostenberechnungen einfließen. Von der Einführung der KLR bei den Vermögens- und Hochbauämtern erwartet der RH auch hier eine größere Kostentransparenz und damit bessere Entschädigungsgrundlagen.

8 Vergabe/Alternative Vergabeformen

Nachdem für alle untersuchten Maßnahmen 1999 die ersten Ausschreibungen durchgeführt und in den meisten Fällen die Vergabe der wesentlichen Arbeiten erfolgt ist, konnten die voraussichtlich zu erwartenden mit den genehmigten Gesamtbaukosten verglichen werden (s. Übersicht 3).

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Der RH ging der Frage nach, ob sich bereits im ersten Vergabestadium Anhaltspunkte für weitere Kostenvorteile ergeben, je nachdem, ob gewerkeweise ausgeschrieben und Einzelvergaben durchgeführt wurden oder in alternativen Verfahren, z.B. nach Generalunternehmerausschreibung oder nach Parallelausschreibung von Bauleistungen, Finanzierung und Leasingmodellen in Form der ABC-Ausschreibung an einen Generalunternehmer oder Investor vergeben wurde.

8.1 Vergabe nach Einzelgewerken

Von den 19 untersuchten Maßnahmen wurden 12 gewerkeweise ausgeschrieben. Nach den ersten Vergaben ergab der Kostenvergleich voraussichtlich zu erwartende Gesamtbaukosten von insgesamt rd. 374 Mio. DM. Gegenüber den für diese Maßnahmen genehmigten Gesamtbaukosten (einschließlich 10 %-Abzug) von rd. 396 Mio. DM errechnet sich eine Mindersumme von rd. 22 Mio. DM. Dies entspricht einem realen Baumarktfaktor von 5,5 %. Die Prognose für die Gesamtbaukosten nach Abzug des (theoretischen) Baumarktfaktors von 8 % lag hingegen bei rd. 364 Mio. DM.

Der RH geht allerdings auf Grund seiner Erfahrungen bei Prüfungen großer Baumaßnahmen, die konventionell (gewerkeweise) ausgeschrieben, vergeben und abgerechnet wurden, davon aus, dass bei dieser Vergabeart durch die zahlreichen Schnittstellen beim Ineinandergreifen der Einzelgewerke üblicherweise mit Nachträgen, Stundenlohnarbeiten und sonstigen Unwägbarkeiten gerechnet werden muss. Diese Risiken für den Bauherrn schlagen erfahrungsgemäß mit 5 - 10 % der ursprünglichen Vergabesummen zu Buche, sodass sich im Verlauf der Baudurchführung der nach den ersten Vergaben errechnete reale Baumarktfaktor von 5,5 % auf 0 verringern dürfte und mit tatsächlichen Kosten etwa in Höhe der genehmigten Gesamtbaukosten von rd. 396 Mio. DM gerechnet werden muss.

8.2 Vergabe an Generalunternehmer

Die verbleibenden sieben Maßnahmen wurden oder werden nach einer Generalunternehmer- oder ABC-Ausschreibung an Generalunternehmer oder Investoren vergeben, die sich ihrerseits eines Generalunternehmers bedienen.

Insgesamt sind für diese Maßnahmen tatsächliche Gesamtbaukosten von rd. 356 Mio. DM zu erwarten; das sind rd. 39 Mio. DM = 9,8 % weniger als die hierfür genehmigten rd. 395 Mio. DM. Die Vergaben erfolgen bei dieser Vergabeform zum Festpreis; Nachforderungen sollten daher nicht zu erwarten sein. Der reale Baumarktfaktor liegt demnach bei rd. 10 %.

9 Stellungnahme des FM

Das FM hat gegen die Darstellung der Kostenentwicklung keine Einwände. Es weist allerdings im Hinblick auf die unter 8 dargestellten Vorteile einer Generalunternehmervergabe darauf hin, dass das ausgewertete Datenmaterial derzeit noch alle Unwägbarkeiten der Projektdurchführung enthält. Die Vergaben stünden z.T. erst am Anfang, z.T. sei die Baudurchführung bereits weit fortgeschritten. Insofern könne man erst nach Vorliegen der Abrechnungen tatsächliche Vorteile der einen oder anderen Vergabeform feststellen.

Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass eine Pauschalierung für den öffentlichen Auftraggeber generell von Vorteil wäre. Verlange der Auftraggeber nach Auftragserteilung Änderungen der Leistung, sei auch der Generalunternehmer berechtigt, eine Anpassung der Pauschalvergütung zu verlangen. Im übrigen sei bei EU-weiten Ausschreibungen § 97 Abs. 3 GWB zu beachten, wonach mittelständische Interessen vornehmlich durch Teilen der Aufträge in Fach- und Teillose zu berücksichtigen sind.

10 Schlussbemerkung

Insgesamt ergibt sich für die 19 untersuchten Maßnahmen aus den Kostendämpfungsschritten im Planungsstadium sowie aus den real erzielten Baumarktvorteilen eine voraussichtliche Einsparung von rd. 117 Mio. DM = 14 % gegenüber den ursprünglich geschätzten Kosten von rd. 847 Mio. DM. Von diesen Einsparungen profitieren je zur Hälfte der Bund und das Land, da die Kosten des Hochschulbaus als Gemeinschaftsaufgabe zwischen Bund und Land geteilt werden.

Die Untersuchung hat gezeigt, dass sich mit dem 1995 verordneten pauschalen Abzug von 10 % für Standardminderung ein heilsamer Zwang zur Kostenminimierung und Standardabsenkung eingestellt hat. Die Differenz zwischen den genehmigten und den tatsächlich zu erwartenden Gesamtbaukosten von im Mittel 7,7 % zeigt zudem, dass der - zunächst theoretische - Abzug eines Baumarktfaktors in Höhe von 8 % die gegenwärtige Konjunkturlage widerspiegelt.

Die Gegenüberstellung der Vergaben nach Einzelgewerken und der Vergaben an Generalunternehmer lässt erkennen, dass sich durch alternative Vergabeformen, wie der Zusammenfassung aller Gewerke und Vergabe zu festen Kosten und Terminen weitere Kostenvorteile ausschöpfen lassen. Bisherige Prüfungserkenntnisse des RH auch bei anderen Bauvorhaben bestätigen dies.

Der RH verkennt nicht, dass seine Untersuchung auf einer Momentaufnahme beruht und erst nach Vorliegen der Schlussrechnungen ein endgültiges Fazit zur Kostenentwicklung der untersuchten Maßnahmen gezogen werden kann.


Anhänge

Vier Jahre nach Übergabe der Neubauten an die Polizeihubschrauberstaffel in Leinfelden-Echterdingen wird das gesamte Vorfeld wegen eines Planungsfehlers neu überplant. Für die erforderlichen Bauaufwendungen sind 3,3 Mio. DM veranschlagt.


1 Allgemeines

Für die Polizeihubschrauberstaffel wurde in den Jahren 1994/1995 auf dem Flugplatz Leinfelden-Echterdingen der Neubau eines Dienstgebäudes mit Hangar und Vorfeld für die Hubschrauber erstellt. Die abgerechneten Kosten betragen 15,9 Mio. DM.

Bereits vier Jahre nach Fertigstellung der Baumaßnahme wird das gesamte Vorfeld - und in Zusammenhang damit die technischen Einrichtungen wie Betankungsanlage und Waschplatz - als nicht mehr funktionsgerecht angesehen. Es soll nach einer Neuplanung völlig umgebaut werden.

2 Bestehendes Flugvorfeld

Nach Übergabe der Anlage an die Polizei stellten sich gravierende Mängel heraus. Der Zuschnitt des Vorfeldes war ungünstig, die Neigung (Quer- und Längsgefälle) war mit 4 bis 5 % zu hoch und entsprach nicht den Regeln der Technik. Dies ergab sich zum einen durch die Lage und die aus flugtechnischen Gründen notwendige Höhenfestlegung des neuen Hangargebäudes an der Südseite, zum anderen durch einen bestehenden, damals nicht veränderbaren Fahrweg (Taxiway) der US-Streitkräfte als nördliche Begrenzung. Die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung lastet den grundsätzlichen Planungs- und Ausführungsfehler dem s.Z. für dieses Vorhaben beauftragten Ingenieurbüro an. Die OFD hat die Planungs- und Ausführungsmängel sowohl gegenüber dem Ingenieurbüro als auch gegenüber der ausführenden Baufirma geltend gemacht. Der vorläufige Streitwert, der sich allein auf das Vorfeld bezieht, beträgt rd. 1,5 Mio. DM.

Das Ingenieurbüro hat demzufolge weder die Richtlinien für die zivile Luftfahrt (diese sehen eine Neigung von maximal 2 % vor) noch die Landesrichtlinien für den Bau von Polizeidienstgebäuden in Baden-Württemberg (LRL-P) beachtet (diese erlauben ein Gefälle von maximal 3 %).

Die Folgen der zu hohen Neigung des Vorfeldes sind gravierend.

  • Beim Ein- und Ausbringen der auf Kufen stehenden Hubschrauber besteht die Gefahr des Abkippens.

 

  • Bei Start und Landung auf dem zu stark geneigten Vorfeld kann es zur Überbeanspruchung des Hauptrotormastes kommen.

 

  • Durch die zu starke Neigung ist der Winterdienst nur eingeschränkt möglich; eingesetzte Räumfahrzeuge rutschen ab.

 

  • Werden die Maschinen mit Tankstutzen bergab betankt, kann das Tankvolumen nur zu 80 % genutzt werden, was den Einsatzradius der Hubschrauber begrenzt.

Diese Mängel sind nach Ansicht der Nutzer sowie der Vermögens- und Hochbauverwaltung zwingender Anlass, das gesamte Vorfeld neu zu planen.

3 Neuplanung des Vorfeldes

Ursächlich steht die Neuplanung im Zusammenhang mit der zu großen Neigung des Vorfeldes. Bei dieser Gelegenheit sollen jedoch auch weitere Unzulänglichkeiten beseitigt und Verbesserungen vorgenommen werden.

Im Nachtrag zum StHpl. 1999 waren für die Neuanlage einschließlich Erweiterung Gesamtbaukosten (GBK) von 3,3 Mio. DM veranschlagt. Nach den Erläuterungen sollen die Mittel für zusätzliche Abstell- und Rangierflächen mit Wasch- und Betankungsmöglichkeiten verwendet werden. Von der beabsichtigten Korrektur der Neigung geschweige denn von der kompletten Neuanlage des Vorfeldes ist jedoch nicht die Rede. Die Kosten liegen weit über denen für die bisherige Ausführung von 1,5 Mio. DM.

Im Zuge der Neugestaltung sind folgende Maßnahmen vorgesehen:

  • Komplette Neuanlage incl. Erweiterung des Vorfeldes,
  • Neue Oberflächenentwässerung durch mittig im Vorfeld liegende Rinne,
  • Enteisung des Vorfeldes über eine flächendeckende Warmwasserheizung,
  • Oberflächenentwässerung des Tankbereichs über eine Abscheideanlage und
  • Modellierung und Umgestaltung des gesamten Areals um das Vorfeld herum.

Das vorhandene Vorfeld soll vollständig herausgebrochen und durch eine neue Bodenkonstruktion mit einer Neigung von weniger als 2 % ersetzt werden. Das wird dadurch ermöglicht, dass der nördlich des Vorfeldes gelegene Fahrweg inzwischen aufgegeben wurde. Gleichzeitig erhält das Vorfeld gegenüber seiner bisherigen Gestaltung eine neue, vergrößerte Form. Außerdem wurde die Organisation der Hubschrauberaufstellung, der Betankung sowie der Waschanlage komplett neu geplant, sodass die bisherigen Einrichtungen nicht zu halten sind. Neu hinzugekommen ist schließlich eine Enteisung der Vorfläche durch Flächenbeheizung.

4 Beurteilung und Folgerungen

Mit dem Abbruch und der Neuanlage der Bodenplatte sowie des gesamten Vorfeldbereichs beseitigt die Vermögens- und Hochbauverwaltung nicht nur die zu große Neigung, sondern zugleich sämtliche bisherigen Mängel.

Es liegt der Schluss nahe, dass die Anforderungen an eine derart komplexe Anlage zwischen der nutzenden Verwaltung (zuständig für die Nutzungsanforderung und damit für die sachlichen Anforderungen), der Bauverwaltung (als fachkundigem Bauherrn) sowie dem eingeschalteten Ingenieurbüro (zuständig für Planung und Bauleitung) nicht eindeutig genug abgestimmt und deren Einhaltung entsprechend kontrolliert worden sind. Darüber hinaus war möglicherweise die Auswahl sowie die Überwachung des Ingenieurbüros fehlerhaft, das normalerweise über spezielle Kenntnisse für eine derartige Baumaßnahme verfügen müsste.

5 Stellungnahme des Ministeriums und Schlussbemerkung

Das FM erhob gegen die Darstellung des Sachverhalts keine wesentlichen Einwände. Es verweist jedoch auf die s.Z. bestehenden Zwänge, die für Neigung und Form des Vorfeldes ursächlich waren. Nachdem durch die Verlegung des Taxiways die Zwänge entfielen, sei es sinnvoll, das Areal zu arrondieren, um einen nach heutigen Erkenntnissen gefahrenfreien Dienstbetrieb der Hubschrauberstaffel gewährleisten zu können. Es werde im Übrigen darauf hinwirken, das die Vermögens- und Hochbauverwaltung künftig in ähnlich gelagerten Fällen die nutzenden Verwaltungen bei der Umsetzung der Nutzungsanforderungen in die Planung stärker in die Verantwortung einbindet.

Der RH hält an seiner Einschätzung fest, dass die ursprüngliche Planung des Flugvorfeldes gegen bestehende Richtlinien verstoßen hat. Er erwartet, dass derartige Fehlplanungen künftig vermieden werden.


Anhänge

Einzelplan 14: Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst

Die Universitäten können bei verschiedenen Wartungsarbeiten in erheblichem Umfang Mittel einsparen. Die Entscheidung, Dienstleistungen durch eigenes Personal zu erbringen oder auf dem Markt einzukaufen, setzt einen Wirtschaftlich-keitsvergleich voraus. Die Eigenleistung kann auch günstiger sein.


1 Ausgangslage

1.1 Der RH hat den technischen Betriebsdienst der Universitäten, der für die sog. Grundversorgung im Bereich der haustechnischen Anlagen zuständig ist, untersucht . Der technische Betriebsdienst nimmt hier Aufgaben wahr, welche dem Betrieb und der Aufrechterhaltung der ständigen Funktionsfähigkeit dieser Anlagen dienen. Aus der Gesamtuntersuchung wird über den Aufgabenbereich „Wartung der haustechnischen Anlagen“ berichtet. Dabei ging es auch um die Frage, ob die Erledigung von Wartungsaufgaben durch eigenes Personal (Eigenwartung) oder durch beauftragte Firmen (Fremdwartung) wirtschaftlicher ist.

1.2 Zu den haustechnischen Anlagen gehören alle Einrichtungen zur Versorgung mit Wasser, Gas, Strom und Wärme, alle fernmelde-, informations- und lufttechnischen Anlagen sowie die Entsorgungseinrichtungen für Abwasser. Außerdem gehören hierzu Einrichtungen des Gebäudebetriebs wie Förderanlagen, sonstige nutzungsspezifische Anlagen und die der gesamten Gebäudeautomation.

1.3 Der technische Betriebsdienst ist bei fast allen Universitäten Teil der Zentralen Verwaltung. Die Universität Mannheim hat keinen derartigen ?Betriebsdienst eingerichtet, sondern vergibt fast alle einschlägigen Arbeiten an Firmen. Bei der Universität Heidelberg übernimmt diese der technische Dienst des Universitätsklinikums gegen Kostenerstattung.

2 Aufwand für Wartung

Der Aufwand für die Wartung der haustechnischen Anlagen betrug 1998 bei den untersuchten Universitäten insgesamt rd. 14,3 Mio. DM.

Davon entfallen rd. 9,6 Mio. DM auf den Personalaufwand für die Eigenwartung und rd. 4,7 Mio. DM auf die Ausgaben für die Fremdwartung. In der Übersicht 1 ist neben der Verteilung des jeweiligen Aufwands auf die einzelnen Universitäten auch der auf die Eigenwartung entfallende Personaleinsatz in Personenjahren (PJ) und dessen Anteil am Gesamtpersonal der technischen Dienste dargestellt.

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Für die Berechnung der Personalkosten der Eigenwartung wurden die für Beamte des mittleren Dienstes maßgeblichen Beträge der Verwaltungsvorschrift des FM für die Kostenfestlegung zu Grunde gelegt .

Von den 4,7 Mio. DM Ausgaben für Fremdwartung entfielen allein je 1 Mio. DM auf die Wartung von Aufzügen und Brandmeldeeinrichtungen. Die übrigen Ausgaben fielen für die Überprüfung von Elektrogeräten nach den Unfallverhütungsvorschriften, die Wartung der Gebäudeleittechnik sowie von heizungs-, klima- und kommunikationstechnischen Anlagen an.

3 Aufzugsanlagen

3.1 Der RH hat die Kosten der Eigen- und der Fremdwartung für die Aufzugsanlagen der Universitäten im Einzelnen erfasst und miteinander verglichen. Aus der Übersicht 2 ergibt sich die Zahl der Aufzüge in Eigen- und Fremdwartung und der jeweils hierauf entfallende Aufwand.

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Für den Vergleich der Kosten können nicht die Kosten je Aufzug herangezogen werden, da der Zeitaufwand für die Wartung wesentlich durch die Zahl der Haltestellen bestimmt wird. Der RH hat deshalb eine darauf abgestimmte Messzahl verwendet.

Dem Kostenvergleich wurden bei der Eigenwartung die Kosten der Universität Freiburg zu Grunde gelegt; bei den Fremdwartungen wurde von den tatsächlichen Ausgaben für die Wartungsverträge ausgegangen.

Die Universität Freiburg wartet ihre Aufzüge fast ausschließlich selbst. Sie kalkuliert den Zeitbedarf für die Wartung eines Aufzugs mit je einer Stunde für den Maschinenraum, für die Kabine und für jede einzelne Haltestelle. Für die 80 selbst gewarteten Aufzüge ergab sich daraus rechnerisch ein Zeitbedarf von 2 285 Stunden im Jahr (1998). Nach den Aufschrieben der Mitarbeiter betrug der Zeitaufwand 2 044 Stunden, lag also tatsächlich niedriger als der rechnerische Bedarf. Der tatsächliche Zeitaufwand lag nach den Aufschrieben auch 1997 und 1999 niedriger als der rechnerische Bedarf. Da für die genannten Teile eines Aufzugs (einzelne Haltestelle, Kabine, Maschinenraum) durchschnittlich derselbe Zeitaufwand kalkuliert werden kann, werden diese Wartungseinheiten für den Vergleich der Kosten als Messzahl verwendet. Aus der Gesamtzahl der Wartungseinheiten und dem hierauf entfallenden tatsächlichen Zeitaufwand errechnen sich 60 DM Personalaufwand je Wartung für eine Wartungseinheit.

Ein Vergleich mit den Fremdwartungskosten der Universitäten Karlsruhe und Stuttgart zeigt Folgendes:

Die Universität Karlsruhe lässt etwas mehr als die Hälfte ihrer 76 Aufzüge von Firmen warten. Legt man die Ausgaben für die Fremdwartung auf die Wartungseinheiten um, die sich aus den im Jahr 1998 durchgeführten Wartungen ergeben, so hatte die Universität Karlsruhe 71 DM je Wartungseinheit zu zahlen.

Die Universität Stuttgart führt für ihre 102 Aufzüge (38 in der Stadtmitte, 64 in Stuttgart-Vaihingen) keine Eigenwartung durch, sondern vergibt bisher alle Wartungsarbeiten an Firmen. Die entsprechende Umrechnung der Fremdwartungsausgaben für 1998 ergibt, dass die Universität Stuttgart 104 DM je Wartungseinheit zahlen musste.

Durch die Übernahme der Wartung sämtlicher Aufzüge in die Eigenwartung könnte - unter Beibehaltung der bisherigen Wartungsintervalle (s. dazu Pkt. 3.2) - die Universität Karlsruhe rd. 42 000 DM und die Universität Stuttgart rd. 187 000 DM jährlich einsparen.

Dieser Berechnung liegen nur die sich für die Wartungsverträge ergebenden Ausgaben zu Grunde, nicht aber der im Zusammenhang mit der Fremdwartung den Universitäten selbst zusätzlich entstehende Personalaufwand. Dieser entsteht dadurch, dass die Wartungsfirmen z.T. die Mithilfe eines Mitarbeiters der Universität bei den Wartungsarbeiten verlangen oder dass nach Abschluss der Wartung Aufräumarbeiten von diesen erledigt werden müssen. Bei den Universitäten Freiburg, Heidelberg und Karlsruhe wurden für derartige Begleitarbeiten zusammen rd. 82 000 DM an Personalkosten ermittelt. Bei anderen Universitäten lagen hierfür keine genauen Angaben vor. Bei Übernahme in die Eigenwartung würde also nur ein Teil des notwendigen Zeitaufwands zusätzlich erbracht werden.

3.2 Der RH hat sich auch mit der Frage der Wartungshäufigkeit befasst.

Aufzugsanlagen müssen in betriebssicherem Zustand gehalten und dazu von sachkundigen Personen gewartet werden. Die Häufigkeit der Wartung ist nicht vorgeschrieben; der TÜV empfiehlt bei normaler Beanspruchung, jährlich 4-mal zu warten. Auf Grund gesetzlicher Vorgaben prüft zudem der TÜV einmal jährlich jede Aufzugsanlage.

Die von den Universitäten praktizierten Wartungshäufigkeiten sind sehr unterschiedlich. Die Universität Freiburg hat die Häufigkeit seit 1998 auf durchschnittlich 3,6-mal im Jahr gesenkt. Dabei werden die am stärksten beanspruchten Aufzüge 4- oder 5-mal im Jahr gewartet. Die Universität Karlsruhe lässt bei Fremdwartung durchschnittlich 8,3-mal jährlich eine Wartung durchführen. Viele Aufzüge werden sogar 12-mal im Jahr gewartet. Bei der Eigenwartung beschränkt sie sich dagegen auf durchschnittlich 4,9-mal im Jahr. Die Universität Konstanz wartet ihre Aufzüge entsprechend einer von ihr eingeholten TÜV-Empfehlung für einen sicheren Betrieb 4-mal im Jahr. Die Universität Stuttgart lässt ihre Aufzüge durchschnittlich 4,7-mal im Jahr warten.

Der RH empfiehlt den Universitäten, die Häufigkeit der Wartung von Aufzügen zu überprüfen und ggf. zu vermindern. Bei der Universität Freiburg sind durch die geringere Wartungshäufigkeit keine Probleme aufgetreten; sie wird die Häufigkeit - jeweils nach den Erfordernissen im Einzelfall - sogar noch weiter absenken. Bei Zugrundelegung der dortigen Häufigkeit von durchschnittlich 3,6 Wartungen im Jahr würde für die eigen- und fremdgewarteten Aufzüge die Universität Karlsruhe - unter Einbeziehung des unter Pkt. 3.1 genannten Betrags - insgesamt rd. 200 000 DM, die Universität Stuttgart rd. 250 000 DM jährlich einsparen.

3.3 Das Universitätsklinikum Heidelberg hat auf Grund von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen viele Fremdwartungen in die Eigenwartung übernommen und konnte damit die Wartungskosten für die Universität um rd. 100 000 DM senken.

Detaillierte Berechnungen möglicher Einsparungen bei den übrigen Universitäten hat der RH nicht vorgenommen, weil diese deutlich geringere Ausgaben für Fremdwartung - insgesamt nur 150 000 DM - als die Universitäten Karlsruhe und Stuttgart haben. Für alle Universitäten gilt jedoch die Empfehlung, die Kosten der Fremdwartung und die Wartungshäufigkeit zu überprüfen.

4 Prüfung elektrischer Geräte

Nach den Vorschriften zur Unfallverhütung müssen ortsveränderliche und ortsfeste Elektroanlagen (z.B. Elektrogeräte und Steckdosen) auf ihre Betriebssicherheit geprüft werden. Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung der Prüfung obliegt einer Elektrofachkraft. Stehen geeignete Mess- und Prüfgeräte zur Verfügung, dürfen auch elektrotechnisch unterwiesene Personen unter Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft prüfen. Die Universitäten Freiburg und Heidelberg haben solche Geräte zum Preis von rd. 1 200 DM je Stück angeschafft. Sie werden den Universitätseinrichtungen zur Verfügung gestellt, welche die Prüfung der Elektrogeräte und einfachen ortsfesten Anlagen in ihren Räumen mit geringem Zeitaufwand selbst durchführen. Die Universitäten Konstanz und Stuttgart lassen diese Prüfungen durch ihren technischen Betriebsdienst durchführen. Die Universität Konstanz verwendet dafür 1,6 PJ mit rd. 140 000 DM Personalkosten, die Universität Stuttgart 1,7 PJ mit rd. 188 000 DM Personalkosten. Bei der Universität Karlsruhe werden die ortsfesten Anlagen seit zwei Jahren durch eine Firma geprüft; in gewissem Umfang führt aber auch der technische Betriebsdienst selbst Prüfungen im Rahmen von sonstigen Wartungsarbeiten durch. Elektrogeräte in den wissenschaftlichen Einrichtungen werden von diesen selbst geprüft, nicht jedoch die dort vorhandenen ortsfesten (einfachen) Elektroanlagen. Für die Fremdwartung fallen jährlich rd. 122 000 DM an. Die Universität Mannheim hat für alle Prüfungen eine Firma beauftragt. Für diese fallen jährlich jeweils rd. 100 000 DM Ausgaben an.

Der RH empfiehlt den Universitäten, die Mess- und Prüfgeräte anzuschaffen und den Einrichtungen für die Eigenprüfung ihrer Elektrogeräte und der in ihren Räumen vorhandenen einfachen ortsfesten Anlagen zur Verfügung zu stellen. Dies kann von den Einrichtungen ohne Zusatzpersonal erledigt werden. Der Universität Karlsruhe wird darüber hinaus empfohlen zu überdenken, ob die bisher Firmen übertragenen Prüfungen von ortsfesten Anlagen vom Technischen Betriebsdienst übernommen und im Rahmen von sonstigen Wartungsarbeiten kostengünstiger miterledigt werden können.

5 Sonstige Wartungen

Hohe Ausgaben fallen bei den Universitäten für die Fremdwartung der Brandmeldeeinrichtungen an. Hier wird Eigenwartung in nennenswertem Umfang nur von der Universität Freiburg betrieben. Die Preise hängen im Wesentlichen von der Art der Brandmeldeeinrichtung ab. Der Vergleich der Konditionen ergab für den RH keinen Anhaltspunkt für Einsparungsmöglichkeiten auf diesem Gebiet.

Moderne Gebäudeleittechnik, mit der die Steuerung und die Überwachung der technischen Anlagen von einer Zentrale aus möglich sind, muss ebenfalls gewartet werden. Die Universität Karlsruhe lässt seit 13 Jahren ihre Gebäudeleittechnik durch die Herstellerfirma warten; die Kosten hierfür betrugen 1998 rd. 620 000 DM. Für neu hinzugekommene Teile hat die Universität 1998 Wartungen mit Kosten von rd. 30 000 DM an eine andere Firma vergeben. Die Jahreskosten der ursprünglichen Wartungsverträge wurden durch Neuverhandlungen um etwa 200 000 DM gesenkt. Der Universität Karlsruhe entstehen damit aber immer noch jährlich rd. 450 000 DM Wartungskosten für ihre Gebäudeleittechnik. Im Leistungsumfang des Vertrags sind allerdings Leistungen für rd. 200 000 DM enthalten, die über die reine Wartung hinausgehen; dazu gehören gewisse Reparaturen wie z.B. Austausch von defekten Datenpunkten, ein 24-Stunden Stördienst und systembedingte Programmanpassungen.

Mit umfassender Gebäudeleittechnik ausgestattet sind z.B. auch das Universitätsklinikum Heidelberg, Teile der Universität Heidelberg und die Universität Konstanz. Das Klinikum der Universität Heidelberg hat die ursprünglich bestehenden Wartungsverträge teilweise gekündigt. Die Wartungen werden grundsätzlich mit eigenem Personal durchgeführt und nur in besonderen Fällen an Firmen vergeben. Dadurch wurde nach Angaben des Universitätsklinikums ein Großteil der Wartungskosten eingespart. Die Universität Konstanz hat ihren Vertrag nach Ablauf der Gewährleistungsfrist geändert und auf zwei Wartungen pro Jahr reduziert. Die Universität Ulm hat durch die Reduzierung der Wartungshäufigkeit für ihre Gebäudeleittechnik auf 3 Wartungen pro Jahr die Wartungskosten von rd. 110 000 DM auf rd. 75 000 DM vermindert. Die Universitäten Freiburg und Stuttgart bauen ihre Gebäudeleittechnik z.Z. noch aus.

Der RH empfiehlt, die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit einer Dauerwartung durch Firmen zu überprüfen. Den Universitäten, die ihre Gebäudeleittechnik noch ausbauen, wird empfohlen, wegen des notwendigen Umfangs von Wartungen auf die Erfahrungen der anderen Universitäten zurückzugreifen.

6 Abschluss und Verwaltung von Wartungsverträgen

6.1 Abschluss und Verwaltung von Wartungsverträgen werden von den Universitäten sehr unterschiedlich gehandhabt. Die Universitäten sind für den Betrieb und die Wartung ihrer haustechnischen Anlagen verantwortlich. Die Universität Freiburg übernimmt nach Ablauf der Gewährleistung alle Wartungen bis auf wenige Spezialwartungen in Eigenwartung und schließt deshalb Verträge von vornherein nur für die Dauer der Gewährleistung ab. Bei der Universität Heidelberg werden alle Verträge vor Ablauf der Gewährleistungsfrist auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit geprüft. Auf Grund einer Kosten-Nutzen-Untersuchung im Einzelfall wird die Entscheidung für Eigen- oder Fremdwartung getroffen. Dabei wird ggf. ein Teil in Eigenwartung übernommen oder der Wartungsumfang reduziert. Die Universität Ulm befristet die Verträge seit 1993 auf die Gewährleistungsdauer. Bei den anderen Universitäten konnte eine entsprechende Praxis nicht festgestellt werden. Die Verträge laufen hier unbefristet. Als Kriterien für die Fremdvergabe haben die Universitäten u.a. angegeben, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht genügend Personal vorhanden gewesen sei oder die notwendige Qualifikation noch nicht vorlag; außerdem wurden Sicherheitsaspekte geltend gemacht oder darauf hingewiesen, dass entsprechende Spezialisten nicht ausgelastet werden könnten. Des Weiteren wurde darauf verwiesen, dass bei Nichtabschluss eines Wartungsvertrags für die Dauer der Gewährleistung und bei Auftreten eines Schadens die ordnungsgemäße Eigenwartung durch die Universität nachgewiesen werden müsste.

Bei Neuinstallation von haustechnischen Anlagen besteht eine Gewährleistungsfrist entsprechend den Vergabevorschriften. Die Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche beträgt nach VOB als Regelfrist zwei Jahre. Bei Anlagen oder Teilen von Anlagen, bei denen die Wartung wesentlichen Einfluss auf die Sicherheit und Funktionsfähigkeit hat, beträgt sie ein Jahr. Nach Vorgabe des FM (Vergabe-Brief der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung 1/98 vom 15.09.1998) ist auf Grund der überproportionalen Kostensteigerung bei Wartungsarbeiten bei Art und Umfang der Beauftragung von Wartungsverträgen äußerst restriktiv zu verfahren. Allein zu dem Zweck, bei maschinellen und elektrotechnischen/elektronischen Anlagen eine zweijährige Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche sicherzustellen, darf ein Wartungsvertrag nicht abgeschlossen werden.

Der RH empfiehlt, bei der Entscheidung über den Abschluss von Wartungsverträgen für haustechnische Anlagen entsprechend den Vorgaben des FM zu verfahren. Auf jeden Fall setzt die Fortsetzung eines solchen Vertrags über die Gewährleistungsfrist hinaus eine Wirtschaftlichkeitsprüfung voraus.

6.2 Die Wirtschaftlichkeit von Wartungsverträgen wird nach den Feststellungen des RH nicht bei allen Universitäten konsequent überprüft. So wurden von einer Universität bei 40 Verträgen in der Grundversorgung mehr als die Hälfte 5 Jahre, einzelne Verträge länger als 15 Jahre nicht geprüft. Hier sieht der RH Handlungsbedarf. Das Beispiel des Universitätsklinikums Heidelberg zeigt, dass sich derartige Überprüfungen lohnen können; wie dargestellt (s. Pkt. 3.3) sind dadurch für die Universität 100 000 DM jährlich an Kosten eingespart worden.

Der RH empfiehlt, Wartungsverträge regelmäßig auf ihre Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit zu überprüfen und ggf. anzupassen.

6.3 Für die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Fremd- bzw. Eigenwartung benötigt die Universität Informationen über die kostenbestimmenden Faktoren, wie vor allem den Zeitaufwand und die von Wartungsfirmen berechneten Stundensätze. Auch können ggf. Angaben über die Durchführung von Wartungen sonstiger Anlagen und bei anderen Hochschulen gewonnene Informationen hilfreich sein. Liegen solche Informationen vor, kann der technische Dienst ermitteln, ob er die Arbeiten mit eigenen Mitarbeitern kostengünstiger erledigen kann oder ob eine Fremdvergabe wirtschaftlicher ist.

Häufig ist in den Verträgen allerdings nur die Art der Arbeiten, das Wartungsintervall und der Jahrespreis angegeben. Wird in solchen Fällen die Arbeitsdauer auch bei der Durchführung nicht erfasst, ist eine Kalkulation erschwert.

An Hand eines Beispiels wird deutlich, dass schon einfache Berechnungen eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung nahe legen können. In einem Wartungsvertrag für Klimaanlagen ist bei genau bezeichneten Tätigkeiten der Lohnkostenanteil der Wartungskosten auf 75 % festgelegt. 1998 betrugen die Wartungskosten 46 800 DM. Auf die Lohnkosten entfielen damit rd. 35 100 DM. Die Rapportzettel dokumentieren an 26 Kalendertagen Wartungsarbeiten, wobei jedoch der genaue Zeitaufwand nicht angegeben wird. Die Universität geht zwar davon aus, dass die Arbeiten nur teilweise einen ganzen Tag in Anspruch genommen haben. Aber selbst dann, wenn jeweils die Arbeiten an jedem Tag einen vollen Achtstundentag gedauert hätten, errechnete sich für insgesamt 208 Arbeitsstunden ein Stundensatz von 169 DM. In diesem Fall ist es geboten, die Wirtschaftlichkeit der Fremdwartung zu überprüfen, da die Personalkosten für den mittleren Dienst rd. 67 DM je Stunde betragen. In Fällen, in denen die Preisunterschiede nicht so deutlich sind, sind genaue Angaben über den Stundenaufwand erforderlich.

Der RH empfiehlt, in den Verträgen festzulegen, dass die Wartungsfirmen Stundennachweise für durchgeführte Wartungsarbeiten erbringen müssen.

6.4 Die tatsächlichen Leistungen der mit der Wartung beauftragten Firmen werden häufig nur mangelhaft kontrolliert. Dies hat verschiedene Gründe.

Die Wartungsverträge werden von dem für die Universität zuständigen Staatlichen Vermögens- und Hochbauamt ausgeschrieben. Die Auswahl der Wartungsfirma wird in Abstimmung mit der Universität vorgenommen. Danach schließt die Universität den Vertrag mit dieser Firma ab und bezahlt die Wartungen aus ihrem Haushalt.

Die Wartungsfirmen sind vertraglich nicht gehalten, sich zu Beginn und Ende der jeweiligen Wartung bei den zuständigen Mitarbeitern der Universität zu melden. Wird keine Unterstützung von Mitarbeitern der Universität verlangt, hat der technische Dienst keine Kenntnis vom Erscheinen der Wartungsfirma. Soweit Rapportzettel ausgestellt werden, weisen diese meistens nur den Tag der Wartung, aber nicht die hierfür geleisteten Stunden aus. Einzige Kontrollmöglichkeit bleibt häufig allein der Umstand, dass die Anlage als solche funktionsfähig ist. Damit ist weder feststellbar, welche der vertraglichen Leistungen wirklich erbracht wurden und ob diese notwendig waren. An Hand von Aufzeichnungen der zentralen Gebäudeleittechnik konnten die Universitäten allerdings in Einzelfällen feststellen, dass von Wartungsfirmen abgerechnete Leistungen tatsächlich nicht erbracht wurden. Die Kontrolle der Leistungserbringung wird von den Staatlichen Vermögens- und Hochbauämtern auch in dem Fall, in dem die Universität die Ausgaben trägt, nicht als Aufgabe der Universität angesehen. Das Staatliche Vermögens- und Hochbauamt selbst kann die Leistungserbringung noch weniger kontrollieren als der Nutzer.

Der RH empfiehlt, auch die Zuständigkeit für die Kontrolle der Fremdleistungen vollständig den Universitäten zu übertragen.

7 Stellungnahme des Ministeriums

Das MWK verweist auf die von einigen Universitäten abgegebenen Stellungnahmen. Diese haben z.T. geltend gemacht, dass die durchschnittlichen Kosten je Aufzug bei Fremdwartung günstiger als die Kosten der Eigenwartung bei der Universität Freiburg sein können. In diesem Fall sehen sie keine Veranlassung zur Änderung ihrer Praxis. Eine Universität sieht sich wegen der Verpflichtung aus dem Solidarpakt, Stellen abzubauen, nicht in der Lage, bei unwirtschaftlicher Fremdwartung auf Eigenwartung umzustellen, soweit dadurch zusätzliches Personal benötigt wird. Im Übrigen haben die Universitäten zugesagt, die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Wartungen, insbesondere auch die Wartungshäufigkeit, zu überprüfen oder haben z.T. bereits damit begonnen.

Den Ausführungen zu Abschluss und Verwaltung der Wartungsverträge wird im Wesentlichen zugestimmt. Soweit bisher Wartungsverträge über längere Zeit nicht überprüft wurden, soll dies künftig geschehen. Prinzipiell halten die Universitäten es für richtig, die Kontrolle der Durchführung der Wartungen zu übernehmen, sind aber der Auffassung, dafür zusätzliches Personal zu benötigen.

8 Schlussbemerkung

Bei der Wartung von Aufzügen sollte berücksichtigt werden, dass ein pauschaler Vergleich der durchschnittlichen Kosten je Aufzug zu fehlerhaften Ergebnissen führt, weil die Aufzüge - insbesondere abhängig von der Höhe - einen unterschiedlichen Aufwand verursachen. Aus diesem Grund hat der RH eine Messzahl verwendet, welche diesen Unterschieden eher gerecht wird. Außerdem sollte beim Wirtschaftlichkeitsvergleich zwischen Eigen- und Fremdwartung beachtet werden, dass dieser bezogen auf die einzelnen Aufzüge durchaus zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann.

Die Stellenabbauverpflichtung des Solidarpaktes ist nach Auffassung des RH kein Hindernis, Aufgaben in Eigendurchführung zu übernehmen, wenn dies wirtschaftlicher ist. Der Solidarpakt enthält nicht nur eine Verpflichtung zum Stellenabbau, sondern sichert auch ein Budget zu, dessen Höhe durch weitere von den Universitäten erzielte Einsparungen nicht vermindert wird. Ist die Fremdwartung kostenintensiver als die Eigenwartung, werden bei Reduzierung der Fremdwartung mehr Mittel frei als für die Vergütung der entsprechenden Mitarbeiter benötigt werden. Die Universität muss dann nur eine interne Umschichtung von Stellen und Mitteln vornehmen; die durch wirtschaftlichere Aufgabenerledigung frei werdenden Mittel verbleiben der Universität. Dies sollte für die Universitäten ein hinreichender Anreiz sein, so zu verfahren; anderenfalls müsste die Wirkung globaler Haushaltsansätze generell in Frage gestellt werden.

Die Übernahme der Kontrolle von Fremdwartungsarbeiten durch die Universitäten bedeutet nach Auffassung des RH keine erhebliche Mehrbelastung. Es geht nicht um eine intensive Überwachung jeder einzelnen von Firmen durchzuführenden Wartungsarbeit, sondern um Stichproben und Feststellung der tatsächlich erbrachten Leistungen. In einigen Fällen können auch Daten, welche die Gebäudeleittechnik generiert, zur Kontrolle verwendet werden.

Wesentliches Anliegen des RH ist es, dass die Universitäten die Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerledigung im Bereich der Wartung haustechnischer Anlagen unter Berücksichtigung der jeweiligen konkreten Situation und sich hieraus ergebender Sicherheitsaspekte überprüfen und zu möglichst kostengünstigen Lösungen kommen. Dabei kann entweder die Durchführung der Arbeiten mit verwaltungseigenem Personal oder die Beauftragung von Firmen wirtschaftlicher sein; der RH empfiehlt deshalb nicht generell, die eine oder andere Art der Aufgabenerledigung zu wählen. Selbstverständlich ist auch darauf zu achten, dass eine etwaige Reduzierung der Wartung nicht zu höheren Kosten für die Behebung von Störungen führen darf.

Die Universitäten sind bereit, die Handhabung der Wartung und die Gestaltung von Wartungsverträgen zu überprüfen.


Anhänge

An den meisten Fachhochschulen befinden sich Einrichtungen der Steinbeis-Stiftung für Wirtschaftsförderung, die für die Bearbeitung ihrer Projekte Ressourcen der Hochschulen nutzen. Eine transparente, sachgerechte und vollständige Erfassung und Abrechnung der Ressourcennutzung findet zum Nachteil der Hochschulen häufig nicht statt. Im Interesse einer weiteren konstruktiven Zusammenarbeit von Hochschulen und Steinbeis-Einrichtungen sollte ein fairer finanzieller Ausgleich sichergestellt werden.


1 Vorbemerkung

Die Steinbeis-Stiftung für Wirtschaftsförderung (Stiftung) wurde im Jahre 1971 auf Initiative des WM als eine Stiftung des bürgerlichen Rechts errichtet. Als satzungsgemäßes Ziel sollte sie „der gesamten Wirtschaft des Landes wissenschaftliche Erkenntnisse, insbesondere auf den Gebieten der Forschung und Entwicklung, der Werkstoff- und Produktprüfung sowie der Information und Dokumentation zur Verfügung stellen“. Der Gründung dieser Einrichtung lag dabei die Überlegung zu Grunde, das fachliche Wissen vor allem der Professoren der Fachhochschulen (FH) für die Bedürfnisse der mittelständischen Wirtschaft zu nutzen und dafür eine geeignete Organisationsform zu schaffen.

Die Stiftung entwickelte sich vor allem in den beiden letzten Jahrzehnten überaus erfolgreich. Hierzu trug insbesondere die Strategie bei, ein Netzwerk von sog. Transferzentren (Steinbeis-Transferzentren - StZ) aufzubauen. Diese wurden in den Anfangsjahren entsprechend der Grundidee der Stiftung ausschließlich an den FH eingerichtet. Sie werden fast ausnahmslos von FH-Professoren (in Nebentätigkeit) geleitet, die als Verantwortliche über die Höhe ihrer dortigen Nebeneinnahmen prinzipiell selbst bestimmen können. Auf Grund der engen Zusammenarbeit mit den FH, die auch die Möglichkeit der Inanspruchnahme des an den FH vorhandenen wissenschaftlichen Personals und dessen Know-hows sowie die Nutzung der Geräte und Räume und sonstiger sachlicher Ressourcen umfasst, konnte die Stiftung einen außerordentlich breit gefächerten und effektiven Technologietransfer betreiben. Als weitere Vorteile erwiesen sich hierbei auch der ausgeprägte Praxisbezug der Lehre, die regionale Präsenz der FH und deren Ausstrahlung in die jeweilige Wirtschaftsregion. Unter diesen für einen erfolgreichen Technologietransfer günstigen Bedingungen wuchs die Zahl der StZ an FH sehr schnell. Bereits im Jahr 1990 waren 106 StZ an FH etabliert; bis 1998 erhöhte sich diese Zahl auf 133 (jeweils einschließlich der sog. Technischen Beratungsdienste - TBD).

Das Land hat diese Entwicklung maßgeblich durch gezielte Zuschüsse für die Neugründung von StZ an FH unterstützt. Diese Förderung wie auch die erfolgreiche Arbeit der Zentren ermöglichte es ihnen, sich z.T. mit qualitativ hochstehendem technischen Equipment auszustatten und eigenes Fachpersonal zu beschäftigen. Ungeachtet dessen nehmen die StZ nach wie vor Ressourcen der FH in unterschiedlichem Umfang in Anspruch. Vor allem bleiben die FH-Professoren, aber auch das sonstige wissenschaftliche Personal der FH mit ihrem Know-how die wichtigste Quelle des Erfolgs der StZ.

Das durchaus erwünschte enge Zusammenwirken von StZ und Hochschulen hat, nicht zuletzt wegen der erheblichen Ausweitung der Aktivitäten der Stiftung, in der Praxis zunehmend zu Abgrenzungsproblemen geführt. Diese Probleme vergrößerten sich dadurch, dass an den FH aus Mitteln des sog. Schwerpunktprogramms des Landes zentrale Forschungseinrichtungen in den FH geschaffen wurden (Institute für Angewandte Forschung - IAF-). In diesen Instituten können die FH-Professoren Forschungs- und Entwicklungsaufgaben im vorwettbewerblichen Bereich als Dienstaufgabe wahrnehmen. Abgrenzungsprobleme ergeben sich zum einen aus vielfach überschneidenden Aufgabenfeldern der IAF und der StZ, zum anderen vor allem dadurch, dass die wissenschaftlichen Mitarbeiter der FH regelmäßig in beiden Einrichtungen tätig sind. Der RH hat frühzeitig auf diese Abgrenzungsschwierigkeiten hingewiesen (s. Denkschrift 1992 Nr. 12).

Das MWK und die Stiftung waren bemüht, den Problemen zu begegnen und Transparenz zu schaffen. Zu diesem Zweck wurde zwischen MWK und der Stiftung am 29.09.1994 eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit der Stiftung mit den FH geschlossen. Sie enthält Regelungen für die gegenseitige Erbringung von Leistungen. In detaillierter Form wurden hierbei Regelungen zur Inanspruchnahme von Einrichtungen, Material, Räumen und Personal der FH durch die StZ und umgekehrt zur Höhe des jeweiligen Nutzungsentgelts sowie zum Abrechnungsverfahren getroffen. Die Nutzung von Ressourcen der Stiftung durch die FH ist allerdings vom MWK eingeschränkt worden. Sie dürfe kein Regelfall sein, müsse vom Rektor genehmigt werden und solle eine Wertgrenze von 5 000 DM nicht überschreiten.

Die Einhaltung der getroffenen Regelungen liegt gleichermaßen im Interesse des Landes und der Stiftung.

In der Denkschrift 1999 Nr. 23 hatte der RH über Probleme berichtet, die bei der Abwicklung von Aufträgen an einem Forschungsinstitut einer FH aufgetreten waren. In diesem Zusammenhang waren auch einzelne Bestimmungen der zwischen Land und Stiftung getroffenen Vereinbarung nicht eingehalten worden. Dies veranlasste den RH, im Rahmen einer weitergehenden Untersuchung die an den FH stattfindenden Ressourcennutzungen zu überprüfen und die Wirksamkeit der Vereinbarung zu hinterfragen.

2 Ausgangslage

Im Jahr 1999 waren an 20 Fachhochschulstandorten des Landes Einrichtungen der Stiftung angesiedelt. Für eine Untersuchung wählte der RH stichprobenweise 26 StZ an sieben FH aus. Auswahlkriterium war zum einen das jährliche Umsatzvolumen der an diesen FH eingerichteten StZ. Um eine möglichst große Repräsentativität zu erreichen, wurden Transferzentren sowohl mit kleinen als auch mit großen Umsätzen ausgewählt. Zum anderen orientierte sich die Auswahl an der Höhe der von den StZ an die FH abgeführten Nutzungsentgelte. Der Untersuchungszeitraum erstreckte sich dabei auf die Jahre 1996 bis 1998.

Übersicht 1 vermittelt einen Überblick über die in die Untersuchung einbezogenen Fachhochschulstandorte und die ausgewählten Stiftungs-Einrichtungen.

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In Übersicht 2 sind die bei den untersuchten FH gezahlten Nutzungsentgelte dargestellt, und zwar aufgeteilt in die von den StZ an die FH entrichteten Entgelte und die Verrechnungen der StZ gegenüber den FH.

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3 Untersuchungsziel

Die Untersuchung des RH hatte insbesondere zum Ziel, einen Überblick darüber zu erhalten, inwieweit die Regelungen der Vereinbarung eingehalten werden und ob eine transparente, sachgerechte und vollständige Erfassung und Abrechnung der Ressourcennutzung stattfindet.

3.1 Inanspruchnahme von Ressourcen der Fachhochschulen durch die Steinbeis-Transferzentren

3.1.1 Inanspruchnahme von Personal

Die für die Einrichtungen der Stiftung arbeitenden Professoren und sonstigen FH-Mitarbeiter führen diese Tätigkeit regelmäßig im Rahmen einer genehmigten Nebentätigkeit durch. In diesen Fällen entsteht für die FH selbstverständlich kein Anspruch auf Nutzungsentgelt für in Anspruch genommenes Personal. Werden Mitarbeiter der FH dagegen im Hauptamt für die Stiftung tätig, ist hierfür vom StZ nach der genannten Vereinbarung zwischen Land und Stiftung ein Entgelt nach Maßgabe der VwV-Kostenfestlegung des FM zu entrichten. Das im Untersuchungszeitraum von der Stiftung hierfür gezahlte Entgelt macht bei den 26 StZ lediglich einen Umfang von 8 % ihrer gesamten Erstattungen aus.

Die Erhebungen vor Ort haben Zweifel aufkommen lassen, ob die tatsächliche Mitwirkung von Mitarbeitern der FH an StZ-Projekten im Rahmen ihres Hauptamtes immer vollständig für die Festlegung des Nutzungsentgelts erfasst und abgerechnet werden. Bei den vor Ort geführten Gesprächen mit betroffenen Mitarbeitern wiesen diese bei mehreren FH darauf hin, dass sie dienstlich tatsächlich mehr Zeit für StZ-Aufgaben einsetzen als erfasst wurde. Außerdem ergaben sich hierfür Anhaltspunkte bei der Durchsicht zahlreicher Projektunterlagen von StZ, die mit den Abrechnungen gegenüber den FH verglichen wurden. Aktivitäten für die FH und für die StZ sind häufig derart miteinander vermengt, dass die vollständige Erfassung der Inanspruchnahme von Personal vernachlässigt wird; teilweise wird hierauf auch wegen einer nur stundenweisen Mitwirkung verzichtet.

3.1.2 Nutzung von Räumen

Bei der Inanspruchnahme von Räumen in landeseigenen oder vom Land angemieteten Gebäuden ist für die Berechnung des Nutzwerts grundsätzlich die VwV-Kostenfestlegung des FM anzuwenden. Abweichend hiervon wurde bei der Nutzung von hochschuleigenen Räumen durch die Stiftung zugelassen, dass bei der Festsetzung des Nutzungsentgelts den örtlichen Verhältnissen Rechnung getragen werden kann. An den meisten FH ist in diesen Fällen das Entgelt im Benehmen mit dem zuständigen Staatlichen Vermögens- und Hochbauamt der ortsüblichen Miete angepasst.

Obwohl in der genannten Vereinbarung zwischen dem Land und der Stiftung sowie einschlägigen Erlassen des MWK eindeutig geregelt ist, wie die Entgelte für die Nutzung von Räumen festzusetzen sind, gibt es auch hierbei erhebliche Mängel, deren Entstehen gleichermaßen von den Hochschulen und den bei ihnen eingerichteten StZ zu verantworten sind.

So wurde festgestellt, dass eine FH bis zum Jahr 1999 für die Nutzung ihrer Räume durch die Stiftungs-Einrichtungen generell kein Entgelt erhoben hat. Mehrere StZ an anderen FH gaben die Nutzung gegenüber der Hochschulverwaltung nicht oder nicht vollständig an. Zwei FH legten ein Entgelt fest, welches das ortsübliche Mietniveau deutlich unterschreitet, obwohl in einem Fall zunächst ein höherer Mietpreis mit der Liegenschaftsverwaltung abgestimmt worden war.

3.1.3 Nutzung von Geräten

Die Festsetzung der Entgelte für Gerätenutzung bemisst sich nach Stundensätzen, die in der Vereinbarung zwischen Land und Stiftung, gestaffelt nach Höhe der Anschaffungskosten der Geräte, festgelegt sind. Die Meldungen über die Art der genutzten Geräte und deren Nutzungsdauer sind von den StZ-Leitern oder deren Mitarbeitern zu erstellen und an die Verwaltung der FH zu leiten; dies geschieht in unterschiedlicher Form.

Stichprobenweise vorgenommene Prüfungen der Mitteilungen an Hand von Projektunterlagen ergaben, dass mehrere StZ Gerätenutzungen nicht oder nur im geringerem als dem tatsächlichen Umfang angegeben und erstattet haben. Für die FH-Verwaltung sind die Angaben in der Regel nicht nachvollziehbar, weil ihr die Projektunterlagen der StZ nicht zur Verfügung stehen.

3.2 Inanspruchnahme von Einrichtungen der Stiftung durch die Fachhochschulen

Die Nutzung von Einrichtungen der Stiftung durch die FH ist - wie dargestellt (vgl. Pkt. 1) - nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig. Zudem legt die Vereinbarung zwischen Land und Stiftung fest, dass Nutzungsentgelte an die Stiftung von den FH im Wege der Verrechnung zu entrichten sind.

Die Beschränkung des Ausgleichs von Ansprüchen der Stiftung gegenüber den FH auf die Verrechnung mit Gegenforderungen soll u.a. der Vereinfachung dienen, aber auch Zahlungen der FH an die Stiftung ausschließen. Gleichwohl hat in einem Fall eine FH Entgelte von mehreren tausend DM für die Nutzung eines Kleinbusses gezahlt, welchen ihr ein StZ mietweise zur Verfügung stellte.

Die Inanspruchnahme von Einrichtungen und Geräten der Stiftung durch die FH ist in den Fällen problematisch, in denen der FH-Professor, der zugleich Leiter eines StZ ist, selbst über diese Inanspruchnahme durch die FH entscheidet. So verwenden einzelne FH-Professoren Geräte ihres StZ im Rahmen von Lehrveranstaltungen und verrechnen hierfür zugunsten ihres StZ Nutzungsentgelt gegenüber der FH. Auf diese Weise können sie etwaige Forderungen der FH gegen ihr Transferzentrum verringern. Die vorgeschriebene Genehmigung des Rektors für die Nutzung von Ressourcen der Stiftung durch die FH wird teilweise nicht eingeholt. Bemerkenswert ist, dass einige FH generell auf die Nutzung von Stiftungs-Ressourcen verzichten, um derartige Probleme von vornherein zu vermeiden.

3.3 Besondere Verflechtungen zwischen Fachhochschulen und Einrichtungen der Stiftung

Die Vereinbarung über die Zusammenarbeit der FH mit den Einrichtungen der Stiftung geht davon aus, dass die Nutzung von Räumlichkeiten der FH durch die Stiftung in Mietverträgen geregelt wird und die Nutzung von Personal, Geräten und sonstigen Einrichtungen der FH durch die Stiftung jeweils gesondert und projektbezogen festzustellen und abzurechnen ist.

Die örtlichen Erhebungen des RH haben gezeigt, dass in einigen Fällen die gegenseitige Nutzung der Ressourcen derart ineinander greift oder so intensiv und umfassend ist, dass eine sinnvolle Abgrenzung und Zuordnung der jeweiligen Nutzungen nur schwer möglich ist und kaum zu vernünftigen Abrechnungsergebnissen führt. Dies zeigen einige Beispiele.

3.3.1 Fachhochschule A

An der FH A besteht ein IAF, das in einem eigenen, im Jahr 1992 errichteten Institutsgebäude untergebracht ist. Das Institut führt Forschungs- und Entwicklungsarbeiten (FuE) auf dem Gebiet der nachwachsenden Faserrohstoffe durch. Es gliedert sich in die Bereiche „Prozessanalyse“, „Fasertechnologie“, „Werkstofftechnologie“, „Bioanalytik“ und „Consulting“. Im IAF sind drei Professoren und zwei festangestellte Mitarbeiter der FH tätig. Weitere Mitarbeiter werden im Rahmen befristeter Arbeitsverträge aus eingeworbenen Drittmitteln beschäftigt. Das Drittmittelaufkommen belief sich in den Jahren 1996 bis 1998 auf insgesamt rd. 5,7 Mio. DM.

Seit 1995 betreibt einer der Professoren und Leiter des Bereichs „Bioanalytik“ ein StZ, in welchem auch die anderen Professoren des IAF als Projektleiter tätig waren. Im Jahr 1997 „verselbständigte“ einer dieser Professoren, der zugleich Leiter des IAF ist, seine FuE-Aktivitäten in der Weise, dass er nunmehr in Eigenregie FuE-Aufträge in einem Technischen Beratungsdienst der Stiftung abwickelt. Die Auftragsbearbeitung ist allerdings derart angelegt, das es sich hierbei faktisch um ein Transferzentrum handelt. Die beiden Stiftungs-Einrichtungen erzielten in den Jahren 1996 bis 1998 einen Gesamtumsatz von über 800 TDM.

Die Aufträge werden in den StZ von einem dort festangestellten Mitarbeiter sowie in Nebentätigkeit von Mitarbeitern des IAF der FH bearbeitet. Das StZ zahlt der FH ein monatliches Entgelt als Raummiete für die Inanspruchnahme eines Arbeitsplatzes in der FH; im Jahr 1998 wurde ein Entgelt für diverse Gerätenutzungen entrichtet.

Bei den örtlichen Erhebungen war nicht erkennbar, worin sich die Tätigkeiten für die Bearbeitung von IAF-Projekten und zur Erfüllung von Aufträgen der StZ unterscheiden. Die Zusammenarbeit zwischen FH und StZ ist derart vermengt, dass die Aktivitäten nicht eindeutig zugeordnet werden können. Die IAF-Halle wird ständig sowohl für die FH als auch für die StZ genutzt, ohne dass die StZ für diese Dauernutzung einschließlich der Energiekosten ein Nutzungsentgelt an die FH entrichten. Dasselbe gilt für die dort vorhandenen Geräte der FH. Da die StZ nur über wenige eigene Apparaturen verfügen, werden die Geräte der FH ständig mitbenutzt, ohne die Nutzung konkret zu erfassen. Das gezahlte Nutzungsentgelt dürfte deshalb zu gering sein. Eine derartige Gemengelage besteht auch beim Personaleinsatz. Nach den vorliegenden Unterlagen führen FH-Mitarbeiter im Rahmen ihres Hauptamtes auch Tätigkeiten für das StZ aus, ohne dass dies erfasst und abgerechnet wird. Auch die Angaben eines Mitarbeiters in seiner Nebentätigkeitserklärung, er übe Tätigkeiten für das StZ innerhalb und außerhalb der Dienstzeit an der FH aus, waren für die Verwaltung der FH kein Anlass, auf die gebotene Transparenz hinzuwirken und ein angemessenes Nutzungsentgelt anzufordern.

Die Gemengelage wird auch daran deutlich, dass Angebote häufig in der Weise gefertigt werden, dass sie mit offiziellen Kopfbögen des IAF oder der FH versehen sind, gleichzeitig vermerkt wird, dass die Aufträge „aus organisatorischen Gründen“ über das StZ abgewickelt würden. Dort werden dann auch die entsprechenden Zahlungen der Auftraggeber verbucht. In den Jahren 1996 und 1997 erteilte das IAF zwei Unteraufträge an das StZ. Die tatsächliche Ausführung dieser Unteraufträge durch das StZ konnte nicht eindeutig belegt werden.

3.3.2 Fachhochschule B

An der FH B wurde 1992 für Zwecke von Forschung und Lehre eine Gießerei erbaut. Das Gebäude verfügt über zahlreiche Laborräume, wie z.B. ein CAD/CAE-Zentrum, ein CNC-Fräszentrum sowie über eine mechanische Werkstatt, eine Sandformerei, eine Kokillengießerei und ein Druckgießlabor. Im Bereich der Lehre wird die Gießerei vornehmlich für den Fachbereich „Produktionstechnik“ genutzt.

Einer der in diesem Fachbereich lehrenden Professoren ist gleichzeitig Leiter eines StZ. Dieses verfügt über eigenes Personal und eigene Büroräume sowie einige Geräte, die im Gießereigebäude stehen. Für die Abwicklung von Projekten, die das StZ von öffentlichen und industriellen Auftraggebern akquiriert, ist es auf die ständige Nutzung der Gießerei angewiesen. Außerdem werden der FH gehörende Geräte genutzt, teilweise sogar an industrielle Partner vermietet, und Mitarbeiter der FH eingesetzt. Zudem ergibt sich ein hoher Energieverbrauch auf Grund der Durchführung der StZ-Projekte in der Gießerei. Die vom StZ gefertigten Wocheneinsatzpläne und Arbeitsanweisungen für die Mitarbeiter der Gießerei vermitteln den Eindruck, die Gießerei sei eine Einrichtung des StZ.

Dieser Eindruck wird auch an der Abwicklung eines vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie der FH bewilligten Verbundforschungsprojekts deutlich. Die FH erteilte dem StZ für die Bearbeitung dieses Projekts einen Unterauftrag im Wert von 549 300 DM mit der Begründung, das StZ verfüge über hervorragend ausgestattete Labors und über entsprechendes Personal. Dabei wurde nicht berücksichtigt, dass die Gießerei eine Einrichtung der FH ist, wenn auch das StZ diese in großem Umfang mit eigenen Geräten ausgestattet hat. Der Unterauftrag konnte vom StZ also nur unter Inanspruchnahme von erheblichen Ressourcen der FH ausgeführt werden, sodass entsprechende Nutzungsentgelte an die FH zu leisten gewesen wären.

Das StZ hat in den Jahren 1996 bis 1998 lediglich rd. 7 000 DM an Nutzungsentgelt an die FH gezahlt. Es ist ausgeschlossen, dass mit diesem Entgelt die intensive und dauerhafte Inanspruchnahme der FH-Ressourcen auch nur annähernd abgegolten wurde.

Nach Abschluss der örtlichen Erhebungen wurde von der FH B im Einvernehmen mit dem StZ-Leiter vorgeschlagen, bei künftigen Industrieprojekten ein Nutzungsentgelt in Höhe von 20 % der Kosten der Gießversuche an die FH zu entrichten. Dieser Vorschlag trägt den tatsächlichen Verhältnissen allerdings schon deshalb nicht hinreichend Rechnung, weil die FH-Einrichtungen in erheblichem Umfang auch für Projekte öffentlicher Auftraggeber genutzt werden.

3.4 Vermarktung von Forschungsprojekten der Fachhochschulen

Die eigenen FuE-Aktivitäten der FH haben sich in den letzten Jahren positiv entwickelt. Nach einer Mitteilung des MWK haben die FH allein im Jahr 1999 6,5 Mio. DM von der EU und vom Bund sowie weitere 2,7 Mio. DM aus der Wirtschaft eingeworben. Das Land selbst hat 12,8 Mio. DM für FuE-Maßnahmen bereitgestellt. Die Ausweitung der eigenen FuE-Aktivitäten der FH führt dazu, dass von den IAF der FH zunehmend Ergebnisse erarbeitet werden, die für einen Technologietransfer in die Wirtschaft und somit für eine Vermarktung von Interesse sind. Diese Entwicklung ist überdies darauf angelegt, die Zusammenarbeit zwischen FH und den Transfereinrichtungen der Stiftung weiter zu intensivieren.

Theoretisch sind die Aufgaben der FH in Forschung und Entwicklung von den Aufgaben der Stiftungs-Einrichtungen, die produktorientierte Auftragsabwicklung für die Wirtschaft leisten, abgrenzbar. Faktisch sind die Grenzen allerdings fließend. Das führt bei der Zusammenarbeit zwischen IAF und den Stiftungs-Einrichtungen vielfach zu einer engen Verflechtung der Aufgabenwahrnehmung. Dies wird dadurch verstärkt, dass FH-Professoren und sonstige wissenschaftliche Mitarbeiter der FH sowohl in den IAF der FH als auch in vergüteter Nebentätigkeit in den Stiftungs-Einrichtungen tätig sind. Mit diesen Verflechtungen ist der Boden dafür bereitet, dass die in den IAF der FH mit erheblichen Einsatz von Ressourcen der FH und besonderer Fördermitteln des Landes und sonstiger öffentlicher Zuwendungsgeber erarbeiteten Ergebnisse nicht direkt von der FH vermarktet, sondern Gegenstand von konkreten Projekten der StZ werden. Ihre Vermarktung erfolgt dann oft im Rahmen eines entsprechenden Industrieauftrags an das StZ. So können der Umsatz des StZ gesteigert und die Einnahmen aus Nebentätigkeiten der Professoren und Mitarbeiter verbessert werden. Auf diese Problematik hat der RH schon bei früheren Untersuchungen hingewiesen; aktuelle Beispiele belegen diese erneut.

3.4.1 Fachhochschule C

Zwei Professoren der FH C - zugleich Leiter eines dort eingerichteten StZ - führten in den Jahren 1995 und 1996 am IAF der FH ein Forschungsprojekt zur autonomen Steuerung von Transportrobotern durch. Das MWK förderte dieses Vorhaben mit insgesamt 228 600 DM. Die im Rahmen dieses Projektes entwickelten Steuerstrategien wurden zum Zweck der Austestung auf einen der FH gehörenden autonomen mobilen Roboter übertragen.

Aufbauend auf diesen Forschungsergebnissen des IAF wurde das Projekt zwischen 1996 und 1998 durch das StZ weitergeführt. Dieses Folgeprojekt wurde mit öffentlichen Mitteln gefördert. In der Leistungsbeschreibung des StZ wurde der vom IAF entwickelte mobile Roboter als StZ-Produkt ausgegeben.

Die FH wurde im Rahmen eines Unterauftrags mit dem StZ als sog. „assoziierter Partner“ an dem Vorhaben beteiligt. Nach dem zwischen der FH und dem StZ geschlossenen Vertrag erhielt die FH einen Betrag von rd. 104 000 DM. Hierfür wurde ein Mitarbeiter bei der FH befristet eingestellt, der die für die FH festgelegten Aufgabenbereiche bearbeiten sollte.

Der zwischen StZ und FH geschlossene Vertrag war für die FH allerdings wenig vorteilhaft, denn der Kalkulation dieses Entgelts lag ein deutlich zu niedriger Personalaufwand zu Grunde, obwohl er im Förderantrag noch deutlich höher angegeben worden war. Außer dem eigens eingestellten Mitarbeiter mussten weitere FH-Bedienstete im Umfang von rd. 0,7 Personenjahren an der Projektbearbeitung mitwirken. Zusätzlich erhielt einer der Professoren, der zugleich in seiner Eigenschaft als StZ-Leiter an der Projektdurchführung beteiligt war, vom MWK einen Deputatsnachlass von zwei Semesterwochenstunden eingeräumt. Das vereinbarte Entgelt reichte also bei weitem nicht zur Deckung allein des personellen Aufwands der FH aus. Demgegenüber musste sich die FH rd. 3 000 DM Nutzungsentgelt für die Nutzung von Workstations der StZ anrechnen lassen, welche von ihr für die Projektbearbeitung genutzt wurden. Bei der Abwicklung des Projekts verblieben dem StZ 252 000 DM; der größte Teil hiervon, nämlich 187 000 DM, wurde als Honorar an die beteiligten StZ-Leiter ausgezahlt.

Die Vermarktung der FuE-Ergebnisse, die maßgeblich im IAF zustande gekommen waren, liegt allein beim StZ.

3.4.2 Fachhochschule D

Im Rahmen eines vom MWK mit insgesamt 122 500 DM geförderten Forschungsprojekts wurde im IAF der FH D der mehrkanalige transcranielle Ultraschall-Doppler „Embo-Typ“ entwickelt. Mit Hilfe dieses Gerätes können embolische Ereignisse im cerebralen Blutkreislauf registriert und typisiert werden. Im Rahmen dieses Projekts wurden auch in-vitro-Experimente am lebenden Menschen betrieben.

Nach Abschluss der IAF-Arbeiten vermarktete der Projektleiter das Ergebnis in einem StZ. Für einen Auftragswert von 80 000 DM wurden die in-vitro-Studien von „Embo-Typ“ veräußert und als Weiterentwicklung der Ultraschall-Doppler „Embo-Dop“ hergestellt.

Für die Leistungen des IAF wurden der FH keinerlei Ausgleichszahlungen aus der Vermarktung gezahlt.

4 Zusammenfassung

Nach den Feststellungen des RH hat sich bei immerhin 85 % der in die Untersuchung einbezogenen StZ gezeigt, dass die Abrechnung von Nutzungsentgelten nicht ordnungsgemäß und zum Nachteil der FH durchgeführt wurde.

Um eine gewisse Vorstellung davon zu gewinnen, welches finanzielle Volumen sich bei einer ordnungsgemäßen Abrechnung hätte ergeben können, hat der RH Hochrechnungen vorgenommen. Dabei ging er von den in der Vereinbarung zwischen Land und Stiftung festgelegten Parametern, den Angaben der Beschäftigten der StZ sowie dem Aufwand für die Inanspruchnahme von Personal und sonstigen Ressourcen der FH nach den Projektunterlagen aus. Im Falle der - bisher nicht geregelten - Vermarktung von IAF-Produkten durch die StZ sowie beim Vorliegen nicht abgrenzbarer Dauernutzungen wurden pauschale Verrechnungssätze zu Grunde gelegt. Auf dieser Basis errechnet sich bei den hier betrachteten 26 Stiftungs-Einrichtungen für einen Zeitraum von drei Jahren eine Größenordnung zusätzlicher Nutzungsentgelte von bis zu 850 000 DM.

In der Übersicht 3 ist das von den untersuchten StZ abgeführte Nutzungsentgelt dem Betrag gegenüber gestellt, der nach Auffassung des RH im Zeitraum 1996 bis 1998 abzurechnen gewesen wäre.

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Danach würde das zusätzlich abzurechnende Nutzungsentgelt fast 50 % des bisher gezahlten Nutzungsentgelts ausmachen.

Der in Übersicht 3 aufgeführte Betrag von 850 TDM macht gerade 0,9 % des Gesamtumsatzes der untersuchten StZ aus, die tatsächlich gezahlten Nutzungsentgelte ergeben einen Anteil von 1,8 %, zusammen somit 2,7 %.

Der RH verkennt nicht, dass die Besonderheiten der gewünschten und sinnvollen Zusammenarbeit zwischen FH und Einrichtungen der Stiftung eine vollständige und genaue Erfassung und „Spitz“- Abrechnung der gegenseitig in Anspruch genommenen Ressourcen bis in die letzte Einzelheit kaum ermöglichen. In dieser Situation einer engen Verflechtung von FH und StZ wird immer ein gewisser „Bodensatz“ von nicht erfassten Inanspruchnahmen verbleiben, der in der Regel zu Lasten der FH geht. Es muss angestrebt werden, bei dieser „Grauzone“ zu einem sachgerechten Ausgleich zu kommen.

In Fällen, wie sie für die FH A und B dargestellt wurden, wird es erforderlich sein, besondere Pauschalverrechnungen auf der Grundlage realistischer Annahmen zu vereinbaren.

5 Schlussbemerkung

Nach den Prüfungserkenntnissen des RH werden von den StZ mehr Ressourcen der FH in Anspruch genommen, als von den StZ durch die Zahlung von Nutzungsentgelten abgegolten werden. Die Gründe hierfür sind, wie dargestellt, vielfältig. Insbesondere dürften die geringen Kontrollmöglichkeiten der FH gegenüber den Abrechnungen der StZ eine Rolle spielen; teilweise haben die FH selbst durch ungünstige Vertragsgestaltungen, z.B. bei den Unteraufträgen der StZ, zu ihrem Nachteil agiert.

Die zwischen dem Land und der Stiftung 1994 geschlossene Vereinbarung hat ihren formalen Zweck, die Rechtsbeziehungen zu klären und die Erhebung von Nutzungsentgelten einheitlich zu regeln, hinreichend erfüllt und sollte in der vorliegenden Form beibehalten werden. Voraussetzung ist jedoch, dass für die konkreten Inanspruchnahmen eindeutige und nachvollziehbare vertragliche Grundlagen geschaffen und die Nutzungen sorgfältig dokumentiert werden.

Der RH hält darüber hinaus eine weitere Verfeinerung der Regelungen und der Abrechnungsmodalitäten und Vorgaben für eine noch detailliertere Erfassung und Kontrolle nach seinen Erfahrungen nicht für geeignet, die fast ausnahmslos zu Lasten der FH bestehende „Grauzone“ der nicht abgegoltenen Nutzungen zu bereinigen. Er hält es allerdings für zwingend, dies auf andere Weise zu erreichen. Der RH schlägt vor, dass die Stiftung hierfür einen jährlichen Betrag für die FH ausreicht. Außerdem müssten Vorleistungen, die von einer FH durch eigene vorwettbewerbliche FuE-Aktivitäten für StZ-Projekte erbracht wurden, finanziell ausgeglichen werden. Darüber hinaus ist künftig auch an die Zahlung einer Art von Lizenzgebühr durch das StZ zu denken, wenn allein oder überwiegend im IAF erarbeitete FuE-Ergebnisse oder -Produkte durch das StZ vermarktet werden. Die beteiligten Ministerien und die Stiftung sollten hierzu einen Modus entwickeln.

Es liegt im Interesse aller Beteiligten, dass die für einen erfolgreichen Technologietransfer außerordentlich wertvolle Zusammenarbeit zwischen den FH und der Stiftung transparent und konstruktiv bleibt und ein fairer Ausgleich auch der finanziellen Interessen geschaffen wird. Dies ist auch deshalb anzustreben, um zu verhindern, dass die dort tätigen Professoren der FH ihre Nebeneinnahmen teilweise zu Lasten der FH erzielen. Die Vorschläge sollten auch für die Stiftung akzeptabel sein nicht zuletzt im Hinblick darauf, dass diese von der gesamten Infrastruktur der FH und dem Know-how der Professoren und wissenschaftlichen Mitarbeiter profitiert.

Im Zusammenhang mit der anstehenden Überarbeitung der Vereinbarung zwischen MWK und Stiftung über die Zusammenarbeit mit den FH sollten die Beteiligten die Vorschläge des RH berücksichtigen und entsprechende Verfahrensweisen erarbeiten.

Das MWK und das WM haben keine Einwendungen gegen den Beitrag geltend gemacht.


Anhänge

Der RH berichtet hier über Auswirkungen der Prüfungstätigkeit. Der Bericht gibt die Umsetzung einiger bedeutsamer Vorschläge aus früheren Denkschriftbeiträgen, aus Beratenden Äußerungen und Prüfungsfeststellungen wieder, deren Ergebnisse inzwischen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Soweit dies möglich ist, wird auch dargestellt, welche finanziellen Auswirkungen hiermit verbunden waren.


 

1.    Allgemeines

Der RH berichtet hier über Auswirkungen der Prüfungstätigkeit. Der Bericht gibt die Umsetzung einiger bedeutsamer Vorschläge aus früheren Denkschriftbeiträgen, aus Beratenden Äußerungen und Prüfungsfeststellungen wieder, deren Ergebnisse inzwischen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Soweit dies möglich ist, wird auch dargestellt, welche finanziellen Auswirkungen hiermit verbunden waren.

Wie die dargestellten Einzelfälle zeigen, wurden in vielen Bereichen

  • Einsparungen erreicht oder eine größere Reichweite der vorhandenen Mittel erzielt,

  • Vorschläge für einen wirkungsvolleren Personaleinsatz gemacht und in diesem Zusammenhang auch Konzepte für einen künftigen Personalabbau erarbeitet,

  • Empfehlungen zur Verbesserung der Verwaltungsabläufe unterbreitet.

Hierdurch kann das Land auf Dauer Aufwendungen in erheblichem Umfang vermeiden.

Die Darstellung soll dem Parlament zeitgleich mit der Vorstellung der neuen Denkschrift einen Überblick über wesentliche Ergebnisse aus früheren Prüfungen und über die Umsetzung seiner Beschlüsse vermitteln.

Die nachstehend aufgeführten Sachverhalte sind nicht mehr Gegenstand des laufenden Verfahrens zur Entlastung der Landesregierung im Sinne von § 97 Abs. 1 LHO.

[Der gesamte Text dieses Beitrages ist in der nachfolgenden PDF-Datei enthalten]
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