Denkschrift 2019
1. 2009 wurde durch eine Änderung der Finanzverfassung eine allgemeine Schuldenbremse in das Grundgesetz aufgenommen. Danach darf der Staat in der Regel nicht mehr Geld ausgeben, als er einnimmt. Für den Bund gilt die Schuldenbremse mit der Möglichkeit begrenzter struktureller Neuverschuldung seit 2016, für die Länder mit der Möglichkeit der Einführung einer Konjunkturkomponente ab 2020. In Baden-Württemberg steht die Umsetzung einer endgültigen Schuldenbremse in Landesrecht erst noch an, die geltende Übergangsregelung läuft Ende des Jahres aus.
Unter Hinweis auf den Investitionsbedarf bei öffentlicher Infrastruktur und Bildung und historisch niedriger Zinsen wird jüngst das Prinzip der Schuldenbremse vereinzelt wieder in Frage gestellt. Aus Sicht des Rechnungshofs ist die Schuldenbremse jedoch richtig. Eine symmetrische Konjunkturkomponente bietet die notwendige Flexibilität, um bei Abweichungen von konjunkturellen Normallagen ausgleichend agieren zu können: bei schlechter Konjunktur Kredit, bei guter Konjunktur Tilgung.
Die Schuldenbremse hat für den notwendigen Handlungsdruck auf die Haushaltspolitik der Länder gesorgt. An die Stelle bisweilen nur allgemeiner Bekenntnisse sind sichtbare Anstrengungen, zu einem ausgeglichenen Haushalt zu kommen, getreten - auch in Baden-Württemberg, das Altschulden getilgt, eine Sanierungsrücklage aufgebaut und die Vorsorge für künftige Pensionsverpflichtungen verbessert hat. Allerdings hat sich diese Konsolidierung im Wesentlichen aus der guten Entwicklung der Steuereinnahmen ergeben.
2. Baden-Württemberg hat im vergangenen Jahr die haushaltsmäßige Verschuldung erstmals in nennenswertem Umfang um 250 Mio. Euro auf 46 Mrd. Euro gesenkt. Mit dem Nachtragshaushalt 2018/2019 wurde die Tilgung einer weiteren Milliarde Euro an Kreditmarktschulden beschlossen. Zusätzlich wurden 2018 der Rücklage für Haushaltsrisiken per Saldo 717,8 Mio. Euro zugeführt.
Wie im Bund werden auch in Baden-Württemberg die Steuereinnahmen in den kommenden Jahren weiter steigen - allerdings deutlich moderater als bislang. Für 2019 rechnen die Steuerschätzer mit insgesamt rund 30,35 Mrd. Euro Netto-Steuereinnahmen fürs Land, das sind 69 Mio. Euro mehr als im Haushalt veranschlagt. Die Prognose für 2020 liegt bei etwa 30,83 Mrd. Euro netto, das sind 603 Mio. Euro weniger als in der Mittelfristigen Finanzplanung vorgesehen. Auch für 2021 bleiben die aktuellen Schätzungen hinter den Erwartungen zurück: Das Land kann mit Steuereinnahmen in Höhe von rund 31,74 Mrd. Euro netto rechnen; 606 Mio. Euro weniger als prognostiziert.
3. Daher muss die Konsolidierung des Landeshaushalts künftig stärker als bisher bei den Ausgaben ansetzen. Normalisiert sich die exorbitant gute Entwicklung der Einnahmensseite der vergangenen Jahre und werden damit die Spielräume enger, ist dies unumgänglich, soll die Haushaltspolitik nachhaltig und generationengerecht sein. Die Landesregierung hat diesen Ansatz in ihrer aktuellen Nachhaltigkeitsstrategie als Leitsatz formuliert: „Der Landeshaushalt ist zugunsten nachfolgender Generationen in sozial verantwortbarer Weise zu konsolidieren.“ An diesem Maßstab wird die Haushalts- und Finanzpolitik der kommenden Jahre zu messen sein.
4. Die bereinigten Ausgaben des Landes stiegen von 34,7 Mrd. Euro (2009) um 15,8 Mrd. Euro (45,5 Prozent) auf 50,5 Mrd. Euro (2018). Gegenüber 2017 nahmen die Ausgaben 2018 um 2,6 Mrd. Euro zu (5,4 Prozent).
Die Personalausgaben stiegen in den vergangenen zehn Jahren um jährlich durchschnittlich 2,6 Prozent. Sie lagen 2018 mit 17,1 Mrd. Euro - trotz Bildung zahlreicher Landesbetriebe und der damit verbundenen Verlagerung von Personalausgaben - um 3,6 Mrd. Euro über den Personalausgaben in 2009. 2018 nahmen sie im Vergleich zum Vorjahr um 334 Mio. Euro
(+2 Prozent) zu. Dem Rechnungshof ist bewusst, dass die Kernaufgaben des Landes personalintensiv sind, insbesondere in Bereichen wie der Wissenschaft, der Bildung und Erziehung sowie der Inneren Sicherheit. Die Personalausgaben machen einen Großteil des Haushalts aus. Eine nachhaltige Finanzpolitik muss auch dort ansetzen.
Bis 2030 gehen mehr als 57.000 Beamte und Beamtinnen des Landes in den Ruhestand. Dies ist zum einem eine Herausforderung, was die Gewinnung geeigneten Personals in Konkurrenz zu anderen Arbeitgebern betrifft. Andererseits schafft dies durch Aufgabenkritik und Prozessoptimierung die Möglichkeit zur Konsolidierung, u. U. sogar die Notwendigkeit hierzu, sollte im Wettbewerb um gute Kräfte nicht jede Stelle nachbesetzt werden können.
5. Die hervorragend gute Einnahmeentwicklung der vergangenen Jahre hat auch dazu beigetragen, dass auf der Ausgabenseite Zurückhaltung und Konsolidierung nicht Maßstab des Handelns waren. Ein Indiz dafür, dass dem Prinzip der bedarfsgerechten Veranschlagung nicht immer und nicht ausreichend Rechnung getragen wurde, sind die in den letzten Jahren deutlich angestiegenen Ausgabereste und die liquiden Mittel bei den Landesbetrieben.
Die vom Haushaltsjahr 2017 nach 2018 übertragenen Ausgabereste stiegen gegenüber dem Vorjahr um 0,8 Mrd. Euro auf 4,2 Mrd. Euro. Dies entspricht einem Anteil von 8,8 Prozent des Haushalts-Solls. Wie bereits 2016 sind die Ausgabereste für Investitionen auch 2017 mit 2,27 Mrd. Euro auf einem sehr hohen Niveau.
Darüber hinaus standen Ende 2017 auf den Betriebsmittelkonten der Landesbetriebe noch 0,9 Mrd. Euro liquide Mittel zur Verfügung. Diese Mittel sind dem Haushaltsgesetzgeber grundsätzlich entzogen. Dadurch wird die notwendige Gesamtsteuerung des Landeshaushalts unnötig erschwert.
Würde in diesen Bereichen bedarfsgerecht vorgegangen, könnten Mittel freigesetzt und für andere Zwecke, insbesondere zur Tilgung von Schulden, genutzt werden. Ausgabereste sollten daher in den Folgejahren abgesenkt werden. Dies kann durch eine strengere Bedarfsprüfung bei der Inabgangstellung der Ausgabereste erfolgen oder durch eine niedrigere Veranschlagung von Ausgabeansätzen in den Folgejahren. Den Verbleib nicht verausgabter Mittel bei den Landesbetrieben sollten die Ministerien kritisch prüfen und ggf. dem Landeshaushalt zur Verfügung gestellt werden.
6. Auftrag des Rechnungshofs ist es, die Ordnungsmäßigkeit der öffentlichen Finanzen zu prüfen und dem Landtag für die Entlastung der Landesregierung zu berichten. Dem dient die vorliegende Denkschrift. Der Rechnungshof versucht aber darüber hinaus, mit seiner breit gefächerten Prüfungstätigkeit ein wirtschaftliches Verhalten in allen Bereichen der Landesverwaltung zu unterstützen und zu fördern.
Ein Beispiel dafür ist das dem Landtag zur Verfügung gestellte Gutachten zu den Vorgängen im Zusammenhang mit der Software Amtliche Schulverwaltung Baden-Württemberg (ASV-BW). Nach 13 Jahren Projektlaufzeit sind die mit der Entwicklung von ASV-BW verfolgten, zu Projektbeginn formulierten Ziele nicht erreicht. Die Zielvorgaben zu Kosten, Zeiten und Leistungen sind deutlich verfehlt worden. Das Projekt zeigt exemplarisch, dass die administrative Bewältigung der Digitalisierung für die Landesverwaltung eine große Herausforderung darstellt, die von den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Verwaltung viel Fachwissen, aber auch eine konsequente Projektsteuerung und ein stringentes Kostencontrolling verlangt.
Anhänge
Die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes war 2017 geordnet. Die geprüften Einnahmen und Ausgaben waren im Wesentlichen ordnungsgemäß belegt. Die für die Haushalts- und Wirtschaftsführung geltenden Vorschriften wurden weitgehend eingehalten. Das rechnungsmäßige Jahresergebnis weist einen Überschuss von knapp 2 Mrd. Euro aus.
1 Haushalts-Soll und Haushalts-Ist 2017
Mit der vorliegenden Haushaltsrechnung des Landes Baden-Württemberg für das Haushaltsjahr 2017 legt die Ministerin für Finanzen gemäß Artikel 83 Absatz 1 Landesverfassung und § 80 Landeshaushaltsordnung Rechnung über die Einnahmen und Ausgaben im Haushaltsjahr 2017. Sie bildet gemeinsam mit dem Vermögensnachweis gemäß § 114 Absatz 1 Landeshaushaltsordnung die Grundlage für die Entlastung der Landesregierung durch den Landtag.
Der Haushaltsrechnung liegt das Gesetz über die Feststellung des Staatshaushaltsplans von Baden-Württemberg für das Haushaltsjahr 2017 vom 22. Februar 2017 zugrunde. Danach wurde der Staatshaushaltsplan 2017 in Einnahme und Ausgabe auf 47.864.170.400 Euro festgestellt. Im Vergleich zu 2016 nahm das Haushaltsvolumen im Soll um 1.016.973.600 Euro (+2,2 Prozent) zu.
Das Haushalts-Soll errechnet sich für die Einnahmen aus dem mit dem Staatshaushaltsgesetz 2017 beschlossenen Haushaltsbetrag zuzüglich der aus dem Vorjahr übernommenen Einnahmereste. Es betrug 49.404 Mio. Euro.
Für das Haushalts-Soll der Ausgaben wurde der Haushaltsbetrag um die aus 2016 übernommenen Ausgabereste erhöht. Es betrug 51.269 Mio. Euro.
Die Ist-Einnahmen des Landes 2017 betrugen 51.596 Mio. Euro. Einschließlich der in das Folgejahr übertragenen Einnahmereste von 1.555 Mio. Euro betrug das einnahmeseitige Rechnungsergebnis 53.151 Mio. Euro.
Die Ist-Ausgaben beliefen sich auf 48.821 Mio. Euro. Einschließlich der in das Folgejahr 2018 übertragenen Ausgabereste von 4.233 Mio. Euro betrug das ausgabenseitige Rechnungsergebnis 53.054 Mio. Euro.
Der Saldo aus Haushalts-Soll und Rechnungsergebnis der Einnahmen und Ausgaben ergibt für 2017 ein rechnungsmäßiges Jahresergebnis von +1.962 Mio. Euro (= rechnungsmäßiger Überschuss). Einschließlich der nicht verbrauchten rechnungsmäßigen Überschüsse der Vorjahre betrug das rechnungsmäßige Gesamtergebnis zum 31. Dezember 2017 +4.726 Mio. Euro.
Wie sich die Mehreinnahmen und die Mehrausgaben aus den Teilergebnissen der Einzelpläne errechnen, ist in der Landeshaushaltsrechnung 2017 dargestellt.
2 Haushaltsrechnung 2017
Die Ministerin für Finanzen legte dem Landtag am 19. Dezember 2018 (Landtagsdrucksache 16/5432) die Haushaltsrechnung des Landes Baden-Württemberg für das Haushaltsjahr 2017 vor.
2.1 Gestaltung
Die Haushaltsrechnung ist entsprechend den Vorgaben (§§ 81 bis 85 Landeshaushaltsordnung) gestaltet und enthält alle vorgeschriebenen Abschlüsse, Erläuterungen und Übersichten, um die bestimmungsgemäße Ausführung des Staatshaushaltsplans nachzuweisen.
Der kassenmäßige Abschluss und der Haushaltsabschluss sind entsprechend § 84 Landeshaushaltsordnung in einem Abschlussbericht mit verschiedenen Zusammenstellungen in der Haushaltsrechnung erläutert. Die in § 85 Absatz 1 Landeshaushaltsordnung genannten Übersichten sind beigefügt.
2.2 Ergebnisse der Haushaltsrechnung
Das kassenmäßige Jahresergebnis ergibt sich aus dem Saldo aus Ist-Einnahmen und Ist-Ausgaben.
Der Landeshaushalt 2017 hat mit einem kassenmäßigen Jahresergebnis von 2.775 Mio. Euro (= kassenmäßiger Überschuss) abgeschlossen. Im vorangegangenen Haushaltsjahr 2016 betrug der kassenmäßige Jahresüberschuss 3.538 Mio. Euro.
In Tabelle 3 wird das Haushaltssoll 2017 dem Rechnungsergebnis 2017 untergliedert nach Hauptgruppen gegenüber gestellt.
Das Land hat 2017 in großem Umfang Einnahme- und Ausgabereste gebildet.
2017 sind die nicht durch Einnahmereste gedeckten Ausgabereste deutlich angestiegen. Der Saldo der nach 2018 übertragenen Reste liegt um 814 Mio. Euro höher als der aus dem Vorjahr (2016) übernommene Saldo der Reste.
Das rechnungsmäßige Jahresergebnis 2017 beträgt 1.961.615.859,40 Euro. Es ergibt sich aus dem kassenmäßigen Jahresergebnis (Saldo aus Ist-Einnahmen und Ist-Ausgaben) abzüglich des Saldos der aus dem Vorjahr (2016) übertragenen Haushaltsreste und der in das Folgejahr (2018) übernommenen Haushaltsreste.
Zum 31. Dezember 2017 betrug das rechnungsmäßige Gesamtergebnis, in welches bis dahin noch nicht veranschlagte Überschüsse aus Vorjahren einfließen, 4.725.793.152,78 Euro.
3 Feststellungen des Rechnungshofs nach § 97 Absatz 2 Nrn. 1 und 2 Landeshaushaltsordnung
3.1 Ordnungsmäßigkeit der Haushaltsrechnung
Der Rechnungshof hat die Ordnungsmäßigkeit der Haushaltsrechnung des Landes für das Haushaltsjahr 2017 mit Unterstützung der staatlichen Rechnungsprüfungsämter in Stichproben geprüft.
Um die Ordnungsmäßigkeit der Haushaltsrechnung beurteilen zu können, führte die Finanzkontrolle - neben allgemeinen Prüfungen zur Haushalts- und Wirtschaftsführung - eine gesonderte Prüfung zu wesentlichen Bereichen nach einem Stichprobenverfahren durch. Die gewählte mathematisch-statistische Methode zur Auswahl der Stichprobe lässt über die untersuchten Einzelfälle hinaus mit hoher Wahrscheinlichkeit Schlüsse auf die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung in den einbezogenen Bereichen zu.
Darüber hinaus wurden bei den Finanzämtern unter anderem 1.041 Einkommensteuerfälle risikoorientiert ausgewählt und geprüft. Aus allen geprüften Bereichen der Finanzämter ergaben sich für die öffentlichen Haushalte per Saldo zusätzliche Einnahmen von 4,7 Mio. Euro. Weitere 5,3 Mio. Euro konnten aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr realisiert werden.
Beim Landesamt für Besoldung und Versorgung hat die Finanzkontrolle in den Bereichen Entgelt für Arbeitnehmer, Beamtenbesoldung und -versorgung risikoorientiert 7.274 Zahlfälle untersucht. Durch diese Prüfungen konnten 0,6 Mio. Euro an unberechtigten Zahlungen zurückgefordert und künftige Fehlzahlungen vermieden werden. Weitere 0,7 Mio. Euro konnten aufgrund bereits eingetretener Verjährung nicht mehr geltend gemacht werden. Im Gegenzug wurden berechtigte Ansprüche von Bediensteten von 0,3 Mio. Euro erfüllt. Zudem wurden 5.790 Beihilfebescheide überprüft. Dies führte zu Beihilfekürzungen von 1,1 Mio. Euro und zu 0,2 Mio. Euro zusätzlich zu gewährender Beihilfe. Die Fehler bewegen sich summarisch im langjährigen Mittel. Neben diesen Prüfungen wurden in Sachverhalten mit Versorgungslastenteilung bei Dienstherrenwechsel Ansprüche des Landes auf Zahlung von 6,4 Mio. Euro festgestellt, die in der Zwischenzeit vollständig erstattet wurden.
Die Finanzkontrolle gab zudem in ihren allgemeinen Prüfungsmitteilungen zahlreiche Hinweise zur Haushalts- und Wirtschaftsführung.
Bei einer Prüfung der Aufstiegsfortbildungsförderung stellte der Rechnungshof 2017 fest, dass das eingesetzte IT-Fachverfahren Sicherheitsmängel aufwies. So konnten für die Auszahlung relevante Daten nach der letzten Kontrolle geändert werden, ohne dass das Programm eine Gegenprüfung veranlasste. Dazu gehörte auch die Kontonummer des Empfängers. Das Verfahren verstieß damit 2017 gegen die haushaltsrechtlichen Bestimmungen zum Einsatz von IT-Verfahren. Im Jahr 2017 wurden damit rund 44 Mio. Euro ausbezahlt. Der Bund trägt davon 78 Prozent, das Land 22 Prozent. Das Land haftet dem Bund gegenüber für eventuelle Schäden. Das Wirtschaftsministerium hat inzwischen, bis zur geplanten Einführung eines neuen IT-Verfahrens, eine nachträgliche Kontrolle der Auszahlungen anhand einer Zufallsstichprobe durch die Ämter für Ausbildungsförderung verbindlich veranlasst.
Die in der Haushaltsrechnung aufgeführten Einnahmen und Ausgaben stimmen mit den in den Rechnungslegungsbüchern nachgewiesenen Beträgen überein. In den geprüften Bereichen sind nur wenige Einnahmen und Ausgaben festgestellt worden, die nicht ordnungsgemäß belegt waren. Die Vorgaben des Staatshaushaltsplans, der Haushaltssystematik und des Haushaltsrechts wurden im Wesentlichen eingehalten.
Die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes war 2017 geordnet.
3.2 Überplanmäßige und außerplanmäßige Ausgaben einschließlich Vorgriffe
Über- und außerplanmäßige Ausgaben bedürfen der Einwilligung des Ministeriums für Finanzen. Sie darf nur im Fall eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses erteilt werden.
Die Fälle, in denen über- und außerplanmäßige Ausgaben getätigt wurden, sind in der Haushaltsrechnung einzeln nachgewiesen. Die vom Ministerium für Finanzen bewilligten Abweichungen von den Stellenübersichten sind ebenfalls dargestellt. Geleistete über- und außerplanmäßige Ausgaben sind dem Landtag ab einem Betrag von 100.000 Euro im Einzelfall mitzuteilen. Das Ministerium für Finanzen hat dem Landtag hierüber mit Schreiben vom 19. Juli 2018 berichtet (Landtagsdrucksache 16/4533).
In 2017 gab es insgesamt 81 über- und außerplanmäßige Ausgaben (einschließlich Mehrausgaben, die aufgrund von Planvermerken wie Vorgriffe zu behandeln sind) mit einem Gesamtvolumen von 60,5 Mio. Euro.
Einzelfälle größeren Umfangs waren:
- 5,5 Mio. Euro für Leistungen der Heilfürsorge beim Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration für die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten.
- 6,6 Mio. Euro Mehrausgabe gemäß Planvermerk (wird wie ein Vorgriff nachgewiesen) für Zuschüsse an soziale Einrichtungen und sonstige Institutionen beim Ministerium für Soziales und Integration bei Maßnahmen des EU-Sozialfonds (ESF) im Förderzeitraum 2007 bis 2013.
- 20,4 Mio. Euro Mehrausgabe gemäß Planvermerk (wird wie ein Vorgriff nachgewiesen) für Zuschüsse an soziale Einrichtungen und sonstige Institutionen beim Ministerium für Soziales und Integration bei Maßnahmen über den ESF 2014 bis 2020 mit Restabwicklung Förderperiode 2000 bis 2006.
In insgesamt 61 der 81 Fälle (75 Prozent) hat das Ministerium für Finanzen vorab in die über- und außerplanmäßigen Ausgaben eingewilligt.
In 20 Fällen (25 Prozent) lag die Einwilligung nicht vor. Die Summe dieser Haushaltsüberschreitungen beträgt 2,4 Mio. Euro. Davon wurde in 4 Fällen mit zusammen 1,3 Mio. Euro die sachliche Notwendigkeit der Mehrausgaben nachträglich vom Ministerium für Finanzen bestätigt.
Von den 60,5 Mio. Euro Haushaltsüberschreitungen in 2017 entfielen 71 Prozent (42,8 Mio. Euro) auf Mehrausgaben bei übertragbaren Ausgaben (Vorgriffe). Im Vorjahr waren es 33 Prozent (21 Mio. Euro).
Der Rechnungshof hat die über- und außerplanmäßigen Ausgaben sowie Vorgriffe in Stichproben inhaltlich geprüft und keine wesentlichen Beanstandungen getroffen.
4 Globale Minderausgaben
Globale Minderausgaben sind im Staatshaushaltsplan negativ veranschlagte Ausgaben, die im Haushaltsvollzug auszugleichen sind. Sie sind eine pauschale Einsparverpflichtung für die einzelnen Ressorts und stellen eine Ausnahme vom Prinzip der Einzelveranschlagung dar.
Im Vollzug des Staatshaushaltsplans 2017 wurden bei den Sachausgaben globale Minderausgaben von 291 Mio. Euro nachgewiesen. Die globalen Minderausgaben entsprachen 2017 damit 0,9 Prozent der Sachausgaben. Im Vergleich zum Vorjahr erhöhten sich die globalen Minderausgaben um 95 Mio. Euro. Der Anteil der globalen Minderausgaben an den Sachausgaben betrug im Vorjahr 0,6 Prozent.
5 Druck- und Darstellungsfehler
Der Rechnungshof hat bei der Gesamtrechnungsprüfung der Haushaltsrechnung keine wesentlichen Druck- und Darstellungsfehler festgestellt.
In der Übersicht 1 der Haushaltsrechnung über die über- und außerplanmäßigen Ausgaben einschließlich der Vorgriffe und ihre Begründung fehlte eine Position. Mit Schreiben vom 17. April 2019 hat das Ministerium für Finanzen die fehlende Position und weitere kleinere Änderungen der Haushaltsrechnung des Landes Baden-Württemberg 2017 dem Landtag nachgemeldet.
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Das Ministerium für Finanzen legte dem Landtag für das Haushaltsjahr 2017 zusammen mit der Haushaltsrechnung über die Einnahmen und Ausgaben erstmals eine nach doppischen Grundsätzen erstellte Vermögensrechnung vor.
Obwohl die Vermögensrechnung künftig noch weiterentwickelt und ergänzt werden muss, bildet sie schon jetzt eine gute und detaillierte Grundlage für die Entscheidung des Landtags über die Entlastung der Landesregierung.
1 Grundlagen und Bedeutung der Vermögensrechnung
Der Ministerrat beschloss im September 2011, das kamerale Rechnungswesen des Landes um eine nach doppischen Grundsätzen erstellte Vermögensrechnung zu ergänzen. Diese soll einen möglichst vollständigen und zusammenhängenden Überblick über das Vermögen und die Schulden des Landes geben.
Nach der Entwicklung und Erstellung einer haushaltsrechtlich noch nicht relevanten, aber konzeptionell wichtigen Eröffnungsvermögensrechnung zum Stichtag 1. Januar 2017 übermittelte das Ministerium für Finanzen dem Landtag für das abgelaufene Haushaltsjahr 2017 eine Vermögensrechnung zum Stichtag 31. Dezember 2017. Zusammen mit der Haushaltsrechnung ist die Vermögensrechnung nach Artikel 83 Absatz 1 der Landesverfassung und § 114 der Landeshaushaltsordnung nun zum ersten Mal Grundlage für die Entlastung der Landesregierung.
Die Vermögensrechnung dient künftig als Nachweis des Vermögens und der Schulden und ist nach Artikel 79 Absatz 4 der Landesverfassung und § 14 der Landeshaushaltsordnung als Anlage in den Haushaltsplan aufzunehmen. Dies wird erstmals für den Doppelhaushalt 2020/2021 der Fall sein.
Die Grundsätze zur Aufstellung der Vermögensrechnung sind in einer Verwaltungsvorschrift über die Vermögensrechnung des Landes vom 8. Juni 2017 festgelegt. Sie orientieren sich an den Standards staatlicher Doppik, die von Bund und Ländern gemeinsam entwickelt wurden. Bindend sind diese Standards für Baden-Württemberg nicht, da die Kameralistik weiterhin das führende Rechnungslegungssystem bleibt.
2 Inhalt der Vermögensrechnung
2.1 Vollständigkeit der Vermögensrechnung
Die Vermögensrechnung bildet manche Bilanzpositionen noch nicht bzw. noch nicht vollständig ab. Beispielsweise sind bislang nur 40 Prozent der Kunstgegenstände mit einem Wert von 5,8 Mrd. Euro enthalten. Die Erfassung soll im Zuge der laufenden Digitalisierung bis zum 31. Dezember 2020 abgeschlossen sein. Auch andere Positionen sollen künftig sukzessive ergänzt werden.
In der „Übersicht über Bürgschaften, Garantien und sonstige Gewährleistungen des Landes“ werden bislang nur Anfangs- und Endbestände ausgewiesen. Sie sollte nach Auffassung des Rechnungshofs um Verweise auf die Rechtsgrundlagen sowie um eine Darstellung der Zu- und Abgänge ergänzt werden.
Bei dem betragsmäßig bedeutendsten Bilanzposten, den Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen, werden in den Erläuterungen die unterschiedlichen Ursachen für die Betragsveränderungen gegenüber dem letzten Stichtagsergebnis aufgeführt. Die finanziellen Auswirkungen werden jedoch nicht einzeln quantifiziert. Dies sollte in künftigen Vermögensrechnungen erfolgen.
Das Ministerium für Finanzen wird die Anregungen des Rechnungshofs prüfen und in den nächsten Vermögensrechnungen mit der Maßgabe aufgreifen, dass die jeweilige Ergänzung fachlich möglich und mit vertretbarem Aufwand umsetzbar ist.
2.2 Aggregierte Vermögensrechnung zum 31. Dezember 2017
Die Summe der Vermögensrechnung zum 31. Dezember 2017 beläuft sich auf 232,7 Mrd. Euro.
Auf der Aktivseite wird das Landesvermögen mit 69,8 Mrd. Euro beziffert. Hiervon entfallen auf das Anlagevermögen 59,0 Mrd. Euro und auf das Umlaufvermögen 10,8 Mrd. Euro.
Auf der Passivseite werden ausschließlich Rückstellungen von 183,2 Mrd. Euro und Verbindlichkeiten von 49,5 Mrd. Euro ausgewiesen. Die Summe der Passivseite übersteigt das auf der Aktivseite ausgewiesene Vermögen um 162,9 Mrd. Euro. Dieser Betrag wird auf der Aktivseite der Vermögensrechnung als Saldo ausgewiesen. Der Anteil des Saldos an der Gesamtsumme beträgt 70 Prozent.
Die Vermögensrechnung des Landes wird - wie entsprechende Rechenwerke vergleichbarer Länder - von den Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen dominiert. Diese betragen 176,6 Mrd. Euro, was einem Anteil von 76 Prozent entspricht. Ohne die Pensionsrückstellungen würde die Vermögensrechnung einen positiven Saldo von 13,7 Mrd. Euro ausweisen.
Tabelle 1 enthält die Vermögensrechnung zum Stichtag 31. Dezember 2017 in aggregierter Form.
3 Aktiva des Landes zum 31. Dezember 2017
3.1 Sachanlagevermögen
In der Vermögensrechnung des Landes bilden die Sachanlagen mit einem Wert von 40,8 Mrd. Euro eine bedeutende Position. Deren Struktur zeigt Abbildung 1 auf.
Innerhalb der Sachanlagen ist das Infrastrukturvermögen mit 12,9 Mrd. Euro die größte Position, gefolgt von den Bauten mit 7,7 Mrd. Euro und den Grundstücken sowie grundstücksgleichen Rechten mit 7,0 Mrd. Euro.
Kulturgüter werden mit 5,8 Mrd. Euro und Naturgüter mit 5,3 Mrd. Euro ausgewiesen. Die Naturgüter umfassen das Waldvermögen inklusive des Staatswaldes „Nationalpark Schwarzwald“.
3.2 Finanzanlagevermögen
In der Vermögensrechnung wird ein Finanzanlagevermögen von 18,2 Mrd. Euro ausgewiesen. Dessen Struktur zeigt Abbildung 2.
Die größte Position bei den Finanzanlagen stellen mit 8,0 Mrd. Euro die Anteile an verbundenen Unternehmen dar. Hier hält das Land mehr als 50 Prozent der Anteils- und/oder Stimmrechte. Sofern deren Eigenkapital negativ ist (z. B. NECKARPRI GmbH), werden sie mit einem Euro berücksichtigt. Für das Gewährleistungsrisiko wird eine Gewährleistungsrückstellung gebildet.
In der Position Anteile an verbundenen Unternehmen sind auch Landesbetriebe und wie Landesbetriebe geführte Einrichtungen mit 2,3 Mrd. Euro enthalten. Die an dieser Stelle in die Vermögensrechnung eingeflossenen Eigenkapitalwerte wurden - soweit verfügbar - den Jahresabschlüssen zum Stichtag 31. Dezember 2016 entnommen.
In der Vermögensrechnung 2017 wurden die Landesbetriebe mit einem um 28,9 Mio. Euro zu niedrigen Betrag berücksichtigt. Der größte Teil hiervon entfällt auf den Landesbetrieb Forst BW. Für diesen wurde das Basiskapital und somit ein um 28,5 Mio. Euro zu niedriger Betrag angesetzt. Dies wird bei der nächsten Vermögensrechnung korrigiert.
Das Vermögen der Landesbetriebe wird grundsätzlich nicht unter der jeweiligen Vermögensrechnungsposition (z. B. Infrastrukturvermögen) ausgewiesen und die entsprechenden Abschreibungen sind nicht im Anlagenspiegel abgebildet.
Insbesondere die Bilanzen der Landesbetriebe Gewässer enthalten ein umfangreiches Anlagevermögen. Deshalb hat der Rechnungshof im Vorfeld vorgeschlagen, dieses in die Berichterstattung über das Sachanlagevermögen einzubeziehen. Das Ministerium für Finanzen hat dies in der vorliegenden Vermögensrechnung durch einen nachrichtlichen Ausweis umgesetzt.
Es ist vorgesehen, die auf dem 31. Dezember 2016 basierenden Eigenkapitalwerte der Landesbetriebe als Anschaffungskosten in den nächsten Vermögensrechnungen beizubehalten. Durch diese Festschreibung werden Kapitaländerungen in künftigen Vermögensrechnungen nicht abgebildet. Der Rechnungshof schlägt hierzu vor, eine turnusmäßige, z. B. dreijährige Wertfortschreibung vorzunehmen. Das Ministerium für Finanzen hat vorgesehen, die Regelung zum Ansatz der Landesbetriebe in der Vermögensrechnung spätestens nach fünf Jahren zu prüfen und bei Bedarf in Abstimmung mit dem Rechnungshof anzupassen. Für die nächste Vermögensrechnung wird die derzeitige Regelung beibehalten.
Voraussetzung hierfür ist, dass die Abschlüsse der Landesbetriebe rechtzeitig vorgelegt und genehmigt werden. Dies ist aktuell - wie auch in Beitrag Nr. 22 dieser Denkschrift dargestellt - häufig nicht der Fall.
Die zweitgrößte Finanzanlagenposition ist das Sondervermögen ohne eigenverantwortliche Betriebsleitung mit einem Wert von 6,3 Mrd. Euro. Sie umfasst die 1999 eingerichtete Versorgungsrücklage (3,7 Mrd. Euro) und den 2007 eingerichteten Versorgungsfonds des Landes (2,6 Mrd. Euro).
Es folgen mit 3,3 Mrd. Euro die Beteiligungen des Landes.
3.3 Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände
Diese Position wird in der Vermögensrechnung zum 31. Dezember 2017 auf 9,4 Mrd. Euro beziffert. Hiervon entfallen 7,5 Mrd. Euro auf veranlagte Steuern und 1,2 Mrd. Euro auf Forderungen aus der Steuerverteilung und Finanzausgleichsbeziehungen.
4 Passiva des Landes zum 31. Dezember 2017
4.1 Struktur der Passiva
Auf der Passivseite der Vermögensrechnung wird ein Gesamtbetrag von 232,7 Mrd. Euro ausgewiesen. Hiervon entfallen 183,2 Mrd. Euro auf Rückstellungen und 49,5 Mrd. Euro auf Verbindlichkeiten. Der Anteil der in der Rechnungslegung des Landes bisher nicht abgebildeten Rückstellungen an der Gesamtverschuldung beträgt 79 Prozent.
4.2 Rückstellungen
Mit 176,6 Mrd. Euro sind die Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen die größte Position auf der Passivseite.
Der Rechnungshof hat - wie in der Denkschrift 2018 im Beitrag Nr. 5 dargestellt - schon im Vorfeld die Systematik zur Ermittlung der Pensionsrückstellungen geprüft. Als Folge der dabei getroffenen Feststellungen hat das Ministerium für Finanzen bei den jetzigen Pensionsrückstellungen folgende Anspruchsberechtigte zusätzlich berücksichtigt:
- Beamte, für die noch kein Versorgungskonto vorliegt, und
- Beamte, die im Zuge der Verwaltungsstrukturreform zu den Stadt- und Landkreisen wechselten.
4.3 Verbindlichkeiten
Anleihen und Obligationen stellen mit 17,2 Mrd. Euro die größte Verbindlichkeitenposition dar, gefolgt von den Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten mit 12,8 Mrd. Euro. Zusammen mit den Verbindlichkeiten aus sonstigen Krediten mit einem Volumen von 8,5 Mrd. Euro, die in der Position Sonstige Verbindlichkeiten enthalten sind, bilden diese Positionen die in der Vermögensrechnung abgebildete Kreditmarktverschuldung von 38,5 Mrd. Euro.
Hingegen werden in der Haushaltsrechnung des Landes für das Haushaltsjahr 2017 Kreditmarktschulden von 46,3 Mrd. Euro ausgewiesen. Der Differenzbetrag von 7,8 Mrd. Euro ist auf abgeschlossene, aber am 31. Dezember 2017 nicht valutierte Kreditrahmenverträge zurückzuführen. Durch Kreditrahmenverträge wird die Kreditermächtigung des Staatshaushaltsgesetzes haushaltsmäßig in Anspruch genommen (Beitrag Nr. 1).
Auf Anregung des Rechnungshofs wurde in die vorliegende Vermögensrechnung eine Gegenüberstellung der haushaltsmäßigen Verschuldung und der nach doppischen Grundsätzen ausgewiesenen Verbindlichkeiten aufgenommen (siehe Tabelle 2).
Neben den Kreditmarktschulden werden in der Vermögensrechnung noch weitere Verbindlichkeiten von 11,1 Mrd. Euro ausgewiesen. Hiervon entfallen 4,4 Mrd. Euro auf Verbindlichkeiten aus der Steuerverteilung und dem Finanzausgleich sowie 2,3 Mrd. Euro auf Verbindlichkeiten aus Zuweisungen und Zuschüssen.
5 Haushaltsrechtliche Festlegung des Vermögensnachweises
Während die Landeshaushaltsordnung den Inhalt und die Anlagen der Haushaltsrechnung relativ detailliert beschreibt, ist für den Vermögensnachweis in § 86 nur bestimmt, dass dieser vom Ministerium für Finanzen im Einvernehmen mit den Ministerien und dem Rechnungshof zu regeln ist. Nach einiger Zeit des parlamentarischen Umgangs mit dem Vermögensnachweis auf doppischer Grundlage könnte erwogen werden, bei einer Änderung der Landeshaushaltsordnung den § 86 neu zu fassen und - beispielsweise wie beim Bund - die Mindestinhalte des Vermögensnachweises gesetzlich festzulegen.
6 Darstellungs- bzw. Übertragungsfehler
Die vom Rechnungshof bei seiner Prüfung der Vermögensrechnung festgestellten Darstellungs- bzw. Übertragungsfehler hat das Ministerium für Finanzen durch Schreiben vom 17. April 2019 an die Präsidentin des Landtags von Baden-Württemberg berichtigt.
7 Stellungnahme des Ministeriums für Finanzen
Das Ministerium für Finanzen wird den Vorschlag des Rechnungshofs, bei Landesbetrieben eine turnusmäßige Wertfortschreibung vorzunehmen, in die Überprüfung der Wertfestschreibung einbeziehen. Allerdings soll zunächst die Erfahrung aus mehreren Vermögensrechnungen abgewartet werden.
Den Vorschlag des Rechnungshofs, die Mindestinhalte des Vermögensnachweises in § 86 Landeshaushaltsordnung festzulegen, wird das Ministerium für Finanzen prüfen und gegebenenfalls im Rahmen einer Anpassung der Landeshaushaltsordnung umsetzen.
8 Fazit
Die Vermögensrechnung bietet einen deutlich umfassenderen Überblick über das Vermögen und die Schulden des Landes als der frühere Vermögensnachweis.
Mit der vom Ministerium für Finanzen angekündigten und möglichst bald umzusetzenden Vervollständigung und Ergänzung von Aktiv- und Passivposten, Erläuterungen und Übersichten wird sich die Aussagekraft der Vermögensrechnung weiter verbessern.
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Die Bruttosteuereinnahmen des Landes sind 2018 gegenüber dem Vor-jahr um 2,8 Mrd. Euro gestiegen. Die Einnahmen aus Überschüssen der Vorjahre erhöhten sich auf 2,3 Mrd. Euro. Die bereinigten Einnahmen überstiegen die bereinigten Ausgaben um mehr als 3 Mrd. Euro. Die haushaltsmäßige Verschuldung wurde 2018 erstmals in nennenswertem Umfang um 250 Mio. Euro auf 46 Mrd. Euro gesenkt.
1 Entwicklung der Einnahmen 2009 bis 2018
In Abbildung 1 sind für die Jahre 2009 bis 2018 die Einnahmen der Hauptgruppen 0 bis 3 im Landeshaushalt dargestellt.
Die Einnahmen des Landes stiegen von 34,8 Mrd. Euro (2009) um 22,4 Mrd. Euro (+64,2 Prozent) auf 57,2 Mrd. Euro (2018). Gegenüber dem Vorjahr nahmen die Einnahmen 2018 um 5,6 Mrd. Euro zu (+10,9 Prozent). Von dieser Steigerung entfielen
- 2,8 Mrd. Euro auf die Hauptgruppe 0;
- 0,1 Mrd. Euro auf die Hauptgruppe 1;
- 0,4 Mrd. Euro auf die Hauptgruppe 2;
- 2,3 Mrd. Euro auf die Hauptgruppe 3.
Die Summe der Einnahmen wurde zu 71,2 Prozent (40,7 Mrd. Euro) durch Steuern und steuerähnliche Abgaben erzielt.
1.1 Steuereinnahmen und steuerähnliche Abgaben
Die Steuereinnahmen und Einnahmen aus steuerähnlichen Abgaben stiegen in den letzten Jahren aufgrund der guten wirtschaftlichen Entwicklung deutlich an. Ihre Höhe wird zudem stark von der Gesetzgebung auf Bundesebene beeinflusst.
Die Brutto-Steuereinnahmen lagen 2018 mit 40,6 Mrd. Euro um 16,5 Mrd. Euro (+68,4 Prozent) höher als 2009. Bei dieser Betrachtung ist die bis 30. Juni 2009 dem Land zustehende Kraftfahrzeugsteuer nicht enthalten. Diese Steuer steht seit 1. Juli 2009 nicht mehr den Ländern, sondern dem Bund zu. Zur Kompensation erhält Baden-Württemberg vom Bund eine jährliche Ausgleichszahlung. 2009 lag diese Kompensation bei 663,5 Mio. Euro; seit 2010 beträgt die jährliche Zuweisung des Bundes 1,3 Mrd. Euro.
2018 erhöhten sich die Brutto-Steuereinnahmen gegenüber dem Vorjahr um 2,8 Mrd. Euro (+7,5 Prozent). Die um die Ausgaben des Länderfinanzausgleichs und des Kommunalen Finanzausgleichs bereinigten (Netto-) Steuereinnahmen stiegen im Vergleich zu 2017 von 27,8 Mrd. Euro auf 29,6 Mrd. Euro (+6,7 Prozent).
Tabelle 1 zeigt, wie sich die Steuereinnahmen und die steuerähnlichen Abgaben von 2014 bis 2018 sowie im Zehnjahreszeitraum (Basisjahr 2009) im Einzelnen entwickelt haben.
Die Steuereinnahmen des Landes bestehen aus Gemeinschaft- und Landessteuern. Die Einnahmen aus Gemeinschaftsteuern haben sich seit 2009 von 22,3 Mrd. Euro um 14,7 Mrd. Euro (+65,7 Prozent) auf 37,0 Mrd. Euro 2018 erhöht. Ihr Anteil an den gesamten Steuereinnahmen des Landes lag 2018 bei 91,1 Prozent. Die Steuern vom Einkommen und vom Ertrag (einschließlich Abgeltungsteuer) trugen im Haushaltsjahr 2018 mit 62,5 Prozent (23,1 Mrd. Euro) zum Landesanteil an den Gemeinschaftsteuern bei. Das höchste Aufkommen hiervon verzeichnete die Lohnsteuer mit 14,0 Mrd. Euro.
Die Einnahmen aus der Umsatzsteuer erhöhten sich 2018 gegenüber 2017 um 194,7 Mio. Euro (+2,3 Prozent) auf 8,7 Mrd. Euro. Zusammen mit der Einfuhrumsatzsteuer erhöhte sich das Aufkommen 2018 im Vergleich zum Vorjahr um 692,6 Mio. Euro (+5,8 Prozent) auf 12,6 Mrd. Euro.
Die Landessteuern (ohne Kraftfahrzeugsteuer) haben sich seit 2009 - auch aufgrund der Erhöhung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer - um 1,8 Mrd. Euro (+102,7 Prozent) auf 3,6 Mrd. Euro (2018) erhöht. Gegenüber 2017 erhöhten sich die Landessteuern 2018 um 0,6 Mrd. Euro (+19,2 Prozent). Sie hatten 2018 einen Anteil an den gesamten Steuereinnahmen des Landes von 8,9 Prozent. Die Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer erhöhten sich 2018 im Vergleich zum Vorjahr um 169,8 Mio. Euro (+9,7 Prozent) auf 1,9 Mrd. Euro. 2018 betrug ihr Anteil am gesamten Aufkommen der Landessteuern 53,5 Prozent. Die Einnahmen durch die Erbschaftsteuer erhöhten sich 2018 gegenüber 2017 um 390,8 Mio. Euro (+41,8 Prozent) auf 1,3 Mrd. Euro. 2018 hatten sie einen Anteil von 36,9 Prozent an den Einnahmen aus Landessteuern.
Die steuerähnlichen Abgaben bestehen aus Abgaben von Spielbanken sowie sonstigen Abgaben. Die Einnahmen aus steuerähnlichen Abgaben blieben mit 140,4 Mio. Euro im Vergleich zum Vorjahr nahezu unverändert (-0,2 Prozent). Mit einem Aufkommen von 83,1 Mio. Euro entfiel hierbei mehr als die Hälfte auf das Wasserentnahmeentgelt.
1.2 Verwaltungseinnahmen und Einnahmen aus Schuldendienst
Die Verwaltungseinnahmen und Einnahmen aus Schuldendienst (Hauptgruppe 1) stiegen 2018 gegenüber dem Vorjahr um 95,9 Mio. Euro (+5,2 Prozent) auf 1,9 Mrd. Euro.
Die Verwaltungseinnahmen (Obergruppe 11) nahmen im Vergleich zu 2017 per Saldo um 147,4 Mio. Euro (+11,2 Prozent) auf 1,5 Mrd. Euro zu. Hierin enthalten ist der Rückgang von Einnahmen infolge der Notariats- und Grundbuchamtsreform zum Stichtag 1. Januar 2018. Dem gegenüber stehen einmalige Einnahmen des Landes aus thesaurierten Garantiegebühren der Garantieportfolio Baden-Württemberg GmbH & Co. KG von im Soll 357 Mio. Euro.
Die Einnahmen aus wirtschaftlicher Tätigkeit und aus Vermögen (Obergruppe 12) gingen gegenüber dem Vorjahr um 35,4 Mio. Euro (-9,8 Prozent) auf 327,1 Mio. Euro zurück. Hauptgrund ist, dass die Beteiligungsgesellschaft des Landes mbH 2017 eine einmalige Sonderausschüttung von 10 Mio. Euro getätigt hat. Darüber hinaus hat sich 2018 die Ausschüttung der LBBW um 9,7 Mio. Euro gegenüber dem Vorjahr vermindert.
Die Erlöse aus der Veräußerung von Gegenständen (Obergruppe 13) verminderten sich 2018 um 2,5 Mio. Euro (-3,7 Prozent) auf 64,6 Mio. Euro.
Die Einnahmen aus Schuldendienst (Obergruppen 15 bis 18) verminderten sich 2018 im Vergleich zum Vorjahr um 13,4 Mio. Euro (-15,0 Prozent) auf 75,9 Mio. Euro. Dies waren im Wesentlichen Zins- und Tilgungseinnahmen aus gewährten Darlehen des Landes zur Wohnraum- und Ausbildungsförderung.
1.3 Einnahmen aus Zuweisungen und Zuschüssen mit Ausnahme für Investitionen
Im zehnjährigen Betrachtungszeitraum erhöhten sich die Einnahmen aus Zuweisungen und Zuschüssen mit Ausnahme für Investitionen (Hauptgruppe 2) insgesamt um 3,7 Mrd. Euro (+62,2 Prozent). Zieht man die nach Wegfall der Kraftfahrzeugsteuer vom Bund bezahlte Ersatzleistung von 1,3 Mrd. Euro bzw. 663,5 Mio. Euro ab, beträgt der Zuwachs noch 3,0 Mrd. Euro (+57,8 Prozent). Diesen Einnahmen stehen - mit Ausnahme der Zuweisung des Bundes zum Ausgleich des Kraftfahrzeugsteuer-Wegfalls - größtenteils entsprechende Ausgaben gegenüber.
2018 stiegen die Einnahmen der Hauptgruppe 2 gegenüber dem Vorjahr um 408,9 Mio. Euro (+4,5 Prozent) auf 9,5 Mrd. Euro. Die größten Posten dieser Einnahmegruppe waren 2018:
- Finanzausgleichsumlage nach § 1a Finanzausgleichsgesetz mit 4.234,2 Mio. Euro; sie erhöhte sich im Vergleich zu 2017 um 270,2 Mio. Euro (+6,8 Prozent);
- Zuweisung des Bundes zum Ausgleich des Kraftfahrzeugsteuer-Wegfalls mit 1.305,3 Mio. Euro (seit 2010 unverändert);
- Einnahmen zur Sicherstellung und Verbesserung einer ausreichenden Bedienung durch den ÖPNV/SPNV sowie zur Infrastruktur- und Fahrzeugförderung im Geschäftsbereich des Ministeriums für Verkehr mit 926,8 Mio. Euro; sie erhöhten sich gegenüber 2017 um 26,7 Mio. Euro (+3,0 Prozent);
- Zuweisungen des Bundes gemäß § 46a SGB XII für Sozialhilfe mit 628,5 Mio. Euro; sie stiegen um 35,4 Mio. Euro (+6,0 Prozent) im Vergleich zu 2017;
- Zuweisungen des Bundes für die Kosten der Unterkunft und Heizung gemäß § 46 Absätze 5 bis 8 SGB II mit 607,4 Mio. Euro gegenüber 593,1 Mio. Euro 2017 (+2,4 Prozent);
- Erstattung anteilmäßiger Versorgungsbezüge durch Landesbetriebe und Sonstige mit 239,0 Mio. Euro gegenüber 231,1 Mio. Euro 2017 (+3,4 Prozent);
- Zuweisungen des Bundes für Maßnahmen im Rahmen des Hochschulpaktes („Ausbauprogramm Hochschule 2012“) mit 205,2 Mio. Euro; sie verminderten sich um 76,5 Mio. Euro (-27,1 Prozent) gegenüber 2017.
1.4 Kreditaufnahmen, Einnahmen aus Zuweisungen und Zuschüssen für Investitionen und besondere Finanzierungseinnahmen
Die saldierten Einnahmen aus Schuldenaufnahmen, aus Zuweisungen und Zuschüssen für Investitionen und die besonderen Finanzierungseinnahmen lagen 2018 bei 5,0 Mrd. Euro. Der Schwerpunkt lag bei den besonderen Finanzierungseinnahmen.
Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die saldierten Einnahmen der Hauptgruppe 3 um 2,3 Mrd. Euro (+83,4 Prozent).
1.4.1 Einnahmen aus Schuldenaufnahmen
Das Land verzichtete in den Jahren 2015 bis 2017 auf eine Nettokreditaufnahme. 2018 wurde erstmals in nennenswertem Umfang haushaltsmäßige Verschuldung von 250 Mio. Euro getilgt.
1.4.2 Einnahmen aus Zuweisungen und Zuschüssen für Investitionen
Die Einnahmen aus Zuweisungen und Zuschüssen für Investitionen (Obergruppen 33 und 34) erhöhten sich seit 2009 um 199,7 Mio. Euro (+21,0 Prozent) auf 1,2 Mrd. Euro. Sie stiegen im Vergleich zu 2017 um 111,4 Mio. Euro (+10,7 Prozent).
Die größten Posten dieser Einnahmengruppen waren 2018:
- Finanzhilfen des Bundes für Investitionen nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (Bundesprogramm) für kommunale Vorhaben sowie auf dem Gebiet des ÖPNV mit 209,7 Mio. Euro; sie erhöhten sich gegenüber dem Vorjahr um 47,1 Mio. Euro (+29,0 Prozent);
- Zuweisungen des Bundes, Beiträge Dritter sowie Erstattung von Bauausgaben durch die Finanzierungsgesellschaft für Öffentliche Vorhaben des Landes Baden-Württemberg mbH mit 165,6 Mio. Euro. Die Einnahmen wurden für Baumaßnahmen des Behördenbauprogramms sowie Bauprogramme zur Forschungsförderung, Emissionsschutz und Nachfolgebelegung ehemals militärischer Grundstücke verwendet; sie verminderten sich gegenüber dem Vorjahr um 23,6 Mio. Euro (-12,5 Prozent);
- Zuweisungen und Zuschüsse des Bundes zu städtebaulichen Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen sowie zum Landesförderprogramm „Wohnraum für Flüchtlinge“ mit 107,9 Mio. Euro; sie erhöhten sich um 12,1 Mio. Euro (+12,7 Prozent) gegenüber 2017;
- Zuschüsse der Europäischen Union für Investitionen nach dem Maßnahmen- und Entwicklungsplan Ländlicher Raum Baden-Württemberg 2014-2020 (MEPL III) mit 95,5 Mio. Euro; sie erhöhten sich gegenüber dem Vorjahr um 21,3 Mio. Euro (+28,7 Prozent);
- Zuweisungen des Bundes für die Darlehensförderung der Studierenden mit 94,3 Mio. Euro; sie verminderten sich gegenüber dem Vorjahr um 5,0 Mio. Euro (-5,0 Prozent);
- Beiträge der Landeshauptstadt Stuttgart und des Verbandes Region Stuttgart für die Finanzierung und den Vorsorgebedarf der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm und für Stuttgart 21 mit 92,1 Mio. Euro; sie stiegen um 22,4 Mio. Euro (+32,0 Prozent) gegenüber 2017;
- Finanzhilfen des Bundes für Investitionen von Gemeinden und Gemeindeverbänden zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden mit 75,6 Mio. Euro; sie blieben gegenüber dem Vorjahr nahezu unverändert.
Diesen Einnahmen stehen entsprechende Ausgaben gegenüber.
1.4.3 Besondere Finanzierungseinnahmen
Die Entnahmen aus Rücklagen, Fonds und Stöcken (Obergruppe 35) erhöhten sich 2018 um 1,1 Mrd. Euro auf 1,6 Mrd. Euro gegenüber 2017. Hintergrund war im Wesentlichen die deutlich höhere Entnahme aus der Rücklage für Maßnahmen im Sinne des § 1 Absatz 3 der Verordnung zu § 18 Landeshaushaltsordnung (Rücklage VO) und eine höhere Entnahme aus der Rücklage für Haushaltsrisiken.
Die Einnahmen aus Überschüssen der Vorjahre haben sich im Vergleich zu 2017 mehr als verdoppelt. Sie erhöhten sich um 1,3 Mrd. Euro (+128,6 Prozent) auf 2,3 Mrd. Euro in 2018.
2 Entwicklungen der Ausgaben 2009 bis 2018
Abbildung 2 zeigt die Entwicklung der Ist-Ausgaben des Landes für die Jahre 2009 bis 2018.
Die Ausgaben des Landes stiegen von 34,8 Mrd. Euro (2009) um 19,3 Mrd. Euro (+55,3 Prozent) auf 54,1 Mrd. Euro (2018). Gegenüber dem Vorjahr nahmen die Ausgaben 2018 deutlich um 5,3 Mrd. Euro zu (+10,9 Prozent). Von dieser Steigerung entfielen
- 0,3 Mrd. Euro auf die Hauptgruppe 4;
- 0,1 Mrd. Euro auf die Hauptgruppe 5;
- 2,1 Mrd. Euro auf die Hauptgruppe 6;
- 2,8 Mrd. Euro auf die Hauptgruppe 9.
Im Bereich der Investitionen (Hauptgruppen 7 und 8) ist per Saldo ein Rückgang um 100 Mio. Euro zu verzeichnen.
Die Personalausgaben (Hauptgruppe 4) sowie die Ausgaben für Zuweisungen und Zuschüsse mit Ausnahme für Investitionen (Hauptgruppe 6) entsprechen zusammen 78,4 Prozent der Gesamtausgaben.
2.1 Personalausgaben
In der Hauptgruppe 4 werden ausschließlich die Personalausgaben der Kernverwaltung des Landes ausgewiesen. Sie schließen insbesondere die Bezüge und Nebenleistungen für Beamte und Richter, die Entgelte der Beschäftigten, die Versorgungsbezüge sowie Ausgaben für die Beihilfe ein. Hinzu kommen Personalausgaben bei Landesbetrieben, die im Landeshaushalt nicht explizit als Personalausgaben ausgewiesen werden.
In der Vergangenheit wurden zahlreiche Einrichtungen des Landes in Landesbetriebe umgewandelt. In der Folge wurden die ursprünglich kameralen Personalausgaben dieser Einrichtungen als Teil der Zuschüsse für die Landesbetriebe in Hauptgruppe 6 etatisiert. Entsprechend sanken die Personalausgaben der Hauptgruppe 4 im Landeshaushalt.
Das Vorheft zum Staatshaushaltsplan für 2018/2019 weist im Soll für 2018 Personalausgaben in Landesbetrieben von 3,0 Mrd. Euro aus. Davon entfallen allein 2,7 Mrd. Euro auf Einrichtungen des Wissenschaftsministeriums. Eine Darstellung der Ist-Ausgaben bei Landesbetrieben prüft das Ministerium für Finanzen derzeit. Die in Tabelle 2 dargestellte Entwicklung der Personalausgaben hat insofern nur eine eingeschränkte Aussagekraft.
Die Personalausgaben stiegen in den vergangenen zehn Jahren um jährlich durchschnittlich 2,6 Prozent. Sie lagen 2018 mit 17,1 Mrd. Euro - trotz Bildung zahlreicher Landesbetriebe - um 3,6 Mrd. Euro über den Personalausgaben in 2009. 2018 nahmen sie im Vergleich zum Vorjahr um 334 Mio. Euro (+2 Prozent) zu.
Den größten Block innerhalb der Personalausgaben der Hauptgruppe 4 bilden die Bezüge und Nebenleistungen der Beamtinnen und Beamten und Richterinnen und Richter. Sie erhöhten sich im zehnjährigen Betrachtungszeitraum um 1,2 Mrd. Euro (+16,9 Prozent). Dabei ist zu berücksichtigen, dass durch die Bildung von Landesbetrieben Personalausgaben in erheblichem Umfang nicht mehr als solche dargestellt wurden.
Die Beihilfeausgaben für die aktiven Beamtinnen und Beamten und Richterinnen und Richter stiegen von 2009 bis 2018 um 62 Mio. Euro (+15,8 Prozent). Der moderate Anstieg in den vergangenen Jahren war in erster Linie verschiedenen kostendämpfenden Maßnahmen geschuldet.
Die Ausgaben für die Versorgungsbezüge der Beamtinnen und Beamten und Richterinnen und Richter stiegen in den vergangenen zehn Jahren um 1,9 Mrd. Euro (+63,1 Prozent). Zudem erhöhten sich die Beihilfeausgaben für die Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger im gleichen Zeitraum um 383,8 Mio. Euro (+68,9 Prozent). Mitursächlich für diese Entwicklung ist, dass die Zahl der Versorgungsberechtigten von 94.695 (2009) um 34.680 (+36,6 Prozent) auf 129.375 (2018) anstieg.
Die Entgelte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhöhten sich im Betrachtungszeitraum 2009 bis 2018 um 119,4 Mio. Euro (+7,9 Prozent). Ursächlich für den moderaten Anstieg ist auch eine teilweise Verlagerung von Stellen aus der Kernverwaltung zu den Landesbetrieben.
2018 wurde der Versorgungsrücklage entsprechend der gesetzlichen Regelung erstmals kein Betrag mehr zugeführt. Weitere Zuführungen sind auch künftig nicht vorgesehen.
2.2 Sächliche Verwaltungsausgaben und Ausgaben für den Schuldendienst
Die Summe der sächlichen Verwaltungsausgaben und der Ausgaben für den Schuldendienst (Hauptgruppe 5) stieg seit 2009 um 12,3 Prozent auf 3,7 Mrd. Euro (2018). Im Vergleich zum Vorjahr erhöhte sie sich um 113,2 Mio. Euro (+3,2 Prozent).
Tabelle 3 zeigt die Entwicklung der sächlichen Verwaltungsausgaben (Obergruppen 51 bis 54) und der Ausgaben für Kreditmarktzinsen.
Bei differenzierter Betrachtung zeigt sich, dass die sächlichen Verwaltungsausgaben seit 2009 mit geringen Schwankungen nahezu kontinuierlich gestiegen sind. Dies, obwohl Ausgaben in erheblichem Umfang in die zahlreich neu errichteten Landesbetriebe verlagert wurden. Landesbetriebe werden über Zuweisungen und Zuschüsse der Hauptgruppe 6 finanziert (siehe Punkt 2.3).
2018 stiegen die sächlichen Verwaltungsausgaben im Vergleich zu 2017 um 92,0 Mio. Euro auf 2,3 Mrd. Euro.
Die sächlichen Verwaltungsausgaben für die Unterhaltung der Grundstücke und baulichen Anlagen erhöhten sich 2018 gegenüber dem Vorjahr um 21,6 Mio. Euro auf 0,3 Mrd. Euro. Die Mehrausgaben in 2018 flossen in erster Linie in den Bauunterhalt der landeseigenen Gebäude.
Bei den Ausgaben für den Schuldendienst handelt es sich im Wesentlichen um Kreditmarktzinsen. 2018 betrugen diese Zinsausgaben 1,4 Mrd. Euro. Sie verringerten sich gegenüber 2009 - bei höheren Kreditmarktschulden - um 205,8 Mio. Euro (-12,9 Prozent).
2.3 Ausgaben für Zuweisungen und Zuschüsse für laufende Zwecke
Die Ausgaben für Zuweisungen und Zuschüsse für laufende Zwecke (Hauptgruppe 6) erhöhten sich 2018 im Vergleich zum Vorjahr deutlich um 2,1 Mrd. Euro (+9,3 Prozent) auf 25,3 Mrd. Euro.
- Die Ausgaben für den Länderfinanzausgleich erreichten 2018 mit 3,3 Mrd. Euro erneut einen Höchststand. Seit 2009 nahmen sie damit um 1,5 Mrd. Euro (+76,8 Prozent) zu. Die Ausgaben stiegen im Vergleich zum Vorjahr nochmals um 405 Mio. Euro (+13,8 Prozent).
- Die allgemeinen Zuweisungen im Kommunalen Finanzausgleich nahmen seit 2009 kontinuierlich um insgesamt 3,5 Mrd. Euro (+62,2 Prozent) auf 9,2 Mrd. Euro zu. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen sie um 480,5 Mio. Euro (+5,5 Prozent).
Die sonstigen Ausgaben für Zuweisungen und Zuschüsse - ohne die Ausgaben für den Länderfinanzausgleich und den kommunalen Finanzausgleich - stiegen zwischen 2009 und 2018 von 6,8 Mrd. Euro nahezu kontinuierlich auf 12,7 Mrd. Euro an (+87 Prozent).
Einzelfälle größeren Umfangs waren:
- Die pauschale Erstattung von Aufwendungen für die Aufnahme, Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen an die Stadt- und Landkreise erhöhte sich 2018 gegenüber dem Vorjahr von 321,7 Mio. Euro auf 515,3 Mio. Euro (+60,2 Prozent). Darüber hinaus erstattete das Land 2018 erstmals den Stadt- und Landkreisen 100 Mio. Euro für deren Mehraufwendungen für nicht mehr vorläufig untergebrachte (geduldete) Flüchtlinge.
- Die Ausgaben für die Kleinkindbetreuung erhöhten sich 2018 gegenüber dem Vorjahr um 107,4 Mio. Euro auf 931,6 Mio. Euro (+13,0 Prozent). Die Ausgaben werden zum Teil durch Bundesmittel mitfinanziert.
- Erstattungen an Gemeinden und Gemeindeverbände für die Kosten der Unterkunft und Heizung mit 607,4 Mio. Euro gegenüber 645,3 Mio. Euro 2017.
- Erstattungen an die Stadt- und Landkreise für Sozialhilfe mit 628,5 Mio. Euro. Gegenüber dem Vorjahr sind die Ausgaben um 35,4 Mio. Euro gestiegen.
- Die Stadt- und Landkreise sowie der Verband Region Stuttgart erhielten 2018 Zuweisungen zur Finanzierung von Verkehrs- und Tarifleistungen im öffentlichen Personennahverkehr. Die Zuweisungen wurden den Ausgabenträgern als Ausgleich für deren gemeinwirtschaftliche Leistungen im öffentlichen Personennahverkehr gewährt und der Finanzausgleichsmasse A vorweg genommen. Sie betrugen 201,6 Mio. Euro.
- Der Landesbeteiligung Baden-Württemberg GmbH wurde 2018 ein Zuschuss von 400 Mio. Euro zur Tilgung von Schulden am Kreditmarkt gewährt. Die Landesregierung sieht diesen Zuschuss als Tilgung impliziter Landesverschuldung an.
- Die Stadt- und Landkreise sowie kreisangehörigen Gemeinden mit Jugendamt erhielten 2018 eine Teilerstattung für die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen und -ausfallleistungen zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter von 116,5 Mio. Euro. Dieser Zuschuss aus Bundes- und Landesmitteln verdoppelte sich nahezu gegenüber 2017 (58,6 Mio. Euro) infolge der Änderung des Unterhaltvorschussgesetzes im Juli 2017.
2.4 Baumaßnahmen und sonstige Ausgaben für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen
Die Ausgaben für Baumaßnahmen (Hauptgruppe 7) stiegen 2018 gegenüber dem Vorjahr um 29,8 Mio. Euro auf 688,1 Mio. Euro (+4,5 Prozent). Damit wurde das Ausgabenniveau von 2016 wieder erreicht.
Die sonstigen Ausgaben für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen (Hauptgruppe 8) stiegen seit 2009 um 695,7 Mio. Euro (+24,9 Prozent). Sie beliefen sich 2018 auf 3,5 Mrd. Euro und nahmen gegenüber dem Vorjahr um 130,0 Mio. Euro ab (-3,6 Prozent). Ausgabenschwerpunkte waren 2018:
- Zuschüsse für Investitionen an private, kommunale und sonstige öffentliche Krankenhäuser mit 358,9 Mio. Euro in nahezu gleicher Höhe wie im Vorjahr (+5,5 Mio. Euro);
- Zuschüsse an die Deutsche Bahn AG für Stuttgart 21 mit 182,3 Mio. Euro. Für die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm wurden 2018 keine Zuschüsse an die Deutsche Bahn AG ausgezahlt. Die Zuschüsse für das Bahnprojekt reduzierten sich gegenüber dem Vorjahr damit um 285,2 Mio. Euro(-61,0 Prozent);
- Zuschüsse für Infrastrukturförderung im öffentlichen Personennahverkehr nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz-Bundesprogramm mit 170,9 Mio. Euro (+54,0 Mio. Euro gegenüber dem Vorjahr) sowie
- im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleichs Zuweisungen an den Ausgleichstock und pauschale Investitionszuweisungen (ohne Verkehrslastenausgleich) an die Kommunen mit 1,1 Mrd. Euro (+42,7 Mio. Euro im Vergleich zu 2017).
2.5 Besondere Finanzierungsausgaben
Die besonderen Finanzierungsausgaben (Hauptgruppe 9) vervierfachten sich 2018 nahezu gegenüber 2017. Sie stiegen um 2,81 Mrd. Euro auf 3,81 Mrd. Euro in 2018.
Die größten Einzelposten der besonderen Finanzierungsausgaben waren 2018:
- Zuführungen an Fonds und Stöcke, insbesondere den Allgemeinen Grundstock mit Unterteilen von 308,8 Mio. Euro;
- Zuführung an die Rücklage für Haushaltsrisiken von 964,4 Mio. Euro;
- Zuführung an die Rücklage VO von 1.726,4 Mio. Euro;
- Zuführung an den Versorgungsfonds von 518,4 Mio. Euro;
- Zuführung an die Rücklage Luftreinhaltung von 105,0 Mio. Euro.
3 Verschuldung
3.1 Entwicklung der haushaltsmäßigen Verschuldung
Ende 2018 betrug die haushaltsmäßige Verschuldung des Landes 46,0 Mrd. Euro. Sie lag damit erstmals seit Jahrzehnten nennenswert unter dem Niveau des Vorjahres. Hintergrund ist die Tilgung von 250 Mio. Euro an Kreditmarktschulden in 2018.
Abbildung 4 zeigt die Entwicklung der haushaltsmäßigen Verschuldung einschließlich der zum Jahresende nicht valutierten Kredite sowie aufgeschobene Kreditermächtigungen von 1954 bis 2018.
Die haushaltsmäßige Verschuldung beinhaltet seit 2008 neben den Kreditmarktschulden regelmäßig auch zum Jahresende nicht in Anspruch genommene Kreditrahmenverträge.
2018 sind darüber hinaus aufgeschobene Kreditaufnahmen enthalten. Mit dem Nachtrag zum Staatshaushaltsgesetz 2018/2019 wurde erstmals die Grundlage für das Aufschieben von Kreditaufnahmen gelegt.
Zum Jahresende 2018 betrugen die nicht valutierten Kreditrahmenverträge und die aufgeschobenen Kreditaufnahmen insgesamt 9,7 Mrd. Euro.
Die haushaltsmäßige Verschuldung ging 2018 aufgrund der Tilgung von Kreditmarktschulden um 250 Mio. Euro zurück. Die valutierte Kreditmarktverschuldung ging infolge der guten Liquiditätslage des Landes zum Stichtag um 2,1 Mrd. Euro auf 36,3 Mrd. Euro zurück. Die nicht valutierten Anteile lagen damit bei 9,7 Mrd. Euro oder 20,8 Prozent. Diese sind im Wesentlichen nicht frei verfügbar, sondern für Sondervermögen, Rücklagen und Ausgabereste gebunden.
Rechnet man die verlagerten Verpflichtungen und die Verpflichtungen beim Bund und den Ländern für den Wohnungsbau ein, betrugen die Schulden des Landes zum Jahresende 2018 insgesamt 47.182,9 Mrd. Euro.
Somit sind die fundierten Schulden 2018 um 302 Mio. Euro zurückgegangen. Unter Berücksichtigung der verlagerten Verpflichtungen lag der Schuldenstand des Landes zum 31. Dezember 2018 um 363 Mio. Euro unter dem Vorjahresniveau.
Die verlagerten Verpflichtungen sind zum 31. Dezember 2018 gegenüber dem Vorjahr um 61,7 Mio. Euro gesunken.
3.2 Entwicklung der Nettokreditaufnahme
Nach Artikel 109 Absatz 3 Grundgesetz sind die Haushalte der Länder grundsätzlich ohne Kredite auszugleichen. Baden-Württemberg hat von einer bis einschließlich 2019 geltenden Ausnahmeermächtigung Gebrauch gemacht.
Nach § 18 Landeshaushaltsordnung und der zugehörigen Rechtsverordnung hätte Baden-Württemberg danach bis einschließlich 2016 noch neue Kredite aufnehmen dürfen. Tatsächlich hat das Land 2014 zum letzten Mal neue Kredite aufgenommen.
Seit 2017 muss das Land - aufgrund der guten Steuereinnahmen - Verschuldung abbauen.
Neben der Tilgung von Kreditmarktschulden ist in Baden-Württemberg auch der Abbau der sogenannten impliziten Verschuldung rechtlich möglich. Im Jahr 2017 hat die Landesregierung die bestehende Tilgungsverpflichtung durch den Abbau der impliziten Verschuldung erfüllt (vergleiche Denkschrift 2018, Beitrag Nr. 4 - Landtagsdrucksache 16/4404).
Im Jahr 2018 betrug die Tilgungsverpflichtung zum Zeitpunkt der Aufstellung des Nachtragshaushalts 2.470,7 Mio. Euro. Der wesentliche Teil wurde durch den Abbau impliziter Verschuldung erfüllt.
Abbildung 5 zeigt die Entwicklung der Nettokreditaufnahme und der Nettotilgung von haushaltsmäßiger Verschuldung des Landes in den vergangenen zehn Jahren.
Mit dem Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Staatshaushaltplan von Baden-Württemberg für die Haushaltsjahre 2018/2019 wurde die Tilgung einer weiteren Milliarde Euro an Kreditmarktschulden im Jahr 2019 bereits beschlossen.
3.3 Entwicklung der Schulden und Zinsen 2009 bis 2018
Seit 2009 ist die haushaltsmäßige Verschuldung des Landes von 41,7 Mrd. Euro auf 46,3 Mrd. Euro in 2017 angestiegen. 2018 ging die Verschuldung auf 46,0 Mio. Euro zurück.
Die valutierten Kreditmarktschulden hatten 2010 mit 42,1 Mrd. Euro einen Höchststand im 10-Jahres-Vergleich. 2018 lagen sie bei nur noch 36,3 Mrd. Euro.
Abbildung 6 zeigt die Entwicklung der haushaltsmäßigen Verschuldung und der valutierten Kreditmarktschulden im Zeitraum 2009 bis 2018 jeweils zum Jahresende.
Die haushaltsmäßige Verschuldung stellt den Nominalbetrag der Landesschulden dar. Die valutierte Verschuldung lag in den vergangenen zehn Jahren immer unter der haushaltsmäßigen Verschuldung. Hintergrund war, dass aufgrund ausreichend vorhandener Liquidität jeweils ein zum Jahresende zumindest teilweise nicht valutierter Kreditrahmenvertrag abgeschlossen beziehungsweise die Kreditaufnahme aufgeschoben wurde.
Abbildung 7 zeigt die Entwicklung der Zinsausgaben des Landes in den vergangenen zehn Jahren.
Die Zinsausgaben des Landes sind 2018 - trotz geringerer Verschuldung gegenüber 2017 - leicht gestiegen. Die Zinsausgaben von 1.395 Mio. Euro beinhalten Restrukturierungsmaßnahmen von 130 Mio. Euro. Durch diese Maßnahmen wird die künftige Zinsbelastung des Landes nach Angaben des Finanzministeriums um 163 Mio. Euro reduziert. Auch 2017 führte das Land Restrukturierungsmaßnahmen im Portfolio von 60 Mio. Euro durch. Bereinigt um den Wert dieser Maßnahmen ist die Zinsbelastung 2018 gegenüber dem Vorjahr gesunken.
Mit dem Nachtrag zum Staatshaushaltsplan 2018/2019 wurde der Haushaltsansatz für die Zinsausgaben in 2018 um 100 Mio. Euro gegenüber dem Urhaushalt abgesenkt. In gleicher Höhe wurden Zuführungen an den Allgemeinen Grundstock veranschlagt. Dennoch lagen die Ist-Ausgaben für Zinsen um 104 Mio. Euro unter dem mit dem Nachtrag abgesenkten Haushaltsansatz.
3.4 Pro-Kopf-Verschuldung
Abbildung 8 zeigt die Pro-Kopf-Verschuldung der Flächenländer zum Jahresende 2017 und 2018 nach der Vierteljahresstatistik des Bundes. Für Baden-Württemberg werden jeweils nur die zum Jahresende valutierten Schulden je Einwohner dargestellt.
Baden-Württemberg liegt im Vergleich der Flächenländer wie in den Vorjahren an dritter Stelle.
Der Rückgang der Pro-Kopf-Verschuldung beruht für Baden-Württemberg im Wesentlichen darauf, dass aufgrund der guten Liquiditätslage der Anteil der valutierten Kredite um 2,1 Mrd. Euro temporär gesunken ist (vergleiche Tabelle 4).
3.5 Ländervergleich zur Nettokreditaufnahme und Tilgung je Einwohner
Auf Basis der endgültigen Rechnungsabschlüsse lässt sich die Nettokreditaufnahme der Länder vergleichen. Abbildung 9 zeigt die Nettokreditaufnahme je Einwohner der Flächenländer in 2016 und 2017.
Die endgültigen Rechnungsabschlüsse für das Haushaltsjahr 2018 lagen zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Denkschrift noch nicht vor.
4 Rücklagen und Sondervermögen
Tabelle 6 zeigt den Bestand der Rücklagen und Sondervermögen des Landes zum Jahresende 2017 und 2018 einschließlich der Veränderungen.
Der Rücklage für Maßnahmen im Sinne des § 1 Absatz 3 der VO zu § 18 Landeshaushaltsordnung wurden 2018 per Saldo 412,2 Mio. Euro zugeführt. Die Brutto-Zuführung zur Rücklage betrug 1.726,4 Mio. Euro. Damit hat die Landesregierung einen Teil der für 2018 bestehenden Tilgungsverpflichtung erfüllt. Dem standen Entnahmen von 1.314,3 Mio. Euro gegenüber. Mit der größten Entnahme von 1.066,3 Mio. Euro wurden die in das Folgejahr zu übertragenden Einnahmereste aus nicht in Anspruch genommenen Kreditermächtigungen reduziert.
Die Rücklage für Haushaltsrisiken ist um 717,8 Mio. Euro angewachsen. Der Zuführung 2018 von 964,4 Mio. Euro standen Entnahmen von 246,6 Mio. Euro gegenüber.
Mit dem Nachtrag zum Staatshaushaltsplan 2018/2019 wurde die Rücklage für Luftreinhaltung, insbesondere für die Landeshauptstadt Stuttgart neu gebildet. Der Einzahlung von 105,0 Mio. Euro stand eine Entnahme von 1 Million Euro gegenüber. Die Rücklage für den Strategiedialog Automobilwirtschaft Baden-Württemberg wurde mit dem Urhaushalt 2018/2019 geschaffen. Ihr wurden 10,0 Mio. Euro in 2018 zugeführt sowie rund 0,7 Mio. Euro entnommen.
In Summe haben sich die Rücklagen des Landes um 1.243,3 Mio. Euro erhöht.
Im Bereich der Sondervermögen wurden der Versorgungsrücklage 2018 weder Mittel zugeführt noch entnommen. Der Rückgang des Wertes um 167,8 Mio. Euro ist auf die Kursentwicklung am Aktien- und Rentenmarkt zurückzuführen. Auch für 2019 ist keine Zuführung oder Entnahme vorgesehen.
Dem Versorgungsfonds wurden 2018 insgesamt 518,4 Mio. Euro zugeführt. Der um 103,3 Mio. Euro geringere Wertzuwachs ist - wie bei der Versorgungsrücklage - auf Kursschwankungen zurückzuführen.
Per Saldo betrug der Wertzuwachs 2018 bei den Sondervermögen 512,9 Mio. Euro.
5 Entwicklung des Finanzierungssaldos
Der Finanzierungssaldo bezeichnet den Unterschiedsbetrag aus bereinigten Einnahmen und bereinigten Ausgaben. Die Einnahmen des Landes werden dabei bereinigt um Nettokreditaufnahmen, Entnahmen aus Rücklagen, Fonds und Stöcken sowie um Einnahmen aus Überschüssen der Vorjahre. Die Ausgaben des Landes werden bereinigt um Zuführungen an Rücklagen, Fonds und Stöcke sowie um Deckungsbeträge eventueller Fehlbeträge aus Vorjahren.
Das Land konnte 2018 im Ist erneut einen positiven Finanzierungssaldo ausweisen. Die bereinigten Einnahmen überstiegen die bereinigten Ausgaben um 3.052 Mio. Euro. Im Zehnjahresvergleich gelang es der Landesregierung 2018 erstmals, bereits im Soll einen positiven Finanzierungssaldo zu etatisieren.
6 Entwicklung der Jahresergebnisse
2018 konnte das Land im kassenmäßigen Jahresergebnis einen Überschuss von 3,1 Mrd. Euro ausweisen. Gegenüber dem Vorjahr stellt dies eine Steigerung um 324,7 Mio. Euro dar. Darin enthalten ist ein Sondereffekt von 1.066,3 Mio. Euro. In dieser Höhe wurden Mittel aus der Rücklage VO entnommen, um die in das folgende Haushaltsjahr zu übertragenden Einnahmereste aus nicht in Anspruch genommenen Kreditermächtigungen zu reduzieren.
Abbildung 11 zeigt die Entwicklung der kassen- und rechnungsmäßigen Jahresergebnisse seit 2009 auf.
Für die Frage, welche Überschüsse zur Deckung künftiger Haushalte zur Verfügung stehen, ist der Bestand der rechnungsmäßigen Überschüsse maßgeblich.
Zum 31. Dezember 2017 wies die Haushaltsrechnung des Landes einen rechnungsmäßigen Überschuss von 1.961,6 Mio. Euro aus. Zuzüglich nicht verbrauchter rechnungsmäßiger Überschüsse aus Vorjahren betrug zum Jahresende 2017 das rechnungsmäßige Gesamtergebnis +4.725,8 Mio. Euro. Diese Deckungsmittel wurden mit dem Nachtrag zum Staatshaushaltsplan 2018/2019 bereits vollständig als Einnahme etatisiert.
Ob und in welcher Höhe 2018 erneut ein rechnungsmäßiger Überschuss zur Deckung künftiger Haushalte ausgewiesen werden kann, stand zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Denkschrift noch nicht abschließend fest.
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Im Doppelhaushalt 2018/2019 sind insgesamt 5,9 Mrd. Euro etatisiert, um implizite und explizite Schulden zu tilgen. In 2018 wurden der zur Tilgung impliziter Schulden gebildeten Rücklage 1.299 Mio. Euro entnommen. Davon waren 232 Mio. Euro für den Abbau des Sanierungsstaus im Landesvermögen vorgesehen.
1 Ausgangslage
Ab dem Jahr 2020 gilt die Schuldenbremse nach Artikel 109 Absatz 3 Grundgesetz verbindlich für die Länder. Die Haushalte sind dann grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen.
Baden-Württemberg hat seit 2013 für eine Übergangszeit bis einschließlich 2019 eine Ausnahmeregelung in § 18 Landeshaushaltsordnung und einer zugehörigen Rechtsverordnung (VO zu § 18 Landeshaushaltsordnung) normiert. Ausgehend von einem haushaltswirtschaftlichen Handlungsbedarf von 2,5 Mrd. Euro in 2013 sollte die Neuverschuldung danach schrittweise abgebaut werden. Bis 2019 waren weitere Kreditaufnahmen - unter engen Voraussetzungen - grundsätzlich erlaubt.
Die zulässige Kreditaufnahme errechnet sich dabei aus einem Basiswert, der um die Finanztransaktions- und eine Steuerschwankungskomponente modifiziert wird.
Bei der Steuerschwankungskomponente werden die Nettosteuereinnahmen mit dem langfristigen Steuereinnahmeniveau verglichen. Liegen die Nettosteuereinnahmen über dem langfristigen Trend, führt dies zu einer Absenkung der zulässigen Kreditaufnahme bis hin zu einer Tilgungsverpflichtung.
Bis 2016 normierte die VO zu § 18 Landeshaushaltsordnung, dass bei einer negativen zulässigen Kreditaufnahme Kreditmarktschulden zu tilgen sind. Nach einer Rechtsänderung 2017 kann diese Tilgungsverpflichtung auch durch den Abbau der impliziten Verschuldung erfolgen. Darunter wird der verdeckte Teil der Landesschulden verstanden, wie etwa der Sanierungsstau im Landesvermögen oder Eventualverbindlichkeiten.
Die Systematik der Schuldenbremse und den Schuldenabbau im Landesvermögen hat der Rechnungshof bereits in den Denkschriften der Jahre 2015 bis 2018 erläutert und teilweise Empfehlungen dazu abgegeben.
2 Zulässige Kreditaufnahme, Tilgungsverpflichtung und Kontrollkonto zwischen 2013 und 2017
Die zulässige Kreditaufnahme wird jeweils bei der Haushaltsaufstellung auf Basis der geplanten finanziellen Transaktionen und der erwarteten Steuereinnahmen ermittelt (Ex-ante-Betrachtung).
Im Zeitraum 2013 bis 2016 bestand für das Land nach dieser Berechnung die Möglichkeit, neue Schulden aufzunehmen. Tatsächlich hat das Land zuletzt 2013 und 2014 neue Kredite in Höhe von insgesamt 3 Mrd. Euro aufgenommen.
Für 2017 ergab die Ex-ante-Berechnung der zulässigen Kreditaufnahme erstmals die Verpflichtung zum Schuldenabbau von 411 Mio. Euro. Im Staatshaushaltsplan 2017 wurden Maßnahmen zum Abbau impliziter Verschuldung in Höhe dieses Betrags etatisiert und vollzogen.
Nach Abschluss des Haushaltsjahres wird die zulässige Kreditaufnahme oder die Tilgungsverpflichtung anhand der konkreten Ist-Werte erneut ermittelt (Ex-post-Betrachtung).
Weicht die Ist-Kreditaufnahme oder Tilgungsleistung von der rechtlich zulässigen Kreditaufnahme nach der Ex-post-Betrachtung ab, ist der Unterschiedsbetrag auf ein Kontrollkonto zu buchen. Ist die tatsächliche Kreditaufnahme höher als die nach Abschluss des Haushaltsjahres zulässige, oder ist die Tilgungsleistung geringer als die Tilgungsverpflichtung, erhält der auf dem Kontrollkonto zu buchende Betrag ein negatives Vorzeichen. Nach der VO zu § 18 Landeshaushaltsordnung ist bei einem negativen Stand des Kontrollkontos auf dessen Ausgleich hinzuwirken.
Die Landesregierung stellt die Berechnung der zulässigen Kreditaufnahme oder der Tilgungsverpflichtung (ex-post) und den Stand des Kontrollkontos jährlich im Abschlussbericht der Haushaltsrechnung des Landes dar.
Tabelle 1 zeigt die zulässige Kreditaufnahme nach der Ex-post-Betrachtung im Zeitraum 2013 bis 2017, die tatsächliche Kreditaufnahme und die Veränderungen des Kontrollkontos.
Nach Abschluss des Haushaltsjahres 2013 startete das Kontrollkonto mit einem positiven Stand von 494 Mio. Euro. Zum Jahresende 2016 war er unter Einbeziehung der Buchungen aus den Vorjahren mit 186 Mio. Euro noch positiv.
In 2017 hat die Landesregierung die Ex-ante-Tilgungsverpflichtung im Haushaltsvollzug durch den Abbau impliziter Verschuldung erfüllt. Aufgrund positiver Steuereinnahmen betrug die zulässige Kreditaufnahme nach der Ex-post-Betrachtung minus 1.239 Mio. Euro. Erstmals 2017 wies das Kontrollkonto am Jahresende einen negativen Stand von 642 Mio. Euro aus. In der Denkschrift 2018 hatte der Rechnungshof auf die Verpflichtung hingewiesen, auf einen Ausgleich des negativen Stands hinzuwirken.
3 Tilgungsverpflichtung und Tilgungsmaßnahmen
3.1 Tilgungsverpflichtung 2018 nach der Ex-ante- und Ex-post-Betrachtung
Tabelle 2 stellt die Berechnung der zulässigen Kreditaufnahme 2018 nach der Ex-ante- und der Ex-post-Betrachtung dar.
Der Basiswert nach der VO zu § 18 Landeshaushaltsordnung lag 2018 bei 632,5 Mio. Euro. Für den Urhaushalt lag der Berechnung der zulässigen Kreditaufnahme die Herbst-Steuerschätzung 2017 zugrunde. Die Ex-ante-Tilgungsverpflichtung betrug im Urhaushalt 1.737 Mio. Euro. An Tilgungsmaßnahmen wurden insgesamt 1.737 Mio. Euro etatisiert. Ein Teil von 250 Mio. Euro sollte durch Kreditmarktschuldentilgung erbracht werden. Damit war beabsichtigt, die haushaltsmäßige Verschuldung des Landes auf 46,0 Mrd. Euro zu senken.
Mit dem Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Staatshaushaltsplan für 2018/2019 vom 12. Dezember 2018 wurde die Ex-ante-Tilgungsverpflichtung neu festgelegt. Grundlage für die Berechnung war die nunmehr aktuelle Herbst-Steuerschätzung 2018. In der Folge erhöhte sich die Tilgungsverpflichtung (ex-ante) um 733 Mio. Euro auf 2.471 Mio. Euro.
An Tilgungsmaßnahmen wurden im Nachtrag zum Staatshaushaltplan 2018/2019 insgesamt 2.858 Mio. Euro für das Jahr 2018 etatisiert. Die Tilgung von Kreditmarktschulden blieb mit 250 Mio. Euro unverändert. Gemeinsam mit der Tilgung der impliziten Verschuldung wurde die Ex-ante-Tilgungsverpflichtung im Nachtrag im Soll um 387 Mio. Euro übererfüllt.
Zum 31. Dezember 2018 betrug die Tilgungsverpflichtung (ex-post) aufgrund der Ist-Ergebnisse des Landeshaushalts 2.495 Mio. Euro. Abzüglich der umgesetzten Tilgungsmaßnahmen von 2.858 Mio. Euro war der Unterschiedsbetrag von 363 Mio. Euro auf dem Kontrollkonto gut zu schreiben.
Zum Jahresende 2018 war der Stand des Kontrollkontos mit 279 Mio. Euro weiterhin negativ.
3.2 Tilgungsverpflichtung 2019 nach der Ex-ante-Betrachtung
Der Berechnung der Tilgungsverpflichtung (ex-ante) für das Haushaltsjahr 2019 liegen die Ergebnisse der Herbst-Steuerschätzung 2018 zugrunde. Der Basiswert liegt 2019 bei noch 316,3 Mio. Euro. Die Steuerschwankungskomponente liegt bei minus 3.530 Mio. Euro, die Finanztransaktionskomponente bei 139 Mio. Euro. Die Landesregierung hat die Tilgungsverpflichtung für das Haushaltsjahr 2019 zum Zeitpunkt der Aufstellung des Nachtragshaushalts zum Staatshaushaltsplan 2018/2019 mit 3.075 Mio. Euro berechnet.
3.3 Tilgungsmaßnahmen im Doppelhaushalt 2018/2019
Tabelle 3 zeigt die in 2018 bereits umgesetzten und die für 2019 im Haushalt etatisierten Finanzmaßnahmen zur Tilgung der Landesverschuldung.
Für den Doppelhaushalt 2018/2019 ist die Tilgung von insgesamt 1.250 Mio. Euro Kreditmarktschulden vorgesehen. Dadurch reduziert sich die haushaltsmäßige Verschuldung des Landes zum Jahresende 2019 voraussichtlich auf 45,0 Mrd. Euro.
Der Rücklage für Maßnahmen im Sinne von § 1 Absatz 3 VO zu § 18 Landeshaushaltsordnung (Rücklage VO) werden im Doppelhaushalt insgesamt 3.386 Mio. Euro zugeführt. Bereits die Zuführung gilt nach der Rechtsverordnung als Tilgung impliziter Verschuldung - unabhängig von der geplanten oder tatsächlichen Verwendung der Mittel.
Die Sonderzuführung an den Versorgungsfonds des Landes von 120 Mio. Euro soll dazu dienen, künftige Pensionsausgaben des Landes abzufedern. Zum 31. Dezember 2018 standen beim Versorgungsfonds des Landes mehr als 3 Mrd. Euro zur Verfügung.
Dem Kommunalen Sanierungsfonds führt das Land 10 Prozent der eigenen Tilgungsverpflichtung zu. Für 2018 und 2019 sind dies insgesamt 595 Mio. Euro.
Die weiteren Tilgungsmaßnahmen betreffen Zuschüsse an die NECKARPRI GmbH und an die Landesbeteiligungen Baden-Württemberg GmbH mit insgesamt 588 Mio. Euro im Doppelhaushalt.
Der Doppelhaushalt 2018/2019 beinhaltet Tilgungsmaßnahmen von insgesamt 5,9 Mrd. Euro.
3.4 Abbau des Sanierungsstaus aus Mitteln der Rücklage VO
Zum 1. Januar 2017 wurde die Zweckbestimmung der bisherigen Rücklage für Sanierungs- und Erhaltungsmaßnahmen in die Rücklage VO verändert. Sie dient seither im Wesentlichen der Finanzierung von Maßnahmen zum Abbau des Sanierungsstaus und dem Abbau von Altkreditermächtigungen. Der Bestand Ende 2016 von 111 Mio. Euro ging in der neuen Rücklage VO auf.
Im Haushaltsjahr 2017 hat die Landesregierung der Rücklage VO 227 Mio. Euro zum Abbau der impliziten Verschuldung zugeführt. Ein Teil von 119 Mio. Euro wurde 2017 wieder entnommen, um konkrete Sanierungsmaßnahmen zu finanzieren (siehe Denkschrift 2018, Beitrag Nr. 4, Schuldenbremse). Darüber hinaus wurden weitere Maßnahmen, welche die Vorjahre betrafen, finanziert. Die Rücklage VO hatte zum Jahresende 2017 einen Bestand von 172 Mio. Euro.
2018 hat die Landesregierung der Rücklage VO 1.726 Mio. Euro zugeführt. Im Gegenzug wurden Mittel zum Abbau der impliziten Verschuldung aus 2017 und 2018 zur Umsetzung konkreter Sanierungsmaßnahmen von den Ressorts abgerufen. Der jeweilige Verwendungszweck für die Sanierungsmittel ist im Nachtrag zum Staatshaushaltsplan 2018/2019 bei Kapitel 1212 Titel 359 05 (Entnahmen aus der Rücklage für Maßnahmen im Sinne des § 1 Absatz 3 der VO zu § 18 Landeshaushaltsordnung) dargestellt.
Tabelle 4 zeigt die durch die Ressorts 2018 aus der Rücklage VO abgerufenen Mittel, unterteilt nach dem Jahr der Zuführung.
2018 wurden aus der Rücklage VO insgesamt 1.299 Mio. Euro entnommen. Der größte Einzelbetrag von 1.066 Mio. Euro diente dazu, die nach 2019 zu übertragenden Einnahmereste aus nicht in Anspruch genommenen Kreditermächtigungen zu reduzieren. Die weiteren 232 Mio. Euro waren von den Ressorts vorgesehen, um den Sanierungsstau im Landesvermögen abzubauen. Dabei entfielen 22 Mio. Euro auf die Zuführung aus 2017 und 210 Mio. Euro auf die Zuführung 2018.
Von den 232 Mio. Euro Entnahmen entfielen im Einzelplan 12 - Allgemeine Finanzverwaltung - 101 Mio. Euro auf den Bereich Staatlicher Hochbau (Kapitel 1208 und Kapitel 0615) und 3,3 Mio. Euro auf die Ablösung von Baulasten des Landes an Gebäuden in kirchlicher Nutzung (Kapitel 1209). Die Verteilung der übrigen Entnahmen auf die Einzelpläne kann Tabelle 4 entnommen werden.Gemäß Landtagsbeschluss vom 21. Februar 2019 berichtet die Landesregierung dem Landtag jährlich über die aus der Rücklage VO finanzierten Sanierungs- und Erhaltungsmaßnahmen sowie die dafür jeweils aufgewendeten Mittel. Baumaßnahmen mit Gesamtbaukosten unter 2 Mio. Euro können dabei zusammengefasst werden.
Unabhängig von dieser Berichtspflicht hat der Rechnungshof die Ministerien gebeten darzulegen, für welche konkreten Maßnahmen die Mittel 2018 abgerufen wurden und ob diese vollständig verausgabt wurden.
Für die zehn betroffenen Einzelpläne konnten zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Denkschrift sechs Ministerien eine Maßnahmenliste vorlegen. Das Innenministerium (für den Einzelplan 03), das Finanzministerium (für die Einzelpläne 06 und 12) und das Verkehrsministerium (für den Einzelplan 13) konnten die in 2018 abgerufenen Sanierungsmittel noch nicht maßnahmenscharf zuordnen.
Die Rücklage VO hatte zum 31. Dezember 2018 einen Bestand von 584 Mio. Euro. Der Nachtrag zum Staatshaushaltsplan 2018/2019 sieht für 2019 eine weitere Zuführung von 1.659 Mio. Euro vor. Stand Mai 2019 waren für den Großteil der verfügbaren Mittel bereits Ausgaben beschlossen. Lediglich 52 Mio. Euro des Zuführungsbetrags aus 2019 waren noch nicht belegt.
4 Ausblick
Ab 2020 gilt die grundgesetzliche Schuldenbremse für Baden-Württemberg verbindlich. Die Diskussion über eine landesrechtliche Regelung der Schuldenbremse war zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Denkschrift noch nicht abgeschlossen.
Die Landesregierung hat die zulässige Kreditaufnahme bis einschließlich 2022 auf Basis des Nachtrags zum Staatshaushaltsplan 2018/2019 in der Mittelfristigen Finanzplanung des Landes Baden-Württemberg für die Jahre 2018 bis 2022 prognostiziert. Für die Prognose wendete die Landesregierung ab 2020 die Produktionslücken-Methode an. Danach wird sich die Tilgungsverpflichtung ab 2020 deutlich reduzieren. Im Jahr 2022 wäre eine geringe Kreditaufnahme rechtlich zulässig.
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Die vom Haushaltsjahr 2017 nach 2018 übertragenen Ausgabereste im Landeshaushalt stiegen gegenüber dem Vorjahr um 0,8 Mrd. Euro auf 4,2 Mrd. Euro. Darüber hinaus standen Ende 2017 auf den Betriebsmittelkonten der Landesbetriebe noch 0,9 Mrd. Euro liquide Mittel zur Verfügung. Die Zweckbindung der liquiden Mittel wird zunehmend intransparent. 30 der 51 Landesbetriebe haben ihren Jahresabschluss für das Wirtschaftsjahr 2017 nicht fristgerecht zur Genehmigung vorgelegt.
Die Ausgabereste sollten reduziert und in größerem Umfang als bisher in Abgang gestellt werden. Hohe Ausgabereste sollten zudem bei den Haushaltsansätzen in den Folgejahren berücksichtigt werden. Die liquiden Mittel sollten kritisch hinterfragt werden.
1 Ausgangslage
Der Landeshaushalt hat 2018 im Soll ein Volumen von 53,4 Mrd. Euro erreicht. Einschließlich der vorhandenen Ausgabereste konnten die Ressorts 2018 über 57,6 Mrd. Euro verfügen. Die Ausgabereste von 4,2 Mrd. Euro resultieren aus in Vorjahren bewilligten, aber noch nicht in Anspruch genommenen Ausgabeermächtigungen. Über diesen Teil des Verfügungsvolumens entscheidet der Gesetzgeber im Rahmen des Planaufstellungsverfahrens regelmäßig nicht neu.
Nach dem Grundsatz der Jährlichkeit dürfen Ausgaben aus dem laufenden Staatshaushaltsplan grundsätzlich nur bis zum Ende eines Haushaltsjahres geleistet werden. Bei übertragbaren Ausgaben dürfen die Ressorts Ausgabereste bilden, wenn nicht alle Haushaltsmittel im Haushaltsjahr abgeflossen sind. Ausgabereste stehen grundsätzlich bis zum Ende des auf die Bewilligung folgenden zweitnächsten Haushaltsjahres als Ausgabeermächtigung zur Verfügung (§ 45 Absatz 2 Landeshaushaltsordnung).
Ausgabereste können nach den Verwaltungsvorschriften zu § 45 Landeshaushaltsordnung nur gebildet werden, wenn der Zweck fortdauert, ein sachliches Bedürfnis besteht oder zweckgebundene Einnahmen eingegangen sind. Bei dezentraler Finanzverantwortung ist für die Fortdauer des Zwecks der gesamte Deckungskreis zu betrachten. Die Ressorts sind aufgefordert, bei der Restebildung einen strengen Maßstab anzulegen und im Hinblick auf die ab 2020 einzuhaltende Schuldenbremse die Ausgabereste schrittweise zurückzuführen.
Der Rechnungshof prüft die Haushaltsreste nach verschiedenen Schwerpunkten. Die Prüfung ist noch nicht abgeschlossen.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Entwicklung der Haushaltsreste
In Abbildung 1 wird die Entwicklung der Einnahme- und Ausgabereste 2008 bis 2017 dargestellt.
Die Haushaltsrechnung des Landes Baden-Württemberg 2017 weist zur Übertragung in das Haushaltsjahr 2018 folgende Reste aus:
Die Einnahmereste bestehen nahezu vollständig aus nicht in Anspruch genommenen Kreditermächtigungen der Vorjahre. Die Landesregierung wird diese im Hinblick auf die ab 2020 geltende Schuldenbremse bis 2019 vollständig abbauen. Werden Ausgabereste in künftigen Jahren in Anspruch genommen, müssen sie aus den Kassenüberschüssen gedeckt werden.
2.2 Ausgabereste 2016 und 2017 nach Ausgabearten
Tabelle 1 zeigt die in den Haushaltsjahren 2016 und 2017 gebildeten Ausgabereste in Relation zum jeweiligen Haushalts-Soll, gegliedert nach Ausgabearten.
2017 wurden 4,2 Mrd. Euro Ausgabereste in das Folgejahr übertragen. Dies entspricht einem Anteil von 8,8 Prozent des Haushalts-Solls. Wie bereits 2016 sind die Ausgabereste für Investitionen auch 2017 auf einem sehr hohen Niveau.
2.3 Ausgabereste 2017 nach Einzelplänen
Tabelle 2 enthält das Haushalts-Soll 2017 und die 2017 nach 2018 übertragenen Ausgabereste der jeweiligen Einzelpläne.
Die höchsten Ausgabereste bildete 2017 das Wissenschaftsministerium im Einzelplan 14 mit 1,1 Mrd. Euro.
2.4 Ausgabereste nach Mittelbindung
Nach Abschluss des Haushaltsjahres melden die Ressorts dem Finanzministerium ihre zur Übertragung ins Folgejahr vorgesehenen Ausgabereste. Auf der Basis einer Kabinettsvorlage des Finanzministeriums beschließt der Ministerrat, einen Teil der Ausgabereste in Abgang zu stellen. Dem Landtag wird bis 30. September eine Übersicht über die (endgültig) gebildeten Ausgabereste zur Kenntnis zugeleitet. Diese Übersicht dient auch als Information für das parlamentarische Verfahren zur Haushaltsaufstellung der Folgejahre. In Tabelle 3 werden die in den Kabinettsvorlagen abgebildeten Ergebnisse des Abstimmungsprozesses dargestellt.
Das Volumen der angemeldeten Reste hat 2017 mit 4,3 Mrd. Euro einen Höchststand erreicht. Die in Abgang gestellten Reste (94 Mio. Euro) blieben nominal und prozentual unter dem Niveau der Vorjahre.
In seinen Übersichten an den Landtag gliedert das Finanzministerium die Ausgabereste nach Kategorien (siehe Tabelle 4).
Bei der Bedarfsprüfung über die Bildung von Ausgaberesten sind die einzelnen Kategorien nach ihrer Mittelbindung differenziert zu betrachten.
Bei den rechtlich gebundenen Ausgaberesten besteht zwar eine starke Mittelbindung. Eine Streichung kommt jedoch in Betracht, wenn für die Erfüllung der zugrunde liegenden Verpflichtung im Folgejahr ausreichend Mittel im Haushalt zur Verfügung stehen.
Nach der Ausnahmeregelung des § 6 des jeweiligen Staatshaushaltsgesetzes werden die Ausgabereste in den Bereichen mit einer Sachausgabenbudgetierung nicht in Abgang gestellt.
Bei den Solidarpaktmitteln schließt das Land mit verschiedenen Bereichen Vereinbarungen, in denen für eine bestimmte Laufzeit ein Budget festgelegt wird. Hierunter fallen der Hochschulfinanzierungsvertrag 2015 bis 2020, der Solidarpakt Sport und der Zukunftsplan Jugend. Bei diesen Pakten sind die Ausgabereste innerhalb der Vertragslaufzeit davor geschützt, in Abgang gestellt zu werden.
Ausgabereste in den Bereichen mit einer Personalausgabenbudgetierung nach § 6a des jeweiligen Staatshaushaltsgesetzes können grundsätzlich in Abgang gestellt werden.
Bei den nicht gebundenen Ausgaberesten besteht grundsätzlich keine Mittelbindung. Hier sollten Ausgabereste nur bei zwingendem Bedarf gebildet werden.
Abbildung 2 zeigt die Volumina der 2017 in den einzelnen Kategorien gebildeten Ausgabereste.
Bei 2,8 Mrd. von 4,2 Mrd. Euro der gebildeten Ausgabereste wird die Restebildung mit einer rechtlichen Mittelbindung begründet.
Von den Resten aus Solidarpakten mit 936 Mio. Euro entfallen 915 Mio. Euro auf den Hochschulfinanzierungsvertrag, davon 764 Mio. Euro im Einzelplan des Wissenschaftsministeriums und 151 Mio. Euro im Staatlichen Hochbau für Hochschulbaumaßnahmen. Auf den Solidarpakt Sport und den Zukunftsplan Jugend entfallen zusammen 21 Mio. Euro.
2.5 Bedeutung der Landesbetriebe für die Ausgabereste
2.5.1 Einbezogene Einrichtungen
Im Haushalt des Landes 2017 sind 34 Landesbetriebe nach § 26 Landeshaushaltsordnung und 17 Einrichtungen ausgewiesen, die wie ein Landesbetrieb geführt werden. Zu den Einrichtungen, die wie Landesbetriebe geführt werden, gehören sieben Universitäten, das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), vier Hochschulen für Angewandte Wissenschaften und fünf Medizinische Fakultäten. Alle 51 Einrichtungen werden im Folgenden Landesbetrieb genannt.
Die 51 Landesbetriebe stellen nach § 26 Landeshaushaltsordnung einen Wirtschaftsplan auf und führen ihre Bücher nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches.
Im Staatshaushaltsplan sind für die Landesbetriebe in Abweichung vom Bruttoprinzip nur die Beträge für die Zuführungen oder Ablieferungen veranschlagt. Der zuzuführende Mittelbedarf oder der abzuliefernde Mittelüberschuss ergibt sich aus dem Ergebnis des kaufmännischen Wirtschaftsplans.
Für Landesbetriebe gilt nach dem jeweiligen Staatshaushaltsgesetz (aktuell § 6 Absatz 7 Staatshaushaltsgesetz 2018/2019) die dezentrale Finanzverantwortung gemäß § 7a Absatz 1 Landeshaushaltsordnung.
Das Land zahlt die Zuführungen auf die Betriebsmittelkonten der Landesbetriebe aus und weist diese als Ausgaben in seiner Haushaltsrechnung nach. Entsprechend werden die Jahresendbestände auf den Betriebsmittelkonten der Landesbetriebe in der Haushaltsrechnung des Landes nicht als Ausgabereste ausgewiesen. Sie werden im Jahresabschluss der Landesbetriebe als liquide Mittel dargestellt.
Der Rechnungshof hat bereits in seiner Beratenden Äußerung vom Oktober 2015 darauf hingewiesen, dass die zunehmende Zahl an Landesbetrieben die Transparenz des Landeshaushalts beeinträchtigt und die Beurteilung einer längerfristigen Haushaltsentwicklung erschwert.
2.5.2 Jahresabschlüsse
Wie in der Beratenden Äußerung dargelegt, hatten nahezu 60 Prozent der Landesbetriebe den Ministerien ihren Jahresabschluss für das Wirtschaftsjahr 2011 verspätet zur Genehmigung vorgelegt. Das Finanzministerium teilte damals mit, dass die Ressorts auf die zeitgerechte Aufgabenerfüllung besonders achten würden.
Nach den für 2017 geltenden Regelungen hätten die Landesbetriebe ihre Jahresabschlüsse innerhalb von 6 Monaten nach Ende des Wirtschaftsjahres (bei Prüfung durch einen Abschlussprüfer innerhalb von 9 Monaten) aufstellen und den zuständigen Ministerien zur Genehmigung vorlegen müssen. Die zuständigen Ministerien haben die Entscheidung über die Genehmigung des Jahresabschlusses in der Regel innerhalb von 12 Monaten nach Ende des Wirtschaftsjahres zu treffen.
Für das Wirtschaftsjahr 2017 haben nur 21 der 51 Landesbetriebe ihren Jahresabschluss fristgerecht vorgelegt. Bis zum 31. Dezember 2018 hatten 17 Landesbetriebe noch keinen Jahresabschluss für das Wirtschaftsjahr 2017 vorgelegt. Davon hatte ein Landesbetrieb seinen Jahresabschluss letztmalig für das Wirtschaftsjahr 2012 zur Genehmigung vorgelegt.
Bis zum 31. Dezember 2018 hatten die zuständigen Ministerien nur bei 11 Landesbetrieben die Jahresabschlüsse für das Wirtschaftsjahr 2017 genehmigt. Bei 23 Landesbetrieben lag zu diesem Zeitpunkt die letztmalige Genehmigung eines Jahresabschlusses mehr als 2 Jahre zurück, bei 15 Einrichtungen sogar mehr als 5 Jahre.
Diese weiterhin unbefriedigende Verfahrensweise ist mit einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung nicht vereinbar. Hierdurch wird die Finanzlage der Landesbetriebe zunehmend intransparent.
Der genehmigte Jahresabschluss ist Grundlage für die Entscheidung über die Verwendung des Jahresergebnisses. Hierbei wird darüber entschieden, ob die Landesbetriebe ein überschüssiges Ergebnis in Form von Rücklagen für künftige Ausgaben einbehalten dürfen oder dieses an den Landeshaushalt zurückführen müssen. Aufgrund fehlender genehmigter Jahresabschlüsse fanden faktisch keine Rückführungen an den Landeshaushalt statt. Die Mittel verblieben bei den Landesbetrieben.
2.5.3 Liquide Mittel der Landesbetriebe und Ausgabereste
Nach den jährlich erlassenen Verwaltungsvorschriften zur Haushalts- und Wirtschaftsführung dürfen Zahlungen an die Landesbetriebe grundsätzlich nur insoweit und nicht eher geleistet werden, als dies zur Erfüllung von Zahlungsverpflichtungen erforderlich ist.
Die Landesbetriebe weisen Einnahmen, die noch nicht für Zahlungen verausgabt worden sind, in ihrer Bilanz als liquide Mittel aus.
Folgende Sachverhalte führen zu einem Anstieg der liquiden Mittel:
- Dem Landesbetrieb werden entgegen den haushaltsrechtlichen Vorgaben die Zuführungen aus dem Landeshaushalt ohne zeitnah bestehenden Liquiditätsbedarf auf das Betriebsmittelkonto ausgezahlt.
- Der Landesbetrieb hat Zuführungen rechtzeitig abgerufen, die Leistungserbringung oder Bezahlung der Rechnung erfolgt jedoch verzögert, z. B. weil Rechnungen von Lieferanten nicht wie erwartet eingehen oder sich der Baufortschritt verzögert.
- Beim Landesbetrieb gehen auf dem Betriebsmittelkonto Erträge aus Drittmitteln ein, die nicht zeitnah für den dafür vorgesehenen Zweck verausgabt werden können.
- Der Landesbetrieb hat aufgrund eigener Erträge einen Überschuss erwirtschaftet, den er für Ausgaben in den Folgejahren einbehält.
- Abgaben und Steuern des Landesbetriebs werden erst im Folgejahr bezahlt.
- Betriebsmittel gehen durch den Eingang von Anzahlungen oder die Veräußerung von Anlagevermögen zu.
Die liquiden Mittel stehen noch für Ausgaben der Landesbetriebe zur Verfügung. In den Ausgaberesten des Landes sind diese Mittel nicht enthalten. Wären die Landesbetriebe noch kameral organisiert, würde zumindest ein Teil der liquiden Mittel als Ausgaberest ausgewiesen.
Abbildung 3 zeigt die Entwicklung der Bestände an liquiden Mitteln auf den Betriebsmittelkonten der Landesbetriebe im Zeitraum 2015 bis 2017.
Die Betriebsmittelkonten der Landesbetriebe wiesen sehr hohe Bestände auf. Die Landesbetriebe sind grundsätzlich über das Cash Pooling in die landesweite Liquiditätssteuerung eingebunden.
Hauptgrund für den sprunghaften Anstieg in 2016 ist, dass 2015 und 2016 mehrere Hochschulen auf die kaufmännische Buchführung umgestellt haben. Infolge dessen wurden die bis dahin im Landeshaushalt bestehenden Drittmittelreste an diese Einrichtungen direkt ausbezahlt. Im Landeshaushalt sind die Ausgabereste um die ausbezahlten Drittmittel gesunken, auf den Betriebsmittelkonten der Landesbetriebe ist die Liquidität entsprechend gestiegen.
Zum Jahresende 2018 sind die Bestände auf den Betriebsmittelkonten aller Landesbetriebe weiter auf 977 Mio. Euro gestiegen.
Ein Teil der Landesbetriebe verfügt neben den Beständen auf den Betriebsmittelkonten noch über weitere liquide Mittel auf anderen Konten. Diese ließen sich im Rahmen der übergreifenden Prüfung des Rechnungshofs aufgrund der ausstehenden Jahresabschlüsse für das Wirtschaftsjahr 2017 noch nicht abschließend beziffern.
In der Abbildung 4 wird die Entwicklung der liquiden Mittel auf Betriebsmittelkonten und der kameralen Ausgabereste der Landesbetriebe zum Jahresende aufgezeigt. Diese Mittel standen den Landesbetrieben im Folgejahr zusätzlich zum im Landeshaushalt veranschlagten Zuführungsbetrag für Ausgaben zur Verfügung.
Das Finanzministerium weist darauf hin, dass vom Stand der liquiden Mittel allerdings nicht unmittelbar auf den Anteil der für Ausgaben bereits gebundenen Mittel geschlossen werden könne. Die Gewinnrücklagen der Landesbetriebe seien typischerweise auch mit liquiden Mitteln hinterlegt. Diese wären explizit für Ausgaben in künftigen Jahren vorgesehen.
In der Summe sind die Ausgabereste und die liquiden Mittel auf Betriebsmittelkonten im Zeitraum 2015 bis 2017 um 28 Prozent auf über 1,3 Mrd. Euro gestiegen. Die Mittel auf den Betriebsmittelkonten waren 2017 mehr als doppelt so hoch wie die Ausgabereste der Landesbetriebe im Landeshaushalt.
Die Höhe der Ausgabereste der Landesbetriebe im Landeshaushalt und der liquiden Mittel auf den Betriebsmittelkonten der Landesbetriebe wird wesentlich durch die Praxis des Abrufs und der Auszahlung der Zuführungsmittel bestimmt. Ein weiterer wichtiger Parameter sind im Bereich der Hochschulen die Drittmittel.
2.5.4 Rücklagenplan und Rücklagenspiegel
Die Landesbetriebe müssen die im jeweiligen Haushaltsjahr vorgesehenen Veränderungen bei den Rücklagen (Zuführungen oder Entnahmen) in einen Rücklagenplan aufnehmen. Der Rücklagenplan ist im Aufstellungsverfahren zum Staatshaushaltsplan zusammen mit dem Wirtschaftsplan nach der Verwaltungsvorschrift Nr. 1.3.4 zu § 26 Landeshaushaltsordnung den Voranschlägen der Landesbetriebe beizufügen. Der Rücklagenplan liefert bereits bei Aufstellung des Staatshaushaltsplans Informationen darüber, für welche Zwecke Mittel den Rücklagen entnommen werden sollen. Die Rücklagenpläne der Landesbetriebe sind teilweise im Staatshaushaltsplan enthalten. Eine rechtliche Verpflichtung zur Ausweisung im Staatshaushaltsplan gibt es bislang nicht.
In der Anlage zum Jahresabschluss der Landesbetriebe ist nach der Verwaltungsvorschrift Nr. 26.6.3 zu §§ 70 bis 79 Landeshaushaltsordnung im Rücklagenspiegel über die tatsächliche Entwicklung der Rücklagen im abgeschlossenen Wirtschaftsjahr zu berichten. Dieser rechtlichen Verpflichtung sind nicht alle Landesbetriebe nachgekommen.
Rücklagenplan und Rücklagenspiegel dienen dazu, den künftigen Mittelbedarf der Landesbetriebe zu beurteilen. Soweit der den Rücklagen zugrunde liegende Zweck entfallen ist, kann der Landesbetrieb die Mittel grundsätzlich an den Landeshaushalt zurückführen.
2.6 Bewertung
2.6.1 Ausgabereste
Die Ausgabereste haben sich im Zeitraum 2008 bis 2017 von 1,4 Mrd. Euro auf 4,2 Mrd. Euro erhöht. Mit 8,8 Prozent des Haushalts-Solls haben sie einen sehr hohen Anteil erreicht. Die Gesamtsteuerung des Landeshaushalts wird dadurch erschwert. So wird die Prüfung der Inabgangstellung der Ausgabereste deutlich umfangreicher. Weiter sind für die potenzielle Finanzierung der hohen Ausgabereste entsprechende Mittel vorzuhalten. Die Liquiditätssteuerung des Landeshaushalts wird dadurch komplexer.
Ausgabereste sollten daher in den Folgejahren abgesenkt werden. Hierzu müssen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Dazu gehören eine strengere Bedarfsprüfung bei der Inabgangstellung der Ausgabereste, die Veranschlagung niedrigerer Ausgabeansätze in den Folgejahren und eine stärkere Nutzung von Verpflichtungsermächtigungen.
Die unterschiedliche Mittelbindung der Ausgabereste erfordert hierbei eine differenzierte Vorgehensweise.
Zwei Drittel der Ausgabereste werden mit einer rechtlichen Bindung begründet. Diese Ausgabereste können grundsätzlich nicht in Abgang gestellt werden. Dies schließt nicht aus, dass in Teilbereichen die Grundlagen der Rechtsverpflichtung (gesetzliche Bestimmungen, Verträge, Bewilligungsbescheide) in den Folgejahren verändert werden. Künftige Ausgabereste könnten so verringert werden.
Im Bereich der Sachausgabenbudgetierung nach § 6 Staatshaushaltsgesetz sind die Ausgabereste bislang durch die jährlichen Regelungen in den Staatshaushaltsgesetzen von einer Inabgangstellung ausgenommen. Nach Ansicht des Rechnungshofs können hohe Ausgabereste durch abgesenkte oder eingefrorene Haushaltsansätze in den Folgejahren abgebaut werden.
Bei den Solidarpakten, namentlich dem Hochschulfinanzierungsvertrag, ist bei einer Verlängerung bzw. einem Neuabschluss die künftige Ausstattung mit Finanzmitteln auch unter Berücksichtigung bestehender Reste, liquider Mittel und den damit zu finanzierenden Maßnahmen zu bemessen.
Ausgabereste in den Bereichen mit Personalausgabenbudgetierung nach § 6a Staatshaushaltsgesetz sind nicht generell vor Inabgangstellung geschützt. Restriktivere Regelungen zur Personalausgabenbudgetierung könnten einem nicht sachgerechten Anstieg der Ausgabereste entgegenwirken.
Bei nicht gebundenen Ausgaberesten ist grundsätzlich ein besonders strenger Maßstab für eine Übertragung ins Folgejahr anzulegen.
2.6.2 Landesbetriebe
Das Finanzvolumen der Landesbetriebe ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Den Landesbetrieben wurde mit der dezentralen Finanzverantwortung und der kaufmännischen Wirtschaftsführung eine hohe Flexibilität in ihrer Mittelbewirtschaftung eingeräumt. Diese Flexibilität darf aber nach Ansicht des Rechnungshofs nicht dazu führen, dass gegebenenfalls nicht benötigte Mittel in hohem Umfang bei den Landesbetrieben belassen werden.
Die Landesbetriebe hatten Ende 2017 Ausgabereste und liquide Mittel auf Betriebsmittelkonten von insgesamt 1,3 Mrd. Euro. Diese Größenordnung sollte nach Ansicht des Rechnungshofs Anlass sein, eine konsequente Bedarfsprüfung bei der Bildung von Ausgaberesten vorzunehmen. Der hohe Bestand der nicht verausgabten Mittel sollte auch bei der Festsetzung der Haushaltsansätze der Folgejahre berücksichtigt werden.
Für diese Bedarfsprüfungen kommt den Jahresabschlüssen als Nachweis der Mittelverwendung hohe Bedeutung zu. Durch nicht fristgerecht vorgelegte und genehmigte Jahresabschlüsse wird die Finanzlage der Landesbetriebe zunehmend intransparent.
Das Finanzministerium weist darauf hin, dass eine Bedarfsprüfung im Rahmen der Planverhandlungen regelmäßig vorgesehen sei. In diesem Zusammenhang würden teilweise Mittel im Betrieb belassen, um neue Projekte zu finanzieren.
3 Empfehlungen
3.1 Ausgabereste nur bei zwingendem Bedarf bilden und bei künftigen Haushaltsansätzen berücksichtigen
Die hohen Ausgabereste belasten zunehmend die Gesamtsteuerung des Landeshaushalts und sollten zurückgeführt werden. Hierzu sollten unter differenzierter Betrachtung der Mittelbindung Ausgabereste in Abgang gestellt, niedrigere Ausgabeansätze in den Folgejahren veranschlagt und das Instrument der Verpflichtungsermächtigungen stärker genutzt werden.
Entsprechend den haushaltsrechtlichen Regelungen dürfen Mittel nur bei bestehendem Liquiditätsbedarf zugewiesen werden.
3.2 Ergebnisverwendung bei den Landesbetrieben anhand fristgerecht vorgelegter und genehmigter Jahresabschlüsse prüfen
Die Landesbetriebe müssen ihre Jahresabschlüsse vollständig und fristgerecht vorlegen. Die Ministerien müssen die Jahresabschlüsse fristgerecht genehmigen. Bei der Entscheidung über die Ergebnisverwendung ist ein Verbleib nicht verausgabter Mittel bei den Landesbetrieben kritisch zu prüfen. Die Rücklagenpläne aller Landesbetriebe sollten im Staatshaushaltsplan ausgewiesen werden. Die Landesbetriebe müssen der rechtlichen Vorgabe nachkommen und ihren Jahresabschlüssen einen Rücklagenspiegel beifügen.
3.3 Übersicht über Ausgabereste um nicht verausgabte liquide Mittel der Landesbetriebe ergänzen
Das Finanzministerium legt dem Landtag nach der Entscheidung des Ministerrats eine Übersicht über die ins Folgejahr übertragenen Ausgabereste vor. Diese Übersicht sollte um die bei den jeweiligen Landesbetrieben vorhandenen liquiden Mittel ergänzt werden. Dabei sollten vorhandene Mittelbindungen (z. B. Drittmittel) angegeben werden. Die liquiden Mittel der Landesbetriebe und ihre Mittelbindung sollten auf der Basis der - gegebenen¬falls vorläufigen - Jahresabschlüsse dargestellt werden.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Finanzministerium erhebt gegen die Empfehlungen keine Einwände.
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Die Landesregierung sollte dem Landtag alle Informationen über Finanzmittel außerhalb des Landeshaushalts offenlegen.
Die finanzielle Ausstattung von landesbeteiligten Unternehmen sollte bedarfsgerecht sein. Liquide Mittel, die nicht betriebsnotwendig sind, sollten dem Landeshaushalt zugeführt werden. Bei der Beteiligungsgesellschaft des Landes Baden-Württemberg mbH sollten daher liquide Mittel von 36 Mio. Euro an das Land ausgeschüttet werden.
1 Ausgangslage
1.1 Prüfungsanlass und -umfang
Finanziellen Reserven außerhalb des Landeshaushalts kommt hohe praktische Bedeutung zu. Das zeigen zahlreiche Prüfungen des Rechnungshofs, die wiederkehrend Hinweise auf finanzielle Reserven liefern. Dies betrifft zunächst die landesbeteiligten Unternehmen, aber auch Landesbetriebe und juristische Personen des öffentlichen Rechts. Hinzu kommen Reserven bei institutionell geförderten Einrichtungen.
Es werden - teilweise erhebliche - liquide Mittel der Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers entzogen.
Der Rechnungshof hat aktuell untersucht, inwieweit seine Empfehlungen aus früheren Untersuchungen bei der Beteiligungsgesellschaft des Landes Baden-Württemberg mbH (Beteiligungsgesellschaft), der FBW-Fernwärmegesellschaft Baden-Württemberg mbH (Fernwärmegesellschaft) und der Baden-Württembergischen Spielbanken GmbH & Co. KG (Spielbankengesellschaft) dauerhaft umgesetzt wurden.
Der Liquiditätsaspekt ist neben anderen auch Gegenstand der Prüfung der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg (Beitrag Nr. 24). Zudem bezog die Prüfung zu den Ausgaberesten die Landesbetriebe mit ein und stellte auf deren Betriebsmittelkonten Liquidität in dreistelliger Millionenhöhe fest (siehe Beitrag Nr. 5).
1.2 Betrachtete Unternehmen der aktuellen Betätigungsprüfung
1.2.1 Beteiligungsgesellschaft des Landes Baden-Württemberg mbH
Die Beteiligungsgesellschaft ist eine reine Holdinggesellschaft. Unternehmensgegenstand ist der Erwerb, die Verwaltung und die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen im Interesse des Landes Baden-Württemberg.
Aktuell hält die Beteiligungsgesellschaft insbesondere Anteile an folgenden Unternehmen: Badische Staatsbrauerei Rothaus AG (100 Prozent der Anteile), Staatliche Toto-Lotto GmbH (100 Prozent der Anteile), FBW-Fernwärmegesellschaft Baden-Württemberg mbH (100 Prozent der Anteile), Baden-Württembergische Spielbanken Managementgesellschaft mbH (100 Prozent der Anteile) und Projektgesellschaft Neue Messe GmbH & Co. KG (45 Prozent der Anteile).
In der vorangegangenen Prüfung (Denkschrift 2012, Beitrag Nr. 16) hatte der Rechnungshof festgestellt, dass die Beteiligungsgesellschaft ihre Gewinne jahrelang im Unternehmen einbehalten hatte. Die daraus gebildete Liquidität wurde damals später als möglich und nicht vollständig an den Landeshaushalt ausgeschüttet.
1.2.2 FBW-Fernwärmegesellschaft Baden-Württemberg mbH
Das Land hält - mittelbar über die Beteiligungsgesellschaft - sämtliche Geschäftsanteile an der Fernwärmegesellschaft. Die Gesellschaft wurde 1993 gegründet und ist mittlerweile ein reines Dienstleistungsunternehmen. Mit sogenannten „Energiegesellschaften“ für den öffentlichen Bereich können sich energieintensive öffentliche und gemeinnützige soziale Einrichtungen die Fachkenntnisse der Fernwärmegesellschaft für ihre Versorgungsanlagen dauerhaft nutzbar machen. Im Einzelnen umfasst der Unternehmensgegenstand die Energieversorgung öffentlicher Liegenschaften, den vorrangigen Einsatz regenerativer Energien und Kraft-Wärme-Koppelungsanlagen sowie die Umsetzung von Energieverbundlösungen zusammen mit kommunalen und anderen Partnern.
Aktuell wird ein Unternehmenskonzept entwickelt, wie die Fernwärmegesellschaft stärker als bislang in die Umsetzung energiepolitischer Ziele des Landes eingebunden werden kann.
1.2.3 Baden-Württembergische Spielbanken GmbH & Co. KG
Die Spielbankengesellschaft betreibt die Spielbanken in Baden-Baden, Konstanz und Stuttgart. Alle Gesellschaftsanteile gehören dem Land Baden-Württemberg. In jeder der drei Spielbanken werden das Klassische Spiel (Roulette und Kartenspiele, beispielsweise Black Jack, Poker) und das Automatenspiel angeboten. Die Konzession hierfür läuft bis 31. Dezember 2030.
Der Rechnungshof hat die Gesellschaft 2016 untersucht (Denkschrift 2017, Beitrag Nr. 13). Er hat dabei festgestellt, dass die Liquiditätsreserven um mindestens 8,6 Mio. Euro zu hoch waren. Während der Prüfung hat das Land lediglich eine Kapitalentnahme von 3,5 Mio. Euro beschlossen. Der Rechnungshof hat daher gefordert, zeitnah mindestens weitere 5 Mio. Euro dem Landeshaushalt zuzuführen. Die damals vorhandene Liquidität war nicht durch entsprechend konkrete Investitionspläne unterlegt.
1.3 Ergebnisse aus früheren Untersuchungen des Rechnungshofs
Liquiditätsreserven außerhalb des Landeshaushaltes zeigten sich auch bei früheren Prüfungen des Rechnungshofes.
1.3.1 Zentren für Psychiatrie
Der Rechnungshof stellte fest, dass die sieben Zentren für Psychiatrie über ungewöhnlich hohe liquide Mittel von insgesamt mehr als 270 Mio. Euro und offene Forderungen von 180 Mio. Euro verfügten (Denkschrift 2018, Beitrag Nr. 10). Der größte Teil der Mittel lag auf Festgeldkonten.
Den Zentren für Psychiatrie waren jedes Jahr Investitionszuschüsse aus dem Landeshaushalt ausbezahlt worden, obwohl diese nicht für konkrete Investitionen erforderlich waren. In vielen Fällen wurden Zuschüsse bereits abgerufen, obwohl sie nicht innerhalb eines Monats für geplante Investitionen benötigt wurden.
1.3.2 Reserven bei institutionell geförderten Einrichtungen
Das Land fördert seit Jahrzehnten wirtschaftsnahe Vertragsforschungseinrichtungen aus Mitteln der Mittelstandsförderung. Bei mehreren Instituten hat der Rechnungshof festgestellt, dass sie regelmäßig Überschüsse erzielten. Die Einnahmen lagen regelmäßig über Plan und die Ausgaben für Personal und Sachmittel erheblich darunter. Die jährlichen Förderraten wurden ausgezahlt, obwohl es keinen Mittelbedarf gab. Die Geldbestände bei den Forschungsinstituten waren regelmäßig hoch.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Beteiligungsgesellschaft des Landes Baden-Württemberg mbH
Die Beteiligungsgesellschaft hat im aktuellen Prüfungszeitraum (2013 bis 2017) knapp 90 Mio. Euro an das Land ausgeschüttet. Insoweit sind die Empfehlungen unserer Vorprüfung aufgegriffen und größtenteils umgesetzt worden. Lediglich für 2017 erfolgte keine Ausschüttung. Durch die hohen Erträge der letzten 3 Jahre von jeweils rund 15 Mio. Euro sowie in 2018 entstandene Steuerrückforderungen von rund 24 Mio. Euro ergibt sich jedoch erneut eine hohe Liquidität.
Da die Beteiligungsgesellschaft eine reine Holdinggesellschaft ist, beschränken sich ihre jährlichen laufenden Aufwendungen u. a. auf die Verwaltungskosten sowie die zu zahlenden Ertragsteuern. Hierfür hält das Unternehmen eine Barreserve von derzeit rund 5 Mio. Euro vor. Darüber hinausgehender konkreter finanzieller Bedarf, z. B. für geplante Investitionen, ist weder in den Wirtschaftsplänen ausgewiesen, noch wurde ein solcher vom Finanzministerium benannt.
Die nicht betriebsnotwendige Liquidität und damit das potenzielle Ausschüttungsvolumen beträgt rund 60 Mio. Euro. Dieses ergibt sich aus den liquiden Mitteln zum 31. Dezember 2017, ergänzt um die kurzfristigen Forderungen sowie den zu erwartenden Jahresüberschuss 2018, und korrigiert um die kurzfristigen Verbindlichkeiten sowie die Barreserve.
Im Nachtrag zum Staatshaushaltsplan für 2018/2019 vom Dezember 2018 wurde bereits eine Einnahme aus einer Gewinnausschüttung der Beteiligungsgesellschaft von 20 Mio. Euro etatisiert. Dies entspricht - unter Berücksichtigung der für diese Ausschüttung abzuführenden Kapitalertragsteuer (zzgl. Solidaritätszuschlag) - auf Ebene der Beteiligungsgesellschaft einer Ausschüttung von rund 24 Mio. Euro brutto.
Es verbleiben weitere 36 Mio. Euro als mögliches Ausschüttungsvolumen. Dem Landeshaushalt würden davon 30 Mio. Euro an zusätzlichen Einnahmen zufließen.
2.2 FBW-Fernwärmegesellschaft Baden-Württemberg mbH
Im Hinblick auf die vorangegangene Prüfung wurden die Gewinnausschüttungen der Fernwärmegesellschaft auf 180.000 Euro jährlich angehoben. Im aktuellen Prüfungszeitraum (2013 bis 2017) wurden insgesamt 840.000 Euro ausgeschüttet. Mehr als die Hälfte des Bilanzgewinnes wurde jedoch thesauriert. So wurden im Prüfungszeitraum insgesamt 1,1 Mio. Euro in die Gewinnrücklage eingestellt.
Da die vorhandenen liquiden Mittel im aktuellen Prüfungszeitraum weder für größere Investitionen eingesetzt noch durch eine Sonderausschüttung vermindert wurden, hat sich die Liquidität der Fernwärmegesellschaft weiter erhöht. Während die freie Liquidität Ende 2013 noch knapp 3 Mio. Euro betrug, stieg sie bis Ende 2017 auf knapp 4 Mio. Euro (plus 33 Prozent) an. Bei den liquiden Mitteln sind insbesondere Geldanlagen über 2,7 Mio. Euro auffällig, die bereits seit 2013 in der Bilanz ausgewiesen werden und bisher nicht benötigt wurden. Zum Vergleich: Die Bilanzsumme betrug Ende 2017 knapp 5 Mio. Euro.
Als operativ tätiges Unternehmen sollte die Fernwärmegesellschaft das von ihr erwirtschaftete Kapital grundsätzlich zunächst im Sinne des Gesellschaftszweckes einsetzen. Investitionen für die nächsten Jahre wurden zwar noch nicht konkret nachgewiesen. In diesem Zusammenhang ist jedoch das neue Unternehmenskonzept zu sehen. Daraus könnte sich mittelfristig (3 bis 5 Jahre) Investitionsbedarf ergeben. Andernfalls sollte eine Sonderausschüttung an das Land vollzogen werden. Das gilt unabhängig davon, dass höhere Gewinnausschüttungen von je 10.000 Euro je Jahr bis 2022 geplant sind.
2.3 Baden-Württembergische Spielbanken GmbH & Co. KG
Auch aktuell weist die Spielbankengesellschaft wieder hohe liquide Mittel auf. Zum 31. Dezember 2017 belief sich die freie Liquidität auf über 13 Mio. Euro. Im Gegensatz zur vorangegangenen Prüfung besteht jedoch mittlerweile zeitnah ein hoher Investitionsbedarf von knapp 11 Mio. Euro. Dieser ist durch konkrete Bauten und Investitionspläne hinterlegt. Sollte sich (entgegen den Erwartungen) der Investitionsbedarf nicht in dem vorgesehenen Ausmaß einstellen, sollte dem Unternehmen nicht benötigte Liquidität entnommen und dem Landeshaushalt zugeführt werden.
3 Empfehlungen
3.1 Staatshaushalt entlasten
Überhöhte finanzielle Reserven sollten durch entsprechende Steuerung künftiger Zuführungen und/oder Zuschüsse abgeschmolzen werden.
Soweit Vermögen bei den landesbeteiligten Unternehmen nicht betriebsnotwendig ist, sollte es an den Landeshaushalt ausgeschüttet werden.
Werden bei institutionell geförderten Einrichtungen nicht gebundene Überschüsse festgestellt, sind die Förderungen entsprechend anzupassen.
3.1.1 Beteiligungsgesellschaft: Liquide Mittel reduzieren
Die liquiden Mittel der Beteiligungsgesellschaft sollten reduziert werden, indem zusätzlich zu den bereits geplanten 24 Mio. Euro weitere 36 Mio. Euro ausgeschüttet werden.
3.1.2 Fernwärmegesellschaft: Gewinn verwenden oder ausschütten
Das Kapital der Fernwärmegesellschaft sollte entsprechend dem Gesellschaftszweck eingesetzt werden. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die Fernwärmegesellschaft vermehrt in die Umsetzung energiepolitischer Ziele des Landes eingebunden werden soll. Falls mittelfristig keine konkreten Investitionen anstehen, sollten die liquiden Mittel durch Sonderausschüttungen deutlich reduziert werden.
3.1.3 Spielbankengesellschaft: Investieren oder Liquidität entnehmen
Für den Fall, dass sich der Investitionsbedarf der Spielbankengesellschaft nicht in dem vorgesehenen Ausmaß einstellt, sollte dem Land die nicht benötigte Liquidität zugeführt werden.
3.2 Liquiditätssituation enger überwachen
Die Landesregierung sollte die Liquiditätssituation bei Landesbetrieben, landesbeteiligten Unternehmen und anderen vergleichbaren Einheiten enger überwachen. Die Erkenntnisse aus einem solchen „Liquiditäts-Monitoring" sollten zur Steuerung herangezogen und insbesondere im Haushaltsaufstellungsverfahren bei den einschlägigen Einnahme- bzw. Ausgabetiteln berücksichtigt werden.
3.3 Cash Pooling möglichst ausweiten
Die liquiden Mittel sollten, soweit möglich, jeweils zentral gebündelt werden (Cash Pooling). Bei Landesbetrieben ist dies durch Betriebsmittelkonten bei der Landesoberkasse sichergestellt. Für die anderen Konstellationen sollten im Ergebnis vergleichbare Verfahren geprüft werden.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Ministerium für Finanzen sagt zu, bei der nachhaltigen Konsolidierung des Staatshaushalts auch die Finanzlage der Beteiligungsunternehmen einzubeziehen. So würden auch in Zukunft die Ausschüttungen der Beteiligungsgesellschaft regelmäßig mit der Aufstellung der Staatshaushaltspläne etatisiert.
Bei der Fernwärmegesellschaft und der Spielbankengesellschaft werde das Ministerium ebenfalls darauf achten, dass nur der erforderliche Bestand an liquiden Mitteln gehalten werde. Sollte sich bei der Fernwärmegesellschaft in einem Zeitraum von drei bis fünf Jahren kein nennenswerter Investitionsbedarf ergeben, werde das Ministerium eine deutliche Reduzierung der liquiden Mittel herbeiführen.
Die Einrichtung von zentralen Cash-Management-Einheiten werde wie in der Vergangenheit auch künftig regelmäßig geprüft. Wenn ein Cash Pooling wirtschaftlich sinnvoll und strukturell möglich sei, werde dies praktiziert.
5 Schlussbemerkung
Der Rechnungshof begrüßt, dass das Ministerium für Finanzen bei der Verfolgung des Ziels der nachhaltigen Konsolidierung des Staatshaushalts auch die Beteiligungsunternehmen und deren Finanzlagen einbezieht. Bei der Beteiligungsgesellschaft sollte dies zu einer zeitnahen Ausschüttung der empfohlenen 36 Mio. Euro führen.
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Die Bearbeitung von Dienstunfällen sollte im Landesamt für Besoldung und Versorgung zentralisiert werden. Für die aus Dienstunfällen resultierenden Regressansprüche und andere Schadenersatzansprüche des Landes sollte der Informationsaustausch verbessert und ein Forderungscontrolling im Landesamt eingeführt werden.
1 Ausgangslage
1.1 Bearbeitung von Dienstunfällen
Beamte, die durch einen Dienstunfall verletzt werden, erhalten von ihrem Dienstherrn Unfallfürsorgeleistungen. Je Jahr gibt es in Baden-Württemberg rund 4.000 anerkannte Dienstunfälle von Landesbeamten, für die das Land durchschnittlich rund 6,2 Mio. Euro aufwendet.
Die zur Bearbeitung von Dienstunfällen erforderlichen Verfahrensschritte (Unfalluntersuchung, Entscheidung über das Vorliegen eines Dienstunfalls, Auswahl der Fürsorgeleistungen, Geltendmachung von Regress) sind auf mehrere Stellen verteilt: Dienststelle (z. B. Schule), personalverwaltende Stelle (z. B. Regierungspräsidium) sowie das Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV).
Das Land hatte bereits 2013 erwogen, die Bearbeitung der Unfallfürsorge beim LBV zu zentralisieren. Diese Absicht wurde dann aber nicht realisiert. Die Gründe hierfür sind für den Rechnungshof nicht nachvollziehbar.
In den meisten anderen Ländern werden Dienstunfälle zentral bearbeitet.
1.2 Verfolgung von Schadenersatzansprüchen des Landes durch das Landesamt für Besoldung und Versorgung
Das LBV ist unter anderem auch dafür zuständig, verschiedene Arten von Schadenersatzansprüchen des Landes gegen Dritte zu verfolgen. Dazu gehören gesetzlich auf das Land übergegangene Ansprüche gegen Dritte, die an Dienst- oder privaten Unfällen von Beamten, Versorgungsempfängern, deren Angehörigen oder von Beschäftigten beteiligt waren.
Innerhalb des LBV ist das Rechtsreferat zentral für solche Fälle zuständig. Es ist dabei auf Informationen anderer Stellen zu möglicherweise bestehenden Schadenersatzansprüchen angewiesen: von den personalverwaltenden Stellen, den geschädigten Mitarbeitern oder Versorgungsempfängern, aber auch LBV-intern von den Beihilfe- und den Vergütungssachgebieten.
1.3 Frühere Prüfungen und Gegenstand der aktuellen Untersuchung
In früheren Prüfungen hatte sich die Finanzkontrolle bereits mit Einzelaspekten der Unfallfürsorge und der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen beschäftigt. Die neue Prüfung diente als Kontrollprüfung und ermöglichte eine breitere Betrachtung der Ablauforganisation.
Der Rechnungshof und das Staatliche Rechnungsprüfungsamt Stuttgart haben eine Stichprobe von zusammen 190 Dienstunfällen untersucht, die sich auf zehn Dienststellen und auf die Geschäftsbereiche von vier Ministerien verteilten.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Bearbeitung von Dienstunfällen
Die Dienststellen haben die untersuchten Unfälle überwiegend ordnungsgemäß bearbeitet. Es gab jedoch in allen Verfahrensschritten auch Bearbeitungsmängel. Diese Fehler führten zum Teil zu negativen finanziellen Auswirkungen beim Land, aber auch bei den verletzten Beamten.
Es wird nicht standardisiert geprüft, ob es sich tatsächlich um einen Dienstunfall handelt, inwieweit er anzuerkennen ist, welche Fürsorgeleistungen dem verletzten Beamten zustehen sowie, ob Dritte beteiligt sind. Zudem entsprach die Führung der Unfallakten teilweise nicht den gesetzlichen Vorgaben.
Stellen, die nur für wenige Dienstunfälle zuständig waren, arbeiteten in der Regel fehleranfälliger als solche mit einer höheren Fallzahl.
In anderen Ländern sind wesentliche Verfahrensschritte (Anerkennung als Dienstunfall, Entscheidung über Fürsorgeleistungen, Regress) bei einer oder zwei Stelle(n) der Landesverwaltung zentralisiert. Würden in Baden-Württemberg diese entscheidenden Verfahrensschritte ebenfalls zentralisiert, könnte dies zu einer routinierteren und damit besseren Rechtsanwendung führen. Außerdem könnten Synergieeffekte genutzt und Fehler bei der Informationsweitergabe verringert werden. Das LBV verfügt bereits über die notwendige Fachkompetenz im verwandten Beihilferecht. Diese Fachkenntnisse sind für die Bearbeitung von Dienstunfällen vorteilhaft. Bei nahezu jedem Dienstunfall werden den verletzten Beamten die Kosten des Heilverfahrens nach den Grundsätzen des Beihilferechts erstattet.
2.2 Verfolgung von Schadenersatzansprüchen des Landes durch das Landesamt für Besoldung und Versorgung
Wegen unzureichender Meldungen der Dienststellen, aber auch interner organisatorischer Defizite, kann das LBV bisher nicht hinreichend sicherstellen, dass alle Ansprüche gegen Dritte vollständig realisiert werden. Durch einen Datenabgleich mit der Unfallkasse Baden-Württemberg und zwei Krankenkassen haben wir festgestellt, dass dem Land allein im Arbeitnehmerbereich erhebliche Forderungen verloren gehen können. Das LBV arbeitete die durch uns aufgedeckten Fälle nur unzureichend ab, sodass einzelne Ansprüche inzwischen bereits verjährt sind und weitere zu verjähren drohen.
Die vom LBV in der Vergangenheit erzielten Einnahmen aus Schadenersatzansprüchen betrugen mehr als 6 Mio. Euro jährlich. Trotzdem weiß das LBV über die Struktur (Grund, Rechtsgrundlagen, Zusammensetzung) und Veränderungen (Höhe, Entwicklung, Realisierungserfolg) dieser Forderungen - über den jeweiligen Einzelfall hinaus - nur wenig Bescheid.
Im Zeitverlauf haben die Einnahmen stagniert, obwohl die Zahl der Landesbediensteten gestiegen ist, die Fallzahlen sich erhöht haben und die Gesundheitskosten sich tendenziell erhöht haben dürften. Der Anteil der durch Zahlung erledigten Regressfälle sank im Betrachtungszeitraum von über 40 Prozent auf 35 Prozent. Der Anteil der eingestellten Fälle stieg im selben Zeitraum an. Dies lässt darauf schließen, dass sich der Realisierungsgrad der Regressforderungen verschlechtert hat.
3 Empfehlungen
3.1 Dienstunfälle zentral bearbeiten
Die Sachbearbeitung der Unfallfürsorge sollte bei einer Stelle, vorzugsweise dem LBV, zentralisiert werden. Die spezialisierte und routinierte Rechtsanwendung würde sich positiv auf die Bearbeitungsqualität auswirken und die Effizienz erhöhen. Zumindest sollte der Informationsaustausch zwischen den derzeit (noch) beteiligten Stellen verbessert werden, nämlich zwischen denen, die den Dienstunfall anerkennen und die Leistungen anordnen, sowie dem LBV als der für die Auszahlung und für die Geltendmachung von Regress zuständigen Stelle.
3.2 Unfallmeldeverfahren standardisieren
Da sich die Verfahrensschritte bei der Bearbeitung von Dienstunfällen von Behörde zu Behörde kaum unterscheiden, könnte die Sachbearbeitung landesweit standardisiert werden. Dazu gehören insbesondere einheitliche Formulare für die Unfallmeldung sowie weitere Vordrucke, u. a. für Angaben des erstbehandelnden Arztes, über den Heilungsverlauf, über Drittbeteiligte, bei Wegeunfällen, zur Erstattung von Heilbehandlungskosten sowie zur Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht.
Soweit noch nicht geschehen, sind die Unfallakten entsprechend den gesetzlichen Vorgaben zu führen, insbesondere von den Personalakten zu trennen.
3.3 Verfolgung von Ansprüchen durch das Landesamt für Besoldung und Versorgung verbessern
Das Meldeverfahren zwischen den personalverwaltenden Stellen und dem LBV sollte verbessert werden. Auch hierfür wäre ein möglichst standardisiertes Verfahren zweckmäßig. LBV-intern ist künftig sicherzustellen, dass die Beihilfe- und die Vergütungs-Sachgebiete das Rechtsreferat zeitnah und vollständig über Sachverhalte mit möglichen Ansprüchen gegen Dritte unterrichten. Außerdem sollte im LBV eine durchgängige IT-Unterstützung eingerichtet werden.
Um die Entwicklung der jährlichen Ansprüche zu analysieren und nachsteuern zu können, sollte beim LBV zudem ein effektives Forderungscontrolling aufgebaut werden.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Finanzministerium befürwortet die Empfehlung, die Dienstunfälle zentral zu bearbeiten und das Unfallmeldeverfahren zu standardisieren. Es teilt mit, erste Schritte, die Ressorts einzubeziehen und die Folgen für Stellenbedarf beim LBV bzw. Stelleneinsparungen bei den Ressorts abzuschätzen, seien bereits eingeleitet.
Um die Verfolgung von Ansprüchen gegen Dritte zu verbessern, habe das LBV seine Vergütungs- und Beihilfebearbeiter explizit auf diese Konstellation hingewiesen. Sie sollen besonders auf Angaben über etwaige Drittschädiger achten und gegebenenfalls den Vorgang für ein Regressverfahren an das Rechtsreferat weiterleiten.
Zusätzlich sollen unfallbedingte Aufwendungen, die schon aus den Beihilfeanträgen erkennbar sind, maschinell ausgelesen werden. Das umfasse allerdings nur das unfallbedingte Ereignis selbst (z. B. Knochenbruch), aber nicht solche Aufwendungen, die nur mittelbar davon verursacht wurden (z. B. Physiotherapie oder Krankengymnastik). Des Weiteren sei vorgesehen, die von den Beihilfeberechtigten als Unfall gekennzeichneten Fälle automatisch an das Rechtsreferat weiterzuleiten. Auch für die Angestellten solle ein entsprechendes Verfahren entwickelt werden.
Der Empfehlung für ein effektives Forderungscontrolling möchte das Ministerium nicht ohne Weiteres folgen. Zuvor sei eine detaillierte Kosten-Nutzen-Analyse erforderlich. Da haushaltsrechtlich ohnehin vorgegeben sei, Forderungen beizutreiben, sei noch abzuwägen, ob der mit dem Forderungscontrolling verbundene personelle und organisatorische Aufwand einen Mehrwert erziele. Das Ministerium beruft sich darauf, die Prüfung des Rechnungshofs habe weder einen signifikanten Verlust von Ansprüchen ergeben noch Hinweise auf eine mangelhafte Bearbeitung.
5 Schlussbemerkung
Der Rechnungshof begrüßt die Maßnahmen, die das Ministerium und das LBV bereits eingeleitet haben. Er bleibt aber bei seiner Empfehlung, ein effektives Forderungscontrolling einzuführen, das prozess- bzw. steuerungsrelevante Informationen über Arbeitsweise und wesentliche Entwicklungen abbilden soll.
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Das Landesamt für Besoldung und Versorgung sollte den Informationsaustausch zwischen den betroffenen Abteilungen und mit den Pflegekassen und privaten Versicherungsunternehmen verbessern. Durch einen Leitfaden und eine sachgerechte Datenpflege kann die Bearbeitungsqualität verbessert werden.
1 Ausgangslage
1.1 Rechtliche Grundlagen der Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen
Um nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen sozial abzusichern, sieht das Sozialgesetzbuch - Elftes Buch (SGB XI) unter bestimmten Bedingungen Leistungen für sie vor. Die Pflegekassen oder privaten Versicherungsunternehmen entrichten für diese Personen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, wenn die Pflegeperson regelmäßig nicht mehr als 30 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist. Außerdem muss die Pflegeperson eine oder mehrere Personen mit mindestens Pflegegrad 2 wenigstens 10 Stunden an mindestens 2 Tagen wöchentlich pflegen (§ 44 Absatz 1 SGB XI in Verbindung mit § 3 Satz 1 Nr. 1 a Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch (SGB VI)).
Erhält die gepflegte Person in Baden-Württemberg Beihilfeleistungen wegen Pflegebedürftigkeit, hat das Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) nach § 170 Absatz 1 Nr. 6 c SGB VI anteilig gemäß dem Beihilfebemessungssatz des Pflegebedürftigen Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung abzuführen. Grundlage bilden die von den Pflegekassen oder privaten Versicherungsunternehmen festgelegten Rentenversicherungsbeiträge.
Mit dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz (PSG II) wurden die Pflegekassen und privaten Versicherungsunternehmen u. a. verpflichtet, ab Januar 2017 ihre Mitteilungen bezüglich der Rentenversicherungspflicht für Pflegepersonen erheblich stärker zu differenzieren.
1.2 Prüfungsumfang
Das Staatliche Rechnungsprüfungsamt Stuttgart prüfte knapp 2.300 Fälle der Jahre 2016 bis 2018, für die das LBV aufgrund der erhaltenen Mitteilungen Rentenversicherungsbeiträge für Pflegepersonen entrichtete.
2 Prüfungsergebnisse
Von den geprüften Fällen war nahezu jeder zweite fehlerhaft bearbeitet worden. Die Beanstandungsquote liegt bei 47 Prozent. Das finanzielle Volumen von 818 Beanstandungsfällen betrug rund 0,9 Mio. Euro. 37 Prozent der beanstandeten Fälle waren nach Abschluss unserer Erhebungen noch offen.
2.1 Informationsaustausch zwischen den Fachabteilungen des Landesamts für Besoldung und Versorgung lückenhaft
Es bestanden organisatorische Defizite im LBV sowie qualitative Mängel hinsichtlich Bearbeitungszeit und -weise. Die Abteilungen des LBV tauschten ihre Informationen nur mangelhaft aus. So wurden beispielsweise eingegangene Sterbeurkunden von pflegebedürftigen Personen nicht an den Sonderbereich für Pflegepersonen weitergeleitet.
Die Bearbeiter für die Abführung der Rentenversicherungsbeiträge haben häufig erforderliche Informationen nicht abgefragt, z. B. ob tatsächlich häusliche Pflege vorliegt oder ob die gepflegte Person aus eigenem Recht gesetzlich versichert ist. In beiden Konstellationen bestünde für das Land keine Beitragspflicht zur Rentenversicherung.
Hinzu kamen überlange Bearbeitungszeiten, die teilweise Säumniszuschläge durch die Deutsche Rentenversicherung nach sich zogen. Während manche Mitteilungen sofort bearbeitet wurden, blieben andere jahrelang unbearbeitet.
2.2 Umsetzung der Rechtsänderungen nach dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz unvollständig
Ein nach dem Inkrafttreten des PSG II neu hinzugekommener Fehlerschwerpunkt betrifft über 200 Fälle. Das LBV hat hierbei die früheren Pflegestufen nicht in die durch das PSG II eingeführten Pflegegrade übergeleitet.
2.3 Meldungen der Pflegekassen und privaten Versicherungsunternehmen nicht berücksichtigt
Das LBV berücksichtigte entgegen der gesetzlichen Vorschriften ihm angezeigte Änderungen im Versicherungsverhältnis häufig nicht. Aber auch offensichtlich widersprüchliche oder in sich nicht schlüssige Angaben hat es ohne weitere Prüfung übernommen. Eindeutige Fehler wurden weder korrigiert noch den Pflegekassen und privaten Versicherungsunternehmen gemeldet. So hatte beispielsweise in verschiedenen Fällen die Pflegekasse nicht erkannt, dass ein 28-Unterrichtsstunden-Deputat bei Grundschullehrern eine Vollbeschäftigung darstellt. Die Pflegekasse hat angenommen, dass diese Person „unter 30 Stunden wöchentlich“ im Sinne der Vorschriften des SGB XI tätig ist.
2.4 Fehlerhafte Zahlungen an die Deutsche Rentenversicherung veranlasst
In einer Vielzahl von Fällen war zu beanstanden, dass Pflegekassen oder private Versicherungsunternehmen sowie Pflegepersonen ihre Mitteilungspflicht hinsichtlich Änderungen oder Wegfall der Beitragspflicht verletzt haben. Das war zum Beispiel der Fall, wenn die Pflege unterbrochen bzw. beendet war oder die Pflegeperson eine eigene Vollrente erhielt. In allen Fällen hätte das LBV den Mangel jedoch aufgrund der ihm verfügbaren Daten erkennen und mit der mitteilenden Stelle Verbindung aufnehmen können. Eine gesetzliche Grundlage für entsprechendes Tätigwerden existiert jedoch nicht.
3 Empfehlungen
3.1 Informationsaustausch zwischen den betroffenen Arbeitseinheiten verbessern
Das LBV sollte durch organisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass die für die Rentenversicherungsbeiträge für Pflegepersonen zuständige Einheit unverzüglich über Änderungen der Leistungsgrundlagen, z. B. Tod der gepflegten Person, benachrichtigt wird. Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, dieses Sachgebiet - wie vom LBV zum 1. Juni 2019 geplant - in die Abteilung Beihilfe zu verlegen.
Von wesentlicher Bedeutung ist, dass die Mitarbeiter außerhalb des für die Rentenversicherungsbeiträge zuständigen Sonderbereichs für das Thema sensibilisiert werden.
3.2 Leitfaden erstellen und Datenpflege vereinheitlichen
Das LBV sollte durch einen Leitfaden darauf hinwirken, dass die Fälle einheitlicher und zügiger bearbeitet werden und dadurch die Qualität wächst. Dazu gehört ebenso, die Dokumente korrekt und vollständig im Ablagesystem zu speichern.
3.3 Grundlagen für Information an Pflegekassen und private Versicherungsunternehmen über offensichtliche Fehler schaffen
Werden dem LBV Fakten bekannt, die zu einer fehlerhaften Festsetzung von Beiträgen führen können, sollte es mit den Pflegekassen und privaten Versicherungsunternehmen Verbindung aufnehmen dürfen. Dazu sollte eine entsprechende gesetzliche Ermächtigung geschaffen werden. Bis dahin sollte über eine Einwilligung der Betroffenen die Möglichkeit geschaffen werden, die Informationen ohne Datenschutzverstoß weitergeben zu können.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Ministerium für Finanzen teilt mit, indem das Sonderarbeitsgebiet für Pflegepersonen zum 1. Juni 2019 endgültig in die Abteilung 2 Beihilfe/Heilfürsorge verlagert werde, erfolge die Bearbeitung nun „aus einer Hand“. Dadurch sollten Fehlerquellen vermieden und - unter Wahrung datenschutzrechtlicher Bestimmungen - der Informationsaustausch verbessert werden.
Durch einen Leitfaden solle in der Abteilung 2 Beihilfe/Heilfürsorge sichergestellt werden, dass die Fallbearbeitung zukünftig sowohl in zeitlicher als auch qualitativer Hinsicht ordnungsgemäß erfolge. Sobald das neue Abrechnungsverfahren BABSY+ vollständig implementiert sei, werde eine flankierende technische Unterstützung geprüft.
Das Ministerium weist auf die datenschutzrechtlichen Bestimmungen hin, die im Kontakt mit Pflegekassen und privaten Versicherungsunternehmen zu wahren seien. Nach seiner Auffassung dürfen nach geltender Rechtslage Personalaktendaten über Beihilfe nicht zur Abführung von Rentenversicherungsbeiträgen für nicht erwerbstätige Pflegepersonen verwandt werden.
Erforderlich sei daher eine spezielle gesetzliche Ermächtigung bzw. die Einwilligung der betroffenen Person. Daher sei vorgesehen, den LBV-Vordruck für die „Bestätigung über die Ausführung häuslicher Pflege und Antrag auf Pflegegeld nach § 9b Absatz 2 Beihilfeverordnung“ zu modifizieren. Darin solle künftig die Einwilligung zum Informationsaustausch mit anderen Organisationseinheiten im LBV und den Pflegekassen bzw. den privaten Versicherungsunternehmen abgefragt werden. Zudem werde geprüft, inwieweit eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für den Datenaustausch zu forcieren sei.
Das Ministerium führt aus, bei den erwähnten 200 Fällen, die nicht in Pflegegrade übergeleitet wurden, gelte Bestandsschutz.
Im Sonderarbeitsgebiet für Pflegepersonen solle das Personal aufgestockt werden, damit die Rückstände aufgearbeitet werden.
Um die Organisation und Prozesse insgesamt zu analysieren, sei eine Steuerungsgruppe unmittelbar bei der Behördenleitung angesiedelt worden. Diese soll untersuchen, inwieweit strukturelle Defizite vorhanden sind und wie diesen begegnet werden kann.
5 Schlussbemerkung
Der Rechnungshof begrüßt, dass im LBV nun ein besonderes Augenmerk auf dieses Arbeitsgebiet gelegt wird, sodass die Fälle künftig zeitlich und qualitativ ordnungsgemäß bearbeitet werden sollen.
Das Argument, hinsichtlich der Überleitungsfälle bestehe Bestandsschutz, greift bei der Mehrzahl der 200 Fälle nicht. Dem sollte das Ministerium daher erneut nachgehen.
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Die Polizeireiterstaffeln sollten organisatorisch zusammengelegt und an einem einsatztaktisch günstigen Standort zentral untergebracht werden. Ihre Aufgaben sollten definiert und priorisiert werden. Die Anzahl der Pferde und Reiter sollte an der realen Einsatzbelastung ausgerichtet werden.
1 Ausgangslage
Die Polizei Baden-Württemberg verfügt über zwei Polizeireiterstaffeln. Diese waren bis 2013 den Polizeipräsidien (PP) Stuttgart und Mannheim angegliedert. Mit der Polizeistrukturreform wurden alle Spezialkräfte und Spezialeinheiten - und damit auch die Polizeireiterstaffeln - unter dem Dach des PP Einsatz zusammengeführt. Innerhalb des PP Einsatz blieben aber zwei räumlich und strukturell voneinander getrennte Reiterstaffeln bestehen, die den Bereitschaftspolizeidirektionen Göppingen und Bruchsal zugeordnet wurden.
Das PP Einsatz übernahm vom PP Stuttgart und PP Mannheim gewachsene Strukturen und Größenordnungen. Die Reiterstaffel Stuttgart ist mit einem Soll von 35,5 Personalstellen und 26 Pferden die deutlich größere Reiterstaffel. Die Reiterstaffel Mannheim hat ein Soll von 22,5 Personalstellen und 15 Pferden.
Die Reiterstaffeln sind in Ostfildern und Mannheim untergebracht. Die räumlichen Zuständigkeitsbereiche orientieren sich an jenen der Bereitschaftspolizeidirektionen: Die Reiterstaffel Stuttgart deckt vor allem den östlichen, die Reiterstaffel Mannheim den westlichen Landesteil ab.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Ländervergleich
Nur sieben Länder halten Polizeireiterstaffeln vor. Die anderen Länder hatten entweder noch nie eine Polizeireiterstaffel oder haben diese aufgelöst.
Hamburg, Hessen, Sachsen und Nordrhein-Westfalen verfügen über je eine Reiterstaffel. Nordrhein-Westfalen hat seine Einheiten zwar noch auf 2 Standorte verteilt, sucht aktuell aber nach einem zentralen Standort. Bayern unterhält neben der Polizeireiterstaffel München noch einen Reitertrupp mit 5 Pferden in Rosenheim.
Nur Niedersachsen (mit rund 60 Pferden) und Baden-Württemberg verfügen über zwei voneinander unabhängige Reiterstaffeln.
2.2 Aufgaben und Organisation der Reiterstaffeln
Regelungen über die konkreten Aufgaben und Einsatzbereiche, für die eine Anforderung der Reiterstaffeln einsatztaktisch prinzipiell sinnvoll erscheint, existieren nicht. Als Orientierung dient die Führungs- und Einsatzanordnung über das Einsatzmanagement der Polizei Baden-Württemberg und die darin priorisierten Einsatzlagen.
Auch die Aufbau- und Ablauforganisation ist nicht geregelt. Dies betrifft z. B. den Aufbau einer Reiterstaffel, die Einsatzkoordinierung und die Dienstplangestaltung. Derzeit entwickelt das PP Einsatz zumindest Standards für innere Abläufe.
2.3 Einsätze der Reiterstaffeln
Zur Einsatzkoordination priorisiert die Polizei die Einsatzanlässe. Dafür werden diese in Einsätze aus besonderem Anlass (z. B. Demonstrationen und Fußballspiele) einerseits sowie Unterstützungseinsätze (z. B. Präsenzstreifen) andererseits eingeteilt. Zu den Einsätzen aus besonderem Anlass zählen auch sogenannte Brennpunkteinsätze (z. B. Sicherheitspartnerschaft Freiburg).
Vor der Polizeistrukturreform wurden beide Reiterstaffeln überwiegend für örtliche Präsenzstreifen eingesetzt. Seit der Zuordnung zum PP Einsatz werden sie vermehrt zu polizeilichen Großlagen hinzugezogen, bei denen sie gemeinsam mit geschlossenen Einheiten eingesetzt werden. Hier liegt der polizeiliche Mehrwert der Polizeireiter u. a. darin, den Kräfteansatz der geschlossenen Einheiten zu reduzieren.
Der Rechnungshof hat das Einsatzgeschehen 2015 bis 2017 u. a. hinsichtlich der Einsatzhäufigkeit und -dauer, der Einsatzanlässe, der Einsatzorte und der Spitzenauslastung analysiert.
Die Anzahl der Einsätze war insgesamt leicht rückläufig. Während 2015 noch 1.084 Einsätze bewältigt wurden, waren es 2017 nur 989 Einsätze. Hingegen lag die Zahl der geleisteten Einsatzstunden 2017 nur geringfügig unter dem Wert von 2015. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Anteil der Einsätze aus besonderem Anlass, für die jeweils deutlich mehr Polizeireiter und Einsatzstunden anfallen, entsprechend der neuen Schwerpunktsetzung des PP Einsatz gestiegen ist. Die Anzahl der Unterstützungseinsätze ist gleichzeitig gesunken.
Der Schwerpunkt für Einsätze aus besonderem Anlass lag in jedem Jahr im Bereich der Fußballeinsätze. Dafür fielen 51 Prozent der Einsatzstunden an. Weitere Anlässe waren Versammlungen und Kundgebungen, aber auch Anlässe, denen eindeutig keine polizeiliche Großlage zugrunde lag, wie beispielsweise Flughafen-Kinderfest und Pferdesegnungen.
Die Auswertung der Einsatzorte ergab räumliche Einsatzschwerpunkte und viele „weiße Flecken“.
Die regionale Konzentration des Einsatzgeschehens wird bei den Unterstützungseinsätzen noch deutlicher. Von den 186 Unterstützungseinsätzen der Reiterstaffel Mannheim in 2017 fanden 48 Prozent in Mannheim statt. Die Reiterstaffel Stuttgart hat von ihren 555 Unterstützungseinsätzen 61 Prozent in Stuttgart durchgeführt (siehe Abbildung 3).
Von 2015 bis 2017 gab es nur 2 Tage, an denen mehr als 20 Pferde im Einsatz waren. Diese verteilten sich jeweils auf 5 Einsätze. Überwiegend waren an Tagen mit Einsätzen insgesamt 6 bis 10 Pferde gebunden.
2.4 Anzahl der Pferde
Dem Ausstattungssoll von 41 Pferden (Mannheim 15 Pferde und Stuttgart 26 Pferde) liegt keine Bedarfsermittlung zugrunde. Ihm steht im Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2017 ein deutlich geringeres Ist von 28 voll ausgebildeten Pferden gegenüber.
Der Rechnungshof hat auf der Grundlage der realen Einsatzbelastung eine eigene Bedarfsanalyse vorgenommen. Dabei wurden für die Pferde rechnerisch 4 Einsatzstunden am Tag bei 5 Einsatztagen in der Woche angenommen. Das ergibt eine maximale Einsatzstundenzahl je Pferd und Jahr von 1.040 Stunden.
Mit Ausnahme von 2 Tagen hätte mit dem rechnerischen Pferdebedarf auch die reale Spitzenauslastung abgedeckt werden können. Das setzt jedoch voraus, dass alle Pferde jederzeit einsatzfähig sind. Unter Berücksichtigung eines Puffers von rund 20 Prozent für Krankheiten oder Verletzungen hätte ein Bestand von 25 voll ausgebildeten Pferden zur Aufgabenerfüllung ausgereicht.
Zur Abdeckung aller Einsätze aus besonderem Anlass sind rechnerisch 13 Pferde ausreichend. Weitere 12 Pferde sind erforderlich, um den Bedarf an einer vergleichsweise geringen Anzahl von Tagen mit Spitzenauslastung zu decken. Diese Kapazität steht daher auch als Puffer zur Bewältigung möglicher zusätzlicher Einsätze aus besonderem Anlass zur Verfügung. Im Übrigen können sie flexibel für Unterstützungseinsätze genutzt werden. Der für Unterstützungseinsätze betriebene Aufwand sollte jedoch nicht bedarfserhöhend wirken.
2.5 Standorte der Reiterstaffeln
Die Reiterstaffel Mannheim ist am Stadtrand Mannheims in einer denkmalgeschützten Liegenschaft untergebracht. Sie verfügt über 15 Pferdeboxen. Die Reiterstaffel Stuttgart nutzt ein ehemaliges Gestüt in Ostfildern mit 28 Pferdeboxen. Beide landeseigenen Liegenschaften sind sanierungsbedürftig.
Bei einem landesweiten durchschnittlichen Pferdebestand von 28 voll ausgebildeten Polizeipferden (2015 bis 2017), erst recht bei dem vom Rechnungshof empfohlenen Bestand (siehe Punkt 3.2) von 25 voll ausgebildeten Pferden, ist es unwirtschaftlich, 2 Standorte zu unterhalten. Ein Ländervergleich zeigt, dass Niedersachsen selbst am Standort der kleineren Reiterstaffel wenigstens 20 Pferde untergebracht hat. Nordrhein-Westfalen plant, an einem zentralen Standort 32 Pferde vorzuhalten. Die kostenintensive Infrastruktur eines zweiten Standorts ist auch in Baden-Württemberg nicht erforderlich.
Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit böte es sich daher an, den stark sanierungsbedürftigen sowie für einen Großteil des Landes einsatztaktisch ungünstig gelegenen Standort Mannheim ersatzlos aufzugeben.
Der Standort Ostfildern ist deutlich zentraler gelegen und seine gegenwärtigen Kapazitäten entsprechen - auch unter Berücksichtigung von Ausbildungspferden - in etwa der empfohlenen Sollstärke. Er kommt daher als Standort einer zentralen Reiterstaffel für Baden-Württemberg in Betracht. Sollten die dortigen, gegebenenfalls erweiterten Kapazitäten nicht ausreichen, wäre auch ein neuer, einsatztaktisch günstig gelegener Standort denkbar.
Nachteil einer Zentralisierung der Reiterstaffeln in Ostfildern wäre, dass sich der Anfahrtsweg zu einigen Einsatzorten, namentlich bei Einsätzen in der Metropolregion Rhein-Neckar, erhöhen würde.
Hinsichtlich einsatztaktischer Erwägungen hat die Einsatzauswertung aber gezeigt, dass die Reiterstaffel Stuttgart schon heute landesweit alle Einsatzgebiete abdeckt, sodass sich keine grundsätzlich neue Situation ergäbe. Selbst für den geografisch am weitesten entfernten Einsatzschwerpunkt in Südbaden ergäbe sich keine Erschwernis, da die Anfahrtswege von Stuttgart und Mannheim in etwa gleich lang sind.
Für die bislang von Mannheim aus bewältigten Einsätze aus besonderem Anlass würde sich die durchschnittliche Fahrtstrecke je Einsatz um 48 km verlängern. Die wirtschaftliche Relevanz dieses Mehraufwands bleibt hinter jener der eingesparten Mittel für den Neubau bzw. die Sanierung sowie für den dauerhaften Betrieb einer zweiten Liegenschaft zurück.
2.6 Personal der Reiterstaffeln
Beiden Reiterstaffeln zusammen ist ein Personal-Soll von 58 Stellen zugewiesen. Davon stehen 8 Stellen für Pferdepfleger, Verwaltungspersonal und den Sicherungsdienst zur Verfügung. Vor allem bei der Reiterstaffel Stuttgart nehmen Polizisten im hohen Maße vollzugsferne Tätigkeiten - wie Stallarbeiten - wahr.
Die Personalausstattung der Reiterstaffeln liegt im Soll bei 1,2 Reitern je Polizeipferd. Auf den errechneten Pferdebedarf von 25 Polizeipferden bezogen ergäbe sich eine notwendige Personalausstattung von 30 Polizeireitern. Da der Anteil der operativen Tätigkeiten an der Dienstzeit unter 50 Prozent liegt und die Polizeireiter durch zusätzliches Tarifpersonal von vollzugsfernen Tätigkeiten befreit werden könnten, wäre das Einsatzgeschehen auch mit 30 Polizeireitern zu bewältigen.
Rechnerisch benötigt - aufbauend auf einer Bedarfsermittlung des PP Einsatz - eine Reiterstaffel mindestens 6 Stellen für die Pferdepflege, Verwaltung und den Sicherungsdienst.
Für eine zentrale Reiterstaffel errechnet sich demnach ein Gesamtpersonalbedarf von mindestens 36 Vollzeitäquivalenten. Damit könnten bei den Reiterstaffeln bis zu 22 Stellen gegenüber dem aktuellen Soll eingespart werden.
Die Polizeireiter leisten ihren Dienst in feststehenden Früh- und Spätschichten. Obwohl die Einsätze der Reiterstaffeln überwiegend mit Vorlauf geplant werden können, erbringen die Polizeireiter fast 20 Prozent ihrer Arbeitszeit außerhalb des Schichtplans. Ursächlich dafür ist die unflexible und nicht lageorientierte Arbeitszeitregelung. Insbesondere die zeitlichen Einsatzschwerpunkte an den Wochenenden spiegeln sich darin nur unzureichend wider.
3 Empfehlungen
3.1 Reiterstaffeln zentralisieren
Die Reiterstaffeln Mannheim und Stuttgart sollten räumlich und organisatorisch zu einer Reiterstaffel zusammengelegt und an einem einsatztaktisch günstigen Standort untergebracht werden.
Der Standort Mannheim sollte ersatzlos aufgegeben werden. Gemeinsam mit den zuständigen Behörden sollte vertieft geprüft werden, ob die vorhandene Liegenschaft in Ostfildern als Standort einer zentralen Reiterstaffel geeignet ist oder hierfür ertüchtigt werden kann. Anderenfalls sollte ein neuer, einsatztaktisch günstig gelegener Standort gesucht werden.
3.2 Anzahl der Pferde und Reiter der Einsatzbelastung anpassen
Der Pferdebestand sollte sich an der realen Einsatzbelastung orientieren. Er könnte auf 25 einsatzfähige Pferde reduziert werden.
Aufbauend auf der vorgeschlagenen Zentralisierung und Verkleinerung der Reiterstaffeln könnten bis zu 22 Stellen für andere Aufgaben der Landespolizei freigesetzt werden.
3.3 Aufgaben und Organisation regeln
Das Innenministerium sollte Aufgaben und Organisation der Polizeireiterstaffeln regeln. Die verschiedenen Einsatzarten sollten kategorisiert, klar voneinander abgegrenzt, definiert und priorisiert werden.
Einsätze im Verbund mit geschlossenen Einheiten bei polizeilichen Großlagen sollten als Kernaufgabe der Reiterstaffeln definiert werden. Brennpunkteinsätze könnten ergänzend aktuelle polizeiliche Schwerpunkte berücksichtigen. Unterstützungseinsätze sollten weiterhin möglich sein, aber nur in dem Umfang durchgeführt werden, in dem nach Abdeckung aller Einsätze aus besonderem Anlass noch Kapazitäten vorhanden sind.
3.4 Arbeitszeit lageorientiert gestalten
Zur Vermeidung von Mehrarbeit sollte für die Polizeireiter eine Arbeitszeitregelung eingeführt werden, die die zeitlichen Einsatzschwerpunkte abbildet und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf angemessen berücksichtigt.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Innenministerium beabsichtigt, aus einsatztaktischen Gesichtspunkten an zwei Standorten für die Polizeireiterstaffeln festzuhalten. Durch eine Verlagerung der Reiterstaffel Mannheim an den Standort der Bereitschaftspolizeidirektion Bruchsal könnten die Abdeckung der landesweiten Einsatzschwerpunkte verbessert sowie aufbau- und ablauforganisatorische Synergieeffekte erzielt werden.
Um die Einsätze bewältigen und den Dienstbetrieb aufrechterhalten zu können, müssten grundsätzlich täglich 12 einsatzfähige Pferde je Standort vorgehalten werden. Um diesen Mindeststandard gewährleisten zu können, bedürfe es einer Ausstattung von mindestens 30 ausgebildeten Polizeipferden und einer Personalausstattung mit Polizeireitern im bestehenden Umfang.
Maßnahmen zur Optimierung der Regelungslage sowie zur Gestaltung der Arbeitszeit würden aktuell bereits geprüft.
5 Schlussbemerkung
Unter Berücksichtigung der vergleichsweise guten Planbarkeit von Einsätzen der Polizeireiterstaffeln wiegen die mit einer Zentralisierung erzielbaren Synergien schwerer als eine überschaubare Verlängerung der Anfahrtswege. Auch die geplante Zentralisierung der Reiterstaffeln in Nordrhein-Westfalen an einem Standort spricht für die Praktikabilität dieser Lösung. Eine belastbare Ressourcenbedarfsermittlung für den vom Ministerium genannten Bedarf an Reitern und Pferden ist nicht erkennbar. Der Rechnungshof hält an seinen Empfehlungen fest.
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Einzelplan 05: Ministerium der Justiz und für Europa
Bei Zurruhesetzungen von Beamten des mittleren Justizvollzugsdienstes ist der Anteil derer, die wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig den Dienst verlassen, sehr hoch. Dies steigert die Personalkosten und führt zu weiteren nicht-monetären Nachteilen für das Land. Diese hohe Quote sollte reduziert werden, indem die Ursachen fundiert analysiert werden und diesen entgegengewirkt wird. Ergänzend sollte von der anderweitigen Verwendung erkrankter Beamter wirksamer Gebrauch gemacht werden.
1 Ausgangslage
1.1 Rechtslage
Beamte auf Lebenszeit sind wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig sind oder infolge Erkrankung innerhalb von 6 Monaten mehr als 3 Monate keinen Dienst getan haben und die Aussicht auf Wiederherstellung der vollen Dienstfähigkeit innerhalb weiterer 6 Monate nicht besteht. Allerdings sind bestimmte Rechtsinstitute, wie die anderweitige Verwendung, vorrangig.
1.2 Besonderheiten im Justizvollzugsdienst
An die Dienstfähigkeit von Beamten des Justizvollzugsdienstes werden - ähnlich wie bei Polizeivollzugsbeamten - höhere gesundheitliche Anforderungen als an die von Beamten anderer Laufbahnen gestellt. Können sie diese Anforderungen nicht mehr erfüllen, ist zu prüfen, ob sie (nach einem Laufbahnwechsel) im allgemeinen nichttechnischen Verwaltungsdienst bei Justizvollzugsanstalten, Gerichten oder in sonstigen Landesbehörden „anderweitig verwendet“ werden können.
Für das Land ist es bereits finanziell nachteilig, wenn für den Vollzugsdienst dienstunfähige Beamte vorzeitig zur Ruhe gesetzt werden, obwohl sie (nach amtsärztlichem Gutachten) wenigstens anderweitig einsetzbar wären. Dies gilt umso mehr, wenn sie sich gegen ihre vorzeitige Zurruhesetzung (erfolgreich) wehren. In zwei von uns geprüften Verfahren warfen dabei Verwaltungsgerichte den betroffenen Justizvollzugsanstalten vor, die Vorgaben für eine anderweitige Verwendung nicht eingehalten zu haben.
Das Justizministerium hatte die Personalzuständigkeit für den mittleren Dienst und somit auch für die Abwicklung von Dienstunfähigkeitsverfahren 2007 auf die Justizvollzugsanstalten übertragen. Bezogen auf die einzelne Anstalt ist die jährliche Fallzahl dieser Verfahren sehr gering.
1.3 Frühere Prüfungen zur Dienstunfähigkeit und Gegenstand der aktuellen Prüfung
Wie auch andere Rechnungshöfe hat sich der Rechnungshof Baden-Württemberg in der Vergangenheit wiederholt kritisch mit vorzeitigen Versetzungen von Beamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit auseinandergesetzt (siehe z. B. Denkschrift 2002, Beitrag Nr. 4 und die Beratende Äußerung des Rechnungshofs über die „Entwicklung der Versorgungsausgaben sowie finanzielle Aspekte der vorzeitigen Zurruhesetzung von Beamten wegen Dienstunfähigkeit“, Landtagsdrucksache 10/3853).
In der aktuellen Prüfung haben wir 30 Zurruhesetzungsverfahren aus 5 Justizvollzugsanstalten der Jahre 2015 bis 2017 näher untersucht. Das entsprach etwa der Hälfte aller Verfahren wegen Dienstunfähigkeit von Justizvollzugsbeamten in diesem Zeitraum.
1.4 Maßnahmen der Landesregierung
Um die Rahmenbedingungen im Justizvollzug zu verbessern, hat die Landesregierung zusätzliche Personalstellen im Staatshaushaltsplan 2018/2019 verankert. Dies enthebt aber nicht davon, die Ursachen für die vergleichsweise hohe Zahl an Zurruhesetzungen wegen Dienstunfähigkeit im Justizvollzugsdienst näher zu untersuchen.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Zurruhesetzungen wegen Dienstunfähigkeit im Justizvollzugsdienst im Vergleich zur gesamten Landesverwaltung
Die Quote der Zurruhesetzungen wegen Dienstunfähigkeit hat sich in der Landesverwaltung mittlerweile bei unter 10 Prozent eingependelt. Selbst im Polizeivollzugsdienst ist sie auf unter 10 Prozent gesunken. Dagegen liegt sie bei Justizvollzugsbeamten mehr als doppelt so hoch wie im Polizeivollzugsdienst. In einigen Anstalten war im Betrachtungszeitraum sogar in mehr als der Hälfte aller Fälle Dienstunfähigkeit Grund für die Zurruhesetzung.
2.2 Auffälligkeiten
Auffällig ist, dass im Justizvollzugsdienst das mittlere Zurruhesetzungsalter von 48 Jahren relativ niedrig ist. Das ist etwa 10 Jahre früher als das durchschnittliche Alter, welches wir in einer Prüfung zur vorzeitigen Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit bei allen Landesbeamten 2011 ermittelt hatten.
Der hohe Anteil von 60 Prozent psychischer Erkrankungen als Grund für die Dienstunfähigkeit liegt mehr als 10 Prozentpunkte über dem in der übrigen Landesverwaltung.
Die Untersuchung ergab zudem, dass die Justizvollzugsanstalten zwar in 17 von 30 Fällen eine ressortübergreifende Suchanfrage zur anderweitigen Verwendung durchgeführt hatten. Für keinen einzigen Beamten wurde dabei jedoch eine neue Aufgabe gefunden.
2.3 Monetäre und nicht-monetäre Folgen für das Land
Vorzeitige Zurruhesetzungen wegen Dienstunfähigkeit mögen zwar im Einzelfall für die Justizvollzugsverwaltung aus personalwirtschaftlicher Sicht „praktisch“ sein. Sie verursachen jedoch dem Land - genau wie die teilweise festgestellten langen Verfahrensdauern - erhebliche Kosten, bergen rechtliche Risiken und können auch zu nicht-monetären Nachteilen führen.
Ein Justizvollzugsbeamter, der etwa 11 Jahre vor der gesetzlich vorgesehenen Altersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand tritt, verursacht bis zu seinem Lebensende für das Land Mehrkosten von rund 300.000 Euro. Bei derzeit durchschnittlich 23 Zurruhesetzungen wegen Dienstunfähigkeit je Jahr im Justizvollzugsdienst summiert sich dies auf rund 6,9 Mio. Euro. Sollte es durch geeignete Maßnahmen gelingen, die Dienstunfähigkeits-Quote wieder auf das Niveau von 2015 zu reduzieren, könnten dadurch jährlich rund 3,0 Mio. Euro Personalkosten vermieden werden.
Hinzu kommen noch nicht-monetäre Aspekte der vorzeitigen Zurruhesetzungen: Der Personalmangel wird verschärft, die übrigen Mitarbeiter werden durch Mehrarbeit belastet.
2.4 Anderweitige Verwendung nicht korrekt geprüft
In zwei Fällen wehrten sich die betroffenen Beamten - erfolgreich - gegen ihre vorzeitige Zurruhesetzung. Nach verwaltungsgerichtlicher Auffassung hatten die Justizvollzugsanstalten wesentliche Vorgaben für die anderweitige Verwendung missachtet. In einem der beiden Fälle dauert der (vergebliche) Versuch, eine inzwischen 34-jährige Beamtin vorzeitig zur Ruhe zu setzen, nun schon mehr als 11 Jahre an, ohne dass ein Ende des Verfahrens absehbar ist. In dieser Zeit erhielt die Beamtin ihre vollen Bezüge (inkl. Zulagen) und erwarb weitere Ruhegehaltsansprüche, obwohl sie keinen Tag mehr Dienst tat.
Diese Fälle waren für das Land deshalb besonders nachteilig, weil nicht nur - wie bei rechtmäßigen (vorzeitigen) Zurruhesetzungen - Versorgungsbezüge, sondern (nachträglich) sogar volle Dienstbezüge gezahlt werden mussten, ohne dass die Beamten Dienst geleistet hatten.
In 60 Prozent der betrachteten Fälle stellte das den Verfahren regelmäßig zu Grunde liegende amtsärztliche Gutachten eine (vollständige) Dienstunfähigkeit fest und empfahl die vorzeitige Zurruhesetzung. In den anderen Fällen wurde dagegen eine (stufenweise) Wiedereingliederung oder eine anderweitige Verwendung vorgeschlagen. Alle Fälle endeten jedoch mit einer Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit. In einem Fall wurde ein Beamter dabei - kurz nach seiner Verbeamtung auf Lebenszeit - zur Ruhe gesetzt, obwohl er seine Mitwirkungspflichten zur Wiederherstellung der Dienstfähigkeit grob verletzte.
Während in 9 Fällen eine Suchabfrage entgegen der amtsärztlichen Empfehlung und somit zu Unrecht unterblieb, wurde umgekehrt in 3 Fällen (alle bei derselben Justizvollzugsanstalt) - zeitaufwendig - eine anderweitige Verwendung gesucht, obwohl das amtsärztliche Gutachten eindeutig eine vollständige Dienstunfähigkeit bescheinigt hatte.
Dass in keinem Fall eine anderweitige Verwendung gelang, ist vor allem deshalb bedauerlich, weil in vielen Fällen den betroffenen Beamten nur die vollzugsspezifischen psychischen Belastungen (d. h. der direkte Kontakt mit Gefangenen) oder der Schichtdienst nicht mehr zumutbar waren. Andere Tätigkeiten hätten sie dagegen - nach den amtsärztlichen Gutachten - noch ausüben können. Einige wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig zur Ruhe gesetzte Beamte übten dann auch neue Tätigkeiten aus, allerdings außerhalb der Landesverwaltung und in Teilzeit, z. B. in der kommunalen Verkehrsüberwachung oder als Hausmeister.
2.5 Verfahren dauern oft zu lange
Von der Beauftragung der (ersten) amtsärztlichen Untersuchung bis zur wirksamen Zurruhesetzung vergingen zwischen vier und 21 Monate. 20 Prozent der Verfahren nahmen unnötig viel Zeit in Anspruch. Die Verzögerungen beruhten teilweise darauf, dass die Untersuchungen beim Amtsarzt erst lange nach dem Untersuchungsauftrag stattfanden und/oder das anschließende amtsärztliche Gutachten nicht zeitnah danach erstellt wurde. In mehreren Fällen wurde nach Eingang des Gutachtens das eigentliche Zurruhesetzungsverfahren erst nach längerer als der gesetzlich vorgesehenen Mindestabwesenheit wegen Erkrankung eingeleitet/fortgeführt. Dafür lagen keine medizinischen Gründe vor, etwa das abzuwartende Ende einer Eingliederungsmaßnahme.
2.6 Bewertung
Die einzelnen Justizvollzugsanstalten haben nur geringe Erfahrungen mit (komplexen) Zurruhesetzungsverfahren. Hilfreich wäre deshalb, die Zurruhesetzungsverfahren zu zentralisieren.
Die auffällige Entwicklung der Zurruhesetzungsquote von Justizvollzugsbeamten wegen Dienstunfähigkeit sowie der hohe Anteil psychischer Ursachen daran sollten Anlass geben, die Ursachen hierfür zu analysieren und diesen möglichst entgegenzuwirken.
3 Empfehlungen
3.1 Ursachen für den hohen Anteil an Zurruhesetzungen wegen Dienstunfähigkeit im Justizvollzugsdienst prüfen
Die Landesregierung sollte die Ursachen genauer analysieren, derentwegen der Anteil an Zurruhesetzungen wegen Dienstunfähigkeit im Justizvollzugsdienst fast drei Mal so hoch ist wie im Rest der Landesverwaltung.
3.2 Dienstunfähigkeitsverfahren beim Justizministerium zentralisieren
Da beim Justizministerium ohnehin die Dienstunfähigkeitsverfahren für den gehobenen und den höheren Dienst durchgeführt werden, sollten auch die Verfahren für den mittleren Dienst zentral dort bearbeitet werden. Bisher ist das Justizministerium nur über Widerspruchs- und Gerichtsverfahren zu unterrichten. Durch die ministerielle Gesamtsicht und Entscheidungskompetenz dürften anderweitige Verwendungen - zumindest im eigenen Geschäftsbereich - eher als bisher realisierbar sein.
3.3 Nutzung der anderweitigen Verwendung erhöhen
Die Justizverwaltung sollte entsprechend den rechtlichen Vorgaben eine anderweitige Verwendung von vollzugsdienstunfähigen Beamten prüfen. Würde das Justizministerium - wie vorgeschlagen - die Dienstunfähigkeitsverfahren zentral bearbeiten, könnte es eine anderweitige Verwendung von für den Justizvollzug dienstunfähigen Beamten zumindest bei anderen Justizbehörden des Landes, wie Gerichten und Staatsanwaltschaften, leichter und letztlich erfolgreicher ermöglichen.
3.4 Stellenzulagen ab Einleitung des Zurruhesetzungsverfahrens streichen
Die Landesregierung sollte die rechtliche Möglichkeit schaffen, ab Einleitung des Zurruhesetzungsverfahrens Zulagen zum Ausgleich für besondere Belastungen aus dem Dienst (z. B. die Stellenzulage für Beamte bei Justizvollzugseinrichtungen) nicht mehr zu gewähren.
3.5 Amtsärztliche Untersuchungen zügiger erledigen
Das Sozialministerium sollte die medizinischen Gutachtenstellen in den Gesundheitsämtern dazu anhalten, amtsärztliche Untersuchungen in Zurruhesetzungsverfahren schneller und bevorzugt zu terminieren sowie die Gutachten regelmäßig innerhalb eines Monats nach der Untersuchung zu erstellen.
4 Stellungnahme der Ministerien
Das Justizministerium erklärt den Anstieg der Dienstunfähigkeitsquote im Justizvollzugsdienst mit dem hohen Belegungsdruck. Dieser Umstand sei auch in den Jahren 1994 bis 2003 zu beobachten gewesen, als die Quote bei jahresdurchschnittlich 34,2 Prozent gelegen habe. Es verweist weiter darauf, dass zwar ressortübergreifend keine anderweitigen Verwendungen für dienstunfähige Justizvollzugsbeamte gefunden worden seien, wohl aber innerhalb von Justizvollzugsanstalten, etwa auf „Schonposten“ im Vollzugsdienst oder in der Verwaltung. Die Bearbeitung von Dienstunfähigkeitsverfahren beim Ministerium zu zentralisieren, lehnt es ab. Die Zurruhesetzungsquote habe sich nach Delegation der Zuständigkeit für diese Verfahren auf die Justizvollzugsanstalten zum 1. Juli 2017 nicht wesentlich verändert. Stattdessen will das Ministerium die Feststellungen des Rechnungshofs dazu nutzen, die Justizvollzugsanstalten zum Thema Zurruhesetzungen wegen Dienstunfähigkeit stärker zu sensibilisieren.
Der Wegfall von Stellenzulagen ab dem Zeitpunkt der Einleitung des Zurruhesetzungsverfahrens wird vom Finanzministerium „nicht befürwortet“.
Das Sozialministerium hält eine zügigere Erledigung von amtsärztlichen Untersuchungen für kaum realisierbar, weil für den Zeitraum zwischen Untersuchungsauftrag und Begutachtung mehrere Akteure mitwirken. Auf diese hätten die Gesundheitsämter jedoch nur eingeschränkten Einfluss.
5 Schlussbemerkung
Der hohe Belegungsdruck mag eine wesentliche Ursache für die hohe Dienstunfähigkeitsquote im Justizvollzugsdienst sein. Die aktuelle Situation unterscheidet sich aber von der des vom Justizministerium herangezogenen Vergleichszeitraums 1994 bis 2003. Damals lag die Zurruhesetzungsquote wegen Dienstunfähigkeit auch in der gesamten Verwaltung bei rund 34 Prozent. Dort ist sie jedoch inzwischen bis auf 9,2 Prozent (2018) gesunken, während sie beim Justizvollzugsdienst im Jahr 2018 mit 32,9 Prozent das Dreifache des Landesdurchschnitts betrug.
Der Rechnungshof hält den Wegfall von Zulagen nach einer bestimmten Dauer der Dienstunfähigkeit für angezeigt.
Der Einwand des Sozialministeriums verkennt, dass es nicht nur um die Dauer zwischen Untersuchungsauftrag und Begutachtung geht, sondern auch um den Zeitraum zwischen der Untersuchung und der Erstellung des Gutachtens, wenn dem Gesundheitsamt also regelmäßig bereits alle notwendigen Fakten vorliegen. Auch hier vergingen zum Teil mehrere Monate, ohne dass dies immer zu rechtfertigen gewesen wäre.
Abschließend regt der Rechnungshof an, die Landesregierung möge prüfen, wie die Verfahrensabläufe und Möglichkeiten der anderweitigen Verwendung verbessert werden können.
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Einzelplan 07: Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau
Wird geförderter Wohnraum für die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen im Einzelfall auch für die vorläufige Unterbringung genutzt, ist eine doppelte Inanspruchnahme des Landeshaushalts zu vermeiden. Die von den Gemeinden festgesetzten Benutzungsgebühren für die geförderten Objekte übersteigen in Einzelfällen die zulässige Höchstgrenze. Bei Leerständen sollten die geförderten Objekte zeitnah als sozialer Mitwohnraum oder anderweitig zu sozialen Unterbringungszwecken genutzt werden.
1 Ausgangslage
Die Zahl der Flüchtlinge stieg in Deutschland im Jahr 2015 deutlich an. In Baden-Württemberg waren rund 185.000 Flüchtlinge kurzfristig unterzubringen, davon stellten etwa 98.000 einen Asylantrag und blieben im Land.
Das Verfahren zur Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen ist dreigliedrig aufgebaut. Die Flüchtlinge wohnen zunächst bis zu sechs Monate in einer Erstaufnahmeeinrichtung des Landes. Anschließend übernehmen in den Landkreisen die Landratsämter sowie in den Stadtkreisen die Gemeinden als untere Aufnahmebehörden die vorläufige Unterbringung. Bis zum Abschluss des Asylverfahrens, maximal jedoch 24 Monate, sind die Flüchtlinge in Gemeinschaftsunterkünften oder Wohnungen untergebracht. Danach werden sie den Gemeinden zur Anschlussunterbringung zugeteilt. Die Gemeinden weisen die unterzubringenden Flüchtlinge mit einer hoheitlichen Verfügung in eine Unterkunft ein, oder es werden Mietverträge abgeschlossen.
Die Kosten der Erstaufnahmeeinrichtungen und der vorläufigen Unterbringung übernimmt das Land. Bei der Anschlussunterbringung tragen die Gemeinden die Unterbringungskosten, die den Flüchtlingen in Rechnung gestellt werden, sofern diese über hinreichende Mittel verfügen. Andernfalls erfolgt eine Kostenerstattung über die Jobcenter aus den Mitteln der Stadt- und Landkreise.
Mit dem Landesförderprogramm „Wohnraum für Flüchtlinge“ (VwV-WoFlü) vom 9. Februar 2015 sollte die Schaffung neuen Wohnraums für die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen in den Gemeinden mit 120 Mio. Euro gefördert werden. Die Zuwendung liegt bei 25 Prozent der Erwerbs- bzw. Investitionskosten. Die Zweckbindung beträgt zehn Jahre ab Bezugsfertigkeit des Wohnraums. Im Falle einer Bedarfsänderung innerhalb dieses Zeitraums ist der geförderte Wohnraum bis zum Bindungsende anderweitig als sozialer Mietwohnraum oder anderweitig zu sozialen Unterbringungszwecken zu nutzen. Das damalige Ministerium für Finanzen und Wirtschaft ließ im Einzelfall auch die Nutzung zur vorläufigen Unterbringung zu.
Bei 18 Fördervorhaben aus dem Regierungsbezirk Karlsruhe und 2 Fördervorhaben aus dem Regierungsbezirk Stuttgart haben wir betrachtet, wie die Landeskreditbank Baden-Württemberg - Förderbank (L-Bank) die Förderverfahren durchführt und wie die Kommunen als Zuwendungsempfänger die Fördervorhaben umsetzen.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Nutzung des geförderten Wohnraums zur vorläufigen Unterbringung
Nach Ziffer 1.3 der VwV-WoFlü ist im Falle einer Bedarfsänderung der geförderte Wohnraum bis zum Bindungsende anderweitig als sozialer Mietwohnraum oder anderweitig zu sozialen Unterbringungszwecken zu nutzen. In Einzelfällen wurde auch die vorläufige Unterbringung nach dieser Regelung zugelassen.
Die Ausgaben der Stadt- und Landkreise für die Kosten der vorläufigen Unterbringung werden vom Land im Wege der nachlaufenden Spitzabrechnung erstattet. Wenn es das Land zulässt, dass zum Zwecke der Anschlussunterbringung geförderter Wohnraum auch zur vorläufigen Unterbringung genutzt wird und die Gemeinden dadurch Mieteinnahmen erzielen, so muss es - etwa durch eine anteilige Rückforderung der Förderung - sicherstellen, dass es durch die Förderung finanzierte Kosten nicht noch einmal im Rahmen der Spitzabrechnung erstattet.
In einem der geprüften Fälle bestätigte eine Gemeinde überdies vor der Bewilligung, nur Wohnungen für eine Anschlussunterbringung zu schaffen. Das damalige Ministerium für Finanzen und Wirtschaft lehnte eine Nutzung zur vorläufigen Unterbringung ab. Tatsächlich aber werden inzwischen 8 der 33 geförderten Wohnungen eines räumlich abgeschlossenen Bereichs im Unter- und Erdgeschoss als vorläufige Unterbringung an den Landkreis für knapp 57.000 Euro im Jahr vermietet. Die Gemeinde erhielt dadurch eine nicht zulässige Förderung.
2.2 Teilweise unverhältnismäßig hohe Baukosten gefördert
Bei fünf der geprüften Vorhaben liegen Neubaumaßnahmen vor. Ansonsten handelt es sich um Erwerb sowie um Sanierungs- und Umbaumaßnahmen. Die Kosten der Neubaumaßnahmen lagen zwischen 19.300 Euro und 28.300 Euro je Wohnplatz, bei Sanierungen bewegten sich die Kosten bis auf zwei Ausnahmen maximal bei 10.400 Euro je Wohnplatz. Die teuerste Maßnahme war die Sanierung eines denkmalgeschützten Hauses mit über 53.000 Euro je Wohnplatz. Das Haus stand davor über Jahre leer.
Bei zwei Gemeinden erfolgte die Anschlussunterbringung in Wohncontainern. Da die Bauweise und der Wohnstandard nicht vergleichbar mit konventioneller Bauweise sind, waren die Kosten mit rund 17.000 Euro und rund 28.000 Euro je Wohnplatz sehr hoch. Dies ist nicht nachvollziehbar, da die Systemlösung eine wesentlich geringere Nutzungsdauer hat als Gebäude in Massivbauweise.
2.3 Miete oder Benutzungsgebühr in Einzelfällen übermäßig hoch
Die Kommunen können mit einzelnen Flüchtlingen oder Familien, die ihnen zur Anschlussunterbringung zugewiesen werden, privatrechtliche Mietverträge schließen. Gemäß Ziffer 3.3 der VwV-WoFlü darf die Höhe der Miete die angemessenen Kosten der Unterkunft nach § 22 Sozialgesetzbuch - Zweites Buch nicht überschreiten.
Daneben besteht die Möglichkeit, die Flüchtlinge mit einer hoheitlichen Verfügung in die Wohnungen einzuweisen. Für die Höhe der Benutzungsgebühr gilt der vorgenannte Maßstab entsprechend.
Bei den geprüften, von den Gemeinden verwalteten Anschlussunterkünften gab es keine Mietverträge. Es wurde immer eine Benutzungsgebühr erhoben. Die Gemeinden begründeten dies u. a. mit rechtlichen Einschränkungen bei Mietverhältnissen.
Die Gemeinden müssen bereits im Antrag auf Investitionsförderung die „ortsübliche Vergleichsmiete“ und „die angemessenen Kosten der Unterkunft gemäß Sozialgesetzbuch“ angeben.
In einzelnen Fällen lagen die abgerechneten Mieten oder Benutzungsgebühren über den im Antrag angegebenen angemessenen Kosten nach dem Sozialgesetzbuch und den ortsüblichen Mieten. Hier ist nicht auszuschließen, dass sich geförderter Wohnraum weit vor Ende der voraussichtlichen Nutzungsdauer amortisiert.
Unabhängig von der Einhaltung der Förderbedingungen ist die Förderung von Maßnahmen, die auch ohne finanzielle Unterstützung kostendeckend realisierbar sind, auszuschließen.
2.4 Teilweise Unterbelegung der geförderten Einrichtungen
Bei den geprüften Einrichtungen konnte teilweise eine Unterbelegung festgestellt werden. So lag bei drei von sieben vor Ort besichtigten Einrichtungen die Belegung zwischen 60 und 70 Prozent, die geringste Belegung waren 39 Prozent. Eine Vollbelegung bestand bei drei Einrichtungen.
3 Empfehlungen
3.1 Förderprogramme eindeutiger formulieren
Der Rechnungshof empfiehlt, bei Förderprogrammen die förderfähigen Maßnahmen und die zugelassenen Nutzungen genauer zu definieren. Eine doppelte Inanspruchnahme des Landeshaushalts durch die Erstattung von Kosten, die einem Dritten durch die Nutzung geförderter Objekte entstehen, sollte - etwa durch anteilige Rückforderung der Förderung - ausgeschlossen werden.
3.2 Förderverfahren ordnungsgemäß durchführen
Der Rechnungshof empfiehlt sicherzustellen, dass nur Maßnahmen gefördert werden, die ohne Zuwendungen nicht umsetzbar sind.
3.3 Künftig Pauschalen für die Förderung einführen
Der Rechnungshof empfiehlt, bei künftigen Förderprogrammen von baukostenabhängigen Förderungen abzusehen und eine Förderung über Pauschalen vorzusehen (z. B. Förderbetrag je Wohnplatz). Hierbei könnten die Gesamtkosten je Wohnplatz bei Sanierungen und bei Neubauvorhaben gedeckelt werden.
3.4 Ortsübliches Niveau bei Mieten oder Benutzungsgebühren einhalten und Unterbelegungen vermeiden
Der Rechnungshof empfiehlt darauf hinzuwirken, dass bei Mieten oder Benutzungsgebühren die angemessenen Kosten nach dem Sozialgesetzbuch zugrunde gelegt werden.
Bei Leerständen sollten die geförderten Einrichtungen entsprechend den Vorgaben des Landes zeitnah als sozialer Mietwohnraum oder anderweitig zu sozialen Unterbringungszwecken genutzt werden.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau führt aus, dass eine grundsätzliche Nutzung des geförderten Wohnraums für Zwecke der vorläufigen Unterbringung im Rahmen des Bewilligungsverfahrens strikt abgelehnt wurde. Um ein flexibles Reagieren der Gemeinden auf sich ändernde Gegebenheiten zu ermöglichen und Leerstände zu vermeiden, sehe die einschlägige Verwaltungsvorschrift vor, dass der geförderte Wohnraum bei einer Bedarfsänderung als sozialer Mietwohnraum oder zu sozialen Unterbringungszwecken genützt werden könne. Dies sei durch die vorläufige Unterbringung von Flüchtlingen durch die Stadt- und Landkreise gegeben.
Fällen, bei denen eine förderrechtlich überhöhte Miete bzw. Benutzungsgebühr erhoben wurde, werde konsequent nachgegangen. Bei förderkonformer Ausgestaltung der Mieten oder Benutzungsgebühren läge keine doppelte Inanspruchnahme des Landeshaushalts durch die Gemeinden vor.
Mit der Förderung seien aufgrund der politischen Zielsetzung, die Gemeinden in die Lage zu versetzen, schnell Wohnraum zu schaffen, die Bauweisen nicht eingeschränkt worden. Die überschlägigen Wirtschaftlichkeitsberechnungen des Rechnungshofs, dass sich geförderte Gebäude weit vor Ende der zehnjährigen Bindungsfrist amortisieren, werde derzeit durch die L-Bank geprüft.
Darüber hinaus werde das Ministerium die L-Bank bitten, den festgestellten Leerständen entsprechend den förderrechtlichen Vorgaben nachzugehen. Zudem werde es den kommunalen Spitzenverbänden eine Verwendung des Wohnraums, der aktuell nicht mehr für die Anschlussunterbringung benötigt wird, als Sozialmietraum empfehlen.
5 Schlussbemerkung
Der Rechnungshof begrüßt die vom Ministerium bereits eingeleiteten und noch geplanten Überprüfungen der Wirtschaftlichkeit der Unterbringung, der Bemessung der Mieten und Benutzungsgebühren sowie der Leerstände.
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Einzelplan 08: Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz
Das Land Baden Württemberg förderte als Teil der „Landesinitiative Elektromobilität II“ 20 Modellprojekte aus dem landesweiten Ideenwettbewerb „Elektromobilität Ländlicher Raum“ mit 1,4 Mio. Euro. Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz als zuständige Bewilligungsstelle wickelte das gesamte Förderverfahren mit gravierenden formellen und inhaltlichen Fehlern ab. In der Folge konnte es Zuwendungen bis zu 760.000 Euro nicht mehr zurückfordern.
1 Ausgangslage
1.1 Rechtsgrundlage und Ziele der Förderung
Die Landesregierung beschloss am 19. Dezember 2011 die „Landesinitiative Elektromobilität II“. Für dieses Maßnahmenpaket wurden rund 46,5 Mio. Euro zur Wirtschafts-, Forschungs- und Infrastrukturförderung für 2012 bis 2015 bereitgestellt.
Die Landesinitiative umfasste auch den landesweiten Ideenwettbewerb „Elektromobilität Ländlicher Raum“ des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (Ministerium), durch den Modellprojekte zur Elektromobilität gefördert werden sollten. Das Ministerium erstellte interne Eckpunkte und die Teilnahmebedingungen für den Wettbewerb.
Eine Fachjury, an der das Ministerium selbst beteiligt war, wählte aus den eingegangenen Bewerbungen 20 Modellprojekte aus. Das Land förderte die Modellprojekte, um den speziellen Mobilitätsbedürfnissen der Bevölkerung im Ländlichen Raum gerecht zu werden. Gleichzeitig wollte es die Ziele der Energiewende und des Klimaschutzes berücksichtigen. Um die Modellprojekte umzusetzen, erwarben oder leasten 17 der 20 Zuwendungsempfänger unter anderem E-Fahrzeuge, hauptsächlich für E-Carsharing oder Bürgerbusse. Darüber hinaus wurden bei 17 Zuwendungsempfängern Ladestationen oder Ladesäulen errichtet. Ein Projekt bestand lediglich darin, ein Konzept zur Elektromobilität zu erstellen.
Das Ministerium wickelte das gesamte Förderverfahren selbst ab.
1.2 Zuwendungsempfänger
Zuwendungsempfänger waren Kommunen aus Baden-Württemberg, die im Ländlichen Raum liegen oder eine ländliche Prägung aufweisen, und privatrechtliche Gesellschaften oder Unternehmen, an denen eine solche Kommune mehrheitlich beteiligt ist.
1.3 Zuwendungsfähige Ausgaben
Nach den Teilnahmebedingungen für den Ideenwettbewerb „Elektromobilität Ländlicher Raum“ waren sowohl investive als auch nichtinvestive Maßnahmen förderfähig. Die Zuschüsse waren entsprechend den Zuwendungsbescheiden für Personalausgaben, Reisekosten und Sachausgaben zu verwenden.
1.4 Fördervolumen und Inanspruchnahme der Mittel
Das Ministerium bewilligte für die 20 Modellprojekte von 2013 bis 2015 insgesamt 1.458.000 Euro. Davon zahlte es 1.425.000 Euro aus, da drei Zuwendungsempfänger die Mittel nicht in voller Höhe abriefen. Zwei Zuwendungsempfänger zahlten insgesamt rund 17.000 Euro zurück.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Angaben für die Zuschussgewährung waren unklar und widersprüchlich; Finanzierungsart und Fördersatz fehlten in den Bescheiden
Das Ministerium hat die formellen Voraussetzungen für die Zuschussgewährung unklar und widersprüchlich formuliert.
Nach den Teilnahmebedingungen sollten die Projekte mit 50 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben, aber maximal mit einem Betrag von 100.000 Euro bezuschusst werden. Ein gemeinsames Projekt mehrerer Kommunen sollte mit 60 Prozent, aber maximal mit einem Betrag von 150.000 Euro bezuschusst werden. Somit war für die Modellprojekte eine Anteilsfinanzierung beabsichtigt.
Entgegen der Landeshaushaltsordnung gab das Ministerium in den Zuwendungsbescheiden weder die Finanzierungsart noch den Fördersatz an. Es behandelte die Zuschüsse nach den Formulierungen in den Zuwendungsbescheiden tatsächlich wie Festbeträge.
In den Besonderen Nebenbestimmungen hatte das Ministerium hingegen festgelegt, dass Minderungen der Gesamtausgaben in voller Höhe vom Zuschuss des Landes abgezogen werden und insoweit zu viel gezahlte Zuwendungen zurückzuerstatten seien.
2.2 Zweckbindung fehlte im Zuwendungsbescheid
Zuwendungsbescheide können ganz oder teilweise widerrufen werden, wenn mit Zuwendungsmitteln erworbene Gegenstände während der zeitlichen Bindung nicht mehr zweckentsprechend verwendet, beispielsweise veräußert werden. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Zuwendungsbescheid den Verwendungszweck präzise bezeichnet und die zeitliche Bindung definiert.
Die geprüften Zuwendungsbescheide enthielten zum Teil entgegen den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung weder eine präzise Bezeichnung des Verwendungszwecks (z. B. E-Fahrzeuge, Ladesäulen) noch eine zeitliche Bindung an Zuwendungszweck und -ziel.
Wir stellten fest, dass zwei Zuwendungsempfänger geförderte Gegenstände veräußerten, obwohl die übliche Nutzungsdauer noch nicht abgelaufen war. So veräußerte zum Beispiel ein Zuwendungsempfänger zwei Schnellladesäulen, die 2014 für über 25.000 Euro erworben worden waren, drei Jahre später für knapp 8.000 Euro.
Da eine zeitliche Bindung generell in den Zuwendungsbescheiden fehlte, konnte das Ministerium die Zuwendungen nicht mehr anteilig zurückfordern.
2.3 Mittelabruf und Mittelauszahlung erfolgten vorzeitig
Grundsätzlich dürfen Mittel nur dann ausgezahlt werden, wenn der Betrag vom Zuwendungsempfänger bereits verausgabt wurde oder die Ausgaben innerhalb der nächsten zwei Monate anfallen. Mit Wirkung zum 1. Januar 2019 wurde diese Frist durch eine Änderung der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung auf drei Monate verlängert.
Das Ministerium traf in den Zuwendungsbescheiden für die Mittelauszahlung von der Zwei-Monats-Frist abweichende Regelungen. Diese Festlegung war jedoch nicht angemessen. Sie führte dazu, dass Zuwendungsempfänger Mittel abriefen, obwohl bis zum Abrufzeitpunkt weder Ausgaben entstanden waren noch mit solchen in den folgenden zwei Monaten zu rechnen war.
So forderte zum Beispiel ein Zuwendungsempfänger die Mittel für 2013 und 2014 in den jeweiligen Jahren an. Die ersten Ausgaben leistete er laut dem Verwendungsnachweis jedoch erst im Januar 2015.
Eine solche Verfahrensweise bei der Mittelauszahlung entspricht nicht den Grundsätzen sorgsamen und wirtschaftlichen Verwaltungshandelns.
2.4 Zuwendungsempfänger kamen Mitteilungspflichten nicht nach
Einzelne Zuwendungsempfänger kamen ihren Mitteilungspflichten nach den Allgemeinen Nebenbestimmungen nicht nach. Sie zeigten nicht bzw. nicht unverzüglich an, wenn sich zuwendungsfähige Ausgaben erheblich verminderten. Eine Anzeige unterblieb auch, wenn die ausgezahlten Beträge nicht innerhalb von zwei Monaten für zuwendungsfähige Ausgaben verbraucht wurden.
Nach den Allgemeinen Nebenbestimmungen ist der Widerruf eines Zuwendungsbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit möglich, wenn der Zuwendungsempfänger seinen Mitteilungspflichten nicht rechtzeitig nachkommt. Die Zuwendung ist dann zu erstatten.
In einem Fall verringerten sich beispielsweise die zuwendungsfähigen Gesamtausgaben eines Zuwendungsempfängers von geplant 100.000 Euro auf tatsächlich rund 42.000 Euro. Die Kommune teilte dem Ministerium die Veränderung der Gesamtausgaben erst mit dem Verwendungsnachweis mit und zahlte rund 8.000 Euro zurück. Obwohl eine Rückforderung möglich gewesen wäre, reagierte das Ministerium nicht auf die veränderten Gesamtausgaben. Im Ergebnis wurde das Projekt vom Land zu 100 Prozent finanziert.
2.5 Ministerium prüfte Verwendungsnachweise nicht hinreichend
Das Ministerium prüfte die Verwendungsnachweise bisher nicht vertieft. Es teilte mit, eine kursorische Prüfung habe mögliche Erstattungsansprüche ergeben. Es dokumentierte dies jedoch nicht in den Förderakten.
Das Ministerium hatte bis zum Abschluss der örtlichen Erhebungen nicht darüber entschieden, wie mit möglichen Erstattungsansprüchen umgegangen werden soll.
2.6 Ministerium hat Rückforderungsansprüche selbst verwirkt
Bei 15 der 20 Zuwendungsempfänger verringerten sich die Gesamtausgaben der Projekte zum Teil sehr deutlich. Das Ministerium reagierte darauf nicht. Der deshalb unverändert bleibende Zuschuss erhöhte die Förderquoten zum Teil erheblich (bis hin zu einer Vollfinanzierung).
Wären die Besonderen Nebenbestimmungen in den Bescheiden konsequent angewandt worden, hätte der Zuschuss entsprechend den geringeren Gesamtausgaben gekürzt werden müssen. Dadurch hätten sich Erstattungsansprüche des Landes von rund 760.000 Euro ergeben.
Das Ministerium behandelte die Zuschüsse wie Festbeträge. Die bereits ausbezahlten Mittel hätten deshalb nur dann zurückgefordert werden können, wenn es durch die Zuschüsse zu einer Überfinanzierung der zuwendungsfähigen Ausgaben gekommen wäre. Das Ministerium hat aber durch seine Vorgehensweise die Erstattungsansprüche selbst verhindert, die sich aus der eigentlich geplanten Anteilsfinanzierung ergeben hätten.
Eine Festbetragsfinanzierung wäre auch nicht zulässig gewesen, da das Ministerium mit erheblichen Änderungen der zuwendungsfähigen Ausgaben gegenüber den Kosten- und Finanzierungsplänen rechnen musste.
3 Empfehlungen
3.1 Finanzierungsart und Fördersatz in den Zuwendungsbescheiden festlegen
Das Ministerium muss entsprechend den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung in den Zuwendungsbescheiden die zentralen Förderbestimmungen wie Finanzierungsart und Fördersätze eindeutig festlegen.
Das Ministerium teilte mit, es habe inzwischen Musterbescheide erarbeitet, um die Pflichtangaben in Zuwendungsbescheiden entsprechend den Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung zukünftig sicherzustellen.
3.2 Klare Regelungen zur Zweckbindung treffen
Das Ministerium sollte entsprechend den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung in den Zuwendungsbescheiden detaillierter festlegen, welche Zweckbindung von Gegenständen besteht und wie lange.
3.3 Angemessene Auszahlungszeitpunkte festlegen
Eine abweichende Regelung vom Zwei-Monats-Prinzip (seit 1. Januar 2019: Drei-Monats-Prinzip) muss angemessen sein. Sie sollte nicht dazu führen, dass Zuwendungsempfänger Mittel für ein oder mehrere Haushaltsjahre abrufen, ohne dass ihnen Ausgaben entstanden sind.
Das Ministerium sollte angemessene Auszahlungszeitpunkte festlegen und auf die grundsätzliche Einhaltung des Zwei-Monats-Prinzips (seit 1. Januar 2019: Drei-Monats-Prinzips) achten.
3.4 Auf Einhaltung von Mitteilungspflichten der Zuwendungsempfänger achten
Das Ministerium sollte die Zuwendungsempfänger verstärkt auf ihre Mitteilungspflichten hinweisen und muss auf deren Einhaltung achten. Mitteilungen der Zuwendungsempfänger müssen vollständig und nachvollziehbar dokumentiert werden. Auf Pflichtverletzungen seitens der Zuwendungsempfänger muss das Ministerium reagieren. Gegebenenfalls kann der Zuwendungsbescheid ganz oder teilweise widerrufen werden.
3.5 Verwendungsnachweise zeitnah prüfen und Erstattungsansprüche geltend machen
Die Verwendungsnachweise sind zeitnah und vertieft zu prüfen. Auch das Ergebnis der kursorischen Prüfung ist in den Akten festzuhalten.
Das Ministerium hat den haushaltsrechtlichen Regelungen folgend zeitnah festzustellen, ob sich aus den Verwendungsnachweisen Anhaltspunkte für Erstattungsansprüche ergeben. Gegebenenfalls sind diese gegenüber den Zuwendungsempfängern geltend zu machen.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz sichert zu, es werde die Empfehlungen des Rechnungshofs entsprechend berücksichtigen. Die zwischenzeitlich erarbeiteten Musterbewilligungen trügen dem Rechnung.
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Landesbedienstete im Geschäftsbereich des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz sollten bei den Landratsämtern funktionsgerecht und effizient eingesetzt werden. Die Dienstposten sind sachgerecht zu bewerten.
1 Ausgangslage
1.1 Prüfungsziele, -methodik und -umfang
Im Ressortbereich des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (Ministerium) wurde geprüft, wie die Landesbediensteten für die Aufgabenbereiche Landwirtschaft, Veterinärwesen, Forst sowie Vermessung und Flurneuordnung bei den Landratsämtern eingesetzt werden. Die für die Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörde erforderlichen Beamten des höheren Dienstes oder vergleichbare Beschäftigte werden vom Land gestellt.
Die Prüfung umfasste sowohl die Aufgabenwahrnehmung als auch die Rahmenbedingungen, unter denen die Landesbediensteten bei den Landratsämtern arbeiten. Örtliche Erhebungen erfolgten beim Ministerium sowie bei insgesamt 15 Landratsämtern. Der Landkreistag war eingebunden.
In den untersuchten Aufgabenbereichen waren insgesamt 770 Landesbedienstete des höheren Dienstes mit einem Beschäftigungsumfang von fast 700 Vollzeitäquivalenten tätig.
1.2 Grundlagen
1.2.1 Dienstpostenbewertung
Nach § 20 Landesbesoldungsgesetz sind die Funktionen der Beamten und Richter nach den mit ihnen verbundenen Anforderungen sachgerecht zu bewerten und Ämtern zuzuordnen. Gemäß § 27 Landesbesoldungsgesetz sollen Beförderungsämter in den Besoldungsgruppen A 15, A 16 und in den Besoldungsgruppen der Landesbesoldungsordnung B nur nach vorheriger Einzelbewertung eingerichtet werden.
1.2.2 Konzeption zur Neubewertung der Führungsfunktionen bei den Landratsämtern und der Regierungspräsidien
Die Landesregierung hatte im November 2006 eine Konzeption beschlossen, wonach die Führungsfunktionen der Landesbeamten in den Landratsämtern und der Regierungspräsidien neu bewertet werden sollten. Nach der Verwaltungsstrukturreform sollte weiterhin eine Personalentwicklung bei den eingegliederten Fachverwaltungen gewährleistet sein. Die Zahl der im Haushalt ausgewiesenen A 15- und A 16-Stellen sollte erhalten bleiben. Die Konzeption sieht vor, für jeden Leitenden Fachbeamten als ranghöchsten Beamten einer Fachverwaltung, z. B. Leiter Veterinärwesen, Wasserwirtschaft, Forst usw., eine A 15-Stelle oder A 16-Stelle auszubringen. A 16-Stellen sollen in erster Linie Dezernenten vorbehalten sein.
1.2.3 Ausgleich bei Übertragung neuer Aufgaben (Faktenfindungs- und Bewertungsprozess)
Nach dem Verwaltungsstruktur-Reformgesetz ist ein finanzieller Ausgleich für die Landkreise vorgesehen, falls in den übertragenen Aufgabenbereichen aufgrund von europäischen oder bundesrechtlichen Regelungen innerhalb von zehn Jahren neue Aufgaben übertragen werden. Mehr- und Minderaufwände der unteren Verwaltungsbehörden wurden 2016 durch Abfrage („Faktenfindungs- und Bewertungsprozess“) erhoben. Infolgedessen wurde der Ausgleichsbetrag nach dem Finanzausgleichsgesetz ab 2017 um jährlich 20 Mio. Euro erhöht. Für den höheren Dienst, den das Land finanziert, wurden keine zusätzlichen Mittel bereitgestellt.
1.2.4 Stellenbewertung bei den Landratsämtern
Im kommunalen Verantwortungsbereich werden alle Stellen einzeln bewertet. Dies erfolgt weit überwiegend nach dem sehr ausdifferenzierten Modell der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt). Dabei fließen der Schwierigkeitsgrad der Informationsverarbeitung und der dienstlichen Beziehungen ebenso ein wie der Grad der Selbstständigkeit und Verantwortung und der Grad der Vor- und Ausbildung und Erfahrung.
1.2.5 Führungsebenen bei den Landratsämtern
Nach § 53 Landkreisordnung wird die untere Verwaltungsbehörde vom Landrat geleitet. Er ist dem Land für die Erledigung der Geschäfte verantwortlich und bestimmt auch die innere Organisation des Landratsamts. In der Regel verfügen die Landratsämter unterhalb des Landrats über drei Führungsebenen. Die Positionen in der ersten Führungsebene unterhalb des Landrats werden bei fast allen Landratsämtern als „Dezernenten“ bezeichnet. Auf der zweiten Führungsebene sind dies „Amtsleiter“ und „Abteilungsleiter“. „Sachgebietsleiter“ und „Teamleiter“, aber auch „Abteilungsleiter“ gibt es auf der dritten Führungsebene. Unterhalb der dritten Führungsebene haben die Landratsämter zum Teil weitere, eingeschränkte Führungsfunktionen in Form von „Gruppen-“ oder „Teamleitungen“ eingerichtet.
Im kommunalen Bereich sind die erste und zweite Führungsebene in der Regel mit höherem Dienst besetzt, die dritte Führungsebene mit gehobenem Dienst. Im Landesbereich ist oft auch die dritte Führungsebene mit höherem Dienst besetzt.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Dienstpostenbewertung
2.1.1 Aufgabenbereich Landwirtschaft
Das Ministerium hatte im Aufgabenbereich Landwirtschaft 1997 eine methodisch vorbildliche Dienstpostenbewertung für die A 15- und A 16-Dienst-posten erarbeitet und mit dem Finanzministerium abgestimmt. Die Ausprägung der Beurteilungskriterien, nach denen die Bewertung damals abgeleitet worden war, hat sich zwischenzeitlich stark verändert. Den Wandel der Kriterien hat das Ministerium bei der Besetzung der A 15-Stellen teilweise nachvollzogen. Bei den A 16-Stellen wurde jedoch keine Anpassung vorgenommen.
2.1.2 Aufgabenbereich Veterinärwesen/Lebensmittelüberwachung
Im Veterinärwesen und der Lebensmittelüberwachung hat das Ministerium die Führungsfunktionen der leitenden Fachbeamten einzeln nach A 15 oder A 16 zugeordnet. 13 Führungsfunktionen wurden mit A 16 bewertet. Die Bewertung erfolgte auf der Grundlage einer Bedarfserhebung aus den Jahren 2010 bis 2012. Danach werden die A 16-Stellen den Landkreisen zugeordnet, die die größten Einwohnerzahlen und die umfangreichsten landwirtschaftlichen Tierhaltungen haben. Zudem hat das Ministerium neun weitere A 15-Stellen stellvertretenden Amtsleitungen und der Leitung einer Außenstelle zugeordnet. Hierzu legte es aber keine genaueren Informationen über die Bewertung der Dienstposten vor.
2.1.3 Aufgabenbereich Forst
Das Ministerium hat die Dienstposten im Aufgabenbereich Forst bisher nicht einzeln bewertet. Stattdessen hat es sowohl die A 15- und A 16-Dienst-posten in der zweiten Führungsebene als auch die A 13- bis A 15-Dienst-posten in der dritten Führungsebene gebündelt bewertet.
Dies führt dazu, dass die hochwertigen A 15- und A 16-Stellen in erster Linie nach den dienstlichen Beurteilungen der Stelleninhaber vergeben werden. Die unterschiedlichen Anforderungen der Dienstposten spielen eine untergeordnete Rolle. Dadurch werden die Funktionen der dritten Führungsebene (Forstbezirksleitungen) und der zweiten Führungsebene (der Amtsleitungen) in den meisten Landratsämtern sachwidrig unterschiedslos mit A 15 besoldet.
2.1.4 Aufgabenbereich Vermessung und Flurneuordnung
Das Ministerium hatte die Aufgabenbereiche Vermessung und Flurneuordnung 2006 haushaltstechnisch und organisatorisch zusammengeführt. Diese Entwicklung wurde bei rund der Hälfte der Landratsämter nachvollzogen. In den anderen Landratsämtern sind die Aufgabenbereiche Vermessung und Flurneuordnung getrennten Organisationseinheiten zugeordnet. Im Aufgabenbereich Flurneuordnung haben die Landkreise in der Regel kreisübergreifende Dienststellen eingerichtet. Diesen gemeinsamen Dienststellen sind teilweise zusätzlich in unterschiedlicher Anzahl Poolteams des Landesamts für Geoinformation und Landentwicklung zugewiesen. Der Aufgabenbereich Vermessung und Flurneuordnung beinhaltet somit eine Vielzahl verschiedener Leitungsfunktionen. Den einzelnen Dienstposten sind von Landkreis zu Landkreis unterschiedliche Funktionen in verschiedenen Kombinationen zugeordnet. Das Ministerium hat diese besondere Situation bisher nicht in eine konsistente Dienstpostenbewertung umgesetzt, die beide Aufgabenbereiche umfasst. Die Bewertung der Dienstposten sollte die unterschiedlichen Kombinationen der Führungsfunktionen mit einer gewissen Flexibilität abbilden.
2.2 Ausstattung mit A 15-Haushaltsstellen
2.2.1 Aufgabenbereich Landwirtschaft
Der Aufgabenbereich Landwirtschaft war in den vergangenen 20 Jahren besonders stark von Veränderungen betroffen. Unter anderem sind die Fachschulen für Landwirtschaft und die Tierzuchtaufgaben stark zurückgegangen. In der Folge hat sich der Bedarf an A 15-Stellen deutlich verringert. Nach unseren Erkenntnissen bedarf es in 15 Fällen keiner A 15-Haushalts-stellen. Die Stellen könnten in A 13-/A 14-Stellen umgewandelt werden. Die Argumente des Ministeriums, wegen der Erhebungen im Faktenfindungs- und Bewertungsprozess seien diese Stellen in A 15 zu belassen, überzeugen nicht. Denn der Faktenfindungs- und Bewertungsprozess stellt gerade keine Dienstpostenbewertung dar.
2.2.2 Aufgabenbereich Forst
Im Forstbereich stehen wesentlich mehr A 15-Haushaltsstellen zur Verfügung, als nach dem Ministerratsbeschluss vom November 2006 für die leitenden Fachbeamten erforderlich sind. Aufgrund der wahrgenommenen Aufgaben sind derzeit überschlägig 45 A 15-Stellen in der dritten Führungsebene der Landratsämter eingesetzt. Das erscheint weder erforderlich, noch passt es in das Besoldungsgefüge der Landratsämter. Die Kreisbediensteten werden auf derselben Führungsebene nach A 12 besoldet. Ausnahmen sollten nur für besondere Funktionen zugelassen werden, wie dies auch bei den anderen untersuchten Aufgabenbereichen gehandhabt wird.
Die genannten A 15-Stellen sollten in A 14-Stellen umgewandelt werden. Ein explizites Ziel der Forstreform ist, effizientere Verwaltungsstrukturen zu entwickeln und strukturelle Einsparungen im Landeshaushalt zu erreichen. Hierfür halten wir es für essenziell, die dritte Führungsebene nur ausnahmsweise mit A 15-Stellen auszustatten.
2.3 Höherer Dienst unterhalb der dritten Führungsebene
Bei unserer Prüfung haben wir auch untersucht, wie sich die Landesbediensteten in den einzelnen Aufgabenbereichen auf die zweite, die dritte Führungsebene und auf die Ebene darunter verteilen.
Dabei fällt auf, dass die Landesbediensteten des höheren Dienstes im Aufgabenbereich Landwirtschaft häufig mit geringen Führungsanteilen auch unterhalb der dritten Führungsebene eingesetzt werden. In den übrigen Aufgabenbereichen wird diese Ebene nur in Ausnahmefällen von Landesbediensteten besetzt (z. B. durch Berufsanfänger), Kreisbedienstete werden auf dieser Ebene oft nur bis A 11 besoldet.
Grundsätzlich sollte sich das Ministerium in allen Aufgabenbereichen am Verwendungsprofil des höheren Dienstes orientieren. Der höhere Dienst ist generell in erster Linie für besonders anspruchsvolle Führungsaufgaben und Spezialistentätigkeiten einzusetzen.
Die Landesbediensteten, die auch Unterricht in Fachschule und Berufsausbildung erteilen, rechnen wir dem höheren Dienst zu. Ohne diese verbleiben überschlägig 30 Vollzeitäquivalente, die ohne besondere Funktion unterhalb der dritten Führungsebene eingesetzt werden. Diese Stellen sollten dem gehobenen Dienst zugeordnet und kommunalisiert werden.
2.4 Aufgabenwahrnehmung durch den höheren Dienst
2.4.1 Amtlichen Tierärzten vorbehaltene Aufgaben
Im europäischen Recht sowie im Bundes- und Landesrecht finden sich verschiedene Vorschriften, die das Tätigwerden eines (amtlichen) Tierarztes explizit erfordern. Teilweise wird auch aufgrund der Rechtsprechung oder lediglich verwaltungsinterner Auslegung der Einsatz eines Tierarztes für notwendig erachtet.
In unserer Erhebung machten die Tierärzte bei vergleichbaren Strukturen sehr unterschiedliche Angaben dazu, welche Anteile ihrer Arbeitszeit sie für ihnen gesetzlich vorbehaltene Aufgaben erbringen. Im Ergebnis führte dies zu einem Durchschnitt von 40 Prozent bei allen geprüften Dienststellen. Im Aufgabenfeld Tierschutz betraf das sogar mehr als die Hälfte der Arbeitszeit.
Dieser sehr hohe Anteil stellt für den Aufgabenbereich Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung eine große Belastung dar. Die Flexibilität wird stark eingeschränkt, da viele Aufgaben nur von einem kleinen Personenkreis erledigt werden können. Für die optimale Funktionsfähigkeit ist es von großer Bedeutung, dass sich die Tierärzte neben ihrer Führungsaufgabe auf solche Aufgaben konzentrieren, die nur von Personen mit ihrer Qualifikation wahrgenommen werden können. Das Ministerium sollte sicherstellen, dass eine einheitliche Verwaltungspraxis erreicht wird.
2.4.2 Dem höheren Forstdienst vorbehaltene Aufgaben
Das Land hat bestimmte Funktionen und Aufgaben dem höheren Forstdienst vorbehalten. Nach § 21 des Landeswaldgesetzes gilt dies unter anderem für die Aufgaben der forsttechnischen Betriebsleitung.
Nach § 47 des Landeswaldgesetzes umfasst „forsttechnische Betriebsleitung“ Planung, Vorbereitung, Organisation, Leitung und Überwachung sämtlicher Forstbetriebsarbeiten. Die Forstverwaltung zählt dazu auch Aufgaben wie die zeitliche Abstimmung der notwendigen Pflegemaßnahmen innerhalb eines Jahres mit den Revierbediensteten, das Einholen einer verkehrstechnischen Anordnung im Vorfeld eines Holzeinschlags entlang einer Straße oder die Erarbeitung und Überwachung der Rettungskette. Solche Aufgaben werden in anderen Verwaltungen von Beamten des gehobenen oder mittleren Dienstes ausgeführt. Nach Auffassung des Rechnungshofs ist es nicht sachgerecht, das ganze von der Forstverwaltung der Betriebsleitung zugeordnete Spektrum an Aufgaben, Tätigkeiten und Funktionen pauschal dem höheren Forstdienst vorzubehalten.
2.4.3 Vertretung des höheren vermessungstechnischen Dienstes bei vorbehaltenen Aufgaben
Im Aufgabenbereich Vermessung gibt es Teilaufgaben, die dem höheren vermessungstechnischen Verwaltungsdienst zugewiesen sind. In Urlaubs- oder Krankheitsfällen ergibt sich ein Problem, wenn Behörden nur mit einem Beamten des höheren vermessungstechnischen Dienstes besetzt sind. Aus dem Aufgabenbereich Flurneuordnung ist eine Vertretung in der Regel nur in sehr einfach gelagerten Fallkonstellationen möglich. In schwierigeren Fällen ist innerhalb derselben Behörde keine Vertretung möglich.
2.5 Weitere Prüfungsergebnisse
2.5.1 Nichttierärztliches Fachpersonal
Im Aufgabenbereich Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung gibt es viele Aufgaben und Tätigkeiten, bei denen ohne fachliche Qualitätseinbußen auch entsprechend ausgebildetes, nichttierärztliches Fachpersonal eingesetzt werden könnte. Beispiele sind Kontrolle technischer Anforderungen, Entnahme von Proben, Durchführung von Nachkontrollen oder Gewährleistung des Vier-Augen-Prinzips bei Cross Compliance- und Tierschutzkontrollen.
Nach dem zahlenmäßigen Ergebnis unserer Erhebungen könnten 10 Prozent der bisher von den Tierärzten wahrgenommenen Aufgaben und Tätigkeiten von nichttierärztlichem Fachpersonal übernommen werden. Dies entspricht einem Personalumfang von 24,5 Tierarztstellen. Die entstehende Entlastung könnte zunächst genutzt werden, um in diesem Umfang Neueinstellungen zu vermeiden, falls sich - nach einer analytischen Personalbedarfsberechnung - ein Mehrbedarf an Tierärzten ergeben sollte.
2.5.2 Aufstieg in den höheren Forstdienst
Nach § 22 Landesbeamtengesetz (LBG) können Beamtinnen und Beamte unter bestimmten Voraussetzungen in die nächsthöhere Laufbahn derselben Fachrichtung aufsteigen, auch wenn die Bildungsvoraussetzungen für diese Laufbahn nicht vorliegen. Insgesamt lässt das LBG den Ministerien weitgehend freie Hand, angepasste Regelungen für den Aufstieg in den höheren Dienst zu treffen.
Ein Aufstieg vom gehobenen zum höheren Forstdienst ist derzeit für die Beamten bei den Landratsämtern nicht möglich. Das LBG eröffnet ausreichend Spielraum, um für besonders qualifizierte Angehörige des gehobenen Forstdienstes der Landratsämter den Aufstieg in den höheren Forstdienst zu ermöglichen. Das Ministerium kann die notwendigen Fortbildungsmaßnahmen vorschreiben. Damit könnten bewährte und verlässliche Führungskräfte für den höheren Forstdienst gewonnen und auch dem erhöhten Nachwuchsbedarf der kommenden Jahre besser begegnet werden.
3 Empfehlungen
3.1 Dienstposten ab A 15 einzeln bewerten
Das Ministerium sollte die A 15- und A 16-Dienstposten der Landesbediensteten bei den Landratsämtern einzeln bewerten. Veraltete und unzureichend dokumentierte Bewertungen sollten überarbeitet werden.
3.2 Stellen der dritten Führungsebene nur ausnahmsweise nach A 15 bewerten
In der dritten Führungsebene der Landratsämter sollten in der Regel keine Dienstposten nach A 15 bewertet werden. Dies betrifft insbesondere den Aufgabenbereich Forst. Ausnahmen sind lediglich bei Sonderfunktionen möglich. Die überzähligen A 15-Stellen sollten baldmöglichst im Haushaltsplan mit einem entsprechenden ku-Vermerk versehen oder ganz gestrichen werden.
3.3 Höheren Dienst nicht unterhalb der dritten Führungsebene einsetzen
Unterhalb der dritten Führungsebene der Landratsämter sollten in der Regel keine Beamten des höheren Dienstes eingesetzt werden. Dies betrifft insbesondere den Aufgabenbereich Landwirtschaft. Die Aufgaben sollten gegebenenfalls von Beamten des gehobenen Dienstes oder vergleichbaren Beschäftigten wahrgenommen werden.
3.4 Stellenbewertungen an den kommunalen Bereich annähern
Das Ministerium sollte in Abstimmung mit dem Landkreistag gemeinsame Grundsätze entwickeln, nach denen die Dienstposten der Landesbediensteten bei den Landratsämtern bewertet werden. Ziel sollte sein, an den Landratsämtern ein konsistenteres Besoldungsgefüge zu entwickeln.
3.5 Dem höheren Dienst vorbehaltene Aufgaben reduzieren
Dem höheren Dienst sollten nur Führungsfunktionen und solche Kernaufgaben vorbehalten werden, die nur von Personen mit der Qualifikation des höheren Dienstes wahrgenommen werden können. Das gilt insbesondere für den Veterinärbereich sowie den Forstbereich.
3.6 Nichttierärztliches Fachpersonal im Veterinärwesen einsetzen
Bei den Landratsämtern sollte im Veterinärwesen in allen Aufgabenfeldern ein ausreichender Unterbau an nichttierärztlichen Fachkräften vorhanden sein. Das Ministerium sollte dazu die Ausbildungszahlen zum Veterinärhygienekontrolleur angemessen erhöhen.
3.7 Aufstieg in den höheren Forstdienst ermöglichen
Auch an den Landratsämtern sollte die Möglichkeit zum Aufstieg in den höheren Forstdienst eröffnet werden. Dadurch könnte ein Beitrag geleistet werden, den Führungskräftenachwuchs in den Landratsämtern zu sichern.
3.8 Vertretung des höheren vermessungstechnischen Verwaltungsdienstes kreisübergreifend regeln
Das Ministerium sollte die Vertretung für den höheren vermessungstechnischen Verwaltungsdienst erforderlichenfalls kreisübergreifend organisieren.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz beabsichtigt, die A 15 und A 16-Dienstposten der Landesbediensteten bei den Landratsämtern einzeln zu bewerten bzw. neu zu bewerten. Inwieweit Umwandlungen erfolgen sollen, könne erst nach einer sachgerechten (Neu-) Bewertung beurteilt werden.
Das Ministerium macht geltend, damit das Führungskräfteentwicklungskonzept umgesetzt und die wachsenden Fachaufgaben bewältigt werden könnten, müsse hinreichend Fachpersonal des höheren Dienstes in den Landratsämtern eingesetzt werden. Der Faktenfindungsprozess habe einen Mehrbedarf von Landespersonal des höheren Dienstes im Bereich Landwirtschaft von 29,74 Vollzeitäquivalenten ergeben. Den vom Rechnungshof vorgenommenen Vergleich der Landesstrukturen mit den kommunalen Strukturen erachtet das Ministerium als unzutreffend.
Zum Veterinärwesen teilt das Ministerium mit, in zahlreichen Aufgaben würden Veterinärhygienekontrolleure unter Aufsicht eines Tierarztes eingesetzt. Das nichtärztliche Fachpersonal im Veterinärwesen werde inzwischen stetig weiter qualifiziert.
Der Empfehlung, den Aufstieg für den gehobenen technischen Forstdienst in den höheren Forstdienst auf Ebene der Landratsämter zu ermöglichen, steht das Ministerium positiv gegenüber. In der anstehenden Forstreform sollen die rechtlichen Regelungen dafür geschaffen werden.
Wie die Vertretung des höheren vermessungstechnischen Verwaltungsdienstes kreisübergreifend umgesetzt werden könne, werde bereits intern geprüft.
5 Schlussbemerkung
Divergierende Auffassungen zwischen Rechnungshof und Ministerium bestehen im Wesentlichen im Bereich Landwirtschaft. Während der Rechnungshof die Landratsämter in ihrer Gesamtheit betrachtet, stellt das Ministerium seine ressortspezifische Perspektive in den Mittelpunkt der Betrachtung. Der Rechnungshof bleibt bei seiner Auffassung, dass über Ressortgrenzen hinweg vergleichbare Aufgaben mit vergleichbar qualifiziertem Personal wahrgenommen werden sollen. Die beabsichtigte Einzelbewertung der A 15- und A 16-Stellen wird dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Die Altersabgänge der nächsten zehn Jahre bieten die Gelegenheit, dies Schritt für Schritt zu erreichen.
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Einzelplan 12: Allgemeine Finanzverwaltung
Die Arbeitsqualität der Finanzämter bei der Begünstigung von nicht entnommenen Gewinnen ist nicht zufriedenstellend. Mehr als ein Drittel der untersuchten Fälle waren fehlerhaft. Die Fehler hatten meist eine finanziell bedeutende Auswirkung. Um die Arbeitsqualität zu verbessern, sollten solche Fälle in den Finanzämtern zentral bearbeitet, die zuständigen Bediensteten geschult und die IT-Unterstützung optimiert werden.
1 Ausgangslage
Die Begünstigung der nicht entnommenen Gewinne nach § 34a Einkommensteuergesetz (Gewinnbegünstigung) wurde durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 eingeführt. Dadurch besteht die Möglichkeit, im Unternehmen belassene Gewinne von Einzelunternehmern und Mitunternehmern einer Personengesellschaft in ähnlicher Weise wie das Einkommen von Kapitalgesellschaften zu besteuern.
Der für die Begünstigung maßgebende nicht entnommene Gewinn ermittelt sich aus dem Steuerbilanzgewinn vermindert um den positiven Saldo der Entnahmen und Einlagen des Wirtschaftsjahres. Er kann auf Antrag mit einem besonderen Steuersatz von 28,25 Prozent begünstigt werden.
Die Gewinnbegünstigung ist nicht endgültig. Werden die mit dem besonderen Steuersatz begünstigten Gewinne in einem späteren Jahr entnommen, ist eine Nachversteuerung mit 25 Prozent durchzuführen. Spätestens die Betriebsveräußerung oder -aufgabe führt zu einer vollständigen Nachversteuerung. Um die vorgesehene Nachversteuerung in späteren Jahren zutreffend durchführen zu können, ist im Anschluss an die begünstigte Besteuerung der nachversteuerungspflichtige Betrag jährlich gesondert festzustellen und in den Folgejahren fortzuschreiben.
Die Gewinnbegünstigung wird von dem für die Einkommensteuerfestsetzung zuständigen Wohnsitzfinanzamt gewährt. Sollen Gewinne von Mitunternehmern einer Personengesellschaft begünstigt werden, benötigt das Wohnsitzfinanzamt zusätzliche Angaben. Diese werden von dem für die Personengesellschaft zuständigen Betriebsfinanzamt in einem Grundlagenbescheid gesondert festgestellt und übermittelt. An die mitgeteilten Werte ist das Wohnsitzfinanzamt gebunden.
Bei den turnusmäßigen Prüfungen der Finanzämter stellten der Rechnungshof und die staatlichen Rechnungsprüfungsämter immer wieder Fehler bei der Gewinnbegünstigung, dem hierzu erforderlichen Feststellungsverfahren oder einer später notwendigen Nachversteuerung fest. Dieser Themenbereich wurde deshalb 2018 landesweit untersucht.
Dazu wurden bei acht Finanzämtern insgesamt 244 Einkommensteuerfälle risikoorientiert ausgewählt und geprüft, bei denen Gewinne nach § 34a Einkommensteuergesetz begünstigt besteuert wurden.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Beanstandungsquote und finanzielles Ergebnis
Von den 244 geprüften Einkommensteuerfällen wurden 90 Fälle beanstandet. Das entspricht einer Fehlerquote von 37 Prozent. Hierbei wurden insgesamt 148 fehlerhafte Sachverhalte festgestellt. In den beanstandeten Fällen wurden die Steuern per saldo um 3,5 Mio. Euro zu niedrig festgesetzt. Zudem hatten die Finanzämter die nachversteuerungspflichtigen Beträge vielfach nicht oder aber fehlerhaft fortgeschrieben. Dies hätte in künftigen Jahren zu Steuerausfällen von mindestens weiteren 4,1 Mio. Euro geführt.
2.2 Fehlerschwerpunkte
2.2.1 Unzutreffende Gewinnbegünstigung und Nachversteuerung
Rund die Hälfte der Beanstandungen betreffen Fehler bei der Ermittlung des für die Begünstigung maßgeblichen Gewinns.
- Hauptfehlerursache war, dass die Finanzämter als Ausgangsgröße anstelle des Steuerbilanzgewinns den steuerpflichtigen Gewinn berücksichtigten. Letzterer ist in der Regel höher, weil u. a. nicht abzugsfähige Betriebsausgaben - insbesondere die Gewerbesteuer - dem Steuerbilanzgewinn hinzugerechnet werden. Wird der steuerpflichtige Gewinn angesetzt, werden somit nicht abzugsfähige Betriebsausgaben unzulässigerweise mitbegünstigt.
- Weitere Fehler betrafen Entnahmen und Einlagen, die nicht oder unzutreffend berücksichtigt wurden.
Ein weiteres Drittel der Beanstandungen entfällt auf Fehler bei der Nachversteuerung von zuvor begünstigten Gewinnen. Eine solche Nachversteuerung ist insbesondere vorzunehmen, wenn die Entnahmen die Einlagen und den Steuerbilanzgewinn eines Wirtschaftsjahres übersteigen. Nahezu alle Fehler betrafen unzutreffende Wertansätze beim Steuerbilanzgewinn oder den Entnahmen und Einlagen.
Insgesamt drei Viertel der bei der Gewinnbegünstigung und Nachversteuerung beanstandeten Sachverhalte beruhen darauf, dass die Finanzämter Grundlagenbescheide unzutreffend ausgewertet hatten, oder dass die in den bindenden Grundlagenbescheiden mitgeteilten Besteuerungsgrundlagen unvollständig oder fehlerhaft waren. Auf die generelle Problematik bei der Auswertung von Grundlagenbescheiden hat der Rechnungshof bereits in der Denkschrift 2014, Beitrag Nr. 18 und in der Denkschrift 2018, Beitrag Nr. 13 hingewiesen.
2.2.2 Fehlerhafte Feststellung und Fortschreibung des nachversteuerungspflichtigen Betrages
Fast ein Fünftel der Beanstandungen entfällt auf die fehlerhafte Feststellung und Fortschreibung des nachversteuerungspflichtigen Betrags. So hatten die Finanzämter insbesondere bei Fällen mit einem Steuernummernwechsel oder bei unentgeltlich übertragenen Unternehmensanteilen die bisher festgestellten Beträge nicht fortgeführt. Solche Fehler haben zur Folge, dass die in einem späteren Jahr erforderliche Nachversteuerung nicht gewährleistet ist und Steuerausfälle drohen.
2.3 IT-Unterstützung
Bei bestimmten Risikosachverhalten generieren die IT-Verfahren Hinweise für die Bearbeiter, um diese auf mögliche Fehlerrisiken aufmerksam zu machen. So wird z. B. im Feststellungsverfahren für Grundlagenbescheide ein Hinweis ausgegeben, wenn der für Zwecke des § 34a Einkommensteuergesetz anzusetzende Gewinn dem steuerpflichtigen Gewinn entspricht.
Hingegen werden im IT-Verfahren zur Festsetzung der Einkommensteuer bisher keine konkreten Hinweise generiert, wenn
- der erklärte Steuerbilanzgewinn der Höhe nach dem steuerpflichtigen Gewinn entspricht,
- der Steuerbilanzgewinn, die Entnahmen oder die Einlagen nicht mit den Daten der elektronisch übermittelten Bilanz übereinstimmen oder
- bei einem Steuernummernwechsel ein zuvor - unter der früheren Steuernummer - festgestellter nachversteuerungspflichtiger Betrag nicht auf die neue Steuernummer übernommen wurde.
2.4 Maßnahmen der Oberfinanzdirektion Karlsruhe
Die Oberfinanzdirektion Karlsruhe schulte die Bediensteten der Veranlagungsstellen zur Gewinnbegünstigung zuletzt in 2009. Weitere flächen¬deckende Fortbildungsmaßnahmen zu diesem Themenbereich führte sie nicht durch. Eine entsprechende Schulung fand in der Folgezeit lediglich für neu eingesetzte Sachbearbeiter statt.
2.5 Landesweite Bedeutung der Ergebnisse
Die Prüfung hat gezeigt, dass die Gewinnbegünstigung weit überwiegend Fälle mit einem sehr hohen Einkommensteuersatz betrifft. Fehler in diesem Bereich sind daher meist finanziell bedeutend. Landesweit waren 3.269 Einkommensteuerfälle mit gespeicherten Besteuerungsgrundlagen zur Gewinnbegünstigung vorhanden.
Da die Prüffälle risikoorientiert ausgewählt wurden, können die Prüfungsergebnisse zwar nicht landesweit hochgerechnet werden. Die Feststellungen bei den acht untersuchten Finanzämtern lassen gleichwohl auf ein erhebliches landesweites Fehlervolumen in diesem Bereich schließen.
2.6 Bewertung
Die Qualitätsdefizite bei der Bearbeitung von Fällen mit Gewinnbegünstigung dürften u. a. darauf zurückzuführen sein, dass die Steuerverwaltung zu dieser Thematik seit nunmehr nahezu zehn Jahren keine flächendeckenden Fortbildungsmaßnahmen durchgeführt hat.
In den einzelnen Arbeitsgebieten der Finanzämter ist die Anzahl der Fälle mit Gewinnbegünstigung sehr gering. Das spricht dafür, die Bearbeitung dieser Sachverhalte in den einzelnen Finanzämtern auf wenige Spezialisten zu übertragen. Eine solche Zentralisierung wird in der Steuerverwaltung z. B. bei Fällen mit Auslandssachverhalten durch die sogenannten Sachbearbeiter für internationales Steuerrecht sehr erfolgreich praktiziert. Dadurch ließe sich auch der festgestellte Schulungsbedarf auf wenige Bedienstete reduzieren.
Die festgestellten Fehlerschwerpunkte weisen außerdem auf Defizite bei der IT-Unterstützung hin, da zu keiner der risikobehafteten Fallkonstellationen bisher spezifische Hinweise generiert werden.
3 Empfehlungen
3.1 Bedienstete schulen
Der Rechnungshof empfiehlt, nach nunmehr zehn Jahren die mit der Bearbeitung der entsprechenden Fälle betrauten Bediensteten der Veranlagungsstellen zu dieser Thematik erneut gründlich zu schulen. Auch die Bediensteten der Sonderteilbezirke für Personengesellschaften und der Betriebsprüfung sollten in eine entsprechende Schulungsmaßnahme einbezogen werden.
3.2 Gewinnbegünstigung zentral bearbeiten
Um die Arbeitsqualität zu verbessern, sollte der Sachverhalt „Gewinnbegünstigung“ - wie Auslandssachverhalte auch - in jedem Finanzamt zentral durch wenige Spezialisten bearbeitet werden.
3.3 IT-Unterstützung optimieren
Der Rechnungshof empfiehlt, die aufgezeigten risikobehafteten Besteuerungsgrundlagen maschinell abzugleichen und bei erkanntem Risiko Hinweise für die Bearbeiter auszugeben. Entsprechende Hinweise sollten zudem hinsichtlich aller wesentlichen Fehlerrisiken bereits im Feststellungsverfahren für Grundlagenbescheide generiert werden.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Ministerium für Finanzen erhebt gegen die Feststellungen und Empfehlungen des Rechnungshofs keine Einwände.
Es teilt mit, auch aus seiner Sicht sei die Bearbeitungsqualität bei den vom Rechnungshof untersuchten Steuerfällen nicht zufriedenstellend. Daher werde die Oberfinanzdirektion noch im ersten Halbjahr 2019 umfangreiche Schulungsmaßnahmen bei den Finanzämtern durchführen. Anschließend werde die Oberfinanzdirektion prüfen, ob die entsprechenden Sachverhalte in den Finanzämtern künftig zentral bearbeitet werden.
Das Ministerium teilt zudem die Auffassung des Rechnungshofs, dass die IT-Unterstützung weiter verbessert werden müsse. Baden-Württemberg habe die vom Rechnungshof empfohlenen Verbesserungen auf Bundesebene inzwischen bereits erfolgreich initiiert.
5 Schlussbemerkung
Der Rechnungshof begrüßt die zur Verbesserung der Arbeitsqualität bereits umgesetzten Maßnahmen. Hinsichtlich der empfohlenen zentralen Bearbeitung der problematischen Sachverhalte in den Finanzämtern hält er an seiner Empfehlung fest. Dass seltene und zudem schwierige Sachverhalte besser von Spezialisten bearbeitet werden, ist nicht zuletzt durch die guten Erfahrungen der Steuerverwaltung mit dem Einsatz der Sachbearbeiter für internationales Steuerrecht belegt.
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Bei Planungswettbewerben des Landes traten regelmäßig erhebliche Kostensteigerungen bei Objekten mit hohem architektonischen Anspruch auf. Da die voraussichtlichen Kosten der Realisierung eines Entwurfs im Planungswettbewerb nicht hinreichend gewertet wurden, war die objektive Vergleichbarkeit der eingereichten Wettbewerbsentwürfe nicht gewährleistet. Durch die Vorgabe einer verbindlichen Kostenobergrenze hätte das Land Kostensteigerungen häufig vermeiden können.
1 Ausgangslage
Planungswettbewerbe dienen dazu, einen optimalen Entwurf für eine anschließend zu vergebende konkrete Planungsleistung zu finden. Das Land führt regelmäßig Planungswettbewerbe bei Objekten mit hohem architektonischen Anspruch, komplexer städtebaulicher Situation, besonderer Nutzung oder herausragender finanzieller Bedeutung durch.
Der Rechnungshof untersuchte alle 20 Planungswettbewerbe mit einem Projektvolumen von nahezu 1 Mrd. Euro, die zwischen 2007 und 2017 durchgeführt wurden.
Rechtliche Grundlage bilden die Richtlinie für Planungswettbewerbe und die Vergabeverordnung. Bei älteren Planungswettbewerben fanden noch die Grundsätze und Richtlinien für Wettbewerbe auf den Gebieten der Raumplanung, des Städtebaus und des Bauwesens sowie die Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen Anwendung. Der Planungswettbewerb endet mit einer Prämierung durch das Preisgericht und der unmittelbaren Information der Teilnehmer über das Ergebnis.
Im Anschluss an den Planungswettbewerb findet mit allen Preisträgern ein Verhandlungsverfahren nach der Vergabeverordnung statt. In diesem wählt der Auftraggeber einen der Preisträger aus, sofern er sich nicht bereits in der Auslobung auf die Beauftragung des ersten Preises festgelegt hat, und erteilt den Zuschlag auf Basis zuvor veröffentlichter Zuschlagskriterien. Nach § 8 Absatz 2 der Richtlinie für Planungswettbewerbe wird „in der Regel der Gewinner“ mit den weiteren Planungsleistungen beauftragt, sofern kein wichtiger Grund entgegensteht.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Entwicklung des Auslobungstextes
Der Auslober entwirft den Auslobungstext und bestimmt die Preisrichter des Planungswettbewerbs. In der Vorbereitung und Durchführung des Planungswettbewerbs wirkt das Preisgericht als unabhängiger Berater des Auslobers mit. Für den Auslobungstext sowie den Zuschlag bleibt das Land als Auslober verantwortlich.
Der Rechnungshof stellte fest, dass das Land seine Steuerungsfunktion nicht ausreichend wahrnahm. Das Land akzeptierte häufig, dass in Preisrichtervorbesprechungen Formulierungen der Beurteilungskriterien und Vorgaben zu Kostenobergrenzen und Wirtschaftlichkeit verändert wurden. Es verzichtete damit auf eine ausreichende Gewichtung der Wirtschaftlichkeit, der energetischen Nachhaltigkeit und der Lebenszykluskosten bei der Beurteilung der Entwürfe.
2.2 Verbindliche Kostenvorgaben in der Auslobung
Eine verbindliche Kostenvorgabe dient der Kostensicherheit sowie der objektiven Vergleichbarkeit der Wettbewerbsarbeiten. Die Einhaltung der Kostenvorgabe kann durch eine Kostenschätzung nach DIN 276 belegt werden.
Das Land machte in fünf von 20 Planungswettbewerben keinen Gebrauch von dieser Steuerungsmöglichkeit. In diesen Auslobungen waren weder für Gesamtbaukosten noch für Bauwerkskosten (ohne vorbereitende Maßnahmen, Außenanlagen und Baunebenkosten) verbindliche Kostenobergrenzen vorgegeben. Durch uneinheitliche und unpräzise Begrifflichkeiten zur Kostenobergrenze konnten die Wettbewerbsteilnehmer diese als unverbindlich ansehen.
Die Mehrheit der Wettbewerbsarbeiten hielt Kostenvorgaben nicht ein, sogar dann nicht, wenn verbindliche Kostenobergrenzen genannt waren. In keinem Fall führte eine Überschreitung der Kostenobergrenze dazu, dass die betreffende Arbeit von der Beurteilung ausgeschlossen wurde.
Bei drei der fünf genannten Baumaßnahmen ohne verbindliche Kostenvorgabe zeichneten sich bereits vor Beginn der Baumaßnahme erhebliche Mehrkosten ab.
Bei der John-Cranko-Schule in Stuttgart betrug der vom Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg mit der kofinanzierenden Stadt Stuttgart abgestimmte Kostenrahmen zum Beginn des Wettbewerbs 25 Mio. Euro. In der Preisgerichtssitzung wurden für die Wettbewerbsarbeit des ersten Preisträgers Gesamtbaukosten von 35 Mio. Euro als realistisch angenommen. Der Entwurf mit einer Magistrale zur inneren Erschließung entlang des gesamten Gebäudes hatte eine Höhendifferenz von mehr als 20 Meter. Außerdem überstieg der prämierte Entwurf den vorab geschätzten Bruttorauminhalt von 46.000 m³ um 4.000 m³. In der Weiterentwicklung des Entwurfs stieg er sogar auf 62.000 m³.
Der Rechnungshof schrieb dem Finanzminister im Juni 2013 aufgrund seiner damaligen Erkenntnisse, dass bei dem Projekt ein „Anstieg der Gesamtbaukosten von 25 auf 50 Mio. Euro“ zu erwarten sei. Im Nachtrag zum Staatshaushaltsplan 2013/2014 wurde die Maßnahme mit 47 Mio. Euro etatisiert und ohne maßgebliche Änderungen weitergeplant. Die Baumaßnahme soll 2019 übergeben werden. Die aktuelle Kostenprognose beträgt 53 Mio. Euro.
2.3 Kostenschätzung als unabdingbare Wettbewerbsleistung
Die Richtlinie für Planungswettbewerbe beschreibt eine Kostenschätzung nach DIN 276 als regelmäßige Wettbewerbsleistung. Die DIN 276 ist eine Norm zur Ermittlung, Gliederung und Planung von Baukosten. Lediglich in drei Planungswettbewerben forderte das Land als Auslober von den Wettbewerbsteilnehmern eine Kostenschätzung nach DIN 276 zum Nachweis, dass ihr Entwurf die Kostenobergrenze der Wettbewerbsauslobung einhalten werde. In allen anderen Fällen war dieser Nachweis, den der Rechnungshof für eine unentbehrliche Wettbewerbsleistung zur Erhöhung der Kostensicherheit erachtet, nicht gefordert.
2.4 Beurteilungskriterien im Planungswettbewerb
Die Preisgerichte müssen die Wettbewerbsarbeiten nach den in der Auslobung genannten Beurteilungskriterien bewerten.
Der Rechnungshof stellte fest, dass den Preisgerichten bei allen Planungswettbewerben mit den Vorprüfungsberichten fundierte Angaben zur Flächen- bzw. Kostenwirtschaftlichkeit zur Verfügung standen, diese aber nicht angemessen in die Gesamtbeurteilung einflossen.
Die Preisgerichte setzten in der Beurteilung der Wettbewerbsarbeiten eine starke Priorisierung auf die städtebauliche und architektonische Konzeption. Die Gesamtwirtschaftlichkeit und die Einhaltung des Kostenrahmens rückten in den Hintergrund. Die Preisgerichte haben stets alle Arbeiten zugelassen, obwohl die Kostenobergrenze teils deutlich überschritten wurde. Es wurden selbst Wettbewerbsarbeiten zugelassen, die geforderte Kostenschätzungen gar nicht enthielten.
Beim Neubau des Besucher- und Informationszentrums für den Nationalpark Schwarzwald war in der Bekanntmachung eine Kostenobergrenze von 20,5 Mio. Euro vorgegeben. Das Preisgericht prämierte im Juli 2014 einen Entwurf, der durch eine aufwendige Gebäudetypologie und einen Skywalk mit Aussichtsturm auffällt. Dabei sollen übereinandergestapelte Baukörper eine Assoziation zu Baumstämmen herstellen.
Der Entwurf weist ein ungünstiges Verhältnis der Hüllflächen zum Volumen auf. Er sieht weitgehend Holzfassaden vor, teilweise aus Überseeholz. Die Verwendung von Holz beim Tragwerk und insbesondere der Einsatz von Holz ohne Witterungsschutz bei Fassaden und Skywalk führt zu deutlich erhöhten Lebenszykluskosten. Die Konstruktion muss voraussichtlich bereits nach 15 bis 20 Jahren saniert werden. Die Maßnahme soll 2020 übergeben werden. Im Nachtragshaushalt 2018/2019 wurden inzwischen 36 Mio. Euro für den Neubau veranschlagt.
2.5 Zuschlagkriterien im Verhandlungsverfahren
Zur Vergabe der weiteren Planungsleistungen schließt sich nach dem Wettbewerbsverfahren ein Verhandlungsverfahren nach der Vergabeverordnung mit allen Preisträgern an. Ziel ist es, das geeignetste Planungsbüro anhand von Zuschlagskriterien zu finden. Wesentliches Zuschlagskriterium ist die Qualität der Planung, die sich an gestalterischen, funktionalen, konstruktiven, ökologischen und ökonomischen Aspekten bemisst. Als weitere Zuschlagskriterien dienen die Projektumsetzung mit Unterkriterien wie Projektorganisation, Projektteam, Präsenz vor Ort usw. sowie die Honorarparameter.
Der Rechnungshof stellte fest, dass aufgrund der Ausgestaltung der Zuschlagskriterien immer der erste Preisträger des Wettbewerbs mit den weiteren Planungsleistungen beauftragt wurde. Das Land gewichtete das Ergebnis des Planungswettbewerbs durchgängig mit mindestens 50 Prozent. Die Gesamtwirtschaftlichkeit war nur in 2 von 20 Verfahren überhaupt und dort mit 5 bzw. 20 Prozent nachrangig gewichtet.
Mit der starken Gewichtung des Ergebnisses aus dem Planungswettbewerb waren die Platzierungen bzw. das Ergebnis des Verhandlungsverfahrens de facto vorbestimmt. Die Verhandlungsverfahren waren somit weitestgehend reine Formsache.
2.6 Dauer der Wettbewerbsverfahren
Die Verfahrensdauer von der Bekanntmachung des Planungswettbewerbs bis zur Preisgerichtsentscheidung betrug im Mittel 220 Tage. Die daran anschließende Verfahrensdauer von der Preisgerichtsentscheidung bis zum Vertragsschluss mit dem Planungsbüro betrug im Mittel 250 Tage. Der Rechnungshof stellte fest, dass sich die Ausgestaltung der Vertragsinhalte oft schwierig und langwierig gestaltete. In der Gewissheit einer bevorstehenden Beauftragung und einer daraus resultierenden starken Verhandlungsposition des Wettbewerbssiegers führten differierende Vorstellungen der beteiligten Parteien, u. a. zum Honorar, zu Verzögerungen. Zudem waren die Planungsbüros meist nicht bereit, zur Kosteneinhaltung notwendige Planungsänderungen vorzunehmen.
3 Empfehlungen
3.1 Steuerungsfunktion stärker wahrnehmen
Das Land als Auslober bestimmt die Preisrichter und Beurteilungskriterien des Planungswettbewerbs. Als Herr des Verfahrens muss es stringenter überwachen, dass verbindliche Kostenvorgaben eingehalten werden.
3.2 Kostenrahmen objektiv ermitteln und daraus eine verbindliche Kostenobergrenze ableiten
Wettbewerbe sollen erst ausgelobt werden, wenn der Kostenrahmen nach DIN 276 des Projekts hinreichend genau ermittelt wurde. Diese zentrale Bauherrenaufgabe sollte nicht delegiert werden. Auf der Grundlage des Raumprogramms sollten die Programmkosten ermittelt und unter Berücksichtigung standortrelevanter Parameter eine verbindliche Kostenobergrenze zumindest für Bauwerkskosten abgeleitet werden. Entwürfe, die verbindliche Kostenobergrenzen überschreiten, sollten ausgeschlossen werden.
3.3 Kostenschätzung der Wettbewerbsteilnehmer einfordern
Das Land als Auslober sollte von den Wettbewerbsteilnehmern immer eine Kostenschätzung nach DIN 276 zum Nachweis der Einhaltung der Kostenobergrenze einfordern.
3.4 Wirtschaftlichkeit stärker berücksichtigen
Die Preisgerichte besitzen mit den Berichten der Vorprüfung die Kennzahlen zur Wirtschaftlichkeit (u. a. Lebenszykluskosten, A/V-Verhältnis) der Wettbewerbsarbeiten. Das Land sollte sicherstellen, dass die Preisgerichte diese Kennzahlen bei der Beurteilung der Wettbewerbsarbeiten stärker als bisher berücksichtigen.
3.5 Vertragsverhandlungen beschleunigen
Das Land sollte zügiger einen schriftlichen Vertrag mit dem Planungsbüro schließen, um die Vertragsleistungen und Vertragspflichten vor Beginn der weiteren Planungsleistungen festzuschreiben.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Finanzministerium sieht den Planungswettbewerb als geeignetes Instrument zur Förderung der Baukultur. Es führt aus, dass es Auftrag und Ziel des Landes sei, für eine Baumaßnahme die beste Lösung unter funktionalen, gestalterischen und finanziellen Gesichtspunkten zu finden.
Das Ministerium werde darauf hinwirken, bindende Vorgaben zum Kostenrahmen und zur Wirtschaftlichkeit stärker zu berücksichtigen. Es stimme mit dem Rechnungshof auch darin überein, einen Wettbewerb erst auszuloben, wenn die Kosten auf Grundlage der Bedarfsplanung ermittelt wurden. Der Kostenrahmen für die Bauwerkskosten sei von den Teilnehmern am Wettbewerb zu beachten. Das Ministerium sehe keine Möglichkeit, Wettbewerbsentwürfe auszuschließen, die das „vorgegebene Kostenlimit“ überschreiten. Es greife die Anregung des Rechnungshofs auf, von allen Teilnehmern am Wettbewerb eine Kostenschätzung nach DIN 276 einzufordern. Das Ministerium werde alle relevanten Parameter künftig so aufbereiten, dass die Preisrichter eine angemessene Wettbewerbsentscheidung treffen könnten. Allerdings seien hierbei auch bauästhetische Aspekte zu berücksichtigen. Es strebe an, wie vom Rechnungshof empfohlen, den Vertrag mit dem Planer zügiger zu schließen.
5 Schlussbemerkung
Der Rechnungshof stellt nicht in Abrede, dass die Förderung der Baukultur und bauästhetische Aspekte bei Planungswettbewerben eine wichtige Rolle spielen. Gleichwohl sieht er die Möglichkeit und Notwendigkeit, Wettbewerbsarbeiten, die verbindliche Kostenvorgaben überschreiten, von der Beurteilung auszuschließen. Der Rechnungshof ist nach wie vor der Auffassung, dass die Gesamtwirtschaftlichkeit mit den Lebenszykluskosten bei der Beurteilung der Wettbewerbsarbeiten stärker berücksichtigt werden muss.
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Die staatlichen Museen haben teilweise höchste raumklimatische Ansprüche. Die meisten Gebäude sind denkmalgeschützt, die technischen Anlagen veraltet und die Energieeffizienz ist gering. Da die Betreiber der Museen die Gebäude größtenteils nicht selbst bewirtschaften, besteht kein finanzieller Anreiz, den technischen Betrieb zu optimieren. Sie hatten zumeist keinen Beauftragten für den Gebäudebetrieb benannt.
1 Ausgangslage
Der Rechnungshof untersuchte das technische Gebäudemanagement bei elf Museen, jeweils ohne Zweigmuseen, Nebengebäude und Magazine. Die Prüfung umfasste eine Nutzfläche von 130.000 m².
Die Einrichtungen wendeten jährlich 4,6 Mio. Euro für Strom, Wärme und Wartung auf. Nur das Badische Landesmuseum und das Technoseum bewirtschaften ihre Gebäude selbst. Die Mehrheit der Gebäude wird vom Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg bewirtschaftet, der bei allen Gebäuden auch für Baumaßnahmen zuständig ist.
Die Verwaltungsvorschrift zum Betrieb energieverbrauchender Anlagen in von Landesbehörden und Landeseinrichtungen genutzten Gebäuden enthält Regelungen für:
- das wirtschaftliche Betreiben von energieverbrauchenden Anlagen,
- die Betriebssicherheit und
- den Umweltschutz.
Um den ordnungsgemäßen und energieeffizienten Betrieb sicherzustellen, haben die Einrichtungen Beauftragte für den Gebäudebetrieb und das Energiemanagement zu benennen.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Raumklimatische Anforderungen, Verbräuche und Kosten
Zum Schutz der Exponate werden hohe Ansprüche an die raumklimatischen Verhältnisse gestellt. Insbesondere bei geliehenen Exponaten muss die Einhaltung von Temperatur und relativer Luftfeuchte dokumentiert werden. Kurzzeitige Abweichungen von mehr als ± 2°C bzw. ± 5 Prozent sind dabei bereits kritisch. Klimaanlagen dürfen daher nicht ausfallen und werden mit Notstrom gesichert.
Die raumlufttechnischen Anlagen laufen bei der Hälfte der Einrichtungen ganztägig im Volllastbetrieb. Die höchsten Anforderungen an das Raumklima bestehen bei der Staatsgalerie in Stuttgart und den Kunsthallen in Karlsruhe und Baden-Baden. Die Gebäude sind voll klimatisiert.
Die Kosten der Energieverbräuche betrugen je Jahr und Gebäude zwischen 0,1 und 1,1 Mio. Euro.
Den höchsten Verbrauchskennwert für Strom und Wärme hatten die Staatliche Kunsthalle in Baden-Baden und die Staatsgalerie Stuttgart mit 790 bzw. 490 kWh/m². Der durchschnittliche Verbrauchskennwert lag bei 280 kWh/m².
2013 hatte der Rechnungshof bei 194 Landesgebäuden einen durchschnittlichen Verbrauchskennwert von 240 kWh/m² ermittelt (siehe Denkschrift 2013, Beitrag Nr. 15). Die sehr hohen spezifischen Verbrauchskennwerte der Museen sind einerseits auf die hohen raumklimatischen Anforderungen zurückzuführen, lassen aber auch auf nicht optimierte Anlagen und ein mangelhaftes Energiemangement sowie wenig gedämmte und undichte Gebäudehüllen rückschließen. Ein Instrument des Energiemanagements wären Energieausweise. Da die meisten Gebäude dem Denkmalschutz unterliegen, besteht jedoch keine Verpflichtung, Energieausweise zu erstellen. Folglich fehlen dem Nutzer die entsprechenden Kennzahlen. Für die meisten Museen ist es deshalb schwierig, ihren eigenen Verbrauch anhand vergleichbarer Gebäude zu bewerten.
2.2 Handlungsbedarf
Bei der Priorisierung des Handlungsbedarfs in Form von Instandsetzungen oder technischen Modernisierungen der Museen sind folgende Parameter zu berücksichtigen:
- Größe der Nutzfläche,
- mittlere spezifische Verbrauchs- oder Kostenkennwerte und
- voraussichtliche Restnutzungsdauer.
Der Rechnungshof hat die geprüften Gebäude mit unterschiedlichen raumlufttechnischen Ansprüchen untersucht. Die mittleren spezifischen Kosten von 2013 bis 2016 sind nachfolgend dargestellt.
Der größte Handlungsbedarf besteht bei der Staatsgalerie Stuttgart und der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden. Diese weisen jährliche Betriebskosten von 65 bzw. 125 Euro je Quadratmeter Nutzfläche auf. Der Rechnungshof hat die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, die ebenfalls in energetisch nicht optimierten, denkmalgeschützten Gebäuden untergebracht ist und Exponate mit vergleichbaren klimatischen Anforderungen ausstellt, als Vergleichsmaßstab herangezogen. Hieraus lässt sich ableiten, dass sich die Betriebskosten der Staatsgalerie und der Staatlichen Kunsthalle in Baden-Baden durch betriebliche oder technische Optimierungen zusammen um mehr als 0,4 Mio. Euro je Jahr reduzieren ließen.
Die einzigen Gebäude, bei denen der Denkmalschutz keine Rolle spielt, sind das Technoseum in Mannheim von 1989, das Haus der Geschichte Baden-Württemberg von 2002 sowie das Staatliche Museum für Naturkunde in Stuttgart (Löwentormuseum) von 1985. Bei diesen Einrichtungen sollte langfristig eine Optimierung der Gebäudehülle angestrebt werden.
Beim Technoseum ließen sich die Verbrauchskosten für Strom reduzieren, wenn dieser - wie für die anderen geprüften Museen - über die Landesstromausschreibung bezogen würde. Das Haus der Geschichte hat einen gleich hohen raumklimatischen Anspruch wie die Kunsthallen (maximale Schwankung ± 2°C bzw. ± 5 Prozent Luftfeuchtigkeit). Dies führt auch im Sommer zu Heizkosten, da die Zuluft zunächst durch Abkühlung entfeuchtet werden muss, um anschließend wieder erwärmt zu werden. Dieser hohe raumklimatische Anspruch ist im Vergleich mit den Kunsthallen Karlsruhe und Baden-Baden sowie der Staatsgalerie Stuttgart aufgrund der geringeren Anzahl klimaempfindlicher Exponate nicht nachvollziehbar. Hier sollte geprüft werden, ob durch den Einsatz klimatisierter Vitrinen für einzelne Exponate Einsparungen erzielt werden können.
2.3 Sanierungsstau bei betriebstechnischen Anlagen
Die Staatsgalerie Stuttgart ist in Gebäuden von 1887, 1984 und einem Erweiterungsbau von 2002 untergebracht. Insbesondere im Altbau sind die betriebstechnischen Anlagen veraltet und sanierungsbedürftig.
Im Dachgeschoss befinden sich Heizungs- und Kälteverteiler, die so undicht sind, dass eine Auffangwanne installiert wurde, um Leckagen aufzufangen. Die Ventilatoren der raumlufttechnischen Anlagen sind korrodiert und beeinträchtigen die Lufthygiene sowie den Schutz der Exponate.
Beim Linden-Museum in Stuttgart besteht ein großer Sanierungs- und Instandsetzungsbedarf. Über einen Neubau für das Linden-Museum an einem anderen Standort wird bereits seit Längerem diskutiert. Die Exponate der ethnologischen Sammlung haben besondere klimatische Anforderungen. Eine grundlegende Sanierung des Gebäudes von 1910 fand bislang nicht statt. Die raumlufttechnischen Anlagen von 1984 sind größtenteils abgängig. Größere Investitionen wurden nach Auskunft des Bauamts in Hinblick auf die ungeklärte Standortfrage allerdings bislang zurückgestellt.
Bis 2014 war ein Unternehmen mit einem Energieeinspar-Contracting beauftragt. Das Unternehmen hatte lediglich neue Ventilatoren in die raumlufttechnische Anlage eingebaut und gleichzeitig die Luftwechselrate um 30 Prozent reduziert. Weil sich die Reduzierung nicht bewährt hatte, erhöhte das Museum die Luftwechselrate wieder nach Ablauf des Energieeinspar-Contractings. Dadurch stieg der Stromverbrauch ab 2015 wieder deutlich an.
2.4 Beauftragte für Gebäudebetrieb und Energiemanagement
Acht der elf Museen hatten entgegen den Regelungen der Verwaltungsvorschrift keinen Beauftragten für den Gebäudebetrieb und das Energiemanagement benannt. In diesen Fällen wurden die Wartungs- und Prüfungstermine der technischen Anlagen nur lückenhaft überwacht. In der Folge blieb z. B. unbemerkt, dass Notstrom-Anlagen nicht gewartet wurden.
Die meisten Museen hatten entgegen der Verwaltungsvorschrift kein effektives Energiemanagement eingeführt. Drei Museen hatten hingegen durch ein modernes Energiemanagement den Verbrauch verringern können.
Ohne qualifiziertes Personal ist eine betriebliche Optimierung nicht möglich. Daher misst der Rechnungshof den Beauftragten für den Gebäudebetrieb einen hohen Stellenwert bei. Im Nachgang zur Prüfung sagten alle Museen zu, die Beauftragten für den Gebäudebetrieb zu benennen und entsprechend fortbilden zu lassen.
3 Empfehlungen
3.1 Technischen Betrieb optimieren
Die Museen sollten vom Finanzministerium und vom Wissenschaftsministerium angehalten werden, die Beauftragten für den Gebäudebetrieb fortzubilden, um den Anlagenbetrieb optimieren zu können und Wartungen zu überwachen. Dazu gehört auch, im Einzelfall eine Reduzierung der raumklimatischen Anforderungen zu prüfen.
3.2 Technik modernisieren und neue Konzepte entwickeln
Innerhalb der nächsten Jahre steht ein Großteil der technischen Anlagen zur Modernisierung und Instandsetzung an. Dabei sollte die Energieeffizienz insbesondere bei Wärmerückgewinnungsanlagen und Ventilatoren erheblich verbessert werden. Anstelle der Klimatisierung ganzer Ausstellungsräume sollten alternative Konzepte zum Schutz der Exponate untersucht werden (z. B. klimatisierte Vitrinen).
3.3 Standortfrage des Linden-Museum klären
Im Hinblick auf den bestehenden Sanierungsbedarf sollte die Landesregierung gemeinsam mit der Landeshauptstadt Stuttgart klären, ob das Gebäude am Hegelplatz instandgesetzt oder das Linden-Museum zukünftig an einem neuen Standort untergebracht werden soll.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Bei der mit dem Wissenschaftsministerium abgestimmten Stellungnahme schließt sich das Finanzministerium den Empfehlungen des Rechnungshofs vollumfänglich an. So hätten die Museen erforderliche organisatorische Maßnahmen bereits eingeleitet. Eine Senkung der Energiekosten sei jedoch nur unter Beibehaltung konservatorisch ausreichender Raumklimata möglich. Konkrete Planungen für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen seien bereits für mehrere Standorte angelaufen. Die vom Rechnungshof aufgezeigten Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz seien Bestandteil der Planung. Für das Linden-Museum werde in Abstimmung mit der Stadt und dem Verwaltungsrat ein Neubau geplant.
Zu den Feststellungen merkt das Finanzministerium an, dass unabhängig von den Energieausweisen allen Museen energetische Kennwerte aufgrund der Nutzerinformationen aus dem internen Rechnungswesen vorlägen. Die vom Rechnungshof ermittelten Einsparungen könnten aufgrund anderer Flächenansätze nicht bestätigt werden.
5 Schlussbemerkung
Der Rechnungshof begrüßt die bereits eingeleiteten Maßnahmen. Er bleibt bei seiner Feststellung, dass Energieausweise bewährte Mittel für die vergleichende Bewertung des Energieverbrauchs sind. Die Nutzerinformationen aus dem internen Rechnungswesen wurden insbesondere in Stuttgart erst aufgrund der Prüfung erstellt. Der Rechnungshof hat in seinen Flächenansätzen und Energiekosten lediglich die Hauptausstellungsgebäude berücksichtigt. Die Berücksichtigung aller Nebengebäude mit Werkstätten oder Büros führt dagegen zu Kennwerten, die nicht vergleichbar sind.
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Der Betrieb einer Ausflugsfähre wie der Kollerfähre ist nicht Aufgabe des Landes. Der Betrieb der Fähre durch das Land sollte nach Ablauf der bestehenden Zusagen aufgegeben werden.
1 Ausgangslage
Das Land Baden-Württemberg ist Eigentümer der ungefähr 400 ha großen Halbinsel „Kollerinsel“, die im Zuge der Rheinbegradigung im 19. Jahrhundert durch Johann Gottfried Tulla entstanden ist. Die Kollerinsel gehört zur Gemarkung Brühl, liegt jedoch linksrheinisch. Sie steht unter Landschaftsschutz und in Teilen unter Naturschutz. Ihr kommt in der Region Heidelberg/Mannheim seit Langem eine wesentliche Bedeutung für den Hochwasserschutz, den Naturschutz und die Naherholung zu.
Im Zusammenhang mit der Hochwasserschutzkonzeption der Oberrheinanlieger stellte das Land Baden-Württemberg die Kollerinsel dem Land Rheinland-Pfalz für den Bau eines Retentionspolders zur Verfügung.
Mit dem Polderbau beschloss das Land Baden-Württemberg 1999 ein umfassendes Umnutzungskonzept für die Kollerinsel. Das Konzept ist nahezu vollständig umgesetzt worden. Unter anderem wurde ein Großteil der bisherigen Ackerflächen in Wiesen- und Weidenflächen umgewandelt. Auf einer hochwassersicheren Warft wurde ein Pferdehof mit Gastronomie errichtet (Staatsdomäne). Die zuvor auf der Insel verstreute Freizeitnutzung wurde in einem Naherholungsgebiet im Südwesten der Insel konzentriert. Hier befinden sich unter anderem ein Campingplatz, ein Parkplatz und ein Badestrand.
Die Kollerinsel ist ganzjährig von Rheinland-Pfalz aus über die Landesstraße L 535 zu erreichen. Ergänzend schließt die Kollerfähre bei Rheinkilometer 410 saisonal (Mitte März bis Ende Oktober) die Kollerinsel an den rechtsrheinischen Teil der baden-württembergischen Gemeinde Brühl an. Gleichzeitig verbindet sie die auf beiden Rheinseiten verlaufende baden-württembergische Landesstraße L 630.
Das Land ist sowohl Eigentümer als auch Betreiber der Kollerfähre. Das eingesetzte Fährschiff, eine freifahrende Motorfähre, wurde 1954 von der Rheinwerft Walsum gebaut und 1978 vom Land erworben. Das Fährpersonal wird im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung von einem privaten Schifffahrtsbetrieb gestellt.
Der Betrieb der Kollerfähre durch das Land ist historisch bedingt. Er geht auf einen großherzoglichen Erlass vom 5. August 1834 zurück, mit dem ein Fährbetrieb zwischen der Gemeinde Brühl und der damaligen großherzoglichen Domäne Kollerinsel eingerichtet wurde. Seit Bestehen des Landes Baden bzw. Baden-Württemberg wurde er ununterbrochen aufrechterhalten.
Für die Bewirtschaftung des größten Teils der Kollerinsel sowie für die Kollerfähre ist der Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg (Vermögen und Bau) zuständig.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Das Land erfüllte seine Verpflichtungen bei der Bewirtschaftung der Kollerinsel nur unzureichend
Das Land erzielt seine Einnahmen auf der Kollerinsel im Wesentlichen aus der Verpachtung der Staatsdomäne, des Geländes für den Campingplatz sowie von Wiesenflächen, nachdem der Kiesabbau 2011 eingestellt wurde. In den Jahren 2014 bis 2017 ergab sich ein Überschuss von insgesamt 160.000 Euro.
Der Überschuss hätte in diesem Zeitraum um etwa 40.000 Euro höher ausfallen können, wenn Vermögen und Bau es nicht versäumt hätte, von den Pächtern zu tragende Nebenkosten und Pachtzahlungen anzufordern.
2.2 Das Land hat keine rechtliche Verpflichtung zum Betrieb der Kollerfähre
Das Land beschäftigt sich seit Jahren mit der Frage, ob es verpflichtet ist, den Fährbetrieb fortzuführen und die Kosten dafür zu tragen.
Der Betrieb der Kollerfähre ist stark defizitär. Von 2013 bis 2017 summierte sich die allein vom Land zu tragende Unterdeckung auf 740.000 Euro. Die Einnahmen aus den Fahrscheinverkäufen stagnierten, zumal die Fahrpreise nahezu 20 Jahre unverändert geblieben waren.
Hinzu kommt, dass der Betrieb der Fähre saisonal auf Mitte März bis Ende Oktober begrenzt ist. An Montagen und Dienstagen fährt in der Regel keine Fähre. Der eigentliche Fährbetrieb findet in der Hauptsaison zwischen 10:00 und 19:30 Uhr statt.
Für die landwirtschaftliche Nutzung der Kollerinsel ist die Kollerfähre seit der Umsetzung des Umnutzungskonzepts nicht mehr notwendig. Das Land betreibt die Kollerfähre heute als reine Ausflugsfähre.
Die Gemeinde Brühl setzte sich immer wieder dafür ein, den Fährbetrieb durch das Land aufrechtzuerhalten. Sie verwies darauf, dass die Kollerfähre notwendig sei, um die überörtlich bedeutsamen Naherholungseinrichtungen auch von rechtsrheinischer Seite aus gut erreichen zu können.
Das Land erklärte sich gegenüber der Gemeinde Brühl zuletzt 2007 grundsätzlich bereit, den Fährbetrieb bis 2020 aufrechtzuerhalten und auf eine Beteiligung an den Kosten der Kollerfähre zu verzichten. Anlass waren geplante Investitionen der Gemeinde von rund 1,33 Mio. Euro in das Naherholungsgebiet auf der Kollerinsel. Obwohl die Gemeinde letztlich nur rund ein Drittel dieser Summe investierte, hielt das Land seine Zusage aufrecht.
Über einen weiteren Betrieb der Kollerfähre nach Ablauf der Zusage hat das Land bislang keine Entscheidung getroffen.
Vertragliche Verpflichtungen sind nicht erkennbar. Allein der großherzogliche Erlass von 1834 begründet keine rechtliche Verpflichtung eines dauerhaften Betriebs.
Die Kollerfähre ist für die verkehrliche Erschließung und die Nutzung der Kollerinsel nicht zwingend notwendig. Zwar bietet der Fährbetrieb für die Nutzung der Kollerinsel insgesamt und für die vom Land verpachteten Flächen Vorteile. Es ist jedoch nicht die Aufgabe des Landes, eine regionale Ausflugsfähre zu betreiben.
3 Empfehlung
Der Rechnungshof empfiehlt, den Fährbetrieb durch das Land 2020 aufzugeben. Der Fährbetrieb wäre dann eine Aufgabe der im Einzugsgebiet der Kollerinsel liegenden Kommunen.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Ministerium für Finanzen stimmt dem Rechnungshof zu, dass zum Fährbetrieb durch das Land weder eine rechtliche Verpflichtung noch eine verkehrlich zwingende Notwendigkeit besteht.
Allerdings würden die Vorteile der Fährverbindung einen Weiterbetrieb der Kollerfähre rechtfertigen. Eine gute und direkte Erreichbarkeit von Baden-Württemberg aus sei von ökologischer und wirtschaftlicher Bedeutung für die Nutzung der Kollerinsel. Zudem gehöre die Fähre als „historisches Kulturgut“ in seiner Gesamtheit zur Kollerinsel und damit zur Region.
Die bisherige Kostentragung und -verteilung beim Fährbetrieb ist aus Sicht des Ministeriums infrage zu stellen. Zu berücksichtigen seien die neuen Möglichkeiten zur Naherholung auf der Kollerinsel und die damit verbundenen Vorteile für die Menschen insbesondere aus der Region. Daher habe das Ministerium Vermögen und Bau gebeten, mit den Vertreterinnen und Vertretern der Region und der Gemeinde Brühl in Verhandlungen einzutreten.
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Einzelplan 13: Ministerium für Verkehr
Die nach der Verwaltungsvorschrift zum Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz vorgeschriebene Erfolgskontrolle ist bislang unzureichend. Sie sollte mit Soll-Ist-Vergleichen mit den in Bewilligungsbescheiden festgelegten Kriterien und Kennzahlen umgesetzt werden. Das Ministerium sollte Handlungsanleitungen für die Bewilligungsstellen erarbeiten. Ein Kriterien- und Kennzahlenkatalog sollte aufgebaut werden.
1 Ausgangslage
Das Land erhält nach dem Entflechtungsgesetz jährlich 165 Mio. Euro vom Bund für die Förderung von Vorhaben des kommunalen Straßenbaus und des öffentlichen Personennahverkehrs zugewiesen. Mit der Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern entfällt diese Zuweisung ab 2020. Die Landesregierung beabsichtigt, mit einer Nachfolgeregelung die Förderung nach dem Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (LGVFG) mit Landesmitteln von 320 Mio. Euro jährlich fortzuführen.
In der derzeit geltenden Verwaltungsvorschrift zum LGVFG vom März 2016 ist zur Erfolgskontrolle festgelegt, dass
„spätestens mit der Vorlage des vereinfachten Verwendungsnachweises vom Zuwendungsempfänger anhand von Vorher-Nachher-Vergleichen zu prüfen ist, ob der Erfolg der Förderung erreicht wurde. Der Nachweis ist plausibel darzustellen (…). Wurde der Erfolg nicht vollständig erreicht, sind die gewährten Zuwendungen anteilsmäßig zu kürzen.“
Diese Erfolgskontrolle stellt lediglich einen allgemeinen Rahmen auf, konkrete Kriterien und Kennzahlen sind nicht vorgegeben. Dadurch kann es zu Überschneidungen mit anderen Instrumenten im Förderverfahren kommen, die von der Erfolgskontrolle zu unterscheiden sind:
Der Zeitpunkt der Erfolgskontrolle variiert je nach Fördervorhaben. So kann es Fördervorhaben geben, die bereits mit dem Bauabschluss ihr Ziel erfüllen. Hierzu gehören Geh- und Radwege, die mit ihrer Fertigstellung die angestrebte höhere Verkehrssicherheit schaffen. Bei anderen Fördervorhaben kann die Erfolgskontrolle zeitlich gestaffelt oder erst Jahre nach dem eigentlichen Bauabschluss möglich sein, da sich Verhaltensweisen einschwingen und Nutzungen ändern müssen. Dies trifft u. a. für den Bau von Ortsumfahrungen zu. Auch das Ziel von mehr Fahrgästen bei Vorhaben des öffentlichen Personennahverkehrs kann meist frühestens nach drei Jahren erreicht werden.
Der Rechnungshof hat anhand von stichprobenhaft ausgewählten 20 Förderfällen aus den Förderbereichen kommunaler Straßenbau, Radverkehr und öffentlicher Personennahverkehr betrachtet, wie die Bewilligungsstellen die Vorgaben zur Erfolgskontrolle umsetzen.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Die Bewilligungsbescheide enthalten mehrheitlich keine Kriterien oder Kennzahlen
In den Förderbescheiden werden lediglich die Ausführungen aus der Verwaltungsvorschrift (Stand 2016) zitiert und/oder auf die Bedeutung der Erfolgskontrolle hingewiesen. Kriterien und Kennzahlen für den Vergleich der geplanten mit den tatsächlich erreichten Zielen fehlen meist.
Eine der Ausnahmen ist die Förderung von „Park- und Ride-Anlagen“. Das zuständige Ministerium hatte 2008 auf der Grundlage der Denkschrift 2007, Beitrag Nr. 12 „Förderung von Park- und Ride-Anlagen“ festgelegt, dass „eine Förderung nur dann erfolgen kann, wenn nach Inbetriebnahme der Anlage ein Auslastungsgrad von voraussichtlich 70 Prozent dauerhaft erreicht werden kann. Dies ist im Zuge der Erfolgskontrolle zu überprüfen.“
Die Bewilligungsstellen gehen üblicherweise davon aus, dass mit dem Bau eines geförderten Projekts das Ziel erreicht und die Erfolgskontrolle erledigt ist. Das Bauwerk ist aber in der Regel nur das „Medium“, mit dem das angestrebte Ziel erreicht werden kann. So soll die Elektrifizierung einer Schienenstrecke u. a. zu mehr Fahrgästen und kürzeren Reisezeiten führen.
2.2 Konkrete Vorgaben zu Kriterien und Kennzahlen sowie zum Ablauf der Erfolgskontrolle fehlen
Ausgangspunkt für die Erfolgskontrolle ist eine auf den jeweiligen Fördertatbestand zugeschnittene Definition des verfolgten Ziels. Für jedes Förderziel sollten spezielle Kennzahlen und Kriterien entwickelt werden.
In keinem der Förderbereiche wurde ein Katalog mit Kriterien und Kennzahlen zu spezifischen Fördertatbeständen aufgebaut. Dadurch fehlen Handlungsanleitungen für die Bewilligungsstellen, mit denen die Ziele quantitativ oder zumindest nachvollziehbar qualitativ definiert werden können.
Darüber hinaus sind den Bewilligungsstellen Methoden und Verfahren, mit denen die definierten Kriterien und Kennzahlen von den Vorhabenträgern nachgewiesen werden sollen, in der Regel nicht geläufig.
2.3 In den Bewilligungsstellen besteht vielfach kein Verständnis, wie die Erfolgskontrolle zu handhaben ist
Den Bewilligungsstellen ist oftmals nicht bewusst, was eine Erfolgskontrolle bedeutet und wie sie umzusetzen ist. Häufig wird davon ausgegangen, dass es sich lediglich um eine freiwillige Information der Vorhabenträger handelt.
Sie wird nicht selten als ein überflüssiger, mit Mehraufwand verbundener Baustein im Förderverfahren betrachtet. Die Bewilligungsstellen benötigen daher Handlungsanleitungen, die den eigenständigen Sinn und Zweck der obligatorisch durchzuführenden Erfolgskontrolle verdeutlichen und praktikable Vorschläge zu ihrer Durchführung enthalten.
3 Empfehlungen
3.1 Die in der Verwaltungsvorschrift festgelegte Erfolgskontrolle umsetzen
Für jedes einzelne Fördervorhaben sollte im Bewilligungsbescheid spezifisch definiert werden, wie die Zielerreichung inhaltlich (Kriterien, Kennzahlen) und zeitlich nachgewiesen werden kann.
Der Vorhabenträger sollte daher bereits im Förderantrag darlegen, welche Ziele er mit dem Vorhaben verfolgt und wie diese erreicht werden sollen. Eine realistische Zieldefinition zu Beginn des Förderverfahrens ist unabdingbar, damit der Vorhabenträger seine Förderabsichten und die erreichbare Wirkung des Vorhabens präzisiert. Für die Bewilligungsstelle sind diese Zieldefinitionen die Ausgangsbasis für die Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen bei der Antragsprüfung sowie für die in den Bescheid aufzunehmenden Kennzahlen und Kriterien.
Dem Antrag sollten daher Gutachten, Zählungen usw. beigefügt werden, denen zu entnehmen ist, wie der Ist-Zustand aussieht und die Soll-Situation sich konkret gestalten wird.
Bei der ohnedies von der Bewilligungsstelle geforderten sorgfältigen Antragsprüfung wären Angaben des Vorhabenträgers ein „Nebenprodukt“, um Kriterien und Kennzahlen abzuleiten. Der Mehraufwand für die Bewilligungsstellen wäre daher überschaubar.
3.2 Handlungsanleitungen für die Bewilligungsstellen entwickeln
Bei den Antragsprüfungen und der eigentlichen Förderabwicklung benötigen die Bewilligungsstellen für die Bearbeitung der Erfolgskontrolle eigens zugeschnittene, leicht nachvollziehbare Handlungsanleitungen. Diese Handlungsanleitungen sollten praktikable Vorschläge für Kriterien und Kennzahlen beinhalten. Für den Fördertatbestand „Verkehrswichtige Zubringerstraße zum überörtlichen Verkehrsnetz“ wäre u. a. denkbar:
- bessere Netzfunktion, schnellere Wege, besserer Verkehrsfluss,
- Lärmentlastung in Wohngebieten,
- Unfallschwerpunkte werden beseitigt, höhere Verkehrssicherheit.
Daraus sollten die Verfahrensweisen abgeleitet werden, mit denen ein Soll-Ist-Vergleich durchgeführt werden kann, also beispielsweise
- Zählungen,
- Dokumentationen in Form von Fotos, Berichten, Kartierungen.
Ebenso sollte der Zeitpunkt festgelegt werden, zu dem der Zielerreichungsgrad nachzuweisen ist. Dieser im Bewilligungsbescheid festzulegende Zeitpunkt muss die Komplexität des Fördervorhabens sowie eine Einschwingphase (Akzeptanz einer Anlage) einbeziehen.
In vielen Förderbereichen wird der Erfolg in einem vergleichsweise leicht nachvollziehbaren Ergebnis bestehen, das zeitlich mit der Schlussverwendungsprüfung zusammen fällt.
Weicht der Grad der Zielerreichung deutlich von den geplanten Zielen ab oder werden diese komplett verfehlt, müssen Bewilligungsstelle und Vorhabenträger Modifikationen von Rahmenbedingungen des Fördervorhabens abstimmen. Um diese zu realisieren, ist dem Vorhabenträger bei Bedarf ein zusätzlicher Umsetzungszeitraum zu gewähren. Erst in weiteren Schritten wäre eine (Teil-) Rückforderung der Förderung zu prüfen.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Ministerium für Verkehr erkennt an, dass das Instrument der Erfolgskontrolle aufgrund haushaltsrechtlicher Vorgaben ein wesentlicher Bestandteil eines jeden Förderverfahrens ist. Soweit zielführend und praktisch handhabbar, würden objektiv belastbare Kriterien und Kennzahlen erarbeitet. Dabei sei stets zu berücksichtigen, dass aufgrund der Komplexität der Fördervorhaben eine Betrachtung des Einzelfalls unabdingbar sei. Die Erfolgskontrolle werde, soweit nicht schon bisher enthalten und zielführend, künftig in neue Bewilligungen aufgenommen.
Bei der Förderung kommunaler Rad- und Fußverkehrsinfrastruktur sei der Erfolg der Infrastrukturmaßnahmen in der Regel bereits mit der Umsetzung der Maßnahme entsprechend des Bewilligungsbescheids erreicht, da diese mit Sicherheitsgewinnen und Attraktivitätssteigerungen verbunden seien.
Ein Handlungsleitfaden zur Umsetzung der Erfolgskontrolle werde erarbeitet.
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Das Regierungspräsidium Stuttgart hat das Förderprogramm nach dem alten Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz in den letzten Jahren äußerst schleppend abgewickelt. Unerledigt sind noch 32 Fördervor-haben mit offenen Zuwendungen von 20 Mio. Euro. Das Förderprogramm ist schnellstmöglich abzuschließen.
1 Ausgangslage
Das Land gewährt Landkreisen und Gemeinden u. a. zum Bau, Ausbau oder Umbau von kommunalen Straßen Zuwendungen. Bis 2006 erfolgte die Förderung auf der Grundlage des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes des Bundes (GVFG). Mit der Föderalismusreform 2006 entfielen die Finanzhilfen des Bundes. Seit 2007 erhalten die Länder vom Bund Mittel nach dem Entflechtungsgesetz. Die Zuweisungen laufen 2019 aus. Die Förderung wird danach vom Land in Form einer Nachfolgeregelung fortgeführt.
Das Land setzt die Entflechtungsmittel von 165 Mio. Euro jährlich u. a. für die Förderung kommunaler Straßenbauvorhaben ein. Die Grundlage bildet das Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (LGVFG).
Es gibt zwei Förderprogramme. Das GVFG-Altprogramm umfasst alle Vorhaben, die vor dem 1. Januar 2007 bewilligt wurden und bis heute nicht abgerechnet sind. Darüber hinaus gibt es das Förderprogramm nach dem LGVFG. Es wird jährlich fortgeschrieben und, soweit Mittel zur Verfügung stehen, um neue Vorhaben erweitert.
Zuständig für die Abwicklung der Förderverfahren sind die Regierungspräsidien. Nach der Aufnahme eines Vorhabens in das Förderprogramm kann der Vorhabenträger eine Zuwendung beantragen. Die Genehmigung des Förderantrags enthält Angaben zur Förderhöhe und deren Aufteilung auf die einzelnen Jahre. Danach erfolgt die Bewilligung der Zuwendungsraten entsprechend den verfügbaren Haushaltsmitteln und dem Baufortschritt.
Die Zuwendungsempfänger sind verpflichtet, dem Regierungspräsidium als Bewilligungsstelle innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vorhabens den Schlussverwendungsnachweis vorzulegen. Dieser ist die Grundlage für die Schlussabrechnung des Vorhabens.
Verzögert sich die Vorlage des Schlussverwendungsnachweises aufgrund schwebender Verfahren, fehlender Rechnungen oder einer ausstehenden Vermessung, kann die Bewilligungsstelle die Vorlagefrist auf Antrag des Vorhabenträgers verlängern. Sie hat in diesen Fällen auch die Möglichkeit, im Benehmen mit dem Vorhabenträger die zuwendungsfähigen Ausgaben pauschal endgültig festzusetzen oder die Schlussrechnung für die fertigen Bauteile zu verlangen.
Das GVFG-Altprogramm „kommunaler Straßenbau“ enthält immer noch 64 Vorhaben, die nicht abgeschlossen sind. Davon liegen 35 Vorhaben im Zuständigkeitsbereich des Regierungspräsidiums Stuttgart.
Die Finanzkontrolle hat die Abwicklung des GVFG-Altprogramms durch das Regierungspräsidium Stuttgart untersucht.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Schlussrechnung für über 30 Vorhaben des GVFG-Altprogramms des Regierungspräsidiums Stuttgart steht aus
Die in die Prüfung einbezogenen 35 Vorhaben wurden zwischen 1991 und 2007 erstbewilligt.
Bei zwei der 2006 bewilligten Vorhaben wurde bisher nicht mit dem Bau begonnen: „Neubau der Stadtrandstraße zwischen der Kreisstraße (K) 3025 und der Riedstraße in Giengen a. d. Brenz“ und „Neubau der K 3025 zwischen der Landesstraße (L) 1082 und der K 3026 in Giengen a. d. Brenz“. Für die beiden Vorhaben wurden Zuwendungen von 4,3 Mio. Euro ausbezahlt. Das Regierungspräsidium hat die Maßnahmen aus dem Förderprogramm genommen, die Mittel wurden 2018 mit Verzinsung zurückgezahlt.
Für die weiteren 33 Vorhaben sind Gesamtausgaben von 225 Mio. Euro und zuwendungsfähige Ausgaben von 186 Mio. Euro ausgewiesen. Von den bewilligten Zuwendungen von 123 Mio. Euro hatte das Regierungspräsidium 103 Mio. Euro bis Ende 2018 ausbezahlt, noch offen sind knapp 20 Mio. Euro.
Baulich fertiggestellt und in Betrieb genommen sind 32 Fördervorhaben, ein Vorhaben ist noch im Bau und wird voraussichtlich bis 2020 beendet sein.
Für 29 der zwischen 1993 und 2017 fertiggestellten und in Betrieb genommenen Vorhaben gibt es keinen Schlussverwendungsnachweis, bei zwei Vorhaben liegt er vor.
Die Zuwendungsempfänger haben dem Regierungspräsidium nicht fristgerecht binnen eines Jahres nach der Fertigstellung den Schlussverwendungsnachweis übersandt. Das Regierungspräsidium forderte diesen nicht mit Nachdruck ein.
Der Rechnungshof stellte bereits 2009 im Zuge einer Prüfung zur Abwicklung des GVFG-Altprogramms fest, dass es Probleme beim Grunderwerb und der Herstellung des Baurechts gibt. Derartige Schwierigkeiten teilten die Vorhabenträger dem Regierungspräsidium jedoch nicht mit. Auch Anträge auf Fristverlängerung haben die Zuwendungsempfänger meist nicht gestellt.
Das Vorhaben „K 1082 - Nordumfahrung Rutesheim“ wurde im Juni 2004 auf Antrag des Landkreises Böblingen in das GVFG-Altprogramm aufgenommen. Der Landkreis hat die Nordumfahrung Rutesheim als Baulastträger der Kreisstraßen gebaut. Die Genehmigung des Förderantrags und die Erstbewilligung erfolgten 2005. Die Verkehrsfreigabe war im Oktober 2007.
Im Mai 2015 - 8 Jahre nach der Verkehrsfreigabe - legte der Landkreis Böblingen dem Regierungspräsidium den Schlussverwendungsnachweis vor. Weder hat der Landkreis einen Antrag auf Verlängerung der Vorlagefrist gestellt, noch hat das Regierungspräsidium Stuttgart eine Pauschalierung der zuwendungsfähigen Ausgaben in Erwägung gezogen. Das Regierungspräsidium Stuttgart hat den Schlussverwendungsnachweis bisher nicht abschließend bearbeitet.
2.2 Das Regierungspräsidium Stuttgart hat keine Kenntnis über den Umfang der gebundenen Fördermittel des GVFG-Altprogramms
Das Regierungspräsidium Stuttgart als Bewilligungsstelle hat keine Kenntnis darüber, in welchem Umfang die bewilligten und noch nicht ausbezahlten Zuwendungen des GVFG-Altprogramms von 20 Mio. Euro gebunden sind. Dies führt zu Ausgaberesten und verzögert Förderzusagen für neue Vorhaben.
2.3 Das Ministerium und das Regierungspräsidium Stuttgart hielten Zusagen zur Abwicklung des GVFG-Altprogramms nicht ein
Bereits in der Denkschrift 2010 stellte der Rechnungshof erhebliche Verzögerungen bei der Schlussabrechnung von Fördervorhaben des kommunalen Straßenbaus fest. Zum damaligen Zeitpunkt waren über 500 Vorhaben des GVFG-Altprogramms nicht schlussgerechnet. Die Empfehlung des Rechnungshofs, das Altprogramm zu bereinigen, wurde vom Landtag aufgegriffen. Das Ministerium sagte gegenüber dem Landtag zu, dafür zu sorgen, dass vor allem ältere Fördervorhaben zügig abgerechnet werden.
Die Regierungspräsidien Karlsruhe, Freiburg und Tübingen haben rund 90 Prozent der 2011 vorhandenen Vorhaben schlussgerechnet, das Regierungspräsidium Stuttgart rund 68 Prozent. Seit 2015 stagniert der Abbau von Altfällen beim Regierungspräsidium Stuttgart, was angesichts der Abwicklung bei den übrigen Regierungspräsidien nicht nachvollziehbar ist.
3 Empfehlungen
Die Empfehlungen des Rechnungshofs beziehen sich auf die Abwicklung des GVFG-Altprogramms durch das Regierungspräsidium Stuttgart. Sie gelten aber für alle Fördervorhaben des kommunalen Straßenbaus.
3.1 Empfehlungen an das Regierungspräsidium Stuttgart
Der Rechnungshof empfiehlt dem Regierungspräsidium Stuttgart,
- das GVFG-Altprogramm schnellstmöglich zu bereinigen,
- dafür Sorge zu tragen, dass die Zuwendungsempfänger die Schlussverwendungsnachweise für die abgeschlossenen Vorhaben zügig vorlegen. Dafür sollten den Zuwendungsempfängern entsprechende Fristen gesetzt und gegebenenfalls ein Widerruf der Zuwendung geprüft werden.
- die Schlussverwendungsnachweise zügig zu prüfen und von der Möglichkeit einer Pauschalierung der zuwendungsfähigen Ausgaben oder einer Teilabrechnung Gebrauch zu machen.
3.2 Empfehlungen an das Ministerium für Verkehr
Der Rechnungshof empfiehlt dem Ministerium sicherzustellen, dass das Regierungspräsidium Stuttgart das GVFG-Altprogramm wie die übrigen Regierungspräsidien zügig bereinigt und die Schlussverwendungsnachweise kontinuierlich abarbeitet.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Regierungspräsidium Stuttgart und das Ministerium für Verkehr sagten zu, die Empfehlungen des Rechnungshofs umzusetzen.
Das Ministerium führt aus, dass es die seit 2011 laufende Abwicklung des GVFG-Altprogramms weiter fortsetzen und schnellstmöglich zu Ende bringen werde. Zwischenzeitlich hätten mehr als 85 Prozent der Fälle abgewickelt werden können. Beim Regierungspräsidium Stuttgart sei allerdings die Abwicklung wegen des Eintritts langjähriger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ruhestand und mehrfachen Personalwechsels ins Stocken geraten. Inzwischen seien aber alle Stellen wieder besetzt.
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Einzelplan 14: Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst
Der Rechnungshof sieht bei der Förderung der internationalen wissenschaftlichen Zusammenarbeit durch das Land Verbesserungspotenziale. Wenn das Ministerium und die geförderten Einrichtungen die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel sorgfältig und korrekt bewirtschaften und die festgestellten Einsparpotenziale umsetzen, kann der Haushaltsansatz um 15 Prozent reduziert werden.
1 Ausgangslage
Der Rechnungshof hat 2018 die aus Kapitel 1406 des Staatshaushaltsplans geleisteten Ausgaben zur Förderung der internationalen wissenschaftlichen Zusammenarbeit geprüft.
Mit den 2017 in diesem Kapitel bereitgestellten Mitteln von 6,73 Mio. Euro förderte das Wissenschaftsministerium u. a.
- das Arnold-Bergstraesser-Institut für kulturwissenschaftliche Forschung e. V. in Freiburg (0,67 Mio. Euro),
- die hochschulrelevante Arbeit der Baden-Württemberg International GmbH (0,6 Mio. Euro),
- die Programme zum Austausch von Wissenschaftlern und Studierenden mit amerikanischen und kanadischen Hochschulen (0,54 Mio. Euro),
- das Deutsch-Französische Institut in Ludwigsburg (0,31 Mio. Euro),
- die Internationale Bodensee-Hochschule (0,29 Mio. Euro),
- den Hochschulverbund der Deutsch-Französischen Hochschule (0,2 Mio. Euro) und
- das 2019 auslaufende Betreuungsprogramm für Hochschulstipendiaten aus Malaysia (0,15 Mio. Euro).
Weitere Ausgaben betreffen mehrere Kleinprojekte und pauschale Zuweisungen an alle staatlichen Hochschulen für ihre internationalen Aktivitäten. Seit 2015/2016 werden aus dem Kapitel 1406 auch Maßnahmen zur Studienförderung von Flüchtlingen aus Syrien mit einem Budgetansatz von mehr als 1 Mio. Euro jährlich gefördert, der allerdings in keinem der Haushaltsjahre ausgeschöpft wurde.
Einen Teil dieser Förderprogramme haben der Rechnungshof und die staatlichen Rechnungsprüfungsämter in früheren Jahren geprüft (siehe z. B. Denkschrift 2010, Beitrag Nr. 27 zur Internationalen Bodensee-Hochschule). Die aktuelle Prüfung des Rechnungshofs umfasste die Arbeit des Wissenschaftsministeriums sowie die Förderung des Arnold-Bergstraesser-Instituts Freiburg, der Landesprogramme Kalifornien, Oregon und Kettering, des Betreuungsprogramms für Hochschulstipendiaten aus Malaysia, des baden-württembergischen Brasilien-Zentrums an der Universität Tübingen und damit insgesamt 20 Prozent des in Kapitel 1406 bereitgestellten Budgets.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Noch keine verbindliche Strategie
Das Wissenschaftsministerium bemüht sich seit Jahren um eine explizit formulierte und gegenüber den Hochschulen und der Öffentlichkeit transparente Strategie zur Internationalisierung der Hochschulen. Ein Entwurf des Ministeriums aus dem Jahr 2014 benennt Ziele und insgesamt 10 Hand-lungsfelder. Er wurde den Hochschulen des Landes zur Diskussion vorgelegt. Die Universitäten haben sich nur sehr zurückhaltend in diesen Diskussionsprozess eingebracht. Der Strategieprozess ist bis heute nicht über dieses Diskussionsstadium hinaus gekommen.
2.2 Fördercontrolling und Steuerung der einzelnen Programme
Der Rechnungshof hat festgestellt, dass bei der Steuerung und Kontrolle der Mittelverwendung Instrumente des Fördercontrollings nur zurückhaltend eingesetzt werden:
- Es fehlen bei der Zuweisung der Mittel messbare Ziele und dementsprechend auch ein Wirkungscontrolling.
- Die von den geförderten Einrichtungen vorgelegten Verwendungsnachweise wurden vom Ministerium nicht intensiv genug geprüft, sodass Fehler bei der Verwendung und Abrechnung der Mittel unbeanstandet geblieben sind.
- Verbesserungspotenziale bestehen auch bei der Qualitätssicherung der einzelnen Programme.
2.3 Fehler bei der Verwendung der Mittel
Bei der Verwendung der Mittel hat der Rechnungshof u. a. folgende Fehler festgestellt:
- Teile der vom Land zugewendeten Programmmittel wurden für programmfremde Zwecke (z. B. Reisen in andere Regionen der Welt) verwendet.
- Ein Dienstleister, den das Land mit der Durchführung des Malaysia-Programms beauftragt hatte, rechnete allgemeine Personalentwicklungsmaßnahmen als Programmkosten ab. Diese Ausgaben wurden unbeanstandet ausbezahlt.
- Eine der geförderten Einrichtungen verwendet Teile der Zuwendungen des Landes zur Subventionierung eines von ihr gegründeten und betriebenen Verlags.
2.4 Fehler bei der Abrechnung der Mittel
Bei der Abrechnung der Mittel hat der Rechnungshof u. a. folgende Fehler festgestellt:
- Drei der geförderten Einrichtungen verfügen über einen zweiten Buchungskreis, der aus Spenden, Mieteinnahmen oder Zuwendungen Dritter gespeist und der in den Verwendungsnachweisen nicht offengelegt wurde, obwohl er den Zuwendungsbedarf mindern würde.
- In einem Fall wichen die Angaben im Verwendungsnachweis um mehr als 30.000 Euro vom wirklichen Kassenbestand der Einrichtung ab. Ursache dieses Fehlers war die Umstellung der Buchhaltung vom Studienjahr auf das Kalenderjahr. Die entsprechenden Unterlagen wurden im Verlaufe des Prüfungsverfahrens korrigiert.
2.5 Zu hohes Budget
In dem einschlägigen Kapitel 1406 des Staatshaushaltsplans werden für das Aufgabenfeld „Förderung der internationalen wissenschaftlichen Zusammenarbeit“ Jahr für Jahr mehr Mittel bereitgestellt, als tatsächlich benötigt werden. Der Rechnungshof hält ein Gesamtbudget in Höhe von 85 Prozent des bisher zur Verfügung gestellten Betrags für ausreichend, um die Maßnahmen zu finanzieren. Die über dem tatsächlichen Bedarf liegende Mittelausstattung zeigt sich einerseits daran, dass in den letzten Jahren regelmäßig mehr als 10 Prozent der angesetzten Haushaltsmittel nicht abgerufen wurden, andererseits daran, dass die stichprobenartige Prüfung des Rechnungshofs Einsparpotenziale ergeben hat, die das Ministerium bislang nicht genutzt hat. Bei der Bemessung des Budgets hätten Projekte, die abgeschlossen waren oder unmittelbar vor dem Abschluss standen, nicht berücksichtigt werden dürfen.
Nicht Gegenstand der Kritik des Rechnungshofs ist das vom Ministerium 2015 aufgelegte Programm zur Studienförderung von Flüchtlingen aus Syrien. Zwar sind hier Ausgabereste in Millionenhöhe entstanden. Diese sind allerdings der Tatsache geschuldet, dass eine realistische Prognose des Mittelbedarfs 2015 und 2016 kaum möglich war. Für die kommenden Haushaltsjahre sollte allerdings ein realitätsnäherer Ansatz angestrebt werden.
3 Empfehlungen
Der Rechnungshof empfiehlt dem Wissenschaftsministerium,
- den 2014 begonnenen Strategieprozess zu Ende zu führen und eine explizite und verbindliche Strategie zu formulieren, an der sich die künftige Förderpraxis orientiert;
- den Umfang der in Kapitel 1406 eingestellten Haushaltsmittel um 15 Prozent zu kürzen und in diesem Zusammenhang die vom Rechnungshof beim Ministerium und bei den geprüften Einrichtungen aufgezeigten Einsparpotenziale zu realisieren;
- bei der Förderung der internationalen wissenschaftlichen Zusammenarbeit die bewährten Instrumente des Fördercontrollings anzuwenden, insbesondere messbare Ziele vorzugeben und ihre Einhaltung zu überprüfen, und die von den geförderten Einrichtungen vorgelegten Verwendungsnachweise sorgfältiger zu prüfen. In geeigneten Fällen sollte das Ministerium Zuwendungen kürzen und Rückforderungen geltend machen.
Der Rechnungshof empfiehlt den geförderten Einrichtungen,
- die zugewendeten Mittel des Landes nur für Zwecke des jeweiligen Programms auszugeben. Dies gilt auch für Dienstleister, die das Ministerium mit der Durchführung einzelner Programme beauftragt hat.
- im Verwendungsnachweis alle Einnahmen und Ausgaben vollständig anzugeben. Für separate Buchungskreise gibt es keine Rechtfertigung; diese sind aufzulösen.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Wissenschaftsministerium hält die weitere Hochschulinternationalisierung für ein Anliegen von übergeordneter Bedeutung für das Land Baden-Württemberg und wird diesbezüglichen Aktivitäten weiterhin hohe Priorität beimessen.
In seiner Stellungnahme trägt das Ministerium vor, die strategische Ausrichtung der internationalen Aktivitäten erfolge in einem stetigen Austausch zwischen der Amtsspitze und den Fachreferaten des Ministeriums, den Hochschulen Baden-Württembergs und den weiteren Akteuren wie z. B. Baden-Württemberg International. Das Ministerium werde gemeinsam mit den genannten Einrichtungen an einem strategischen Rahmen für die Hochschulinternationalisierung in den nächsten fünf Jahren arbeiten und so das bestehende Strategiepapier ergänzen und fortschreiben.
Das Ministerium weist die Forderung des Rechnungshofs nach einer Mittelkürzung zurück. Der Rechnungshof habe nicht berücksichtigt, dass im internationalen Tätigkeitsbereich immer auch eine Flexibilität in der Mittelverwendung erhalten bleiben müsse. Nur so könne das Ministerium auf unterjährige Entwicklungen und neue Projektvorhaben kurzfristig reagieren. Eine Reduzierung der noch freien Mittel würde die Möglichkeiten der internationalen Förderung drastisch einschränken und sich negativ auf die Internationalität des Landes im Hochschulbereich auswirken.
Das Ministerium arbeite an der Verbesserung des bereits bestehenden Wirkungsmonitorings zur Hochschulinternationalisierung. Beispielhaft nennt das Ministerium das derzeit von ihm vorbereitete neue Kennzahlen-Instrument und die Einführung der amtlichen Studienverlaufsstatistik.
Den Empfehlungen hinsichtlich der Prüfung von Verwendungsnachweisen werde das Ministerium uneingeschränkt folgen. Die bei der Prüfung festgestellten unkorrekten Abrechnungen würden im Benehmen mit den betroffenen Einrichtungen konsequent und zügig ausgeräumt. Die gewonnenen Erkenntnisse würden zudem übertragen und flössen in die Prüfungen der anderen geförderten Einrichtungen ein.
Die vom Rechnungshof genannten Fehler bei der Verwendung der Mittel sowie Fehler bei der Abrechnung seien in Zusammenarbeit mit den betroffenen Einrichtungen im Detail erläutert und bereits im Rahmen der Stellungnahme zur Prüfungsmitteilung auch gegenüber dem Rechnungshof weitgehend ausgeräumt worden. Das Ministerium passe sein Förderprozessmanagement konsequent an, sodass sich Fehler nicht wiederholen könnten.
5 Schlussbemerkung
Die vom Rechnungshof vorgeschlagene Kürzung wird nicht zu einer Einschränkung der internationalen Aktivitäten führen. In keinem der geprüften Jahre wurde das im Haushalt vorgesehene Budget ausgeschöpft.
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Bei der Ausübung und Genehmigung von Nebentätigkeiten der Professoren sind die rechtlichen Vorgaben des Beamten- und Hochschulrechts zu beachten. Die Erfüllung der Pflichten im Hauptamt darf nicht unter Nebentätigkeiten leiden. Die Genehmigung von freiberuflichen Nebentätigkeiten sollte künftig restriktiver gehandhabt werden.
1 Ausgangslage
Nebentätigkeiten gehören traditionell zum Berufsbild eines Professors. Sie dienen der Publikation und Verwertung wissenschaftlicher Erkenntnisse, fördern den Technologietransfer und sorgen für den notwendigen Praxisbezug. Sie tragen durch die Möglichkeit, ein zusätzliches Einkommen zu erzielen, zur finanziellen Attraktivität des Professorenberufs und damit zur Gewinnung qualifizierter Professoren bei. Andererseits können durch die Nebentätigkeiten von Professoren öffentliche Interessen beeinträchtigt werden, insbesondere wenn
- ihr Umfang die Wahrnehmung der Pflichten aus dem Hauptamt gefährdet,
- zur Ausübung der Nebentätigkeit auf personelle und sächliche Ressourcen des Landes zurückgegriffen wird, ohne dass das Land dafür ein angemessenes Entgelt erhält.
Außerdem können sich Interessenkollisionen zwischen den privaten Interessen eines Professors und den berechtigten Interessen des Landes, denen Beamte verpflichtet sind, ergeben.
Um zu einem vernünftigen Interessenausgleich zu kommen, sehen das Landesbeamtengesetz (LBG), die Landesnebentätigkeitsverordnung (LNTVO) und die Hochschulnebentätigkeitsverordnung (HNTVO) eine Reihe von formellen und materiellen Restriktionen vor, die bei der Anzeige, der Genehmigung und der Ausübung von Nebentätigkeiten zu beachten sind.
Die vom Rechnungshof in seiner Denkschrift 2005 formulierten Grundsätze gelten unverändert. Die Verwaltungspraxis bei der Genehmigung von Nebentätigkeiten der Professoren zeigt allerdings ein vielfältigeres Bild, seit die Rektoren der Hochschulen für die Erteilung und Versagung von Nebentätigkeitsgenehmigungen zuständig sind. Das Wissenschaftsministerium ist nur noch in wenigen Ausnahmefällen und als Fach- und Rechtsaufsichtsbehörde für die Umsetzung des Rechts der Nebentätigkeiten der Professoren zuständig.
Der Rechnungshof und die staatlichen Rechnungsprüfungsämter haben die Praxis des Nebentätigkeitsrechts an den Hochschulen des Landes auch nach 2005 immer wieder geprüft und dabei erneut Mängel festgestellt. Die in der Denkschrift 2005 aufgezeigten typischen Fehler bei der Anwendung des Nebentätigkeitsrechts sind auch weiterhin relevant, es haben sich jedoch weitere Fehlerschwerpunkte herausgebildet. Die Maßstäbe für die Beurteilung der Praxis durch den Rechnungshof ergeben sich aus §§ 60 ff. LBG und der LNTVO sowie den einschlägigen Bestimmungen des Landeshochschulgesetzes (LHG) und der HNTVO. Einschlägige Entscheidungen der Verwaltungsgerichte befassen sich naturgemäß eher mit den Fällen, in denen Nebentätigkeitsgenehmigungen versagt oder widerrufen werden und der betroffene Beamte dagegen klagt. Aufgabe der Fachaufsicht ist es, darauf zu achten, dass das vom Gesetzgeber restriktiv ausgestaltete Nebentätigkeitsrecht nicht durch eine zu großzügige Verwaltungspraxis konterkariert wird.
2 Prüfungsergebnisse
Bei den Prüfungen des Rechnungshofs haben sich in folgenden Bereichen Fehlerschwerpunkte gezeigt:
2.1 Verfahrensfehler bei der Erteilung von Nebentätigkeitsgenehmigungen
Während bei der Versagung von Nebentätigkeiten die maßgeblichen rechtlichen Gründe und Ermessenserwägungen zumeist umfassend dokumentiert wurden, haben es die Rektorate der Hochschulen häufig versäumt, die maßgeblichen Erwägungen bei der Genehmigung von Nebentätigkeiten in den Akten zu dokumentieren. Dies erschwert nicht nur die Kontrolle der Entscheidungen durch die Aufsicht, sondern schränkt die Handlungsfähigkeit der Rektorate im Falle des Widerrufs und der Verlängerung der Genehmigungen ein. Soweit kein Anspruch auf die Erteilung der Genehmigung der Nebentätigkeit besteht, müssen die tragenden Erwägungen der Entscheidung nachvollziehbar dokumentiert werden.
Vielfach war festzustellen, dass die Angaben der Professoren bei der Antragstellung unzureichend waren. Weder ließen sich Art und Umfang der Nebentätigkeit noch die zu erwartende Höhe der Vergütung aus diesen Nebentätigkeitsanträgen bestimmen. Eine Genehmigung auf dieser Grundlage hätte nicht erfolgen dürfen.
Bei der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) wurden mehrere Fälle beanstandet, in denen die vorgelegten Antragsunterlagen offenbar nicht zur Kenntnis genommen wurden. Dies ergibt sich daraus, dass der beantragte und genehmigte Umfang der Nebentätigkeit das im Gesetz zugelassene Maß deutlich überschritten hat.
An mehreren Hochschulen hat der Rechnungshof beanstandet, dass die Rektorate nicht auf die Abgabe der jährlichen Erklärung nach § 8 LNTVO bestanden haben. Teilweise wurden die Erklärungen gar nicht, teilweise unvollständig abgegeben.
2.2 Freiberufliche Tätigkeiten
§ 6 HNTVO sieht vor, dass freiberufliche Nebentätigkeiten nur unter engen Voraussetzungen und regelmäßig nur bei Architekten und Bauingenieuren genehmigt werden dürfen. Diese Vorschrift soll sicherstellen, dass der Beamte hauptberuflich für seinen Dienstherrn tätig ist und nicht von seiner freiberuflichen, unternehmerischen Tätigkeit so sehr in Anspruch genommen wird, dass seine Tätigkeit als Beamter faktisch zur Nebentätigkeit mutiert.
Gleichwohl hat der Rechnungshof festgestellt, dass an der DHBW mehr als 20 Professoren genehmigte Tätigkeiten als Rechtsanwälte oder Steuerberater ausüben. Die Nebentätigkeit als Rechtsanwalt darf bei Beamten generell nicht genehmigt werden, ihre Zulassung zur Anwaltschaft verstößt gegen § 14 Absatz 2 Nr. 5 der Bundesrechtsanwaltsordnung. Die insoweit erteilten Nebentätigkeitsgenehmigungen sind zurückzunehmen.
Eine nebenberufliche Tätigkeit als Steuerberater darf nur bei Vorliegen besonderer Gründe genehmigt werden. Außerdem sind insoweit die engen Voraussetzungen des § 6 HNTVO zu beachten. Als rechtswidrig beanstandet wurden vom Rechnungshof insbesondere Genehmigungen, die eine Steuerberatertätigkeit als Einzelunternehmer oder in einem Umfang von mehr als 8 Stunden wöchentlich erlaubten. Das Wissenschaftsministerium hat die Voraussetzungen, unter denen eine Nebentätigkeit eines Professors als Steuerberater genehmigt werden kann, bislang nicht näher definiert.
Auch bei der Genehmigung der Nebentätigkeiten als Architekt oder Bauingenieur müssen die Rektorate der Hochschulen das Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen prüfen und gegebenenfalls durch Auflagen Interessenkonflikte ausschließen.
2.3 Inanspruchnahme hochschuleigener Ressourcen
Will ein Professor bei der Ausübung einer Nebentätigkeit Ressourcen der Hochschule nutzen (Räume, Personal, Geräte), so bedarf dies der vorherigen Erlaubnis durch die Rektorate oder das Wissenschaftsministerium. Im Regelfall ist für die Nutzung dieser Ressourcen eine angemessene Vergütung an die Hochschule zu entrichten.
In mehreren Fällen musste der Rechnungshof beanstanden, dass Professoren Ressourcen der Hochschule nutzten, ohne die dafür notwendige Erlaubnis eingeholt und die gebotene Vergütung entrichtet zu haben. In einigen Fällen führte dies zu Nachzahlungen in jeweils fünfstelliger Höhe.
2.4 Nebentätigkeiten an der eigenen Hochschule
Das geltende Recht lässt nur in wenigen Ausnahmefällen zu, dass ein Professor an der eigenen Hochschule Nebentätigkeiten erbringt und dafür gesondert vergütet wird. Dies gilt seit 2010 insbesondere für Nebentätigkeiten im Bereich der Weiterbildung (§ 46 Absatz 6 LHG). Die Höhe der Vergütung ist in diesen Fällen durch Satzung der Hochschulen zu bestimmen.
Einzelne Beanstandungen des Rechnungshofs betrafen in diesen Fällen Professoren, die im Hauptamt nicht ihr volles Deputat erbracht hatten und gleichwohl für Nebentätigkeiten in der Weiterbildung vergütet wurden. Dies schließt § 46 Absatz 6 LHG ausdrücklich aus.
An der DHBW besteht seit vielen Jahren die Praxis, dass hauptamtliche Professoren an einer anderen Studienakademie Lehraufträge als Nebentätigkeit wahrnehmen und dafür gesondert vergütet werden. Diese Praxis ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll, verstößt jedoch eindeutig gegen das geltende Recht. Das Wissenschaftsministerium sollte prüfen, ob für diese Fälle nicht eine dem § 46 Absatz 6 LHG vergleichbare Regelung geschaffen werden sollte, die die langjährige Praxis auf eine sichere Rechtsgrundlage stellt.
Der Rechnungshof hat regelmäßig beanstandet, dass Hochschulen ihren Akademischen Mitarbeitern Lehraufträge erteilt haben. Soweit es sich um Beamte handelt, folgt dies aus dem geltenden Nebentätigkeitsrecht, bei Angestellten schließt der Tarifvertrag regelmäßig aus, dass an derselben Einrichtung "Nebenarbeitsverhältnisse" abgeschlossen werden.
2.5 Genehmigung von Nebentätigkeiten trotz Interessenkollision
Nebentätigkeiten dürfen nicht genehmigt werden, wenn der Nebentätigkeit des Beamten dienstliche Interessen entgegenstehen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der Beamte auch dienstlich mit dem Unternehmen zu tun hat, bei dem er in privater Nebentätigkeit beschäftigt ist.
So hat der Rechnungshof an der DHBW beanstandet, dass Studiengangsleiter, die auf die Auswahl und die Beurteilung der Ausbildungsleistungen Dualer Partner maßgeblichen Einfluss haben, Nebentätigkeiten bei diesen Dualen Partnern ausüben. In diesen Fällen besteht die Gefahr, dass die Pflicht zur objektiven Wahrnehmung dienstlicher Pflichten mit den Interessen der Nebentätigkeit kollidiert.
Interessenkollisionen sieht der Rechnungshof auch in einigen Fällen als gegeben an, in denen Universitäten Dienstleistungen als Nebentätigkeiten genehmigten, mit denen der Professor der eigenen Hochschule Konkurrenz machte.
2.6 Pflichten des Professors bei Ausübung von Nebentätigkeiten
Bei der Ausübung von Nebentätigkeiten treffen den beamteten Professor beamtenrechtliche Pflichten, deren Nichterfüllung der Rechnungshof in mehreren Fällen festgestellt hat. Dies betraf Nebentätigkeiten von Professoren, für die weder ein Antrag noch eine Genehmigung vorlag. Häufig wurden die Anträge entgegen den gesetzlichen Bestimmungen erst nach Aufnahme der Nebentätigkeit gestellt.
Die Anzeigepflichten nach der LNTVO hängen nicht von einer Aufforderung durch das jeweilige Rektorat ab, sondern sind vom Professor in eigener Verantwortung zu erfüllen.
Will der Professor Räume der Hochschule für Nebentätigkeiten in Anspruch nehmen, muss er dies zuvor von der Hochschule genehmigen lassen.
Ein weiterer Fehlerschwerpunkt zeigte sich bei der Abgrenzung dienstlicher Tätigkeiten und privater Nebentätigkeiten. Es ist nicht zulässig, ohne Einwilligung der Hochschule die Adresse der Hochschule als Firmenanschrift zu verwenden. Auch die Verwendung von amtlichen Hochschulemblemen, um der eigenen Nebentätigkeit einen quasiamtlichen Anstrich zu geben, ist unzulässig. Für den Geschäftspartner des Professors muss in jedem Fall unzweifelhaft klar sein, ob der Professor in seiner amtlichen Funktion oder in Ausübung einer privaten Nebentätigkeit handelt.
In einigen Fällen musste der Rechnungshof darauf hinweisen, dass die Erfüllung dienstlicher Pflichten (insbesondere das Abhalten von Lehrveranstaltungen) nicht unter Nebentätigkeiten leiden darf. Es ist in der Regel nicht zulässig, Lehrveranstaltungen nicht am Sitz der Hochschule, sondern am Ort der Nebentätigkeit anzubieten.
3 Bewertung und Empfehlungen
Die Rektorate der Hochschulen messen dem Nebentätigkeitsrecht in der Praxis nicht immer die Bedeutung bei, die der Gesetzgeber ihm aus guten Gründen gegeben hat.
Das Wissenschaftsministerium sollte sicherstellen, dass die Rektoren der Hochschulen die rechtlichen Vorgaben des Beamtenrechts beachten und bei Fehlen der gesetzlichen Voraussetzungen Nebentätigkeitsgenehmigungen versagen. Gegebenenfalls ist auch der Widerruf der Nebentätigkeitsgenehmigung zu prüfen. Die Rechtslage bei der Erteilung von Nebentätigkeitsgenehmigungen von freiberuflichen Tätigkeiten sollte durch eine Verwaltungsvorschrift des Ministeriums klargestellt werden.
Der Rechnungshof regt an, für die Wahrnehmung von standortfremden Lehraufträgen durch Professoren der DHBW eine dem § 46 Absatz 6 LHG vergleichbare Rechtsgrundlage zu schaffen.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Wissenschaftsministerium stimmt mit dem Rechnungshof darin überein, dass die rechtlichen Vorgaben des Beamtenrechts einschließlich des Nebentätigkeitsrechts strikt zu beachten und einzuhalten sind und dass die Erfüllung dienstlicher Pflichten nicht unter Nebentätigkeiten leiden darf. Daher beabsichtige das Ministerium, die Hochschulen in diesem Bereich künftig stärker zu beraten und zu unterstützen. Es sollen vor allem regelmäßige Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen für das hierfür zuständige Hochschulpersonal angeboten werden.
Dabei solle auch die Rechtslage bei der Erteilung von Nebentätigkeitsgenehmigungen für freiberufliche Tätigkeiten klargestellt werden. Die Voraussetzungen seien gerade in diesem Bereich jedoch nicht so eindeutig, dass sie für eine Vielzahl gleich gelagerter Fälle in einer Verwaltungsvorschrift geregelt werden könnten. Das Ministerium beabsichtige daher, den Hochschulen schriftliche Hinweise, unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung, zu übersenden, die jederzeit aktualisiert werden können.
Das Ministerium werde den Vorschlag des Rechnungshofs, für die Wahrnehmung von standortfremden Lehraufträgen durch Professoren der DHBW eine dem § 46 Absatz 6 LHG vergleichbare Regelung zu schaffen, prüfen. Seit Gründung der DHBW werde die Lehrtätigkeit an einem anderen Standort der DHBW jedoch - auch in Abstimmung mit dem Innenministerium - als rechtlich zulässige Nebentätigkeit erachtet. Voraussetzung hierfür sei, dass die DHBW organisatorisch sicherstellt, dass Lehraufträge nur an Professoren vergeben werden, die an ihrer eigentlichen Studienakademie das Lehrdeputat und sonstige Dienstaufgaben vollumfänglich erfüllt haben.
Die Nebentätigkeit von Studiengangsleitern der DHBW bei Dualen Partnern sei differenziert zu betrachten. Gerade bei großen, überregional tätigen Dualen Partnern bestehe nicht in jedem Fall die Gefahr einer Interessenkollision. Die DHBW werde in Abstimmung mit dem Ministerium Fallgruppen erarbeiten, anhand derer die Hochschule dann die erforderliche Einzelfallprüfung vornehmen kann.
Außerdem weist das Ministerium darauf hin, dass Lehrveranstaltungen durchaus an einem anderen Ort als dem Sitz der Hochschule abgehalten werden können, z. B. im Rahmen von Exkursionen, und dass gemäß § 62 Absatz 3 Satz 5 LBG an die Stelle der regelmäßigen Arbeitszeit der durchschnittliche individuelle Arbeitstag der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer tritt.
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Das Wissenschaftsministerium hat die Jahresabschlüsse der staatlichen Museen jahrelang nicht genehmigt. Der Grund dafür waren Meinungsverschiedenheiten mit dem Finanzministerium und eine uneinheitliche Bilanzierungspraxis der Museen. Die Bilanzen der Museen sollten vereinheitlicht und die Rücklagen auf ein vertretbares Maß reduziert werden. Die Jahresabschlüsse sind künftig fristgerecht zu genehmigen.
1 Ausgangslage
Die zehn staatlichen Museen wurden im Zeitraum zwischen 2003 und 2012 in Landesbetriebe umgewandelt. Zuvor hatten sie wie Behörden kameral gewirtschaftet. Mit dieser neuen Betriebsform sollten die Handlungsspielräume erweitert, die Wirtschaftlichkeit erhöht und die Finanzen transparenter dargestellt werden.
Die selbst erwirtschafteten Effizienzgewinne sollten bei den Einrichtungen verbleiben, um weitere attraktive, besucherorientierte Angebote bereit zu stellen.
Die nachfolgende Tabelle zeigt, wann das jeweilige Museum in einen Landesbetrieb umgewandelt wurde und das Betriebs- und Finanzstatut in Kraft trat.
Für die Museen gelten die Regelungen der Landeshaushaltsordnung, der entsprechenden Verwaltungsvorschriften, das jeweilige Betriebs- und Finanzstatut sowie der Leitfaden für Landesbetriebe des Finanzministeriums.
In den jeweiligen Betriebs- und Finanzstatuten sind die Aufgaben des Museums, die Grundlagen der Organisation, betriebswirtschaftliche Vorgaben, auch zum Finanz- und Rechnungswesen, sowie bestimmte Vorlagepflichten verankert.
Die Museen unterstehen der Rechts- und Fachaufsicht des Wissenschaftsministeriums, von der dieses traditionell zurückhaltend Gebrauch macht. Dem Wissenschaftsministerium sind der Wirtschaftsplan, der Jahresabschluss mit Lagebericht und die Wirtschaftsplanabrechnung zur Genehmigung vorzulegen.
Nach den Verwaltungsvorschriften zu den §§ 70 bis 79 Landeshaushaltsordnung haben die Museen ihren Jahresabschluss in sinngemäßer Anwendung der Vorschriften des Handelsgesetzbuchs für große Kapitalgesellschaften aufzustellen.
Die zehn staatlichen Museen verfügen in summa über ein Finanzvolumen von jährlich 70 Mio. Euro. Davon decken die Museen 12 Mio. Euro durch eigene Erträge aus Eintrittsgeldern, Spenden und Sponsoring sowie aus eingeworbenen Drittmitteln. Den Großteil ihres Bedarfs finanziert das Land durch Betriebskosten- und Investitionszuschüsse von rund 58 Mio. Euro.
Die von den Museen erstellten Jahresabschlüsse zeigen, dass die Mehrzahl der Museen regelmäßig nicht die gesamten Zuschüsse des Landes verbraucht und aus diesen nicht verbrauchten Mitteln Rücklagen bildet. Die Summe dieser Rücklagen betrug zum 31. Dezember 2018 insgesamt 17 Mio. Euro. Ein großer Teil der Rücklagen wird von den Museen als zweckgebunden deklariert, z. B. für die Finanzierung größerer Investitionen oder für geplante Sonderausstellungen. Ein kleiner Teil der Rücklagen wird ohne spezielle Zweckbindung vorgehalten.
Da die Museen als Landesbetriebe für die Bewirtschaftung ihrer Betriebsmittel nicht über eigene Bankkonten verfügen, wird das den Rücklagen entsprechende Aktivvermögen als Guthaben bei der Landesoberkasse vorgehalten oder als Forderung gegen das Land bilanziert.
Der Rechnungshof hat das Verfahren der Aufstellung und Genehmigung der Jahresabschlüsse der Museen im Zeitraum ab 2011 geprüft und darüber hinaus durch Stichprobenprüfungen die Validität einzelner Jahresabschlüsse untersucht.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Aufstellung der Jahresabschlüsse der Museen
Bei der Aufstellung der Jahresabschlüsse verfuhren die zehn staatlichen Museen uneinheitlich. Unterschiede zeigten sich insbesondere bei
- der Gliederung des Eigenkapitals in der Bilanz,
- der Verbuchung der diversen Zuschüsse des Landes an das Museum,
- der Bildung von Rückstellungen,
- der Verwendung des Jahresüberschusses und
- der Rechtfertigung der gebildeten Rücklagen.
Stichprobenprüfungen des Rechnungshofs haben allerdings gezeigt, dass bei allen Unterschieden in der Struktur der Jahresabschlüsse die dort ausgewiesenen Beträge im Wesentlichen korrekt waren.
Ursachen für die uneinheitliche Struktur waren zum einen die hohe Komplexität der für die Landesbetriebe aufgestellten Buchungsregeln, zum anderen das seit 2012 nur noch unzureichende Hinwirken des Wissenschaftsministeriums auf eine einheitliche Verwaltungspraxis.
In den Haushaltsjahren bis 2016 hat die Mehrzahl der Museen die Frist zur Erstellung und Vorlage der Jahresabschlüsse nicht eingehalten. Die damit notwendigen Ergebnisvorträge erhöhten die Komplexität der Jahresabschlüsse weiter.
Obwohl im Zuge der Umwandlung der Museen zu Landesbetrieben Stellen für qualifizierte kaufmännische Direktoren geschaffen und besetzt wurden, nahmen mehrere Museen bis 2016 externe Hilfe von Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern in Anspruch, um die Jahresabschlüsse zu erstellen. Dieses Vorgehen führte zu vermeidbaren Ausgaben und wurde auf Drängen des Rechnungshofs ab 2017 eingestellt.
Das Archäologische Landesmuseum Baden-Württemberg hat bislang nur für das Wirtschaftsjahr 2012 einen Jahresabschluss vorgelegt.
2.2 Genehmigung der Jahresabschlüsse
In den Jahren 2013 bis 2018 hat das für die Genehmigung der Jahresabschlüsse zuständige Wissenschaftsministerium keinen der vorgelegten Jahresabschlüsse genehmigt.
Als Gründe dafür wurden dem Rechnungshof fehlende personelle Ressourcen im Ministerium und nachhaltige Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Struktur der Jahresabschlüsse zwischen dem Finanzministerium, dem Wissenschaftsministerium und einzelnen Museen genannt.
Folge dieser nachlässigen Genehmigungspraxis war, dass die Haushaltswirtschaft der Museen seit Jahren auf vorläufigen Grundlagen beruhte. Außerdem hat das Wissenschaftsministerium nicht zu einer Vereinheitlichung der Verwaltungspraxis beigetragen.
Die nach den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung notwendige Zustimmung des Finanzministeriums zur Verwendung der Jahresüberschüsse ist in Folge der fehlenden Genehmigungen des Wissenschaftsministeriums ebenfalls unterblieben. Das Wissenschaftsministerium hat ab Ende 2018 auf die Prüfungsfestellungen des Rechnungshofs reagiert und mittlerweile alle vorliegenden Jahresabschlüsse 2013 bis 2017 von neun staatlichen Museen genehmigt.
2.3 Materielle Aspekte der Rücklagenbildung
Über die Rücklagenbildung und die Ergebnisverwendung bei Landesbetrieben entscheidet nach den haushaltsrechtlichen Bestimmungen das zuständige Ministerium im Einvernehmen mit dem Finanzministerium. Die Museen können nach entsprechenden Ausnahmeregelungen in Haushaltsvermerken nur mit Zustimmung des Wissenschaftsministeriums aus den zur Bewirtschaftung zugewiesenen, noch nicht verausgabten Mitteln Rücklagen bilden. In Höhe dieser Rücklagen verbleiben die Mittel als Ausgaberest den Landesbetrieben.
Seit ihrer Umwandlung in Landesbetriebe nutzen die Museen intensiv die Möglichkeit, aus den nicht verbrauchten Zuschüssen des Landes Rücklagen zu bilden. Erwartungsgemäß führte die Chance der Rücklagenbildung durchaus zu bemerkenswerten Anstrengungen der Museen, ihre Wirtschaftlichkeit durch Kostenreduzierungen und die Erzielung von Mehreinnahmen zu verbessern. Allerdings war auch eine Reihe von Fehlentwicklungen zu beobachten, auf die der Rechnungshof schon zu Beginn der Prüfung hingewiesen hat.
Auf Vorschlag des Rechnungshofs werden die Zuschüsse des Landes an die Museen seit 2016 nur noch bei aktuellem Liquiditätsbedarf ausbezahlt.
Aus den nicht abgerufenen Mitteln werden seither Ausgabereste in der Haushaltsrechnung gebildet und in entsprechender Höhe Forderungen des Landesbetriebs gegen das Land bilanziert.
Um bei der Aufstellung des Haushalts die notwendige Transparenz über die Höhe der bei den einzelnen Museen vorhandenen Rücklagen zu schaffen, ist seit 2017 im Landeshaushalt ein Rücklagenplan enthalten.
Noch nicht realisierte Verbesserungspotenziale bestehen nach Auffassung des Rechnungshofs in folgenden Bereichen:
- Die Rücklagen der Museen haben inzwischen eine Höhe erreicht, die die Frage nach ihrer sachlichen und wirtschaftlichen Notwendigkeit aufwirft. Die Landesregierung sollte deshalb bei der Aufstellung des Haushalts prüfen, ob die Zuschüsse des Landes den wirklichen Finanzbedarf der Museen übersteigen. Mit einem Volumen von zusammen 17 Mio. Euro entsprechen die Rücklagen rund 30 Prozent des jährlichen Zuschusses.
- Bei einzelnen Museen ist zu beobachten, dass die beträchtlichen Jahresüberschüsse nicht nur das Ergebnis erfolgreicher Arbeit sind, sondern auf deutlich zu niedrige Planansätze bei den Einnahmen zurückgeführt werden können. Bei der Aufstellung der Wirtschaftspläne sollte das Wissenschaftsministerium künftig darauf hinwirken, dass die Museen ihre Einnahmeerwartungen realistisch ansetzen.
- Zudem haben einzelne Museen dieselben Rücklagen über mehrere Jahre aufrechterhalten. Dieses Vorgehen mag bei der geplanten Finanzierung großer Investitionen (z. B. der Neugestaltung des Westflügels im Staatlichen Museum für Naturkunde in Karlsruhe) gerechtfertigt sein. Im Regelfall sollten Rücklagen jedoch innerhalb von zwei Haushaltsjahren nach Bildung verbraucht werden. Ausgabereste, die keinem ausgewiesenen Zweck dienen oder nicht zeitnah benötigt werden, sollte die Landesregierung in Abgang stellen.
3 Empfehlungen
Die Anforderungen, die an einen kaufmännisch geführten Landesbetrieb gestellt werden, sind auch bei den Museen konsequent einzuhalten. Sollten sich das Wissenschaftsministerium oder einzelne Museen diesen Anforderungen nicht gewachsen zeigen, müsste geprüft werden, ob diese Museen wieder wie früher als kameral buchende Einrichtung geführt werden sollen. Dieser Gedanke liegt insbesondere beim Archäologischen Landesmuseum Baden-Württemberg nahe, das sich seit Jahren den Anforderungen kaufmännischer Wirtschaftsführung entzieht.
Im Einzelnen empfiehlt der Rechnungshof:
- Das Wissenschaftsministerium und das Finanzministerium sollten hinsichtlich der Struktur der Jahresabschlüsse und museumstypischer Buchungssätze durch verbindliche Vorgaben auf eine einheitliche Praxis der Museen hinwirken. Dabei ist zugleich zu prüfen, ob für die Museen als eher kleine Landesbetriebe spürbare Erleichterungen bei den Bilanz- und Buchführungsregeln vorgesehen werden können.
- Die Museen sollten angehalten werden, ihre Jahresabschlüsse bis spätestens 30. Juni des Folgejahres vorzulegen. Bei Fristüberschreitung sollte eine Sanktion in Form eines Abzugs vom Landeszuschuss vorgesehen werden. Externe Hilfe ist angesichts der Qualifikation der Museumsleitungen nicht erforderlich.
- Das Wissenschaftsministerium sollte die Jahresabschlüsse künftig innerhalb von drei Monaten unverändert oder mit Auflagen genehmigen. Durch eine zügige Bearbeitung wird vermieden, dass die Museen auf der Basis vorläufiger Abschlüsse arbeiten und in erheblichem Umfang Ergebnisvorträge in die Bilanz einstellen müssen.
- Bei der Bemessung der Zuschüsse an die Museen sollten die mittlerweile beträchtliche Höhe der Rücklagen und ihre Ursachen (übervorsichtige Einnahmeprognosen) stärker als bisher berücksichtigt werden.
- Im Haushaltsvollzug sollte an dem Prinzip festgehalten werden, dass die Landeszuschüsse an die Museen erst ausgezahlt werden, wenn ein konkreter Liquiditätsbedarf besteht.
- Soweit Rücklagen über Jahre vorgehalten werden, ohne dass eine spezielle Zweckbindung besteht, ist zu prüfen, ob die gebildeten Ausgabereste entsprechend den haushaltsrechtlichen Bestimmungen ganz oder teilweise in Abgang gestellt werden. In den Haushaltsvermerk zu den staatlichen Museen sollte ein entsprechender Vorbehalt aufgenommen werden.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Wissenschaftsministerium weist darauf hin, dass es im Sommer 2015 Bilanzierungsrichtlinien vorbereitet habe, die mangels Einvernehmen des Finanzministeriums nicht umgesetzt wurden.
Das Wissenschaftsministerium macht geltend, dass die Vorlage- und Genehmigungsfristen eingehalten werden könnten, sobald Bilanzierungsvorgaben bestehen, die den Spezifika der Museen gerecht werden. Fristversäumnisse (und damit auch Sanktionen) würden damit obsolet. Eine verkürzte Genehmigungsfrist hält das Wissenschaftsministerium indes nicht für erforderlich, da bei den Museen die rechtlichen Voraussetzungen vorlägen, um eine Aufstellung der Jahresabschlüsse unter (gegebenenfalls teilweiser) Ergebnisverwendung vorzunehmen, wie sie das Ministerium seit Jahren fordere. Etwaige Ergebnisvorträge seien zudem nicht der Vorläufigkeit von Jahresabschlüssen geschuldet, sondern zeigten, dass die Rücklagenbildung aus den erwirtschafteten Überschüssen generell maßvoll erfolge und verbleibende Gewinne als Risikovorsorge und für unvorhergesehene Mittelbedarfe vorgetragen würden.
Die im Vorfeld nur schwer abzuschätzende Besucherresonanz auf Wechselausstellungen beeinträchtige die Zuverlässigkeit der Einnahmeprognosen. Da die Ausstellungen letztlich zu keinen großen Defiziten führen dürfen, sei eine gewisse Zurückhaltung bei der Einplanung von Eigeneinnahmen zur Gegenfinanzierung nachvollziehbar. Überdies sei eine zuschussmindernde Anrechnung von Überschüssen, insbesondere aus Spenden oder Sponsoring (bei den Museen im Durchschnitt rund 1,6 Mio. Euro jährlich), unter Anreizgesichtspunkten bedenklich und könnte Förderer verprellen, was wiederum nachteilig für das Land wäre. Ohnehin gehe die überjährig angelegte Ausstellungstätigkeit mit erheblichen planerischen Vorlaufzeiten und finanziellen Unsicherheiten einher und erfordere für die Museen daher ein hohes Maß an Planungssicherheit hinsichtlich der verfügbaren Eigenmittel. Das Ministerium hält hinsichtlich der Rücklagen eine Begrenzung des Planungshorizonts auf fünf Jahre für sachdienlich, was insbesondere auch dem Planungszeitraum bei den Großen Landes- und Sonderausstellungen entspreche. Die Grundgedanken hinter der flexibilisierten, dezentral und eigenverantwortlichen Bewirtschaftung als Landesbetrieb (unter anderem die Hebung der „Effizienzrendite“) und die mit den „Neuen Steuerungsinstrumenten“ verbundenen Möglichkeiten zur strategischen und überjährigen Planung würden konterkariert, falls Rücklagen aus kameral motivierten Gründen generell ab zwei Jahren einem erhöhten Begründungsbedarf unterlägen oder gar zuschussmindernd angerechnet werden sollten.
Das Ministerium habe im Herbst 2015 eine standardisierte Mittelabflussplanung erstellt, die seit dem Haushaltsjahr 2016 konsequent angewendet wird, um dauerhaft einen bedarfsgerechten Mittelabruf der staatlichen Museen sicherzustellen. Die Mitte 2016 angekündigte Prüfung des Rechnungshofs habe das Ministerium in diesem Bestreben bestätigt.
5 Schlussbemerkung
Das nachvollziehbare Bemühen des Wissenschaftsministeriums um eine praxisgerechtere Ausgestaltung der Bilanzierungsregeln entbindet nicht von der Pflicht, die vorgelegten Jahresabschlüsse innerhalb der haushaltsrechtlich vorgesehenen Frist zu genehmigen.
Der Rechnungshof bleibt deshalb bei seiner Kritik an der nachlässigen Genehmigungspraxis.
Was wurde aus dem Beitrag?
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Die Duale Hochschule Baden-Württemberg sollte die im Jahr 2009 begonnene Zentralisierung von Steuerungs- und Verwaltungsaufgaben konsequent weiterführen. Durch die Ausschöpfung von Effizienzreserven in der Verwaltung und eine längst fällige Neuorganisation würden sich Einsparungen in Millionenhöhe erzielen lassen. Im Haushaltsvollzug und bei der Anwendung der Lehrverpflichtungsverordnung ist das geltende Recht einzuhalten.
1 Ausgangslage
Das Land Baden-Württemberg errichtete in den Siebzigerjahren in enger Kooperation mit der Industrie und mittelständischen Unternehmen die Berufsakademie Baden-Württemberg. Sie bietet qualifizierten Abiturienten ein 3-jähriges duales Studium an, in dem sich in dreimonatlichem Rhythmus Theorie- und Praxisphasen abwechseln. Die Studierenden sind während des gesamten Studiums vertraglich an ein Ausbildungsunternehmen (Dualer Partner) gebunden, das für die praktischen Studienphasen verantwortlich ist. Die Lehre wird während der Theoriephasen zu etwa 40 Prozent von hauptamtlichen Professoren wahrgenommen, 60 Prozent des Lehrangebots werden von Lehrbeauftragten gestaltet, die zu einem beträchtlichen Teil aus den Partnerunternehmen kommen. In den ersten Jahrzehnten der Berufsakademie schlossen die Studierenden ihr duales Studium mit einer Diplomprüfung ab. Im Zuge des Bologna-Prozesses wandelten sich die Diplomstudiengänge zu Bachelorstudiengängen.
Die Berufsakademie Baden-Württemberg gliederte sich in mehrere vergleichsweise selbstständige Studienakademien, die jeweils von einem Rektor und einem Verwaltungsdirektor geleitet wurden. Aufgrund einer Entscheidung des Gesetzgebers wurde die Berufsakademie im Jahr 2009 zur Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) umgewandelt, an deren Spitze seither ein Präsident, ein Vizepräsident, ein Kanzler und zwei weitere Präsidiumsmitglieder stehen. Die Aufsicht über das Präsidium führt ein Aufsichtsrat, in dem auch die dualen Partnerunternehmen maßgeblich vertreten sind. Der Vorsitz im Aufsichtsrat wechselt jährlich und wird derzeit von der Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst wahrgenommen. Wie alle Hochschulen des Landes ist die DHBW zugleich Körperschaft des öffentlichen Rechts und Einrichtung des Landes.
Die Zahl der Studierenden ist seit der Gründung der Berufsakademie kontinuierlich gestiegen, nach der Umwandlung zur DHBW hat sich die Studierendenzahl noch einmal um 50 Prozent erhöht; heute sind mehr als 34.000 Studierende an der DHBW eingeschrieben. Sie verteilen sich auf 39 Studiengänge in den Fachbereichen Wirtschaft, Technik und Sozialwesen. Die Zahl der Studierenden wird nicht allein von der Kapazität der DHBW bestimmt, sondern ergibt sich aus der Summe der von den Dualen Partnern zur Verfügung gestellten Ausbildungsplätze. Gemessen an der Studierendenzahl ist die DHBW die größte Hochschule in Baden-Württemberg.
Die DHBW verfügt heute über neun Studienakademien in Stuttgart mit Außenstelle Horb, Mannheim, Mosbach mit Außenstelle Bad Mergentheim, Ravensburg mit Außenstelle Friedrichshafen, Karlsruhe, Villingen-Schwenningen, Heidenheim, Lörrach und Heilbronn. Dazu kommt das Center for Advanced Studies am Standort Heilbronn. Sitz des Präsidiums ist Stuttgart.
An den Studienakademien beschäftigt die DHBW 1.938 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (2017), davon sind 722 als hauptamtliche Professoren in der Lehre tätig. Hinzu kommen 68 Beschäftigte beim Präsidium.
Die Finanzierung der DHBW erfolgt aus verschiedenen Quellen: Neben den mit Landesmitteln aus Kapitel 1468 des Staatshaushaltsplans finanzierten Ausgaben von 96,6 Mio. Euro (2017) erhält die DHBW aus Kapitel 1403 Mittel aus dem Ausbauprogramm Hochschule 2012 (2017 rund 57 Mio. Euro) sowie Mietzuschüsse des Landes in Höhe von 13,4 Mio. Euro. Ihre Forschungsaktivitäten finanziert die DHBW überwiegend aus eingeworbenen Drittmitteln (zuletzt 6,6 Mio. Euro) und in geringem Umfang aus dafür bestimmten Fördermitteln des Landes. Die seit wenigen Jahren im Aufbau befindlichen Masterstudiengänge am Center for Advanced Studies in Heilbronn werden derzeit vollständig aus den Zuwendungen einer privaten Stiftung und Gebühreneinnahmen finanziert. Auch einige Bachelorstudiengänge werden aus privaten Stiftungsgeldern und aus Mitteln des Bundes mitfinanziert. Aus den Landesmitteln (167 Mio. Euro) sowie Drittmitteln und Gebühreneinnahmen (zusammen 27 Mio. Euro) bestritt die DHBW 2017 ihre Ausgaben von 189,7 Mio. Euro. Aus nicht verbrauchten Mitteln hatte die DHBW bis zum Jahresende 2017 Ausgabereste von 45,9 Mio. Euro und Ende 2018 53,6 Mio. Euro gebildet.
In mehreren Prüfungen hat der Rechnungshof die Finanzierung der DHBW, ihre Haushalts- und Wirtschaftsführung, die Wahrnehmung der Lehre, die Nebentätigkeiten der Professoren und die Organisation der Verwaltung im Präsidium und bei den Studienakademien geprüft.
2 Prüfungsergebnisse
Die DHBW kann auf eine erfolgreiche 45-jährige Geschichte zurückblicken. Die Nachfrage der Studierenden und der Unternehmen nach Studienplätzen bewegt sich auf einem unverändert hohen Niveau.
Die wichtigsten Erfolgsfaktoren der DHBW sind:
- Theorie und Praxis sind im dualen Studium optimal verzahnt.
- Lehrbeauftragte aus der Berufspraxis sorgen für ein hohes Maß an berufsorientierter Lehre.
- Die DHBW erweist sich bei der Entwicklung neuer Studiengänge als flexibel und nachfrageorientiert.
- Durch die dezentrale Struktur der Studienakademien ergibt sich in den meisten Fällen eine räumliche Nähe zu den Partnerunternehmen der jeweiligen Region.
- Die stringente Organisation des Studiums in 3-jährigen Kursen und die vertragliche Bindung an das Ausbildungsunternehmen führen zu einer bemerkenswert hohen Studienerfolgsquote.
Die Qualität des Studiums wird dadurch belegt, dass nach Erhebungen der DHBW mehr als 80 Prozent der Absolventen unmittelbar nach Beendigung des Studiums einen Arbeitsplatz in ihrem Unternehmen oder einem anderen Unternehmen der Branche bekommen. Die Mehrzahl der übrigen Absolventen strebt ein weiterführendes Studium an einer anderen Hochschule mit dem Ziel Master oder Promotion an.
2.1 Verbesserungspotenziale in der Lehre
Bei der Anwendung der Lehrverpflichtungsverordnung ergaben sich bei den hauptamtlichen Professoren in einigen Fällen Mängel, die zu einer vermeidbaren Minderleistung führten. So musste der Rechnungshof beanstanden, dass in Einzelfällen Deputatsermäßigungen ohne Rechtsgrundlage erteilt wurden, die individuelle Einhaltung der Lehrverpflichtung nicht ordnungsgemäß dokumentiert und überprüft wurde und Deputatsuntererfüllungen nicht wie vorgeschrieben innerhalb von drei Jahren ausgeglichen wurden.
Der Rechnungshof hält die Bemessung der Lehrverpflichtung anhand eines Jahresdeputats von 576 Stunden für sachgerecht und angemessen. Die für die Tätigkeit als Studiengangsleiter vorgesehenen Ermäßigungen von bis zu 288 Jahreslehrveranstaltungsstunden erscheinen hingegen als zu großzügig und sollten vom Wissenschaftsministerium überprüft werden. Dies gilt erst recht dann, wenn die Studiengangsleiter durch den Einsatz von Verwaltungsmitarbeitern (Studiengangsmanager) entlastet werden. In diesem Fall müssen die Personalkosten der Studiengangsmanager durch Deputatserhöhungen bei den Studiengangsleitern kompensiert werden.
Kleinere Mängel zeigten sich bei der Erteilung und Abrechnung von Lehraufträgen. Der Rechnungshof hat die DHBW darauf hingewiesen, dass sich Lehraufträge mit regelmäßig mehr als acht Wochenstunden im Hinblick auf die damit verbundenen arbeitsrechtlichen Risiken verbieten. Außerdem ist in einzelnen Fällen mehr Sorgfalt bei der Abrechnung der Lehraufträge geboten.
Ein Einsparpotenzial sieht der Rechnungshof in der Möglichkeit, Kurse mit unterdurchschnittlicher Teilnehmerzahl, die an verschiedenen Standorten angeboten werden, an einer Studienakademie zu konzentrieren. Grundsätzlich gilt, dass eine durchschnittliche Teilnehmerzahl von 30 Studierenden je Kurs (heute 28,6) weder zu Qualitätseinbußen in der Lehre führen noch die Infrastruktur überfordern würde.
2.2 Mängel in der Haushalts- und Wirtschaftsführung
Bei der Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung ergab sich, dass die Ablauforganisation in den letzten drei Jahren deutlich verbessert werden konnte. Verbesserungspotenziale bestehen jedoch nach wie vor bei der Steuerung des Haushaltsvollzugs (einschließlich Controlling), bei Beschaffungen und Vergaben sowie in der Personalwirtschaft. Der Rechnungshof hat im Zuge seiner Prüfung u. a. Fehler bei der Befristung von Arbeitsverhältnissen, fehlende Tätigkeitsbeschreibungen bei Tarifangestellten, eine unzureichende Stellenbesetzungsübersicht, zwei rechtswidrig gewährte Zulagen und Fehler bei der Erfassung und Berechnung der Arbeitszeiten beanstandet.
Mehr Haushaltsdisziplin und Sparsamkeit ist bei den Ausgaben für Kommunikation und interne Repräsentation geboten. Schwerwiegende Haushaltsverstöße gab es u. a. bei der Feier des 40-jährigen Jubiläums im Jahr 2014 und bei Absolventenverabschiedungen am Standort Stuttgart. Beanstandet hat der Rechnungshof auch, dass an einem Standort ein Mitarbeiter der DHBW Aufgaben des Fördervereins ohne entsprechenden Kostenersatz wahrgenommen hat.
Deutliche Verbesserungspotenziale ergeben sich noch bei der gebotenen Vereinheitlichung von Strukturen und Abläufen an den einzelnen Studienakademien, im Personalbereich insbesondere bei der teilweise unterschiedlichen Eingruppierung gleichartiger Tätigkeiten an den einzelnen Standorten.
Als unverhältnismäßig aufwendig erwies sich die Bewirtschaftung der vom Land aus Kapitel 1499 gewährten Forschungsfördermittel in Höhe von 400.000 Euro jährlich. Dieser Beitrag des Landes zur Forschungsförderung sollte künftig entweder in die Grundfinanzierung integriert oder aber pauschal ohne Verpflichtung zur Einzelabrechnung der Forschungsprojekte gewährt werden.
2.3 Ergebnisse der Organisationsuntersuchung
Der Rechnungshof hat die Organisation der Verwaltung im Präsidium und an den neun Studienakademien überprüft. Grundlage war eine Befragung aller mit Verwaltungstätigkeiten befassten Mitarbeiter der DHBW. Erhoben wurde insbesondere, welche Aufgaben die einzelnen Mitarbeiter wahrnehmen und welche Zeitanteile auf die einzelnen Aufgaben entfallen.
Diese Prüfung ergab, dass die Effizienz der Aufgabenerfüllung zwischen den einzelnen Standorten differiert. In den meisten Aufgabenbereichen erwies sich die Studienakademie Karlsruhe als besonders effizient organisiert. Die meisten Verbesserungspotenziale zeigten sich bei der Studienakademie in Mannheim. Der Rechnungshof hat die an den einzelnen Standorten festgestellten Effizienzreserven bestimmt und daraus in der Summe ein Verbesserungspotenzial von mehr als 40 Vollzeitäquivalenten ermittelt. Bei konsequenter Nutzung dieser Effizienzreserven ließe sich bei gegebener Struktur ein Einsparpotenzial von rund 4 Mio. Euro realisieren. Bemerkenswert ist, dass die im Rahmen dieser Prüfung gebildeten Leistungskennzahlen in nahezu allen Bereichen hinter den vom Rechnungshof kürzlich erhobenen Kennzahlen bei vier Universitätsverwaltungen zurückbleiben.
Weiterhin zeigte sich bei der Prüfung, dass die Verteilung der Aufgaben zwischen dem Präsidium und den Studienakademien in manchen Bereichen unklar, in anderen Bereichen nicht optimal ist. Doppelzuständigkeiten des Präsidiums und der dezentralen Verwaltungen einerseits und negative Kompetenzkonflikte andererseits behindern noch immer eine effiziente Aufgabenerfüllung. Diese wird auch dadurch erschwert, dass die örtlichen Verwaltungen ihrem jeweiligen Verwaltungsdirektor und Rektor unterstellt sind, die jeweils spezielle eigene Prämissen bei der Aufgabenerfüllung setzen. Aus der Sicht des Rechnungshofs sind die Verwaltungsdirektoren an den einzelnen Standorten nicht mehr erforderlich. Die Führungsaufgaben der Rektoren der Studienakademien sollten sich künftig auf Fragen von Studium und Lehre und der Zusammenarbeit mit den regionalen Partnerunternehmen beschränken.
Der Rechnungshof hält den mit der Gründung der DHBW im Jahr 2009 begonnenen Veränderungsprozess, der zu einer stärkeren Konzentration von Aufgaben beim Präsidium und einer Entlastung der Studienakademien führen soll, für prinzipiell zielführend. Allerdings muss der Aufgabenabbau bei den Studienakademien dort zu spürbaren Personaleinsparungen führen. Bei der Ausstattung des Präsidiums muss darauf geachtet werden, dass dort keine Personalüberhänge entstehen.
2.4 Finanzierung der Dualen Hochschule Baden-Württemberg
In dem vom Rechnungshof geprüften Zeitraum erwies sich die Finanzierung der DHBW mehr als bedarfsgerecht. So konnte die DHBW sogar Ausgabereste bilden, indem sie aus zahlreichen unbesetzten Professoren- und Verwaltungsstellen in beträchtlichem Umfang Mittel schöpfen und die zur Verfügung stehenden Ausgabeansätze deutlich unterschreiten konnte. In einzelnen Jahren verführte diese gute Finanzausstattung die handelnden Personen sogar zu einem unangemessen großzügigen Ausgabeverhalten.
Als hinderlich bei der sachgerechten Bemessung der Landeszuschüsse erwies sich das unübersichtliche Nebeneinander der verschiedenen Haushaltsansätze. Die Zusammenfassung der Zuschüsse des Landes in einem Haushaltskapitel würde die sachgerechte Planung und den ordnungsgemäßen Vollzug des Haushalts der DHBW erleichtern und mehr Transparenz schaffen.
Unnötig ausdifferenziert ist auch die Bemessung des Finanzbedarfs für die laut Hochschulfinanzierungsvertrag maximal finanzierten 415 Studienanfängerkurse der DHBW. Während im Bereich der Grundfinanzierung ein Finanzbedarf je Kurs von 412.000 Euro festgesetzt wurde, unterstützte das Ausbauprogramm Hochschule 2012 die damit geschaffenen zusätzlichen Kurse jeweils nur mit 299.000 Euro. Wieder andere Zahlen liegen der Finanzierung der drittmittelfinanzierten Kurse zugrunde. Der Rechnungshof hält es für erforderlich, den Finanzbedarf je Kurs (inklusive Overhead) einheitlich zu bemessen und diesen Bedarf der künftigen Finanzierung durch das Land zugrunde zu legen. Eine Finanzierung aus Sondertöpfen des Zentralkapitels 1403 ist weder erforderlich noch geboten.
3 Empfehlungen
3.1 Organisation der Lehre
Der Rechnungshof hält das von der DHBW von Anfang an praktizierte Modell, bis zu 50 Prozent der Lehre durch Professoren und weitere 50 Prozent der Lehre durch Lehrbeauftragte erbringen zu lassen, für gelungen. Einerseits sichert dieses Modell den Praxisbezug, die Aktualität und die Flexibilität des Lehrangebots und begrenzt andererseits den Ressourcenverbrauch.
Zur weiteren Verbesserung der Lehre empfiehlt der Rechnungshof,
- den Anteil der von Lehrbeauftragten geleisteten Lehre möglichst nicht unter 50 Prozent des Lehrangebots zu reduzieren;
- bei der professoralen Lehre die Lehrverpflichtungsverordnung einzuhalten, insbesondere Deputatsermäßigungen nur in dem dort vorgesehenen Rahmen zu gewähren und die individuelle Lehrverpflichtung für jedes Studienjahr zuverlässig zu dokumentieren und zu überwachen;
- zur Entlastung der Studiengangsleiter immer dann Studiengangsmanager einzusetzen, wenn deren Kosten durch eine entsprechende Erhöhung des Lehrdeputats der Studiengangsleiter vollständig gegenfinanziert werden.
Das Wissenschaftsministerium sollte überprüfen, ob das reduzierte Deputat der Studiengangsleiter generell erhöht werden sollte.
3.2 Haushalts- und Wirtschaftsführung
Der Rechnungshof empfiehlt,
- die festgestellten Mängel bei der Steuerung des Haushaltsvollzugs, bei der Personalverwaltung, im Vergabewesen und bei der Bewirtschaftung von Drittmitteln zu beheben;
- mit den Haushaltsmitteln sparsamer als in der Vergangenheit umzugehen, dies gilt insbesondere bei Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit und für innere Repräsentation und
- die für die Steuerung einer Hochschule dieser Größe und Struktur (neun Studienakademien) erforderlichen Kennzahlen zu bilden und zu nutzen.
3.3 Organisation der Verwaltung
Der Rechnungshof empfiehlt, die Verwaltung der DHBW zu reorganisieren und dabei den 2009 begonnenen Kurs der zentralen Steuerung durch das Präsidium konsequent weiterzuführen und durch entsprechende organisatorische Maßnahmen umzusetzen. Ziel ist dabei, die Qualität der Verwaltung zu verbessern und zugleich den Verwaltungsaufwand zu reduzieren.
Der Rechnungshof schlägt vor, beim Präsidium der DHBW
- jeweils eine Abteilung für Hochschulentwicklung und Kommunikation, für Forschung und Grundsatzfragen der Lehre, für Haushalt, für Personal und für Organisation mit Innerem Dienst sowie drei Stabsstellen für Controlling, für Rechtsfragen (Justiziariat) und für Interne Revision einzurichten.
Für die Verwaltung bei den einzelnen Studienakademien schlägt der Rechnungshof vor,
- jeweils drei Sachgebiete für Haushalt, für Personal und für Organisation einzurichten, die unmittelbar den entsprechenden Abteilungen des Präsidiums unterstellt sind und nicht den Weisungen des örtlichen Rektors unterliegen;
- jeweils ein Sachgebiet für Studium und Lehre einzurichten, das dem Rektor der Studienakademie unterstellt ist, sowie
- dem Rektor einen Mitarbeiter insbesondere für lokale Kommunikation beizuordnen.
Die Stellen der Verwaltungsdirektoren an den Studienakademien sind künftig entbehrlich und einzusparen.
3.4 Künftige Finanzierung der Dualen Hochschule Baden-Württemberg
Der Rechnungshof empfiehlt, die Zuschüsse des Landes an die DHBW ab 2021 ausschließlich im Kapitel 1468 (DHBW) zu etatisieren. Bei der Bemessung der Landeszuschüsse sind folgende Einsparpotenziale zu berücksichtigen:
Stellen, insbesondere im Verwaltungsbereich, die seit längerer Zeit unbesetzt sind, sind im Stellenplan zu streichen. Damit entfällt die Möglichkeit, aus diesen Stellen Mittel zu schöpfen (2016 rund 4,5 Mio. Euro).
Die vom Rechnungshof bei der Organisationsuntersuchung bei heutiger Struktur festgestellte Effizienzreserve von mehr als 40 Vollzeitäquivalenten ist umzusetzen. Dies entspricht einem Personalkostenvolumen von rund 4 Mio. Euro.
Durch die vom Rechnungshof vorgeschlagene Neuorganisation entfallen an jeder Studienakademie Verwaltungsstellen. Soweit diese nicht zur Verstärkung des Präsidiums benötigt werden, können sie im Stellenplan gestrichen werden. Allein der Wegfall der neun Stellen der Verwaltungsdirektoren ergibt eine Personalkosteneinsparung von jährlich 1 Mio. Euro.
Durch die Begrenzung der Zahl der vom Land finanzierten Anfängerkurse auf 400 können direkte Kosten eingespart werden. Wenn die Zahl der durchschnittlichen Kursteilnehmer gleichzeitig auf 30 erhöht wird, ergibt sich eine höhere Studienanfängerkapazität von insgesamt 12.000 Studienanfängerplätzen. Kurse mit geringer Teilnehmerzahl, die an verschiedenen Standorten angeboten werden, sollten zusammengefasst werden.
Durch einen realistischeren Ansatz der geplanten Einnahmen und Ausgaben wird vermieden, dass Ausgabereste entstehen, die mittelfristig zu überhöhten Ausgaben führen können.
Weitere Einsparpotenziale ergeben sich aus einem maßvollen Umgang mit den für Öffentlichkeitsarbeit und innere Repräsentation vorgesehenen Mitteln.
Unter Berücksichtigung dieser Einsparpotenziale ergibt sich ein Finanzbedarf von 410.000 Euro je Kurs. Insgesamt stünden der DHBW damit ab 2021 jährlich aus Landesmitteln 164 Mio. Euro für die Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung. Dieser Betrag ersetzt auch die bisher in Kapitel 1403 etatisierten Finanzierungselemente (insbesondere die Mittel des Ausbauprogramms, Mietzuschüsse und Qualitätssicherungsmittel).
Die der DHBW übertragenen Forschungsaufgaben sind überwiegend aus Drittmitteleinnahmen zu finanzieren.
Das Lehrangebot für berufsbegleitende Masterstudiengänge wird nicht aus Landesmitteln, sondern aus Teilnehmergebühren und Zuwendungen Dritter kostendeckend finanziert. Möglich ist auch, weitere Studienanfängerkurse aus eingeworbenen Drittmitteln zu finanzieren. Soweit dabei Komplementärfinanzierungen durch das Land gefordert werden, müssen diese Mittel aus der oben genannten Grundfinanzierung erbracht werden.
4 Stellungnahme des Ministeriums und der Dualen Hochschule Baden-Württemberg
4.1 Wissenschaftsministerium
Das Wissenschaftsministerium weist darauf hin, dass sich die Empfehlungen überwiegend an die DHBW richten und aufgrund der Hochschulautonomie zum Großteil in den Verantwortungsbereich der Hochschulleitung fallen. Die Einflussmöglichkeiten des Wissenschaftsministeriums seien insoweit auf die Aufsichtsfunktion beschränkt. Das Ministerium sehe die angesprochenen Defizite in Struktur und Organisation der DHBW mit Sorge und werde deren Weiterentwicklung in den Fokus nehmen. Soweit das Ministerium unmittelbar betroffen ist, werde es die Empfehlungen prüfen und intensiv mit der DHBW diskutieren.
Die DHBW habe die Beanstandungen im Bereich Organisation der Lehre bestätigt. Das Präsidium der DHBW habe deutlich gemacht, dass es die zugrunde liegenden Sachverhalte aufarbeiten, festgestellte Mängel möglichst rasch beheben und künftig ein rechtskonformes Vorgehen sicherstellen werde. Das Ministerium werde sich über das Ergebnis berichten lassen und auf eine zeitnahe Aufarbeitung durch die Hochschule hinwirken. Es werde den Vorschlag aufgreifen, die Lehrstrukturen zu überprüfen und gegebenenfalls die Lehrverpflichtungsverordnung entsprechend anzupassen. Vor einer Entscheidung über die Empfehlungen zum Lehrumfang der Studiengangsleitungen werde es mit der DHBW zunächst die derzeitige Verwaltungsorganisation untersuchen. Gleiches gelte für die Erhöhung der durchschnittlichen Teilnehmerzahl von Kursen von 28,6 auf 30. Das Ministerium weist hierzu auf limitierende Faktoren für eine solche Erhöhung durch die Größe der verfügbaren Räume und durch notwendige Kursteilungen hin.
Das Ministerium werde, soweit möglich, auf eine Verbesserung beim Haushaltsvollzug achten. Es werde sich zudem regelmäßig über die erreichten Fortschritte bei der Vereinheitlichung der Abläufe an den einzelnen Studienakademien und im Personalbereich berichten lassen. Gleiches gelte für die Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofs. Bezüglich der Forschungsförderlinie werde es zu gegebener Zeit die Alternativen prüfen. Das Ministerium stimme dem Rechnungshof zu, dass die Forschungsaufgaben der DHBW überwiegend aus Drittmitteleinnahmen finanziert werden sollen.
Das Ministerium sei ebenfalls der Auffassung, dass die Struktur und Organisation von zentraler und dezentraler Verwaltung, insbesondere die Geschäftsverteilung bei dieser neuen Hochschulform, weiterentwickelt werden muss. Aus diesem Grund habe der Aufsichtsrat der DHBW bereits vor längerer Zeit einen Organisationsentwicklungsprozess initiiert. Das Ministerium danke für den Vorschlag des Rechnungshofs zur Reorganisation der Verwaltung der DHBW und werde ihn in das Organisationsentwicklungsprojekt einbringen.
Im Rahmen des nächsten Hochschulfinanzierungsvertrages strebe das Ministerium eine Vereinheitlichung der Etatisierung der Zuschüsse des Landes für die DHBW an. Kritisch sehe es im Hinblick auf die große Nachfrage nach dualen Studienplätzen die Begrenzung auf 400 Studienanfängerkurse, da dies ein flexibles, nachfrageorientiertes Studienangebot einschränke, einen der Erfolgsfaktoren der DHBW. Dies gelte auch für eine Zusammenfassung von Kursen mit geringer Teilnehmerzahl, die an mehreren Standorten angeboten werden. Denn es sei gerade das Spezifikum der DHBW, regionale Bedarfe der Dualen Partner vor Ort abzudecken. Aufgrund der bisherigen Ausgestaltung der Kursfinanzierung bei der DHBW werde es zunächst prüfen, ob die vorgeschlagene einheitliche Kursfinanzierung von 410.000 Euro je Kurs tatsächlich eine auskömmliche Finanzierung darstellt. Auch könnten die Empfehlungen des Rechnungshofs zu den Stelleneinsparungen erst nach eingehender Prüfung unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Organisationsentwicklungsprojekts bewertet werden.
4.2 Stellungnahme der Dualen Hochschule Baden-Württemberg
Das Präsidium der DHBW teilt mit, dass die Feststellungen des Rechnungshofs grundsätzlich anerkannt werden, und sagt zu, die ausgesprochenen Empfehlungen bei der weiteren Umsetzung zu berücksichtigen. Ausdrücklich begrüßt die DHBW die Ausführungen des Rechnungshofs, wonach der finanzielle Beitrag des Landes zur Forschung in die Grundfinanzierung integriert werden solle. Gleiches gelte für die Empfehlung, den Finanzbedarf von allen genehmigten Kurssäulen (inklusive Overhead) einheitlich nach der Grundlast zu bemessen und künftig keine differenzierte Finanzierung der einzelnen Kurssäulen vorzunehmen. Die DHBW stimmt der These des Rechnungshofs zu, die Ressourcen der DHBW seien nicht durchgängig optimal eingesetzt und die Strukturen nicht hinreichend effizient. Sie verweist allerdings darauf, dass die bisherigen dezentralen Strukturen den Vorgaben des Landeshochschulgesetzes entsprächen (§§ 16 Absatz 8, 27a Absatz 8, 27b Absatz 2 Nr. 6 LHG). Unabhängig von der rechtlichen Beurteilung teilt die DHBW die Sichtweise des Rechnungshofs, dass ein effizienteres Zusammenspiel der Verwaltung des Präsidiums und der Verwaltungen der Studienakademien erforderlich ist. Dies gelte besonders für die Durchgriffsrechte des Kanzlers und die klaren Kommunikationsstrukturen gegenüber dem Präsidium.
Die DHBW werde in der weiteren Umsetzung des eigenen Organisationsentwicklungsprojektes prüfen, wie die Empfehlungen des Rechnungshofs umgesetzt werden können, und sich hinsichtlich der aufgeworfenen Rechtsfragen mit dem Wissenschaftsministerium abstimmen.
Das Präsidium der DHBW bestreitet das vom Rechnungshof ermittelte Einsparpotenzial von mehr als 40 Vollzeitäquivalenten. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass die DHBW mittelfristig eine hauptamtliche Lehre von (mindestens) 50 Prozent sicherstellen müsse.
Die Schaffung der Stellen für Studiengangsmanager werde erst durch einen zentralen Stellenpool möglich, in den die derzeit nicht besetzten Stellen eingebracht werden. Durch die Einsetzung von Studiengangsmanagern könnte mittelfristig auch die historisch gewachsene und sehr inhomogene Stellenausstattung der Studienakademien effizienter gestaltet und (bedarfsgerecht) ausgeglichen werden.
Weiterhin wendet sich die DHBW gegen die Auffassung des Rechnungshofs, Kurse mit unterdurchschnittlicher Teilnehmerzahl an einer Studienakademie zu konzentrieren sowie die durchschnittliche Kursgröße von 28,6 auf 30 Studierende zu erhöhen. Die realen Kursgrößen orientierten sich einerseits an konkreten regionalen und fachlichen Qualifikationsbedarfen der Dualen Partner und andererseits an den Kapazitäten der Studienakademien. Größere Kursgrößen würden die Attraktivität und Qualität des dualen Studiums erheblich beeinträchtigen und das Kleingruppenprinzip als Basis des besonderen Erfolgs der DHBW gefährden. Die vom Rechnungshof vorgeschlagene Reduktion der Zahl der Anfängerkurse würde zulasten besonderer Angebote gehen, die vor Ort benötigt werden und zum Teil bundesweit einmalig seien. Angesichts einer Gesamtauslastung von annähernd 100 Prozent der Kurse könne die DHBW den Vorschlag einer Reduzierung der Kurse nicht nachvollziehen. Eine Erhöhung des Kursteilers und eine Reduktion der Zahl der Kurse würden einen sofortigen Aufnahmestopp bei den Studienanfängern zur Folge haben.
5 Schlussbemerkung
Der Rechnungshof weist darauf hin, dass bei 400 Studienanfängerkursen mit durchschnittlich 30 Teilnehmern mehr als 1500 neue Studienplätze entstehen könnten, ohne dass zusätzliche Ressourcen des Landes erforderlich würden. Vor diesem Hintergrund ist es für den Rechnungshof nicht nachvollziehbar, dass das Präsidium der DHBW mit einem sofortigen Aufnahmestopp für Studienanfänger droht.
Soweit die DHBW geltend macht, dass für die Beschäftigung von Studiengangsmanagern vorhandene Stellen umgewidmet werden müssten, steht dies nicht im Widerspruch zur Auffassung des Rechnungshofs. Entscheidend ist allerdings, dass diese Stellen durch eine Erhöhung des Deputats der auf diese Weise entlasteten Professoren vollständig gegenfinanziert werden. Unter dieser Voraussetzung können die vom Rechnungshof als Einsparpotenzial benannten Stellen in solche für Studiengangsmanager umgewandelt werden. Im Übrigen begrüßt der Rechnungshof, dass seine Feststellungen und Empfehlungen vom Präsidium der DHBW überwiegend geteilt werden.
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Die Finanzausstattung der MFG Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg mbH sollte unter Berücksichtigung der hohen Liquidität bedarfsgerecht abgesenkt werden. Mit Hilfe von Verpflichtungsermächtigungen kann vermieden werden, dass Haushaltsreste entstehen und sich verstetigen. Rückzahlungen von Förderdarlehen sollten haushaltsentlastend verwendet werden. Ruhegehaltszusagen an Geschäftsführer sollten so gestaltet werden, dass finanzielle Risiken für die Gesellschaft vermieden werden.
1 Ausgangslage
Der Rechnungshof hat sich in der Denkschrift 2018 mit der Filmförderung durch die MFG Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg mbH (MFG) befasst. Der jetzige Denkschriftbeitrag legt den Fokus auf Gesellschaftsthemen und den Gesellschafter Land.
An der MFG sind das Land mit 51 Prozent und der Südwestrundfunk (SWR) mit 49 Prozent beteiligt. Land und SWR finanzieren die MFG mit ihren Gesellschafterbeiträgen zu gleichen Teilen. Daneben gewährt das Land der MFG zusätzliche Zuwendungen zur zweckgebundenen Erhöhung der Filmfördermittel und für sonstige Filmfördermaßnahmen (2016: 6,5 Mio. Euro) sowie für Projektförderungen im Geschäftsbereich MFG Kreativ (2016: 0,4 Mio. Euro).
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Haushaltsreste
Die Haushaltsmittel für die Gesellschafterbeiträge der MFG sowie die Zuschüsse für zusätzliche Filmförderprojekte (Geschäftsbereich Filmförderung) und Projekte der Medienentwicklung (Geschäftsbereich MFG Kreativ) sind an drei Stellen im Landeshaushalt etatisiert.
Von 2012 bis 2016 wurden bei den genannten Titeln insgesamt durchschnittlich 7,0 Mio. Euro Reste je Jahr gebildet. 2016 betrugen diese noch knapp 5,6 Mio. Euro; dies entspricht rund 38 Prozent der Haushaltsbeträge. Bei Projekten der Medienentwicklung überstieg der gebildete Rest in allen Jahren zum Teil erheblich den Haushaltsansatz. Die betragsmäßig höchsten Reste wurden bei den zusätzlichen Filmfördermitteln ausgewiesen.
Die Gründe für die umfangreiche Restebildung liegen in der Struktur der Filmförderung:
Die Produzenten rufen die bewilligten Fördermittel nach Bedarf und Projektfortschritt ab. Die erste Rate wird erst bei Nachweis der Gesamtfinanzierung, die Schlussrate erst nach Vorlage des Verwendungsnachweises gezahlt. Die MFG ihrerseits ruft beim Land die Gesellschafterbeiträge und zusätzlichen Filmfördermittel ebenfalls nach Bedarf ab. Diese Vorgehensweise hat bei einer branchenüblichen Projektdauer von 2 bis 4 Jahren mehr oder weniger zwangsläufig zur Folge, dass Reste entstehen.
Um den Mittelabfluss zu beschleunigen, spricht die MFG seit vielen Jahren Förderzusagen auch im Vorgriff auf das Folgejahr aus. Dennoch bestehen weiterhin Haushaltsreste in erheblichem Umfang.
Die Haushaltsansätze orientieren sich bislang nicht am tatsächlichen Mittelbedarf des Haushaltsjahres, sondern berücksichtigen sämtliche Neubewilligungen - auch überjährig wirkende. Diese Praxis bei der Aufstellung des Haushalts ist mit den Vorgaben des § 11 Absatz 2 Landeshaushaltsordnung und den zugehörigen Verwaltungsvorschriften nicht vereinbar. Danach dürfen in den Haushalt nur Ausgaben aufgenommen werden, die im Haushaltsjahr voraussichtlich zu leisten sind, d. h. kassenwirksam werden. Haushaltsrechtlich geeignetes und auch gebotenes Instrument für die Bewilligung überjähriger Förderungen sind Verpflichtungsermächtigungen (§§ 6, 16 Landeshaushaltsordnung).
2.2 Finanzausstattung
Die Gesellschafterbeiträge werden „bis zur Höhe des die eigen erwirtschafteten Erträge übersteigenden Aufwands“ als Ertrag ausgewiesen. Die übersteigenden Beträge werden gewinnneutral behandelt und direkt in die Kapitalrücklage eingestellt. Tabelle 2 zeigt die Höhe der „flüssigen Mittel“ und der Kapitalrücklage:
Die Rückstellungen und Verbindlichkeiten aus dem Bereich Filmförderung sind durch Forderungen gegen die Gesellschafter abgedeckt. Die Kapitalrücklage, die 2016 mit 5,3 Mio. Euro einen Höchststand erreicht hat, wird folglich nicht dafür benötigt, bestehende Verbindlichkeiten zu bedienen. Für eine sehr gute Finanzausstattung sprechen auch die „flüssigen Mittel“ bei der MFG, die sich zum gleichen Bilanzstichtag auf 6,9 Mio. Euro belaufen. Der Rechnungshof hält die Liquidität für zu hoch.
2.3 Förderdarlehen und Stornierungen
Die Filmförderung erfolgt überwiegend über Darlehen, die erfolgsabhängig zurückzuzahlen sind. Aufgrund der geringen Rückzahlungswahrscheinlichkeit werden die Darlehen jedoch bereits mit der Förderzusage als Aufwand gebucht. Darlehensrückzahlungen werden dann folgerichtig als Ertrag erfasst. Die Erträge aus Darlehensrückzahlungen in der Filmförderung lagen zwischen 626 und 892 Tsd. Euro je Jahr (2012 bis 2016). Diese Mittel wurden der MFG bislang zu Filmförderzwecken belassen.
Der Intention einer Förderung mittels Darlehen entspräche es, Darlehensrückzahlungen dem Landeshaushalt zugute kommen zu lassen. Dies wäre automatisch der Fall, wenn die Fördermittel direkt durch das Land und nicht über die MFG ausgereicht würden.
Zudem sind nicht abgerufene Mittel bzw. Rückflüsse aus stornierten Filmprojekten der MFG stets für neue Projekte verblieben. Die Förderstornierungen beliefen sich auf 0,4 bis 1,0 Mio. Euro je Jahr (2012 bis 2016). Ab 2017 werden die aufgrund von Stornierungen nicht benötigten Mittel aber nicht mehr automatisch der MFG für neue Förderzusagen belassen.
Die Praxis, der MFG die Rückflüsse aus Filmprojekten (Darlehenstilgungen und Förderstornierungen) zu belassen, ist mitursächlich für die hohe Liquidität der MFG und das Entstehen von Haushaltsresten beim Land.
2.4 Ruhegehaltszusagen, Pensionsrückstellungen und Rückkaufswerte der Rückdeckungsversicherungen
Die MFG hat ihrer früheren und aktuellen Geschäftsführung Ruhegehaltszusagen gegeben. Für diese Pensionsverpflichtungen bestehen Rückdeckungsversicherungen. In der Bilanz werden die Pensionsverpflichtungen in Form von Pensionsrückstellungen auf der Passivseite und die Ansprüche der MFG aus den Rückdeckungsversicherungen auf der Aktivseite ausgewiesen. Tabelle 3 zeigt die beiden Bilanzpositionen zum jeweiligen Bilanzstichtag.
Die Pensionsrückstellungen haben sich im Betrachtungszeitraum (2012 bis 2016) mehr als verdoppelt. Die Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen stiegen hingegen deutlich langsamer an, obwohl die MFG jährlich Zahlungen zur Rückdeckung im mittleren fünfstelligen Bereich leistet.
Seit 2013 besteht eine Deckungslücke, die bis 2016 auf 630 Tsd. Euro angewachsen ist. Die Entwicklung zeigt, welche finanziellen Risiken - verglichen mit einer beitragsfinanzierten Altersversorgungsregelung - durch eine zusätzliche betriebliche Ruhegehaltszusage entstehen können. Diese Risiken sollten künftig vermieden oder zumindest begrenzt werden.
Die Gesamtvergütung der Geschäftsführung wird gemäß den Vorgaben des Public Corporate Governance Kodexes (PCGK) des Landes im Anhang des Jahresabschlusses der MFG sowie im Beteiligungsbericht des Landes veröffentlicht. Ungeachtet der finanziellen Bedeutung der Ruhegehaltszusagen beschränkt sich die Darstellung - wie im PCGK vorgesehen - darauf, dass eine Zusage auf Zahlung eines Ruhegehalts nach Beendigung der Geschäftsführertätigkeit besteht. Die Höhe der Ruhegehaltszusage oder der hierfür entstehende Aufwand sind nicht ausgewiesen.
Unter dem Aspekt der Transparenz bei Geschäftsführervergütungen hält der Rechnungshof diese Darstellung für nicht ausreichend. So enthält etwa der PCGK des Bundes eine Anmerkung, wonach „bei Versorgungszusagen auch jährlich die Zuführung zu den Pensionsrückstellungen oder Pensionsfonds angegeben werden“ soll.
2.5 Aufsichtsrat
Der Aufsichtsrat der MFG wurde 2011 von 13 auf 15 Mitglieder erweitert. Ziel der Erweiterung war es, externen Sachverstand hinzuziehen zu können. Seither bestellen die Gesellschafter Land und SWR je einen externen Vertreter aus der Medien- bzw. Filmbranche. Im Hinblick auf die persönliche Expertise des externen Vertreters hat das Land auf die Benennung eines Stellvertreters verzichtet.
Grundsätzlich kann es im Interesse des Unternehmens sachgerecht sein, wenn auf das Kontingent des Landes Personen in den Aufsichtsrat gewählt werden, die nicht in einem Dienstverhältnis zum Land stehen. Es sollte aber gesichert sein, dass der Einfluss des Landes dadurch nicht materiell gemindert wird. Da das Land bzw. die vom Land bestellten Vertreter nur über eine Mehrheit von einer Stimme verfügen, gilt dies bei der MFG in besonderem Maße. Der Rechnungshof sieht keine konkreten Sachverhalte, die auf einen Nachteil des Landes aus der Bestellung des (stimmberechtigten) externen Experten auf das Landeskontingent schließen lassen. Angesichts der knappen Mehrheitsverhältnisse hält er diese dennoch für nicht unproblematisch. Zumindest wäre eine Stellvertretung erforderlich, die auch aus der Verwaltung kommen kann.
3 Empfehlungen
3.1 Verpflichtungsermächtigungen ausbringen
Im Entwurf des Haushalts 2020/2021 sollten die Mittelansätze für die MFG bedarfsgerecht abgesenkt und durch Verpflichtungsermächtigungen ergänzt werden.
3.2 Finanzausstattung anpassen
Das Land sollte bei der Bemessung des Bewilligungsvolumens (Summe aus Mittelansätzen und Verpflichtungsermächtigungen) für zusätzliche Filmfördermittel die hohe Liquidität der MFG ansatzmindernd berücksichtigen.
3.3 Darlehensrückzahlungen und Stornierungen haushaltsentlastend einsetzen
Rückzahlungen von Förderdarlehen sollten nicht im Förderkreislauf belassen, sondern haushaltsentlastend eingesetzt werden. Dies kann beispielsweise erfolgen, indem sie bei der Bemessung der zusätzlichen Filmfördermittel berücksichtigt werden.
Werden Förderprojekte storniert, die frühere Haushaltsjahre betreffen, sollten Haushaltsreste in entsprechender Höhe in Abgang gestellt werden (§ 10 Absatz 2 Staatshaushaltsgesetz).
3.4 Bei Ruhegehaltszusagen Transparenz herstellen und Risiken begrenzen
Bei bestehenden Ruhegehaltszusagen sollten - für den Bereich der Landesbeteiligungen insgesamt - in den einschlägigen Berichten ergänzende wertmäßige Angaben gemacht werden. Hierzu könnten etwa die Höhe der Zahlungen an Dritte zur Abdeckung der Ruhegehaltszusage und/oder die Höhe der Zuführung zu den Pensionsrückstellungen angegeben werden. Insoweit sollte auch der PCGK des Landes (Textziffer 96) angepasst werden.
Bei der MFG - sowie in vergleichbaren Fällen im Bereich der Beteiligungen des Landes - sollte auch für die Geschäftsführung beitragsfinanzierten Altersversorgungsregelungen der Vorzug vor Ruhegehaltszusagen gegeben werden. Bei Ruhegehaltszusagen mit entsprechenden Rückdeckungsversicherungen sollte zumindest die Beitragsbelastung gedeckelt werden.
3.5 Landesinteressen im Aufsichtsrat sichern
Die Einbindung externen Fachwissens in den Aufsichtsrat sollte unter Berücksichtigung der Mehrheitsverhältnisse sorgfältig abgewogen werden. Dabei müssen die Interessen des Landes als Mehrheitsgesellschafter gewahrt werden.
4 Stellungnahme der Ministerien
Das Wissenschafts- und das Finanzministerium beabsichtigen, bei der Haushaltsplanaufstellung 2020/2021 die Empfehlung des Rechnungshofes aufzugreifen. Ziel sei, den haushaltsrechtlichen Bewilligungsrahmen auf der Grundlage von Haushaltsmitteln und Verpflichtungsermächtigungen zu schaffen, ohne das Bewilligungsvolumen zu reduzieren.
Die Liquiditätsplanung werde mit der Geschäftsführung der MFG erörtert. Das Förderbudget der MFG soll nach Auffassung des Wissenschaftsministeriums nicht abgesenkt werden.
Die Ministerien teilen die Auffassung, dass nicht verausgabte Fördermittel nicht automatisch der MFG verbleiben können. Grundsätzlich werde aber im Interesse der Filmförderung angestrebt, auch diese Mittel für Förderungen zu verwenden. Bei Bedarf solle daher mit Zustimmung der Ministerien ein Verbleib der Mittel - auch für frühere Haushaltsjahre - weiterhin möglich sein.
Das Finanzministerium stimmt zu, dass beitragsfinanzierten Altersversorgungsregelungen generell der Vorzug vor Ruhegehaltszusagen gegeben werden sollte. Wegen der Komplexität und des zum Teil sehr unterschiedlichen Inhalts von Pensionszusagen hält es ergänzende wertmäßige Angaben bei Ruhegehaltszusagen aber nicht für zweckmäßig.
5 Schlussbemerkung
Der Rechnungshof hält an seiner Empfehlung fest, die zu hohe Finanzausstattung der MFG abzubauen. Dies kann durch eine Absenkung der Mittel für die zusätzliche Filmförderung erreicht werden, ohne das bisherige Fördervolumen zu verändern.
Die Bereitschaft der Ministerien, nicht verausgabte Fördermittel nicht automatisch der MFG zu belassen, geht in die richtige Richtung. Zur Empfehlung des Rechnungshofs, Darlehensrückzahlungen an die MFG haushaltsentlastend einzusetzen, äußern sich die Ministerien in ihrer Stellungnahme nicht.
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