Was wurde aus den Denkschriften?
- Haushalt 2008 seit langem wieder ohne neue Schulden
- Steuerverwaltung organisiert ihre Veranlagungsverfahren neu
- Bündelung der IuK beim Informatikzentrum der Landesverwaltung noch immer nicht vollzogen
Karlsruhe/Stuttgart: „Mit dem konsequenten Ausstieg aus der Verschuldungspolitik wird eine langjährige Forderung des Rechnungshofs erfüllt. Diesen haushaltspolitischen Erfolg des Landes hätte 2006 niemand zu prognostizieren gewagt, wurden wir doch als Utopisten verspottet, weil wir vorgeschlagen hatten, eine Neuverschuldung zu verbieten,“ so Martin Frank, der Präsident des Rechnungshofs Baden-Württemberg, bei der Vorstellung des ersten Ergebnisberichts seiner Behörde vor Journalisten in Stuttgart. Das Land Baden-Württemberg hat 2008 keine neuen Schulden aufgenommen und die Abkehr von der bisherigen Verschuldungspolitik in der Landeshaushaltsordnung verbindlich festgeschrieben. Danach muss das Land mit den regulären Einnahmen auskommen und darf den Stand der Gesamtverschuldung nur in eng begrenzten Ausnahmesituationen erhöhen.
Mit dem erstmals vorgelegten Ergebnisbericht wendet sich der Rechnungshof an den Landtag und die Landesregierung, aber auch an die politisch interessierte Öffentlichkeit. Dabei beschreite der baden-württembergische Rechnungshof neue Wege, betonte Frank. „Aus den Analysen und Vorschlägen der Finanzkontrolle zieht der Landtag dann die notwendigen Konsequenzen. Damit wirken Parlament und Rechnungshof im Interesse der Steuerzahler konstruktiv zusammen.“
Der Ergebnisbericht bietet eine umfassende und nüchterne Bilanz der gemeinsamen Arbeit. Er enthält alle Denkschriftbeiträge, Beratenden Äußerungen und Sonderberichte, die in der Zeit vom 01.01.2006 bis zum 30.06.2008 abschließend parlamentarisch behandelt worden sind. Drei Viertel der insgesamt 65 Beiträge stammen aus den Jahren 2004 bis 2006. Der Landtag ist interessiert, über die Empfehlungen des Rechnungshofs möglichst zeitnah und abschließend zu entscheiden.
Die einzelnen Beiträge beschränken sich nicht nur auf den unsachgemäßen Umgang mit Landesmitteln. Es werden auch Möglichkeiten aufgezeigt, wie das Land seine Einnahmen erhöhen kann. Ein Beispiel: Die Qualität und Effizienz der Steuerverwaltung steht im Mittelpunkt zahlreicher Untersuchungen des Rechnungshofs. So hatten sich die Finanzkontrolleure im Jahr 2002 dafür eingesetzt, die Arbeitsqualität in den Veranlagungsstellen bei den Finanzämtern zu verbessern und dadurch die Realisierungsquote zu erhöhen. In der Veranlagung soll möglichst die Steuer ausgeschöpft werden, die der Steuerbürger schuldet. Demnach hätten im Prüfungsjahr aus der Veranlagung rechnerisch 360 Mio. € mehr an Steuern erhoben werden können. In der Folgezeit hat die Landesregierung das Veranlagungsverfahren neu organisiert. Mit Hilfe eines Risikomanagementsystems sollen sich die Steuerbeamten auf schwierige und Ertrag versprechende Einkommensteuerfälle konzentrieren. Ob die Qualität der Veranlagung dadurch tatsächlich besser geworden ist, werden künftige Prüfungen zeigen.
Für die Modernisierung von Verwaltungsstrukturen und Abläufen hat der Rechnungshof immer wieder Impulse geliefert. Beispielsweise können Gebäude besser und günstiger gereinigt werden. Nachdem eine effektivere Steuerung für die Fremd- und Eigenreinigung eingeführt wurde, konnten die Mittel für die Reinigung von Diensträumen im Haushaltsplan um 15 Mio. € gekürzt werden. Ähnlich verhielt es sich beim Nahverkehr auf der Schiene. Hier konnten schwach besetzte Züge abbestellt werden, die Einsparung dadurch lag bei 10 Mio. €. Darüber hinaus hat der Rechnungshof auch außerhalb des Landes für Aufmerksamkeit gesorgt, als es darum ging, eine drohende Kostenexplosion bei der Prozesskostenhilfe von bundesweit bis zu 540 Mio. € zu verhindern. Das Land hätte davon 54 Mio. € tragen müssen. Seitdem bleiben in Baden-Württemberg die Kosten in diesem Bereich nahezu konstant.
„Leider wurden nicht alle Vorschläge des Rechnungshofs von der Landesregierung umgesetzt“, räumt Präsident Frank ein. So sei es trotz wiederholter Behandlung in den Denkschriften bisher nicht gelungen, das Land von einer vollständigen Bündelung der IuK beim Informatikzentrum der Landesverwaltung Baden-Württemberg zu überzeugen. Das Informatikzentrum betreibt das Landesverwaltungsnetz, beschafft IuK-Geräte und steuert die Bürokommunikation der gesamten Innenverwaltung mit den Regierungspräsidien. Als Folge der Verwaltungsreform hat es Aufgaben aus den Geschäftsbereichen weiterer Ministerien übernommen. „Weil die Zusammenführung bisher nur auf dem Papier stattgefunden hat, aber weder räumlich noch im Verwaltungsablauf Wirkung zeigt, blieben Kosteneinsparungen durch Synergieeffekte aus. Angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung wird der Bereich der IuK auch weiterhin ein Schwerpunkt der Finanzkontrolle sein.“
Der Rechnungshof informiert in seinem Bericht nicht nur über seine Prüfungstätigkeit, sondern gibt auch einen Einblick in seine Organisation. Die Finanzkontrolle in Baden-Württemberg ist im Vergleich mit den übrigen Flächenländern „schlank“ aufgestellt. Der Anteil der Finanzkontrolle an den Gesamtstellen des Landeshaushalts liegt mit 1,2 Promille unter dem Durchschnitt der Flächenländer. Außerdem sind mit über 80 % überdurchschnittlich viele Beschäftigte im Prüfungsdienst eingesetzt. Das eigene Haushaltsvolumen der Finanzkontrolle beläuft sich im Haushaltsjahr 2008 auf 18,4 Mio. €. Die in den Denkschriften und in den unveröffentlichten Prüfungen empfohlenen Einsparungen oder Umschichtungen übersteigen diesen Betrag um ein Vielfaches.
Der Ergebnisbericht ist auf der Internetseite des Rechnungshofs abrufbar. Die einzelnen Beiträge sind durch Links mit den betreffenden Denkschriftbeiträgen, Beratenden Äußerungen oder Sonderberichten verbunden. Der Leser kann die parlamentarische Behandlung mit den zugehörigen Landtagsdrucksachen und Plenarprotokollen aus der Parlamentsdokumentation des Landtags lückenlos nachvollziehen. Auch hierbei erleichtern entsprechende Links die Suche. Der nächste Ergebnisbericht des Rechnungshofs ist für 2010 geplant.