Wahrnehmung der Lehre an Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften in Zeiten der Pandemie: Die Herausforderungen wurden mit Umsicht, Kreativität und erheblichem Mehraufwand gut bewältigt.
- Rechnungshof schlägt zentrale Hilfen zur Bewältigung technischer und datenschutzrechtlicher Probleme der Online-Lehre vor.
- Die Lehrverpflichtungsverordnung sollte vervollständigt werden.
- Das Recht der Online-Prüfungen sollte überprüft und gegebenenfalls praxisnäher ausgestaltet werden.
Karlsruhe/Stuttgart: Mit dem Ausbruch der durch das Corona-Virus verursachten Pandemie im Frühjahr 2020 ergaben sich für die Hochschulen in Baden-Württemberg neue Herausforderungen. Sie waren gezwungen, ihr Lehrangebot in kürzester Zeit den neuen Anforderungen anzupassen. Die Mehrzahl der ursprünglich als Präsenzlehre geplanten Lehrveranstaltungen musste in Online-Formate überführt werden. Die Landesregierung hat die Hochschulen bei der Bewältigung der pandemiebedingten Herausforderungen finanziell und organisatorisch unterstützt. Die finanziellen Hilfen beliefen sich allein im Sommersemester 2020 auf rund 10 Mio. Euro.
Die Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften konnten im Wintersemester 2020/2021 durch eine nahezu flächendeckende Umstellung der angebotenen Veranstaltungsformate im Ergebnis 99 Prozent der in den Studienplänen vorgesehenen Lehrveranstaltungen ordnungsgemäß anbieten. Aus den Berichten der Universitäten und Hochschulen an den Rechnungshof ergibt sich, dass die in den Studiengängen vorgesehenen Prüfungen ebenfalls zu etwa 99 Prozent angeboten werden konnten.
Die vom Rechnungshof erhobene Stichprobe hat die von den Universitäten und Hochschulen berichteten Zahlen und Fakten bestätigt. Nach den vorgelegten Unterlagen haben die Professoren ihre Lehrverpflichtung im Wesentlichen ordnungsgemäß erfüllt.
Der Rechnungshof anerkennt, dass die Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften die unvorhergesehenen besonderen Herausforderungen der Corona-Pandemie mit Umsicht, Kreativität und erheblichem Mehraufwand bewältigt haben. Die Ergebnisse der hochschulinternen Evaluationen zeigten, dass die Qualität der Lehrveranstaltungen unter diesen Umstellungen nicht mehr als unvermeidbar gelitten hat. Die Landesregierung habe durch die schnelle Bereitstellung zusätzlicher Ausstattungsmittel und die schnelle Novellierung des Landeshochschulgesetzes ebenfalls einen Beitrag zum Gelingen dieses Umstellungsprozesses geleistet. Auch die Studierenden selbst hätten durch ihr kooperatives und innovationsfreundliches Verhalten wesentlich zum Erfolg der Lehre in Pandemie-Zeiten beigetragen.
Verbesserungspotenziale sieht der Rechnungshof insbesondere bei der Bereitstellung zentraler Hilfen zur Bewältigung technischer und datenschutzrechtlicher Probleme im Zusammenhang mit dem Einsatz der für die Online-Lehre verwendeten Software.
Der Rechnungshof geht davon aus, dass nach Ende der Corona-Pandemie Lehrveranstaltungen wieder überwiegend in Präsenz angeboten werden. Die Erfahrungen der vergangenen Semester zeigten aber, dass es auch in Zukunft synchron oder asynchron erstellte Online-Lehrveranstaltungen geben wird. Die Lehrverpflichtungsverordnung sollte im Hinblick auf diese Entwicklung um klare und praktikable Regelungen ergänzt werden.
Da sich auch in Zukunft ein Bedarf zur Durchführung von Online-Prüfungen ergeben dürfte, sollte das Wissenschaftsministerium auf der Grundlage der Erfahrungen der Hochschulen prüfen, ob die rechtlichen Vorgaben praxisnäher und innovationsfreundlicher ausgestaltet werden können.