Viel Lehrgeld für energetische Pilotvorhaben
- „Virtueller Stromspeicher“ in Biberach bleibt wirkungslos
- Unwirtschaftlicher Anschluss an Geothermie in Bruchsal
- Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen sollten vereinheitlicht und verbessert werden
Karlsruhe/Stuttgart: Der Rechnungshof untersuchte die energetische Modernisierung bei sieben großen Liegenschaften der Polizei. Diese verbrauchen etwa so viel Energie wie 2.700 Einfamilienhaushalte und haben Energiekosten von jährlich 4 Mio. Euro.
Das Land ließ bei allen größeren Modernisierungen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen von Gutachtern erstellen. Der Rechnungshof stellte in den Berechnungen wiederkehrende Fehler wie zu hohe Zinssätze und falsche Ansätze zu Betriebsstunden, Steuern und Verwaltungskosten fest.
An vielen Standorten wurden Blockheizkraftwerke (BHKW) errichtet. Diese kleinen Kraftwerke produzieren für große Liegenschaften mit einem Gasmotor Wärme und Strom. Um eine noch bessere CO2-Bilanz zu erreichen, kann der Motor alternativ mit Biogas, Rapsöl oder Holzhackschnitzeln betrieben werden. Diese Kraft-Wärme-Kopplung ist nach wie vor eine der wirtschaftlichsten Methoden, große Liegenschaften mit Wärme und Strom zu versorgen.
Bei der „Hochschule für Polizei“ in Biberach ging man einen anderen Weg. Zwar wurden 2012 erste Planungen für eine BHKW-Lösung erstellt, dann aber zugunsten des sogenannten „virtuellen Stromspeichers“ verworfen. Hierbei handelt es sich um eine Power-to-Heat-Konzeption, bei der ein BHKW mit elektrischen Wärmeerzeugern (Wärmepumpe und Durchlauferhitzer), Solarthermie-Anlage und Wärmespeichern ergänzt wurde. Dadurch sollte günstig eingekaufter Überschuss-Strom aus dem Stromnetz in Heißwasser umgewandelt und dann in großen Wärmetanks gespeichert werden. Bei einem Leistungsbedarf des öffentlichen Netzes sollte das BHKW hingegen Strom in das öffentliche Netz einspeisen. Somit wäre Strom zumindest virtuell und rechnerisch in Biberach gespeichert worden. Die Anlage ging 2015 in Betrieb, seither gab es jedoch keinen Bedarf an positiver oder negativer Regelleistung. Daher wurde der Betrieb auf den tatsächlichen Energiebedarf der Liegenschaft ausgerichtet. Dafür ist die Heizzentrale um 100 Prozent überdimensioniert. Betrieben wurde bislang nur das BHKW mit 25 Prozent Auslastung. Der große Durchlauferhitzer und die Solarthermie entfalten überhaupt keine Wirkung.
Auch beim Polizeipräsidium Einsatz und der Hochschule für Polizei in Bruchsal wollte das Land ein innovatives Pilotvorhaben realisieren. Anstatt die Modernisierung der Heizzentrale zügig umzusetzen, wurden von 2013 bis 2017 vier Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen von verschiedenen Beratern erstellt. Am Ende wurde der Ausbau mit einem Fernwärmeversorger umgesetzt. Dieser betreibt eine hydrothermale Geothermie-Anlage mit zwei Tiefenbohrungen in der Nachbarschaft der Polizei. Die neue Konzeption aus Geothermie und einem BHKW war teurer als das konventionelle Anlagenkonzept mit zwei BHKW. Auf die Anlage mit Geothermie wurde im rechnerischen Vergleich mit anderen Konzepten ein - im Grundsatz nicht zu beanstandender - Abzug von 20 Prozent als „Umweltbonus“ vorgenommen. Obwohl der Abzug fälschlich auf die Gesamtinvestition anstatt nur auf den Geothermie-Anteil berechnet wurde, war diese Variante weiterhin nicht die wirtschaftlichste, wurde aber umgesetzt. Die Anlage wurde im Dezember 2019 mit Kosten von 1,8 Mio. Euro übergeben.
Der Rechnungshof fordert, dass energetische Modernisierungen zügiger realisiert werden und auf belastbaren Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen basieren. Aufwendige Pilotvorhaben sollen nur realisiert werden, wenn sie wirtschaftlich sind und zur Primärenergie-Einsparung oder Verbesserung der CO2-Bilanz führen.