Vertretungen des Landes beim Bund und bei der Europäischen Union
- Laxer Umgang mit haushaltsrechtlichen Vorgaben moniert
- Aufwendungen werden im Haushaltsplan nicht transparent ausgewiesen
- Jeweils im "Spitzenfeld" bei Unterbringungskosten und Personalausstattung
- Bei der Durchführung von Veranstaltungen und der Bewirtschaftung des Berliner Gästehauses bestehen Wirtschaftlichkeitsreserven
- Abwicklung des Zahlungsverkehrs bei beiden Vertretungen z.T. mangelhaft
Karlsruhe/Stuttgart. „Bei den Landesvertretungen in Berlin und Brüssel haben wir den laxen Umgang mit haushaltsrechtlichen Vorgaben moniert. So mussten wir bei beiden Vertretungen ungenehmigte Konten feststellen; sogar Fehlbeträge waren nicht aufzuklären," so Martin Frank, der Präsident des Rechnungshofs Baden-Württemberg, vor Journalisten in Stuttgart bei der Vorstellung der Denkschrift 2003. Nach den Worten Franks wendet das Land für seine Landesvertretungen in Berlin und Brüssel im Ländervergleich weit überdurchschnittlich viel auf. Auch bestehen bei beiden Landesvertretungen Wirtschaftlichkeitsreserven, wenn diese ihre Veranstaltungen kostenbewusster abwickeln und das Berliner Gästehaus besser bewirtschaftet wird.
Das Land betreibt seine Vertretungen beim Bund (in Berlin) und bei der Europäischen Union (in Brüssel) im Vergleich zu den anderen Ländern sehr aufwändig. Im Ländervergleich liegen die Landesvertretungen jeweils im "Spitzenfeld" bei Unterbringungskosten und Personalausstattung.
Bei der Personalausstattung lag Baden-Württemberg mit 60 Bediensteten in Berlin (Länderdurchschnitt: 35 Bedienstete) und 23 Bediensteten in Brüssel (Länderdurchschnitt: 11 Bedienstete) im Ländervergleich jeweils auf dem zweiten Platz. Diese Personalausstattung ist übrigens aus dem Haushaltsplan bislang nicht ersichtlich. Das Staatsministerium hat nunmehr eine transparentere Ausweisung im Haushaltsplan zugesagt. Der Rechnungshof hat weiterhin empfohlen, bei der Berliner Vertretung die Führungsstruktur zu überprüfen und für die Brüsseler Vertretung ein Gesamtpersonalkonzept zu erstellen.
Die Landesregierung vertrete, was den Personaleinsatz in Brüssel angehe, einen sehr vernünftigen Ansatz, durch gezielte Rotation die Europafähigkeit in der Landesverwaltung zu erhöhen. Durch die Gewährung von hohen finanziellen Zusatzleistungen an Bedienste, die in der Landesvertretung in Brüssel eingesetzt sind, werde dieser Gedanke aber wieder konterkariert. Die Landesregierung sollte daher die Zusatzleistungen kritisch überdenken.
Für die Unterbringung der beiden Vertretungen hat das Land tief in die Tasche gegriffen. So wurden für das Grundstück und den Neubau der Berliner Vertretung rd. 43 Mio. € aufgewendet. Damit liegen diese Aufwendungen um mehr als das Doppelte über dem Betrag, den die anderen Länder im Durchschnitt für ihre jeweilige Vertretung ausgegeben haben. Durchschnittlich gaben die Länder 20,5 Mio. € aus. Für den Erwerb und den Umbau des Gebäudes der Brüsseler Vertretung sind Aufwendungen von rd. 20 Mio. € vorgesehen.
Die räumliche Ausstattung beider Vertretungen sei ausgesprochen großzügig. So verfüge die Berliner Vertretung mit 22 Zimmern und drei Wohnungen über das größte Gästehaus aller Landesvertretungen. Um die Auslastung der Zimmer zu erhöhen, fordert der Rechnungshof, dass Dienstreisende aus dem Landesdienst vorrangig das Gästehaus der Landesvertretung nutzen sollen; eine entsprechende Initiative wurde inzwischen ergriffen. Das neue Gebäude der Brüsseler Vertretung erweist sich nach Einschätzung der Finanzkontrolleure als zu groß, denn die Nutzfläche übersteige den tatsächlichen Raumbedarf immer noch um 26 %, obwohl dieser in den letzten Monaten mehrfach erhöht wurde. Der Rechnungshof hat daher gefordert, die bislang versäumte Aufstellung eines Personalkonzepts nachzuholen und über die künftige Gesamtnutzung des Gebäudes zu entscheiden. Die Landesvertretung wolle nunmehr einen Teil des Gebäudes vermieten.
Bei beiden Vertretungen bestünden Wirtschaftlichkeitsreserven, wenn diese ihre Veranstaltungen kostenbewusster abwickelten. Die jährlichen Ausgaben für Veranstaltungen der Landesvertretung beim Bund seien seit dem Umzug nach Berlin auf 278.000 € im Jahr 2002 gestiegen, das sei mehr als das Fünffache des Durchschnitts der Jahre 1995 bis 1999. Im Haushaltsplan seien dabei - ebenso wie bei der Landesvertretung in Brüssel - lediglich die Nettoausgaben ausgewiesen. Hierbei würden Kostenerstattungen für Fremdveranstaltungen von den Bruttoausgaben abgezogen, die in einzelnen Jahren das Drei- bis Vierfache der Nettoausgaben erreichten. Der Rechnungshof habe im Interesse größerer Transparenz gefordert, künftig im Haushaltsplan die Bruttoausgaben auszuweisen. Bei Veranstaltungen von Dritten sollte von diesen eine angemessenere Kostenerstattung verlangt werden. Im Übrigen sollte das Veranstaltungskonzept überprüft werden.
Bei der Abwicklung des Zahlungsverkehrs wiesen beide Landesvertretungen erhebliche Mängel auf. Die Buchführung habe teilweise nicht den haushaltsrechtlichen Bestimmungen entsprochen. Girokonten seien ungenehmigt eingerichtet und keine ordnungsgemäßen Abschlüsse erstellt worden. Die Aufsicht über den Zahlungsverkehr sei unzureichend gewesen. Überschüsse und Fehlbeträge hätte man nicht mehr restlos aufklären können. In Berlin seien die Mängel inzwischen abgestellt. Der Schriftwechsel über den Zahlungsverkehr der Brüsseler Vertretung sei noch nicht abgeschlossen.