Vertragsforschung soll den Mittelstand stärken

  • Wirtschaftsnahe Forschungseinrichtungen zielorientierter fördern 
  • Institute sollen mehr Aufträge aus der Industrie an Land ziehen

Karlsruhe/Stuttgart: Die wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen, die sogenannten Vertragsforschungseinrichtungen, dürfen nicht am Tropf des Landes hängen, fordert der Rechnungshof bei der Vorstellung der Denkschrift in Stuttgart. Die Landesregierung fördert seit fast 20 Jahren mit Millionenbeträgen Institute, die wirtschaftsnah forschen und entwickeln sollen. Damit tragen die Institute dazu bei, vor allem kleine und mittlere Unternehmen im Wettbewerb zu stärken, denen häufig die Mittel für eigene Forschungsabteilungen fehlen. Alle Institute erhalten vom Land Betriebskostenzuschüsse und bei Bedarf Zuschüsse für Investitionen sowie Fördermittel für konkrete Projekte. Auf diese Weise sind in den letzten beiden Jahrzehnten 380 Mio. Euro vom Land in diesen Kernbereich der Mittelstandförderung geflossen. Hinzukommen mehr als 200 Mio. Euro weitere öffentliche Fördermittel. Die Institute finanzieren sich im Übrigen durch Aufträge aus der Industrie sowie Beiträge von Mitgliedern und Stifterfirmen.

Der Rechnungshof hatte bei einer ersten Prüfung 1999 gefordert, dass die Institute ihre Einnahmen zu höchstens einem Drittel aus institutionellen Fördermitteln des Landes decken sollten. Von den Forschungsaufträgen sollen zudem mindestens ein Drittel aus der Industrie eingeworben werden. Die Finanzkontrolle hat nun erneut sieben Institute unter die Lupe genommen: Das Forschungszentrum Informatik an der Universität Karlsruhe (FZI), das Institut für Mikro- und Informationstechnik der Hahn-Schickard-Gesellschaft für angewandte Forschung in Stuttgart (HSG-IMAT), das Institut für Mikro- und Informationstechnik der Hahn-Schickard-Gesellschaft in Villingen-Schwenningen (HSG-IMIT), das Institut für Lasertechnologien in der Medizin und Messtechnik an der Universität Ulm (ILM), das Institut für Mikroelektronik Stuttgart (IMS), das Naturwissenschaftliche und Medizinische Institut an der Universität Tübingen in Reutlingen (NMI) und das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg in Stuttgart und Ulm (ZSW).

Der Rechnungshof ging der Frage nach, wie sich der Anteil der industriellen Aufträge in den letzten zehn Jahren entwickelt hat. Geprüft wurde, ob die Institute ihre Forschungsergebnisse in die mittelständige Wirtschaft transferieren konnten. Der zukünftige Investitionsbedarf wurde auch erhoben.

Die Institute sollen ihr Know-how möglichst breit und zügig der Wirtschaft zur Verfügung stellen. Der Transfer geschieht durch deren Beteiligung an Forschungs- und Entwicklungsprojekten. Ein Drittel ihrer Finanzierung decken die Institute inzwischen durch Industrieaufträge, davon mehr als die Hälfte von kleinen und mittleren Unternehmen. Häufig handelt es sich jedoch um Kleinaufträge. Der Rechnungshof empfiehlt, die Institute sollen noch mehr Aufträge aus der Industrie „an Land ziehen“. „Wer wirtschaftsnah arbeitet, muss sich auch marktorientiert finanzieren“, so Präsident Munding. Die bereits begonnene Zusammenarbeit der verschiedenen Einrichtungen soll fortgesetzt und verstärkt werden. Die Institute müssen für die regionale Industrie noch deutlicher sichtbar und wahrnehmbar sein.

Damit sie leistungs- und wettbewerbsfähig bleiben, müssen die Institute technisch hervorragend ausgestattet sein. Dazu sind hohe Investitionen notwendig. In den letzten 20 Jahren haben die Institute etwa 100 Mio. Euro Investitionskostenzuschüsse erhalten. Den Bedarf bis 2012 beziffern die sieben untersuchten Institute auf mehr als 50 Mio. Euro. Das ist ein Vielfaches der bisherigen Zuschüsse. „Da die hochschulinternen Institute zunehmend wirtschaftsnah forschen, muss das Wirtschaftsministerium kritisch prüfen, inwieweit einzelne Vertragsforschungseinrichtungen ihre spezifischen Aufgaben wirksam erfüllen“, betonte Präsident Munding abschließend.