Ursprüngliches Finanzierungskonzept für die Einführung des elektronischen Grundbuchs gescheitert
- Aufwand für die Erstdatenerfassung erhöht sich um mindestens 48 Mio. DM
- Rechnungshof fordert realistischeres Konzept für die Erfassung aller Grundbücher bis 2010
„Großvorhaben müssen, wie die Einführung des Elektronischen Grundbuch zeigt, sauber vorausgeplant und während ihrer Realisierung auf den Prüfstand gestellt werden“, so Martin Frank, der Präsident des Landesrechnungshofs, vor Journalisten in Stuttgart bei der Vorstellung der Denkschrift 2001. Bei der Einführung des Elektronischen Grundbuchs ist das dafür ursprünglich erstellte Finanzierungskonzept gescheitert, wie sich aus einer Untersuchung der Karlsruhe Behörde ergibt, aber auch vom Justizministerium eingeräumt wird. Die Kontrolleure kommen zu dem Ergebnis, dass sich der Aufwand für die elektronische Erfassung der erforderlichen Daten um mindestens 48 Mio. DM erhöhen wird und die erwarteten Rationalisierungseffekte und Gebühreneinnahmen erst später eintreten werden. Sie fordern daher ein realistisches Konzept, nach dem der gesamte Grundbuchbestand bis spätestens 2010 elektronisch erfasst werden kann.
Im Vergleich zu den andern Ländern liege Baden-Württemberg bei der Umstellung zeitlich zurück. Um bei diesem auch für das Land als Wirtschaftsstandort bedeutenden Vorhaben nicht den Anschluss zu verlieren, müsse Baden-Württemberg das Projekt schleunigst auf eine realistischere Grundlage stellen und zügig zu Ende bringen. Bei einem neuen Finanzkonzept sollte man aber nicht in das andere Extrem verfallen und wesentliche Rationalisierungsreserven unter den Tisch fallen lassen. Vielmehr sollten Aufgabenumfang und Veränderungspotentiale realistisch projektiert werden.
Das Land ist seit 2000 dabei, das Elektronische Grundbuch einzuführen. Bei dieser „Jahrhundertaufgabe“ müssen 4,9 Mio. Papiergrundbücher erfasst werden, von denen auch 30 Jahre nach Einführung des maschinenschriftlichen „Lose-Blatt-Grundbuchs“ noch über eine Million in handschriftlich geführten „Folianten“ enthalten sind. Die Einführung wird in Baden-Württemberg durch eine bundesweit einmalige Kommunalstruktur der Grundbuchämter mit bislang über 1 000 Grundbuchämtern erschwert.
Das Justizministerium hatte 1998 die Kosten der landesweiten Einführung für die staatlichen Grundbuchämter auf 53 Mio. DM geschätzt. Ein zwischen Justiz- und Finanzministerium vereinbartes Finanzierungskonzept sah eine Refinanzierung des Projekts über zusätzliche Einnahmen aus Abrufgebühren und Personaleinsparungen vor. Ab 2005 sollte sich das Vorhaben amortisiert haben und dann jährliche Überschüsse von 6 Mio. DM abwerfen.
Dieses Finanzierungskonzept ist gescheitert. Der Aufwand für die Erstdatenerfassung der Grundbücher wird sich um mindestens 48 Mio. DM erhöhen. Das Justizministerium hatte den Grundbuchbestand um 20 % und die Erfassungszeit für ein Grundbuch um mindestens ein Drittel zu niedrig angesetzt. Die bisherigen Personaleinsparungen liegen dagegen unter den ursprünglichen Erwartungen. Statt der bei den staatlichen Grundbuchämtern angesetzten Einsparungen von 140 Personalstellen werden nun nur 42 Stellen veranschlagt. Die Personaleinsparungen sollten sich später noch wesentlich steigern lassen; zuvor muss das Elektronische Grundbuch aber erst einmal vollständig eingeführt sein.
Der Zeitplan des Justizministeriums war blauäugig, da man von einer Selbstfinanzierung ausging, die sich derzeit noch als unrealistisch erweist. Bereits ab 1999 sollten Mehreinnahmen aus Abrufgebühren erzielt werden. Die Entwicklung des hierfür erforderlichen DV-Programms wurde aber erst am 30.12.1998 in Auftrag gegeben. Fertig gestellt wird das Programm frühestens Ende 2001.
Das Elektronische Grundbuch wird in allen Bundesländern eingeführt. Baden-Württemberg muss alle Anstrengungen unternehmen, um bei diesem auch für das Land als Wirtschaftsstandort bedeutenden Vorhaben nicht den Anschluss zu verlieren. Der Rechnungshof hat ein realistisches Konzept mit dem Ziel gefordert, bis spätestens 2010 den gesamten Grundbuchbestand der staatlichen Grundbuchämter elektronisch zu erfassen. Das Justizministerium stimmt dem Rechnungshof in den wesentlichen Kernpunkten zu.