Tarifwirrwarr bei den Verkehrsverbünden entflechten
- Einheitliche Tarifstruktur im Land aufbauen
- Fördermittel in den Aufbau eines Landesverbundtarifs umlenken
Karlsruhe/Stuttgart: In Baden-Württemberg gibt es im Vergleich zu anderen Flächenländern wesentlich mehr Verkehrsverbünde mit ganz unterschiedlichen Tarifregelungen. „Der Tarifwirrwarr dient nicht der Kundenfreundlichkeit und schadet dem Image des Tourismuslandes Baden-Württemberg. Deshalb ist ein landesweit einheitliches Tarifsystem dringend notwendig“, so Max Munding, Präsident des Rechnungshofs Baden-Württemberg, bei der Vorstellung der Denkschrift 2009 in Stuttgart.
Die Landespolitik fördert die Verkehrsverbünde, damit die Bevölkerung die Verkehrsleistungen des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) landesweit nutzen kann. Heute gibt es in allen Landesteilen Verkehrsverbünde, deren Defizite das Land mit jährlich 50 Mio. Euro mitträgt.
Die Verbundförderung war ursprünglich als Anschubfinanzierung gedacht. Die Verluste sollten im Laufe der Jahre durch Erhöhung der Tarife und Steigerung der Fahrgastzahlen kompensiert werden. Dies gelang nicht im erforderlichen Umfang.
Die Förderrichtlinie 2004 sah vor, die Fördersumme innerhalb von fünf Jahren stufenweise um 20 % zu reduzieren. Eine Ausnahme galt für Verkehrsverbünde, die mit Nachbarverbünden kooperieren. Hier sollte die Kürzung nur 10 % betragen. Dies führte dazu, dass Verbünde mit einem Nachbarverbund minimale Vereinbarungen getroffen haben. Konkrete Vorteile für die Fahrgäste brachte dies nicht.
Auf Kritik stoßen vor allem die unterschiedlichen Tarifbestimmungen in den Verbünden. Dies gilt für die Kinderaltersgrenze, die Mitnahme von Hunden, die Tages- und 24 Stundenkarten, die Entwertung von Fahrscheinen und die Fahrradmitnahme. Bei der Fahrradmitnahme gibt es eine Bandbreite von kostenloser Mitnahme bis hin zu einer Fahrradfahrkarte für 4,50 Euro.
Die Prüfung ergab weiter, dass nur wenige landesweit gültige Verbund-Tarifangebote existieren. Es sind die Baden-Württemberg-Tickets, das Schülerferienticket und das Aboplus Baden-Württemberg. Die Angebote sind auf große Distanzen ausgelegt, aber nicht ausreichend. Im kleinräumigen verbundübergreifenden Bereich stehen den Fahrgästen keine adäquaten Einzelfahrscheine, Zeitkarten und Sonderangebote zur Verfügung.
Im öffentlichen Personennahverkehr sind unterschiedliche Tarifbestimmungen und fehlende Tarifangebote über Verbundgrenzen hinweg nicht kundenfreundlich. Der Rechnungshof empfiehlt deshalb landesweit einheitliche Lösungen. Die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg mbH (NVBW) sollte gemeinsam mit den regionalen Verbünden zeitnah Standards entwickeln. Über die Förderverträge sollen die Verbünde verpflichtet werden, diese auch umzusetzen. Ende 2009 laufen die ersten Förderverträge aus. „Das Land sollte die Gunst der Stunde nutzen, um bei den neuen Verträgen einen Durchbruch zugunsten landesweiter Tarifbestimmungen zu erzielen“, so Präsident Munding.
Wenn eine einheitliche Architektur der Tariflandschaft aufgebaut ist, kann neben den regionalen Verbundtarifen auch ein Landesverbundtarif eingeführt werden. Dieser sollte für alle Fahrten über die Verbundgrenzen hinaus gelten. Dann könnten Fahrgäste landesweit jedes beliebige Ziel mit einem Fahrschein erreichen. Dazu sollte die Anschubfinanzierung, wie ursprünglich vorgesehen, reduziert und der frei werdende Betrag von 5 Mio. Euro für tarifliche Verbesserungen und zur Einführung eines Landesverbundtarifs eingesetzt wird.