Spitzengehälter an Universitätsklinika begrenzen

  • Rechnungshof fordert Zielvereinbarungen für Vorstandsmitglieder
  • Zukünftig kein Beamtenstatus für Chefärzte
  • Mehr Verantwortung für Aufsichtsräte

Karlsruhe/Stuttgart: In seiner neuesten Denkschrift befasst sich der Rechnungshof Baden-Württemberg erstmals mit der Höhe und der Struktur der Vergütungen der Vorstandsmitglieder und der Chefärzte an den Universitätsklinika in Baden-Württemberg.

Die vier Klinika in Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm erbringen mit ihren insgesamt über 20.000 Beschäftigten Leistungen im Gesamtwert von rund 2 Milliarden Euro. Sie sind seit 1998 selbstständige Anstalten des öffentlichen Rechts und werden jeweils von einem Vorstand geführt, der mit haupt- und nebenamtlichen Vorstandsmitgliedern besetzt ist.

Die einzelnen Fachabteilungen (Kliniken) werden von Chefärzten geleitet, die im Hauptamt beamtete Professoren an der medizinischen Fakultät der Universität sind. Für die (nebenamtliche) Führungsaufgabe erhalten die nach 2002 eingestellten Chefärzte eine überwiegend leistungsabhängige Vergütung, die zwischen Chefarzt und Klinikumsvorstand vereinbart wird.

1. Vergütungen der hauptamtlichen Vorstandsmitglieder

Die Prüfung der Vergütungen der hauptamtlichen Vorstandsmitglieder hat eine große Bandbreite ergeben.

Die Vergütungen der kaufmännischen Direktoren bewegen sich einschließlich der variablen Gehaltsbestandteile zwischen 200.000 und 316.000 Euro jährlich und liegen an zwei Standorten höher als die eines Landesministers (einschließlich der Altersversorgung).

Die Vergütungen der Leitenden Ärztlichen Direktoren reichten im geprüften Zeitraum von 200.000 Euro bis 650.000 Euro jährlich.

Die hauptamtlichen Pflegedirektoren erhalten an allen vier Standorten jeweils rund 100.000 Euro jährlich.

Der Rechnungshof empfiehlt, dass die Vergütungen der hauptamtlichen Vorstandsmitglieder, die zwischen Aufsichtsrat und Vorstandsmitglied ohne gesetzliche Vorgabe frei ausgehandelt werden, nach oben begrenzt werden.

Die Vergütungen der kaufmännischen Direktoren sollten keinesfalls das Niveau der Vergütung eines Landesministers erreichen.

Bei den Leitenden Ärztlichen Direktoren hält die Finanzkontrolle höhere Vergütungen für möglich. Sie dürfen aus den Einkommen hergeleitet werden, die die Direktoren vor der Übernahme der Vorstandsfunktion als Chefarzt erzielt haben. Kaum zu rechtfertigen sind nach Auffassung des Rechnungshofs jedoch Vergütungen, die mehr als doppelt so hoch sind wie die der kaufmännischen Direktoren.

Da alle Vorstandsvergütungen auch erfolgsabhängige Bestandteile umfassen, sollen die Aufsichtsräte mit den Vorstandsmitgliedern Zielvereinbarungen abschließen, die transparente und messbare Kriterien für die Gewährung der erfolgsabhängigen Bestandteile definieren.

2. Vergütungen der Chefärzte

Ein weiterer Komplex sind die Vergütungen der Chefärzte. Sie sind hauptamtliche Professoren und leiten in Nebentätigkeit verantwortlich die Fachabteilungen der Universitätsklinika.

Die Vergütungen für diese Leitungsaufgabe fallen je nach Standort, Disziplin, Größe der Abteilung und Qualifikation des jeweiligen Chefarztes sehr unterschiedlich aus. Die Spanne reicht von 20.000 Euro bis zu 818.000 Euro jährlich (zusätzlich zum Professorengehalt).

Hier setzt der Rechnungshof mit seiner Kritik schon bei der Struktur der Chefarztverträge an. Während die Chefärzte heute beamtete Professoren sind, die die Klinikabteilungen gegen hohe Vergütungen nebenamtlich leiten, sollen in Zukunft einheitliche Verträge abgeschlossen werden, die die Aufgaben der Chefärzte in Forschung, Lehre und Krankenversorgung definieren. Dafür soll der Chefarzt dann eine Vergütung erhalten, die aus festen und variablen Bestandteilen besteht. Der Beamtenstatus für die Chefärzte soll nach der Vorstellung des Rechnungshofs in Zukunft entfallen.

Der Rechnungshof befürwortet das besondere Gewicht, das die erfolgsbezogenen Gehaltsbestandteile innerhalb der vereinbarten Vergütungen aufweisen, und lobt die zumeist sorgfältig abgeschlossenen Zielvereinbarungen. Er sieht allerdings bei einer Gesamtvergütung von 500.000 Euro jährlich (inklusive der Professorenbesoldung) eine Grenze erreicht, die nur bei Vorliegen ganz besonderer Gründe überschritten werden dürfe. Immerhin 16 Prozent der vom Rechnungshof geprüften Vergütungen hätten im Prüfungszeitraum diese Grenze überschritten.

Der Rechnungshof weist darauf hin, dass bei der Gehaltsfindung zu berücksichtigen ist, dass die Universitätsklinika dabei über öffentliche Mittel verfügen. Außerdem müssen die Universitätsklinika ihrer marktprägenden Stellung gerecht werden.

Ein besonderes Anliegen des Rechnungshofs ist es, bei der Festlegung der Vergütungen für mehr Ausgewogenheit zwischen den medizinischen Disziplinen zu sorgen. Die Vergütungen der geräteorientierten Disziplinen sind in der Regel deutlich höher als jene der Disziplinen, die weniger Geräte einsetzen. Diese Differenzierung hält der Rechnungshof bei niedergelassenen Ärzten für gerechtfertigt, die ihre Investitionen selbst bezahlen müssen. Bei den Chefärzten an Universitätsklinika mache sie keinen Sinn, da die Geräte vom Staat finanziert werden und kein unternehmerisches Risiko getragen werden müsse.

Schließlich spricht sich der Rechnungshof dafür aus, die Zuständigkeit für die Höhe der Chefarztvergütungen von den Vorständen stärker in die Aufsichtsräte zu verlegen, auch um damit politische Verantwortung für die Höhe der Chefarztvergütungen zu schaffen. Zumindest sind Richtlinien des Ministeriums notwendig, an denen sich die Klinika bei der Festsetzung der Chefarztvergütungen orientieren sollen.