Rechnungshof zeigt Wege zur Haushaltskonsolidierung auf - 55 Mio. € könnten eingespart werden

  • Netto-Null-Verschuldung wäre bereits 2007 möglich gewesen; Landesschulden auf 44,2 Mrd. € erhöht 
  • Steuern und weitere Einnahmequellen ausschöpfen 
  • Datenverarbeitung im Land: Verschenkte Millionen und brachliegende Infrastruktur 
  • Personal effektiver einsetzen und Leistungsanreize schaffen 
  • Konsequentes Vorgehen gegen Missmanagement 
  • Kostensenkung durch Investitionen oder organisatorische Maßnahmen 
  • Fördermittel zielgerichteter einsetzen und Richtlinien anpassen 

Karlsruhe/Stuttgart.

1. Netto-Null-Verschuldung wäre bereits 2007 möglich gewesen

Im Jahr 2007 haben sich die Steuereinnahmen so positiv entwickelt, dass das Finanzministerium einen kassenmäßigen Überschuss von 715 Mio. € ausweisen konnte. Zusätzlich hat die Landesregierung erhebliche Rücklagen für künftige Vorhaben gebildet. Gleichzeitig hat sie durch neue Kredite die Landesschulden auf 44,2 Mrd. € erhöht. Dadurch ist die Pro-Kopf-Verschuldung gegenüber dem Vorjahr um 1,5 % auf 3.881 € gestiegen. Auch der Aufwand für den Schuldendienst wuchs um 184 Mio. € auf 7,6 Mrd. €. „Angesichts der überschüssigen Liquidität hätte das Land bereits im Haushaltsjahr 2007 ohne neue Schulden auskommen können. Die Landesregierung hat diese Chance ungenutzt verstreichen lassen“, kritisierte Martin Frank, der Präsident des Rechnungshofs Baden-Württemberg, bei der Vorstellung der Denkschrift 2008 vor Journalisten in Stuttgart.Die Finanzkontrolleure fordern, den Ausstieg aus der Verschuldung unumkehrbar zu machen und die Haushaltssanierung durch einen kontinuierlichen Schuldenabbau voranzubringen. Dazu ist die Verankerung des Verschuldungsverbots in der Landesverfassung notwendig. Nachhaltig wirkende strukturelle Sparmaßnahmen sind Voraussetzung für die Netto-Null-Verschuldung und für Überschüsse. Beides hat die Landesregierung zu einem überragenden landespolitischen Ziel erklärt.

2. Fördermittel zielgerichteter einsetzen und Richtlinien anpassen

Die Überprüfung von Förderprogrammen und Subventionen ist eine wichtige Daueraufgabe von Politik und Verwaltung. Damit der gewünschte Zweck durch die Förderung auch eintritt, fordern die Finanzkontrolleure, die Förderprogramme regelmäßig auf ihre Notwendigkeit und Wirksamkeit hin zu überprüfen und die Fördervoraussetzungen und Zuwendungsverfahren zeitnah anzupassen.

2.1 Landwirtschaft: Nur stark benachteiligte Gebiete fördern und Verfahren vereinfachen

Landwirtschaft unter ungünstigen Boden- und Klimabedingungen ist besonders schwierig. Hier soll ein Programm helfen, das von der Europäischen Union und dem Bund mitfinanziert wird. Davon profitieren fast zwei Drittel der landwirtschaftlich genutzten Flächen in Baden-Württemberg. Die Finanzkontrolleure schlagen vor, die Förderung auf solche Gebiete zu beschränken, die sich besonders schwer bewirtschaften lassen. Dann werden die Auszahlungsbeträge nicht zu klein und die Förderung kann bei den einzelnen Betrieben ihre Wirkung entfalten. Dies gilt vor allem für Berggebiete. Durch höhere Mindestauszahlungsbeträge und einfachere Förderbedingungen sollte das Verfahren entbürokratisiert werden.In einer weiteren Prüfung hat der Rechnungshof ermittelt, dass die Vergabe von Fördermitteln mit Beteiligung der Europäischen Union einen erheblichen Verwaltungsaufwand verursacht. Das „Integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem“ belastet den Haushalt jährlich mit 55 Mio. €. Damit muss das Land für jeden bearbeiteten Antrag durchschnittlich 1.000 € aufwenden. Das komplexe Antragsverfahren ist zudem fehleranfällig und stellt ein erhöhtes Risiko von Rückzahlungen an die Europäische Union dar. Die Finanzkontrolleure empfehlen, die vielfältigen und komplizierten Förderprogramme zu reduzieren, die DV-Ausstattung zu verbessern und für die nötigen Kontrollen vermehrt auf Luft- oder Satellitenbilder zurückzugreifen.

2.2 Kommunale Tourismuseinrichtungen konzeptionslos gefördert

Kommunale Tourismuseinrichtungen wurden bisher ohne eine schlüssige Strategie und ohne nachhaltige Prüfung der wirtschaftlichen Situation gefördert. Das gilt insbesondere für einige kommunale Heilbäder, die wegen ihrer prekären wirtschaftlichen Lage um ihr Überleben ringen. Das Land sollte im Rahmen eines Bäderentwicklungskonzeptes die Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen deutlicher in den Vordergrund stellen und verstärkt Kooperationsprojekte mehrerer Gemeinden im Sinne einer regionalen Gesamtentwicklung fördern. Geklärt werden muss auch das Verhältnis der kommunalen und privaten Bäder zu den wesentlich stärker subventionierten staatlichen Bädern. Deren Privatisierung hatte der Rechnungshof bisher ohne Erfolg gefordert.

2.3 Grobe Fehler bei der Förderung von Ganztagsschulen

Bereits im Jahr 2005 hatte der Rechnungshof erstmals die Zusagen vonFördermitteln aus dem „Investitionsprogramm Zukunft Bildung und Betreuung“ untersucht und die ungleichmäßige Verteilung im Land beanstandet. Der Rechnungshof hatte gefordert, bei den Einzelentscheidungen vor allem auf die Dringlichkeit der Maßnahme und auf die Qualität des Konzepts abzustellen. Die erneute Prüfung zeigte das Gegenteil: Die anfänglichen Mängel werden durch eine stark fehlerhafte Förderpraxis fortgesetzt. Das Land vergab die Chance, Fördermittel des Bundes von weit mehr als einer halben Milliarde Euro bedarfsgerecht, zielgenau und wirtschaftlich einzusetzen.

2.4 Nachlässige Unterhaltung von Brücken darf nicht durch finanzielle Förderung belohnt werden

Die Unterhaltung der 10.000 Brücken an Kreis- und Gemeindeverbindungsstraßen in Baden-Württemberg obliegt den Kommunen. Fördermittel nach dem bisherigen Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) stehen hierfür nicht zur Verfügung. Förderfähig sind nur der Neu- und Ausbau. Die Finanzkontrolleure haben landesweit 27 Vorhaben untersucht. Das Ergebnis: Häufig wurden Ausbauten von Brücken gefördert, die von den Kommunen vernachlässigt worden waren. In vielen Fällen wurden Brücken größer ausgelegt, als es der Verkehr erforderte. Nachweise zum Verkehrsaufkommen fehlten ebenfalls. Der Rechnungshof empfiehlt, die künftige Förderung an ein funktionierendes Erhaltungsmanagement der Kommunen zu knüpfen und konsequent am Bedarf zu orientieren.

2.5 Exportakademie an der Hochschule Reutlingen kommt nicht aus den roten Zahlen

Die Exportakademie Baden-Württemberg an der Hochschule Reutlingen erwirtschaftet ein jährliches Defizit von mehr als 100.000 €. Eine Verbesserung des finanziellen Ergebnisses ist auch in den nächsten Jahren nicht zu erwarten. Mittelfristig müssten die Hochschule oder das Land hier einspringen. Der Rechnungshof schlägt deshalb vor, die Exportakademie entweder an eine andere private oder öffentliche Weiterbildungseinrichtung anzugliedern oder sie zu schließen.

3. Personal effizienter einsetzen und Leistungsanreize schaffen

In mehreren Beiträgen zeigt der Rechnungshof auf, in welchen Bereichen die Personalkostenstruktur noch weiter optimiert werden kann.

3.1 Polizeibeamte an den Kosten der Heilfürsorge beteiligen

Das Land übernimmt für erkrankte Polizeivollzugsbeamte alle anfallenden Behandlungskosten als so genannte freie Heilfürsorge. Die Beamten müssen sich nicht an den Kosten beteiligen. Die meisten anderen Bundesländer fordern von ihren Polizeibeamten eine Selbstbeteiligung. Der Rechnungshof schlägt vor, bei der anstehenden Dienstrechtsreform für die Heilfürsorge eine Eigenbeteiligung der Beamten von 10 % vorzusehen. Der Selbstbehalt sollte etwa 400 € je Jahr nicht übersteigen. Daneben sollten die Abrechnungen mit den Leistungserbringern modernisiert werden. Krankenhausrechnungen sollten sorgfältiger geprüft werden. Bei Umsetzung dieser Maßnahmen ist mit einer Entlastung des Landeshaushalts um 2 bis 3 Mio. € jährlich zu rechnen.

3.2 Übernahme der leistungsorientierten Professorenbesoldung in das neue Landesbesoldungsrecht

Der Rechnungshof empfiehlt dem Landesgesetzgeber, das vor wenigen Jahren in Kraft getretene Bundes-Besoldungsrecht für Professoren im Wesentlichen zu übernehmen. Dadurch entsteht ein leistungsfreundliches Klima. Während der gesamten Amtszeit eines Professors werden Anreize für besondere Leistungen in Lehre, Forschung und Weiterbildung gesetzt. Die Fachhochschulen erhalten zudem die Möglichkeit, ihr Profil in Lehre und Forschung zu schärfen. Durch die Vorgabe von Leistungszielen können die Hochschulen ihre Entwicklung strategisch lenken. Allerdings sollte der Gesetzgeber das System an einigen Punkten optimieren und den Übergang in die W-Besoldung in Altfällen beschleunigen.

3.3 Gastprofessuren: Mehr Sorgfalt beim Abschluss und Vollzug der Verträge

Der Rechnungshof hat alle 151 Gastprofessuren geprüft, die an den Hochschulen im Studienjahr 2005/2006 vergeben wurden. Das Ergebnis: Die Vorgaben des Wissenschaftsministeriums sind häufig nur unzureichend umgesetzt worden. Vor allem durch zu hohe Honorare wurden vermeidbare Mehrausgaben in sechsstelliger Höhe verursacht und weitere finanzielle Risiken geschaffen. Der Rechnungshof mahnt mehr Sorgfalt beim Abschluss der Verträge mit Gastprofessoren an. Vorrangig sollten die Pflichten der Professoren eindeutig und messbar festgelegt werden. Bei kurzfristigen Gastaufenthalten ausländischer Wissenschaftler sollten die Hochschulen auf das preisgünstigere Modell des Lehrauftrags zurückgreifen.

3.4 Unterrichtsausfall durch Pädagogische Tage an den Schulen

Pädagogische Tage sind schulinterne Fortbildungsveranstaltungen für Lehrkräfte. Sie sollen grundsätzlich in der unterrichtsfreien Zeit abgehalten werden. Wie dies bislang in der Praxis gehandhabt wurde, zeigt die Untersuchung an 700 allgemein bildenden Schulen. Dort stießen die Leitlinien des Kultusministeriums auf wenig Resonanz: Die Pädagogischen Tage wurden immer noch überwiegend während der Unterrichtszeit veranstaltet. Mehr als 18.000 Unterrichtsstunden fielen im Schuljahr 2006/2007 an den untersuchten Schulen aus. Diese entsprechen 19 Lehrer-Vollzeitstellen mit einem rechnerischen Gegenwert von 1 Mio. €. Der Rechnungshof fordert vom Kultusministerium, seine Vorgaben wirkungsvoller durchzusetzen.

4. Konsequentes Vorgehen gegen Missmanagement

Eine verantwortungsvolle Haushaltspolitik erfordert einen sparsamen Umgang mit Landesmitteln. Aus diesem Grund müssen die vorhandenen Ressourcen optimal genutzt werden. Investitionen setzen eine sorgfältige Planung und wirtschaftliche Ausführung voraus.

4.1 Universitätsbibliothek Freiburg: Bei der Modernisierung 8 Mio. € einsparen

Das Land plant, die Universitätsbibliothek Freiburg grundlegend umzubauen und zu modernisieren. Vorgaben für die Sanierung waren,

-    eine städtebaulich und architektonisch anspruchsvolle Lösung zu verwirklichen,

-    den Energieverbrauch merklich zu senken und

-    die Gesamtbaukosten von 40 Mio. €

zwingend einzuhalten.Das Preisgericht entschied sich für einen besonders aufwendigen Entwurf, der sich am weitesten von dem ursprünglichen Planungskonzept entfernte. Der Siegerentwurf überschritt die vorgegebenen Baukosten um 3 Mio. €. Die Verwaltung hat die Kritik und Anregungen des Rechnungshofs zwar aufgegriffen und den Wettbewerbsentwurf überarbeitet. Würden aber sämtliche Vorschläge der Prüfer umgesetzt, könnten Baukosten von 8 Mio. € eingespart werden.

4.2 Missmanagement bei der Stiftung Orthopädie

Der Rechnungshof hat gravierende Mängel in der Geschäftsführung der Stiftung Orthopädische Universitätsklinik Heidelberg festgestellt. Insbesondere die nachteilige Ausgestaltung von Verträgen führte zu erheblichen Belastungen, die sich nach Schätzungen der Prüfer auf mindestens 1,2 Mio. € belaufen. Vergabevorschriften wurden regelmäßig missachtet und offensichtliche Interessenkollisionen bei Auftragsvergaben hingenommen. Der Schaden hätte vermieden werden können, wäre der Aufsichtsrat seiner Überwachungspflicht nachgekommen.

4.3 Kostenpauschalen für Schwangerschaftsabbrüche einführen

Die Kosten für einen rechtswidrigen, aber straffreien Schwangerschaftsabbruch sind von den Frauen grundsätzlich selbst zu tragen. Soweit die Schwangeren sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Notlage befinden, übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen zunächst die Kosten der Behandlung. Diese Kosten erstattet das Land später den Krankenkassen. Im Jahr 2006 waren dies 5,2 Mio. €. Der Rechnungshof empfiehlt, das Abrechnungssystem durch Kostenpauschalen zu vereinfachen und dadurch die Erstattungen an die gesetzlichen Krankenkassen um jährlich 1,4 Mio. € zu verringern.

5. Kostensenkung durch Investitionen oder organisatorische Maßnahmen

Suboptimale Verfahrensabläufe und Organisationsstrukturen verschlingen viel Geld. Der Rechnungshof hat in verschiedenen Verwaltungsbereichen, Defizite festgestellt.

5.1 Technisches Gebäudemanagement für Landesimmobilien ausbauen; Investitionen in Wärmedämmung und ressourcenschonende Techniken rechnen sich

Das technische Gebäudemanagement wurde am Beispiel von 70 Finanzämtern und Gerichten überprüft. Dabei zeigte sich, dass die Potenziale zur Einsparung von Energie nicht ausgeschöpft sind. Dazu müsste der hiefür zuständige Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg den Energieverbrauch in den Gebäuden systematisch untersuchen und diese im Zuge von Sanierungs- und Umbauarbeiten energetisch optimieren. Neubauten sollten bevorzugt in Passiv- bzw. Niedrigenergiebauweise erstellt werden. Auch durch die zentrale Ausschreibung der Erdgaslieferung könnte das Land Kosten einsparen. Um dieses Ziel zu erreichen, muss der Landesbetrieb Vermögen und Bau dem technischen Gebäudemanagement einen höheren Stellenwert einräumen. Die Finanzkontrolleure empfehlen, eine zentrale Stelle für die landesweite Steuerung dieser Aktivitäten einzurichten.

5.2 Überkapazitäten bei Asylbewerber-Wohnheimen abbauen

Die Pauschale, die das Land seit 2004 den Stadt- und Landkreisen für die vorläufige Unterbringung von Asylbewerbern zahlt, ist nicht mehr auskömmlich. Dies liegt vor allem daran, dass die Asylsuchenden nach Abschluss des Asylverfahrens noch weitere 14 Monate in Gemeinschaftsunterkünften verbleiben. Ursprünglich waren wesentlich kürzere Zeiten erwartet worden. Außerdem haben die Stadt- und Landkreise ihre Unterbringungskapazitäten nicht angepasst, obwohl die Zugangszahlen um 80 % zurückgegangen sind. Etwa die Hälfte der Gemeinschaftsunterkünfte stand im Untersuchungszeitraum leer. Dies führt zu vermeidbaren Kosten, die vom Land nicht übernommen werden sollten.    Die Finanzkontrolle empfiehlt die Modifizierung der Pauschale, wobei der Erstattungszeitraum auf höchstens 12 Monate nach Abschluss des Asylverfahrens begrenzt werden sollte. Außerdem müssen die Stadt- und Landkreise die vorhandenen Wirtschaftlichkeitspotenziale ausschöpfen. Die Unterbringungs- und Versorgungsstrukturen ließen sich durch eine kreisübergreifende Zusammenarbeit kostengünstiger gestalten. Dadurch können die Ausgaben der Stadt- und Landkreise für die vorläufige Unterbringung und damit auch die Erstattung des Landes um 5 Mio. € jährlich reduziert werden.

5.3 Serviceleistungen für die Öffentlichkeitsarbeit der Ministerien zentralisieren

Eine Reihe von Aufgaben aus der Öffentlichkeitsarbeit der Ministerien können auf eine zentrale Service-Stelle übertragen werden. Die Herausgabe von Publikationen oder die Durchführung von Veranstaltungen bieten sich für eine Zentralisierung an. Durch die Erledigung dieser Tätigkeiten mit entsprechend geschulten, professionellen Mitarbeitern kann der bisherige Personaleinsatz von mehr als 31 Vollzeitstellen erheblich reduziert werden. Der Rechnungshof geht von einem Einsparpotenzial von bis zu 15 Stellen aus. Der Vorschlag für ein solches Dienstleistungszentrum deckt sich mit den Zielsetzungen der Strukturkommission für Aufgabenkritik und Haushalt.

6. Steuern und weitere Einnahmequellen ausschöpfen

Die wesentlichen Einnahmen des Landes sind Steuern und Gebühren. Damit das Land auch in Zukunft seine Aufgaben erfüllen kann, hat es darauf zu achten, dass keine Steuerausfälle entstehen. Außerdem sollten Verwaltungsgebühren stets kostendeckend sein, insbesondere in solchen Bereichen, in denen die Beteiligten einen unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil von der Verwaltungsleistung haben.

6.1 Prüfung von Kleinbetrieben: Steuerausfälle vermeiden

Klein- und Kleinstbetriebe werden nach Auffassung der Finanzkontrolle von den Finanzämtern zu selten geprüft. Die Prüfungsintervalle liegen inzwischen bei Kleinbetrieben bei durchschnittlich 26 Jahren und bei Kleinstbetrieben bei rechnerisch 85 Jahren. Besorgniserregend sind die großen regionalen Unterschiede zwischen den einzelnen Finanzämtern. Deshalb sollten alle vom Rechnungshof aufgezeigten Möglichkeiten einer Rationalisierung ausgeschöpft und ein weiterer Personalabbau in der Amtsbetriebsprüfung vermieden werden. Anderenfalls wäre die Gleichmäßigkeit der Besteuerung in Gefahr und es würden weitere Steuerausfälle drohen.

6.2 Kosten für die Staatlichen Heimsonderschulen über die zuständigen Sozialhilfeträger refinanzieren

Schüler mit spezifischem sonderpädagogischen Bedarf werden in acht Staatlichen Heimsonderschulen gefördert. Finanziert werden diese Schulen durch das Land sowie durch Gebühren der Internatsschüler. Im Schuljahr 2006/2007 waren von den 1.800 Schülern mehr als 1.200 externe Schüler in diesen Einrichtungen. Die externen Schüler werden dort nicht nur unterrichtet, sondern erhalten entsprechend ihrer individuellen Behinderung auf Kosten des Landes so genannte tagesstrukturierende Angebote, die den Besuch der Heimsonderschule ermöglichen oder erleichtern. Die Kosten hierfür werden derzeit vom Land getragen, obwohl sie im Rahmen der Eingliederungshilfe vom zuständigen Sozialhilfeträger finanziert werden müssten. Das Land hat bisher darauf verzichtet, die Kosten für tagesstrukturierende Angebote geltend zu machen, wodurch ein jährlicher Einnahmeausfall von 7 Mio. € entstand. Aus diesem Grund fordert der Rechnungshof das Land auf, die Leistungen über die Kostenträger zu refinanzieren.

6.3 Leitstelle für Arzneimittelüberwachung soll kostendeckende Gebühren erheben

Die Leitstelle für Arzneimittelüberwachung Baden-Württemberg beim Regierungspräsidium Tübingen überwacht die Herstellung von Arzneimitteln durch Pharmaunternehmen, die im Land ihren Hauptsitz haben. Dabei überprüfen die Arzneimittelinspekteure auch Produktionsstandorte im Ausland. In diesem Fällen übernehmen die betroffenen Unternehmen die komplette Reiseplanung sowie die anfallenden Kosten für Flug, Unterkunft und Verpflegung. Diese Abwicklungspraxis ist nach Auffassung des Rechnungshofs risikoanfällig und sollte geändert werden. Die Finanzkontrolleure haben außerdem festgestellt, dass die von der Leitstelle erhobenen Gebühren nicht kostendeckend sind. Die vollständige Berechnung des personellen Zeitaufwands und eine maßvolle Anpassung bei den Pauschalgebühren würde zu jährlichen Mehreinnahmen von 200.000 € führen. Weitere Gebühreneinnahmen ließen sich erzielen, wenn die Arzneimittelinspekteure von Verwaltungsaufgaben entlastet werden würden, um sich verstärkt den Kernaufgaben widmen zu können. Dazu müssten endlich Stellen im Verwaltungsdienst von den übrigen Regierungspräsidien auf die Tübinger Leitstelle übertragen werden.

6.4 Personalunterkünfte an Universitätsklinika müssen keine Verlustbringer sein

Die vier Universitätsklinika unterhielten im Jahr 2006 knapp 2.500 Personalunterkünfte mit einer Auslastung von 85 %, wobei drei Klinika einen Verlust von insgesamt 1,1 Mio. € erwirtschafteten. Dazu trug auch die rechtlich nicht gebotene Anwendung des Tarifvertrags über die Bewertung der Personalunterkünfte bei. Dieser sieht unabhängig von den tatsächlichen Kosten pauschale Mietpreise vor. Die Mieten waren nach der Untersuchung des Rechnungshofs regelmäßig nicht kostendeckend. Diesen Aspekt haben die Universitätsklinika in die laufenden Tarifverhandlungen einbezogen. Die Finanzkontrolleure empfehlen den Universitätsklinika eine Reihe weiterer Maßnahmen zur Ergebnisverbesserung. Die freiwerdenden Mittel können die Klinika anderweitig einsetzen.

7. Datenverarbeitung im Land: Verschenkte Millionen und nicht ausgeschöpfte Kapazitäten

Der Einsatz moderner Datenverarbeitung in der Landesverwaltung ist heute selbstverständlich und lässt sich kaum mehr wegdenken. Trotzdem ist ein wirtschaftlicherer Einsatz möglich und geboten, wie der Rechnungshof in einigen Beispielen aufzeigt.

7.1 Landesverwaltungsnetz: Verschenkte Millionen durch ungenutzte Anschlüsse und Datenleitungen

Mit seinen Einsparvorschlägen zum Landesverwaltungsnetz stieß der Rechnungshof teilweise auf taube Ohren. Auch vier Jahre nach der letzten Denkschriftbefassung und eindeutigen Vorgaben des Landtags beschäftigen sich beispielsweise nach wie vor Mitarbeiter in mehreren Bereichen der Landesverwaltung mit Netzplanung, Netzbetrieb und Netzwerksicherheit. Erst nachdem nun auch ein externer Berater die Empfehlung des Rechnungshofs, diese Aufgaben an einer Stelle zu bündeln, bestätigt hat, finden konkrete Schritte zur Umsetzung statt. Abermals stießen die Finanzkontrolleure auf ungenutzte oder überdimensionierte Anschlüsse und Datenleitungen, die für unnötige Ausgaben in Millionenhöhe sorgten. Die Datenleitungen werden durch den Einsatz neuer Techniken und die Verbesserungen der Konditionen bestehender Verträge nun zu einem günstigeren Preis-Leistungsverhältnis bezogen. Preisvergleiche zeigen, dass das Land bei den DSL-Anschlüssen geschätzt 2,5 Mio. € je Jahr zu viel bezahlt. Der Rechnungshof hält deshalb eine Neuausschreibung der Leistungen für überfällig und drängt außerdem auf die Zusammenlegung des Landesverwaltungsnetzes mit den kommunalen Verwaltungsnetzen.

7.2 Versand der Vordrucke für die Einkommensteuererklärung ist entbehrlich

Der Rechnungshof regt an, auf den Versand der Vordrucke für die Einkommensteuererklärung zu verzichten. Dadurch könnte das Land mehr als 1 Mio. € einsparen. Die Bürger können die Erklärungsvordrucke bei den Finanzämtern und Kommunalverwaltungen erhalten. Im Übrigen besorgen sich immer mehr Bürger die notwendigen Vordrucke über das Internet oder geben ihre Steuererklärung auf elektronischem Wege im sog. ELSTER-Verfahren ab. In der Übergangsphase bis zur weitgehend elektronischen Abgabe von Steuererklärungen könnten durch Optimierungen 350.000 € je Jahr eingespart werden.

7.3 Prüfung der Versorgungsbezüge bringt Jahr für Jahr mehrere hunderttausend Euro

Die Festsetzung der Versorgungsbezüge für Ruhestandsbeamte wird regelmäßig durch die Finanzkontrolle überprüft. Die Versorgung wird meistens korrekt und fehlerfrei festgesetzt. Korrektur-Eingriffe bei der Prüfung ersparen dem Land jährlich mehrere hunderttausend Euro. Die Fehler treten vor allem auf, wenn Versorgungsansprüche der Beamten mit Ansprüchen aus anderen Versorgungssystemen (z. B. der gesetzlichen Rentenversicherung) zusammentreffen. Vor diesem Hintergrund fordert der Rechnungshof, eine elektronische Versorgungsakte einzuführen, aus der sich die Berufslaufbahn des Beamten nachvollziehen lässt.