Rechnungshof zeigt Wege zur Haushaltskonsolidierung auf - 440 Stellen und 45 Mio. € könnten eingespart werden
- Schulden auf 42 Mrd. € angestiegen - grundsätzliches Verbot weiterer Neuverschuldung gefordert
- Organisationsstrukturen optimieren - Personalausstattung dem Bedarf anpassen
- Vorhandene Ressourcen optimal nutzen - Investitionen möglichst wirtschaftlich realisieren
- Probleme im Schnittfeld von Pensionen und Renten lösen
- Beteiligungsverwaltung optimieren - Engagements aufgeben, Zuführungsbedarf senken
- Fördermittel wirtschaftlicher einsetzen - Fördervoraussetzungen einhalten und Förderrichtlinien anpassen
- Höhere Steuereinnahmen durch bessere DV-Ausstattung möglich - DV-Beschaffung verbesserungsfähig
- Frühere Empfehlungen der Finanzkontrolle entlasten den Haushalt
Karlsruhe/Stuttgart. „Die neue Landesregierung hat sich die Haushaltssanierung als Kernaufgabe auf die Fahne geschrieben. Die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Maßnahmen zur Zielerreichung weisen den richtigen Weg. Nun müssen den Worten aber auch Taten folgen. Die Prüfungserkenntnisse und Einsparvorschläge des Rechnungshofs können hierzu einen wertvollen Beitrag leisten. Bei konsequenter und zügiger Umsetzung unserer Vorschläge kann das Land einschließlich der Universitätsklinika in den nächsten Jahren rd. 440 Personalstellen und weitere 45 Mio. € einsparen. Darüber hinaus könnten die Steuereinnahmen um mehrere Millionen Euro steigen“, so Martin Frank, der Präsident des Rechnungshofs Baden-Württemberg, bei der Vorstellung der Denkschrift 2006 vor Journalisten in Stuttgart. Damit seien bei weitem nicht alle finanziellen Auswirkungen der Prüfungen des Rechnungshofs und der vier Staatlichen Rechnungsprüfungsämter beziffert, da die Beiträge der Denkschrift nur ausgewählte Ausschnitte aus der umfassenden Prüfungstätigkeit darstellen. In vielen Fällen führten die Vorschläge der Finanzkontrolleure auch dazu, dass die vorhandenen Ressourcen effizienter eingesetzt werden, und das Land dadurch seine Aufgaben besser erfüllt.
1. Schulden auf 42 Mrd. € angestiegen - grundsätzliches Verbot weiterer Neuverschuldung gefordert
Auch im Jahr 2005 reichten die regulären Einnahmen bei weitem nicht aus, um die Ausgaben zu finanzieren. Netto mussten rd. 1,7 Mrd. € durch Kredite finanziert werden. Dadurch haben sich die Schulden des Landes einschließlich der verlagerten Verpflichtungen bis zum Ende des Jahres 2005 um knapp 2 Mrd. € auf rd. 42 Mrd. € erhöht. Die Pro-Kopf-Verschuldung stieg damit auf 3.682 €. „Ein Fünftel der Gesamtausgaben des Landes muss allein für den Schuldendienst aufgewandt werden, und dies bei einem historisch niedrigen Zinsniveau“, stellten die Karlsruher Finanzkontrolleure fest. Bei dieser Situation bestehe praktisch kein Spielraum mehr für die Finanzierung zukunftsorientierter Aufgaben.
„Wir fordern seit Langem eine Abkehr von der Politik des „leichten frischen Geldes“ durch neue Schulden und haben Regierung und Landtag mehrfach aufgefordert, tatkräftig das wiederholt erklärte haushaltspolitische Ziel umzusetzen, Haushalte ohne Nettoneuverschuldung zu erreichen“, so Präsident Frank bei der Pressekonferenz. Die Landesregierungen hatten entsprechende Ziele bereits für die Haushaltsjahre 1985 und 2006 angekündigt, ohne diese zu erreichen. Auch die mittelfristige Finanzplanung der Landesregierung für die Jahre 2006 bis 2009 sieht weitere Nettokreditaufnahmen in Höhe von insgesamt 6,5 Mrd. € vor. Daher sei das Ziel der Regierung, schrittweise das strukturelle Haushaltsdefizit abzubauen und bis zum Jahr 2011 Haushalte ohne Nettoneuverschuldung zu erreichen, sehr wichtig. Dem im März 2006 beschlossenen Maßnahmenpaket für eine nachhaltige und zukunftsgerichtete Haushaltskonsolidierung und den Aussagen des Koalitionsvertrags hierzu müssten nun Taten folgen. Verhängnisvoll wäre es, im Hinblick auf die derzeit wieder höheren Steuereinnahmen den notwendigen strengen Sparkurs zu lockern.
Der bestehende verfassungsrechtliche Rahmen habe sich für eine Eindämmung der Staatsverschuldung als untauglich erwiesen. Dieser lässt neue Schulden in der Höhe zu, in der Investitionen getätigt werden. Durch die weite Auslegung des Investitionsbegriffs habe das Land in der Vergangenheit und auch 2005 einen verfassungsmäßigen Haushalt vorlegen können und dabei den Schuldenberg vergrößert. „Der Verschuldungsspielraum würde auf unter ein Drittel gegenüber bisher absinken, wenn nur noch solchen Investitionen neue Kredite zugrunde gelegt werden dürften, die eigenen Investitionen des Landes dienen. Bisher hat das Land aber in hohem Maße Investitionen Dritter, z. B. der Gemeinden, finanziert und als eigene Investitionen behandelt“, kritisieren die Finanzkontrolleure. Eine Einengung des Investitionsbegriffs durch Ausschluss der Förderung von Investitionen Dritter wäre ein richtiger und wichtiger Schritt zu mehr Haushaltsdisziplin.
Um künftig aber sicher zu gewährleisten, dass das Land mit seinen Einnahmen auskommen muss, spricht sich der Rechnungshof ausdrücklich dafür aus, dem Land die Aufnahme weiterer neuer Kredite durch eine Änderung der Verfassung und der Landeshaushaltsordnung grundsätzlich zu verbieten.
„Erfolgreiche Haushaltssanierung muss an der Ausgaben- und Aufgabenseite ansetzen. Dafür sind einschneidende Veränderungen im Finanzgebaren des Landes erforderlich“, mahnt Präsident Frank. Neben einem restriktiven Haushaltsvollzug müssten alle vorhandenen Effizienzpotenziale aufgedeckt und konsequent ausgeschöpft werden. Darüber hinaus führe an einem Abbau staatlicher Aufgaben und kostenwirksamer Standards kein Weg vorbei. Die Sach- und Personalausgaben müssten ebenso wie die Ausgaben für die zahlreichen Förderprogramme konsequent gesenkt werden.
2. Organisationsstrukturen optimieren - Personalausstattung dem Bedarf anpassen
Ein immer noch erhebliches Einsparpotenzial lässt sich durch eine Optimierung von Verfahrensabläufen und Organisationsstrukturen realisieren. Der Rechnungshof hat Untersuchungen in verschiedenen Verwaltungsbereichen durchgeführt, Defizite festgestellt und Verbesserungsvorschläge gemacht.
2.1 Die Flurneuordnungsverwaltung sollte mittelfristig 300 Stellen abbauen
Eine deutliche Verminderung des Personalaufwands sei bei der Flurneuordnungsverwaltung möglich. Dort könnten mittelfristig bis zu 300 Stellen abgebaut werden. Die Anzahl der Verfahren habe in den letzten Jahrzehnten deutlich abgenommen und auch der Aufwand für deren Durchführung sei erheblich gesunken. Heute würden vielfach kleinere Flächen neu geordnet und es stünden neue Techniken zur Verfügung. Auch seien die bestehenden Privatisierungsmöglichkeiten, vor allem bei den Vermessungsarbeiten, noch nicht ausreichend genutzt.
2.2 Bei den Laboren der Universitätsklinika bestehen erhebliche Optimierungspotenziale
Bei den Laboren der Universitätsklinika ist das Zentralisierungspotenzial insgesamt längst nicht ausgeschöpft. Nach der Einschätzung des Rechnungshofs besteht bei den zentralen Laboren ein rechnerisches Einsparpotenzial von rd. 9 Mio. €. Darüber hinaus könnten weitere 0,9 Mio. € eingespart werden, wenn Doppelarbeit vermieden und die Aufgabenerledigung zentralisiert würde. Zu diesen Ergebnissen kommen die Finanzkontrolleure nach einer Modellrechnung auf der Basis der von den Universitätsklinika zur Verfügung gestellten Daten. Die Zahlen könnten jedoch nur eine grobe Größenordnung der Wirtschaftlichkeitsreserven aufzeigen, da bei den Universitätsklinika des Landes umfassend verlässliche Informationen über das tatsächliche Leistungsvolumen der Labore bisher fehlen. Die Rechnungsprüfer mahnen daher an, zeitnah ein funktionierendes System zur Erfassung und Dokumentation steuerungsrelevanter Daten der Labore einzurichten.
2.3 Die Landesbibliotheken und die Staatsgalerie Stuttgart könnten wirtschaftlicher geführt werden
Der Rechnungshof hat die Organisation und den Personaleinsatz bei der Badischen und der Württembergischen Landesbibliothek vergleichend untersucht und dabei Personalüberhänge und Unterschiede in der Personalstruktur festgestellt. Nach Ansicht der Finanzkontrolleure könnten die Bibliotheken in Karlsruhe und Stuttgart mit einem um 1,9 Mio. € geringeren Personaletat auskommen. Zudem könnte das wirtschaftliche Ergebnis durch die Einführung von jährlichen Benutzungsgebühren, durch Erhöhung der Fernleihgebühren sowie durch maßvolle Reduzierungen des Leistungsangebots verbessert werden.
„Bei der Organisation der Staatsgalerie Stuttgart besteht ein erhebliches Verbesserungspotenzial. Der seit 1998 eingeschlagene Modernisierungskurs hat zwar in der Außendarstellung des Museums und in der Ausstellungskonzeption nachhaltige Wirkung gezeigt, der innere Betrieb offenbart jedoch zahlreiche Mängel“, so Präsident Frank bei der Pressekonferenz. Der Steuerzahler habe einen Anspruch darauf, dass der jährliche Zuschuss des Landes an die Staatsgalerie möglichst wirtschaftlich eingesetzt werde. Bisher fehle eine aussagekräftige Kosten- und Leistungsrechnung, und in vielen Bereichen sei eine Professionalisierung dringend erforderlich. Dies betreffe insbesondere die Dokumentation der Sammlungsbestände und die Verwaltung der Leihgaben der Staatsgalerie an Dritte. Unwirtschaftliches Verhalten bescheinigen die Rechnungsprüfer der Staatsgalerie auch bei der Beschäftigung von Bewachungspersonal und im Fotoatelier.
2.4 Deputatserhöhungen an den Musikhochschulen gefordert
Weitere Wirtschaftlichkeitsreserven haben die Finanzkontrolleure bei den fünf Musikhochschulen im Land ausgemacht. Nach Einschätzung des Rechnungshofs könnte beim künstlerischen Mittelbau ohne Einschränkung der Lehrleistung jede sechste Stelle abgebaut oder aber das Lehrangebot entsprechend erhöht werden. Voraussetzung dafür sei, dass die Lehrverpflichtungsverordnung aus dem Jahre 1982 an die bundesweit geltenden Standards angepasst werde. Danach müssten die Lehrkräfte für besondere Aufgaben und die künstlerischen Mitarbeiter an den Musikhochschulen künftig 24 statt bisher 20 Semesterwochenstunden leisten.
3. Vorhandene Ressourcen optimal nutzen - Investitionen möglichst wirtschaftlich gestalten
Das Land hat mit Steuergeldern sparsam umzugehen. Vorhandene Ressourcen müssen deshalb optimal genutzt werden. Investitionen erfordern eine sorgfältige Planung und Ausführung. Sie sollten möglichst wirtschaftlich erfolgen.
3.1 Schaffung neuer Haftplätze ohne zusätzliches Personal möglich
Nach Auffassung des Rechnungshofs kann bei der Erstellung eines Gesamtkonzepts für die anstehenden Haftplatzanpassungen auf eine Personalvermehrung im Strafvollzug verzichtet werden. Die notwendigen baulichen Investitionen könnten sogar durch eine Reduzierung des Personalbedarfs gegenfinanziert werden, wenn personalintensive kleine Justizvollzugsanstalten durch Neubauten oder Anstaltserweiterungen ersetzt würden. Dabei seien Anstaltserweiterungen Neubauten vorzuziehen. Weitere Einsparpotenziale könnten realisiert werden, wenn bei künftigen Neubauten die Nutzerstandards gesenkt würden.
3.2 Kosten für den Beratungsbedarf der Verwaltung könnten gesenkt werden
Bei der Vergabe von Gutachten haben nicht nur die Ministerien, sondern auch andere Landesbehörden den Wirtschaftlichkeits- und Wettbewerbsgrundsatz bisher nicht ausreichend beachtet. Die Kosten für den Beratungsbedarf könnten erheblich gesenkt werden, wenn das Vergaberecht korrekt angewendet und verstärkt auf die Sachkompetenz der Landesbediensteten zurückgegriffen werde.
3.3 Amphibienschutzanlagen sollten besser unterhalten werden
Der Rechnungshof hat zahlreiche Schutzanlagen überprüft, die den Amphibien bei ihren Wanderungen eine sichere Querung der Straßen ermöglichen sollen. Dabei haben die Prüfer festgestellt, dass viele Anlagen derart mangelhaft unterhalten werden, dass sie ihre Wirksamkeit eingebüßt hatten. Im Sinne des Artenschutzes und vor dem Hintergrund, dass sich die Bauausgaben je nach Anzahl der Amphibiendurchlässe und Leiteinrichtungen bei den einzelnen Straßenbaumaßnahmen zwischen 20.000 € und 500.000 € bewegten, mahnen die Finanzkontrolleure eine kritische Prüfung der Notwendigkeit an; außerdem sollten die Anlagen besser kontrolliert und unterhalten werden. Eine engere und weiter gehende Zusammenarbeit zwischen Straßenbau und Naturschutz sei geboten; Mehrkosten dürften dadurch aber nicht entstehen.
4. Probleme im Schnittfeld von Pensionen und Renten lösen
„Das Nebeneinander von beamtenrechtlicher Versorgung und allgemeinem Rentenrecht schafft in vielen Fällen Verwaltungsaufwand und gibt Anlass zu Fehlern“, beklagen die Karlsruher Finanzkontrolleure die derzeitige Rechtslage. In den letzten Jahren hat das Land durchschnittlich 41 Mio. € aufgewendet, um Landesbeamte, die aus dem öffentlichen Dienst ausscheiden und in ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis wechseln, in der gesetzlichen Rentenversicherung nachzuversichern. Durch bestimmte Rechts- und Verfahrensänderungen könnten hierbei jährlich mehr als 1 Mio. € eingespart werden, wenn die Nachversicherung bei jungen Beamten so lange aufgeschoben würde, bis Klarheit über den weiteren Berufsweg bestehe. Nach den Feststellungen des Rechnungshofs werden in vielen Fällen Beamte zunächst nachversichert und kehren dann dauerhaft in das Beamtenverhältnis zurück, ohne dass die mit der Nachversicherung begründeten Rentenanwartschaften jemals zum Tragen kommen. Der Rechnungshof unterstützt die derzeit laufenden Bemühungen um eine Trennung der Versorgungssysteme. Wenn Versorgungsansprüche und Rentenansprüche unabhängig voneinander erworben und geltend gemacht werden könnten, entfiele das gesamte Nachversicherungsverfahren.
Die gesetzlich vorgesehene Anrechnung von Rentenbezügen auf die Versorgungsbezüge der Pensionäre gelingt nur, wenn das Land von dem Rentenbezug weiß. Bei einem Datenabgleich mit den Daten der Rentenversicherung haben die Rechnungsprüfer festgestellt, dass in etwa 1 % aller Anrechnungsfälle die Renten nicht an das zuständige Landesamt für Besoldung und Versorgung gemeldet waren. Das Land habe aufgrund der Prüfung des Rechnungshofs etwa 1,8 Mio. € von den betreffenden Versorgungsempfängern zurückgefordert und in mehr als 130 Fällen die künftigen Bezüge entsprechend den gesetzlichen Vorschriften reduziert, was zu laufenden Einsparungen in Höhe von jährlich rd. 245.000 € führt. Der Rechnungshof hat empfohlen, die Versorgungsdaten regelmäßig mit den Rentendaten abzugleichen. Bei einer Trennung der Versorgungssysteme könnten auf längere Sicht der gesamte Verwaltungsaufwand entfallen und Haushaltsmittel in erheblichem Umfang eingespart werden.
5. Beteiligungsverwaltung optimieren - Engagements aufgeben, Zuführungsbedarf senken
„Die Beteiligung an privatrechtlichen Unternehmen ist nicht selten mit finanziellen Risiken für den Haushalt verbunden. Daher sollte das finanzielle Engagement des Landes als Gesellschafter immer wieder kritisch geprüft und das Beteiligungsportfolio den veränderten Bedingungen angepasst werden“, fordert die Karlsruher Kontrollbehörde. Bei der in Reutlingen ansässigen ekz.Bibliotheksservice GmbH empfiehlt der Rechnungshof, die Landesanteile von 9,4 % zügig zu veräußern. Nach seiner Einschätzung bestehe kein wichtiges Landesinteresse an diesen Anteilen. Bei der SAA Sonderabfallagentur Baden-Württemberg GmbH sollte das Land darauf hinwirken, dass die Gesellschaft künftig ihre Einnahmemöglichkeiten stärker ausschöpft und so den Bedarf an einem Verlustausgleich senkt.
6. Fördermittel wirtschaftlicher einsetzen - Fördervoraussetzungen einhalten und Förderrichtlinien anpassen
Die Überprüfung von Förderprogrammen und Subventionen ist eine wichtige Daueraufgabe von Politik und Verwaltung. Daher liegt auch in diesem Jahr wieder ein Schwerpunkt der Denkschrift im Zuwendungsbereich. Förderprogramme sollten regelmäßig auf ihre Notwendigkeit und Wirksamkeit überprüft werden. Anpassungen der Fördervoraussetzungen und Zuwendungsverfahren sollten, soweit nötig, zeitnah erfolgen. „Komplizierte und bürokratische Förderverfahren sind häufig fehleranfällig. Vereinfachungen und Pauschalierungen sind daher sinnvoll und geboten“, empfehlen die Finanzkontrolleure.
6.1 Deutliche Kostensenkung durch bessere Planung von Bauvorhaben
Im Hinblick auf den wirtschaftlichen Einsatz der knappen Fördermittel empfiehlt der Rechnungshof, bei der Förderung von Infrastrukturvorhaben des öffentlichen Personennahverkehrs künftig qualifizierte Antragsprüfungen durchzuführen und die Förderung der Vorhaben zu „deckeln“. Nach Ansicht der Finanzkontrolleure bietet das Instrument der Höchstbetragsfinanzierung neben einer Verwaltungsvereinfachung auch einen Anreiz für die Vorhabenträger sorgfältiger zu planen und zu bauen; Kostenexplosionen könnten so wirksam verhindert werden.
Die Umwandlung ehemals militärisch genutzter in zivil zu nutzende Flächen wird aus dem Topf der Städtebauförderung gefördert. Bei der Überprüfung der Fördermaßnahmen stellten die Finanzkontrolleure Mängel fest. So wurden zum Prüfungszeitpunkt bei 13 der 61 geprüften Konversionsmaßnahmen die Bewilligungen widerrufen oder die Mittel wegen Rentierlichkeit zurückgefordert. Diese Mittel verblieben jedoch größtenteils zugunsten anderer Sanierungsmaßnahmen bei der betroffenen Kommune, anstatt wieder der allgemeinen Verfügungsmasse für die Städtebauförderung zugeführt und dort für wirklich dringende Sanierungsmaßnahmen eingesetzt zu werden. Der Rechnungshof empfiehlt daher, Konversionsmaßnahmen zielgerichteter zu fördern, indem den betroffenen Kommunen z. B. eine Anschubfinanzierung durch Zinsausgleich für den Grundstückserwerb gewährt wird. Der Verwaltungsaufwand für die Bewilligung bzw. für einen Widerruf bei rentierlichen Maßnahmen könnte durch eine intensive Antragsprüfung erheblich reduziert werden.
6.2 Mitfinanzierung kommunaler Pflichtaufgaben durch das Land überdenken
Das Land sollte die Mitfinanzierung kommunaler Pflichtaufgaben durch Fördermittel überdenken und gegebenenfalls einstellen. Dies betrifft zum einen die notwendige Sanierung der öffentlichen Abwasserkanäle, die nach Auffassung der Karlsruher Kontrollbehörde keiner Landesförderung bedarf. Obwohl das Land die meisten Kommunen bereits bei der Errichtung der öffentlichen Kanalisation finanziell unterstützt hat, erhalten sie auch für die Sanierung Fördermittel. Da es sich bei der Abwasserentsorgung um eine kommunale Pflichtaufgabe handelt, die grundsätzlich über Abgaben refinanzierbar ist, empfiehlt der Rechnungshof, die Landesförderung für die reine Sanierung von Abwasserkanälen zu beenden. Die in der Vergangenheit dafür ausgereichten jährlichen Zuwendungen von etwa 5 bis 10 Mio. € könnten eingespart oder anderweitig investiert werden. Um den Anstieg der Abwassergebühren zur Finanzierung der Sanierungsvorhaben für die Bürger moderat zu halten, zeigen die Finanzkontrolleure Wege auf, wie die Kommunen durch optimierte Entwässerungs- und Sanierungsplanungen die Kosten verringern können.
Auch sollten die Zuwendungen des Landes zur Kleinkindbetreuung und Tagespflege auf einer neuen Bemessungsgrundlage erfolgen und von einer mindestens gleich hohen finanziellen Beteiligung der Kommunen abhängig gemacht werden. Im Jahr 2004 gewährte das Land Zuwendungen von 7,5 Mio. € für die Kleinkindbetreuung in Kinderkrippen und die Tagespflege an die Kommunen, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. Bei dieser Förderung einer originär kommunalen Aufgabe sollte künftig darauf geachtet werden, dass die vorhandenen Krippenplätze entsprechend dem tatsächlichen Bedarf aufgeteilt werden und die Berechnung der Zuwendungen sich an den tatsächlichen Betriebskosten orientiert. Auch trage die verwaltungsaufwendige Förderung der Altersvorsorge für Tagespflegepersonen nur unwesentlich dazu bei, eine Altersversorgung aufzubauen. Diese Förderung sollte daher eingestellt werden.
6.3 Rechtslage und Praxis bei der Ausbildungsförderung optimieren
Das Staatliche Rechnungsprüfungsamt Stuttgart hat über mehrere Jahre die Verwaltungspraxis der Landratsämter und der Studentenwerke geprüft, die in Baden-Württemberg für die Ausführung des BAföG zuständig sind. Bei der Gewährung der Ausbildungsförderung haben die Prüfer typische Fehlerquellen festgestellt, die durch Verbesserungen im Verfahren und durch Änderungen der Rechtslage in Zukunft vermieden werden könnten. Insbesondere die Rückforderungspraxis sollte optimiert werden.
7. Steuerausfälle durch bessere DV-Unterstützung vermeiden - Beschaffung von IuK-Geräten optimieren
„Durch die fehlerhafte Auswertung von Grundlagenbescheiden entstehen jährlich Steuerausfälle in Millionenhöhe. Um eine rechtzeitige und vollständige Erfassung der Steuereinnahmen gewährleisten zu können, sollten die Finanzämter mit hierfür besser geeigneten DV-Programmen ausgestattet werden“, fordern die Finanzkontrolleure. Einkünfte werden in bestimmten Fällen außerhalb der Einkommensteuerveranlagung ermittelt und durch Grundlagenbescheide gesondert festgestellt. Die Rechnungsprüfer stellten fest, dass den Veranlagungsstellen der Finanzämter bei der Auswertung dieser Bescheide des Öfteren Fehler unterlaufen. Da solche Mitteilungen bei mehreren hunderttausend Einkommensteuerfällen im Jahr auszuwerten sind, ergeben sich nach Berechnungen der Finanzkontrolleure angesichts der festgestellten Auswertungsqualität jährlich Steuerausfälle in Millionenhöhe. Wegen der zunehmenden Arbeitsbelastung der Veranlagungsstellen sei eine fehlerfreie Besteuerung solcher Einkünfte nur zu erreichen, wenn die Grundlagenbescheide künftig elektronisch übermittelt und maschinell ausgewertet würden. Bis eine entsprechende DV-Unterstützung zur Verfügung stehe, sei das bestehende Verfahren zu optimieren.
„Schon vor drei Jahren hat der Rechnungshof gefordert, die Beschaffung von Computern, Bildschirmen und Druckern zu zentralisieren und dem Logistikzentrum Baden-Württemberg zu übertragen. Trotz mehrerer Absichtserklärungen der Regierung stehen die eigentlichen Umsetzungshandlungen immer noch aus“, kritisieren die Rechnungsprüfer. Zwar sei im Anschluss an ihre damalige Prüfung eine Pilotausschreibung für die gesamte Landesverwaltung durchgeführt worden, durch die bei einzelnen Gerätegruppen Rabatte von über 50 % auf die Herstellerlistenpreise erzielt wurden. Die Teilnahme an der gemeinsamen Beschaffung von IuK-Geräten sei aber noch immer nicht vorgeschrieben, und zahlreiche Einkäufe durch Behörden und sonstige Landeseinrichtungen seien nach wie vor unwirtschaftlich. Der Rechnungshof fordert daher, die gemeinsame Beschaffung von IuK-Geräten umgehend einzuführen und die benötigten Geräte über internetgestützte Ausschreibungen zu beschaffen. Auch sollte der vorhandene elektronische Warenkorb besser gepflegt und dafür gesorgt werden, dass die Landesbehörden und auch die wissenschaftlichen Einrichtungen problemlos darauf zugreifen können.
8. Frühere Empfehlungen der Finanzkontrolle entlasten den Haushalt
In vielen Fällen lassen sich die geprüften Stellen von den Vorschlägen der Finanzkontrolleure überzeugen und setzen die Empfehlungen zeitnah um. Im Abschnitt IV der Denkschrift stellt der Rechnungshof einige Beispiele dar, wie frühere Empfehlungen den Haushalt entlastet oder zu deutlichen Verbesserungen der Aufgabenwahrnehmung geführt haben. So konnten bei der Gebäudereinigung die Kosten landesweit erheblich gesenkt werden. Auch die zu üppige Finanzausstattung einer Hafengesellschaft ist mittlerweile auf Anraten des Rechnungshofs reduziert worden; dem Haushalt konnten so 9 Mio. € zugeführt werden. Die Besteuerung ausländischer Einkünfte wurde aufgrund der Anregungen des Rechnungshofs optimiert. Die Kriminaltechnik in Baden-Württemberg ist auf der Basis der Empfehlungen in ihrer Wirtschaftlichkeit erheblich verbessert worden.