Rechnungshof: Vergabeerleichterungen haben ihr Ziel verfehlt

  • Verfahrensdauer nicht spürbar verkürzt
  • Weniger Wettbewerb bedeutet höhere Preise
  • Verwaltungsvorschrift sollte nicht verlängert werden

Karlsruhe/Stuttgart: Die Verwaltungsvorschrift zur Beschleunigung öffentlicher Aufträge hat das Ziel der Verfahrensbeschleunigung verfehlt und sollte nicht dauerhaft in das Vergaberecht übernommen werden. Zu diesem Ergebnis kommt die Beratende Äußerung „Vergabebeschleunigung“, die der Rechnungshof dem Landtag heute vorlegt.

Der Bund und die Länder haben 2009 flankierend zu den milliardenschweren Investitionen aus Mitteln des Konjunkturpakets II eine befristete Lockerung des nationalen Vergaberechts eingeführt. Baden-Württemberg hat mit der Verwaltungsvorschrift zur Beschleunigung öffentlicher Aufträge die Wertgrenzen für die Durchführung einer beschränkten oder öffentlichen Vergabe deutlich heraufgesetzt. Freihändige Vergaben waren bis zu einer Grenze von 100.000 Euro zulässig. Diese Regelung ist Ende 2011 ausgelaufen. Eine politische Debatte zu ihrer unbefristeten Übernahme in das Vergaberecht dauert jedoch an.

Der Rechnungshof Baden-Württemberg hat die Umsetzung der Verwaltungsvorschrift bei mehr als 16.000 staatlichen und kommunalen Vergaben geprüft. Die Prüfung hat gezeigt, dass die Verwaltungen von den Vereinfachungen der Verwaltungsvorschrift nur selten Gebrauch gemacht haben. Die Dauer der Vergabeverfahren hat sich von 2007 bis 2010 nicht spürbar verkürzt.

Der Rechnungshof hat darüber hinaus festgestellt, dass die öffentliche Ausschreibung die höchste Kostensicherheit für Land und Kommunen als öffentliche Auftraggeber bietet. Bei dieser Form der Auftragsvergabe sind die Angebotspreise günstiger und es werden weniger Nachträge abgerechnet. Obwohl von der Verwaltungsvorschrift nur selten Gebrauch gemacht wurde, entstand dem Land durch die Vergabeerleichterungen und dem damit verbundenen Rückgang des Wettbewerbs allein im staatlichen Hochbau ein finanzieller Nachteil von mindestens zwei Millionen Euro je Jahr.

Der Rechnungshof Baden-Württemberg kommt daher zu folgenden Empfehlungen:

Das Land sollte Vorstößen aus Politik und Wirtschaft, die Wertgrenzen dauerhaft anzuheben, nicht nachkommen. Die Verwaltungen müssen vielmehr den Anteil öffentlicher Ausschreibungen bei der Auftragsvergabe wieder erhöhen. Auch bei beschränkten Ausschreibungen sollten künftig mehr als nur drei Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert werden. Durch ein elektronisch gestütztes Vergabecontrolling kann die Steuerung der Vergabeverfahren und deren Transparenz sichergestellt werden.