Rechnungshof stellt Denkschrift 2009 vor - 90 Mio. Euro könnten eingespart werden

  • Ausgaben stärker überwachen und Bedarf kritisch hinterfragen
  • Einnahmesituation verbessern und höhere Kostendeckung erreichen
  • Fördermittel zweckgerichteter einsetzen 
  • Kulturbetriebe mit hohem Zuschussbedarf 
  • Personalressourcen besser nutzen 
  • Kostensenkung durch Investitionen oder organisatorische Maßnahmen

Karlsruhe/Stuttgart: Die Denkschrift 2009 des Rechnungshofs Baden-Württemberg zeigt ein breites Spektrum an Maßnahmen und Empfehlungen auf mit dem Ziel, zur Entlastung des Landeshaushalts beizutragen. Bei Umsetzung der Vorschläge könnten insgesamt rund 90 Mio. Euro eingespart oder anderweitig eingesetzt werden.

Die Denkschrift beinhaltet sechs Themenkomplexe. Zunächst werden Einrichtungen oder Projekte vorgestellt, für die kein Bedarf (mehr) besteht oder die schlicht zu teuer sind (siehe 1.). Anschließend zeigt der Rechnungshof Möglichkeiten auf, wie das Land seine Einnahmesituation verbessern kann (siehe 2.). Im Zuwendungsbereich hat sich gezeigt, dass die Fördermittel zweckgerichteter eingesetzt werden können (siehe 3.). Einen weiteren Schwerpunkt bilden die Kulturbetriebe des Landes. Einige Einrichtungen haben die Einnahmemöglichkeiten noch nicht ausgeschöpft (siehe 4.). Der Personalbereich wird in der Denkschrift ebenfalls thematisiert (siehe 5.). Abschließend werden Beispiele vorgestellt, wie durch Investitionen oder organisatorische Maßnahmen Kosten gesenkt werden können (siehe 6).

1.    Ausgaben stärker überwachen und Bedarf kritisch hinterfragen

Die knappen Haushaltsmittel müssen zielgerichtet ausgegeben werden. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Ausgaben auf ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen. Immer wieder stellt der Rechnungshof fest, dass Gelder für Einrichtungen oder Projekte ausgegeben werden, für die kein Bedarf (mehr) besteht oder die schlicht zu teuer sind.

1.1    Neubau für den Höchstleistungsrechner der Universität Stuttgart zu teuer

Beitrag Nr. 21, S. 125 ff.

Eine zu aufwendige Gestaltung rügt der Rechnungshof bei dem 2005 fertiggestellten Neubau für den Höchstleistungsrechner der Universität Stuttgart. Das Gebäude, das auf dem Campus in Stuttgart-Vaihingen errichtet wurde, kostete 10,6 Mio. Euro. Davon hätten 1,5 Mio. Euro eingespart werden können, wenn das Universitätsbauamt sparsamer geplant und auf überzogene Standards bei den Flächen und der Ausstattung verzichtet hätte. Einsparungen, die sich während des Bauablaufs ergeben hatten, hätten nach Auffassung des Rechnungshofs dem Landeshaushalt zugutekommen müssen und nicht für Standarderhöhungen an anderer Stelle verwendet werden dürfen.

1.2    Überkapazitäten im Wohnungsbestand der Zentren für Psychiatrie abbauen

Beitrag Nr. 17, S. 103 ff.

Die neun Zentren für Psychiatrie in Baden-Württemberg halten mehr Wohnraum vor als sie für Mitarbeiter, Praktikanten und Zivildienstleistende benötigen. Das Defizit summiert sich jährlich auf 2,7 Mio. Euro. Dieses Defizit könnte halbiert werden, wenn die Zentren ihren Wohnraumbestand reduzieren und die Kosten-Erlös-Relation verbessern würden. Der Rechnungshof kritisiert insbesondere, dass an einigen Standorten Wohnraum auch für ehemalige Bedienstete und für externe Dritte vorgehalten wird. Die Möglichkeiten, höhere Mieteinnahmen zu erzielen, werden nicht an allen Standorten genützt, zum Teil entrichten die Zentren hohe Mietzahlungen an Dritte.

Besonders nachteilig ist die Situation im Zentrum für Psychiatrie in Calw-Hirsau. Dort hat das zuständige Ministerium in den Siebzigerjahren langfristige Mietverträge abgeschlossen, die für die Investoren überaus günstige Renditen vorsehen und das Land verpflichten, die vollen Instandhaltungsaufwendungen zu tragen und die Gebäude nach Ablauf der Verträge zum Zeitwert zu erwerben. Das Land zahlt dabei doppelt drauf. Die Verträge hätten so nicht abgeschlossen werden dürfen.

1.3    Kein Bedarf mehr für Aufbaugymnasien mit Heim

Beitrag Nr. 11, S. 68 ff.Das Land Baden-Württemberg ist Schulträger von vier Aufbaugymnasien mit Heim in Adelsheim, Künzelsau, Lahr und Meersburg. Kennzeichnend für diese Schulen sind der Beginn der gymnasialen Laufbahn nach der 6. Klasse (Orientierungsstufe) und die Internatsunterbringung. Im Schuljahr 2007/08 besuchten 2.100 Schüler diese Schulen, davon wohnten 230 im Internat. Die Untersuchung des Rechnungshofs zeigt, dass die Aufbaugymnasien mit Heim in Trägerschaft des Landes mit ihrem ursprünglichen Konzept nicht mehr benötigt werden. Der Rechnungshof empfiehlt dem Kultusministerium, diese in Gymnasien der Normalform zu überführen, die Schulträgerschaft des Landes abzugeben und den Internatsbetrieb einzustellen. Das Land könnte dadurch 2,9 Mio. Euro jährlich einsparen.

1.4    Kein Bedarf für geplante Kernstadtentlastungsstraße in Riedlingen

Beitrag Nr. 9, S. 56 ff.

Die Stadt Riedlingen plant den Bau einer Umgehungsstraße, um die Kernstadt zu entlasten. Das Vorhaben wurde 2007 mit Kosten von 18 Mio. Euro und Zuwendungen von 9 Mio. Euro vom Innenministerium in das Förderprogramm kommunaler Straßenbau aufgenommen. Grundlage für die Straßenplanung war ein Verkehrsgutachten, das der Rechnungshof für nicht plausibel hält. Die zugrunde gelegten Daten zur Bevölkerungs-, Arbeitsplatz- und Mobilitätsentwicklung liegen zum Teil erheblich über bundes- und landesweiten Trends. Sie sind für eine eher ländlich geprägte Stadt nicht nachvollziehbar. Nennenswerte regionale Sonderfaktoren sind nicht dargetan. Außerdem ist eine geringere Entlastungswirkung für die Kernstadt anzunehmen als zugrunde gelegt. Der Rechnungshof regt an, nur den verkehrlich notwendigen ersten Bauabschnitt der Umgehungsstraße, eine Bahnüberführung, zu fördern und planerisch zu optimieren. Von den geplanten Zuwendungen könnten bis zu 7 Mio. Euro eingespart werden.

2.    Einnahmesituation verbessern und höhere Kostendeckung erreichen

Für Verwaltungsleistungen sollen Gebühren möglichst kostendeckend und Steuern vollständig erhoben werden. Das Land sollte umgekehrt mit seinen Vermögenswerten sorgfältig umgehen.

2.1    Verkauf von Landesimmobilien überwiegend nicht zu beanstanden - Rechnungshof kritisiert Einzelfälle

Beitrag Nr. 22, S. 130 ff.

In den Jahren 2005 bis 2007 hat der Landesbetrieb Vermögen und Bau zahlreiche Liegenschaften verkauft, die nach der Verwaltungsreform vom Land nicht mehr benötigt wurden. Der Rechnungshof hat in einer Stichprobe 58 Verkaufsfälle mit einem Gesamterlös von 43 Mio. Euro geprüft und dabei festgestellt, dass die weit überwiegende Zahl der Veräußerungen nicht zu beanstanden ist. Lediglich in drei Fällen wurde der volle Wert der Grundstücke nicht realisiert. Es handelt sich um ehemalige Forstgebäude in Karlsruhe, Schramberg und Steinheim am Albuch. Der Rechnungshof empfiehlt außerdem Verbesserungen in der Organisation der Liegenschaftsverwaltung: Die Dokumentation der Verkaufsfälle muss verbessert und ein Kompetenzzentrum für die Wertermittlung nach dem Sachwertverfahren eingerichtet werden.

2.2    Defizit im Justizhaushalt begrenzen - Gebühren anheben

Beitrag Nr. 14, S. 84 ff.

Das Land Baden-Württemberg räumt einer leistungsfähigen Justiz einen hohen Stellenwert ein. Dieses Ziel wird durch das stetig steigende Defizit im Justizhaushalt gefährdet. Das Defizit ist seit 2003 um 87 Mio. Euro auf 656 Mio. Euro gestiegen. Mit den Gebühreneinnahmen konnten zuletzt gerade noch die Hälfte der Kosten gedeckt werden. Um den Kostendeckungsgrad zu erhöhen, muss die Landesregierung ihren Einfluss auf den Bundesgesetzgeber geltend machen, um die Gebühren anzuheben. Das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz des Bundes hatte für das Land statt der prognostizierten Entlastung von 7 Mio. Euro zusätzliche Ausgaben von 34 Mio. Euro zur Folge.

2.3    Steuerbescheide mit Unterhaltszahlungen oft fehlerhaft - Steuerausfälle summieren sich auf 16 Mio. Euro jährlich

Beitrag Nr. 19, S. 114 ff.

Bei mehr als 70.000 Einkommensteuerfällen im Land werden jährlich Unterhaltszahlungen von mindestens 1.000 Euro abgezogen. Die Bearbeitung solcher Unterhaltszahlungen bereitet den Finanzämtern große Probleme: Jeder dritte Steuerbescheid war in diesem Punkt fehlerhaft. Die Fehler führten allein im Veranlagungszeitraum 2005 zu Steuerausfällen von 16 Mio. Euro. Fälle mit Unterhaltszahlungen ins Ausland erwiesen sich als besonders fehleranfällig. Nach den Feststellungen des Rechnungshofs waren diese doppelt so häufig zu beanstanden wie Fälle mit Zahlungen im Inland.

2.4    Hohe Steuervorteile für Sanierungsobjekte zu Unrecht gewährt

Beitrag Nr. 20, S. 120 ff.

Für Baumaßnahmen in Sanierungsgebieten haben die Finanzämter des Landes oft zu Unrecht hohe Steuervorteile gewährt. Allein in den 88 untersuchten Großfällen entstand ein Steuerausfall von 880.000 Euro. Gründe: Häufig wurde übersehen, dass die notwendigen Steuerbescheinigungen der Gemeinden oder die geprüften Kostenzusammenstellungen nicht vorlagen. Bei Erwerbermodellen beachteten die Finanzämter zudem nicht, dass nur solche Modernisierungsmaßnahmen steuerbegünstigt sind, die nach Abschluss des Kaufvertrags zwischen dem Bauträger und dem Erwerber durchgeführt wurden. Auch für nichtbe-scheinigungsfähige Baumaßnahmen, wie zum Beispiel Dachgeschossausbauten oder Außenanlagen, kam mancher Hauseigentümer in den Genuss der Steuervorteile. Ursache dafür war, dass die Gemeinden solche Maßnahmen des Öfteren zu Unrecht bescheinigt hatten. Allerdings hätten die Finanzämter in diesen Fällen die Gemeinden zur Rücknahme der fehlerhaften, die Steuerverwaltung aber bindenden Bescheinigungen veranlassen müssen.

3.    Fördermittel zweckgerichteter einsetzen

Anhand mehrerer Beiträge zeigt der Rechnungshof auf, wie wichtig es ist, Förderprogramme auf ihre Notwendigkeit und Wirksamkeit hin regelmäßig zu überprüfen und die Fördervoraussetzungen und Zuwendungsverfahren zeitnah anzupassen.

3.1    Förderung von Kulturdenkmalen langwierig, kompliziert und teuer

Beitrag Nr. 16, S. 98 ff.

Das Land unterstützt die Eigentümer und Besitzer bei der Instandhaltung ihrer Kulturdenkmale. 2007 wurden hierfür 13,5 Mio. Euro ausgegeben. Die Untersuchung hat gezeigt, dass die Förderverfahren zu lange dauern, zu kompliziert sind und mit zu viel Personal durchgeführt werden. Außerdem werden nicht alle Landesmittel zielgerichtet eingesetzt. Der Rechnungshof hat empfohlen, Kleindenkmale mit einem pauschalen Festbetrag und einem vereinfachten Verfahren zu fördern. Die zuwendungsfähigen Ausgaben sollen mit geringerem Aufwand ermittelt und das Förderprogramm zentral abgewickelt werden. Darüber hinaus hat der Rechnungshof das Wirtschaftsministerium gebeten zu prüfen, ob das Nebeneinander von Landeszuschuss und steuerlicher Förderung vermieden werden kann.

3.2    Verkehrsverbünde: Fördergelder für Einführung einheitlicher Tarife verwenden

Beitrag Nr. 6, S. 41 ff.

Die Verkehrsverbünde erhalten vom Land Zuschüsse von 50 Mio. Euro jährlich. Dafür erhält die Bevölkerung landesweit Zugang zu den Verkehrsleistungen des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Der Rechnungshof stellte fest, dass in den Verbünden ganz unterschiedliche Tarifregelungen bestehen. Ein solcher Tarifwirrwarr ist nicht kundenfreundlich und für das Image des Tourismuslandes Baden-Württemberg nachteilig. Nach Auffassung des Rechnungshofs sollen die Verkehrsverbünde einheitliche Tarifbedingungen entwickeln. Wenn eine einheitliche Architektur der Tariflandschaft aufgebaut ist, kann neben den regionalen Verbundtarifen auch ein Landesverbundtarif eingeführt werden. Dieser sollte für alle Fahrten über die Verbundgrenzen hinaus gelten. Dann könnten Fahrgäste landesweit jedes beliebige Ziel mit einem Fahrschein erreichen.

3.3    Wirksamer Hochwasserschutz erfordert ganzheitliches Konzept

Beitrag Nr. 18, S. 110 ff.

Der Strudelbach fließt durch Ortschaften der Landkreise Böblingen und Ludwigsburg und mündet bei Vaihingen in die Enz. In den Ortschaften ist der Bach eingezwängt. Größere Hochwasser können nicht abfließen. Deshalb sollen die Ortschaften im Strudelbachtal mit Investitionen von 11 Mio. Euro vor Hochwasser geschützt werden. An den zuwendungsfähigen Ausgaben beteiligt sich das Land mit 70 %. Der Hochwasserschutz ist notwendig. Das Konzept muss aber optimiert werden. Nutzen-Kosten-Untersuchungen sind dabei so durchzuführen, dass sie vergleichbar sind, um die Fördervorhaben sachgerecht priorisieren zu können. Auch sind Rückhaltemöglichkeiten zu realisieren, die beim Kreuzbach, einem Seitental des Strudelbachs, geschaffen werden können. Drei Brückenneubauten mit erheblichen Kosten könnten dann voraussichtlich eingespart werden.

3.4    Vertragsforschungseinrichtungen sollen mehr eigene Einnahmen erzielen

Beitrag Nr. 15, S. 90 ff.

Die Vertragsforschungseinrichtungen sind wirtschaftsnahe Forschungseinrichtungen. Sie dienen dazu, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen wettbewerbsfähig zu machen, denen häufig die Mittel für eigene Forschungsabteilungen fehlen. Dafür sollen die Institute ihr Know-how der Wirtschaft möglichst breit und zügig zur Verfügung stellen. Tatsächlich decken die Institute nur ein Drittel ihrer Finanzierung durch Industrieaufträge, wobei es sich meist um Kleinaufträge handelt. Damit die Institute nicht mehr so stark von den Zuschüssen des Landes abhängig sind, sollen sie mehr Aufträge aus der Industrie „an Land ziehen“. Die Institute müssen mit ihren Leistungen für die regionale Industrie noch deutlicher sichtbar und wahrnehmbar sein.

3.5    Sachkostenbeitrag für Berufskolleg für Informatik auf Normalmaß reduzieren

Beitrag Nr. 12, S. 74 ff.

Das wesentliche Element des Schullastenausgleichs ist der Sachkostenbeitrag. Dies ist ein Betrag je Schüler, den die Schulträger bei der Verteilung der kommunalen Finanzmittel vorweg erhalten. Der besondere Sachkostenbeitrag für das Berufskolleg für Informatik in Böblingen ist mit jährlich 2.571 Euro deutlich höher als die anderen einschlägigen Sachkostenbeiträge von 938 Euro für Vollzeitschüler. Zudem wird dieses Berufskolleg nur an einer Schule im Land angeboten. In den letzten 20 Jahren wurde die nach den Vorwegentnahmen verbleibende Finanzausgleichsmasse um durchschnittlich 400.000 Euro je Jahr zugunsten des Landkreises Böblingen verringert. Der besondere Sachkostenbeitrag ist weder rechtlich noch sachlich gerechtfertigt. Der Rechnungshof empfiehlt, diesen aufzuheben.

4.    Kulturbetriebe mit hohem Zuschussbedarf

Die Kultur nimmt in der diesjährigen Denkschrift einen großen Raum ein. Die meisten Einrichtungen, wie zum Beispiel Theater oder Museen, sind notwendigerweise auf staatliche Zuwendungen angewiesen, weil nur so ein breites und qualitativ anspruchsvolles Angebot für alle Bevölkerungsschichten eröffnet werden kann. Die Einrichtungen müssen aber eigene Anstrengungen unternehmen, um ihre Einnahmemöglichkeiten besser auszuschöpfen.

4.1    Landestheater: Förderung muss neu strukturiert werden

Beitrag Nr. 24, S. 141 ff.

Der Rechnungshof schlägt vor, die Zuschüsse des Landes an die drei Landesbühnen in Tübingen, Esslingen und Bruchsal neu zu berechnen. Die Bühnen in Tübingen und Esslingen haben sich von Wanderbühnen mehr und mehr zu Kommunaltheatern gewandelt. Der Rechnungshof legt ein neues Berechnungsmodell vor, das eine stärkere Gleichbehandlung der Landesbühnen mit den ebenfalls vom Land geförderten Kommunaltheatern vorsieht und Anreize für eine verstärkte Gastspieltätigkeit geben soll. Dies würde in Tübingen und Esslingen eine Reduzierung des Landeszuschusses, in Bruchsal dagegen eine Erhöhung des Landeszuschusses mit sich bringen. Daneben müssen die Landestheater ihre Einnahmesituation verbessern. Eine Eigenfinanzierungsquote von unter 20 % der Gesamtausgaben ist nach Auffassung des Rechnungshofs fiskalisch nicht vertretbar. Vorgeschlagen werden die Erhöhung der Eintrittspreise, eine professionellere Einwerbung von Spenden und Sponsoren und eine stärker nachfrageorientierte Gestaltung der Spielpläne.

4.2    Archäologisches Landesmuseum leidet unter dezentraler Struktur

Beitrag Nr. 26, S. 156 ff.

Beim Archäologischen Landesmuseum stellten die Rechnungsprüfer eine Vielzahl von Verstößen gegen das Haushalts- und Kassenrecht fest. Beispiele: Es fehlten Belege für Ausgaben, die Katalogverwaltung war unzureichend und die Personalverwaltung orientierte sich nicht an den geltenden Vorschriften. Insgesamt leidet die Organisation des Archäologischen Museums unter einer stark dezentralen Struktur mit Standorten in Esslingen, Konstanz und Rastatt. Der Rechnungshof schlägt deshalb eine grundlegende Neuorganisation des Museums vor mit dem Ziel, die Museumsleitung nach Konstanz zu verlagern. Das Land sollte ein klares Signal setzen, dass Konstanz der endgültige Standort des Landesmuseums ist und nicht bloß die Außenstelle eines späteren zentralen Museums.

4.3    Eigenständigkeit der Kunsthalle Baden-Baden auf den Prüfstand stellen

Beitrag Nr. 27, S. 164 ff.

Der Betrieb der Kunsthalle Baden-Baden als Landesmuseum ist nicht gerechtfertigt. Als einziges Landesmuseum verfügt die Kunsthalle über keine eigene Sammlung und einen eher regionalen Einzugsbereich. Andere Museen dieser Art werden üblicherweise von den Sitzstädten als kommunale Einrichtungen oder von Privaten betrieben. Der Rechnungshof schlägt der Landesregierung deshalb vor, das stark defizitäre Museum entweder zu kommunalisieren oder zu privatisieren. Zumindest muss die Fusion mit einem anderen Landesmuseum (etwa der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe) in Betracht gezogen werden.

4.4    Kunsttransporte: Bessere Planung spart Kosten

Beitrag Nr. 25, S. 150 ff.

Bei vielen Ausstellungen zehren die Ausgaben für den Transport der Ausstellungsgegenstände den größten Teil des Etats auf. Bei der Vorbereitung und Durchführung dieser Transporte besteht landesweit Handlungsbedarf. Der Rechnungshof schlägt vor, ein Kompetenzzentrum für Ausstellungstransporte in Baden-Württemberg zu schaffen, in dem das notwendige rechtliche und organisatorische Know-how für die Vorbereitung und Abwicklung von Ausstellungstransporten vorgehalten wird und auf das die Museen zurückgreifen können. Zugleich werden neue Vertragsgestaltungen angeregt, die auf dem stark monopolisierten Markt Wettbewerb ermöglichen und für eine sparsame und korrekte Abwicklung der Transporte sorgen sollen.

5.    Personalressourcen besser nutzen

5.1    Personalbedarfsermittlung in der Justiz: Verwaltung darf Ländervergleich nicht scheuen

Beitrag Nr. 13, S. 76 ff.

Die Justizverwaltungen der Länder nutzen ein bundeseinheitliches System (PEBB§Y) für die Personalbedarfsermittlungen bei den ordentlichen Gerichten, Staatsanwaltschaften und Fachgerichten. Ein länderübergreifender Vergleich hat gezeigt, dass große Unterschiede zwischen den Ländern bestehen. Außerdem gab es Hinweise, dass die ermittelten Basiszahlen zu großzügig bemessen sind. Deshalb empfiehlt der Rechnungshof unter anderem, in die Bewertung der Kennzahlen Leistungsmerkmale (wie z. B. Verfahrensstand und Rückstände) einzubeziehen sowie die Ablaufprozesse und die DV-Unterstützung in den personalintensiven Aufgabenfeldern zu optimieren. Außerdem muss das Personalbedarfsermittlungssystem für länderübergreifende Analysen und Benchmark-Vergleiche genutzt werden.

5.2    Verbeamtungen bei fortgeschrittenem Alter sorgsam prüfen

Beitrag Nr. 5, S. 35 ff.

Allein 2007 führte die Verbeamtung von Personen nach dem 40. Lebensjahr zu Mehrkosten von 11,5 Mio. Euro. Statt solche Verbeamtungen auf begründete Ausnahmen zu beschränken und sonstige Bewerber tariflich zu beschäftigen, wurden Lehrer regelmäßig ohne besondere Prüfung bis zum Alter von 45 Jahren als Beamte eingestellt. Das Kultusministerium soll künftig für eine vorschriftenkonforme Handhabung sorgen. Ausbildungs- und Vordienstzeiten werden manchmal auch doppelt angerechnet. Der Rechnungshof hat deshalb wiederholt eine klare Trennung von Renten und Beamtenversorgung gefordert. Dies sollte bei der anstehenden Dienstrechtsreform umgesetzt werden.

6.    Kostensenkung durch Investitionen oder organisatorische Maßnahmen

Damit mit den knappen Haushaltsmitteln möglichst viel erreicht werden kann, ist es notwendig, Prioritäten richtig zu setzen. Mit gezielten Ausgaben lassen sich in der Zukunft hohe Belastungen vermeiden.

6.1    Außerunterrichtliche Veranstaltungen brauchen klare pädagogische Vorgaben

Beitrag Nr. 10, S. 62 ff.

Außerunterrichtliche Veranstaltungen vertiefen, erweitern und ergänzen den Unterricht. Hierzu zählen u. a. Projekttage, Lehr- und Studienfahren, berufsfördernde Veranstaltungen sowie Schullandheimaufenthalte. Untersucht wurden die außerunterrichtlichen Veranstaltungen des Schuljahres 2007/08 an 43 öffentlichen Gymnasien. Insgesamt wurden dafür mindestens 52.000 Unterrichtsstunden aufgewendet, etwa 3 % der Unterrichtsstunden. Landesweit waren dies hochgerechnet 340.000 Unterrichtsstunden. Vielen Schulleitungen war nicht bekannt, in welchem Umfang außerunterrichtliche Veranstaltungen an ihren Schulen durchgeführt wurden. Häufig fehlten konkret definierte pädagogische Ziele und eine ausreichende Dokumentation. Außerdem reichten die Mittel für Reisekostenvergütungen nicht aus. So verzichten Lehrkräfte oft auf ihre Erstattungen. An den untersuchten Schulen waren dies mindestens 155.000 Euro. Der Rechnungshof empfiehlt dem Kultusministerium, konsequenter als bisher den pädagogischen Nutzen außerunterrichtlicher Veranstaltungen sicherzustellen, diese ausreichend zu dokumentieren und die notwendigen Haushaltsmittel bereitzustellen.

6.2    Umsetzung des Generalverkehrsplans: Land hinkt eigenen Zielen weit hinterher

Beitrag Nr. 7, S. 45 ff.

Im Generalverkehrsplan Baden-Württemberg werden vorgesehene Aus- und Neubauten von Landesstraßen dargestellt. Er enthält 1.443 Baumaßnahmen mit einem Bauvolumen von 2,85 Mrd. Euro. Davon wurden 1.301 Maßnahmen in den vordringlichen und 142 Maßnahmen in den weiteren Bedarf eingestuft. Um den Generalverkehrsplan umzusetzen, wollte das Land ursprünglich 185 Mio. Euro je Jahr zur Verfügung stellen. Von den Maßnahmen des vordringlichen Bedarfs wurden von 1995 bis Ende 2008 lediglich 479 Maßnahmen (37 %) komplett fertiggestellt. Weitere 505 Straßenbauprojekte (39 %) waren noch ohne Planung bzw. waren inzwischen entfallen. Das Land stellte in den letzten fünf Jahren im Durchschnitt 107 Mio. Euro je Jahr bereit, was 58 % der ursprünglich vorgesehenen Mittel entspricht. Das Land erreichte nach Verabschiedung des Generalverkehrsplans zu keinem Zeitpunkt auch nur annähernd die eigenen Zielvorgaben. Am Ende der Laufzeit des Generalverkehrsplans im Jahr 2012 werden noch mehr als 600 Straßenbauprojekte nicht verwirklicht sein: Für deren Realisierung würden noch weitere 23 Jahre benötigt.

Aktuell laufen die Vorarbeiten für den neuen, dann bis 2025 geltenden Generalverkehrsplan. Damit der neue Generalverkehrsplan des Landes nicht weitgehend aus „Altlasten“ besteht, muss der neue Generalverkehrsplan weniger, dafür aber realisierbare Projekte enthalten. In den vordringlichen Bedarf dürften nur noch Maßnahmen aufgenommen werden, die mit den voraussichtlich zur Verfügung stehenden Mitteln im Planungszeitraum verwirklicht werden können, um knappe Planungsressourcen nicht unnötig zu binden.

6.3    Vorgaben des Landtags beim Bau von Rad- und Gehwegen beachten

Beitrag Nr. 8, S. 53 ff.

Rad- und Gehwege entlang von Landesstraßen mit hohen Kraftfahrzeugzahlen dienen dazu, die Verkehrssicherheit der nicht-motorisierten Verkehrsteilnehmer zu erhöhen. Die Finanzkontrolle hat sieben Vorhaben untersucht und dabei festgestellt, dass bis auf wenige Ausnahmen der verkehrliche Bedarf nicht nachgewiesen war. Außerdem wurden die Vorhaben nicht priorisiert. Bei der Bauausführung wurden die Standards meist ohne Begründung überzogen und Richtwerte überwiegend nicht eingehalten. Die Straßenbauverwaltung berücksichtigt damit einen Landtagsbeschluss zum Rad- und Gehwegbau von 2003 unzureichend. Allein bei den geprüften Vorhaben hätten 300.000 Euro eingespart werden können. Die Straßenbauverwaltung vergibt mit ihrem Festhalten an einem unreflektierten „Weiterso“ die Chance, bei gleich bleibender Qualität die Verkehrsinfrastruktur kosteneffizienter und zielorientierter zu errichten. Der Rechnungshof empfiehlt dem Innenministerium, den Regierungspräsidien verpflichtende Vorgaben zu machen und deren Einhaltung zu überprüfen.

6.4    Abfallwirtschaft an den Universitäten: Besseres Konzept spart Abfall und Geld

Beitrag Nr. 23, S. 136 ff.

Die neun Universitäten des Landes geben jährlich 2,6 Mio. Euro für die Beseitigung ihrer Abfälle aus. Davon könnte ein Viertel eingespart werden, wenn die Universitäten die Abfallbeseitigung wirtschaftlicher organisieren würden. So haben die Universitäten Heidelberg und Tübingen durch Ausschreibungen beachtliche Einsparungen erzielt. Die konsequente Trennung in einzelne Abfallfraktionen vermindert die teuer zu entsorgende Restmüllmenge. Insbesondere bei der Verwertung des Altpapiers schöpfen einzelne Universitäten die Wirtschaftlichkeitspotenziale nicht aus. Die Zuständigkeit für die Abfallentsorgung sollte vollständig auf die Universitäten übertragen werden.

6.5    Land muss der IuK-Ausfallvorsorge für Großschadensfälle höhere Priorität einräumen

Beitrag Nr. 4, S. 31 ff.

Ohne IuK-Technik ist die Landesverwaltung nicht mehr arbeitsfähig. Insbesondere bei der Bewältigung von schweren Krisensituationen sind die Behörden auf funktionierende E-Mail- und Telekommunikationsverbindungen und wichtige DV-Verfahren zur Daseinsvorsorge angewiesen. Auf diesem wichtigen Gebiet ist das Land nicht auf dem Stand der Technik. Es besteht dringender Handlungsbedarf. Im Katastrophenfall muss sichergestellt sein, dass die Krisenstäbe miteinander elektronisch kommunizieren können und die Daten für die Daseinsvorsorge der Bevölkerung zur Verfügung stehen. Der Rechnungshof fordert, ein ganzheitliches ressortübergreifendes Konzept zu erarbeiten, technische und organisatorische Verbesserungen schnell einzuleiten sowie eine zentral koordinierte Steuerung einzuführen.