Rechnungshof stellt bei der Sportselbstverwaltung im Land kein unwirtschaftliches Verhalten im Umgang mit Landesmitteln fest
- Eine Zusammenführung der regionalen Sportbünde in Baden-Württemberg ist aus haushaltswirtschaftlicher Sicht nicht begründbar
- Das Land hat den Sport im Jahre 2004 mit insgesamt 70 Mio. € gefördert - davon wurden lediglich 3 Mio. € für die Verwaltung der Sportbünde verwendet
- Die landesweite Koordination der Sportspitzenorganisationen ist noch nicht abgeschlossen
- Die politische Sinnhaftigkeit der Sportförderung oder einer einheitlichen Organisation entzieht sich einer Betrachtung durch den Rechnungshof
Karlsruhe/Stuttgart: Der Rechnungshof Baden-Württemberg hat im Auftrag des Finanzaus-schusses des Landtags die Organisationsstrukturen der Sportselbstverwaltung in Baden-Württemberg untersucht. „Unsere Analyse ergab keine Hinweise auf unwirtschaftliches Verhalten der Sportspitzenorganisationen. Auch eine Zusammenführung der derzeitigen regionalen Organisationsstrukturen ist aus rein wirtschaftlichen Gründen nicht erforderlich, da signifikante Kostenreduzierungen von einer Fusion nicht zu erwarten sind“, fasste der Präsi-dent des Rechnungshofs Martin Frank das Ergebnis der Untersuchung zusammen.
Im Zuge der Haushaltsberatungen zur Sportförderung hat der Finanzausschuss des Landtags von Baden-Württemberg in der letzten Legislaturperiode den Rechnungshof am 21.02.2005 gebeten, die Wirtschaftlichkeit der Sportorganisationen im Lande zu untersuchen und gegebenenfalls Vorschläge zu unterbreiten, wie Organisationsstrukturen der Sportselbstverwaltung optimiert werden könnten. Hierzu hat der Rechnungshof eine Untersuchung beim Landessportverband Baden-Württemberg (LSV) und den drei regionalen Sportbünden - dem Badischen Sportbund Freiburg, dem Badischen Sportbund Nord in Karlsruhe und dem Württembergischen Landessportbund in Stuttgart - durchgeführt.
Der LSV und die regionalen Sportbünde sind Dienstleister für ihre Mitglieder. Als zentrale Dachorganisation ist der LSV vor allem für die Außenvertretung und -darstellung des baden-württembergischen Sports zuständig, während sich die regionalen Sportbünde in erster Linie um die Beratung der Vereine in organisatorischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen kümmern. Die sportfachlichen Angelegenheiten werden schließlich von den Fachverbänden wahrgenommen. Die Sportbünde in Baden-Württemberg vertreten insgesamt 88 Fachverbände verschiedener Sportarten mit mehr als 11.000 Vereinen, in denen derzeit rd. 3,7 Mio. Mitglieder organisiert sind.
Für die Sportförderung hat das Land in den vergangenen zehn Jahren insgesamt rd. 710 Mio. € bereitgestellt. Allein im Jahr 2004, auf das sich die Untersuchung des Rechnungshofs bezieht, waren es mehr als 70 Mio. €. Mit diesen Mitteln nimmt das Land seine in Artikel 3 c der Landesverfassung festgeschriebene Aufgabe wahr, den Sport unter Wahrung der Autonomie der Träger zu fördern. Wie hoch die Sportförderung ausfällt und an welche Bedingungen sie geknüpft wird, ist eine politische Entscheidung, die vor dem Hintergrund der jeweiligen Haushaltssituation und der politischen Bedeutung der Leistungen, die der Sport für die Gesellschaft erbringen soll, getroffen wird.
Wegen der verfassungsrechtlich verbürgten Autonomie der Sportselbstverwaltung konnte der Rechnungshof die Organisationsstrukturen nur eingeschränkt untersuchen, und auch die Tiefe der Aufgabenkritik war von vorneherein begrenzt. Der Rechnungshof war daher weder unabhängige Kommission noch neutraler politischer Berater, sondern lediglich Prüfer, ob die Sportspitzenorganisationen im Land als Empfänger von öffentlichen Geldern mit diesen wirtschaftlich umgehen. Um dies ermitteln zu können, sammelten die Karlsruher Finanzkontrolleure die erforderlichen Daten durch schriftliche und mündliche Befragung der vier Sportbünde und analysierten zahlreiche Dokumente.
Das Bild, das die Prüfer nach ihren Erhebungen von der Organisation der Sportselbstverwaltung in Baden-Württemberg gewonnen haben, ist geprägt von historischen Entwicklungen und von dem jeweiligen Selbst- und Aufgabenverständnis der einzelnen Sportorganisationen. Neben Gemeinsamkeiten bestehen bei den Sportbünden auch viele Unterschiede, die vom eigenen Aufgabenverständnis über die Organisationsstruktur bis in die vereinsinterne Aufgabenverteilung und in die Rechnungslegung reichen. Dies hat zur Folge, dass eine Vergleichbarkeit der Organisationen nur sehr bedingt möglich ist. Die Rechnungsprüfer untersuchten die Aufgaben sowie die Einnahmen- und Ausgabenstruktur des LSV und der drei regionalen Sportbünde. Dabei ergaben sich keine offenkundigen Anhaltspunkte für unwirtschaftliches Verhalten oder gar haushaltsrechtliche Verstöße.
Im Jahr 2004 förderte das Land den Sport mit insgesamt rd. 70 Mio. €. Davon wurden lediglich 3 Mio. €, also rd. 4 %, für die Verwaltung der Sportspitzenorganisationen verwendet. Mit diesem Geld konnten die Sportbünde knapp 60 % ihrer Verwaltungsausgaben bestreiten, die sich vor allem aus Personal, Sach- und Raumkosten zusammensetzen. Den Rest der Kosten deckten die Sportbünde vor allem über Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen ab. Hinzu kommt ein hohes Maß an ehrenamtlichem Engagement, das monetär nicht bewertet und deshalb in die zahlenmäßige Betrachtung nicht eingeflossen ist.
Die Sportspitzenorganisationen sind seit Jahren bemüht, ihre Strukturen zu optimieren. Hier-zu hat eine Strukturkommission 1998 mehrere Vorschläge unterbreitet, die sich u. a. mit der Aufgabenzuordnung und der landesweiten Vereinheitlichung des Mitglieder-, Förder- und Beitragswesens sowie der Personalstruktur bei den regionalen Sportbünden befassen. Nach Auskunft des Kultusministeriums vom Juni 2004 gegenüber dem Landtag sind wesentliche Schritte zur Vereinheitlichung der Sportspitzenorganisationen in den Bereichen Finanzen, Förderwesen, Außenvertretung, Olympiastützpunkte und Internetauftritt unternommen worden. Allerdings steht die Umsetzung einiger Vorschläge nach den Erkenntnissen des Rechnungshofs noch aus. Hier sollten die selbst gesetzten Ziele zügig weiterverfolgt werden.
„Die Zusammenführung der regionalen Sportbünde wird immer wieder diskutiert. Nach unseren Erkenntnissen drängt sich vor dem Hintergrund der Größe des Landes und der regiona-len Bindung vieler Sportvereine eine Reorganisation aus wirtschaftlichen Gründen nicht auf. Ob andere als wirtschaftliche Gründe Zusammenschlüsse von Sportspitzenorganisationen nahe legen, ist eine Frage, die nicht vom Rechnungshof, sondern vielmehr von der Politik und der Sportselbstverwaltung zu beantworten ist. Im Übrigen haben organisatorische Veränderungen bei der Sportselbstverwaltung keine unmittelbare Auswirkung auf die Höhe des Landeszuschusses, da dieser unabhängig von der bestehenden Organisation und Aufgabenerfüllung gewährt wird und auch nicht an die tatsächlichen Kosten der Sportorganisationen gekoppelt ist“, erklärte der zuständige Rechnungshofdirektor Dr. Martin Willke.