Rechnungshof sieht Möglichkeiten, die Finanzhilfe des Landes für die Studierendenwerke ab 2020 deutlich zu reduzieren - die Studierendenwerke können die Reduzierung durch Einsparungen und Mehreinnahmen kompensieren
- Rechnungshof sieht Verbesserungspotenziale in nahezu allen Aufgabenbereichen der Studierendenwerke
- Die Bearbeitung der BAföG-Anträge soll optimiert und bei einem Studierendenwerk konzentriert werden.
Karlsruhe/Stuttgart: „Die Querschnittsprüfung der Finanzierung der Studierendenwerke in Baden-Württemberg hat so viele Einsparpotenziale und Möglichkeiten für Mehreinnahmen ergeben, dass das Land seine Finanzhilfe von derzeit 21 Mio. Euro ab 2020 halbieren könnte, ohne die gute Arbeit der Studierendenwerke zu beeinträchtigen.“ Dieses Fazit zog der Präsident des baden-württembergischen Rechnungshofs, Günther Benz, am Montag bei der Präsentation der Denkschrift 2018 seiner Behörde.
Weitere Einsparmöglichkeiten in Millionenhöhe sehen die Karlsruher Finanzkontrolleure, wenn die Bearbeitung der BAföG-Anträge durch Verbesserungen des IT-Verfahrens, einen effizienteren Personaleinsatz und die Konzentration an einem Standort optimiert würde. Bislang wird jeder BAföG-Antrag eines baden-württem¬bergischen Studierenden von seinem Studierendenwerk vor Ort bearbeitet. Die Verwaltungskosten erstattet das Land den Studierendenwerken pauschal je bearbeitetem Fall.
Die acht Studierendenwerke betreuen die 340.000 Studierenden aller baden-württembergischen Hochschulen. Ihre Zuständigkeit folgt regionalen Gesichtspunkten. Ihre Ausgaben für Verpflegungsbetriebe, studentische Wohnheime, Kindertagesstätten für die Kinder der Studierenden, psychologische Beratungsstellen und einige weitere soziale und kulturelle Aufgaben sowie den Vollzug des BAföG finanzieren die Studierendenwerke zu etwa 70 Prozent aus Entgelten (Verkaufserlöse, Mieten, Gebühren) und zu etwa 13 Prozent aus Beiträgen der Studierenden. Das Land leistet neben der Verwaltungskostenerstattung für das BAföG Zuschüsse für den Bau von Wohnheimplätzen, für den Bau und die Ausstattung der Mensen und zum laufenden Betrieb. Die Kommunen beteiligen sich an den Kosten der Kindertagesstätten. Die Finanzhilfe des Landes (Zuschuss zum laufenden Betrieb) in Höhe von 21 Mio. Euro deckt heute 8 Prozent der Gesamtausgaben der Studierendenwerke.
Möglichkeiten zur Verbesserung des Betriebsergebnisses sieht der Rechnungshof bei den Verpflegungsbetrieben (Erhöhung des Kostendeckungsgrades von durchschnittlich 65 auf 70 Prozent), bei einer mäßigen, sozial gestaffelten und regional differenzierten Mieterhöhung für die studentischen Wohnheime und bei einem Verzicht auf freiwillige Aufgaben (z. B. die Rechtsberatung in Zivilsachen, kulturelle Veranstaltungen oder den Betrieb einer Bücherei). Kindertagesstätten sollten nur in jenem Umfang vorgehalten werden, in dem ein besonderer Bedarf für die Kinder Studierender besteht. Außerdem sollte eine stärkere Beteiligung der Städte und Gemeinden an dieser originär kommunalen Aufgabe angestrebt werden.
Einen weitergehenden Effizienzgewinn hält der Rechnungshof durch die Fusion von Studierendenwerken für möglich. Aufgrund der räumlichen Nähe schlägt er vor, die Studierendenwerke in Mannheim und Heidelberg sowie die Studierendenwerke Stuttgart und Tübingen-Hohenheim zu fusionieren. Auf mittlere Frist wäre an eine Fusion zu nur noch drei Studierendenwerken zu denken. Durch diese Fusionen ergäbe sich ein Effizienzgewinn in Millionenhöhe, ohne das Leistungsangebot zu beeinträchtigen.
Eine weitere Möglichkeit, das Betriebsergebnis der Studierendenwerke zu verbessern, zeigt laut Rechnungshof ein Blick auf den bundesweiten Vergleich der Semesterbeiträge: Während in Baden-Württemberg 2016/2017 im Durchschnitt ein Beitrag von 50,09 Euro je Semester gezahlt wurde, lag der Bundesdurchschnitt der Beiträge bei 68,38 Euro je Semester.