Rechnungshof präsentiert Denkschrift 2020
- Der Wegweiser zur Denkschrift bietet eine Übersicht und wesentliche, knappe Informationen zu allen Denkschriftbeiträgen in der Reihenfolge der Druckfassung
- Der Rechnungshof gibt in 26 Einzelbeiträgen zahlreiche Hinweise zur Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Landesverwaltung
Beitrag Nr. 1:
Haushaltsvollzug und Haushaltsrechnung des Landes für das Haushaltsjahr 2018 (S. 15 ff.)
Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes war 2018 geordnet
Der Rechnungshof hat den Haushaltsvollzug und die Haushaltsrechnung des Landes für 2018 geprüft. Der Landeshaushalt schloss 2018 mit Einnahmen von 57,2 Mrd. Euro und Ausgaben von 54,1 Mrd. Euro ab. Der kassenmäßige Überschuss betrug 3,1 Mrd. Euro. Nach Abzug der Veränderungen bei den Haushaltsresten verbleibt ein rechnungsmäßiger Überschuss von 695 Mio. Euro.
Die vom Rechnungshof geprüften Einnahmen und Ausgaben waren im Wesentlichen ordnungsgemäß belegt, die geltenden Vorschriften wurden weitgehend eingehalten. Die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes 2018 war geordnet.
Beitrag Nr. 2 und Nr. 3:
Vermögensrechnung 2018 (S. 23 ff.) - keine validen Gebäudewerte (S. 34 ff.)
Vermögensrechnung noch in der Optimierungsphase - Gebäudewerte valide ermitteln
Die Landesregierung veröffentlichte im Dezember 2019 die Vermögensrechnung zum Stichtag 31. Dezember 2018. Deren Volumen beträgt 250,4 Mrd. Euro.
Nach der Vermögensrechnung verfügt das Land über ein Vermögen von 74,6 Mrd. Euro. Rückstellungen und Verbindlichkeiten werden zusammen auf 250,4 Mrd. Euro beziffert. Sie übersteigen das Vermögen des Landes um 175,8 Mrd. Euro. Geprägt wird die Vermögensrechnung von den Rückstellungen für Pensionen mit 190,7 Mrd. Euro. Ohne diese Rückstellungen würde die Vermögensrechnung einen positiven Saldo von 15,0 Mrd. Euro ausweisen.
Die Vermögensrechnung befindet sich noch in der Optimierungsphase. Erst auf Basis vollständiger, richtiger und ausreichend erläuterter Einzelpositionen sind aussagekräftige Mehrjahresvergleiche möglich. Zur Optimierung gehört auch, die - nach den Feststelllungen des Rechnungshofs teilweise nicht validen - Gebäudebewertungen und die Bewertungsverfahren auf Basis der Feststellungen des Rechnungshofs zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren.
Beitrag Nr. 4:
Entwicklung des Landeshaushalts (S. 38 ff.)
Baden-Württemberg erzielte 2019 erneut hohe Steuereinnahmen - Konjunktureinbruch in 2020
2019 lagen die Brutto-Steuereinnahmen des Landes bei 40,9 Mrd. Euro. Die Gesamteinnahmen betrugen 57,9 Mrd. Euro. Darin enthalten sind 1,5 Mrd. Euro an Bußgeldern im Zusammenhang mit der Dieselaffäre. Die Entnahme aus der Rücklage für Maßnahmen zum Abbau der impliziten Verschuldung betrug 861 Mio. Euro. Aus noch vorhandenen Überschüssen der Vorjahre wurden 2,4 Mrd. Euro eingenommen.
Die Gesamtausgaben lagen mit 54,3 Mrd. Euro nur unwesentlich über den Vorjahresausgaben (+0,2 Mrd. Euro). Der Personalkörper des Landes umfasste 2019 einschließlich Landesbetrieben 210.914 Stellen. Dies sind über 8.000 Stellen mehr als noch vor 10 Jahren. Der Urhaushalt für 2020/2021 sieht weitere 2.819 Neustellen vor.
Die laufenden Einnahmen überstiegen die laufenden Ausgaben 2019 um 3,4 Mrd. Euro. 2019 hat das Land eine weitere Milliarde Euro an Kreditmarktschulden getilgt. Die maßgebliche Verschuldung ist dadurch auf 45,0 Mrd. Euro zum Jahresende 2019 gesunken.
Aufgrund der Corona-Pandemie und der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen wird 2020 ein drastischer Rückgang der Steuereinnahmen erwartet. Wenngleich die finanziellen Auswirkungen der Pandemie konkret noch nicht abzusehen sind, ist über einen langen Zeitraum von erheblichen Vorbelastungen des Landeshaushalts auszugehen.
Beitrag Nr. 5:
Schuldenbremse - Bilanz der Übergangsregelung 2013 bis 2019 (S. 64 ff.)
Baden-Württemberg konnte 2018/19 Kreditmarktschulden von 1,25 Mrd. Euro abbauen
Baden-Württemberg hatte von 2013 bis 2019 eine Übergangsregelung zur Schuldenbremse normiert. Ziel war es, bis 2020 den Landeshaushalt strukturell auszugleichen und die Nettoneuverschuldung auf Null abzusenken.
2013 und 2014 hat das Land zunächst noch 3 Mrd. Euro an neuen Krediten aufgenommen. Hierdurch stieg die Verschuldung des Landes von 43,3 Mrd. Euro auf 46,3 Mrd. Euro. 2015 und 2016 wurden keine Schulden aufgenommen, aber - trotz guter Steuereinnahmen - auch keine Schulden abgebaut. 2017 hat das Land begonnen, implizite Landesschulden abzubauen. In 2018 und 2019 wurden Kreditmarktschulden von insgesamt 1,25 Mrd. Euro endgültig getilgt. Die Verschuldung des Landes ist dadurch auf 45,0 Mrd. Euro zum Jahresende 2019 gesunken. Zwischen 2017 und 2019 wurden darüber hinaus 5,1 Mrd. Euro verwendet, um die sog. implizite Verschuldung zurückzuführen.
Beitrag Nr. 6:
Schuldenbremse ab 2020 (S. 71 ff.)
Schuldenbremse ist in Landesverfassung verankert - infolge der Pandemie neue Kredite in 2020/2021 möglich
Baden-Württemberg hat die Schuldenbremse in der Landesverfassung verankert und in der Landeshaushaltsordnung konkretisiert. Die Regelungen erlauben Kreditaufnahmen nur noch konjunkturbedingt oder bei bestimmten Notsituationen.
Zur Bewältigung der Corona-Pandemie hat der Landtag im März 2020 ein Gesetzespaket beschlossen, wonach die Pandemie als Naturkatastrophe definiert wird. Gleichzeitig wurde eine Kreditermächtigung von bis zu 5 Mrd. Euro und ein entsprechender Tilgungsplan über 10 Jahre, beginnend ab 2024, beschlossen.
Die Mai-Steuerschätzung 2020 prognostiziert Netto-Steuermindereinnahmen im Doppelhaushalt 2020/2021 von 6,8 Mrd. Euro. Das Land könnte im Falle eines weiteren Nachtragshaushalts 2020 und 2021 konjunkturbedingt weitere 7,2 Mrd. Euro neue Kredite aufnehmen. Somit bliebe über die Kompensation der Steuerausfälle hinaus noch Spielraum für eine Nettokreditaufnahme von 0,4 Mrd. Euro.
Insgesamt ergäbe sich für die Jahre 2020/2021 eine maximale Nettokreditaufnahme von 12,2 Mrd. Euro. Das wären mehr als 27 Prozent der bisherigen haushaltsmäßigen Verschuldung des Landes von 45 Mrd. Euro.
Beitrag Nr. 7:
Haushaltsreste (S. 76 ff.)
Die Ausgabereste haben sich in den letzten 10 Jahren vervierfacht. Das Sachausgabenbudget der Ressorts kann gesenkt werden
Ausgabereste resultieren aus übertragbaren, aber noch nicht in Anspruch genommenen Ausgabeermächtigungen. In den vergangenen 10 Jahren sind die Ausgabereste des Landes von 1,4 Mrd. Euro in 2009 auf 5,6 Mrd. Euro in 2018 angewachsen. Im Umfang von 1,5 Mrd. Euro wurden sie von den Ressorts mit Rechtsverpflichtungen aus Verträgen oder Bewilligungsbescheiden begründet. Eine Stichprobe ergab, dass diese Voraussetzung bei 44 Prozent der geprüften Fälle nicht gegeben war. Vertragsreste sollten aber nur bei Vorliegen einer konkreten rechtlichen Verpflichtung gebildet werden.
Bei der Budgetierung können Haushaltsmittel flexibel eingesetzt und in das nächste Haushaltsjahr übertragen werden. Im Bereich der Sachausgabenbudgetierung hat sich das Verhältnis von Ausgaberesten zum Budget innerhalb 6 Jahren von 20 auf 40 Prozent verdoppelt. D. h., 2018 wurden bei einem Budget von 839 Mio. Euro insgesamt 334 Mio. Euro nicht verausgabt und in diesem Umfang Reste gebildet. Deshalb hält der Rechnungshof für die Zukunft eine Absenkung des Budgets um 10 Prozent, somit um einen hohen zweistelligen Millionenbetrag für geboten.
Beitrag Nr. 8:
Stufenzuordnungen bei Einstellungen sowie Vorweggewährungen nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) (S. 91 ff.)
Fehlerhafte Stufenzuordnungen korrigieren, tarifkonforme Rechtsanwendung sicherstellen und Dokumentation verbessern
Arbeitnehmer, die im öffentlichen Dienst des Landes eingestellt werden, sind nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) zur Bestimmung ihres Entgelts in eine Entgeltgruppe einzugruppieren und einer (Erfahrungs-)Stufe zuzuordnen.
Der Rechnungshof hat Fälle aus neun Dienststellen näher untersucht. Davon waren 74 Prozent formal und/oder materiell fehlerbehaftet. So waren die Anerkennung einschlägiger Berufserfahrung oder sog. förderlicher Zeiten, aber auch Stufenvorweggewährungen teilweise unrichtig oder häufig nicht nachvollziehbar. Fehlerhafte Zuordnungen sind - soweit rechtlich möglich - zu korrigieren und durch eine sorgfältigere Bearbeitung in Zukunft zu vermeiden.
Beitrag Nr. 9:
Förderung des Breitbandausbaus (S. 99 ff.)
Breitbandausbau weiter fördern, Bundesmittel nutzen
Eine leistungsfähige und flächendeckende Breitbandinfrastruktur ist für Baden-Württemberg von strategischer Bedeutung. Das Land hat bis Ende 2019 bereits rund 450 Mio. Euro an Fördermitteln für den Breitbandausbau bewilligt. Insbesondere bei Gigabitanschlüssen (≥ 1.000 Mbit/s) besteht aber noch ein deutlicher Ausbaubedarf. Der finanzielle Gesamtbedarf an staatlicher Förderung ist nur schwer abschätzbar.
Der Mitfinanzierung des Bundesförderprogramms sollte das Land daher weiterhin konsequent Priorität einräumen und prüfen, ob auch EU-Fördermittel für den Breitbandausbau in Baden-Württemberg in Anspruch genommen werden können. Fördermittel sollten dabei nur in uneingeschränkt gigabitfähige Technologien fließen. Eine konvergente Netzinfrastruktur muss durch die enge Abstimmung von Breitband- und Mobilfunkausbau sichergestellt werden. Die strategischen Ansätze und Planungen des Landes sollten in einer Breitbandstrategie zusammengeführt werden. Zusammen mit einem für alle Akteure zugänglichen Breitbandinformationssystem kann eine solche die Umsetzung des Breitbandausbaus wirksam unterstützen.
Beitrag Nr. 10:
Polizeifuhrpark aktiver managen (S. 111 ff.)
Wirtschaftlichkeit des Polizeifuhrparks verbessern
Die Landespolizei wendet jährlich etwa 40 Mio. Euro für ihren gut 5.000 Fahrzeuge umfassenden Fuhrpark auf. Derzeit ist das Fuhrparkmanagement der Polizei vorrangig auf die Beschaffung und Bewirtschaftung der Fahrzeuge fokussiert.
Die wirtschaftliche Analyse und Steuerung des Fuhrparks sollte künftig aktiver gestaltet werden. Hierzu ist die Einführung eines elektronischen Fahrtenbuchs dringend geboten. Die Anzahl der geleasten Fahrzeuge könnte dann stärker am tatsächlichen Bedarf orientiert werden. Nach Einschätzung des Rechnungshofs ließen sich so Fahrzeuge einsparen. Auch Fahrzeugpools, Anreize für wirtschaftliches Verhalten und der Verzicht auf den Ersatz wenig ausgelasteter Kauffahrzeuge sollten künftig stärker als bislang dazu beitragen, die Wirtschaftlichkeit des Fuhrparks zu erhöhen.
Beitrag Nr. 11:
Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren mit dem Förderschwerpunkt Lernen (S. 120 ff.)
Verbesserungspotenziale bei den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren
Der Rechnungshof hat in einer landesweiten Erhebung die Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) im Förderschwerpunkt Lernen und die Umsetzung der Inklusion bei Kindern und Jugendlichen in diesem Förderschwerpunkt untersucht.
Er hat festgestellt, dass fünf Jahre nach Einrichtung der SBBZ und der gesetzlichen Verankerung der Inklusion noch Verbesserungspotenzial besteht. Dies gilt insbesondere für die Verfahrensabläufe bei der Feststellung des Anspruchs auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot. Anstelle der zeitaufwendigen und personalintensiven Gutachtenverfahren zur Feststellung des Anspruchs auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot empfiehlt der Rechnungshof die modellhafte Erprobung einer Zentralisierung. Zur Lehrkräftezuteilung sollte ein neues Rechenmodell entwickelt werden, um auf die Entwicklung der Schülerzahlen reagieren und die Lehrkräfteressourcen flexibel verteilen zu können. Das neue Qualitätskonzept sollte zudem über ein einheitliches Qualitätsmanagement mit Steuerungskennzahlen verfügen.
Beitrag Nr. 12:
Organisation, Wirtschaftlichkeit und Aufgabenkritik des LBV im Aufgabenbereich Besoldung und Versorgung (S. 128 ff.)
Das Land sollte die Kindergeldaufgaben für seine Beschäftigten an die Bundesagentur für Arbeit abgeben und die Organisation des Landesamts für Besoldung und Versorgung straffen
Das Kindergeld für die Landesbediensteten wird derzeit beim Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) festgesetzt und ausgezahlt. Das Land hätte bereits seit 2016 die Möglichkeit, diese Aufgabe kostenlos an die Bundesagentur für Arbeit zu übertragen.
Der Rechnungshof schlägt vor, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen und die Kindergeldaufgaben an die Bundesagentur für Arbeit abzugeben. Die hierdurch freigesetzten 26 Vollzeitäquivalente sollten in erster Linie in Aufgabenbereichen des LBV mit nachgewiesenem Personalmangel verwendet werden. So hat der Rechnungshof im Aufgabenbereich „Besoldung und Versorgung“ einen Personalmehrbedarf von 9 Vollzeitäquivalenten festgestellt, der mit diesen frei werdenden Personalkapazitäten vollständig gedeckt werden könnte. Verbleibende freie Personalkapazitäten sollten abgebaut werden. Darüber hinaus sollte das LBV die Gelegenheit nutzen, die Gesamtorganisation insgesamt zu straffen.
Beitrag Nr. 13:
IT des Landesamts für Besoldung und Versorgung (S. 134 ff.)
IT des Landesamts für Besoldung und Versorgung zukunftsfähig aufstellen
Das Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) betreibt seine IT teilweise noch selbst. Es hält dabei die im Land eingeführten Standards nicht immer ein. Der Rechnungshof hat ermittelt, dass allein die Entwicklung, die Pflege und der Betrieb der selbst erstellten Fachverfahren jährlich mindestens 14,4 Mio. Euro kosten.
Im eingeleiteten Strategieprozess zur Optimierung des LBV sollte die Wirtschaftlichkeit der individuellen Fachverfahren geprüft werden. Die Alternativen „Anwendungsentwicklung in Eigenregie“ und „Fremdbezug“ sollten dabei berücksichtigt werden. Es sollte auch analysiert werden, ob eine Übernahme von Lösungen anderer Länder, der Abschluss von Kooperationen oder der Einsatz von Standard-Software-Lösungen möglich ist. Überdies sollte das LBV seine IT an den Landesstandards ausrichten.
Beitrag Nr. 14:
Förderung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg (S. 140 ff.)
Planungssicherheit und Effizienz der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg können erhöht werden
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg wurde von 2016 bis 2018 jährlich mit 4 Mio. Euro vom Land gefördert. Dies sind 71 Prozent der Erträge der Verbraucherzentrale, weitere 20 Prozent erhält sie vom Bund.
Da die Bescheide für die Landesförderung jeweils nur ein Jahr umfassten und zudem nicht zeitnah erlassen wurden, fehlte der Verbraucherzentrale Planungssicherheit für ihren Geschäftsbetrieb. Dies sollte künftig durch rechtzeitige Förderbescheide vermieden werden.
Zudem ist die Organisationsstruktur in Relation zum Personaleinsatz und dem vorgesehenen Ausbau von Online-Beratung zu kleinteilig. In elf von zwölf Beratungsstellen sind jeweils nur 0,5 bis 3,5 Vollzeitäquivalente an Personal eingesetzt. Der Rechnungshof empfiehlt, die Struktur und den Geschäftsbetrieb unter diesen Gesichtspunkten neu auszurichten.
Beitrag Nr. 15:
Einsatz und Wirksamkeit des Risikomanagementsystems bei Steuerfällen mit Einkünften aus mehr als sieben Vermietungsobjekten (S. 146 ff.)
Risikomanagementsystem bei allen Vermietungsobjekten einsetzen
Die Finanzämter werden bei der Veranlagung durch ein Risikomanagementsystem unterstützt. Es weist die Bearbeiter auf risikobehaftete Sachverhalte in den Steuererklärungen hin. Bei Steuerfällen mit Vermietungseinkünften ist die automatische Risikoprüfung allerdings auf maximal sieben Vermietungsobjekte begrenzt.
Der Rechnungshof hat 240 zufällig ausgewählte Steuerfälle mit Vermietungseinkünften aus mehr als sieben Objekten untersucht. Dabei hat er festgestellt, dass den Finanzämtern ab dem achten Objekt, also ohne Unterstützung durch das Risikomanagementsystem, deutlich mehr Fehler unterlaufen. Um die Arbeitsqualität zu verbessern, sollte daher der Anwendungsbereich des Risikomanagementsystems auf die Steuererklärungsdaten aller Vermietungsobjekte ausgeweitet werden.
Beitrag Nr. 16:
Umgang der Steuerverwaltung mit den elektronisch übermittelten Daten der Träger der Sozialleistungen (S. 152 ff.)
Automatische Übernahme der elektronisch übermittelten Daten ausweiten
Einkommensersatzleistungen wie z. B. Kranken- oder Elterngeld sind steuerfrei. Sie werden aber bei der Berechnung des Steuersatzes einbezogen (Progressionsvorbehalt). Zu diesem Zweck müssen die Träger der Sozialleistungen die ausgezahlten Einkommensersatzleistungen elektronisch an die Finanzverwaltung übermitteln. Die Finanzämter haben in diesen Fällen regelmäßig die gesetzliche Pflicht, Einkommensteuerveranlagungen durchzuführen.
Der Rechnungshof hat den Umgang der Steuerverwaltung mit den elektronisch übermittelten Daten zu Einkommensersatzleistungen landesweit untersucht. Dabei hat er festgestellt, dass die Daten qualitativ gut sind, jedoch aus technischen Gründen bisher nur ansatzweise automatisch in die Veranlagung übernommen werden können.
Der Rechnungshof empfiehlt, die automatische Datenübernahme baldmöglichst auszuweiten. Zudem sollte der auf Bundesebene bereits angestoßene Prozess zur Evaluierung der Veranlagungspflicht in diesem Bereich mit dem Ziel einer rechtskonformen Entlastung der Verwaltung vorangetrieben werden.
Beitrag Nr. 17:
Nachtragsmanagement im Staatlichen Hochbau (S. 158 ff.)
Kostensteigerungen beim Staatlichen Hochbau sind geringer als häufig angenommen: Dennoch sollte das Risikomanagement ausgebaut werden
Der Rechnungshof prüfte das Nachtragsmanagement beim Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg. Er untersuchte 48 große Baumaßnahmen auf Nachträge, Mehr- und Minderkosten, Änderungen sowie Behinderungen im Bauprozess.
Die Mehrheit der Baumaßnahmen hielt den geplanten Kosten- und Zeitrahmen ein. Erhebliche Nachträge entstanden zumeist bei Sanierungen durch Leistungs- oder Planungsänderungen. Das Nachtragsmanagement sollte optimiert und für besonders große Projekte ein umfassendes Risikomanagement etabliert werden.
Beitrag Nr. 18:
Energieversorgung großer Polizeiliegenschaften (S. 165 ff.)
Innovativ, aber zu teuer und überdimensioniert: Der Rechnungshof kritisiert zwei energetische Modernisierungen von Heizwerken großer Polizeiliegenschaften
Allein die Strom- und Wärmeversorgung von sieben großen Liegenschaften der Polizei kostet das Land jährlich 4 Mio. Euro. Der Rechnungshof prüfte Betrieb und Modernisierung der Heizkraftwerke an fünf Standorten der „Hochschule für Polizei“ und zwei Standorten des „Polizeipräsidium Einsatz“.
An zwei Standorten wurden unwirtschaftliche Anlagen errichtet. Ein Power-to-Heat-Pilotverfahren („Virtueller Stromspeicher“) in Biberach wurde überdimensioniert ausgelegt und zu keinem Zeitpunkt zweckentsprechend eingesetzt. Einige Anlagenteile entfalten überhaupt keine Wirkung. In Bruchsal dauerte allein die Voruntersuchung der Modernisierung vier Jahre. Vier Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen wurden beauftragt. Obwohl eine andere Lösung wirtschaftlicher war, schloss man die Liegenschaft an die bestehende Geothermie-Anlage eines staatlichen Energieversorgers an.
Beitrag Nr. 19:
„Bauberatung Dritter“ beim Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg (S. 172 ff.)
Zuschüsse in Höhe von rund 1 Mrd. Euro bei der Krankenhausbauförderung noch nicht abgerechnet
Bei der Krankenhausbauförderung waren insgesamt 83 Verwendungsnachweise aus dem Zeitraum 2009 bis 2019 mit abgerechneten Kosten von mehr als 1,8 Mrd. Euro und einem Zuschussbetrag von insgesamt mehr als 950 Mio. Euro ungeprüft. Bei der gegenwärtigen Bearbeitungsdauer würde die Prüfung der 83 ungeprüften Verwendungsnachweise mehr als zehn Jahre erfordern. Zwischenzeitlich wurden jedoch bereits mehr als 200 neue Maßnahmen bewilligt, für die weitere Verwendungsnachweise eingehen werden.
Um den vorhandenen Rückstand aufzuarbeiten, sollte die „Bauberatung Dritter“ bei der Festbetragsförderung konsequent die Möglichkeit der vereinfachten Verwendungsnachweisprüfung nutzen und grundsätzlich nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen beteiligt werden. Dies ist u. a. der Fall, wenn die für die Baumaßnahme vorgesehene Zuwendung 2,5 Mio. Euro übersteigt (bei Zuwendungen an kommunale Körperschaften, wenn die vorgesehene Zuwendung 1,5 Mio. Euro übersteigt) oder die Zuwendung nicht nach Richtwerten bemessen wird. Darüber hinaus sollte die „Bauberatung Dritter“ ausschließlich in begründeten Ausnahmefällen tätig werden, wenn aufgrund von besonderen baulichen Konstellationen (z. B. Baugründung am Hang) bei den Bewilligungsstellen kein ausreichender baufachlicher Sachverstand vorhanden ist. Bei der Festbetragsförderung sollte die vereinfachte Verwendungsnachweisprüfung konsequent genutzt werden.
Beitrag Nr. 20:
Bewertung von Grundstücken (S. 178 ff.)
Hohe Fehlerquote bei den Grundstückswertermittlungen
Vor dem Erwerb oder der Veräußerung von landeseigenen Grundstücken muss der Landesbetrieb Vermögen und Bau aktuelle Wertermittlungen aufstellen.
Die Mehrzahl der vom Rechnungshof geprüften Wertermittlungen war fehlerhaft. In sechs Fällen lag bei der Veräußerung keine Wertermittlung vor, in zwei dieser Fälle erfolgte eine Veräußerung der Liegenschaft deutlich unter ihrem Wert. Mehrfach veräußerte Vermögen und Bau Grundstücke auf Basis veralteter Wertermittlungen, ohne die Gutachten zu aktualisieren. Mitarbeiter der geprüften Ämter waren nicht alle auf dem gleichen Wissensstand. Nach eigenen Angaben sahen sie sich in Einzelfällen nicht in der Lage, Wertermittlungen selbst zu erstellen oder Gutachten von freiberuflich tätigen Gutachtern oder Gutachterausschüssen qualitativ zu beurteilen.
Die fachliche Qualifikation der für Wertermittlungen zuständigen Mitarbeiter sollte daher verbessert werden, z. B. durch regelmäßige Fortbildungen. Vermögen und Bau sollte das Aufgabengebiet Wertermittlungen zudem effektiver organisieren. So käme etwa eine Zentralisierung von Wertermittlungsaufgaben und die Ausbildung einer Gruppe von Mitarbeitern zu landesweiten Wertgutachtern in Betracht.
Beitrag Nr. 21:
Digitalisierungsprojekt „Future Communities 4.0“ (S. 185 ff.)
Wo Digitalisierung draufsteht, sollte Innovation drin sein
Mit dem Programm „Future Communities 4.0“ hat das Innenministerium den Kommunen ein niederschwelliges Angebot zur Förderung von Digitalisierungsmaßnahmen gemacht. Mit insgesamt 2,8 Mio. Euro wurden überwiegend kleinere Projekte mit teilweise geringen Beträgen gefördert, darunter eine Vielzahl nahezu identischer Apps.
Aus Sicht des Rechnungshofs besteht bei der Förderung des Erwerbs von Standardprodukten wie kommerziell vertriebenen Apps ein hohes Risiko von Mitnahmeeffekten. Eine solche Förderung leistet auch keinen spürbaren Beitrag zum übergeordneten Ziel der Digitalisierungsstrategie, ein „Innovations- und Nachhaltigkeitsmotor“ zu sein. Obwohl das Förderprogramm die Digitalisierung vorantreiben sollte, wurde es selbst nicht vollständig digital abgewickelt.
Beitrag Nr. 22:
Forschungszulagen aus Drittmitteln an Universitäten (S. 190 ff.)
Mehr als die Hälfte der gewährten Forschungszulagen an den Universitäten materiell fehlerhaft
Der Rechnungshof hat alle 168 Forschungszulagen mit einem Gesamtvolumen von 1,35 Mio. Euro geprüft, die zwischen 2015 und 2018 an Professoren von sieben der neun baden-württembergischen Universitäten (außer Freiburg und Mannheim) gewährt wurden.
Dabei zeigten sich zahlreiche Verfahrens- und materielle Fehler: Beanstandet wurden unzureichende Kalkulationen und die Gewährung von Forschungszulagen bei Projekten ohne Forschungsbezug und bei Projekten, die aus öffentlichen Kassen finanziert wurden.
Die Rektorate der Universitäten wurden vom Wissenschaftsministerium zeitnah aufgefordert, die mögliche Rückforderung der gewährten Zulagen zu prüfen und dem Wissenschaftsministerium über das Ergebnis ihrer Prüfung zu berichten.
Beitrag Nr. 23:
Fachbereich Geowissenschaften der Universität Tübingen - Verträge mit der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung (S. 196 ff.)
Die bei Gründung des „Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment“ (HEP) an der Universität Tübingen geschlossenen Verträge weisen Verbesserungspotenziale auf
Das HEP wurde 2017 auf der Grundlage einer mehrjährigen Zusammenarbeit zwischen der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung (SGN) und der Universität Tübingen gegründet und in die Leibniz-Gemeinschaft aufgenommen. Am HEP in Tübingen arbeiten Professoren und Angestellte der Universität Tübingen sowie Beschäftigte der SGN zusammen.
Die Zusammenarbeit der Universität mit der SGN sieht der Rechnungshof als überwiegend vorteilhaft an, nennt allerdings auch Defizite der vertraglichen Regelungen. So hätte die Universität nach Auffassung des Rechnungshofs eine Personalkostenerstattung für die beteiligten Professuren vereinbaren sollen. Das Vertragsziel, die archäologischen und paläontologischen Sammlungen besser vor möglichen Schäden zu schützen, wurde bisher nicht erreicht. Auch die Inventarisierung des Sammlungsgutes ist längst noch nicht vollendet. Künftige Baumaßnahmen sollten eine gemeinsame Finanzierung durch den Bund und das Land vorsehen.
Beitrag Nr. 24:
IT bei Kunst- und Kultureinrichtungen (S. 204 ff.)
IT-Systeme der staatlichen Kunst- und Kultureinrichtungen vereinheitlichen und Kosten umfassend darstellen
Die staatlichen Kunst- und Kultureinrichtungen betreiben ihre IT-Systeme weitgehend selbst. Sie vernachlässigen dabei wichtige, vom Land vorgegebene Standards und nutzen nur in geringem Umfang die Möglichkeit der Zusammenarbeit. Der gesetzlich vorgegebene Übergang der IT der staatlichen Kunst- und Kultureinrichtungen zur Landesoberbehörde IT Baden-Württemberg (BITBW) wurde bis Ende 2024 hinausgeschoben. Grund dafür war insbesondere, dass die Kosten der BITBW angeblich erheblich über den Kosten des Eigenbetriebs lägen.
Für diese Annahme gibt es, wie die Finanzkontrolle festgestellt hat, bei den staatlichen Kunst- und Kultureinrichtungen allerdings keine hinreichende Datengrundlage in einer Kosten- und Leistungsrechnung. Die vermeintlichen Kosten der BITBW wurden durch die Einrichtungen zudem selbst ermittelt und bislang von der BITBW nicht validiert. Der Rechnungshof hat deshalb gefordert, dass die Kosten vollständig erfasst werden, die Migration zur BITBW sorgfältig vorbereitet wird und bis dahin Synergien durch eine bessere Zusammenarbeit genutzt werden.
Beitrag Nr. 25:
Center for Advanced Studies der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (S. 209 ff.)
Das „Center for Advanced Studies“ (CAS) muss kostendeckend arbeiten
Das CAS ist eine auf Masterstudiengänge und Weiterbildungsangebote spezialisierte zentrale Einrichtung der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) auf dem Bildungscampus der Dieter-Schwarz-Stiftung (DSS) in Heilbronn.
Finanziert wird die Einrichtung überwiegend durch Studiengebühren und Teilnehmerentgelte. Die Stiftung sagte dem Land zu, die in den ersten Jahren entstehenden Defizite durch Zuwendungen zu decken. Über eine Verlängerung dieser Finanzierung bis 2025 wird derzeit noch verhandelt. Da eine Finanzierung von Weiterbildungsangeboten aus Landesmitteln nicht zulässig ist, muss das CAS bis spätestens 2025 eine Vollkostendeckung für die angebotenen Masterstudiengänge und Weiterbildungsmodule erreichen.
Um die Existenz des CAS nachhaltig zu sichern, ist daher eine Steigerung der Studierendenzahlen und Entgelte einerseits und eine Reduzierung der Personal- und Sachkosten andererseits unumgänglich. Einsparpotenziale bestehen insbesondere bei der Personalausstattung und bei der Höhe der Lehrauftragsvergütungen.
Beitrag Nr. 26:
Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe (S. 216 ff.)
Erheblicher Reformbedarf an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe festgestellt
Die Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe (HfG) hat es über viele Jahre versäumt, grundlegende Reformen anzugehen. Dies führte zu Vakanzen bei den Professuren, aufwendigen Berufungsverfahren und zurückgehenden Bewerber- und Studierendenzahlen.
Verbesserungspotenziale sieht der Rechnungshof insbesondere in der Personal- und Organisationsstruktur, der inhaltlichen Weiterentwicklung von Studium und Lehre sowie der Kooperation mit dem Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe. Sollte es der Hochschule nicht gelingen, durch zügige Reformen ihre Zukunftsfähigkeit zu sichern, regt der Rechnungshof an, die Hochschule für Gestaltung in die Hochschule für angewandte Wissenschaften Karlsruhe zu integrieren.