Rechnungshof mahnt mehr Realismus beim Generalverkehrsplan an
- Die Umsetzung und Finanzierung des Generalverkehrsplans bleibt beim Bau von Landesstraßen weit hinter den Planungen zurück
- Am Ende der Laufzeit werden mehr als 600 Baumaßnahmen nicht verwirklicht sein
- Neuer Generalverkehrsplan muss weniger, dafür aber realisierbare Projekte enthalten
Karlsruhe/Stuttgart: „In den neu zu erstellenden Generalverkehrsplan des Landes dürfen nur Straßenbauprojekte aufgenommen werden, die mit den verfügbaren Mitteln im Planungszeitraum auch tatsächlich durchgeführt werden können“, fordert Max Munding, der Präsident des Rechnungshofs Baden-Württemberg, bei der Vorstellung der Denkschrift 2009. „Das Machbare, nicht das Wünschbare muss angesichts knapper Planungsressourcen den Rahmen abstecken.“
Im Generalverkehrsplan Baden-Württemberg werden vorgesehene Aus- und Neubauten von Landesstraßen dargestellt. Der aktuelle Generalverkehrsplan wurde von der Landesregierung 1995 beschlossen. Er enthält 1.443 Baumaßnahmen mit einem Bauvolumen von 2,85 Mrd. Euro. Davon wurden 1.301 Maßnahmen in den vordringlichen und 142 Maßnahmen in den weiteren Bedarf eingestuft. Um den Generalverkehrsplan umzusetzen, strebte das Land an, bis 2012 jährlich 185 Mio. Euro für die Erhaltung und zum Um-, Aus- und Neubau des Landesstraßennetzes zur Verfügung zu stellen.
Präsident Munding wies darauf hin, dass von den Maßnahmen des vordringlichen Bedarfs von 1995 bis Ende 2008 lediglich 479 Maßnahmen (37 %) komplett fertiggestellt wurden. Weitere 505 Straßenbauprojekte (39 %) waren noch ohne Planung bzw. waren inzwischen entfallen. In den letzten fünf Jahren stellte das Land im Durchschnitt 107 Mio. Euro je Jahr, also 58 % der ursprünglich zur Finanzierung des Generalverkehrsplans vorgesehenen Mittel, zur Verfügung. Von 1995 bis 2003 lagen die Ausgaben für den Landesstraßenbau im Durchschnitt sogar deutlich unter 50 %. Somit erreichte das Land nach Verabschiedung des Generalverkehrsplans zu keinem Zeitpunkt auch nur annähernd die eigenen Zielvorgaben. Am Ende der Laufzeit des Generalverkehrsplans im Jahr 2012 werden noch mehr als 600 Straßenbauprojekte nicht verwirklicht sein: Für deren Realisierung würden noch weitere 23 Jahre benötigt. Daran werden auch das Impulsprogramm 2008 des Landes Baden-Württemberg und das vom Ministerrat im März 2009 beschlossene Infrastrukturprogramm des Landes wenig ändern.
Aktuell laufen die Vorarbeiten für den neuen, dann bis 2025 geltenden Generalverkehrsplan. Nach der bisherigen Praxis müssten aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Planungskontinuität alle noch nicht verwirklichten Projekte ohne genauere Prüfung als „Altlast“ in den vordringlichen Bedarf des neuen Generalverkehrsplans übernommen werden. Der neue Generalverkehrsplan des Landes würde dann weitgehend aus„Altlasten“ bestehen. Die Realisierung neuer, vordringlicher Straßenbauprojekte wäre nicht möglich. Nach Ansicht des Rechnungshofs darf der neue Generalverkehrsplan deshalb auf keinen Fall nach alten Strickmustern aufgestellt werden.
Der neue Generalverkehrsplan muss daher nach Auffassung der Karlsruher Behörde weniger, dafür aber realisierbare Projekte enthalten. Alle aufzunehmenden Maßnahmen müssten ein standardisiertes Bewertungsverfahren durchlaufen als Grundlage für politische Entscheidungen.