Rechnungshof mahnt mehr Kostenbewusstsein in der Wirtschaftsförderung an

  • Konzentration des Wirtschaftsministeriums auf strategische Aufgaben gefordert: mittelfristige Abgabe des operativen Geschäfts und kostenorientierte Wahrnehmung der Rolle als Geld- und Auftraggeber
  • Bündelung der Förderungsinstitutionen geboten: Standortförderung bei der Gesellschaft für internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit   Baden-Württemberg mbH (GWZ), Wirtschaftsförderung im übrigen bei L-Bank
  • Förderung einzelner Unternehmen oder Branchen abbauen bzw. zeitlich befristen
  • Mitteleinsatz insgesamt reduzieren, da der volkswirtschaftliche Nutzen kaum ermittelbar ist

Karlsruhe/Stuttgart: Der Rechnungshof Baden-Württemberg mahnt bei der Wirtschaftsförderung mehr Kostenbewusstsein an. Nach Auffassung der Finanzkontrolleure könnte die Wirtschaftsförderung kostengünstiger durchgeführt werden. 240 Mio. € wurden durchschnittlich bis 2002 im Jahr für Wirtschaftsförderung ausgegeben. Davon wurden im Durchschnitt allein für Management, Verwaltung und Steuerung der Förderung rd. 32 Mio. € jährlich aufgewendet, was einen Personalaufwand für mehr als 320 Stellen entspricht. Der Rechnungshof hat eine Reihe von Maßnahmen zur Optimierung der Förderung und zur Reduzierung der Kosten vorgeschlagen.

Zu diesen Ergebnissen kommt der Rechnungshof in einer Beratenden Äußerung, die er jetzt dem Landtag und der Landesregierung vorlegte. Nach dieser Untersuchung der Finanzkontrolleure hat das Land in den Jahren 1993 bis 2002 insgesamt über 2,4 Milliarden € für Wirtschaftsförderprogramme und -institutionen ausgegeben. Pro Jahr wurden also in diesen zehn Jahren durchschnittlich rund 240 Millionen € aufgewendet. Davon entfielen in jedem Jahr rd. 13 % allein auf die Kosten für die Durchführung der jeweiligen Förderungen. Dabei wurden nur die Maßnahmen des Landes untersucht, die die Förderung einzelner Unternehmen oder Branchen bezwecken. In den genannten Beträgen sind die Kosten für Maßnahmen, die primär wohnungsbaupolitische, ökologische oder auch kulturelle Zielsetzungen haben, nicht enthalten, obwohl auch diese vielfach die Wirtschaft oder zumindest einzelne Branchen fördern und insgesamt ein erhebliches Volumen haben. Nicht enthalten sind ferner die Kosten der kommunalen Wirtschaftförderung, die sich landesweit auf einen - weiteren - zweistelligen Millionenbetrag pro Jahr summieren dürften.

Da der konkrete Nutzen dieses erheblichen Aufwands für die Volkswirtschaft bzw. für das Land sich nach Auffassung der Kontrollbehörde kaum quantifizieren lässt, mahnt die Finanzkontrolle zu generell kostenbewussterem Verhalten beim Auflegen und Durchführen von Wirtschaftsfördermaßnahmen. Hierzu schlägt der Rechnungshof verschiedene Maßnahmen vor.

Der Grundsatz der Subsidiarität staatlicher Wirtschaftsförderung müsse stringent beachtet werden, da diese stets wettbewerbsverzerrend wirke. Die beabsichtigten Ziele sollten klar definiert und die Dauer der Förderung sollte stets zeitlich begrenzt werden. Bestehende Förderungen, die schon über viele Jahre hinweg an Unternehmen oder Gruppen von Unternehmen gewährt werden, sollten kritisch hinterfragt, beendet oder zumindest abnehmend gestaltet werden.

Zur Gewinnung von Synergien sollten die in den letzten Jahren entstandenen branchenspe-zifischen Förderinstitutionen, die dauerhaft Landesmittel benötigen (in den Bereichen Tou-rismus, Biotechnologie und Medien), in die GWZ als zentrale und dann mittelfristig einzige Institution für Standortmarketing und Außenwirtschaftsförderung eingliedert werden.

Das Wirtschaftsministerium sollte sich auf strategische Aufgaben konzentrieren und be-schränken. Die Eingliederung wesentlicher Teile des - operativ tätigen - früheren Landesgewerbeamts ist allenfalls als Zwischenlösung vertretbar, da dies dem Prinzip widerspricht, wonach Ministerien strategische, nicht aber operative Aufgaben wahrnehmen sollen. Mittelfristig sollte das Ministerium erheblich verschlankt werden. Dabei sollte dem Wirtschaftsministerium als einzigem Ressort die Wirtschaftsförderung zugeordnet sein.

Das Wirtschaftsministerium sollte sich klarer als Geld- und Auftraggeber definieren und diese Rolle insbesondere im Verhältnis zur GWZ betont Kosten-Nutzenorientiert ausfüllen. Dazu sollten alle bisher aus verschiedenen Töpfen geflossenen Fördermittel an GWZ, Tourismus-Marketing GmbH und Bio Pro GmbH einschließlich der Mittel aus dem Bankbeitrag der L-Bank beim Wirtschaftsministerium gebündelt werden. Das WM sollte danach alleiniger Auf-traggeber im Bereich Wirtschaftsförderung sein und darauf hinwirken, dass die operativ tätigen Institutionen ihre Leistungen möglichst kostengünstig   erbringen.

Die L-Bank sollte zur zentralen und mittelfristig alleinigen Institution für Wirtschaftsförderung im übrigen weiterentwickelt werden. Das WM sollte auch im Verhältnis zur L-Bank – in der Auftraggeberrolle – auf Kostenreduzierungen hinwirken. Auch die L-Bank selbst muss insbesondere im Hinblick auf negative Synergie-Effekte aus der Bankenfusion und zurückgehende Geschäftsbereiche (Wohnungsbau) noch stärkere und nachweisbare Anstrengungen zur Kostenreduzierung unternehmen.

Der Haushaltsgesetzgeber wird nach Auffassung der Karlsruher Kontrollbehörde in den nächsten Jahren darauf achten müssen, dass sich die Auflösung des Landesgewerbeamts Baden-Württemberg auch kostenmäßig auswirkt. Eine deutliche Reduzierung der Stellen sei möglich.

„In einer Zeit, in der das Land Vermögen veräußern muss, um seine laufenden Zinsen zahlen zu können, müssen sich alle Institutionen des Landes, die Geld kosten, kritisch hinterfragen lassen“, betonen die Finanzkontrolleure bei der Vorstellung ihrer Beratenden Äußerung. Das gelte in besonderem Maße für einen Bereich wie die Wirtschaftsförderung, deren Notwendigkeit und Nutzen auch ordnungspolitisch umstritten sei.