Rechnungshof fordert Personalabbau und effizientere Aufgabenerledigung bei der Landesoberkasse Baden-Württemberg
- Bei der Landesoberkasse können 2,4 Mio. € sofort eingespart werden; ein Vergleich mit anderen Bundesländern zeigt ein Einsparpotenzial von weiteren 1,4 Mio. € auf
- Bei Forderungen von insgesamt 40 Mio. € wurde von der Beitreibung abgesehen - die LOK darf sich nicht von der Beitreibungsstelle zu einer Niederschlagungsstelle entwickeln
- Beispielhaftes methodisches Vorgehen zur Optimierung von Landesbehörden - mit harten Zahlen und weichen Faktoren zu einer effizienteren Aufgabenerledigung
- Konsequenzen für die Personalentwicklung: eine Jobbörse für Landesbedienstete sollte eingerichtet und das Konzerndenken des Landes verstärkt werden
Karlsruhe/Stuttgart. „In Zeiten knapper Kassen wird gerne nach dem Rasenmäherprinzip gespart. Wie im Sinne einer optimalen Aufgabenerfüllung der Landesbehörden intelligent und zielgerichtet gespart werden kann, zeigt die vorliegende Untersuchung beispielhaft. Mit einer systematischen Ermittlung des aktuellen und künftigen Personalbedarfs und einer genauen Analyse der Verfahrensabläufe konnte bei der Landesoberkasse nicht nur ein sofort realisierbares Einsparpotenzial von 2,4 Mio. € - dies entspricht 38 Personalstellen - ermittelt werden. Vorschläge des Rechnungshofs zur Straffung der Organisation, zur Zentralisierung von Kassengeschäften im Land und zur Reduzierung von Bearbeitungszeiten wurden teilweise schon im Zuge der Prüfung umgesetzt. Schließlich bestätigten die Untersuchungsergebnisse, dass es dringend erforderlich ist, dem Thema freiwerdender Personalressourcen innerhalb der Landesverwaltung mehr Beachtung zu schenken und Lösungskonzepte zu entwickeln“, so der Vizepräsident des Rechnungshofs Baden-Württemberg Gerhard Gößler bei der Vorstellung der Beratenden Äußerung vor der Landespressekonferenz in Stuttgart.
Die Landesoberkasse Baden-Württemberg (LOK) erledigt für die Mehrzahl der Dienststellen des Landes den Zahlungsverkehr. Sie ist zudem zuständig für die Buchführung und das Mahnwesen einschließlich der Beitreibung der Forderungen des Landes. Aktuell werden diese Aufgaben von 307 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf 268,5 Vollzeitstellen erledigt. Innerhalb der letzten zehn Jahre haben in diesem Aufgabenbereich erhebliche Rationalisierungsprozesse stattgefunden. Während im Jahr 1995 die Kassengeschäfte des Landes noch von vier Landesoberkassen mit insgesamt 476,5 Stellen erledigt wurden, waren es 2004 nur noch 308 Stellen. Hintergrund dieser Stellenreduzierung um 35 % war die Einführung eines neuen Kassenverfahrens, die zunehmende Automatisierung und schließlich die Reduzierung der Standorte. Seit 1998 werden die Aufgaben insgesamt von der Landesoberkasse Baden-Württemberg mit Sitz in Karlsruhe und ihrer Außenstelle in Metzingen wahrgenommen.
Die Finanzkontrolleure haben bei ihrer Untersuchung weitere Einsparpotenziale ermittelt, die sich durch die Abschaffung von unwirtschaftlichen Abläufen und Organisationsstrukturen realisieren lassen. Beispielsweise fallen allein für die Zuordnung von Zahlungseingängen jährlich Kosten in Höhe von 1 Mio. € an. Ein Vergleich mit Bayern hat gezeigt, dass dort deutlich wirtschaftlicher mit einer dreimal höheren Erledigungszahl gearbeitet wird. Um solche Zahlen auch in Baden-Württemberg zu erreichen, müssten vor allem die Gerichte ihre Zahlungsanordnung künftig ausschließlich elektronisch übermitteln. Ein überwiegender Teil der Bediensteten ist für die Einziehung von Forderungen des Landes zuständig. Im Jahr 2004 hatten sie ein Forderungsvolumen von rd. 125 Mio. € zu bearbeiten. Die Beitreibungsaktivitäten kosten jährlich 4,55 Mio. €. In den letzten vier Jahren wurde bei 160.000 Forderungen mit einem Gesamtvolumen von fast 40 Mio. € von der Beitreibung abgesehen. Nicht vertretbar wäre es, wenn sich die LOK von der Beitreibungsstelle zu einer Niederschlagungsstelle entwickeln würde.
Hervorzuheben ist die Kooperationsbereitschaft von Finanzministerium und LOK. Schon im Zuge der Prüfung fand eine weitere Bündelung der Kassengeschäfte des Landes statt, indem einige Landesbetriebe ihre Kassengeschäfte nun von der LOK erledigen lassen. Über eine Einbeziehung auch der Universitätskassen sollte nachgedacht werden.
Bei seiner Organisationsuntersuchung der LOK ist der Rechnungshof mit einer Mischung aus „harten Zahlen“ und „weichen Faktoren“ vorgegangen. Er hat einen aufgabenbezogenen und einen prozessbezogenen Untersuchungsansatz gewählt. Nachdem die Kostentreiber in den Arbeitsabläufen herausgefiltert waren, wurden mit Fall- und Erledigungszahlen steuerungsrelevante Kennzahlen gebildet. Auf der Basis dieser Kennzahlen konnten dann länderübergreifende Vergleiche und analytische Personalbedarfsberechnungen angestellt werden, die auch der Ermittlung des zukünftig erforderlichen Personals dienen. Angesichts der Erkenntnis, dass effizientes Verwaltungshandeln entscheidend von der richtigen Qualifikation und der Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abhängt, wurden diese gebeten, Hinweise zu den so genannten „weichen Arbeitsfaktoren“ zu geben. Erfreulich viele Bedienstete der LOK nutzten die Gelegenheit, sich konstruktiv in die Untersuchung einzubringen. Die hohe Beteiligung an der Fragebogenaktion zeigt, wie stark alle an der Optimierung der Aufgabenerledigung interessiert sind. Insgesamt wurden ausgesprochen positive Wertungen zur Arbeitssituation abgegeben.
Der Rechnungshof rät, die Aufgabenerledigung stärker als bisher mit Kennzahlen zu steuern und über Benchmarkingprozesse einen internen und länderübergreifenden Wettbewerb zu ermöglichen. Darüber hinaus haben die Finanzkontrolleure konkrete Vorschläge zum Wegfall arbeitsintensiver Aufgabenschritte gemacht und einen deutlichen Personalabbau gefordert. „Wir verkennen nicht, dass aufgrund des Altersaufbaus der Mitarbeiter und der geringen Fluktuation dieses Einsparpotenzial nicht zeitnah umgesetzt werden kann. Die aktuelle Prüfung zeigt wieder, dass dem Thema freiwerdender Personalressourcen innerhalb der Landesverwaltung mehr Beachtung geschenkt werden muss. Das Land sollte dringend Überlegungen zur Einrichtung eines Stellenspools bzw. einer landesinternen Jobbörse anstellen, um diese Entwicklung aufzufangen und weiterhin einen Einstellungskorridor für die jüngere Generation erhalten zu können. In Betracht kommt darüber hinaus die Unterstützung bei der Suche nach einem anderen Arbeitgeber. Dieses verstärkte Konzerndenken hatte der Rechnungshof bereits 1998 gefordert. Bisher ist hier zu wenig geschehen“, so Direktor bei Rechnungshof Prof. Dr. Kiefer.