Rechnungshof fordert mehr Wettbewerb bei der Vergabe von Gutachten
- Die Ministerien des Landes haben in den letzten vier Jahren 22 Mio. € für externe Beratungsleistungen ausgegeben.
- 80% der Gutachtenaufträge wurden freihändig und ohne ein Vergleichsangebot vergeben.
- Der Rechnungshof spricht Empfehlungen zur künftigen Vergabepraxis aus und regt an, die Mittel für externe Beratungsleistungen pauschal zu kürzen
Karlsruhe/Stuttgart: Der Rechnungshof Baden-Württemberg sieht einen erheblichen Verbesserungsbedarf bei der Praxis der Vergabe von Gutachten durch die Ministerien des Landes. Die Karlsruher Finanzkontrolleure fordern die Ministerien auf, sowohl die Notwendigkeit einer externen Beratung eingehender zu prüfen, als auch die Verfahren zur Auswahl der einzelnen Gutachter transparenter zu gestalten und dabei mehr Wettbewerb herzustellen. „Da die meisten Beratungsaufträge freihändig und ohne ein vorheriges Vergleichsangebot erteilt wurden, konnte die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Aufträge mangels Wettbewerb kaum beurteilt werden,“ rügen die Finanzkontrolleure die Praxis der Ministerien. Die festgestellten Mängel sowie konkrete Empfehlungen zu deren Behebung sind Gegenstand einer Beratenden Äußerung, die der Rechnungshof heute dem Landtag und der Landesregierung vorlegte.
Der Rechnungshof hat bei den Ministerien eine Querschnittsuntersuchung durchgeführt. Danach haben die Landesministerien zwischen Anfang 2000 und April 2004 insgesamt 336 Gutachtenaufträge an externe Dienstleister mit einem Volumen von 22 Mio. € vergeben. Beratungsleistungen bezüglich Bauleistungen, IuK-Technik sowie der Einführung der Neuen Steuerungsinstrumente wurden nicht in die Untersuchung einbezogen.
Die Kritik der Finanzkontrolleure an der Praxis der Ministerien bezieht sich insbesondere auf die Notwendigkeit vieler Beraterverträge, auf die Auswahlverfahren der einzelnen Gutachter sowie auf die organisatorische Durchführung der Auftragsvergaben.
Die Notwendigkeit externer Beratung wurde nach Ansicht der Kontrollbehörde nicht immer hinreichend geprüft und dokumentiert. In 94 % der Fälle gaben die Ministerien fehlendes Personal und mangelnde Fachkenntnisse als Grund für die Hinzuziehung externer Berater an. In der täglichen Arbeitspraxis hat die Verwaltung die ihr zugewiesenen Aufgaben mit dem verfügbaren Personal zu bewältigen. Der Rechnungshof verkennt nicht, dass insbesondere neue oder komplexe Fragestellungen die Ministerien bei knapper werdenden personellen Ressourcen vor besondere Herausforderungen stellen. Gleichwohl sind fachliche Expertisen und Untersuchungen in der Regel keine einmalig anfallenden, sondern typische und originäre Aufgaben der Fachreferate der Ministerien. Hierzu gehört auch die Bereitschaft und Fähigkeit, sich mit neuen und komplexen Sachverhalten auseinander zu setzen. Zudem wurde nur in wenigen Fällen die geplante externe Vergabe vorab mit anderen Ministerien mit dem Ziel abgestimmt, bereits vorliegende Daten oder Erkenntnisse nicht noch einmal erheben zu müssen.
Rückblickend konnten nach Angaben der Ressorts die Erkenntnisse aus 192 Gutachten vollständig umgesetzt werden. Dies entspricht einer Quote von rd. 57 %. Die Ergebnisse von 44 Gutachten (rd. 13 %) konnten wenigstens teilweise, bei 33 Gutachtensvergaben (rd. 10 %) konnten die Ergebnisse überhaupt nicht verwertet erden. In 67 Fällen (20 %) sind die Projekte noch nicht endgültig umgesetzt, sodass eine abschließende Bewertung noch nicht möglich ist.
Hinsichtlich der Auswahl der externen Dienstleister sieht das Vergaberecht zur Verwirklichung des Wettbewerbsgrundsatzes vor, dass die öffentliche Hand ihren Bedarf in der Regel in einem öffentlichen, transparenten Verfahren bekannt gibt und entsprechende Dienstleister zur Abgabe eines konkreten Angebots mit dem Ziel auffordert, dem günstigsten Anbieter den Zuschlag zu erteilen. Daneben fordert das Wirtschaftlichkeitsgebot des Haushaltsrechts, Vergleiche im Wettbewerb anzustellen, bevor ein Beratungsvertrag abgeschlossen wird. Nach Ansicht der Finanzkontrolleure wurden diese Regeln durch die Vergabepraxis der Ministerien nicht ausreichend beachtet. Lediglich 35 der 336 Gutachtenaufträge wurden im Wege einer Öffentlichen bzw. Beschr Ausschreibung vergeben. 275 Gutachten (rd. 82 %) wurden hingegen freihändig und ohne jegliches Vergleichsangebot in Auftrag gegeben.
Kritisch sehen die Finanzkontrolleure zudem, dass die organisatorische Durchführung der Vergabeverfahren bisher überwiegend in den Fachreferaten selbst erfolgt, obwohl dies nicht zu deren originären Aufgaben gehört. Hierdurch werden fachliche Ressourcen gebunden, und Spezialwissen muss an zu vielen Stellen vorgehalten werden.
Aufgrund der Ergebnisse der Erhebungen empfiehlt der Rechnungshof, künftig externe Gutachter weniger häufig in Anspruch zu nehmen, die eigenen Erkenntnismöglichkeiten umfassender zu berücksichtigen und alle Alternativen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu vergleichen. Aufträge an externe Berater sollten in der Regel im Wege öffentlicher Ausschreibung vergeben werden. Sofern die Natur der Leistung oder besondere Umstände Ausnahmen von dieser Regel zulassen oder fordern, sollten die Ministerien zumindest Vergleichsangebote im Wettbewerb einholen. Damit ein unnötiger Einsatz externer Beratungsleistungen vermieden wird und die Ergebnisse auch anderen Bereichen der Landesverwaltung zur Verfügung stehen, empfiehlt der Rechnungshof, die gewonnenen Erkenntnisse ressortübergreifend bereitzustellen. Aus Gründen der Transparenz und der Überprüfbarkeit sollten Verfahrensschritte und Entscheidungen schriftlich festgehalten werden. Damit die Verwaltung diesen Forderungen nachkommen kann, empfiehlt der Rechnungshof die Erarbeitung einer Checkliste mit den wesentlichen Punkten, die bei einer Vergabe von Beratungsdienstleistungen zu beachten sind.
Die Ministerien beabsichtigen, viele der Empfehlungen zeitnah umzusetzen. Für die Gutachtenvergaben sollen die Zuständigkeiten zwischen den Fach- und den Querschnittsreferaten klar geregelt werden. Hierdurch sollen die Vergabe und der Umgang mit externen Dienstleistern erheblich effizienter werden; auch können so Kenntnisse über das Vergabeverfahren im Ministerium gebündelt werden.
Abschließend schlägt der Rechnungshof vor, die Ausgaben für externe Dienstleistungen im Haushalt künftig transparenter darzustellen und die bisher für Beratungen verausgabten Mittel pauschal um 20 % bis 30 % zu kürzen. Damit würde das Parlament der Umsetzung der Empfehlungen zusätzlichen Nachdruck verleihen.