Rechnungshof fordert, die Landesbeteiligungen an den Staatsbädern aufzugeben

  • Das finanzielle Engagement des Landes bei den Heilbädern Baden-Baden, Bad Wildbad, Bad Mergentheim und Badenweiler belastet den Landeshaushalt mit 20 Mio. € im Jahr
  •  Der Betrieb von Heilbädern ist keine Aufgabe des Landes
  • Das Land trägt zu Wettbewerbsverzerrungen im Bäderland Baden-Württemberg bei

Karlsruhe/Stuttgart: Der Rechnungshof hat heute der Landesregierung und dem Landtag seine Beratende Äußerung „Die BKV - Bäder- und Kurverwaltung Baden-Württemberg und ihre Beteiligungen an Bäder- und Kurunternehmen“ vorgestellt. Dort geht der Rechnungshof der Frage nach, ob die jährliche Belastung des Landeshaushalts mit durchschnittlich 10 Mio. € für Unterhalts- und Investitionskosten für die Staatsbäder und weiteren 10 Mio. € zur Unterstützung der Stadt Baden-Baden gerechtfertigt ist. „Aufgrund der Prüfung kommen wir zu der Überzeugung, dass die BKV mit Sitz in Baden-Baden keine Existenzberechtigung mehr hat und dass kein wichtiges Interesse Baden-Württembergs an einer Beteiligung des Landes an den Heilbädern Bad Wildbad, Bad Mergentheim und Badenweiler besteht. Die finanzielle Unterstützung einzelner Bäder in Baden-Württemberg durch das Land führt auch zu einer Wettbewerbsverzerrung zulasten kommunaler oder privater Bäder. Das Land sollte daher seine Beteiligungen an den Bäder- und Kurunternehmen aufgeben,“ schlägt der Präsident des Rechnungshofs, Martin Frank, vor.

Die Untersuchung befasst sich vorrangig mit der BKV - Bäder- und Kurverwaltung Baden-Württemberg, einer Anstalt des öffentlichen Rechts, die zu 100 % dem Land gehört. Die BKV betreibt das Kurhaus in Baden-Baden und vermietet dessen Casino-Räume an das landeseigene Spielbankunternehmen. Daneben verpachtet sie in Baden-Baden die beiden Thermen und Tiefgaragen. Ein Großteil dieser Objekte hat sie ihrerseits vom Land gepachtet. Die BKV hält daneben Beteiligungen an den Bäder- und Kurunternehmen in Bad Wildbad (Beteiligungsquote des Landes 100 %), Bad Mergentheim (33 %) und Badenweiler (25 %) sowie an einem Reisebüro in Baden-Baden. Sie nimmt durchweg Aufgaben wahr, die in gleicher Weise von Privatunternehmen erledigt werden können: Der Betrieb des Kurhauses Baden-Baden, eines hochklassigen Veranstaltungsgebäudes, ist ebenso wenig eine Landesaufgabe wie die An- und Weiterverpachtung der beiden Thermen in Baden-Baden, die Verpachtung von Tiefgaragen oder die Beteiligung an einem Reisebüro.

Die Finanzkontrolleure empfehlen, dass sich das Land zumindest mittelfristig von seinen Geschäftsanteilen an den Bäder- und Kurunternehmen in Bad Wildbad, Bad Mergentheim und Badenweiler trennt. Die Unternehmen leiden - wie viele der fast 60 Heilbäder und Kurorte im traditionellen Bäderland Baden-Württemberg - unter erheblichem Gästeschwund. Ihre wirtschaftliche Entwicklung ist von dauernd hohen Verlusten geprägt, und das Land muss deshalb ständig Kapital zuführen. So wendet das Land für die Bäder (einschließlich der Baden-Badener Thermen) jährlich rund 10 Mio. € für Unterhalts- und Investitionskosten auf.

Tradition statt einer wirtschaftlich vernünftigen Sparsamkeit bestimmt oft noch das Handeln der Bäder- und Kurunternehmen. Zum Beispiel geben sie für ihre Kurorchester jährlich unterschiedlich hohe Summen aus: Kommt eines der Bäder mit 100.000 € zurecht, so benötigt ein anderes 200.000 € und das dritte sogar 300.000 €. Bei einem der Unternehmen kostet die Tageskarte für das Thermalbad einschließlich Dampfbad und Sauna für Kurgäste einen eher symbolischen Preis von nur 3,25 €.

Hinzu kommt, dass den landesbeteiligten Bäder- und Kurunternehmen viele weitere, von Kommunen und Privatunternehmen betriebene Heilbäder gegenüberstehen. Dieser Umstand macht deutlich, dass es für den Betrieb eines Heilbads eines gesellschaftsrechtlichen Engagements des Landes nicht bedarf. Dies gilt umso mehr, als die Heilbäder Badenweiler, Bad Mergentheim und Bad Wildbad chronisch defizitär sind und deswegen vom Land hohe Kapitalzuführungen erhalten. Damit trägt das Land dazu bei, den Wettbewerb zulasten der kommunalen und privaten Heilbäder zu verzerren.

Die BKV sollte daher als Konsequenz aufgelöst und ihre Aktivitäten kommunalisiert bzw. privatisiert werden. „Ein Rückzug des Landes wäre nicht nur ordnungspolitisch eine saubere Lösung, vielmehr könnten dadurch auch erhebliche finanzielle Mittel eingespart und künftige Landeshaushalte entlastet werden“, erklärte hierzu Martin Frank.

Der Rechnungshof befasst sich daneben mit einer Finanzvereinbarung zwischen dem Land und der Stadt Baden-Baden aus dem Jahr 1995, die nach einer zwischenzeitlichen Verlängerung bis Ende 2010 läuft. Sie steht im Zusammenhang mit einer Strukturreform in Baden-Baden in den Neunziger Jahren, die unter anderem das Ausscheiden der Stadt aus der zuvor vom Land und der Stadt gemeinsam getragenen BKV zur Folge hatte. Aufgrund dieser Vereinbarung zahlt das Land jährlich rund 10 Mio. € an die Stadt. Die Finanzkontrollbehörde spricht sich dafür aus, diese Vereinbarung zu überprüfen. Spätestens nach Ablauf der Vereinbarung sollte das Land die finanzielle Förderung der Stadt Baden-Baden deutlich zurückführen.

„Der Rechnungshof ist sich darüber im Klaren, dass seine Empfehlungen zum Rückzug aus der BKV und den Bäderbeteiligungen nicht leicht umsetzbar sein werden. Es ist aber nicht vertretbar, den hohen Aufwand des Landes für diesen Bereich als unabänderlich hinzunehmen und so eine hohe Belastung auch künftiger Landeshaushalte zu akzeptieren,“ fasst Frank das Prüfergebnis seiner Behörde zusammen.