Rechnungshof: Finanzämter dürfen Kirchenabgeltungsteuer nicht als Sonderausgabe berücksichtigen
- Vier von fünf Steuerbescheiden waren insoweit fehlerhaft
- Mehr als 5 Mio. Euro Steuerausfälle für das Jahr 2011
Karlsruhe/Stuttgart: Einkommensteuererklärungen, in denen die Bürger ihre gezahlte Kirchensteuer als Sonderausgabe geltend machen, müssen von den Finanzämtern sorgfältiger geprüft werden, fordert der Rechnungshof Baden-Württemberg. Dies gilt insbesondere, wenn die Bürger Kapitalerträge erzielt haben, die der Abgeltungsteuer unterliegen. Denn die Kirchensteuer auf diese Erträge – die sogenannte Kirchenabgeltungsteuer – ist nicht als Sonderausgabe abzugsfähig. Grund für das Abzugsverbot ist, dass die Einkommensteuer in solchen Fällen nach einer speziellen Tarifformel berechnet wird. Bei Kirchensteuerpflicht berücksichtigt die Formel die Wirkung des Sonderausgabenabzugs bereits durch einen reduzierten Einkommensteuersatz. Trotzdem haben die Finanzämter des Landes in mehr als 80 Prozent solcher Steuerfälle die Kirchenabgeltungsteuer als Sonderausgabe anerkannt. Wie der Rechnungshof in seiner diesjährigen Denkschrift berichtet, führten die Fehler der Finanzämter allein 2011 zu Steuerausfällen von mindestens 5 Mio. Euro. Sollte es den Finanzämtern nicht gelingen, die aufgezeigten Mängel abzustellen, drohen auch weiterhin jährliche Steuerausfälle in Millionenhöhe.
Der Rechnungshof fordert, die IT-Unterstützung der Finanzämter deutlich zu verbessern sowie die Steuerbeamten gezielt fortzubilden. Die bisherige Arbeitsweise der Finanzämter in solchen Fällen ist vielfach sehr zeitaufwendig und fehlerträchtig. Die Bediensteten müssen die abzugsfähigen Kirchensteuerbeträge derzeit noch in vielen Arbeitsschritten selbst ermitteln.
Die Ergebnisse der Finanzkontrolle beruhen auf einer Untersuchung von mehr als 500 zufällig ausgewählten Steuerfällen.