Rechnungshof: Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bringen keine fiskalischen Erträge
- Vermieteter Wohnraum wird im Gegensatz zu selbst genutztem Wohnraum weiterhin steuerlich begünstigt
- Vorschlag zur Rechtsänderung: Verluste aus Vermietungsobjekten sollen nicht mehr mit anderen Einkünften verrechnet werden können
Karlsruhe/Stuttgart: Der Rechnungshof hat heute der Landesregierung und dem Landtag seine Beratende Äußerung „Die einkommensteuerliche Bedeutung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung“ vorgelegt. Die Finanzkontrolleure stellten fest, dass in den Jahren 2001 bis 2003 in Baden-Württemberg mit der Vermietung und Verpachtung bebauter Grundstücke Verluste in Höhe von 2,6 Mrd. € erzielt wurden. Diese Verluste führten im genannten Zeitraum zu einer Verringerung der festgesetzten Einkommensteuer in Höhe von 1,5 Mrd. €. „Wenn man dieses fiskalisch unbefriedigende Ergebnis vermeiden will, muss man das Einkommensteuerrecht ändern“, erklärt der Präsident des Rechnungshofs, Martin Frank, hierzu.
Wie die vom Rechnungshof für die Folgezeit entwickelten Prognosen zeigen, wird vermieteter Wohnraum im Gegensatz zu selbst genutztem Wohnraum weiterhin steuerlich begünstigt. Dies stehe im Widerspruch zu Absichtsbekundungen des Gesetzgebers: Mit der Abschaffung der degressiven Abschreibung zum 1. Januar 2006 sollte die steuerliche Begünstigung vermieteten Wohnraums aufgehoben werden. Die Abschaffung der Eigenheimzulage zum selben Stichtag wurde nicht zuletzt mit der Gleichbehandlung von selbst genutztem und vermietetem Wohnraum begründet. Wollte der Gesetzgeber die private Vermögensbildung in Form von selbst genutztem Wohnraum einerseits und von vermietetem Wohnraum andererseits vergleichbar behandeln, müssten die gesetzlichen Regelungen zu der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung grundlegend überdacht werden.
Nach heutiger Rechtslage ist es möglich, Verluste aus einem vermieteten Objekt mit anderen - positiven - Einkünften zu verrechnen und dadurch das zu versteuernde Einkommen zu verringern. Diese Möglichkeit sollte, so der Rechnungshof, eingeschränkt werden. Die von der Kontrollbehörde durchgeführten Überschussprognosen zeigten, dass bei der Vermietung von Ein-, Zwei- und Mehrfamilienhäusern erstmals im 17. Jahr nach der entgeltlichen Anschaffung oder Herstellung mit positiven Einkünften und damit mit Steuereinnahmen aus diesen Einkünften gerechnet werden kann. Bei Eigentumswohnungen wird dieser Punkt noch später, nämlich erst im 20. Jahr erreicht. Nach den Modellrechnungen aus der Prüfung von mehr als 4.300 Steuerfällen ist bei Wohnhäusern ab dem 29. Jahr, bei Eigentumswohnungen ab dem 42. Jahr erstmals zu erwarten, dass die Einnahmen über den Werbungskosten aus diesem Zeitraum liegen. Liegt ein Totalüberschuss vor, ist dies jedoch noch nicht gleichbedeutend damit, dass sich die Vermietungseinkünfte für die öffentlichen Haushalte bereits als lohnend erweisen. Bezieht man in die Überlegung noch eine kalkulatorische Verzinsung der Steuermindereinnahmen mit ein, verlängern sich diese Zeiträume bei den Wohnhäusern auf 48 Jahre und bei den Eigentumswohnungen auf 106 Jahre. Kommt es allerdings während dieser vielen Jahre zu einem Verkauf des Objekts, so rückt die Erreichung der Gewinnzone für den Fiskus erneut in weite Ferne.
Die derzeitige Handhabung der Verluste aus Vermietung und Verpachtung sieht der Rechnungshof im Widerspruch zum Hauptzweck der Einkommensbesteuerung, nämlich Einkünfte für den Fiskus zu erzielen. Der Rechnungshof hält es für erforderlich, dass der Steuergesetzgeber diesen - jetzt empirisch untermauerten - Widerspruch stärker als bisher ins Blickfeld rückt und gegebenenfalls Konsequenzen zieht.
Die Einführung einer objektbezogenen Verlustabzugsbeschränkung könnte nach Ansicht des Rechnungshofs ein geeignetes Mittel sein. Dies würde bedeuten, dass Verluste eines bestimmten Vermietungsobjekts lediglich mit positiven Einkünften aus diesem Vermietungsobjekt verrechnet werden könnten. Ein Vermietungsobjekt bliebe damit steuerneutral, solange das Objekt per saldo zu Verlusten führt. Die öffentlichen Haushalte müssten nicht mehr jahrelang finanziell durch Steuererstattungen in Vorleistung treten. Nach den Untersuchungsergebnissen des Rechnungshofs dürfte die Steuerpflicht häufig erst nach vielen Jahren eintreten.
Als schwächere Lösung schlägt der Rechnungshof vor, die bisherige 10-Jahres-Frist, nach deren Ablauf private Grundstücksveräußerungen steuerfrei sind, abzuschaffen oder jedenfalls deutlich zu verlängern.
„Wir verkennen nicht, dass die Umsetzung unserer Vorschläge Auswirkungen auf die Bauwirtschaft und den Wohnungsmarkt haben könnte. Sollten unerwünschte Effekte, etwa Anstieg der Wohnungsmieten, eintreten, könnte der Gesetzgeber mit bedarfsorientierten direkten Subventionen reagieren. Das Steuerrecht ist hierzu der falsche Weg“, so Martin Frank.