Rechnungshof deckt Missmanagement in der Stiftung Orthopädie auf

  • Missmanagement führte zu vermeidbaren Kosten von mindestens 1,2 Mio. € 
  • Interessenkollisionen wurden geduldet und Grundregeln des Vergaberechts missachtet 
  • Der Aufsichtsrat ist seiner Überwachungspflicht nicht gerecht geworden 

Karlsruhe/Stuttgart: „Aus der mangelhaften Arbeit weniger Bediensteter in leitender Funktion ergaben sich erhebliche finanzielle Nachteile für die Orthopädie Heidelberg, die sich nach Berechnungen unserer Prüfer auf mindestens 1,2 Mio. € belaufen“, so Martin Frank, der Präsident des Rechnungshofs Baden-Württemberg, vor Journalisten bei der Vorstellung der Denkschrift 2008 in Stuttgart.

Die Orthopädie Heidelberg untersteht als Stiftung des öffentlichen Rechts der Aufsicht des Landes. Die Finanzkontrolleure deckten gravierende Mängel in der Geschäftsführung auf. Insbesondere die unvorteilhafte Ausgestaltung von Verträgen führte zu erheblichen finanziellen Nachteilen. So entstand beispielsweise durch den verspäteten Vertragsabschluss für physiotherapeutische Leistungen mit den Krankenkassen ein Schaden von 138.000 €, der erst auf Forderung des Rechnungshofs gegenüber der Haftpflichtversicherung geltend gemacht wurde. In einem anderen Fall musste die Orthopädie wegen der unberechtigten Kündigung eines Vertrages über Waschleistungen für Schadensersatz, Anwalts- und Gerichtsgebühren insgesamt 226.000 € zahlen.

Bei der Essensversorgung wurde zwischen Patienten, Mitarbeitern und Ärzten unterschieden. Aufgrund der nicht nachvollziehbaren Differenzierung wurden unnötigerweise 145.000 € ausgegeben. Eine Gruppe von Mitarbeitern wurde zulasten des Kantinenbetriebs kostenlos mit Kaffee, Tee und Suppen versorgt. Auch die Belegung der Personalunterkünfte wurde nicht ausreichend überwacht. Vereinzelt wurden dort Privatpersonen ohne Kostenerstattung untergebracht.

Die Rechnungsprüfer stellten außerdem fest, dass regelmäßig Vergabevorschriften missachtet und offensichtliche Interessenkollisionen bei Auftragsvergaben hingenommen wurden. So erhielten beispielsweise Familienangehörige des für die Abrechnung von Behandlungsleistungen zuständigen Abteilungsleiters Aufträge zur Leistungsabrechnung für das Unternehmen. In einem anderen Fall wurde einem Ingenieurbüro, dem in der Orthopädie die Leitung der Abteilung Technik übertragen war, durch einen Zusatzvertrag das Recht eingeräumt, selbst Ingenieurleistungen für die Stiftung zu erbringen. Die vom Rechnungshof geprüften Leistungen hatten ein Volumen von mehr als 1 Mio. €. Sie wurden ohne vorherige Ausschreibung erbracht und waren nicht durch entsprechende Nachweise belegt, teilweise wurden sie außerhalb des üblichen Gebührenrahmens vergütet. Die systematischen Verstöße gegen Vorschriften des Vergaberechts lassen auch in den übrigen Fällen Zweifel aufkommen, ob jeweils die wirtschaftlichste Lösung realisiert worden ist.

Den Finanzkontrolleuren fiel auf, dass die Geschäftsabläufe so mangelhaft organisiert waren, dass eine rechtzeitige und vollständige Information von Geschäftsleitung und Aufsichtsrat kaum möglich war. Erschwerend kam hinzu, dass die Interne Revision vom kaufmännischen Geschäftsführer abgeschafft worden war.

Die inneren und äußeren Kontrollmechanismen bei der Orthopädie Heidelberg müssen daher neu ausgerichtet werden. Der Rechnungshof hat dazu Vorschläge zur Optimierung erarbeitet, u. a. für die Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und Geschäftsführung, für die Prüfung durch einen externen Abschlussprüfer und für die Interne Revision. Dazu zählen vor allem die Erstellung einer Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat und die Modifizierung der Satzung bezüglich seiner Zuständigkeiten. Außerdem sollten Wertgrenzen für zustimmungspflichtige Geschäfte festgelegt werden.

Die Stiftung und das Wissenschaftsministerium wollen die Vorschläge des Rechnungshofs weitestgehend umsetzen. Sie haben erste Schritte zu einer Optimierung der Betriebsabläufe in Form von Geschäftsordnungen und klaren Zuständigkeitsregelungen innerhalb des administrativen Bereichs unternommen. Gleiches gilt für Maßnahmen zur Verbesserung der Kostensituation. Inzwischen wurde dem Universitätsklinikum Heidelberg die Zuständigkeit für die Interne Revision übertragen. Außerdem haben die für das Missmanagement verantwortlichen Bediensteten die Orthopädie verlassen, und es wurde die Geschäftsführung des Unternehmens mit Wirkung vom 01.01.2008 auf das Universitätsklinikum übertragen. Das Ministerium strebt an, die Orthopädie zum 01.01.2009 in das Universitätsklinikum einzugliedern.

Die Staatsanwaltschaft hat auf Anregung des Wissenschaftsministeriums ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.