Rechnungshof: Das Land muss mit weniger Personal auskommen

  • Abbau von 17.000 kw-Stellen konsequent vollziehen
  • Beseitigung des strukturellen Defizits erfordert zusätzlich Stellenstreichungen in erheblichem Umfang

Karlsruhe/Stuttgart: Der Finanzplan 2020, den die Landesregierung vor Kurzem beschlossen hat, ist aus der Sicht des Rechnungshofs nicht aussagekräftig und detailliert genug. Er beschreibt lediglich den rechnerischen Einsparbetrag, der erforderlich ist, um bis 2020 die im Grundgesetz festgelegte Schuldenbremse einhalten zu können. Diese rein rechnerische Betrachtung ist zwar wichtig, aber nur der erste, leichte Schritt. Es fehlt der zweite, der ungleich schwierigere Schritt: Die Landesregierung muss sagen, wo, wann und wie konkret gespart werden soll. Dies müssen nun spätestens die für Herbst angekündigten Orientierungspläne aufzeigen.

Die Einnahmen des Landes haben in der Vergangenheit mit wenigen Ausnahmen nicht dazu gereicht, die Ausgaben ohne neue Schulden decken zu können. Dadurch hat sich ein strukturelles Haushaltsdefizit entwickelt, dessen Beseitigung im Hinblick auf die Schuldenbremse des Grundgesetzes bis spätestens Ende 2019 abgeschlossen sein muss. Trotz des seit Jahren bekannten Konsolidierungsbedarfs hat das Land Baden-Württemberg seine Ausgaben im Zeitraum von 2003 bis 2014 um nahezu 10 Milliarden Euro gesteigert. Ausgaben von 31,5 Milliarden Euro in 2003 stehen geplante Ausgaben von 41,3 Milliarden Euro für das Jahr 2014 gegenüber. Die Steigerung entspricht somit nominell in etwa einem Drittel des gesamten Haushaltsvolumens. Im selben Zeitraum erhöhten sich die Steuereinnahmen um einen vergleichbaren Wert. Von 22,2 Milliarden Euro in 2003 sollen sie bis 2014 auf 31,4 Milliarden Euro ansteigen. Dies zeigt: Die überwiegend positive Entwicklung der Steuereinnahmen in den letzten zehn Jahren wurde nicht zur Konsolidierung genutzt, sondern für zusätzliche Ausgaben konsumiert.

Bei der notwendigen Konsolidierung des Landeshaushalts nehmen die Personalausgaben eine Schlüsselrolle ein. Ein strukturell ausgeglichener Landeshaushalt ist nur dann zu erreichen, wenn in erheblichem Umfang Stellen abgebaut werden. Das Land beabsichtigt seit vielen Jahren, seinen Personalbestand zu reduzieren - bislang ohne Erfolg. Seit 2008 sind vielmehr 2.800 neue Stellen entstanden, von denen zumindest 1.600 auch über 2014 hinaus Bestand haben. Hinzu kommen 2.700 Stellen bei neuen Landesbetrieben und dem KIT, die nicht mehr im Stellenplan ausgewiesen werden. Gleichzeitig wächst auch die Zahl der Stellen, die im Staatshaushaltsplan als künftig wegfallend gekennzeichnet (sog. kw-Stellen) und folglich nicht dauerhaft finanziert sind. Seit 2008 wurden stets mehr als 11.000 kw-Stellen ausgewiesen. Im Staatshaushaltsplan 2014 sind es nun sogar 17.000 kw-Stellen.

Nach dem Finanzplan 2020 sollen bis zum Ende des Jahrzehnts die jährlichen Ausgaben um 1,4 Milliarden Euro strukturell gekürzt werden. Dies bedeutet, dass ab 2014 jedes Jahr 230 Millionen Euro zusätzlich und dauerhaft eingespart werden müssen. Der Finanzplan rechnet außerdem ab 2015 mit jährlichen Mehreinnahmen von 400 Millionen Euro durch Steuererhöhungen, die der Bund beschließen müsste. Diese Steuererhöhungen sind keineswegs sicher, weil das Land sie nicht beschließen kann und niemand weiß, ob der Bund dies tun wird. Kommen diese Steuererhöhungen nicht, betrüge das strukturelle Defizit weiterhin 1,8 Milliarden Euro, und es müssten bis 2020 jährlich sogar 300 Millionen Euro zusätzlich und dauerhaft eingespart werden.

Der Finanzplan lässt offen, wie die Einsparungen erbracht werden sollen. Konkrete Antworten sollen erst die sogenannten Orientierungspläne geben, die bis Herbst für die einzelnen Ressorts vorgelegt und in einem Nachtragshaushalt 2014 für verbindlich erklärt werden sollen. Um die Größenordnungen deutlich zu machen, hat der Rechnungshof beispielhaft berechnet, was die Einsparverpflichtungen konkret bedeuten könnten. Angesichts eines im Finanzplan ausgewiesenen Personalkostenanteils des Landeshaushalts von 45 Prozent wurde dabei zugrunde gelegt, dass die Einsparungen zur Hälfte über Stellenstreichungen erbracht werden. Geht man auf dieser Grundlage mit der Landesregierung von einem Einsparbedarf von (nur) 1,4 Milliarden Euro aus, müssten ab 2014 jährlich 2.200 Stellen gestrichen werden - und zwar zusätzlich zu den schon im Haushalt als künftig wegfallend ausgewiesenen Stellen. Konkret bedeutet dies, dass zunächst nicht nur die angekündigten 11.600 Lehrerstellen wegfallen müssen, sondern darüber hinaus noch 5.000 weitere kw-Stellen. Darauf aufbauend müssen nach der Modellrechnung des Rechnungshofs bis 2020 zusätzlich rund 13.000 Stellen eingespart werden, um die im Finanzplan vorgesehenen Kürzungen erbringen zu können. Und selbst dann erreicht man einen strukturell ausgeglichenen Haushalt nur, wenn anderweitig noch 700 Millionen Euro dauerhaft eingespart und ab 2015 400 Millionen Euro Steuermehreinnahmen erzielt werden.

Max Munding, Präsident des Rechnungshofs, sagt zu diesen Zahlen bei der Vorstellung der Denkschrift 2013 in Stuttgart: „Die Personaleinsparungen des Landes stehen bislang viel zu häufig nur auf dem Papier. Um den Vorgaben der Schuldenbremse im Grundgesetz gerecht zu werden, müssen nach Ansicht des Rechnungshofs bis 2020 insgesamt nahezu 30.000 Stellen gestrichen werden. Die erklärte Absicht der Landesregierung, in den kommenden Jahren 11.600 Lehrerstellen nicht nachzubesetzen, kann nur ein Anfang sein. Weitere Stelleneinsparungen müssen folgen. Das Land muss mit viel weniger Personal auskommen, und das nicht erst in ferner Zukunft. Personalreduktionen gelingen nicht von heute auf morgen, und 2020 ist näher als viele wahrhaben wollen.“