Rechnungshof: Das Land muss den sicheren Betrieb seiner IT-Systeme auch über 2025 hinaus gewährleisten und sollte hierzu stärker auf Open-Source-Software setzen
- IT-Anbieter bieten Dienstleistungen zunehmend nur noch in eigenen Cloud-Umgebungen an. Davon ist auch die Bürokommunikation in der Landesverwaltung betroffen.
- Um die Hoheit über seine Daten zu gewährleisten und die Anforderungen des Datenschutzes zu erfüllen, sollte das Land die Abhängigkeiten von IT-Anbietern reduzieren.
- Die Landesverwaltung braucht rasch ein Konzept für den künftigen Standardarbeitsplatz, das auch zu integrierende Fachverfahren umfasst.
Karlsruhe/Stuttgart: Die Bürokommunikation in der Landesverwaltung basiert in hohem Maße auf Produkten von Microsoft. Dies gilt auch für den sogenannten „Standardarbeitsplatz“, der als Bürokommunikationsumgebung bei rund 75.000 Arbeitsplätzen in den Landesbehörden genutzt wird bzw. genutzt werden soll. Der Support für die aktuell eingesetzten Microsoft-Produkte läuft im Oktober 2025 aus. Die Nachfolgeprodukte sollen dann nur noch über die Cloud des Herstellers zur Verfügung stehen.
Damit stellen sich wesentliche Fragen für die künftige Gestaltung des Standardarbeitsplatzes. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist der Transfer sensibler Daten zu Rechenzentren, die den US-amerikanischen Standards unterliegen, praktisch unvereinbar mit den Anforderungen des europäischen Datenschutzes.
Neben Aspekten des Datenschutzes spielt auch die Abhängigkeit von einzelnen Herstellern eine Rolle. Im Sinne einer „Digitalen Souveränität“ sollten diese möglichst verringert werden, um die Hoheit über die eigenen Daten zu stärken bzw. zu sichern und nicht externen Dienstleistern zu überlassen.
Das Land steht vor der Entscheidung, wie die Bürokommunikation nach 2025 gestaltet sein soll. Für eine Stärkung der Datensouveränität und des Datenschutzes kommt hierbei die Umstellung des Standardarbeitsplatzes auf Open-Source-Software in Betracht. Im Herbst 2021 formulierten mehrere CIO der Länder und des Bundes, darunter auch der CIO des Landes Baden-Württemberg, in einer Absichtserklärung: „Die Weiterentwicklung und Bereitstellung des Souveränen Arbeitsplatzes sollen perspektivisch über die O[pen]S[ource]-Plattform erfolgen und der Arbeitsplatz als Service der Deutschen Verwaltungscloud angeboten werden.“
Die Deutsche Verwaltungscloud soll in Rechenzentren der öffentlichen Verwaltungen von Bund, Ländern und Kommunen betrieben werden und somit die technische Souveränität als Grundlage für die Datensouveränität liefern. Die Landesoberbehörde IT Baden-Württemberg (BITBW) bietet bereits Cloud-Technologien an, um Daten verarbeiten und IT-Verfahren bzw. IT-Dienste zur Verfügung stellen zu können.
Mit Blick auf den nur noch kurzen Zeitraum bis Oktober 2025 besteht dringender Handlungsbedarf, die Zukunft des Standardarbeitsplatzes zu klären und in die Wege zu leiten. Denn derart umfangreiche und anspruchsvolle IT-Projekte benötigen erfahrungsgemäß einen mehrjährigen Vorlauf. Bislang gibt es im Land zwar erste Überlegungen, wie ein Wegfall der Microsoft-Produkte kompensiert werden könnte. Eine konkrete Vorstellung, wie die Bürokommunikation der Landesverwaltung nach 2025 aussehen soll, gibt es jedoch nicht. Das Land muss sich schnellstmöglich positionieren, wie ein digitalsouveräner, datenschutzkonformer Standardarbeitsplatz sichergestellt werden kann. Dies gilt umso mehr, als über den Standardarbeitsplatz hinaus auch zahlreiche IT-Fachverfahren von einer Umstellung betroffen wären.