Rechnungshof: Ausgabendynamik stoppen

  • Trotz Nullverschuldung in 2012 steht die eigentliche Herausforderung noch bevor
  • Personalausgaben müssen begrenzt werden
  • Schuldenbremse in der Landesverfassung verankern

Karlsruhe/Stuttgart: Baden-Württemberg steht vor enormen haushaltspolitischen Herausforderungen. Das stetige Ansteigen der Ausgaben des Landes hat sich in den vergangenen Jahren in rasantem Tempo fortgesetzt. Für 2012 sind Ausgaben in Rekordhöhe von 38,85 Milliarden Euro geplant. Konnten Ausgaben in dieser Größenordnung zuletzt dank günstiger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen noch durch hohe Steuereinnahmen und die Verwendung von Rücklagen gedeckt werden, werden für die Jahre bis 2020 erhebliche Deckungslücken von jeweils 2,4 bis 2,7 Milliarden Euro prognostiziert.

Um diese Deckungslücken zu reduzieren, plant die Landesregierung gemäß der am 03.07.2012 vorgestellten Eckpunkte zum Doppelhaushalt 2013/2014 strukturelle Einsparungen von 550 Millionen Euro in 2013 und zusätzlich 250 Millionen Euro in 2014. Auch in den Folgejahren bis 2020 sollen jeweils weitere 250 Millionen Euro an strukturellen Einsparungen geleistet werden. Die Übergangsfrist des Grundgesetzes würde auf diese Weise voll ausgenutzt und die Nullverschuldung erst 2020 erreicht. Umgekehrt bedeutet dies, dass sich bis 2020 zusätzliche Schulden von mehr als sechs Milliarden Euro aufhäufen. Die Landesschulden würden sich auf insgesamt mehr als 50 Milliarden Euro erhöhen.

Vor diesem Hintergrund darf das Ziel der Nullverschuldung nicht bis weit in die nächste Legislaturperiode hinein verschoben werden. Für Max Munding, den Präsidenten des Rechnungshofs, zeigen die Zahlen: „Die Konsolidierung des Landeshaushalts steht nach wie vor noch aus. Das Land muss die Ausgaben besser in den Griff bekommen.“ Die Einnahmen des Landes haben sich seit ihrem Einbruch in 2009 schneller als erwartet wieder erholt. Derzeit könnte die stabile Konjunkturlage in Deutschland einen Sparkurs zur Konsolidierung der Ausgabenseite wirtschaftlich tragen.

Für die notwendige Sanierung des Landeshaushalts spielen die Personalausgaben eine entscheidende Rolle. Der Rechnungshof bezieht auch die Landesbetriebe in seine Berechnung der Personalausgabenquote des Landes mit ein. Demnach lag der Anteil der Personalausgaben an den Gesamtausgaben 2010 bei 42,5 Prozent. Der Landeshaushalt kann nur konsolidiert werden, wenn auch die Personalausgaben begrenzt werden. Das Land muss hierzu ein kurzfristig wirkendes Stellenabbaukonzept entwickeln, in dem es keine Tabubereiche gibt. Auch das Kultusressort muss einen Einsparbeitrag liefern. Der Rechnungshof zeigt in seiner Denkschrift auf, dass der Rückgang der Schülerzahlen in den zurückliegenden und den kommenden Jahren hierzu Gelegenheit bietet. Kein anderer Bereich der Landesverwaltung weist heute ein größeres Einsparpotenzial auf.

Der Rechnungshof begrüßt die Ankündigung der Landesregierung, sich für die Aufnahme einer Schuldenbremse in die Landesverfassung einzusetzen. Dies sollte aber nicht dazu genutzt werden, das bestehende Verschuldungsverbot in § 18 Landeshaushaltsordnung inhaltlich abzuschaffen. Vielmehr sollte es weiter entwickelt werden. Es ist ein Erfolg, dass seit Einführung dieser Norm in vier von fünf Haushaltsjahren (2008, 2009, 2011 und 2012) eine Neuverschuldung - zumindest im Haushaltsvollzug - verhindert wurde. Lediglich 2010 wurden infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise neue Schulden aufgebaut. Ziel der Verfassungsänderung sollte es nicht sein, eine weitere Neuverschuldung bis 2020 zu erleichtern und insgesamt mehr als sechs Milliarden Euro zusätzliche Schulden aufzunehmen. Ziel einer Änderung der Landesverfassung muss es sein, klare und restriktive Regeln zur Aufnahme von Schulden aufzustellen, die auch gerichtlich eingefordert werden können.

Noch wichtiger als eine Diskussion über Rechtsfragen ist es, tatsächlich mit dem Sparen zu beginnen. Das Verfahren zur Änderung der Landesverfassung sollte parallel zur Aufstellung des Doppelhaushalts für die Jahre 2013/2014 verfolgt werden. Der anstehende Doppelhaushalt wird ein klares Indiz dafür geben, ob die Änderung der Landesverfassung lediglich Zeit verschaffen soll oder einer stringenten Haushaltskonsolidierung dient.

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