Rechnungshöfe prüfen Haushalts- und Wirtschaftsführung des SWR

  • Personalstellen nicht vollständig ausgewiesen und Honorarrahmen überschritten 
  • Höhere Effektivität bei Fernsehproduktionen notwendig 
  • Höhere Erträge und geringerer Aufwand bei der Programmverbreitung möglich 
  • Verwaltungsaufwand bei der Abwicklung von Dienstreisen reduzieren 
  • Ausgaben für Repräsentation und Bewirtung zu großzügig 
  • Aufwendungen für Baumaßnahmen durch Beachtung der Standards für staatliche Gebäude verringern

Karlsruhe/Speyer/Stuttgart: Die Haushalts- und Wirtschaftsführung des SWR in den Jahren 2003 bis 2006 war Gegenstand einer gemeinsamen Prüfung der Rechnungshöfe von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Der Bericht wurde am 17.11.2008 den Landtagen und Landesregierungen der beiden Länder sowie dem Rundfunkrat, dem Verwaltungsrat und dem Intendanten des SWR vorgelegt (siehe auch Landtagsdrucksachen Baden-Württemberg 14/3570 und Rheinland-Pfalz 15/2810).

1.    Personalstellen nicht vollständig ausgewiesen und Honorarrahmen überschritten

Der gesamte personalbezogene Aufwand des SWR ist im Prüfungszeitraum (2003 bis 2006) um 3 % auf 578 Mio. € gestiegen. Sein Anteil am Gesamtaufwand entsprach zuletzt 53,4 %.

Zwischen 2003 und 2007 sank die Zahl der Planstellen um 110 auf 3.672,5 Stellen. Die Rechnungshöfe stellten fest, dass der SWR über weitere Stellen verfügt, die im Stellenplan nicht in der Gesamtsumme der Planstellen enthalten sind. Die Zahl dieser zusätzlichen Stellen stieg im gleichen Zeitraum um 32 auf 106,5 an. Damit ist die Gesamtzahl der Stellen nur um 78 zurückgegangen. 14 der neuen Stellen außerhalb des Stellenplans wurden für den Bereich ARD.de geschaffen. Dies steht im Widerspruch zu früheren Aussagen des SWR, den Bedarf hierfür aus den 50 Planstellen zu decken, auf deren Streichung im Rahmen des Stellenabbauprogramms aus der Fusion verzichtet worden war. Die Rechnungshöfe fordern den SWR auf, alle Stellen im Stellenplan auszuweisen.

Der durchschnittliche Personalaufwand für Festangestellte stieg von 63.000 € auf 65.800 €. Ausgehend von 2002 bis heute erhalten SWR-Mitarbeiter in den höheren Vergütungsgruppen eine um 3,8 % höhere Vergütung als entsprechende Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst. Der SWR sollte sich bei künftigen Tarifverhandlungen für die höheren Vergütungsgruppen stärker um maßvollere Abschlüsse bemühen.

Neben den Festangestellten beschäftigte der SWR fast 1.800 sog. feste freie Mitarbeiter auf Honorarbasis. Im Durchschnitt erhielt jeder feste freie Mitarbeiter im Jahr 2006 ein Honorar (einschließlich Sozialleistungen) von 53.000 €. Die Honorare sind seit 2003 um mehr als 6 % gestiegen.

Der SWR verfügte über keine aussagefähige Analyse der Honorarstruktur für die einzelnen Tätigkeiten der freien Mitarbeiter. Außerdem fehlte eine detaillierte Übersicht über die Anzahl der Überschreitungen des Honorarrahmens. Allein bei vier Produktionen gab es 26 Überschreitungen. Die hierfür erforderlichen Begründungen waren oft sehr allgemein gehalten.

2.    Höhere Effektivität bei Fernsehproduktionen notwendig

Bei den 18 untersuchten Produktionen waren die Kosten zu hoch veranschlagt. Die Kalkulationen waren ungenau und enthielten Schätzungen, obwohl die genauen Beträge bereits bekannt waren. SWR-interne Vorgaben für Material- und Bearbeitungskosten wurden in den Kalkulationen nicht richtig angesetzt.

Mit der Drehbuchentwicklung, Produktionssteuerung und Kostenkontrolle war die Beteiligungsgesellschaft Maran-Film GmbH beauftragt. Die Leistung der Maran war verbesserungsbedürftig. Bei einer genaueren Planung des Herstellungsprozesses hätten die Kosten der geprüften Produktionen gesenkt und die Effektivität des Produktionsbetriebs erhöht werden können.

Da Vergütungen in beträchtlicher Höhe an die Maran geleistet werden, obwohl wesentliche Aufgaben der Produktion nach wie vor beim SWR liegen, sollte er prüfen, ob die Dienstleistungen der Maran nicht wirtschaftlicher auf andere Art und Weise erbracht werden können.

3.    Höhere Erträge und geringere Aufwendungen bei der Programmverbreitung möglich

Die Hauptabteilung „Programmverbreitung/Sendertechnik“ betreute 1.182 Senderstandorte für die terrestrische Programmverbreitung. Nach der Umstellung auf die digitale Sendetechnik werden nur noch etwa 110 Standorte benötigt. Der SWR sollte klären, ob sich nicht mehr benötigte Sender anderweitig nutzen lassen. Dabei sind die Prognosen über die weitere Digitalisierung der terrestrischen Verbreitung zu berücksichtigen. Vor einem Rückbau ist insbesondere zu prüfen, ob diese Standorte geeignet sind, angemietete Sendeanlagen für die Hörfunkverbreitung zu ersetzen oder Versorgungslücken zu schließen.

Durch die Umstellung auf die digitale Sendetechnik und verschiedene von den Rechnungshöfen aufgezeigte Möglichkeiten lässt sich die Zahl der Planstellen von derzeit 158 verringern. Unter anderem regten sie an, Organisationseinheiten zu verringern und die Hauptabteilung in die Direktion „Technik und Produktion“ zu verlagern. Zudem könnte die technische und kaufmännische Bearbeitung von Mitbenutzungsanfragen in der SWR Media Services GmbH zusammengelegt werden.

Bei der Mitbenutzung der Senderstandorte durch Dritte (z. B. Mobilfunkbetreiber) lassen sich sowohl Erträge steigern als auch Aufwendungen vermindern. Das Entgelt für die kommerzielle Mitbenutzung der Sender sollte nicht mehr länger auf einem reinen Kostendeckungssystem basieren, sondern sich an Marktpreisen orientieren. Daneben muss sich der SWR künftig die Möglichkeit zur Anpassung des Entgelts bei langen Vertragslaufzeiten vorbehalten. Verträge sind so zu gestalten, dass der SWR Entgelte für die Gestattung der Mitbenutzung nur dann leistet, wenn auch eine Mitbenutzung stattfindet. Bei den mit Dritten gemeinsam genutzten Senderstandorten sollte grundsätzlich der Standortinhaber die Wartung und Entstörung für den Mitbenutzer übernehmen.

4.    Verwaltungsaufwand bei der Abwicklung von Dienstreisen reduzieren

Die Reisekosten beliefen sich im Jahr 2003 auf 15,3 Mio. €. Sie sanken zwischenzeitlich auf 12,9 Mio. €, stiegen 2006 aber wieder auf 13,8 Mio. €. Eine strenge Ausgabendisziplin ist weiterhin geboten. Reisekostenrechtliche Vorschriften sind einzuhalten.

Die Bearbeitung eines Reisekostenantrags verursachte Kosten von 10 €. Der durchschnittliche Erstattungsbetrag lag bei 97 €. Steuerungsrelevante Kennzahlen zu den Kosten der Genehmigungs- und Abrechnungsverfahren für die Reisekosten liegen bislang nicht vor, da die Gesamtkosten nicht erfasst wurden.

Die Abwicklung von Dienstreisen (Genehmigung und Abrechnung, Auszahlung der Reisekosten) kann auch nach deutlichen Verbesserungen, die der SWR selbst schon eingeleitet hat, weiter optimiert werden. Insbesondere können mit der Einführung eines elektronischen Reisekosten-Workflows die Personalkapazitäten reduziert werden, die bisher mit der Abwicklung befasst sind. Zusätzlich kann der Verwaltungsaufwand vermindert werden, wenn Reisekostenerstattungsanträge erst ab einem Mindestbetrag oder quartalsweise eingereicht werden dürfen.

Die Kosten der SWR-eigenen Fahrzeuge wurden nicht vollständig bei den Fuhrparkkosten erfasst. Der SWR sollte sich ein verlässlicheres Bild von den Gesamtkosten verschaffen, zumal davon auch die sachgerechte interne Verrechnung der Abteilungen abhängt. Dann würde auch deutlicher, dass die Nutzung der SWR-eigenen Fahrzeuge zu Dienstreisen für nichtproduktionsbezogene Fahrten im Vergleich zu anderen Transportmöglichkeiten teuer war.

5.    Ausgaben für Repräsentation und Bewirtungen zu großzügig

Die Ausgaben für Repräsentation und Bewirtungen im Jahr 2006 belief sich auf 1,1 Mio. €. Die Bereiche „Programm“ und „Technik“ verursachten mit 74 % den größten Anteil.

Die Regelungen des SWR gewährleisten zwar in weiten Teilen eine wirtschaftliche Verwendung der entsprechenden Haushaltsmittel. Die Rechnungshöfe zeigten anhand von Beispielen auf, wo die Regelungen ergänzt bzw. präzisiert werden müssten. Insbesondere fehlende Angaben bei Bewirtungs- und Repräsentationsmaßnahmen führten dazu, dass nicht beurteilt werden konnte, ob hierfür ein dienstliches Interesse vorlag.

Hinweise gaben die Rechnungshöfe zu Bewirtungen anlässlich Zusammenkünften von SWR-Mitarbeitern sowie zu Betriebsfesten, die der SWR jährlich an seinen Hauptstandorten veranstaltet. Hohe Kosten sollten Anlass sein, die bisher großzügige Handhabung zu überdenken.

6.    Aufwendungen für Baumaßnahmen durch Beachtung der Standards für staatliche Gebäude verringern

Am Standort Baden-Baden wurden zwei große Baumaßnahmen untersucht. Die gebäudetechnische Ausstattung der beiden Objekte übertrifft die für staatliche Verwaltungsgebäude geltenden Standards. Bei genauer Anwendung dieser Richtlinien wären bei beiden Baumaßnahmen Einsparungen von 600.000 € zu erzielen gewesen. Auch hätten die Planungen noch stärker unter dem Gesichtspunkt der Energieeinsparung im Gebäudebetrieb optimiert werden können.

Bei beiden Objekten verzichtete der SWR auf eine Öffentliche Ausschreibung und damit auf einen offenen Anbietermarkt. Bei dem Bürogebäude konnte der Auftrag an den Generalunternehmer nach der Angebotsabgabe nur dadurch unter der ursprünglichen Angebotssumme vergeben werden, weil bauliche und technische Standards in Teilen abgesenkt wurden. Dies stellt die Wirtschaftlichkeit der ursprünglichen Planung in Frage.

Die Rechnungshöfe weisen darauf hin, dass der SWR als öffentlicher Auftraggeber zur Beachtung des öffentlichen Vergaberechts verpflichtet gewesen war.