Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung des SWR

  • Anstieg des personenbezogenen Aufwands trotz Stellenabbau
  • Hohe Belastungen aus der Altersversorgung und den Vorruhestandsregelungen
  • Gesamtkosten des Marketings nicht transparent
  • Immobilienwirtschaft kann verbessert werden
  • Abschreibungen auf das Programmvermögen
  • Prüfungsrechte der Rechnungshöfe noch nicht bei allen Beteiligungsunternehmen in den Gesellschaftsverträgen verankert

Die Rechnungshöfe von Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg haben zum zweiten Mal gemeinsam die Haushalts- und Wirtschaftsführung des SWR geprüft (§ 35 Abs. 1 Staatsvertrag über den Südwestrundfunk). Die Ergebnisse ihrer Prüfung haben sie jetzt den Landtagen und Landesregierungen von Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sowie bei der Anstalt dem Rundfunkrat, dem Verwaltungsrat und dem Intendanten mitgeteilt (siehe auch Landtagsdrucksache Rheinland-Pfalz 14/4631). Die Ergebnisse der   Betätigungsprüfung beim SWR bezüglich der Maran Film GmbH und der Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Schwetzinger Festspiele GmbH wurden zur Wahrung der Geschäftsgeheimnisse der Gesellschaften in einen vertraulichen Teil der Prüfungsmitteilungen aufgenommen. Im Rahmen der Prüfung hatte die Anstalt mehrmals Gelegenheit, zu den Prüfungsergebnissen mündlich und schriftlich Stellung zu nehmen.

Anstieg des personenbezogenen Aufwands trotz Stellenabbau

Der SWR beabsichtigte ursprünglich, bis Ende 2003 die Planstellen um 650 zu verringern. Im Haushaltsplan 2005 ist eine Einsparung von 600 Stellen auf 3.648 Planstellen umgesetzt. Zugunsten der verstärkten Aktivitäten im Onlinebereich und des Ausbaus des Digitalradios wurden 50 Stellen weniger abgebaut als ursprünglich vorgesehen.

Die Tarifabschlüsse der Anstalt orientierten sich grundsätzlich an denen im Öffentlichen Dienst. Eine Tendenz zu höherwertigen Stellen war zu beobachten. Zudem erhielten die Beschäftigten weiterhin Sonderzahlungen (Urlaubsgeld, Essenszuschüsse). Auch war eine Verlängerung der Arbeitszeit wie in Teilen des Öffentlichen Dienstes nicht erfolgt.

Der personenbezogene Aufwand (Aufwand für festangestellte und freie Mitarbeiter sowie für personenbezogene Fremdleistungen) stieg in den Jahren 1998 bis 2003 von 382,3 auf 430,9 Mio. € an. Die Arbeit von festangestellten Mitarbeitern wurde verstärkt von festen freien Mitarbeitern übernommen oder durch Fremdleistungen ersetzt. Die Anstalt will ihre Bemühungen fortführen, weiter Personalkosten abzubauen. Künftig will sie freie Mitarbeiterverhältnisse in Festanstellungen umwandeln und so Honoraraufwendungen einsparen. Ein Instrumentarium zur Ermittlung und Steuerung der Personalkapazitäten insbesondere für den Bereich der freien Mitarbeiter fehlte bis 2002 und befindet sich seither im Aufbau.

Hohe Belastungen aus der Altersversorgung und den Vorruhestandsregelungen

Ende 2003 hatten noch rd. 68 % des aktiven festangestellten Personals und alle Versorgungsempfänger Zusagen nach den Gesamtversorgungssystemen der Vorgängeranstalten, die das Niveau des Öffentlichen Dienstes erheblich übersteigen. Daher begrüßen die Rechnungshöfe, dass nach Abschluss der örtlichen Erhebungen in Tarifverhandlungen vereinbart wurde, das System der Gesamtversorgung auch für die Altfälle umzustellen.

Zusätzliche Aufwendungen entstanden für die Überführung von Mitarbeitern in den vorgezogenen Vorruhestand und in den Vorruhestand. Trotz eines einprozentigen Gehaltsverzichts der Mitarbeiter und Versorgungsempfänger musste der SWR in den Jahren 1998 bis 2003 dafür Betriebsmittel in Höhe von 101,4 Mio. € aufbringen und im Ergebnis 83,9 % der gesamten Vorruhestandsaufwendungen tragen.

Gesamtkosten des Marketings nicht transparent

Im Rahmen einer Selbstbindung haben die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ihre Marketingaufwendungen auf 1 % des Gesamtaufwands begrenzt. Sie legten hierfür die Sachaufwendungen des Marketings zugrunde. Diese lagen beim SWR in den Jahren 2002 und 2003 bei 12,9 und 11,2 Mio. €. Die der Ermittlung zu Grunde liegende Definition haben die Rundfunkkommission der Länder und die KEF akzeptiert.

Die Rechnungshöfe sind bei ihrer Prüfung des Marketingaufwands des SWR von einem weiteren Verständnis ausgegangen, weil die Selbstbindung der Anstalten nicht alle Kosten des Marketings und nicht alle mit Marketing befassten Bereiche umfasst. U.a. berücksichtigt sie weder die indirekten Kosten noch die Personalkosten. Die vollständige Erfassung der Kosten des Marketings ist geboten, damit unternehmenspolitische Entscheidungen sachgerechter getroffen werden können.

Unabhängig davon waren beim SWR mehr als die angegebenen Mitarbeiter mit Marketingaufgaben betraut und wurden Marketingkosten teilweise den   Programmkosten belastet. Außerdem übernahmen Beteiligungsgesellschaften   Marketingkosten für die Anstalt. Der SWR will bei Verschiebungen von Tätigkeitsschwerpunkten einzelner Mitarbeiter ihre Zuordnung zum Marketing- oder Programmbereich ändern.

Im Ergebnis lagen bei einer Gesamtbetrachtung die Kosten für das Marketing im engeren Sinne (ohne die sonstigen Kommunikationstätigkeiten wie Pressestelle, Medienforschung und Marketing der Rundfunkgebührenstelle) in den Jahren 2002 und 2003 bei mindestens 18,8 und 17,5 Mio. €.

Das zentrale Marketing war im Hinblick auf seine übergreifende Steuerungsfunktion noch verbesserungsfähig. Der hierfür erforderliche Gesamtüberblick war nicht im ausreichenden Maße vorhanden. Die sog. qualitativen Berichte enthielten grundsätzlich nur Umschreibungen der möglichen Controllinginstrumente, nicht aber Aussagen, die dem zentralen Marketing eine Gesamtlenkung ermöglichten. Die Anstalt hat erklärt, die   angewandten Controllinginstrumente befänden sich in einem ständigen Optimierungsprozess.

Bei den Marketing-Kampagnen für SWR1 und SWR3 wurden für   Agenturleistungen Preisvergleiche nicht im angemessenen Umfang   durchgeführt. Eine Prüfung der Kosten der Programmkampagnen war den Rechnungshöfen nicht möglich, da die Kostenstellenberichte nicht die vollständigen Kosten enthielten und die Anstalt bei Gesamtkosten von 4,3 Mio. € im Jahr 2002 nur einen Einzelbeleg über 142 Tsd. € vorlegte.

Immobilienwirtschaft kann verbessert werden

Nach der Fusion hat sich die Anstalt in einem Grundsatzbeschluss   dafür entschieden, die in zwei Hauptabteilungen organisierte Immobilienwirtschaft nicht auszugliedern, sondern in Eigenregie zu optimieren. Vorgaben des SWR sahen bis zum Jahr 2005 den Abbau von 165 Planstellen in den beiden Hauptabteilungen vor. Hierdurch sollten nicht   unerhebliche finanzielle Ressourcen für die Programmerstellung freigesetzt werden. Bis Anfang 2004 waren 135 Planstellen abgebaut. Eine genaue Evaluation der Zielvorgaben (Vergleich der Einsparungen durch Stellenabbau mit den Kosten für Fremdleistungen) war mangels geeigneter interner Controllinginstrumentarien nicht möglich. Die Rechnungshöfe halten eine weitere Optimierung der Immobilienwirtschaft für möglich.

Rund 5 % der Gesamtaufwendungen des SWR entfallen auf Immobilien. Erst im Jahr 2002 hat die Anstalt begonnen, die Gebäudeflächen in einem Raumbuch vollständig zu erfassen. Einer Anregung der Rechnungshöfe entsprechend will sie zur Optimierung der Bewirtschaftung der Immobilien auf Basis einer Flächendatenbank gezielt Kennzahlen für unternehmenspolitische Entscheidungen generieren.

Für angemietete Büroflächen in Mainz und Stuttgart zahlte die Anstalt z.T. deutlich höhere Mieten als ortsüblich. Mittlerweile hat sie für Einzelobjekte günstigere Mietkonditionen ausgehandelt. Auch bei den Bewirtschaftungskosten ergaben sich Einsparpotentiale.

Abschreibungen auf das Programmvermögen

Produktionen im Wert von 1,1 Mio. € waren fälschlicherweise als nicht sendefähig gebucht. Produktionen im Wert von 0,9 Mio. € mussten abgeschrieben werden, da keine Sendeplätze mehr vorhanden waren oder der vorgesehene Hauptdarsteller absagte. Vermeidbare Kosten entstanden, weil bei Pilotsendungen die Rechtesituation nicht eindeutig geklärt war, keine rechtzeitige Abstimmung mit einer anderen ARD-Anstalt erfolgte oder für nicht sendefähige Drehbücher das volle Honorar gezahlt wurde. Der SWR ist bestrebt, abgeschriebene Produktionen einer programmlichen Verwertung zuzuführen.

Fehlende Prüfungsrechte der Rechnungshöfe bei Beteiligungsgesellschaften

Bei einer von sieben Gesellschaften, an denen die Anstalt oder die SWR-Holding GmbH mehrheitlich beteiligt ist, wurde das im Staatsvertrag über den Südwestrundfunk vorgesehene Recht der Rechnungshöfe zur Prüfung der Wirtschaftsführung noch nicht im Gesellschaftsvertrag verankert. Der Verpflichtung, sich auch bei Beteiligungsgesellschaften, bei denen ein Mehrheitsbesitz nur zusammen mit anderen Rundfunkanstalten oder Körperschaften des öffentlichen Rechts vorliegt, für eine Verankerung des Prüfungsrechts einzusetzen, kam der SWR bei sieben der elf betroffenen Gesellschaften nicht nach. Bisher wurde nur bei zwei Gesellschaften das Prüfungsrecht der Rechnungshöfe in die Gesellschaftsverträge aufgenommen.

Inzwischen begrüßt auch die Anstalt eine verstärkte Kontrolle der Beteiligungsgesellschaften. Daher sollten die im Staatsvertrag vorgesehenen Prüfungsrechte eingeräumt werden.