Personalintensive Justizvollzugsanstalten sollten durch Neubauten oder Anstaltserweiterungen ersetzt werden
- Der Personalaufwand im Justizvollzug könnte erheblich reduziert werden
- Ersatzbauten können durch eingesparte Personalkosten finanziert werden
- Anstaltserweiterungen sind Neubauten vorzuziehen - bei künftigen Neubauten sollten Nutzerstandards gesenkt werden
Karlsruhe/Stuttgart.„Die Landesregierung hat sich für eine Begrenzung der Personalausgaben und damit für einen weiteren Personalabbau ausgesprochen. Dennoch beabsichtigt das Justizministerium, im Justizvollzug neue Stellen zu schaffen. In unserer diesjährigen Denkschrift zeigen wir Möglichkeiten auf, eine Personalvermehrung zu vermeiden und die notwendigen Investitionen in neue Haftplätze kostenneutral zu finanzieren“, so Martin Frank, der Präsident des Rechnungshofs Baden-Württemberg, vor Journalisten in Stuttgart bei der Vorstellung der Denkschrift 2006.
In Baden-Württemberg entsprechen etwa 1.200 Haftplätze nicht den Anforderungen der neueren Rechtsprechung zur Gefangenenunterbringung. Diese sollen nun durch neue Haftplätze ersetzt werden. Obwohl die landesweite Haftplatzkapazität für die 8.500 Gefangenen dadurch nicht erhöht wird, beabsichtigt das Justizministerium, für die Betreuung der neuen Haftplätze zusätzliches Personal einzustellen. Dieser Widerspruch zum Ziel der Landesregierung, den Landeshaushalt durch Personaleinsparungen zu konsolidieren, war für den Rechnungshof Anlass, den Personaleinsatz im Justizvollzug zu analysieren und Optimierungspotenziale aufzuzeigen. Dabei wurde auch die Abwicklung des so genannten Haftplatzerweiterungsprogramms I und die Planung des Anstaltsneubaus in Offenburg in baulicher Hinsicht untersucht.
Die Finanzkontrolleure kommen zu dem Ergebnis, dass auf Neueinstellungen verzichtet werden kann. Es seien vielmehr Personaleinsparpotenziale vorhanden, die für die Finanzierung der anstehenden baulichen Maßnahmen genutzt werden sollten.
Unter den 20 Justizvollzugsanstalten und 25 Außenstellen in Baden-Württemberg sind immer noch zahlreiche kleine und unwirtschaftliche Einrichtungen. Der Wirtschaftlichkeitsvergleich des Rechnungshofs zeige deutlich, dass der Personalaufwand mit zunehmender Anstaltsgröße erheblich sinke. So liege der jährliche Personalaufwand des Landes für einen Gefangenen in personalintensiven, meist kleinen Anstalten bei über 30.000 €, während er bei Anstaltsneubauten nur 19.000 € und bei Anstaltserweiterungen sogar nur 15.000 € betrage. Die Karlsruher Kontrollbehörde fordert daher, personalintensive Anstalten zu schließen. So könnten Personalkosten in einer Größenordnung eingespart werden, die zur Finanzierung der erforderlichen Ersatzbauten ausreichten.
Bei der Planung der notwendigen Ersatzbauten sollte bedacht werden, dass Anstaltserweiterungen sowohl hinsichtlich des Personalbedarfs als auch der Baukosten wirtschaftlicher seien als Anstaltsneubauten. „In einigen größeren Justizvollzugsanstalten bestehen noch Möglichkeiten für Anstaltserweiterungen. Wenn anstelle eines weiteren Neubaus mit 700 Haftplätzen bestehende Justizvollzugsanstalten erweitert würden, könnten Baukosten in Höhe von mindestens 28 Mio. € eingespart werden“, errechneten die Finanzkontrolleure.
Weitere Kostenreduzierungen seien zudem möglich, wenn bei künftigen Baumaßnahmen die Nutzerstandards abgesenkt würden. So hätten bei dem für rd. 73 Mio. € geplanten Neubau der Justizvollzugsanstalt Offenburg mehrere Millionen Euro eingespart werden können, wenn sich die Verwaltung stärker an den Nutzungsanforderungen und Standards von kostengünstigen Neubauten in anderen Bundesländern orientiert hätte.
Der Rechnungshof fordert die Landesregierung auf, bei der Erstellung eines Gesamtkonzepts für die Haftplatzanpassungen diese Erkenntnisse zu berücksichtigen und Personalvermehrungen im Strafvollzug zu vermeiden.