Pensionsverpflichtungen als finanzielle Herausforderung für den SWR
Die steigenden Pensionsverpflichtungen sind maßgeblich dafür verantwortlich, dass das Eigenkapital des SWR aufgezehrt ist. Sie werden den SWR noch lange vor erheb-liche Herausforderungen stellen und seine finanzielle Handlungsfähigkeit einschrän-ken. Daher sollte er die begonnenen Struktur- und Optimierungsprozesse
weiterführen
Karlsruhe/Stuttgart: Der Rechnungshof hat seinen Sonderbericht zur Prüfung des Südwestrundfunks (SWR) „Betriebliche Altersversorgung und Deckungsstöcke“ am 02.04.2024 dem Landtag vorgelegt. Prüfungszeitraum waren die Jahre 2013 bis 2019. Das Prüfungskonzept und der Prüfungsbericht wurden zwischen den Rechnungshöfen von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz abgestimmt, die gemeinsam den SWR prüfen. Der SWR hat seinen festangestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine betriebliche Altersversorgung gewährt, die die gesetzliche Rentenversicherung ergänzt und zu hohen finanziellen Belastungen für den SWR führt. So stellten die Rückstellungen von 2,1 Mrd. Euro für künftige Pensionen bereits im Jahr 2019 den größten Passivposten der Bilanz des SWR dar.
Beim SWR gibt es drei tarifvertraglich vereinbarte Altersversorgungsregelungen. Bei den bis in die 90er-Jahre gegebenen „Alt-Zusagen“ garantiert der SWR seinen ehemaligen Mitarbeitern, dass sie in der Summe aus gesetzlicher Rente und Betriebsrente einen bestimmten Prozentsatz ihres letzten Gehalts erreichen. Der SWR ist dafür verantwortlich, zur Deckung dieser übernommenen „Alt-Verpflichtungen“ ein „Deckungsstock“-Vermögen aufzubauen und vorzuhalten. Alleine die Leistungszahlungen (Pensionszahlungen und Beihilfen) für diese Altversorgungsfälle werden nach einer Prognose von rd. 93 Mio. Euro im Jahr 2019 auf rd. 112 Mio. Euro im Jahr 2028 ansteigen.
Das alte System der Gesamtversorgung wurde beim SWR kurz vor der Jahrhundertwende geschlossen und von einer dynamischen Festrentenzusage nach einer Rententabelle der Rundfunkanstalt abgelöst. Die Finanzierung dieser Versorgungsleistungen erfolgt durch Rückdeckungsversicherungen bei der Baden-Badener Pensionskasse VVaG.
Ab 2017 wurde auch dieses Versorgungssystem für Neuzugänge abgelöst von einer streng beitragsorientierten Leistungszusage. Dies wird den Aufwand für die betriebliche Altersversorgung langfristig deutlich reduzieren.
Der Rechnungshof stellte fest, dass das Versorgungsniveau für die ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des SWR in den neueren Versorgungsordnungen deutlich sinkt, bei den Altversorgungsfällen aber über dem Niveau der Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst liegt.
Die Prüfung des Rechnungshofs erbrachte weitere Ergebnisse:
• Eigenkapital des SWR hat sich verzehrt
2013 hat das Eigenkapital noch 346 Mio. Euro betragen. Im Prüfungszeitraum ist es immer mehr aufgebraucht worden und liegt nunmehr weit im negativen Bereich (2022: minus 233 Mio. Euro). Dies ist im Wesentlichen auf die jahrelang immer weiter gestiegenen Pensionsrückstellungen zurückzuführen. Diese Entwicklung verdeutlicht, dass der SWR die schon nach der Fusion eingeleiteten Struktur- und Optimierungsprozesse weiterführen muss. Nur so wird er finanziell handlungsfähig bleiben können.
• Tarifsteigerungen auch für aktive Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter begrenzen
Da Tarifsteigerungen systembedingt zu Steigerungen beim betrieblichen Altersversorgungsaufwand führen, empfiehlt der Rechnungshof dem SWR, bei seinen Tarifabschlüssen auch künftig die Selbstbindungserklärung der ARD-Anstalten zu beachten und sich am finanziellen Volumen der Abschlüsse im öffentlichen Dienst als Obergrenze zu orientieren.
• Deckungslücke im Auge behalten
Die Pensionsverpflichtungen werden derzeit nur zum Teil durch Vermögen abgedeckt. Die Deckungslücke betrug 539 Mio. Euro in 2019 und hat steigende Tendenz. Dies führt zu einer Verschiebung der finanziellen Lasten in die Zukunft. Dies sollte weitgehend vermieden werden. Daher ist es notwendig, die Ertragskraft des Deckungsstockvermögens zu erhöhen. Dabei muss aber weiterhin auf ein angemessenes Verhältnis der Ertragschancen zum Risiko geachtet werden.
• Beihilfe einschränken
Für Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger sowie aktive Beschäftigte, die vor dem 1. Januar 2001 in den SWR eingetreten sind, werden noch Beihilfen nach den für Bundesbeamten geltenden Regelungen gezahlt. Die Rückstellung für Beihilfen ist im Prüfungszeitraum stark gewachsen und belief sich 2019 auf 225 Mio. Euro. Angesichts der stark steigenden Beihilfebelastungen empfiehlt der Rechnungshof, mögliche Handlungsspielräume zur Einschränkung der Beihilfeansprüche zu prüfen und auszuschöpfen.
• Aufwendungen für Langzeitkonten begrenzen und Vorsorge treffen
Der SWR bietet jedem Beschäftigten die Möglichkeit eines Langzeitarbeitszeitkontos an, das typischerweise vor dem Eintritt in den Ruhestand genutzt wird. Das Gesamtguthaben eines Langzeitkontos ist auf das 92-fache der Wochenarbeitszeit (rd. 2 Jahre) beschränkt. Auch dafür muss der SWR Rückstellungen bilden. Für 2019 betrugen die Rückstellungen hierfür bereits 39,4 Mio. Euro mit steigender Tendenz. Der SWR sollte prüfen, ob für Langzeitkonten nicht nur eine individuelle, sondern auch eine kollektive Gesamtobergrenze eingeführt werden sollte. Außerdem sollte der SWR zeitkongruent zum Anstieg der Verpflichtungen Vorsorge treffen.
• Versorgungstarifvertrag an finanziellen Möglichkeiten anpassen
Da die Versorgungslasten, die der SWR zu tragen hat, im Wesentlichen auf den abgeschlossenen Tarifverträgen beruht, muss der SWR bei Auslaufen des aktuell geltenden Versorgungstarifvertrags mit den Gewerkschaften über eine weitere Begrenzung der Versorgungslasten verhandeln. Der Rechnungshof fordert die Geschäftsleitung des SWR deshalb auf, die seit der Jahrhundertwende mit Erfolg betriebene Politik der Begrenzung der betrieblichen Versorgungsansprüche bei den im Jahr 2031 anstehenden Tarifverhandlungen fortzusetzen.