Öffentliche Haushaltskrise zwingt das Land zu konsequentem Sparen und sorgfältigem Wirtschaften

  • Finanzkontrolle leistet Beitrag zur Haushaltskonsolidierung
  • Ein Haushalt ohne Nettoneuverschuldung muss oberstes Ziel der Finanzpolitik bleiben
  • Senkung interner Kosten vordringlich geboten
  • Sorgsamer Umgang mit Vermögen des Landes und Steuermitteln eingefordert
  • Auch bei knapperen Budgets kann das Personal angemessen befördert werden; Fachverstand des eigenen Personals ist besser zu nutzen 
  • Einsatz der DV in der Landesverwaltung kann   und muss weiter verbessert werden; externe Berater sollten grundsätzlich nur bei Fehlen von Know-how hinzugezogen werden
  • Sinn und Zweck von Förderungen sind stets erneut zu prüfen; Suche nach günstigen Förderalternativen geboten
  • Steigerung der Einnahmen aus Steuern und Gebühren möglich
  • Finanzkontrolle sorgt in den letzten 10 Jahren allein für Steuermehreinnahmen von 98,5 Mio. € und für Steuerrückerstattung an den Bürger von rd. 11,5 Mio. €

Karlsruhe/Stuttgart. „Die öffentliche Haushaltskrise zwingt das Land nach Wegen und Möglichkeiten Ausschau zu halten, die zu konsequentem Sparen und sorgfältigem Wirtschaften führen, um die zukünftige Leistungsfähigkeit zu erhalten und nachhaltig zu stärken. Der mit der Verwaltungsreform eingeschlagene Weg, Verwaltungsstrukturen wirtschaftlicher und kostengünstiger zu gestalten sowie die Haushalts- und Wirtschaftsführung zu verbessern, muss unbeirrt weiter beschritten werden," so Martin Frank, der Präsident des Rechnungshofs Baden-Württemberg, vor Journalisten in Stuttgart bei der Vorstellung der Denkschrift 2004. Er legt dar, dass die Finanzkontrolle auch in diesem Jahr einen erheblichen Beitrag leistet: Ihre Vorschläge und Empfehlungen in der Denkschrift 2004 können z. B. zur Einsparung von allein rd. 320 Stellen führen.

1. Finanzkontrolle leistet Beitrag zur Haushaltskonsolidierung

Die Karlsruher Kontrollbehörde stellt in ihrer diesjährigen Denkschrift ein breites Spektrum an Maßnahmen und Empfehlungen dar, die bei ihrer Umsetzung zur Entlastung des Haushaltes mit beitragen können. Nach den Angaben von Frank wird ein Potenzial an Personaleinsparungen von mehr als 320 Stellen, die Verbesserung der Steuereinnahmen von jährlich rd. 45 Mio. € und anhand verschiedener Beispiele die Möglichkeit aufgezeigt, durch veränderte Vorgehensweisen zusätzlich mehr als 38 Mio. € einzusparen. Davon können als dauerhafte jährliche Entlastung rd. 28 Mio. €, weitere 10 Mio. € einmalig erbracht werden.

2. Ein Haushalt ohne Nettoneuverschuldung muss oberstes Ziel der Finanzpolitik bleiben

„Die Krise der öffentlichen Haushalte hat auch das Land Baden-Württemberg voll erreicht. Die Entwicklung der öffentlichen Verschuldung wird in ihrer Dramatik immer noch unterschätzt. Durch sie werden die finanzwirtschaftlichen Gestaltungsspielräume zunehmend eingeschränkt. Immer weniger Haushaltsmittel stehen für die Finanzierung zukunftsrelevanter Aufgaben, wie des weiteren Auf- und Ausbaus einer leistungsfähigen Forschungs-, Bildungs- und Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung,“ beklagen die Finanzkontrolleure.

Der Rechnungshof betrachtet die Verschuldungsentwicklung mit höchster Sorge, denn ein Ausweg aus dieser „Schuldenfalle“ wird immer schwieriger. Erforderlich ist nach Einschätzung der Karlsruher Kontrollbehörde ein schnelles und entschlossenes Handeln der politisch Verantwortlichen, um die finanziellen Freiräume für zukunftsgerichtete Aufgaben wieder herzustellen. „An dem Ziel eines ausgeglichenen Haushalts ohne Nettoneuverschuldung und – daran anschließend – einer Tilgung der aufgehäuften Schulden muss mit konkreten Maßnahmen konsequent festgehalten werden,“ fordern die Finanzkontrolleure.

Um den Haushalt auszugleichen, musste der Finanzminister im Jahre 2003 rd. 175 Mio. € mehr an Krediten aufnehmen als im Vorjahr. Damit erhöhte sich die Kreditfinanzierungsquote des Landeshaushalts von 6,1 % auf 6,6 %. Beim Vergleich der Pro-Kopf-Verschuldung liegt das Land weiterhin auf dem dritten Platz aller Flächenländer.

Die Ergebnisse der Haushaltsberatungen für das Jahr 2004 zeigen, dass das Land auf einen verfassungswidrigen Haushalt zutreibt, wenn es der bisherigen Haushaltspolitik stetiger Nettoneuverschuldung nicht energisch und wirkungsvoll entgegentritt.

Infolge der Erhöhung des Schuldenstandes sind auch die Zinsausgaben gestiegen. Hier ist mit weiteren Erhöhungen zu rechnen, da ungewiss ist, wie lange das derzeit äußerst niedrige Zinsniveau noch anhalten wird; die aktuellen Trends deuten auf einen Anstieg hin. Angesichts der wirtschaftlichen Rahmendaten hat die Landesregierung das Ziel eines Haushalts ohne Nettoneuverschuldung auf das Jahr 2008 verschoben. „Dies darf keinesfalls als Signal für die Aufgabe der Sparbemühungen verstanden werden,“ mahnte der Rechnungshof.

3. Senkung interner Kosten vordringlich geboten

„In Zeiten knapper Mittel muss das Land die internen Kosten, die bei der Erbringung einer Verwaltungsleistung durch den Einsatz von Personal und Sachgütern entstehen, weiter senken,“ fordern die Finanzkontrolleure. Nach ihren Untersuchungen besteht in verschiedenen Verwaltungssektoren dafür ein erhebliches Potenzial.

Durch eine stärkere Konzentration bei der Festsetzung der Reisekostenvergütung und den Einsatz eines papierlosen Antrags- und Erstattungsverfahrens können allein bei den Abrechnungsstellen bis zu 118 Personalstellen abgebaut werden. Damit könnten jährliche Kosten in Höhe von 8,2 Mio. € eingespart werden. Die Finanzkontrolleure fordern daher eine weitgehende Bündelung der Aufgaben in einer zentralen Reisekostenabrechnungsstelle, möglichst beim Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (LBV) in Fellbach. Aufgrund dieser Prüfung hat das Finanzministerium Baden-Württemberg bereits erste konkrete Maßnahmen zur Umsetzung der Empfehlungen eingeleitet.

Rund 200 weitere Stellen lassen sich bei der Landesforstverwaltung einsparen, wenn dort die Verwaltungsarbeit mit Hilfe des hierfür entwickelten Software-Systems FOKUS 2000 verbessert wird und notwendige organisatorische Änderungen erfolgen. „Mit FOKUS 2000 besitzt die Forstverwaltung ein geeignetes Instrument zur Vereinfachung und Verschlankung ihrer Verwaltungsabläufe. Jetzt muss das Ministerium Organisationsmaßnahmen einleiten, damit sich die hohen Investitionen alsbald amortisieren,“ so die Finanzkontrolleure weiter.

„Wenn die Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe (HfG) als leistungsfähige Einrichtung weitergeführt werden soll, bedarf es wesentlich höherer Reinvestitionsmittel als bisher“, führt der Rechnungshof in der Denkschrift 2004 aus. Da bei der derzeitigen Lage der öffentlichen Kassen zusätzliche Haushaltsmittel unrealistisch seien, sollten diese Mittel durch eine dauerhafte Umwidmung von Personal- in Investitionsmitteln im Budget der Hochschule erbracht werden, indem die Ausbildungskapazität und damit auch der Lehrkräftebedarf auf den ursprünglich vorgesehenen Umfang zurückgeführt werden.

Ebenso können durch organisatorische Maßnahmen die Gebäudereinigung bei Landesbehörden, das technische Gebäudemanagement in den Zentren für Psychiatrie sowie die Umweltbildung bei der Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg, wirtschaftlicher wahrgenommen werden.

4. Sorgsamer Umgang mit Vermögen des Landes und Steuermitteln eingefordert

„Die angespannte Haushaltslage gebietet es, mit Vermögen des Landes und Steuermitteln sorgsam umzugehen,“ stellen die Karlsruher Finanzkontrolleure fest. Dieser Grundsatz wird nach ihren Untersuchungen nicht immer beachtet.

Das Land sollte sein finanzielles Engagement bei Beteiligungen an privaten Gesellschaften auf den Umfang beschränken oder zurückführen, der für die Wahrnehmung der Landesinteressen erforderlich ist. Der Rechnungshof stellte fest, dass die zu 100 % dem Land gehörende Staatliche Rhein-Neckar-Hafengesellschaft Mannheim mbH bei ihrer Gründung im Jahr 1990 mit einem Kapital ausgestattet wurde, das um rd. 4 Mio. € über den betrieblichen Erfordernissen lag. Der Rechnungshof empfiehlt, die Kapitalausstattung der kaufmännisch erfolgreich operierenden Gesellschaft zugunsten des Landeshaushalts erheblich zu reduzieren. Dadurch könnten auch steuerliche Nachteile vermieden werden.

Von den Universitätsklinika des Landes forderten die Finanzkontrolleure, sich bei der Beteiligung an privaten Gesellschaften zurückzuhalten. Der Rechnungshof hat einen Teil der 19 Unternehmensbeteiligungen der Universitätsklinika untersucht und dabei insbesondere am Standort Freiburg eine Reihe von Unternehmensbeteiligungen kritisch beurteilt. Hierbei handelt es sich um solche Unternehmensbeteiligungen, mit denen die Universitätsklinika in neue Geschäftsfelder jenseits ihrer eigentlichen Aufgabenstellung vorstoßen wollen. Weiterhin wird gerügt, dass einige der untersuchten Tochterunternehmen entgegen den bei ihrer Gründung aufgestellten Erwartungen Jahr für Jahr Defizite produzieren und in einigen Fällen eine Insolvenz nur durch Nachschüsse der Gesellschafter zu vermeiden war.

„Steuermittel sollten angemessen eingesetzt werden. Gerade in Zeiten knapper Kassen stehen Repräsentationsausgaben unter besonderem Rechtfertigungsdruck,“ so der Rechnungshof. So sollte insbesondere bei persönlichen Verfügungsmitteln darauf geachtet werden, dass die Höhe des Aufwands in einem angemessenen Verhältnis zum jeweiligen Anlass steht.

Gepflogenheiten in Bereichen außerhalb des öffentlichen Dienstes sind dabei nach Ansicht der Finanzkontrolleure kein geeigneter Maßstab. Dies gilt insbesondere bei der Inanspruchnahme von Verfügungsmitteln für Bedienstete der eigenen Behörde oder des eigenen Geschäftsbereichs. Auffällig ist, dass nach der Untersuchung 41 % der Bewirtungsausgaben auf interne Verköstigungen entfielen. Insgesamt fordert die Karlsruher Kontrollbehörde, die Innenrepräsentation auf Ausnahmefälle zu begrenzen.

5. Auch bei knapperen Budgets kann das Personal angemessen befördert werden; Fachverstand des eigenen Personals ist besser zu nutzen

Auch bei einem verringerten Personalbudget besteht die Möglichkeit, Höhergruppierungen z. B. für Tarifbeschäftigte der Polizei in angemessenem Umfang durchzuführen. Bei der Landespolizei können mit den derzeit zur Verfügung stehenden Mitteln rd. 750 Stellen gehoben werden, also 21 % der Tarifangestellten könnten höhergruppiert werden. Damit stehen nach Auffassung des Rechnungshofs ausreichend Mittel zur Verfügung, um dem Tarifpersonal angemessene Personalentwicklungsmöglichkeiten zu bieten. „Das ursprünglich für solche Personalnahmen vorgesehene Finanzvolumen von 4,2 Mio. € sollte aber dauerhaft auf 3,2 Mio. € reduziert bleiben,“ betonen die Finanzkontrolleure.

Ferner stellten die Finanzkontrolleure fest, dass sich bei sachgerechtem Einsatz von fachkundigem eigenem Personal Aufwendungen in erheblichem Umfang vermeiden ließen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Dienststellen und Behörden des Landes die Prozessvertretung in den Fällen, in denen die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes als Vertreter nicht gesetzlich zwingend vorgeschrieben ist, mit eigenem Fachpersonal wahrnehmen und auf die Beauftragung eines Rechtsanwalts verzichten.

6. Einsatz der DV in der Landesverwaltung kann und muss weiter verbessert werden; externe Berater sollten grundsätzlich nur bei Fehlen von Knowhow hinzugezogen werden

„Der Einsatz der Datenverarbeitung (DV) in der Landesverwaltung kann und muss wirtschaftlich weiter verbessert werden. In der Landesverwaltung beschäftigen sich zu viele Bedienstete an unterschiedlichsten Stellen mit den selben DV-Aufgaben. Eine konzentriertere Wahrnehmung dieser Aufgaben ist dringend geboten,“ appelliert der Rechnungshof.

Er hat im Zusammenhang mit der Entwicklung und der Einführung neuer DV auch die Tätigkeit von externen Beratern unter die Lupe genommen. Sie sollten nach Ansicht der Karlsruher Kontrollbehörde grundsätzlich nur dann hinzugezogen werden, wenn das erforderliche Know-how in der Verwaltung beim eigenen Verwaltungspersonal fehle.

Bei den geprüften DV-Projekten sind externe Berater zur Erstellung von Gutachten, Konzepten und Pflichtenheften oder zur Realisierung der Konzepte zugezogen worden. Der Rechnungshof kommt zu dem Ergebnis, dass ein Teil dieser Leistungen durch eigenes Personal hätte erbracht werden können und ein weiterer Teil gar nicht erforderlich war. Zwar kann das Land nicht für alle Spezialgebiete IuK-Personal vorhalten, ein zeitweiser Zukauf von Fachwissen wird immer wieder notwendig sein. „Ein solcher Zukauf sollte allerdings auf das notwendige Maß beschränkt sein. Die Softwareentwicklung sollte durch ein stringentes Projektmanagement mit eigenem Personal wirtschaftlicher gestaltet werden,“ so der Rechnungshof.

Der zunehmende Einsatz standardisierter Soft- und Hardware in der Bürokommunikation der Verwaltung lässt nach den Untersuchungen der Finanzkontrolle den Bedarf an DV-Betreuung bei den Anwendern zurückgehen. Daraus ergibt sich, dass die DV-Betreuung mit weniger Personal abgewickelt werden kann. Auch eine Zentralisierung erscheint sinnvoll. „Solche Einsparpotenziale sollten ausgeschöpft werden,“ fordern die Finanzkontrolleure.

„Von möglichst allen personalverwaltenden Stellen im Land sollte das nunmehr funktionsfähige DV-System für die Personalverwaltung eingesetzt werden, damit sich dessen hohe Entwicklungskosten von 17 Mio. € letztlich auch rentieren,“ fordert die Karlsruher Kontrollbehörde. Derzeit werden erst 16 % der Personaldatensätze mit dem einheitlichen Personalverwaltungssystem (DIPSY) bearbeitet. Überwiegend verwalten die Landesbehörden die Personaldaten ihrer rd. 257.000 Beschäftigten noch mit verschiedenen DV-Systemen oder tun dies noch ohne DV-Unterstützung.

Bei der Beschaffung und Finanzierung von DV-Anlagen sollte es selbstverständlich sein, dass die haushaltsrechtlichen Vorgaben berücksichtigt werden. So monierten die Finanzkontrolleure, dass beim Betrieb des Höchstleistungsrechenzentrums der Universität Stuttgart unzulässige Rücklagen von rd. 5 Mio. € gebildet wurden. Aus diesen Rücklagen wurde im Dezember 2000 unter Verzicht auf eine Bundesförderung nach dem Hochschulbauförderungsgesetz ein Rechner beschafft. Der Rechnungshof fordert, dass die rechtswidrig gebildeten Rücklagen über eine Verminderung der Globalzuschüsse wieder ausgeglichen werden.

Für die Zukunft verlangt der Rechnungshof eine Beteiligung der anderen Bundesländer an den Betriebskosten des Bundeshöchstleistungsrechenzentrums. Die bisherige Finanzierungsform erweise sich für Baden-Württemberg als nachteilig.

7. Sinn und Zweck von Förderungen sind stets erneut zu prüfen; Suche nach kostengünstigen Förderalternativen geboten

„Förderprogramme sollten angesichts geänderter Rahmenbedingungen immer wieder auf ihre Sinnhaftigkeit hinterfragt werden,“ betonen die Finanzkontrolleure. Nach ihren Untersuchungen gibt es bei den Zuwendungen zur Kulturarbeit nach dem Bundesvertriebenengesetz beträchtliche Einsparpotenziale. So erforderten die geschichtlichen und politischen Veränderungen im Laufe der Jahrzehnte eine Neuausrichtung der Kulturförderung. Das Förderverfahren sollte vereinfacht, der Förderkatalog komprimiert, die Vielfalt an Einzelmaßnahmen und Maßnahmenträgern verringert werden. Der Rechnungshof regt an, insgesamt gezielter zu fördern, jährlich neue Förderschwerpunkte zu bilden und die Zusammenarbeit zwischen den Verbänden durch gemeinsame Projekte zu intensivieren. Außerdem wird empfohlen, das Fördervolumen weiter zurückzufahren und den Eigenmitteleinsatz der Verbände entsprechend ihrer Leistungskraft stärker einzufordern.

Vor der Gewährung von Zuschüssen sollte die zuständige Behörde auch stets prüfen, ob es anstelle des für den Zuschuss vorgesehenen Projektes kostengünstigere Alternativen gibt. So wurden für den Bau eines Fahrradparkhauses am Hauptbahnhof Karlsruhe 745.000 € Fördermittel nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz beantragt. Eine auf Anregung des Rechnungshofs von der Bewilligungsstelle durchgeführte Prüfung von Alternativen erbrachte dabei eine kostengünstigere Lösung für das Abstellen von Fahrrädern. Dadurch können etwa 700.000 € Fördermittel eingespart werden.

Schließlich fordern die Finanzkontrolleure, dass Förderkritieren klarer formuliert und die Förderquoten zeitnah an die tatsächlichen Verhältnisse herangeführt werden sollten. Ferner appellierten sie an die Empfänger von Zuwendungen, mit dem überlassenen Geld sorgsam umzugehen. Dies dokumentieren ihre Prüfungen von Fördersätzen bei Wasserverbänden, der Vergütungen von Planungsleistungen sowie eines Erhöhungsantrags für den Ausbau einer Schienenstrecke.

8. Steigerung der Einnahmen aus Steuern und Gebühren möglich

Die Einnahmen des Landes aufgrund von Steuern und Gebühren könnten weiter gesteigert werden, wenn das jeweilige Erhebungsverfahren verbessert, Prüfmöglichkeiten wahrgenommen und vom Gesetz im Regelfall vorgesehene, gebührenpflichtige Amtshandlungen vorgenommen werden. Dies belegt die Karlsruher Kontrollbehörde mit zwei Untersuchungen zur Einkommen- und Lohnsteuer sowie mit einer Prüfung der Einnahmen im Nachlassbereich.

Die Lohnsteuer-Außenprüfung muss nach Forderungen des Rechnungshofs effektiver werden. Durch gezielte Maßnahmen sind zusätzliche Steuereinnahmen in einer Größenordnung von 40 Mio. € je Jahr möglich. Insbesondere durch verbesserte Prüfungsabläufe und einen zielgerichteteren Einsatz der Prüfungsbeamten ließen sich zeitliche Freiräume schaffen, die für intensivere Prüfungen genutzt werden könnten. Der Rechnungshof machte hierzu detaillierte Vorschläge.

Höhere Steuereinnahmen könnte das Land erzielen, wenn die Finanzämter bei der Besteuerung von ausländischem Arbeitslohn die hierfür spezialisierten Sachbearbeiter stärker einbinden würden. Derzeit sehen diese Spezialisten nur 40 % der jährlich anfallenden Steuerfälle. Die Quote ist nach Einschätzung der Finanzkontrolleure völlig unzureichend. Die Bearbeitung von Lohnsteuerfällen mit Auslandsbezug ist daher häufig fehlerhaft, was zu entsprechenden Steuerausfällen beim Land führt. Die Finanzkontrolleure haben daher empfohlen, die Einbindung der Spezialsachbearbeiter dv-technisch sicherzustellen. Allein dadurch könnten in Baden-Württemberg jährlich Mehrsteuern von 5 Mio. € erzielt werden.

„Auch die Einnahmen aus Gebühren ließen sich steigern, wenn die gesetzlich vorgesehenen Einnahmemöglichkeiten genutzt würden,“ hebt der Rechnungshof hervor. Nach seinen Untersuchungen schöpfen die Amtsnotariate in Baden-Württemberg ihre Einnahmemöglichkeiten im Nachlassbereich nicht aus. Durch den weitgehenden Verzicht der badischen Amtsnotare auf die Abnahme eidesstattlicher Versicherungen im Erbscheinverfahren und die Festsetzung zu niedriger Geschäftswerte durch die württembergischen Amtsnotariate bleibt ein Einnahmepotenzial von jährlich 5,6 Mio. € ungenutzt.

Nach dem Ergebnis einer landesweiten Querschnittsuntersuchung des Rechnungshofs und des Staatlichen Rechnungsprüfungsamts Freiburg nehmen die badischen Amtsnotare nur in 8 % der Erbscheinverfahren eine eidesstattliche Versicherung ab. Im württembergischen Rechtsgebiet erfolgt dies - entsprechend dem gesetzlichen Regel-Ausnahme-Verhältnis - in 91 % der Fälle. Der Rechnungshof hat das Justizministerium aufgefordert, die badischen Amtsnotare auf ihre bundesweit einmalige Praxis und die sich daraus ergebenden finanziellen Konsequenzen hinzuweisen.

9. Finanzkontrolle sorgt in den letzten 10 Jahren allein für Steuermehreinnahmen von 98,5 Mio. € und für Steuerrückerstattung an den Bürger von rd. 11,5 Mio. €

Zwischen 1993 und 2002 sind aufgrund der Prüfungstätigkeit der Finanz-kontrolle in die öffentlichen Kassen zusätzlich rd. 98,5 Mio. € geflossen. „Wir sehen uns aber auch als Anwalt des Steuerzahlers. Im gleichen Zeitraum führten unsere Prüfungen dazu, dass an die Bürger zuviel gezahlte Steuern in Höhe von rd. 11,5 Mio. € zurückerstattet wurden,“ hob der Chef der Karlsruher Kontrollbehörde, Martin Frank, bei einer Bilanz der Steuerprüfungen seiner Behörde über die letzten zehn Jahre hervor. Nach Franks Worten konnten darüber hinaus bei den Finanzämtern Möglichkeiten zur Verbesserung der Organisation und des Arbeitsablaufs aufgezeigt werden, die ein weiteres erhebliches Einsparpotenzial erschließen.

In der Denkschrift 2004 zieht der Rechnungshof eine Bilanz aus den Steuerprüfungen, die er von 1993 bis 2002 durchgeführt hatte. Dabei hatten der Rechnungshof und die vier Staatlichen Rechnungsprüfungsämter Freiburg, Karlsruhe, Stuttgart und Tübingen regelmäßig die Festsetzung und Erhebung der Steuern durch die Finanzämter des Landes geprüft.

Während der Rechnungshof neben einzelnen steuerfachlichen Schwerpunkten vor allem die Organisation und Arbeitsweise der verschiedenen Arbeitsgebiete der Finanzämter untersuchte, führten die Staatlichen Rechnungsprüfungsämter jährlich bei etwa 10 - 12 Finanzämtern tur-nusmäßige Prüfungen durch. Bei diesen turnusmäßigen Prüfungen wurden regelmäßig etwa 0,5 % - 1,0 % der Steuerfälle darauf untersucht, ob die Verwaltung die Steuern zutreffend festgesetzt hat.

Nach dem Resümee des Rechnungshofs führten im Zeitraum von 1993 bis 2002 allein die Erhebungen der Finanzkontrolle zu Steuermehreinnahmen von 98,5 Mio. €. Gleichzeitig spürte der Rechnungshof aber auch unzutreffende Steuerfestsetzungen zu Lasten der Steuerzahlers auf. Aus den von den Finanzkontrolleuren insoweit beanstandeten Steuerbescheiden ergaben sich Erstattungen von 11,5 Mio. €. Per Saldo brachten die Prüfungen der Finanzkontrolleure damit zusätzliche Steuereinnahmen von nahezu 87 Mio. € in die öffentlichen Kassen. Zu diesen Mehreinnahmen hat jeder Finanzkontrolleur durchschnittlich 435.000 € im Jahr beigetragen. Weitere rd. 43 Mio. € konnten von den Finanzämtern aufgrund verfahrensrechtlicher Vorschriften nicht mehr erhoben werden.

Im Mittelpunkt der Steuerprüfungen der Finanzkontrolle standen auch Untersuchungen zur Organisation und Arbeitsweise fast aller Arbeitsgebiete der Finanzämter. Einer genauen Analyse unterzogen wurden u. a. die Veranlagungsstellen, die Finanzkassen, die Bewertungsstellen für den Grundbesitz, die Kraftfahrzeugsteuerstellen und die unterschiedlichen Prüfungsdienste. Die vom Rechnungshof vorgeschlagenen Optimierungs- und Rationalisierungsmaßnahmen haben dabei jeweils zu einer nicht unerheblichen Effizienzsteigerung der geprüften Bereiche geführt. Aufgrund ihrer Analysen kommen die Finanzkontrolleure zu einem Optimierungspotenzial, das unter Berücksichtigung der Verbesserung von Arbeitsqualität und Organisation sowie möglicher Personaleinsparungen insgesamt rd. 450 Mio. €. entspricht.

Auch jenseits der Steuerprüfungen zeigt die Tätigkeit der Finanzkontrolle, wie in der Denkschrift 2004 berichtet wird, nachhaltig Wirkung. So zeigt der Rückblick, dass verschiedene Empfehlungen und Vorschläge aufgegriffen und Einsparungen von mehreren Mio. € ermöglicht worden sind.