Neuordnung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Südwesten abgeschlossen

  • Südwestrundfunk (SWR) hat staatsvertragliche Vorgaben umgesetzt
  • Aufgabenverteilung auf die verschiedenen Standorte des SWR erzeugt jedoch zusätzlichen Bedarf zur Abstimmung und weitere Kosten
  • Vorgesehener Personalabbau bisher nur zum Teil erreicht
  • Strukturen und Arbeitsabläufe der neuen Anstalt müssen weiter optimiert werden
  • Schlüssiges Konzept zur Optimierung von Programmverbreitung und Frequenzordnung noch nicht gefunden

Die Neuordnung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Südwesten ist abgeschlossen. So hat der Südwestrundfunk (SWR) die Forderung der am Staatsvertrag beteiligten Länder zur Rundfunkneuordnung durch die Schaffung von auf die Landesgrenzen bezogenen Sendegebieten und von für beide Länder einheitlichen Programmstrukturen in Hörfunk und Fernsehen erfüllt. Allerdings hat die Neuordnung dazu geführt, dass sich die personenbezogenen Aufwendungen anstaltsweit erhöht haben und dass insbesondere die Programmbereiche deutlich hinter den Vorgaben zum Stellenabbau zurückliegen. Dies ist u.a. auf Programmausweitungen zurückzuführen. Organisation und betriebliche Strukturen des SWR sollten weiter verbessert werden. Zu diesem Ergebnis kommen die Rechnungshöfe von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.

Erstmals haben die Rechnungshöfe von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gemeinsam die Haushalts- und Wirtschaftsführung des SWR geprüft. Hierzu sind sie nach § 35 Absatz 1 des Staatsvertrags über den SWR berufen. Ziel ihrer Prüfung war es, eine Bestandsaufnahme der im Zuge der Fusion getroffenen Maßnahmen zu erstellen sowie diese einer ersten Analyse zu unterziehen. Die Ergebnisse ihrer Prüfung haben sie jetzt beim SWR dem Verwaltungsrat, dem Rundfunkrat und dem Intendanten sowie den Landesregierungen und den Landtagen von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz mitgeteilt. Im Rahmen der Prüfung gaben sie dem SWR entsprechend ihren Gepflogenheiten Gelegenheit, zu ihren Prüfungsergebnissen Stellung zu nehmen.

Der SWR hat entsprechend der Gemeinsamen Protokollerklärung der Landesregierungen zum Staatsvertrag Personalkapazität von Baden-Württemberg nach Rhein-land-Pfalz verlagert (rd. 130 Stellen). Mit den geschaffenen Strukturen ist die Anstalt den Vorgaben zu einem „sozialverträglichen Standortausgleich“ nachgekommen. Die Aufgabenverteilung auf die Standorte erzeugt jedoch zusätzlichen Bedarf zur Ab-stimmung zwischen den Direktionen der Anstalt, der weitere Kosten nach sich zieht.

Die Neuordnung hat dazu geführt, dass sich die personenbezogenen Aufwendungen anstaltsweit erhöht haben und dass insbesondere die Programmbereiche deutlich hinter den Vorgaben zum Stellenabbau zurückliegen. Dies ist u.a. auf Programm-ausweitungen zurückzuführen. Nach dem jetzigen Stand wird die Zielgröße von 650 abzubauenden Stellen nicht bis Ende 2003 erreicht. Die bisherige Planung führt nur zu einem Abbau von 394,5 Stellen. Angesichts der derzeit gegenüber der Planung geringeren Ist-Besetzung müsste nach Ansicht der Rechnungshöfe eine Beschleunigung des Stellenabbaus jedoch möglich sein.

Der Stellenabbau ist nur zu einem relativ geringen Teil unmittelbar durch die Fusion bedingt, sondern hängt wesentlich mit begonnenen Wirtschaftlichkeitsprojekten zusammen. Hinzu kommt, dass dem Stellenabbau eine Erhöhung der Zahl der freien Mitarbeiter und eine verstärkte Inanspruchnahme von Fremdleistungen gegenüberstehen. Der durch den Abbau von Doppelstrukturen bedingte Stellenabbau beschränkte sich bisher im Wesentlichen auf die Leitungsebenen. So hat der SWR gegenüber den Vorgängeranstalten bis Ende 2000 in seinen Leitungsebenen 55 Funktionen reduziert (1 Intendant, 2 Direktoren, 12 Haupt- und 40 Abteilungsleiter), die auf Dauer zu Stelleneinsparungen führen. Die Rechnungshöfe fordern daher, dass der SWR, die im Mitarbeiterbereich ebenfalls bestehenden Doppelstrukturen abbaut und so weiteres Potenzial für den Stellenabbau erschließt.

Entsprechend den staatsvertraglichen Vorgaben sind die Programme im Hörfunk und Fernsehen neu geordnet worden. Im Hörfunk wurde die Rundfunkversorgung durch die neue Wellenstruktur - SWR 1 bis SWR 4 - an die Gebiete der beteiligten Länder angepasst. Hierbei ist der Gesamtaufwand für den Hörfunk von 615,9 Mio. DM auf 585,4 Mio. DM gesunken. Es konnten also Einsparungen von rd. 30,5 Mio. DM erzielt werden. Hingegen sind im Fernsehbereich zwischen 1997 und 1999 die Gesamtaufwendungen um 239,8 Mio. DM gestiegen. Davon entfielen auf den größeren Beitrag des SWR am Gemeinschaftsprogramm der ARD 148,6 Mio. DM. Im Übrigen führte u.a. die Ausweitung der regionalen Angebote im Dritten Fernsehprogramm zu Mehrkosten von 91,2 Mio. DM. Diese Entwicklung beruht nicht zuletzt auch auf der Ausstrahlung von zwei eigenständigen dritten Fernsehprogrammen für beide Länder. Damit wendete die Anstalt 1999 rd. 1,2 Mrd. DM allein für das Fernsehen auf.

Bei der Organisation der Anstalt sehen die Rechnungshöfe noch Optimierungsmöglichkeiten. So erzeugt der Organisationsaufbau des SWR mit der Aufgabenverteilung über die Standorte einen hohen direktionsübergreifenden Abstimmungsbedarf in organisatorischen, finanziellen und personalwirtschaftlichen Fragen. Dieser Abstimmungsbedarf bindet hohe Personalkapazität, ist zeitaufwändig und zieht Kosten nach sich. Der rundfunkpolitischen Vorgabe zur Schaffung von mehr Landesidentität über selbständige Landessenderdirektionen hat der SWR mit den geschaffenen Regionalstrukturen entsprochen und ist in eine Optimierungsphase zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit eingetreten. Die aufgelegten Wirtschaftlichkeitsprojekte sollten nach Ansicht der Rechnungshöfe konsequent fortgeführt, aber noch stärker gegenseitig abgestimmt werden und in ein Benchmarking zwischen den Landessendern münden.

Auch betriebliche Strukturen und Arbeitsabläufe, wie das Finanz- und Rechnungswesen, die Mittelbewirtschaftung, das interne Kontrollsystem, das Verhältnis zwischen Programm und Produktion, das Rechtemanagement, die Allgemeinen Dienste, das Beschaffungswesen sowie das Gebäudemanagement sollte nach den Feststellungen der Rechnungshöfe weiter entwickelt und verbessert werden. Das entwicklungstechnisch und durch die Fusion bedingte Ziel, ein unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten schlüssiges Konzept zur Optimierung der Programmverbreitung und der Frequenzordnung zu finden, ist jedoch noch nicht erreicht. Im Hinblick auf die steigenden Kosten in diesem Bereich muss die Anstalt kurzfristig zu einer Prioritätsstrategie für die Verbreitungswege kommen. Bei den Beteiligungen der Anstalt an privatrechtlichen Gesellschaften betrachten es die Rechnungshöfe als kritisch, dass die Anstalt auch Hotels betreibt. So wird der SWR-Haushalt schon seit Jahren durch Vermögens- und Betriebsverluste in Millionenhöhe aus dem Betrieb eines Hotels in Stuttgart belastet. Darüber hinaus fordern die Rechnungshöfe die gesellschaftsvertragliche Verankerung ihrer Prüfungsrechte bei den Beteiligungsgesellschaften des SWR nach § 35 Abs. 2 des Staatsvertrags über den SWR ein.