Neukonzeption des Otto-Graf-Instituts wiederholt angemahnt
- Bisherige Konzepte und Lösungsansätze zur Effizienzsteigerung sollten endlich umgesetzt werden
- Kostendeckende Gebührenstruktur erscheint notwendig und möglich
- Materialprüfung sollte landesweit neu geordnet werden
„Bei der Wirtschaftsführung des Otto-Graf-Instituts haben wir erhebliche Missstände feststellen müssen. Diese müssen nachhaltig beseitigt werden. Hierzu sollten die vorliegenden Vorschläge zur organisatorischen und strukturellen Veränderung des Instituts unverzüglich umgesetzt werden. Die Eingliederung in die Universität Stuttgart, die zum 1.1.2000 vollzogen wurde, kann ein erster Schritt zur Besserung sein, sie löst aber nicht die seit Jahren bekannten Probleme“, so Martin Frank, der Präsident des Landesrechnungshofs, vor Journalisten in Stuttgart bei der Vorstellung der Denkschrift 2000.
Unter der Bezeichnung „Otto-Graf-Institut“ arbeitet die Forschungs- und Materialprüfungsanstalt (FMPA) in Stuttgart, die seit 20 Jahren als unselbständige Anstalt geführt wurde. Das Institut ist inzwischen vom Wirtschaftsministerium wieder in den Geschäftsbereich des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst gelangt. Die Einrichtung hat mit ihren noch über 200 Mitarbeitern die Aufgabe für öffentliche und private Stellen Prüfungen an Baustoffen vorzunehmen, allerdings nur wenn private Unternehmen (wie z.B. TÜV oder Dekra) dies nicht ebenso wahrnehmen können.
In den vergangenen Jahren gingen Einnahmen aus Gebührenforderungen von min-destens 400 000 DM, möglicherweise sogar von bis zu 1 Mio. DM infolge Verjährung verloren, weil Gebühren beim jeweiligen Auftraggeber nicht rechtzeitig geltend gemacht worden sind. Nur durch massive Intervention seitens des Rechnungshofs und des Wirtschaftsministeriums konnte noch größerer Schaden abgewendet werden.
Weitere Verluste sind nach Ansicht der Finanzkontrolleure darauf zurückzuführen, dass die von der FMPA geltend gemachten Gebühren häufig nicht kostendeckend waren. Die Gebührenfestsetzung konnte sich nach ihren Feststellungen nicht am tatsächlichen Aufwand orientieren, weil entsprechende Aufzeichnungen hierzu entweder fehlten, unvollständig waren oder nicht der Realität entsprachen. Der Rechnungshof empfiehlt daher dringend, die bereits aus früheren externen und internen Untersuchungen gewonnenen Erkenntnisse zügig umzusetzen und durch geeignete personelle und organisatorische Maßnahmen die Kontrolle insbesondere der Auftragsabwicklung zu verbessern. Das Wissenschaftsministerium will dies durch die Einsetzung eines Sonderbeauftragten sicherstellen.
Bei Dienstreisen wurde in zahlreichen Fällen gegen Vorschriften zur Kostentransparenz dadurch verstoßen, dass sich z.B. Mitarbeiter der FMPA Tickets für Flugreisen vom jeweiligen Auftraggeber auf dessen Kosten hatten vorweg übersenden lassen. Um jeglichen bösen Schein zu vermeiden, sollte künftig auch auf die Kostenübernahme von Fortbildungsveranstaltungen an touristisch attraktiven Plätzen, insbesondere im Ausland, durch Geschäftspartner verzichtet werden.
Zur exakten Sachverhalts- und Schadensfeststellung bei Auftragsabwicklung, Gebührenfestsetzung und Dienstreisen haben die betroffenen Ministerien zwischenzeitlich eine Arbeitsgruppe gebildet. Sie wird die langjährigen Bemühungen um grundsätzliche Strukturveränderungen fortsetzen müssen. Der Rechnungshof empfiehlt dabei, auch den Fortbestand der FMPA zu hinterfragen. Im Hinblick auf deren defizitären Betrieb regt er an, die beiden für die Materialprüfung zuständigen Einrichtungen an den Universitäten Karlsruhe und Stuttgart bezüglich ihrer parallelen Aufgabenwahrnehmung zu überprüfen.
Gegebenenfalls sollten die Tätigkeitsfelder einer landeseinheitlichen Einrichtung neu definiert werden. „Es kann nicht im öffentlichen Interesse liegen, wenn sich staatliche Einrichtungen untereinander einen Wettbewerb zu defizitären Konditionen liefern oder aber dort zu privaten Einrichtungen in Wettbewerb treten, wo diese vergleichbare Leistungen am Markt anbieten“, betonte Frank abschließend.