Neue Schulden trotz hoher Haushaltsüberschüsse
- Steuereinnahmen 2021 übertreffen Vor-Corona-Niveau von 2019 deutlich
- Land erzielt 2021 einen Rekord-Kassenüberschuss von 5,2 Mrd. Euro
- Verschuldung steigt wegen Pandemie und Konjunkturrückgang 2020 und 2021 um insgesamt 32 Prozent
- Für 2023 und 2024 erhebliche Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung nötig
Karlsruhe/Stuttgart: „Die Steuereinnahmen des Landes haben 2021 das Vor-Krisen-Niveau um 0,7 Mrd. Euro übertroffen. Der Kassenüberschuss fällt mit 5,2 Mrd. Euro so hoch aus wie nie. Andererseits werden die nahezu 15 Mrd. Euro Schulden, die das Land 2020 und 2021 gemacht hat, den Haushalt dauerhaft belasten.“ Mit diesen Worten fasste der Präsident des Rechnungshofs Günther Benz anlässlich der Vorstellung der jährlichen Denkschrift am 18. Juli 2022 in Stuttgart die Haushaltslage des Landes zusammen.
Die Brutto-Steuereinnahmen des Landes hatten 2020 nach Jahren stetiger Höchstwerte einen deutlichen Dämpfer erhalten und waren um 8 Prozent auf 37,6 Mrd. Euro gesunken. Im Haushaltsvollzug 2021 wurde der Rückgang aufgeholt und das Vor-Krisen-Ergebnis aus 2019 übertroffen. Diese Entwicklung wird auch beim Blick auf den Finanzierungssaldo deutlich: Wies die Differenz aus laufenden Einnahmen und Ausgaben im schwierigsten Corona-Jahr 2020 noch ein Ergebnis von minus 3,3 Mrd. Euro aus, ergab sich im abgelaufenen Jahr ein positiver Wert von knapp 1,5 Mrd. Euro. „Diese Entwicklung ist erfreulich“, betonte Benz, verwies aber gleichzeitig darauf, dass die Landesregierung allein in 2021 neue Schulden von 3,7 Mrd. Euro aufgenommen hat. Der Rechnungshof hatte im Sommer 2021 die darin enthaltenen Notkredite von 942 Mio. Euro als verfassungsrechtlich problematisch kritisiert, weil aus 2020 - trotz Steuereinbruchs - ein Überschuss von mehr als zweieinhalb Milliarden Euro als Finanzierungsalternative bereitgestanden hätte.
Insgesamt stiegen die Landesschulden 2020 und 2021 um 14,6 Mrd. Euro bzw. 32 Prozent. Davon betrafen 8,1 Mrd. Euro die Ausnahmeregel der Schuldenbremse für die als Naturkatastrophe definierte Pandemie. Darüber hinaus beruhten die neuen Schulden im Wesentlichen auf den Regelungen der Schuldenbremse zu konjunkturellen Schwankungen.
Für die Jahre 2023 und 2024 weist die Finanzplanung der Regierung eine Deckungslücke von 5,4 Mrd. Euro aus. Wie viel davon durch den Überschuss aus 2021 gedeckt werden kann, steht indes noch nicht fest. Klar ist aber, dass angesichts eines Kassenüberschusses von 5,2 Mrd. Euro aus 2021 noch Deckungsmittel für die künftigen Haushalte zur Verfügung stehen dürften. Der genaue Betrag wird derzeit vom Finanzministerium mit den Ressorts ermittelt.
Die weitere konjunkturelle Entwicklung ist mit hohen Unsicherheiten belastet. Zwar prognostiziert die Steuerschätzung vom Mai 2022 weiter kräftig steigende Steuern. Allerdings scheint fraglich, ob sich die Finanzlage wie erhofft weiter normalisieren wird. Zur noch offenen Entwicklung der Pandemie treten neue Unwägbarkeiten für die konjunkturelle Entwicklung wie der Ukrainekrieg, gestörte Lieferketten, ein Zinsanstieg und eine hohe Inflation hinzu. Letztere belasten auch die Ausgaben des Landes. Auch die Auswirkungen des Klimawandels stellen eine Herausforderung für den Haushalt dar.
„Für den Doppelhaushalt 2023/2024 muss daher die konsequente Einhaltung der Schuldenbremse sowie eine restriktive Ausgabenpolitik handlungsleitend sein“, mahnte Benz.