Neubau der Chirurgie Ulm: Einhaltung des Kosten- und Zeitplans ging zu Lasten der Qualität

  • Für die Universitätsklinik als Bauherrin stand die Bauqualität nicht im Vordergrund
  • Bei Großprojekten, die das Land finanziert, sollte es auch Bauherr bleiben
  • Das Land kann Baumaßnahmen günstiger finanzieren als eine Universitätsklinik

Karlsruhe/Stuttgart: Der Neubau der Chirurgie in Ulm war ein Pilotprojekt des Landes. Erstmals wurde bei einer großen Hochbaumaßnahme die Bauherrenfunktion vom Landesbetrieb Vermögen und Bau auf eine Universitätsklinik übertragen. Hierzu zieht Max Munding, Präsident des Rechnungshofs, bei der Präsentation der Denkschrift 2013 folgendes Fazit: „Die Übertragung der Bauherrenfunktion auf eine Universitätsklinik hat sich nicht bewährt. Sie hat nicht zu einem nachhaltigeren und wirtschaftlicheren Bauen geführt. Die Universitätsklinik Ulm konnte als Bauherrin den Kosten- und Zeitrahmen für den Neubau der Chirurgie nur einhalten, weil sie bei der Bauqualität Einbußen hingenommen hat.“

Der Neubau der Chirurgie und Dermatologie der Universitätsklinik Ulm am Oberen Eselsberg ist eines der größten Klinikprojekte des Landes. Nach einer Bauzeit von vier Jahren wurde der Neubau im Juni 2012 bezogen. Die Gesamtinvestition beträgt voraussichtlich 240 Mio. Euro.

Die Bauleistung wurde als Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm ausgeschrieben und an einen Generalunternehmer vergeben. Die Universitätsklinik nahm die Projektleitung und Bauherrenfunktion selbst wahr.

Die Universitätsklinik hat es nicht erreicht, vom Generalunternehmer die ausgeschriebenen Qualitäten am Bau einzufordern. Davon betroffen sind die Gründung, die Entwässerung und konstruktive Details im Innenausbau. Hierdurch werden dem Land in der Zukunft erhöhte Kosten beim Bauunterhalt entstehen.

Die vertraglich vereinbarte Fertigstellung einzelner Geschosse wurde um bis zu sechs Monate und die Gesamtbauzeit um drei Monate überschritten. Mit dem Generalunternehmer vereinbarte Vertragsstrafen wurden gegen Umplanungen und zusätzliche Forderungen der Universitätsklinik eingetauscht.

Zur Finanzierung der Maßnahme nahm die Universitätsklinik Kredite in dreistelliger Millionenhöhe auf. Das Land beteiligte sich an den Baukosten mit einem Zuschuss von 85 Mio. Euro. Zur Sicherung des Zinsniveaus schloss die Universitätsklinik bereits 2007 Zinssicherungsgeschäfte ab. Die Universitätsklinik ging mit diesen derivativen Finanzinstrumenten ein hohes Risiko ein. Durch die Zinsentwicklung der letzten Jahre waren die Kreditgeschäfte aus heutiger Sicht nicht wirtschaftlich.

Bei einer Gesamtfinanzierung des Projekts über den Landeshaushalt wären geringere Finanzierungskosten angefallen. Das Land kann sich insgesamt zu günstigeren Konditionen refinanzieren als die Universitätskliniken. Daher sollten die Gesamtfinanzierung und die Bauherrenfunktion von großen Baumaßnahmen der Universitätskliniken mit Gesamtbaukosten über 4 Mio. Euro weiterhin dem Land vorbehalten bleiben.