Modernisierung der Datenverarbeitung bei der Polizei schleppt sich seit Jahren hin

  • Rund 145 Mio. € standen der Polizei bislang für die Modernisierung der Datenverarbeitung zur Verfügung
  • Daneben fallen jährlich rund 7,5 Mio. € projektbezogene Personalkosten an
  • Die Projekte verzögern sich seit Jahren
  • Nach Abschluss der Modernisierung werden mehrere hundert Stellen frei

Karlsruhe/Stuttgart: Seit Jahren wird bei der Polizei mit großem Aufwand die Modernisierung der Datenverarbeitungssysteme betrieben. Obwohl seit 1999 rund 145 Mio. € zur Verfügung gestellt wurden, verzögerte sich der Umstellungsprozess, sodass bis heute die Modernisierung nicht abgeschlossen ist. „Die Modernisierung und Optimierung der Datenverarbeitungssysteme bei der Polizei sollte endlich rasch vollendet werden, um die Beamten im Vollzugsdienst von Büroarbeit zu entlasten und diese noch effizienter einsetzen zu können. Nach unseren Erwartungen werden außerdem durch modernere DV-Technik und DV-Verfahren mehrere hundert Stellen frei“, erläuterte Martin Frank den Ansatz des Rechnungshofs vor Journalisten in Stuttgart bei der Vorstellung der Denkschrift 2007.

Die Polizei bemüht sich seit 1999, ihre Datenverarbeitung zukunftsfähig zu machen und insbesondere ein neues Informationssystem zu entwickeln, das an die zentrale Fahndungsdatenbank des Bundeskriminalamtes angeschlossen werden kann. Bis zum Jahr 2002 standen hierfür aus dem sogenannten Technik-Zukunftsprogramm 71,7 Mio. € zur Verfügung. Nachdem bis in das Jahr 2002 kein akzeptables Ergebnis erreicht werden konnte, kam es ab dem Jahr 2003 zu einer Neuausrichtung. Hierfür forderte die Polizei bis zum Jahr 2007 weitere 127 Mio. € an, von denen allerdings nur rund 73,3 Mio. € bewilligt wurden. Die Fortführung der Projekte wurde - in der Form eines verwaltungsinternen Outsourcings - auf das Informatikzentrum Landesverwaltung Baden-Württemberg (IZLBW) übertragen. Das IZLBW sollte die technische Infrastruktur bereitstellen und die polizeilichen Datenverarbeitungssysteme betreiben. Neben Ausgaben für externe Berater hat die Polizei weitere Kosten durch die Bereitstellung von derzeit 90 Vollzeitäquivalenten für diese Projekte, was jährlich etwa 7,5 Mio. € Personalkosten für Landesbedienstete verursacht. Trotz dieses enormen finanziellen Aufwands gelang es der Polizei aber nicht, zentrale Modernisierungsprojekte fristgerecht zu realisieren. Teilweise konnten Projekte bis heute nicht umgesetzt werden oder wurden sogar aufgegeben. Der Rechnungshof macht für diese Verzögerung Mängel in der ursprünglichen Projektorganisation und unklare Aufgabenabgrenzungen zwischen der Polizei und dem IZLBW verantwortlich. Die Projektorganisation war durch eine Vielzahl von Projektbeteiligten geprägt. Sie erwies sich als wenig schlagkräftig und durch die Komplexität der Modernisierungsprojekte überfordert. Das Innenministerium hat wegen mangelnder Steuerung und zum Teil unklarer Nutzervorgaben selbst in hohem Maße diese Mängel zu verantworten. Jedenfalls können die Projektverzögerungen nicht am Fehlen finanzieller Mittel liegen, da in den Jahren 2003 bis 2005 Haushaltsreste zwischen 3,6 Mio. € und 6 Mio. € gebildet wurden. Die Polizei hat bereits einen weiteren Finanzbedarf von 128,2 Mio. € für die Jahre 2007 bis 2011 angekündigt. Die Finanzkontrolle rügt, wie bereits für die Jahre davor, dass dieser Mittelanmeldung keine fundierte Wirtschaftlichkeitsanalyse zugrunde liegt und dass Aussagen zur haushaltswirksamen Gegenfinanzierung fehlen. Weiter wird von den Finanzkontrolleuren ein Controlling mit aussagekräftigen Kennzahlen angemahnt.

Der Rechnungshof begrüßt grundsätzlich die Modernisierung, Standardisierung und Zentralisierung der Datenverarbeitung bei der Polizei. Planung und Umsetzung der Projekte sind allerdings erheblich zu verbessern und deutlich zu beschleunigen. Vor allem sollten die Entscheidungsabläufe gestrafft und ein Gesamtprojektverantwortlicher mit umfassenden Entscheidungsbefugnissen gegenüber allen Beteiligten ausgestattet werden. Das Innenministerium hat die Kritik bereits angenommen und die bisher bei der Polizei und dem IZLBW getrennten Projektorganisationen unter der Leitung eines Gesamtprojektverantwortlichen zusammen geführt. Um das Projekt weiter zu beschleunigen, sollte die Polizei auf vorhandene DV-Spezialisten bei den nachgeordneten Dienststellen zurückgreifen. Nach erfolgreichem Abschluss der Projekte können durch Verfahrenserleichterungen frei werdende Personalkapazitäten im Vollzugsdienst mit anderen Aufgaben betraut werden. Außerdem kann auf 20 % des bisherigen IuK-Personals (90 Vollzeitäquivalente) verzichtet werden, wenn entsprechend der Beschlusslage des Ministerrates die IuK-Dienstleistungen beim IZLBW zentralisiert werden.

Durch die modernen Datenverarbeitungssysteme kommt es auch bei den sogenannten Datenstationen bei den Polizeidirektionen, den Regierungspräsidien und dem Landeskriminalamt zu Personalüberhängen. In den Datenstationen werden alle Falldaten aufgenommen und zur späteren Recherche archiviert. Die Datenstationen dienen außerdem heute noch als Service-Einrichtung für die Recherche. Mit der modernisierten DV-Struktur können die Vollzugsbeamten ihre Recherchen selbst durchführen. Dies führt bereits heute, obwohl diese Selbstabfragen noch nicht in allen Dienststellen wahrgenommen werden, zu einem Personalüberhang bei den Datenstationen von 86 Vollzeitäquivalenten. Weitere 84 Vollzeitäquivalente werden frei, wenn die Streifenwagen mit mobilen Abfragegeräten ausgestattet werden. Insgesamt kann durch das modernisierte DV-Umfeld die Struktur der Datenstationen verschlankt und zentralisiert werden. Mittelfristig können dann dort nochmals 100 Vollzeitäquivalente abgebaut werden, sodass in diesem Bereich ein Gesamteinsparpotenzial von 270 Stellen zu realisieren ist.

Die Finanzkontrolle geht daher davon aus, dass nach Einführung der moderneren Verfahren bei der Fahndung und der Bürodatenverarbeitung insgesamt 360 Personalstellen im DV-Bereich freigesetzt werden können und die Vollzugsarbeit wesentlich effizienter wird. Diese Verwaltungsstellen sind dann zügig abzubauen.