Land lässt Photovoltaikpotenzial ungenutzt - CO2-Einsparung von 1.000 Tonnen je Jahr möglich
- 45.000 m² Dachfläche bei jüngeren Neubauten des Landes ohne Photovoltaik
- Das Land sollte seiner gesetzlich verankerten Vorbildfunktion gerecht werden
- Photovoltaikanlagen sollten bei 26 neueren Gebäuden zügig nachgerüstet werden
Karlsruhe/Stuttgart: Der Rechnungshof stellte fest, dass bei 26 großen Dachflächen von jüngeren Baumaßnahmen trotz idealer Voraussetzungen keine Photovoltaikanlagen installiert wurden. In der Summe wäre eine Modulfläche von überschlägig 15.000 m² mit einer Leistung von mehr als 2.900 Kilowattpeak (kWp) möglich gewesen. Das Land hätte den externen Strombezug der Liegenschaften um jährlich 2,9 Mio. Kilowattstunden verringern können. Dies entspricht dem Stromverbrauch von mehr als 900 privaten Haushalten. Zudem entspricht diese Photovoltaik-Leistung einer Reduzierung des CO2-Ausstoßes von 1.000 Tonnen je Jahr. Im Mittel kostet eine Kilowattstunde Strom aus neuen Photovoltaikanlagen 10 Cent, also nur etwa die Hälfte des Stromeinkaufspreises des Landes.
Exemplarisch zählt der Rechnungshof u. a. folgende große Neubauprojekte ohne Photovoltaik auf:
- John-Cranko-Schule in Stuttgart
- Württembergische Landesbibliothek in Stuttgart
- Duale Hochschule Baden-Württemberg, technische Fakultät in Stuttgart
- Chirurgische Klinik der Universitätsklinik Heidelberg
In Einzelfällen wurde die Errichtung einer Photovoltaikanlage geprüft, ohne jedoch weitergeplant oder realisiert zu werden. Die Gründe für den Verzicht waren Kostensteigerungen im Gesamtprojekt, städtebauliche oder architektonische Gründe sowie mangelndes Interesse seitens der nutzenden Verwaltung.
Des Weiteren stellte der Rechnungshof fest, dass Photovoltaikanlagen häufig erst mehrere Jahre nach der Fertigstellung von Neubauten installiert werden. Ein Beispiel hierfür ist der Neubau des Geo- und Umweltforschungszentrums (GUZ) an der Universität Tübingen. Das Dach des mehr als 80 Mio. Euro teuren Neubaus wurde bereits vor drei Jahren fertiggestellt. Im Frühjahr 2021 war die mit 70 kWp geplante Photovoltaikanlage noch nicht installiert.
Damit greifen die Arbeiten zum Aufbau der Photovoltaikanlagen in die zumeist vierjährige Gewährleistungszeit der Dachabdichtung ein. Zudem fallen regelmäßig zusätzliche Kosten für ein Dachfanggerüst und Kranarbeiten an. Fehlen vorbereitende Maßnahmen, fallen zusätzliche Kosten für die Leitungsführung an. Es müssen Durchdringungspunkte in der Dachabdichtung geschaffen sowie die Niederspannungshauptverteilung ausgebaut werden. Vor diesem Hintergrund muss mehr Wert auf die ineinandergreifende Planung und Umsetzung von Dach und Photovoltaikanlage gelegt werden.
Das Land strebt gemäß Klimaschutzgesetz eine Klimaneutralität der Verwaltung bis 2040 an. Neben den wirtschaftlichen Gründen sollte das Land auch im Hinblick auf seine gesetzlich verankerte Vorbildfunktion jede Möglichkeit ergreifen, Photovoltaikanlagen auf eigenen Gebäuden zu errichten. Städtebauliche und architektonische Belange dürfen keine Ausschlusskriterien sein. Das Land als Bauherr sollte seiner Vorbildfunktion auch beim Ausbau der Photovoltaik gerecht werden. Bei den vom Rechnungshof aufgezeigten Projekten sollten Photovoltaikanlagen zügig nachgerüstet werden.