Kriminaltechnische Untersuchungen sollen schneller werden
- Gemeinsame Analyse von Rechnungshof und Mitarbeitern der Kriminaltechnik zeigt breites Verbesserungspotenzial auf
- Stärkere Koordination der Verfahrensabläufe geboten
- Langfristig empfiehlt der Rechnungshof eine zentrale Untersuchungseinrichtung
Karlsruhe/Stuttgart: Der Rechnungshof Baden-Württemberg stellt Lösungskonzepte zur Verbesserung der Aufbau und Ablauforganisation der Kriminaltechnik bei der Polizei des Landes vor. Sie sind Gegenstand einer Beratenden Äußerung, die der Rechnungshof heute dem Landtag und der Landesregierung vorlegte. Zu diesen Vorschlägen kam die Karlsruher Kontrollbehörde auf Grund von zwei Wertanalyse-Projekten, die sie gemeinsam mit Mitarbeitern der Kriminaltechnik durchgeführt hat.
Das Innenministerium möchte viele dieser Vorschläge zeitnah umsetzen. Danach sollen alle kriminaltechnischen Aktivitäten im Lande künftig von einer neu zu errichtenden Steuerungseinheit beim Kriminaltechnischen Institut zentral mittels moderner Datenverarbeitung gesteuert und koordiniert werden. Bearbeitungsabläufe sollen vereinheitlicht und ein Controlling- und Qualitätsmanagementsystem soll eingeführt werden, um die derzeit bestehenden Schwachstellen auszuräumen, die bei den kriminaltechnischen Untersuchungen zu verzeichnen sind. Polizei und Gerichte beklagen hohe Bearbeitungsrückstände, lange Verfahrensdauern und dadurch bedingte Ablehnungen von Untersuchungsaufträgen. Für die polizeiliche Ermittlungsarbeit ist nämlich eine schnelle und hochwertige Spurensicherung und Spurenauswertung z. B. in Form von DNA-Analysen und Waffenuntersuchungen durch kriminaltechnische Sachverständige unverzichtbar.
Die kriminaltechnischen Untersuchungen werden in Baden-Württemberg derzeit dezentral von fünf Kriminaltechnischen Untersuchungsstellen bei den Landespolizeidirektionen und einem Kriminaltechnischen Institut beim Landeskriminalamt von mehr als 200 Mitarbeitern durchgeführt. Aufgabe der Kriminalwissenschaft und -technik ist die Untersuchung vorwiegend materieller Spuren mit dem Ziel, Aufschluss über den Ablauf eines Tatgeschehens bzw. Hinweise auf Täter geben zu können. Diese Sachbeweise sind für die polizeiliche Ermittlung ebenso bedeutsam wie für die Beweisführung vor Gericht.
Trotz eines starken persönlichen Engagements der Mitarbeiter in den Untersuchungseinrichtungen sind hohe Bearbeitungsrückstände zu verzeichnen. In der Mehrzahl der Untersuchungsgebiete liegt die durchschnittliche Bearbeitungsdauer je Fall bei über 60 Tagen, in manchen Teilgebieten bei bis zu 120 Tagen. Trotz ähnlicher Untersuchungsgegenstände waren erhebliche Unterschiede hinsichtlich der Kosten und der Bearbeitungszeit pro Fall zwischen den einzelnen Untersuchungstellen festzustellen; so lag z. B. bei Schusswaffenuntersuchungen die Differenz der Kosten bei über 600 €.
Gegenstand der jetzt vorgelegten Beratenden Äußerung ist eine Organisationsuntersuchung der Kriminaltechnik, die der Rechnungshof auf Bitte des Innenministeriums durchgeführt hat. Mittels Wertanalyse haben die Finanzkontrolleure und Mitarbeiter des Kriminaltechnischen Instituts und der Kriminaltechnischen Untersuchungsstellen in zwei Arbeitsgruppen die Organisationsabläufe untersucht. Dabei haben sie konkrete Vorschläge erarbeitet, wie die Organisation der auswertenden Kriminaltechnik gestrafft und ihre Arbeitsabläufe optimiert werden können. Danach sollen die Steuerungs- und Unterstützungsleistungen zukünftig zentral erledigt werden. Ferner soll ein Controlling und ein Qualitätsmanagement aufgebaut und Verfahrensabläufe vereinheitlicht werden. Als Kernpunkt soll eine zentrale Steuerungseinheit beim Kriminaltechnischen Institut eingerichtet werden, die mit einem neuen DV-Verfahren auf der Basis von Kennzahlen zukünftig die untersuchende Kriminaltechnik landesweit zentral steuern und so für eine bessere und gleichmäßigere Auslastung der Untersuchungsstellen sorgen wird. Bei vollständiger Umsetzung dieser Vorschläge sehen die Finanzkontrolleure ein Rationalisierungspotenzial, mit dem die bisher angestrebte Eigenoptimierung letztlich verwirklicht werden kann.
Über diese Ergebnisse hinaus empfiehlt der Rechnungshof, langfristig alle kriminaltechnischen Untersuchungseinrichtungen in einer Zentraleinrichtung zusammenzuführen, wie sie schon in anderen Bundesländern besteht. Die Finanzkontrolleure sehen darin eine weitere Möglichkeit zur Steigerung der Effizienz u. a. durch eine gleichmäßigere Auslastung vorhandener Kapazitäten bei Personal und technischen Einrichtungen sowie für eine bessere Spezialisierung.