Kostensteigerungen beim staatlichen Hochbau sind geringer als angenommen
- Bei großen Baumaßnahmen liegen die Mehrkosten trotz erheblicher Preissteigerungen im Bausektor nur bei 11 Prozent
- Die meisten Nachträge entstehen bei Sanierungen
- Das Land sollte das Risikomanagement weiter ausbauen
Karlsruhe/Stuttgart: Lange Zeit schien es, als seien Mehrkosten beim staatlichen Hochbau ein Naturgesetz. Nach der Finanzkrise 2007 waren die Immobilien- und Baupreise im Südwesten stark gestiegen. Der Rechnungshof berichtete regelmäßig über ausgeprägte Mehrkosten bzw. Nachträge bei verschiedenen Großprojekten (z. B. der John-Cranko-Schule, der Württembergischen Landesbibliothek und dem Besucherzentrum Nationalpark Schwarzwald).
Eine breit aufgestellte Prüfung von 48 großen Baumaßnahmen auf Nachträge, Mehr- und Minderkosten, Änderungen sowie Behinderungen im Bauprozess stellt der staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung zuletzt kein so schlechtes Testat aus. Die Mehrheit der geprüften Baumaßnahmen im Wert von rund einer viertel Milliarde Euro der Jahre 2014 bis 2017 hielt den geplanten Kosten- und Zeitrahmen in etwa ein. Durchschnittlich entstanden Nachträge von 11 Prozent der erstmalig veranschlagten Haushaltsmittel. Dem steht jedoch ein jährlich um 2,5 Prozent gestiegener Baupreisindex gegenüber, wodurch die vorgenannten 11 Prozent relativiert werden.
Für die Vermeidung von Nachträgen ist eine fundierte Leistungsbeschreibung entscheidend. Dies ist eine besondere Herausforderung bei Sanierungen, Umbauten oder Erweiterungen. Denn alte Gebäude und Gemäuer im Vorfeld einer Ausschreibung vollumfänglich zu erfassen und eine fehlerfreie Sanierung zu planen und diese schnell und günstig umzusetzen ist grundsätzlich anspruchsvoller als ein Neubau. Erhebliche Nachträge entstanden daher zumeist bei Sanierungen (17 Prozent) durch Leistungs- oder Planungsänderungen. Bei Neubaumaßnahmen lag die gleiche Quote nur bei 6 Prozent.
Der Rechnungshof stellte fest, dass die häufigsten Ursachen für Nachträge Leistungs- oder Planungsänderungen mit 45 bzw. 32 Prozent waren. Diese waren auf ungenügende Vorbereitung, nicht ausgereifte Planungen sowie mangelhafte Ausschreibungen zurückzuführen.
Für überdurchschnittliche Nachträge sind die Sanierungs- und Umbaumaßnahmen beim baden-württembergischen Innenministerium in der Willy-Brandt-Straße in Stuttgart beispielgebend. Das Gebäude wurde 2013 errichtet. Bereits 2016 bis 2019 standen Umbaumaßnahmen für einen Windfang und zahlreiche technische Nachrüstungen an. Was zunächst mit 1,8 Mio. Euro veranschlagt war, wurde mit 2,8 Mio. Euro abgerechnet.
Die Bearbeitung der Nachträge durch die Architekten, Ingenieure und den Landesbetrieb dauerte oftmals zu lange. In Einzelfällen nahm dieser Vorgang mehr als 100 Kalendertage in Anspruch. Der Rechnungshof fordert daher, die Bearbeitung der Nachträge stringent zu optimieren und zu beschleunigen.
Auch beim Risikomanagement sieht der Rechnungshof Optimierungspotenzial. Das Land sollte insbesondere bei sehr großen Bauprojekten und bei Maßnahmen von politisch oder kulturell herausragender Bedeutung ein Risikomanagement etablieren, das die Vielzahl der Einzelrisiken benennt, bewertet und verantwortlichen Personen zuweist.