Kernstadtumgehung Neckargemünd: Kosten mehr als verdoppelt

  • Die Straßenbauverwaltung hat nicht sorgfältig genug geplant
  • Für den Tunnel wurden zu niedrige Kostenansätze gewählt
  • Straßenbauvorhaben sollten nur auf sicherer Planungs- und Kostengrundlage gefördert werden

Karlsruhe/Stuttgart: Die Baukosten für die Umgehungsstraße Neckargemünd sind seit 1993 von 20 Mio. Euro auf 51 Mio. Euro gestiegen. Die Zuwendungen des Landes erhöhten sich entsprechend von 15,2 Mio. Euro auf 37,2 Mio. Euro. Die Ursache für die erheblichen Kostensteigerungen sieht der Rechnungshof vor allem in einer unzulänglichen Aufgabenerfüllung durch die Straßenbauverwaltung des Landes und nicht im allgemeinen Ansteigen der Baupreise.

Das von der Finanzkontrolle geprüfte Straßenbauvorhaben soll die Kernstadt von Neckargemünd vom Durchgangsverkehr entlasten. Die Verkehrsfreigabe wird in Kürze erfolgen. Von insgesamt 600 Metern Straßenlänge verlaufen fast 400 Meter in einem Tunnel. Ein Gutachten des Geologischen Landesamts Baden-Württemberg wurde zwar eingeholt, bei der Planung aber nicht ausreichend berücksichtigt. Insbesondere wurden unvollständige oder zu niedrige Kostenansätze für den Tunnelbau gewählt. Mit Fortschreiten der Bauarbeiten erhöhten sich die Ausgaben für das Tunnelbauwerk von 9 Mio. Euro auf fast 27 Mio. Euro.

Die Straßenbauverwaltung des Landes, die quasi in einer Hand Planer und zu prüfende Stelle war, prüfte den vom Rhein-Neckar-Kreis gestellten Förderantrag nicht sorgfältig genug. Die schon dort aufgeführten sehr hohen Bauausgaben von 33.400 Euro je Meter wurden nicht hinterfragt. Trotz der ungünstigen geologischen Prognose wurde von vier untersuchten Möglichkeiten die teuerste Variante mit dem längsten Tunnel gewählt.

Baulastträger der Kreisstraße ist der Rhein-Neckar-Kreis. Geplant wurde sie vom früheren Straßenbauamt Heidelberg. Bis zur Verwaltungsstrukturreform 2005 plante die Straßenbauverwaltung des Landes auch kommunale Straßenbauvorhaben. Das Vorhaben wird vom Land nach dem früheren Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz mit einem Fördersatz von 80 Prozent gefördert.

Günter Kunz, Vizepräsident des Rechnungshofs, äußerte hierzu bei der Vorstellung der Denkschrift 2011 in Stuttgart: „Der Rechnungshof empfiehlt, Förderentscheidungen künftig nur auf gesicherter Planungs- und Kostengrundlage zu treffen.“

Die Antragsteller haben dafür Detailplanungen und aussagekräftige Kostenermittlungen vorzulegen. Nur dann kann die Bewilligungsstelle valide Kosten-Nutzen-Abwägungen sowie die gebotenen umfassenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchführen. In diesem Zusammenhang sollte die neue Landesregierung prüfen, ob Anteile von Planungsleistungen der Antragsteller, die der Kostensicherung dienen, künftig als zuwendungsfähig anerkannt werden können.