Justizgebühren decken nur einen Bruchteil der Kosten
- Defizit im Justizhaushalt auf mehr als 650 Mio. Euro gestiegen
- Gesetzesänderungen des Bundes verschlechtern Finanzsituation des Landes zusätzlich
Karlsruhe/Stuttgart: Die Gebühren in der Justiz decken die Kosten nicht annähernd. Das Defizit im Justizhaushalt des Landes Baden-Württemberg ist seit 2003 um 87 Mio. Euro auf 656 Mio. Euro gestiegen. Dies entspricht einem Kostendeckungsgrad von 51 %. Die Landesregierung muss ihren Einfluss auf den Bundesgesetzgeber geltend machen, um die Gebühren zu erhöhen. So der Rechnungshof bei der Vorstellung der Denkschrift 2009.
Der Justizhaushalt ist bei den Gebühreneinnahmen und bei den Auslagen in Rechtssachen, beispielsweise Ausgaben für Pflichtverteidiger, Sachverständige oder Prozesskostenhilfe, an die bundesgesetzlichen Vorgaben gebunden. Das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz 2004 sollte für Baden-Württemberg das Defizit um 7 Mio. Euro verringern; tatsächlich hat sich das Defizit aber seitdem um 34 Mio. Euro erhöht. „Das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz des Bundes hat die selbstgesteckten Ziele eklatant verfehlt. Wir brauchen dringend eine bessere und realistischere Kosten- und Folgenabschätzung in der Gesetzgebung“, so Rechnungshofpräsident Max Munding. Der Unterschied zwischen Ziel und Realität entspreche dem Gegenwert von fast 500 Richterstellen. Der Rechnungshof hat auch Meldungen von 14 der 16 Länder über die Auswirkungen der Gesetzesänderung ausgewertet. Demnach fehlen diesen Ländern gegenüber der Prognose 232 Mio. Euro. Der Rechnungshof fordert gesetzliche Regelungen auf Bundesebene, die dieses Defizit zumindest ausgleichen.
In vielen Bereichen der Justiz sind die Gebühren nicht kostendeckend. Vor allem bei den Arbeits-, Finanz-, Sozial- und Verwaltungsgerichten sind die Kostendeckungsgrade sehr niedrig. Der Rechnungshof fordert, die Gebühren in diesen Fachgerichtsbarkeiten sowie in Zivilverfahren, in Bußgeldverfahren und bei den Gerichtsvollziehern anzuheben.
Die Auslagen in Rechtssachen sind in Baden-Württemberg stark gestiegen. Aktuelle Gesetzesvorhaben auf Bundesebene lassen befürchten, dass sie sich weiter erhöhen. Deshalb ist eine Ausgabenbegrenzung dringend notwendig. Dafür müssen die Vorschläge des Rechnungshofs für die Prozesskostenhilfe, die Beratungshilfe und die rechtliche Betreuung umgesetzt werden.
Die Länder unternehmen erhebliche Anstrengungen zur Konsolidierung ihrer Haushalte. Gleichwohl räumt Baden-Württemberg einer leistungsfähigen Justiz einen hohen Stellenwert ein. So blieb die Justiz von weiteren Personaleinsparungen weitgehend ausgenommen. Die finanzielle Leistungsfähigkeit der Länder stößt aber dann an ihre Grenze, wenn die Justizgebühren nicht erhöht werden und die Ausgaben in Rechtssachen weiter explodieren. „Wenn der Bundesgesetzgeber eine leistungsfähige Justiz erhalten will, müssen die Vorschläge der Länder in den Gesetzgebungsverfahren angemessen berücksichtigt werden“, betonte Präsident Munding bei der Pressekonferenz.