Gründungs- und Wachstumsförderung des Landes auf dem Prüfstand

  • Zu breite Streuung der Förderdarlehen begünstigt Mitnahmeeffekte
  • Die meisten Existenzgründungen und -festigungen hätten auch ohne staatliche Förderung stattgefunden
  • Ziele und Vorgaben der Wirtschaftsförderung und wirtschaftliche Tätigkeit der L-Bank sind besser in Einklang zu bringen
  • Beratungsangebote für Unternehmen müssen optimiert werden

Karlsruhe/Stuttgart: Mit der heute veröffentlichten Beratenden Äußerung des Rechnungshofs in Karlsruhe unterbreiten die Finanzkontrolleure der Landesregierung und dem Parlament erneut Verbesserungsvorschläge im Bereich der Wirtschaftsförderung. Sie kritisieren dabei vor allem die zu breite Streuung von Förderdarlehen. Dies führe zu unerwünschten Mitnahmeeffekten und schmälere den gesamtwirtschaftlichen Nutzen des Programms. Immerhin gaben fast zwei Drittel der vom Rechnungshof befragten, geförderten Unternehmen an, dass sie die jeweiligen Investitionen auch ohne die Fördermittel durchgeführt hätten. Nötig sei eine zielgerichtete Förderung, die sich an den konkreten Bedürfnissen der Unternehmen ausrichtet. Die Regierung wird außerdem aufgefordert, die gegenläufigen wirtschaftlichen Interessen der L-Bank mit den Zielen der Wirtschaftsförderung besser in Einklang zu bringen. Optimierungsbedarf sieht der Rechnungshof auch bei den im Untersuchungszeitraum mit 13 Mio. € subventionierten Beratungsangeboten.

Im Mittelpunkt der Untersuchung der Karlsruher Behörde steht die Wirkung der einzelbetrieblichen Förderung bei Existenzgründungen und Existenzfestigungen in den Jahren 2001 bis 2005, insbesondere des Programms Gründungs- und Wachstumsfinanzierung, auf das im Untersuchungszeitraum 80 % des Mitteleinsatzes entfiel. Mit diesem Programm fördert das Land Existenzgründungen und -festigungen bei kleineren und mittleren Unternehmen. Hierüber werden zinsverbilligte Darlehen gewährt, die über den sogenannten Bankbeitrag der Landeskreditbank Baden-Württemberg (L-Bank) - Förderbank - finanziert werden. Beim Bankbeitrag handelt es sich um Gewinne der L-Bank. Im untersuchten Zeitraum stellte die L-Bank so Subventionsmittel in Höhe von über 150 Mio. € bereit. Damit wurden rund 20.000 Darlehen im Rahmen des Förderprogramms ausgegeben.

Der Rechnungshof befragte 1.000 geförderte Unternehmen und über 300 Hausbanken und stieß dabei auf Fehlentwicklungen innerhalb des Förderprogramms. Nach den Feststellungen der Finanzkontrolleure wird beinahe jeder durch die Hausbank positiv bewertete Förderantrag von der L-Bank mit einer Förderzusage beschieden. Durch diese Vergabepraxis stieg zwischen 2001 und 2005 das Gesamtdarlehensvolumen gegenüber den eingesetzten Subventionsmitteln in Höhe von 150 Mio. € überproportional an. Als Folge hiervon verringerte sich die Begünstigung für die einzelnen Unternehmen, die betriebliche Kostenentlastung sank.

Anlass zur Überprüfung der Praxis gibt nach Ansicht des Rechnungshofs das Befragungsergebnis, wonach 62 % der Unternehmen ihre Investitionen auch ohne die Fördermittel durchgeführt hätten. Auch seien - nach Einschätzung der befragten Unternehmer - wesentliche Erfolgsfaktoren nicht in den zinsverbilligten Darlehen, sondern in der persönlichen und fachlichen Qualifikation des Unternehmers sowie in einer schlüssigen Konzeption zu suchen.

Die Prüfung ergab auch - wie im Übrigen ebenso eine vor kurzem von der L-Bank vorgelegte Studie -, dass die Mehrzahl der geförderten Unternehmen im Vergleich zu nicht geförderten Unternehmen länger am Markt präsent sind. Die Finanzkontrolleure führten dies allerdings auf die strenge, am Kreditrisiko orientierte Vorfilterung der Förderanträge durch die Hausbanken zurück. Der Hausbank des Unternehmers kommt nämlich die wichtige Aufgabe zu, die zu fördernde Geschäftsidee im Hinblick auf ihre wirtschaftliche Erfolgsaussichten zu bewerten und nur insoweit überzeugende Konzepte an die L-Bank weiter zu leiten.

Defizite wurden schließlich bei den Beratungsangeboten für Unternehmer ausgemacht, die in den Jahren 2001 bis 2005 mit rund 3 Mio. € subventioniert wurden. Hier sieht der Rechnungshof auf der Basis der Befragungen Optimierungsbedarf.

Nach Meinung des Rechnungshofs zeigt die Untersuchung, dass der gesamtwirtschaftliche Nutzen der Förderung fraglich ist, weil die meisten Existenzgründungen und -festigungen auch ohne die subventionierten Darlehen stattfinden würde. Beim derzeitigen Förderverfahren sieht der Rechnungshof ein ungünstiges Spannungsverhältnis zwischen dem berechtigten wirtschaftlichen Interesse des Bankgeschäfts der L-Bank, möglichst hohe Darlehenssummen auszugeben, und den gesetzlich definierten Zielen und Vorgaben der Wirtschaftsförderung, insbesondere dem Subsidiaritätsprinzip des Haushaltsrechts. Diese gegensätzlichen Interessen müssten besser in Einklang gebracht werden. Aufgrund des sinkenden Subventionswerts und der unerwünschten Mitnahmeeffekte sei die Notwendigkeit der Förderung in Frage gestellt. Der Rechnungshof verkenne zwar nicht die positive psychologische Wirkung einer Landesförderung auf die Unternehmer. Jedoch sei dies keine ausreichende Rechtfertigung für eine zu wenig zielorientierte Förderung. Eine zielorientiertere und nützlichere Fördervariante sieht der Rechnungshof in einer verstärkten Vergabe von Bürgschaften. Wichtig für die Unternehmen sei es, überhaupt Kredite zur Verfügung gestellt zu bekommen. Dieses Ziel könne durch Bürgschaften erreicht werden, bei denen das Risiko von Mitnahmeeffekten weit geringer sei.